Das Onlinemagazin für Corporate Health - Ausgabe 1 / Februar 2016 - FAZ ...

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Das Onlinemagazin für Corporate Health - Ausgabe 1 / Februar 2016 - FAZ ...
Das Onlinemagazin für Corporate Health
                                                                                                Ausgabe 1 / Februar 2016
            © e.wa riss.
www.gesundheitsmanager-magazin.de

                                                                                                                           Ursachen identifizieren, Maßnahmen
                                                                                                                           definieren, Gesundheit fördern:
                                                                                                                           Dietmar Geier,
                                                                                                                           e.wa riss GmbH & Co. KG

                                    3                                   6                            23
                                    Fokusthema Psyche:                  Robert Bosch:                BGM in der Praxis:
                                    Wie betriebliche Prävention wirkt   Risikobewusstsein der        Frauenpower in der
                                                                        Mitarbeiter schärfen         Entsorgungsbranche
Das Onlinemagazin für Corporate Health - Ausgabe 1 / Februar 2016 - FAZ ...
2 // Editorial / Inhalt
                                                                                                                                                                                  Ausgabe 1 – Februar 2016

                           Liebe Leser,
                           die gute Konjunktur in Deutschland schlägt sich in einem hohen Beschäftigungsniveau nieder. Dieser erfreulichen Konsequenz des Wirtschaftswachstums stehen leider
Dr. Guido Birkner,         auch negative Phänomene gegenüber. Steigender Arbeitsdruck bei hoher Kapazitätsauslastung und schlanken Personalstrukturen bringt immer wieder Beschäftigte
 verantwortlicher
                           an den Rand ihres psychischen Gleichgewichts – zu oft auch darüber hinaus. Aus einem Erschöpfungszustand kann rasch eine psychische Erkrankung werden, die die
       Redakteur
Human Resources            betroffenen Mitarbeiter für einen langen Zeitraum arbeitsunfähig macht. Deshalb empfiehlt es sich für Arbeitgeber, frühzeitig Prävention für den Erhalt der psychischen
                           Gesundheit als permanenten internen Prozess zu implementieren. Der neue „GesundheitsManager“ gibt Unternehmen hierfür Empfehlungen und Tools an die Hand.
                           Ihr

                           Dr. Guido Birkner

                                 6                                                        14                                                     23

                           2	Editorial/Inhalt                                       12    Selbstüberforderung                            23    Frauenpower in der Entsorgungsbranche
                                                                                             Besser unvollkommen als ausgebrannt                   Interview mit Monika Hermes-Hildl, Leiterin
                                 Psyche                                                      Janina Klinger                                        Personal- und Organisationsmanagement,
                                                                                                                                                   AWM Abfallwirtschaftsbetrieb München
                           3	
                             Wie Unternehmen psychischen Gefährdungen
                                                                                     14    Was tun gegen Rückenschmerz?
                              vorbeugen können
                                                                                            Psyche und Rückenschmerz hängen oft eng         26	Integration oder Bypass?
                              Die psychischen Belastungen nehmen zu, doch
                                                                                            zusammen                                              Krankenversicherer müssen ihre künftige Rolle
                              viele Betriebe versäumen Präventionschancen
                                                                                            Fredi Lang                                            in der betrieblichen Gesundheitsvorsorge noch
                              Dr. Guido Birkner
                                                                                                                                                  finden
                                                                                     17    Wer die Wahl hat, hat die Qual                        Christian Weyer
                           6	
                             Bosch fördert die psychische Gesundheit der
                                                                                            Betriebliche Sozialberatung oder Employee
                              Belegschaft
                                                                                            Assistance Programme? Eine Entscheidungshilfe   28	Kurz und knapp
                              Mitarbeiter und Führungskräfte sollen sich
                                                                                            Juliane Barth                                   29	Veranstaltungskalender
                              psychischer Risiken bewusst werden
                                                                                                                                            30	Partner
                              Dr. Falko Papenfuß, Alfred Löckle
                                                                                     20	
                                                                                        Evaluation bei e.wa riss                           31	Impressum
                                                                                         Der Biberacher Energieversorger setzt ein
                           8     Psychische Belastung optimieren – Rechtssicher-
                                                                                         Maßnahmenpaket für mehr Gesundheit um
                                  heit herstellen – Mitarbeitermotivation steigern
                                                                                         Dr. Guido Birkner
                                  Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belas-
                                  tung ist von Unternehmen gut zu bewältigen
                                  Martin Prüße, Cornelia Schöneich-Kühn,
                                  Thomas Ulmer
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3 // Psyche
                                                                                                                                               Ausgabe 1 – Februar 2016

Wie Unternehmen psychischen Gefährdungen
­vorbeugen können
Die psychischen Belastungen nehmen zu, doch viele Betriebe versäumen Präventionschancen

Von Dr. Guido Birkner

Die psychische Belastung an Arbeitsplätzen nimmt in al-

                                                                                                                                                                          © Comstock/Stockbyte/Thinkstock/Getty Images
len Branchen zu. Sie verursacht Beanspruchungen, die
unterschiedlich auf den einzelnen Menschen wirken.
Durch positiven Stress erfahren viele eine Abwechslung
oder machen Lernfortschritte. Andere erleben die negati-
ven Folgen von Stress, indem sie sich unter Druck gesetzt
fühlen und nur eingeschränkt darauf reagieren können.
Die langfristigen Folgen solcher Fehlbeanspruchungen
im Beruf sind gesundheitliche Beeinträchtigungen. Des-
halb beschäftigen sich Unternehmen EU-weit in Bezug
auf die Gesundheit neben Muskel-Skelett-Erkrankun-
gen vor allem mit psychischen Belastungen und ihren
Folgen.                                                      Erst steigt der Arbeitsdruck,
                                                             dann der innere Druck.
   Heute sind psychische Erkrankungen der häufigste
Grund für Berufsunfähigkeit in Deutschland. Welche Ur-
sachen führen dazu, dass die negativ wirkende psychische
Belastung steigt? Ein Grund ist sicher in den wachsenden
Anforderungen an Quantität und Qualität der Arbeit zu
suchen. Hinzu kommen weitere Rahmenbedingungen                  Offensichtlich nehmen aber nicht nur die belasten-   sie verhindern können. Das lässt sich in der Arbeitswelt
wie die Sorge um den Arbeitsplatz sowie nicht ausrei-       den Faktoren zu, sondern die individuellen Ressourcen    gut an der Arbeitsverdichtung ablesen, beispielsweise
chende Qualifikationen oder persönliche Kompetenzen         vieler Beschäftigter ab. Dabei handelt es sich um Fak-   als Ergebnis von Lean-Management-Prozessen. In die
der Beschäftigten.                                          toren, die Fehlbeanspruchungen entgegenwirken oder       gleiche Richtung wirken die steigenden Anforde- 
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4 // Psyche
                                                                                                                                                                          Ausgabe 1 – Februar 2016

                                                                                                                                        Psychische Gesundheitsgefährdungen:
rungen an die Produktivität sowie an die größere räum-              Erkrankungen. Laut einer Befragung der Prüforgani-
liche und zeitliche Flexibilität. Die folgende Aufstellung          sation DEKRA unter 800 Unternehmen zur Arbeitssi-               •	hoher Job-Strain (Kombination von geringem
                                                                                                                                       ­Handlungsspielraum und hoher Arbeitsintensität),
der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung stellt                cherheit analysiert lediglich jedes vierte Unternehmen
Belastungsfaktoren und Ressourcen einander gegen-                   bei der gesetzlich vorgeschriebenen Gefährdungsbeur-            •	iso-strain (Kombination von geringem Handlungs-
                                                                                                                                       spielraum und hoher Arbeitsintensität bei gleichzeitig
über:                                                               teilung auch psychische Faktoren. Hier verpassen viele             geringer sozialer Unterstützung),
                                                                    Arbeitgeber die Chance, die Ergebnisse solcher Gefähr-          • hohe Arbeitsintensität (Job-Demand),
                                                                                                                                    • geringer Handlungsspielraum (Job-Control),
     Psychische Belastungen (Beispiele)                             Ressourcen (Beispiele)
                                                                                                                                    •	Effort-Reward-Imbalance (Ungleichgewicht zwischen
     Zeitdruck                                                      Handlungs- und Entscheidungsspielräume                             erlebter beruflich geforderter Leistung und dafür
                                                                                                                                       ­erhaltener Belohnung/Wertschätzung),
     Arbeitsverdichtung	Entlastung und Unterstützung durch Kollegen, Vorgesetzte,
                         klare Prioritätensetzung                                                                                   • Überstunden,

