DAS STADTMAGAZIN LUZERN - IM ZENTRUM - Stadt Luzern

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DAS STADTMAGAZIN LUZERN - IM ZENTRUM - Stadt Luzern
LUZERN                            Ausgabe #01, April 2019

DAS STADTMAGAZIN

         IM ZENTRUM
         Am Morgen gehört die Altstadt noch ihren
         1100 Bewohnerinnen und Bewohnern.
DAS STADTMAGAZIN LUZERN - IM ZENTRUM - Stadt Luzern
2|3                          Editorial                                                   Inhalt

                                                    Franziska Bitzi Staub            4   AFR18
                                                    Finanzdirektorin                     Mit der Aufgaben- und
                                                                                         Finanzreform AFR18 regelt
                                                                                         der Kanton die Aufgaben
                                                                                         und Finanzierungen mit
                                                                                         den Gemeinden neu. Die
                                                                                         Reform hat schwerwiegende
                                                                                         Mängel. Sie wird von
                                                                                         12 Gemeinden bekämpft.
                             ERLEICHTERT
                             UND TROTZDEM BESORGT                                   10   ABSTIMMUNG
                                                                                         Für die Umsetzung des Be-
                             Was für ein Resultat: Die Stimmberechtigten
                                                                                         hindertengleichstellungsge-
                             lehnten am 31. März das Referendum der SVP ab
                                                                                         setzes wollen Parlament und
                             und stimmten mit 79 Prozent Ja dem städtischen
                                                                                         Stadtrat 39,69 Mio. Franken
                             Budget 2019 zu. Herzlichen Dank! Jetzt können
                                                                                         investieren. Damit sollen
                             wir dringend notwendige Investitionen auslösen
                                                                                         die Bushaltestellen an Ge-
                             und zum Beispiel die Erneuerung unserer Schul­
                                                                                         meindestrassen in der Stadt
                             anlagen weiterführen. Ich bin froh, dass die Unsi­
                                                                                         hindernisfrei gestaltet wer-
                             cherheit für unsere Beitragsempfänger vorbei ist
                                                                                         den. Die Volksabstimmung
                             und wir ihnen die Entschädigung für ihre Leistung
                                                                                         findet am 19. Mai statt.
                             überweisen können. Sie tragen in den Bereichen
IMPRESSUM                    Soziales, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft
                                                                                    12   ABSTIMMUNG
                             zum Erfolg unserer Stadtgemeinschaft bei.                   Grosser Stadtrat und Stadt-
Verantwortlich
Stelle für Kommunikation     Sorgen macht mir eine andere politische Vorla-              rat wollen unter der Bahn-
Niklaus Zeier
Dagmar Christen              ge: die Aufgaben- und Finanzreform 18 (AFR18),              hofstrasse eine Velostation
                             über die am 19. Mai abgestimmt wird (siehe                  für rund 1100 Velos planen.
Autorinnen / Autoren         S. 4–9). Der Kanton will damit Aufgaben und                 Gegen den Projektierungs-
Daniel Arnold (Aktuell)
Pirmin Bossart               deren Finanzierungen zwischen Kanton und                    kredit von 2,05 Mio. Fran-
Dagmar Christen (DC)         Gemeinden neu regeln und gleichzeitig den                   ken hat die SVP das Referen-
Tamara Maritz (TM)                                                                       dum ergriffen.
                             kantonalen Finanzhaushalt um 20 Mio. Franken
Andrea Müller (AM)
Luca Wolf (LW)               entlasten. Im Zentrum steht der neue Verteiler
Niklaus Zeier (NZ)           bei den Volksschulkosten. Das Ziel, die Mit­           14   QUARTIER
                             sprache der Gemeinden bei der «Volksschul-                  Wer in der Altstadt wohnt,
Korrektorat
typo viva                    Reformitis» zu erhöhen, wird mit der Vorlage                teilt seinen Lebensraum
                             aber verfehlt.                                              mit Menschen aus aller
Erscheint viermal jährlich                                                               Welt. Was aber läuft nach
in einer Auflage von         Die «Entlastung» der Gemeinden hat natürlich
53’000 Exemplaren                                                                        Ladenschluss? Wie steht
                             ihren Preis. 160 Mio. Franken jährlich müssen               es mit der Nachbarschaft?
Grafik                       dem Kanton gegenfinanziert werden. Die Lösung?              Was reizt und was nervt im
hofmann.to                   Ein System mit kaum verständlichen Massnah­                 musealen Umfeld?
Bilder                       men, die Gesetze ritzen, ja verletzen. So diktiert
Franca Pedrazzetti           zum Beispiel der Kanton den Gemeinden eine             17   SCHULE
                             Steuerfusssenkung, um im Gegenzug seine eige­               Das neue Unterrichtsheft
Kanton Luzern (5), Stadt
Luzern (11, 12, 20, 21, 23   nen Steuereinnahmen erhöhen zu können. Ein                  «Wie verändere ich die Stadt
oben), Joseph Schmidiger     massiver Eingriff in die Gemeindeautonomie! Es              Luzern?» will politische
(22 oben), PD (22 unten),    bestehen schwerwiegende verfassungsrechtliche
Kantonale Denkmalpflege                                                                  Prozesse anhand lokaler
Luzern (23 unten)            Bedenken, und wir lassen daher die Massnahme                Themen erklären. Initiiert
                             rechtlich prüfen.                                           wurde das Lehrmittel vom
Druck
LZ Print,                    Die Stadt Luzern wird – wie sieben weitere Gemein­          Präsidenten des Grossen
Luzerner Zeitung AG
                             den – durch die AFR18 zu einem sogenannten                  Stadtrates.
Gedruckt auf Recycling-      Härtefall; wir würden zur Abfederung von den
papier, hergestellt in der
                                                                                    18   PORTRÄT
                             profitierenden Gemeinden während sechs Jahren
Schweiz                                                                                  Manon Heeb,
                             finanziell unterstützt. Und danach? Ist es das Ziel,
                                                                                         Sängerin
Titelbild                    den Kantonshauptort und attraktiven Unterneh­
Samstagmorgen auf dem        mensstandort zu schwächen?
Rathaussteg
                                                                                    20   AKTUELL