     Umgang mit schwierigen Kunden, Emotionsarbeit	Unterstützung durch Kollegen, Ausbildung, zeitliche ­Begrenzung                 • Schichtarbeit,
                                                    des Kontakts                                                                    • geringe soziale Unterstützung,
     Unklare oder schnell wechselnde Organisationsstrukturen	klare Zuständigkeitsregelungen, kontinuierliche und gezielte          • Rollenstress,
                                                              ­Information
                                                                                                                                    • Bullying/aggressives Verhalten am Arbeitsplatz,
     Konkurrenz zwischen Mitarbeitern                               Kollegialität und soziale Unterstützung am Arbeitsplatz
                                                                                                                                    • Arbeitsplatzunsicherheit.
     Mobbing                                                        Soziale Integration am Arbeitsplatz
                                                                                                                                 Quelle: iga.Report 31 „Risikobereiche für psychische Belastungen“.
     Fehlende Ressourcen bei der Arbeit    Ausreichende und zweckmäßige Ausstattung des Arbeitsplatzes,
     (z. B. materiell, personell, sozial)	Partizipationsmöglichkeiten
     Lage und Dauer der Arbeitszeit (z. B. Schichtarbeit)	Physiologisch und sozial verträgliche Arbeitszeiten                   sern. Selbstverständlich ist das kein Selbstzweck, son-
                                                           (z. B. Gleitzeitmodelle, Arbeitszeitkonten)                           dern eine Möglichkeit für die Unternehmen, durch den
     Fehlende Vertretung                                            Transparente, abgestimmte Vertretungsregelung                Arbeits- und Gesundheitsschutz die innerbetriebliche
     Zwang zur Weiterqualifikation                                  Möglichkeit zur Weiterqualifikation                          Kommunikation zu verbessern und dadurch die eigene
     Gewalt am Arbeitsplatz (z. B. Übergriffe durch Kollegen)       Schutz vor Übergriffen, Unterstützung durch Unternehmen      Produktivität zu steigern.
     Unklare Aufgabenzuteilung                                      Klare Aufgabenstellung, abgegrenzte Verantwortungsbereiche       Allerdings sind bei der Beurteilung von psychischen
Quelle: DGUV.                                                                                                                    Gefährdungen viele Unternehmen immer noch verun-
                                                                                                                                 sichert. Bei einer psychischen Gefährdungsbeurteilung
Wenige Unternehmen erkennen Arbeits-                                dungsbeurteilungen für den Aufbau bzw. die Weiter-           wird im Rahmen einer Betriebsbegehung untersucht, ob
und Gesundheitsschutz als Chance                                    entwicklung ihres betrieblichen Gesundheitsmanage-           Aufgaben und Organisation der Arbeit sowie die Arbeits-
                                                                    ments zu verwenden. Damit könnten sie die Gesundheit         platzumgebung und das soziale Miteinander psychische
Bislang reagiert nur ein Teil der Unternehmen in                    und Leistungsfähigkeit ihrer Beschäftigten gerade im         Risiken aufweisen. Oft fürchten die Verantwortlichen,
Deutschland angemessen auf die Zunahme psychischer                  Hinblick auf die demographische Entwicklung verbes-          durch einen solchen Schritt langwierige Prozesse 
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                                                                                                                                                                      Ausgabe 1 – Februar 2016

zu initiieren. „Durch die notwendigen Analyseschritte,             Tipps und Hinweise für die Gefährdungsbeurteilung                          Bei der Vorbereitung einer Gefährdungsbeurtei-
zum Beispiel Mitarbeiterbefragungen, werden häufig                 psychischer Belastungen                                                lung psychischer Belastungen lässt sich vieles von dem
Schwachstellen und Handlungsfelder aufgezeigt, für die         •	Binden Sie die Gefährdungsbeurteilung in vorhandene                     verwenden, was Unternehmen bereits auch für andere
dann reale Maßnahmen eingeleitet werden müssen, die               Strukturen ein, wie zum Beispiel den Arbeitsschutzaus-                  Gefährdungsfaktoren kennen. Aber natürlich lassen sich
                                                                  schuss.
auch tiefgreifend sein können”, beschreibt Karin Müller,                                                                                  psychische Gefährdungen nicht per Messgerät erfassen
                                                               • Messen Sie Belastungen.
Leiterin des DEKRA-Fachbereichs Mensch und Gesund-                                                                                        und kontrollieren. Es bedarf also anderer Beurteilungs-
heit, die Kettenreaktion.                                      • Messen Sie zunächst orientierend.                                        kriterien. Der „IAG Report 1/2013. Gefährdungsbeurtei-
    Dass die psychischen Belastungen nicht nur insge-          •	Verwenden Sie ein wissenschaftlich geprüftes Erhe-                      lung psychischer Belastungen – Tipps zum Einstieg“ des
                                                                  bungsverfahren.
samt, sondern auch in ihrer Vielfalt zugenommen ha-                                                                                       Instituts für Arbeit und Gesundheit bei der DGUV bie-
                                                               •	Beteiligen Sie Ihre Beschäftigten, um relevante Hand-
ben, belegt der iga.Report „Risikobereiche für psychi-                                                                                    tet einen praxisorientierten Leitfaden für Unternehmen.
                                                                  lungsfelder zu identifizieren.
sche Belastungen”. Demnach sind sowohl der Anteil als                                                                                     http://www.dguv.de/medien/inhalt/praevention/themen_a_z/
                                                               •	Informieren Sie Ihre Beschäftigten mehr als einmal über
auch die Vielfalt psychischer Arbeitsbelastungen größer           den aktuellen Stand der Gefährdungsbeurteilung.                         psychische_belastungen/documents/iag_report.pdf      
geworden. Die Autoren haben elf Belastungsfaktoren             • Achten Sie auf Anonymität und Datenschutz.
identifiziert, die für Beschäftigte ein potenzielles Ge-
                                                               • Leiten Sie Maßnahmen in Kleingruppen ab.
sundheitsrisiko darstellen. Als gesundheitsgefährdend
                                                               •	Stellen Sie sicher, dass Ihre Führungskräfte ihre Verant-
sehen die Forscher unter anderem die Kombination von              wortung übernehmen, aber qualifizieren Sie sie auch
geringem Handlungsspielraum und hoher Arbeitsin-                  dafür.
tensität, den sogenannten Job-Strain, insbesondere in          •	Stellen Sie sicher, dass die erarbeiteten Maßnahmen
Kombination mit fehlender sozialer Unterstützung (Iso-            auch Wirklichkeit werden.

Strain). Ebenfalls als belastend gilt das Ungleichgewicht
                                                            Quelle: IAG-Report 1/2013. Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen –
zwischen der geforderten Leistung und der dafür erhal-      Tipps zum Einstieg.

tenen Belohnung oder Wertschätzung am Arbeitsplatz
(Effort-Reward-Imbalance). Negative Folgen für die Ge-      stehen einerseits neue Arten von Belastungen, während
sundheit können auch Überstunden und Schichtarbeit          andere an Relevanz verlieren. Zu den neueren Risikofakto-
haben – wobei hier vor allem Tätigkeiten in den Abend-      ren für die psychische Gesundheit zählen unter anderem
und Nachtstunden als gesundheitsgefährdend gelten.          die ständige Erreichbarkeit außerhalb der regulären Ar-
                                                            beitszeiten, befristete oder in anderer Form ungesicherte
                                                            Arbeitsverhältnisse und das Pendeln zum weit entfernten
                                                                                                                                          Dr. Guido Birkner,
Vorbereitung einer Gefährdungsbeurteilung                   Arbeitsplatz. Betriebe, die potenzielle Ursachen psychi-                      verantwortlicher Redakteur Human Resources,
                                                            scher Belastungen zum Beispiel über eine Gefährdungs-                         FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag

Der iga.Report zeigt zudem eine strukturelle Verände-       beurteilung identifizieren, können den negativen Folgen                       guido.birkner@frankfurt-bm.com
rung der psychischen Arbeitsbelastungen auf. Hier ent-      für Beschäftigte und Betrieb gezielt entgegensteuern.                         www.gesundheitsmanager-magazin.de
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Bosch fördert die psychische Gesundheit der
­Belegschaft
Mitarbeiter und Führungskräfte sollen sich psychischer Risiken bewusst werden

Von Dr. Falko Papenfuß und Alfred Löckle

Bosch erweitert seine Arbeitskultur um einen Ge-                                                                                         können durch Ursachen sowohl im privaten als auch im
sundheitsbaustein: Das Technologie- und Dienstleis-                                                                                      beruflichen Umfeld entstehen. Sie wirken sich aber oft-
tungsunternehmen verpflichtet sich, die psychische                                                                                       mals deutlich am Arbeitsplatz aus. Daher sieht Bosch in
Gesundheit seiner Beschäftigten zu erhalten und zu                                                                                       den neuen Regelungen auch einen Beitrag zur besseren
fördern. Zusammen mit den Arbeitnehmervertretern                                                                                         Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.
erarbeitete Bosch eine entsprechende Gesamtbe-
triebsvereinbarung für seine Standorte in Deutsch-
land. Diese gilt seit 1. August 2015.                                                                                                    Jeder kann Betroffener sein: aufklären und
    Gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen erhalten                                                                                   sensibilisieren
die berufliche Leistungsfähigkeit und stärken das priva-
te Wohlbefinden. Deshalb will Bosch in der Belegschaft                                                                                   Mit der neuen Vereinbarung ergänzt Bosch sein betrieb-

                                                                                                                   © Robert Bosch GmbH
psychischen Fehlbelastungen vorbeugen und damit un-                                                                                      liches Gesundheitsmanagement insbesondere auf dem
tereinander verantwortungsvoll umgehen. Psychische Be-       Bosch rückt die Gesundheit der                                              Gebiet der Prävention seelischer Beschwerden. Zum
schwerden sind heute zwar eine Begleiterscheinung der        Mitarbeiter in den Vordergrund.                                             Einsatz kommen neue Informationsangebote für Mitar-
modernen Lebenswelt, dennoch werden sie häufig zum                                                                                       beiter, wie zum Beispiel Merkblätter, Veranstaltungen,
Tabu erklärt. Deshalb ist es wichtig, gerade in Unterneh-                                                                                E-Learning-Kurse oder Foren im firmeneigenen Intranet.
men ein Klima des Verständnisses zu schaffen und offen      psychische Belastungen von Mitarbeitern und Führungs-                        Führungskräfte erhalten darüber hinaus einen speziellen
über das Thema zu sprechen.                                 kräften frühzeitig zu erkennen, beide Gruppen für solche                     Handlungsleitfaden, der sie im Umgang mit Betroffenen
    Die Gesamtbetriebsvereinbarung bei Bosch sieht vor,     Risiken zu sensibilisieren sowie integrierte Hilfsangebote                   unterstützt. Das breite Medienangebot ist für die An-
dass zusätzliche Präventions-, Rehabilitations- und Inte-   bereitzustellen. Die Vereinbarung soll zu einem offeneren                    sprache der Menschen ein zentrales Element, denn jeder
grationsmaßnahmen das betriebliche Gesundheitsma-           Umgang mit dem Thema psychische Gesundheit inner-                            Mensch geht anders mit Druck- und Stresssituationen
nagement ergänzen. Das Ziel dieser Maßnahmen ist es,        halb der Belegschaft beitragen. Belastungssituationen                        um. Daher ist es wichtig, sich Belastungssituationen 
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                                                                                                                                                       Ausgabe 1 – Februar 2016

bewusst zu machen und bei Überforderungen gemein-           helfen, ihre Leistungsfähigkeit wiederherzustellen.         häufiger am Arbeitsplatz. Es ist daher an der Zeit, über
sam mit der Führungskraft Abhilfe zu schaffen.                  Bei den Vorsorge- und Hilfsangeboten wurde beson-       die seelische Gesundheit am Arbeitsplatz zu sprechen.
     Ein Schulungsangebot für alle Führungskräfte steht     ders auf die Einhaltung von Anonymität, Datenschutz         Schaffen wir ein gemeinsames Verständnis zwischen al-
seit diesem Jahr zur Verfügung. Auf diese Weise wol-        und Privatsphäre geachtet. Führungskräfte sind gehalten,    len Mitarbeitern und Führungskräften im Unternehmen,
len wir alle Beschäftigten über Ursachen aufklären, die     nach einem ersten Gespräch mit betroffenen Mitarbei-        damit psychische Belastungssituationen nicht mehr zur
zu Belastungen führen, die sie negativ beeinflussen oder    tern die betrieblichen Fachstellen zu empfehlen. Deshalb    Stigmatisierung führen. Für mehr Offenheit – für die Ge-
sogar dauerhaft die Gesundheit beeinträchtigen können.      unterstützen bei Bosch werksärztliche Dienste unter         sundheit.                                             
Schließlich ist niemand vor psychischer Überlastung ge-     Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht Rehabilitations-
                                                                                                                             Psychische Belastungen in Deutschland
feit, sei der Auslöser auferlegter Druck oder Selbstüber-   und Wiedereingliederungsmaßnahmen.
forderung. Führungskräfte und Mitarbeiter sollten die           Die vertraulichen Beratungsleistungen erbringen die       Betroffene sind laut dem „BKK Gesundheitsreport 2014“
                                                                                                                          mit durchschnittlich 40 Tagen länger krankgeschrieben als
präventiven Hilfsangebote annehmen, bevor es zu spät        betrieblichen Sozialberatungen direkt oder zusammen mit
                                                                                                                          Arbeitnehmer mit Herz- und Kreislauferkrankungen. Sie
ist. Deshalb wollen wir mit der neuen Gesamtbetriebs-       externen Fachstellen. Bosch unterhält dazu zahlreiche Ko-     ­fehlen an durchschnittlich 22 Arbeitstagen pro Jahr. Der
vereinbarung das Stigma des Makels durchbrechen und         operations- und Leistungsvereinbarungen mit stationären        Stressreport Deutschland 2012 weist darauf hin, dass ein ge-
                                                                                                                           sundes Führungsverhalten die Mitarbeitergesundheit schützt:
den offeneren Umgang mit seelischen Belastungen er-         und ambulanten Einrichtungen oder Trägern des öffentli-        Erhalten Arbeitnehmer von ihrem Chef im Alltag Unter-
leichtern.                                                  chen Gesundheitssystems. Zum Beispiel erhalten versicher-      stützung, berichten nur 17 Prozent von gesundheitlichen
                                                                                                                           Beschwerden. Erfahren sie hingegen selten oder keine Hilfe,
                                                            te Mitarbeiter der Bosch BKK schnellen Zugang zu Fach-         steigt die Anzahl der Erkrankten auf 38 Prozent. Insgesamt
                                                            ärzten wie etwa für Neurologie oder Psychosomatik.             sei nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und
Schutz bieten, um Anonymität und Privat-                                                                                   Soziales in Deutschland zwischen 2001 und 2012 die Zahl
                                                                                                                           der Fehltage wegen psychischer Erkrankungen von etwa 34
sphäre zu wahren                                                                                                           auf rund 60 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage gestiegen.
                                                            Psychische Belastungen: mehr Offenheit
Bosch etabliert dafür ein umfassendes Netzwerk von An-      statt Tabuisierung
                                                                                                                                        Dr. Falko Papenfuß,
sprechpartnern: Neben den direkten Führungskräften rü-                                                                                  Leitender Werksarzt,
cken künftig der werksärztliche Dienst, die betrieblichen   Psychische Belastungen können Ursachen haben, die                           Robert Bosch GmbH

Sozialberatungen und betriebliche Eingliederungsteams       innerhalb oder außerhalb des Betriebs liegen. Doch oft
weiter in den Mittelpunkt. Außerdem stehen Arbeitneh-       werden die Auswirkungen dieser Belastungen erst am
mervertreter für einen vertraulichen Erstkontakt bereit.    Arbeitsplatz sichtbar. Arbeitnehmer erkennen psychische
Sie werden zusätzlich an jedem Standort als sogenann-       Belastungen häufig nicht selbst. Oftmals verdrängen sie
                                                                                                                                        Alfred Löckle,
te betriebliche Ansprechpartner geschult. Bei der Reha-     die Belastungen auch oder verschweigen sie aus Angst                        Gesamt- und Konzernbetriebsratsvorsitzender,
bilitation und Integration von betroffenen Mitarbeitern     vor beruflichen Nachteilen. Im Gespräch mit Hausärz-                        Robert Bosch GmbH

werden bestehende Hilfs- und Gesprächsangebote sys-         ten schildern Patienten meistens körperliche Symptome,                      kontakt@bosch.com
tematisch ausgebaut und vernetzt. Sie sollen Betroffene     sprechen aber selten psychische Beschwerden an. In der                      www.bosch.de

in schwierigen Belastungssituationen unterstützen und       Folge erkranken viele Arbeitnehmer ernsthaft oder fehlen
Das Onlinemagazin für Corporate Health - Ausgabe 1 / Februar 2016 - FAZ ...
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                                                                                                                                                                                            Ausgabe 1 – Februar 2016

Psychische Belastung optimieren – Rechtssicherheit
herstellen – Mitarbeitermotivation steigern
Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung ist von Unternehmen gut zu bewältigen

Von Martin Prüße, Cornelia Schöneich-Kühn und Thomas Ulmer

                                                                                                                                                                Rechtliche Anforderungen

                                                                                                                   © AlexRaths/iStock/Thinkstock/Getty Images
                                                                                                                                                                Der Gesetzgeber hat die Bedeutung psychischer Belastung
                                                                                                                                                                als wesentlichen Einfluss erkannt und daher im Arbeits-
                                                                                                                                                                schutzgesetz festgelegt, dass eine Gefährdung der phy-
                                                                                                                                                                sischen und psychischen Gesundheit der Beschäftigten
                                                                                                                                                                vermieden werden soll. Die dokumentierte Durchführung
                                                                                                                                                                einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung ist
                                                                                                                                                                einerseits ein notwendiger Schritt zur Rechtssicherheit für
                                                                                                                                                                die Unternehmensleitung. Andererseits kann sie als inte-
                                                                                                                                                                graler Teil der Unternehmenskultur dazu beitragen, die
                                                                                                                                                                Motivation und psychische Gesundheit der Beschäftigten
                                                                                                                                                                nachhaltig zu sichern.

                                                             Gemeinsam gute Arbeitsbedingungen zu gestalten
                                                             hilft, psychische Beeinträchtigungen zu verhindern.
                                                                                                                                                                Begriffsklärung

                                                                                                                                                                Doch was ist unter psychischer Belastung zu verstehen?
Die Arbeitsunfähigkeit von Beschäftigten auch auf-    beitsausfällen kommt, sollte auch die psychische Ge-                                                      Sie ist die Summe aller unmittelbaren Einflüsse auf die
grund psychischer Störungen stellt Unternehmens-      sundheit der Beschäftigten geschützt und gestärkt                                                         Psyche (Wahrnehmen, Denken, Fühlen, Verhalten). Die-
entscheider und Personaler zunehmend vor große        werden.                                                                                                   se wirken ständig sowohl in der Arbeitswelt als auch im
Herausforderungen. Damit es gar nicht erst zu Ar-                                                                                                               Privatleben. Menschen empfinden und reagieren je 
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                                                                                                                                                 Ausgabe 1 – Februar 2016

nach eigenen Ressourcen unterschiedlich: Aktivierung,       grund eines erhöhten Gefährdungspotentials beson-         Beobachtungshilfe mit allen wesentlichen Belastungsfak-
Freude, Motivation und langfristige Kompetenzentwick-       dere Anforderungen an die Beschäftigten stellen.          toren, möglichen ungünstigen Ausprägungen und Hilfen
lung erleben Menschen bei optimaler Beanspruchung.          Individuelle Fürsorge: Psychisch beeinträchtigte
                                                          •	                                                         zur Risikobewertung aus.
Über- bzw. unterfordern psychische Einwirkungen Perso-      Beschäftigte bedürfen manchmal besonderer Unter-
nen, kann diese Fehlbeanspruchung negative Effekte wie      stützung mit dem Ziel, sie leistungsfähig und moti-
Stress, Monotonie, psychische Sättigung oder Ermüdung       viert im Job zu halten. Hierbei hilft ein Betriebliches   Verantwortlichkeiten definieren
hervorrufen. Diese können Leistungsverluste, aber auch      Eingliederungsmanagement, das wiederum auf die
Arbeitsunfälle oder langfristig Gesundheitsprobleme be-     Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung in Form spe-        Die beim Arbeitgeber liegende Verantwortung zur ord-
günstigen.                                                  zifischer Arbeitsplatzanforderungen angewiesen sein       nungsgemäßen Durchführung der Gefährdungsbeurtei-
                                                            kann.                                                     lung kann auf die unmittelbaren Führungskräfte über-
                                                                                                                      tragen werden. Sie sollten einschlägig qualifiziert sein,
Ziele definieren, Konflikte entschärfen,                                                                              um die gewählte Methode zur Analyse und Bewertung
Missverständnissen vorbeugen                              Methoden und Instrumente wählen                             der Belastungsfaktoren richtig anwenden zu können.
                                                                                                                      Die Einbeziehung von Beratern, wie Betriebsärzten und
Unterschiedliche Erwartungen und Vorurteile behindern     Welche Methoden und Instrumente für eine Gefähr-            Sicherheitsfachkräften, ist vor allem bei der Vorbereitung
den Prozess einer erfolgreichen Gefährdungsbeurteilung.   dungsbeurteilung zu wählen sind, lässt sich durch folgen-   der Gefährdungsbeurteilung und bei der Bewertung
Daher gilt es, im Vorfeld die Ziele und Erwartungen ge-   de Fragestellungen ermitteln:                               abgeleiteter Maßnahmen empfehlenswert. Eine kom-
meinschaftlich zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-                                                                plette Übergabe der Durchführung an Dritte wird dem
seite zu klären. Hierzu zählt auch die Abgrenzung von     1.	Welche Unternehmensziele werden mit dieser spezifi-     Anspruch einer Gefährdungsbeurteilung allerdings nicht
mindestens drei betrieblichen Handlungsfeldern:               schen Gefährdungsbeurteilung verfolgt?                  gerecht.
                                                          2.	Sollen psychische Belastungsfaktoren und deren Aus-         Detaillierte Informationen zu einem Arbeitsplatz sind
  Gefährdungsbeurteilung: Die Analyse, Bewertung
•	                                                           wirkungen erfasst sowie als Ansatzpunkte für Präven-    Reflexionsbasis für die Entscheidungen, welche Ein-
  und Gestaltung arbeitsbedingter psychischer Belas-          tionsmaßnahmen genutzt werden?                          wirkungen relevant oder ungünstig gestaltet sind und
  tungsfaktoren können Gefährdungen vermeiden,            3.	Wer soll in die Analyse und Bewertung einbezogen        deshalb verändert werden sollten. Die Beteiligung der
  aber auch die Gesundheit und Sicherheit der Beschäf-        werden?                                                 Beschäftigten bzw. deren Vertretungen (Betriebsräte
  tigten fördern.                                         4.	Wie soll die Erfassung, Analyse und Bewertung           etc.) ist auch deshalb wesentlicher Erfolgsfaktor für das
  Arbeitssicherheit durch Personalauswahl: Vorge-
•	                                                           durchgeführt werden (Beobachtungen, Interviews,         Gelingen und das Herstellen von Rechtssicherheit. Ex-
  setzte müssen die persönliche Eignung von Beschäf-          Personalbefragung)?                                     terne Beratung kann diesen Prozess begleiten. Seriöse
  tigten bei der Übertragung von Arbeitsaufgaben be-                                                                  Beratungsangebote zielen daher insbesondere auf die
  rücksichtigen, um eine Selbst- und Fremdgefährdung      Ausgewählte Vorgehensweisen und Verfahren sollten zu-       Kompetenzstärkung der Beteiligten bei der Analyse und
  auszuschließen. Auf Basis der Gefährdungsbeurtei-       nächst in einzelnen Arbeitsbereichen getestet werden. In    Bewertung psychischer Belastungsfaktoren sowie bei der
  lung lassen sich Tätigkeiten identifizieren, die auf-   einem ersten Schritt reicht eine einfache Checkliste als    Ableitung wirksamer Maßnahmen ab.                        
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10 // Psyche
                                                                                                                                                   Ausgabe 1 – Februar 2016

                                                                                                                                                                        ANZEIGE

Psychische Belastungsfaktoren identifizieren                In jedem Fall sollten alle umgesetzten Maßnahmen auf
und bewerten                                                ihre Wirksamkeit hin regelmäßig überprüft werden.

Eine Vielzahl arbeitsbedingter Einflüsse wirkt sich auf
                                                                                                                                      Was bewegt HR?
die Psyche von Beschäftigten aus. Zur besseren Orien-       Zusammenfassung                                                           Welche aktuellen Treiber und Trends
tierung sollte man sich auf folgende Bereiche konzen-                                                                                 prägen die HR-Arbeit? Und wie wird
trieren:                                                    Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung ist                      HR zum erfolgreichen Multiplikator
• Arbeitsinhalt und Arbeitsaufgabe                          für Unternehmensleitungen und Personalverantwortli-                       Ihrer Unternehmensmarke?
• Arbeitsorganisation                                       che eine gut zu bewältigende und interessante Aufgabe.
• Soziale Beziehung                                         Neben der Erfüllung gesetzlicher Vorgaben der ganz-
• Arbeitsumgebung                                           heitlichen Betrachtung des Arbeitssystems können auch
• sowie neue Formen der Arbeit.                             ideelle Arbeitsanreize identifiziert und die Leistungsbe-
                                                            reitschaft und Motivation der Beschäftigten in Verbin-
Kostenfreie Informationen und Handlungshilfen (www.         dung mit guter Arbeitsgestaltung für Sicherheit und
bghm.de, Webcode: 1799) vermitteln einen Überblick          Gesundheit nachhaltig gefördert werden. Die Träger der
über wesentliche Belastungsfaktoren. Die Risikobewer-       gesetzlichen Unfallversicherung beraten und informieren
tung identifizierter ungünstiger Einflüsse sollte gemein-   die betrieblichen Akteure bei der Prozessgestaltung und
sam mit den Beschäftigten und unter Berücksichtigung        Verfahrensauswahl.                                     
arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse durchgeführt
werden.

Präventionsmaßnahmen ableiten und über-
prüfen                                                      Martin Prüße,
                                                            Aufsichtsperson, Mitarbeiter im Sachgebiet „Arbeitsgestaltung“,
                                                            Berufsgenossenschaft Holz und Metall
Maßnahmen der Arbeitsgestaltung sind zur Prävention
                                                            Cornelia Schöneich-Kühn,
psychischer Fehlbeanspruchung die erste Wahl. Work-
                                                            Aufsichtsperson, Sachgebietsleiterin „Arbeitsgestaltung“, Berufs-
shops und Besprechungen dienen als geeignete Platt-         genossenschaft Holz und Metall
formen zur partizipativen Entwicklung von guten Ideen
                                                            Thomas Ulmer,
und Maßnahmen. Die Stärkung individueller Ressourcen        Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit, Berufsgenossenschaft Holz und Metall
                                                            thomas.ulmer@bghm.de
ist ein sekundäres Ziel. Als Ergänzung können Maßnah-
                                                            www.bghm.de                                                                 Alles rund um die
men der betrieblichen Gesundheitsförderung dienen.                                                                                       HR-Community
11 // GesundheitsManager // Ausgabe 1 // Februar 2016                                                                                         ANZEIGE

                                                        „bAV 2016“ –
                                                        für alle, die beim Pensionsmanagement
                                                        auf dem Laufenden bleiben wollen
                                                        Das Buch „bAV 2016 – Risiken und Lösungen für Mittelstand und
                                                        Familienunternehmen“ enthält 20 Beiträge von Fachautoren
                                                        und Experten zu Lage, Ausblick und Strategien im betrieblichen
                                                        Pensionswesen mit einem Schwerpunkt auf mittelständischen
                                                        und Familienunternehmen.

                                                               Pascal Bazzazi/Guido Birkner (Hrsg.): bAV 2016
                                                               FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – der F.A.Z.-Fachverlag
                                                               224 Seiten, 24,90 Euro
                                                               ISBN 978-3-945999-14-1
                                                               Direkt bestellbar unter: www.frankfurt-bm.com/publikationen/katalog/bav-2016
12 // Psyche
                                                                                                                                                                               Ausgabe 1 – Februar 2016

Selbstüberforderung
Besser unvollkommen als ausgebrannt

Von Janina Klinger

„Nobody is perfect“ heißt es. Und trotzdem streben                                                                                                  Dinge voranzubringen. Aber die Dosis macht das Gift
viele Menschen täglich danach, perfekt zu sein: Ob                                                                                                  aus. Ein Übermaß, den sogenannten dysfunktionalen
Job, Familie, Beziehung oder Freizeit – alles soll zu                                                                                               Perfektionismus, zeigen Menschen auf, die ständig unter
100 Prozent funktionieren. Der Optimierungsdruck,                                                                                                   Strom und am Rand der Überforderung stehen, sich über
unter den man sich selbst setzt, stresst und kann                                                                                                   ihre Erfolge kaum freuen und auch nur schwer loslassen
nachweislich zu psychischen Erkrankungen wie Burn-                                                                                                  und entspannen können.
out, Angststörungen und Depressionen führen. Öf-
ter einmal die eigenen Ansprüche herunterzuschrau-
ben verhilft zu mehr Gelassenheit und Lebensfreude.                                                                                                 Höher, schneller, weiter?
    Unser Drang nach Vollkommenheit macht uns krank.
Darauf lässt das Ergebnis einer Metastudie der Universität                                                                                          Kein Mensch ist ohne Fehler, und Schwächen gehören
Bath vom Sommer 2015 schließen. Die Auswertung von                                                                                                  zum Leben dazu. Obwohl sie das theoretisch wissen,
43 repräsentativen Studien zum Thema Burn-out anhand                                                                                                jagen Perfektionisten einer Illusion von Vollkommenheit
von insgesamt mehr als 12.000 Krankenakten hat ge-                                                                                                  hinterher: Die Präsentation muss top vorbereitet, jede E-
zeigt: Perfektionisten sind wesentlich häufiger von Burn-                                                                                           Mail aus dem übervollen Posteingang am besten sofort
out und Depressionen betroffen als andere Personen.           Mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen                                            beantwortet, der Kindergeburtstag perfekt organisiert,
    Diese Erkenntnis ist keine Überraschung. Wer alles        führt auf Dauer zu Erschöpfung.                                                       das Mittagessen vegan, der Körper zum Idealgewicht
perfekt erledigen will, kann eigentlich nur unzufrieden                                   © Christopher Robbins/Photodisc/Thinkstock/Getty Images
                                                                                                                                                    trainiert und die Bluse faltenfrei gebügelt sein. Damit
werden, weil Vollkommenheit unmöglich zu erreichen ist.      Führungskräfte und Mitarbeiter sich mit übersteigertem                                 entsteht ein selbstauferlegter Druck, der auf Dauer er-
Man findet immer etwas, was man noch besser, schneller,      Ehrgeiz selbst in den Burn-out manövrieren. Prinzipiell                                schöpft. Die anhaltende Anspannung und Unzufrieden-
effizienter machen könnte. In meinen Beratungen und          ist Perfektionismus nicht immer gleich etwas Schlechtes.                               heit versetzen Körper und Seele in eine Art Dauerstress,
Coachings beobachte ich als Psychologin oft, dass viele      Ehrgeiz, Fleiß und Gewissenhaftigkeit sind wichtig, um                                 der sich in Nervosität, Kopfschmerzen, Verspannun- 
13 // Psyche
                                                                                                                                                      Ausgabe 1 – Februar 2016

gen, Schlafstörungen oder Bluthochdruck bemerkbar            Kein Aufruf zur Mittelmäßigkeit                                Frieden mit sich selbst schließen:
machen kann.                                                                                                                So besiegen Sie u
                                                                                                                                            ­ ngesunden Perfektionismus

    Selbstzweifel, die Angst zu versagen und ein großes      Sollten Unternehmen also den übersteigerten Ehrgeiz ih-
                                                                                                                         1. Eigenes Verhalten hinterfragen
Bedürfnis nach Anerkennung sind mögliche Ursachen für        rer Mitarbeiter eindämmen? Ganz so einfach ist es nicht.    Warum handele ich jetzt so? Welchen Nutzen verspreche
das Streben nach Perfektion. Ich verweise zudem auf ei-      Jeder Einzelne ist zunächst einmal selbst für sein Wohl     ich mir davon? Und was könnte Schlimmes passieren, wenn
                                                                                                                         ich jetzt anders als gewohnt agiere? Wer sich diese Fragen
nen starken gesellschaftlichen Zusammenhang. In unse-        verantwortlich. Das Unternehmen kann aber sehr wohl
                                                                                                                         zwischendurch immer wieder stellt, erkennt potenziell
rer Leistungsgesellschaft, die sich Maximen wie „Gib dein    dabei unterstützen. Dabei geht es mir nicht um einen        destruktive Handlungsweisen.
Bestes“, „Sei stark“ und „Arbeite an dir“ verschrieben       Aufruf zu mehr Laisser-faire, sondern um eine offene
                                                                                                                         2. Schwächen akzeptieren lernen
hat, ist Erfolg das Maß aller Dinge. Der Leistungsgedanke    Kommunikation. Jeder Mensch ist unterschiedlich be-         Akzeptieren Sie sich als Mensch mit Ecken und Kanten.
begleitet uns oft schon seit der Kindheit als strenge in-    lastbar und pflegt seinen individuellen Arbeitsstil. Die-   Gestehen Sie sich Ihre Fehler und Schwächen ein und
                                                                                                                         nehmen Sie sie mit Geduld, Toleranz und Humor an. Das
nere Stimme. Der Einzelne steht scheinbar in der Pflicht,    se Vielfalt muss im Team nicht nur akzeptiert, sondern      befreit von chronischen Selbstzweifeln und ebnet den Weg
aus seinem Leben stets und ständig das Beste zu machen.      wirklich auch wertgeschätzt werden. Ich ermutige Un-        zu Gelassenheit und Freude – und auch zu Spontaneität
                                                                                                                         und Kreativität!
Werbung, Digitalisierung und soziale Netzwerke wie           ternehmen zu einer bewussteren Fehlerkultur, weil wir
Facebook beflügeln unser Anspruchsdenken. Für Unvoll-        aus Fehlern mehr lernen als aus Erfolgen.                   3. Auf die eigenen Grenzen achten
kommenheit, Schwächen oder gar Scheitern scheint kein        Gerade Vorgesetzte haben hier eine wichtige Vorbild-        Höchstleistungen abliefern zu wollen ist per se nichts
                                                                                                                         Schlechtes. Setzen Sie sich aber realistische Erwartungen.
Platz mehr zu sein. Für Selbstoptimierung dagegen umso       funktion: Chefs, die selbst auch mal Schwächen zeigen       Mit 80 Prozent Einsatz erreichen Sie schon oft Ihr Ziel. Er-
mehr.                                                        und an ihre Mitarbeiter realistische Erwartungen stel-      spüren Sie Ihre Ressourcen, und sagen Sie ohne schlechtes
                                                                                                                         Gewissen nein, wenn Ihnen etwas zu viel wird. Ihre Mit-
    Die Fülle der Ratgeberliteratur ist ein Beleg dafür,     len, sind ein wichtiger Pfeiler gegen krankmachenden
                                                                                                                         menschen werden Sie deshalb nicht weniger schätzen.
ebenso die steigende Zahl der Selbstmanagement-Apps.         Erfolgsdruck. Coachings, Seminare und Beratungen für
Die mobilen Anwendungen messen längst nicht mehr             einzelne Mitarbeiter oder Teams können helfen, perfek-      4. Stärken nutzen und dankbar sein
                                                                                                                         Jeder Mensch hat Talente, Stärken und Schwächen. Verglei-
nur Schrittzahl, Strecken, Kalorien oder Schlafqualität.     tionistische Denk- und Handlungsmuster zu reflektieren      chen Sie sich nicht mit Ihren Mitmenschen, sondern kon-
Es gibt Apps für alle erdenklichen Alltagsbereiche – von     und durch konstruktive zu ersetzen. Von Erfolg gekrönt      zentrieren Sie sich auf das, was Sie besonders gut können
                                                                                                                         und was Ihnen Spaß macht. Rufen Sie sich Ihre positiven
der Urlaubsplanung bis hin zum Management von Bud-           sind solche Maßnahmen allerdings nur dann, wenn die         Eigenschaften und Ihr Erreichtes in Erinnerung – am besten,
get, Zielen, Flüssigkeitszufuhr und Work-Life-Balance. Sie   Person offen dafür ist und beispielsweise ein Coaching      indem Sie es auf ein Blatt Papier schreiben, das Sie dann im
                                                                                                                         Alltag immer mal wieder anschauen können. Seien Sie stolz
sind zuweilen nützlich für die Selbstdisziplin, aber meist   nicht etwa als Therapie persönlichen Fehlverhaltens fehl-
                                                                                                                         auf sich und dankbar!
gefährlich nahe an den ökonomischen Regeln der Effizi-       interpretiert.                                         
enz und Maximierung. Wir können nie wissen, in wessen
                                                                            Janina Klinger,
Hände all die ermittelten Daten gelangen. Ich schlage da-                   Betriebpsychologin,
mit in die Kerbe von Klaus Werle, Reiner Moritz, Ariadne                    ias Aktiengesellschaft

von Schirach und anderen Autoren, die dafür plädieren,                      janina.klinger@ias-gruppe.de
Unzulängliches aushalten zu lernen, sich anzunehmen,                        www.ias-gruppe.de

spontaner und achtsamer zu leben.
14 // Psyche
                                                                                                                                                                             Ausgabe 1 – Februar 2016

Was tun gegen Rückenschmerz?
Psyche und Rückenschmerz hängen oft eng zusammen

Von Fredi Lang

                                                                                                                                                  ­ ückenschmerzen mit zunehmendem Alter steigt, gibt
                                                                                                                                                  R

                                                                                                   © AndreyPopov/iStock/Thinkstock/Getty Images
                                                                                                                                                  schon die demographische Entwicklung allein ausrei-
                                                                                                                                                  chend Anlass, diesbezügliche Präventionsmaßnahmen in
                                                                                                                                                  der Arbeitswelt weiter zu verstärken. Das Thema wird in
                                                                                                                                                  vielen Betrieben bearbeitet, allerdings konzentrieren sich
                                                                                                                                                  die Maßnahmen immer noch zu sehr auf die Reduktion
                                                                                                                                                  körperlicher Belastungen und ergonomische Aspekte.
                                                                                                                                                  Die Veränderungen in der Arbeitswelt bringen erhöhte
                                                                                                                                                  psychische Beanspruchungen mit sich, und die Dienst-
                                                                                                                                                  leistungsarbeit in ihrem Charakter als belastende Emo-
                                                                                                                                                  tionsarbeit im Kundenkontakt fordert die Stressbewälti-
                                                                                                                                                  gungskompetenzen der Mitarbeiter zunehmend. Auch
                                                                                                                                                  der stetige Wandel selbst führt zu Verunsicherung und
                                                                                                                                                  erfordert betriebliche Maßnahmen zur Gestaltung der
 Die Ursache von Rückenschmerzen                                                                                                                  Veränderungsprozesse, die Bewältigungskompetenzen
 können psychische Probleme sein.
                                                                                                                                                  und somit die Zuversicht stärken.
                                                                                                                                                      Rückenschmerzen und erhöhte Stressbelastung wer-
                                                                                                                                                  den häufig gleichzeitig erlebt und berichtet. Dauerhafte
Mehr als drei Viertel der Deutschen haben einmal im   schmerzen liegen bei weniger als 20 Prozent der                                             Überforderung und geringe Handlungsspielräume oder
Leben Rückenschmerzen, mehr als ein Drittel berich-   Rückenschmerzpatienten im Bereich degenerativer                                             geringe Akzeptanz und Wertschätzung bringen jeden aus
tet von aktuellen Beschwerden. Die Ursachen von       körperlicher Veränderungen der Wirbelsäule.                                                 dem Gleichgewicht. Steigende psychische Belastungen
dauerhaften, also chronisch gewordenen Rücken-           Vor dem Hintergrund, dass die Häufigkeit von                                             können zudem den Eindruck erzeugen und verstär- 
15 // Psyche
                                                                                                                                                      Ausgabe 1 – Februar 2016

ken, dass man zunehmend weniger für Anforderungen             chende Elemente sind unter anderem:                             Präventives Handeln wird wesentlich von subjektiven
der Arbeit und andere Umstände des Lebens gewappnet           •	Schaffen angemessener Arbeitsinhalte und Arbeits-        Vorstellungen bestimmt, insbesondere von der Frage, ob
ist. Wenn ein Mitarbeiter ausgeglichen ist und sich den          mengen                                                   die Handlung zu einer Verbesserung führt und ob man die
Aufgaben gewachsen fühlt, empfindet er unspezifische          •	Ermöglichen zeitlicher und fachlicher Handlungsspiel-    Handlung erfolgreich abschließen kann (Selbstwirksam-
Rückenbeschwerden als weniger problematisch, und sie             räume,                                                   keitserwartung, Kompetenzerwartung). Ein wesentlicher
gehen wesentlich rascher vorüber.                             •	Möglichkeiten zur Qualifikation und Weiterentwick-       Aspekt erfolgreicher Präventionsmaßnahmen besteht in
                                                                 lung,                                                    der Integration gesundheitsbezogenen Handelns in den
                                                              •	ein gutes Betriebsklima schaffen und pflegen, z.B.       Alltag. Dies betrifft nicht nur die individuelle Integration
Im Setting aktiv werden                                          durch Partizipationsmöglichkeiten, Transparenz der       von Bewegungsaktivitäten und Stressmanagement, son-
                                                                 Abläufe und Entscheidungen,                              dern auch ein persönlichkeitsförderndes und nachhaltig
Eine Maschine kann gesichert, ein Arbeitsstuhl und ein        •	angemessene Gratifikationen und wertschätzender          positiv wirkendes Organisationsklima.
Arbeitsplatz können ergonomisch und Arbeitsabläufe mit           Führungsstil,
mehr Bewegung gestaltet werden – die Veränderung              •	Wirkungskontrollen durchführen und Maßnahmen
einer Organisationskultur von eingefahrenen Abläufen             durch Vorgesetzte verfolgen.                             Mitarbeitergesundheit fördern
und Gewohnheiten und die nachhaltige Stärkung indi-
vidueller Ressourcen und Bewältigungskompetenzen              Maßnahmen der Personal-, Team- und Organisationsent-        Zusätzlich zur Verringerung betrieblicher Belastungen
machen komplexe Strategien notwendig.                         wicklung dienen dem Ziel der Entwicklung eines guten,       sind die Stärkung der individuellen und teambezogenen
    Sind beispielsweise das Arbeitsklima schlecht, die Ent-   gesunden Betriebs und einer positiven Organisations-        Bewältigungskompetenzen und die Entwicklung nach-
lohnung gering oder das Arbeitsverhältnis prekär, fehlen      und Gesundheitskultur. Mit solchen Maßnahmen wird           haltiger Lebensführungsstrategien zur Erhaltung gesund-
positive Rückmeldungen zur getanen Arbeit, oder sind          nicht nur vielfältigen Belastungen vorgebeugt und wer-      heitlicher Ressourcen wichtig. Auch hier sind die Themen
die Qualifizierungsmöglichkeiten eingeschränkt, können        den somit der Krankenstand und die Anzahl von Frühver-      und Unterstützungskonzepte vielschichtig: Umgang mit
unspezifische Rückenschmerzen symptomatische Folge            rentungen gemindert, sondern wird auch die Effektivität     Stress und eigenen Ansprüchen, Belastungs- und Zeit-
sein. Geringe Arbeitszufriedenheit, monotone Tätigkei-        gesteigert. Ein wertschätzender Führungsstil und die För-   management, Vereinbarkeit von Familie bzw. Pflege und
ten, Konflikte im Team und Gratifikationskrisen sind we-      derung einer Beteiligungskultur führen zur Identifikation   Beruf, dauerhafte Verhaltensänderungen zur verbesser-
sentliche Faktoren bei der Entstehung von längerfristigen     der Mitarbeiter mit den Unternehmenszielen, zur Stress-     ten eigenen Ressourcenförderung, zum Beispiel im Zusam-
Rückenschmerzen.                                              reduktion sowie zur Steigerung von Selbstbewusstsein        menhang mit Entspannung oder der Integration von mehr
Zur Vermeidung und Verringerung psychisch beding-             und Selbstwirksamkeitserwartung.                            Bewegung.
ter Beschwerden und nachfolgender Erkrankungen bei               Ein nachhaltiges betriebliches Gesundheitsmanage-            Es geht auf der individuellen Ebene also um psychi-
der Arbeit zählen insbesondere auch Maßnahmen der             ment setzt an den vor Ort bestehenden psychischen und       sche Belastungen und damit verbundene körperliche Re-
persönlichkeits- und gesundheitsförderlichen Arbeitsge-       körperlichen Belastungen an und schreitet systematisch      aktionen, zum Beispiel bei andauernder Überforderung.
staltung. Belastungen und Ressourcen müssen in ausge-         im Wechselspiel von Gefährdungsanalyse, Maßnahmen-          Rückenbeschwerden sind wie andere Stressreaktionen
wogenem Verhältnis zueinander stehen. Erfolgverspre-          planung und Evaluation immer weiter voran.                  eine sehr häufige Belastungsreaktion und zugleich 
16 // Psyche
                                                                                                                                    Ausgabe 1 – Februar 2016

                                                                                                                                                                 ANZEIGE

Warnhinweis zur Selbstfürsorge. Auf der individuumsbe-
zogenen Ebene sind neben Stressbewältigungstrainings
und Entspannungstechniken wie beispielsweise progres-
siver Muskelrelaxation auch die gute, gesunde Erholung
in der Freizeit und die Fähigkeit und Möglichkeit, sich in
der Freizeit von der Arbeit und den Gedanken daran zu
distanzieren. Mit zunehmender Entgrenzung der Arbeit
wird diese Thematik an Bedeutung gewinnen und neue                   Betriebliche Altersversorgung
Strategien erfordern. Gute, gesunde Erholung zeichnet
sich insbesondere durch selbstbestimmte kulturelle und
                                                                     im Mittelstand 2016
soziale Aktivitäten aus.
                                                                     – die exklusive Studienreihe von F.A.Z.-Institut und
    Entscheidend ist auch die Vermeidung von Chronifi-               Generali Versicherungen
zierung. Basierend auf einer akuten Schmerzerfahrung,                Die Studie „Betriebliche Altersversorgung im Mittelstand 2016“ analysiert die Befragung
entwickelt sich häufig ein Verhalten der Vermeidung von              von 200 Personal- und bAV-Verantwortlichen in mittelständischen Unternehmen mit 50 bis
Bewegung. Zur Veränderung der schmerzenden Konstel-                  500 Mitarbeitern. Themen sind die bAV-Nachfrage im Mittelstand, das Vorsorgeangebot,
lation ist es jedoch notwendig, diese Einstellung psycho-            Anforderungen an Produkte und Services sowie das HR-Management der Betriebe.
logisch zu überwinden.
    Wenn das Gefühl von hoher Beanspruchung alltäglich
wird und Rückenbeschwerden häufiger auftreten, kann
eine psychologisch kompetente Beratung zu zugeschnei-                                                                Studie „Betriebliche Altersversorgung im
                                                                                                                     Mittelstand 2016.
derten Lösungswegen führen. Wesentlicher als indivi-
                                                                                                                     Vorsorge und Personalplanung aus der Sicht
duumsbezogene Maßnahmen ist die Entwicklung eines                                                                    von bAV-Verantwortlichen“
nachhaltigen betrieblichen Gesundheitsmanagements,                                                                   FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH –
                                                                                                                     der F.A.Z.-Fachverlag
das langfristig die Gesundheit und Effektivität der Beleg-                                                           32 Seiten, 75,00 Euro
schaft erhält und fördert.                                                                                         ISBN 978-3-945999-21-9
                                                                                                                     Direkt bestellbar unter: www.frankfurt-bm.com/
                                                                                                                     Studie-bAV-im-Mittelstand-2016
               Fredi Lang,
               Diplom-Psychologe, Master Public Health, Refe-
               ratsleiter Fach- und Bildungspolitik, Berufsverband
               Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V.

               f.lang@bdp-verband.de
               www.bdp-verband.de/bdp/archiv/gesunde-arbeit/
               index.html
17 // Psyche
                                                                                                                                                 Ausgabe 1 – Februar 2016

Wer die Wahl hat, hat die Qual
Betriebliche Sozialberatung oder Employee Assistance Programme? Eine Entscheidungshilfe

Von Juliane Barth

Das Arbeitsleben verdichtet sich immer mehr, eine

                                                                                                                                                                            © alexsokolov/Thinkstock/iStock/Getty Images
Veränderung folgt auf die andere, psychische Er-
krankungen nehmen zu, und Unternehmen sind
dazu verpflichtet, eine Gefährdungsanalyse bezüg-
lich psychosozialer Risiken durchzuführen. Als Maß-
nahme bietet sich für viele Unternehmen die Einfüh-
rung einer betrieblichen Sozialberatung oder eines
Employee Assistance Programms an. Worin unter-
scheiden sich beide Modelle? Welches Servicemodell
passt zu wem?
    Die betriebliche Sozialberatung hat in Deutschland
eine lange Tradition. Schon vor über 100 Jahren beschäf-
tigten Unternehmen wie Siemens, Bosch oder Herberts
Fabrikpflegerinnen oder Werksfürsorgerinnen, die sich
um die Belange ihrer Kollegen kümmerten. Seit den sieb-      Beratung im Betrieb hilft zu vermeiden,
                                                             dass aus Bedenken Probleme werden.
ziger Jahren wird diese Tätigkeit von Sozialarbeitern und
Sozialpädagogen ausgeführt, die die Mitarbeiter und
Führungskräfte vorwiegend beratend unterstützen.
    Betriebliche Sozialberater sind häufig bei einem Un-    Sozialberatung personengebunden. Das heißt, dass die       steht und fällt. Manche Sozialberater bieten ausschließ-
ternehmen angestellt, können aber auch freiberuflich        Qualität und die Effektivität der Arbeit mit der Person,   lich individuelle Beratungen für Einzelpersonen an,
tätig sein und ihre Dienstleistung mehreren Auftrag-        die die Stelle besetzt, und mit dem Grad der Unterstüt-    andere führen auch Gruppentrainings und Personal-
gebern zur Verfügung stellen. Oft ist die betriebliche      zung und Vernetzung, die diese im Unternehmen hat,         entwicklungsmaßnahmen durch. Die betriebliche So- 
18 // Psyche
                                                                                                                                                                        Ausgabe 1 – Februar 2016

zialberatung kann eine Stabsstelle sein, oder sie ist            Zentrale Punkte der EAEF-Richtlinien
auch dem Ressort Human Resources oder der Betriebs-
medizin unterstellt.                                             Vertraulichkeit, Ethik und Gesetzgebung: Das Ausmaß                   Öffentlichkeitsarbeit: Der EAP-Dienstleister soll sicher-
    Eine interne Sozialberatung hat den Vorteil, dass            und die Grenzen der Vertraulichkeit sollten klar beschrie-            stellen, dass es ein maßgeschneidertes und kontinuierliches
                                                                 ben und im Vertrag zwischen dem EAP-Dienstleister und                 Informationsprogramm für die Beratungsdienste gibt.
der Sozialberater das Unternehmen und dessen Kultur              dem Kunden festgehalten werden. Als Bedingung der Mit-
kennt und sich eng mit anderen Funktionen wie Human              gliedschaft müssen EAEF-Mitglieder mit dem Ethikcode der              Berichte: Regelmäßige anonymisierte Berichte an das
                                                                 EAEF übereinstimmen und sich im Einklang mit der lokalen              Management sollen die Leistungen des EAP-Dienstleisters
Resources oder Betriebsmedizin vernetzen kann. Eine              und europäischen Gesetzgebung befinden.                               abbilden.
enge Zusammenarbeit mit der Personalentwicklung ist
möglich. Die Entscheidung für eine interne Sozialbera-           Modelle: EAPs können firmeninterne oder externe Ange-                 Kurzzeitberatung: Geeignetes Personal oder freie Mitar-
                                                                 bote sein wie auch eine Kombination aus beidem.                       beiter, für deren Arbeit der EAP-Dienstleister verantwortlich
tung bedeutet Bindung an bestimmte Personen, die in
                                                                                                                                       ist, sollten Beratungsdienstleistungen in einer festgelegten
einem zumeist langfristigen Anstellungsverhältnis ste-                                                                                 Anzahl von Sitzungen durchführen. Diese sind auf die
                                                                 Verwaltung, Dokumentation und Qualitätssicherung:
hen. Der Vorteil eines externen Beratungsservices ist,                                                                                 Fähigkeit des Klienten fokussiert, Probleme selbst zu lösen
                                                                 Definierte Prozesse sollen eine konsistente und effektive
                                                                                                                                       und zu einem optimalen Leistungsniveau zurückzufinden.
dass er eine eher neutrale Sicht auf Ereignisse im Un-           Dienstleistung ermöglichen inklusive eines Dokumenta-
                                                                 tionssystems, eines geregelten Datenmanagements und
ternehmen hat.                                                   eines Qualitätserfassungsprogramms.                                   Unternehmensberatung: Der EAP-Dienstleister sollte
                                                                                                                                       in der Lage sein, das Unternehmen fortlaufend oder bei
                                                                                                                                       akutem Bedarf zu beraten, die Nutzung der Maßnahme zu
Employee Assistance                                              Personal: Der EAP-Dienstleister hat ausreichendes und
                                                                                                                                       erläutern, wichtige Trends zu identifizieren und Beratung zu
                                                                 qualifiziertes Personal vorzuhalten und dieses regelmäßig
Ein Employee Assistance Programm (EAP) zielt als Sys-                                                                                  Risikominderung und Performance-Management zu bieten.
                                                                 zu schulen.
tem darauf ab, die Leistungsfähigkeit von Unternehmen
zu fördern und zu erhalten, indem Mitarbeiter und Füh-           Assessments: Vor dem Start eines EAPs soll eine Bestands-             Training: Der EAP-Dienstleister sollte in der Lage sein,
                                                                 aufnahme in Bezug auf die Organisation, deren spezifische             seinen Kundenorganisationen Trainingsmaßnahmen anzu-
rungskräfte Beratung, Information und Unterstützung              Probleme und Bedürfnisse erfolgen, damit das EAP genau                bieten. Dabei kann es um Themen für das Management
bei der Lösung persönlicher Probleme erhalten.                   für den Kunden angepasst werden kann.                                 wie Teambuilding oder Konfliktlösung oder um Themen für
                                                                                                                                       Mitarbeiter wie Stressmanagement und Vorbereitung auf
    Die Dienste bestehen typischerweise aus einer Kom-                                                                                 den Ruhestand gehen.
                                                                 Policy: Der EAP-Dienstleister sollte mit der Kundenorgani-
bination von Dienstleistungen im Bereich Performance-            sation eine schriftliche Richtlinie erarbeiten, die die Dienstleis-
                                                                                                                                       Krisensituationen: Zusätzlich kann der EAP-Dienstleister
Management/Organisationsberatung für Manager und                 tung beschreibt und Zugang, Vertraulichkeit und messbare
                                                                                                                                       Maßnahmen in akuten, krisenhaften Situationen im Be-
Beratungsangeboten für Mitarbeiter. Die Dienstleistung           Zielvereinbarung regelt, und intern kommunizieren.
                                                                                                                                       trieb anbieten.
für Mitarbeiter kann eine breite Palette arbeitsbezogener
oder persönlicher Themenbereiche umfassen, wie Stress,
Konflikte am Arbeitsplatz, Suchtprobleme, Depression,       aufzuzeigen. Darüber hinaus ist im Rahmen der meisten                      son immer auch auf der Arbeitssicherheit und der Leis-
Familie, rechtliche und finanzielle Fragen, Work-Life-Ba-   EAPs eine lösungsorientierte Kurzzeitberatung möglich.                     tungsfähigkeit des Arbeitnehmers.
lance und Concierge-/Convenience-Services.                  Das kann im Vieraugengespräch, per Telefon oder per                           EAPs sind in den vierziger Jahren in den USA entstan-
    Vorrangig geht es bei einem EAP darum, persönli-        Onlineberatung geschehen. Der Fokus liegt neben dem                        den, als viele Amerikaner traumatisiert aus dem Krieg zu-
che Probleme schnell zu identifizieren und Lösungswege      jeweiligen persönlichen Anliegen der ratsuchenden Per-                     rückkehrten und oftmals stark dem Alkohol zuspra- 
19 // Psyche
                                                                                                                                   Ausgabe 1 – Februar 2016

                                                                                                                                                           ANZEIGE

     Fragen für die Auswahl von EAP-Dienstleistern
                                                            yee Assistance (EA) in Europa gegründet und setzte sich
                                                            zum Ziel, höchste Standards für EAP in Europa zu defi-
  • Wie sind die Berater ausgebildet?                       nieren. Zwar wurden diese Standards nicht verpflichtend
  •	Sind die Berater für die Tätigkeit im Businessumfeld   gemacht, das EAEF hat aber Richtlinien formuliert, denen
     geschult?
                                                            sich die Mitglieder verpflichten.
  • Wird die Beratungstätigkeit dokumentiert?
  • Wie wird mit erhobenen Daten umgegangen?                Fazit                                                        Das Onlinemagazin für Vergütung
  • Wie ist die Schweigepflicht geregelt?                   Ein Vergleich zwischen einer betrieblichen Sozialbera-
  •	Wie können Urlaubs- und Krankheitszeiten bzw. perso-   tung und einem EAP ist schwierig, wenn nicht unmög-
     nelle Engpässe überbrückt werden?
                                                            lich, da die Bandbreite an Unterschieden innerhalb der
  • Wie schnell kann im Notfall jemand vor Ort sein?        Services teilweise größer ist als zwischen ihnen. Die be-
  • Welche Bandbreite an Themen kann abgedeckt werden?      triebliche Sozialberatung ist potenziell eher personen-
  • Welche Referenzen liegen vor?                           abhängig, EAP stärker prozessgebunden. EAPs sollten
  • Welche verschiedenen Servicemodelle sind im Angebot?    sich an den Richtlinien orientieren, die das EAEF oder die
  • Wie erfolgt die Berichterstattung?                      EAPA vorgeben. Allerdings ist EAP bisher keine geschütz-
  • Welche Abrechnungsmodelle gibt es?
                                                            te Bezeichnung.                                         

  • Welche Beratungsmodelle kommen zur Anwendung?
  •	Was bedeutet Kurzzeitberatung? Wie wird mit Rat-
     suchenden umgegangen, die eine längere Betreuung
     benötigen?
  • Wie viel Erfahrung bringt der Dienstleister mit?
  • Wie sehen die Prozesse aus?
  • Existiert ein Qualitätsmanagement?

chen. Betriebliche Suchtprogramme wurden für dieses
                                                                                                                         Jetzt lesen unter: www.compbenmagazin.de
Problem entwickelt. In den siebziger Jahren erweiterte
                                                                           Juliane Barth,
sich das Spektrum um psychische Belastungen und Er-                        Vorstand,
krankungen, später auch um Work-Life-Balance und die                       Corrente AG

Vereinbarkeit von Familie und Beruf.                                       jbarth@corrente.de
    Das Employee Assistance European Forum (www.                           www.corrente.de

eaef.org) wurde im Jahre 2002 als Sprachrohr für Emplo-
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