© Stadt Luzern                                                                      24   KEHRSEITE
DAS STADTMAGAZIN LUZERN - IM ZENTRUM - Stadt Luzern
Nachgefragt

                                  AUF EINER SOLIDEN BASIS
                                  DIE DIGITALE STADT BAUEN
                                  Der Stadtrat will Luzern für die digitale Entwicklung gut aufstellen. Er hat
                                  seine Strategie im Parlament eingebracht und eine heftige Diskussion ausgelöst.
                                  Wo steht das Geschäft zurzeit? Projektleiter Oliver Frey gibt einen Einblick.

                                                                                                                        auch seine Haltung zur GPK-Mo-
                                                                                                                        tion darlegen wird. Gibt uns das
                                                                                                                        Parlament die Ressourcen frei,
                                                                                                                        bauen wir unsere Organisation
                                                                                                                        auf und entwickeln parallel die
                                                                                                                        Voraussetzungen, Bevölkerung,
                                                                                                                        Wirtschaft und Wissenschaft in
                                                                                                                        die Erarbeitung einer Vision und
                                                                                                                        Strategie einzubeziehen. Parallel
                                                                                                                        führen wir die Entwicklung vie­-
                                                                                                                        ler eingeleiteter Projekte, es sind
                                                                                                                        rund 50, weiter. Ich rechne damit,
                                                                                                                        dass wir im Frühjahr 2020 die not­
                                                                                                                        wendige Basisorganisation ein-
                                                                                                                        geführt haben.

                                                                                                                            In der öffentlichen Diskus-
                                                                                                                            sion kam die Strategie des
                                                                                                                            Stadtrates nicht gut weg.
                                                                                                                            Welche Vorwürfe haben Sie
                                                                                                                            überrascht?
                                                                                                                            Wir begrüssen die kritische
                                                                                                                        Auseinandersetzung. Gerade bei
                                                                                                                        dieser wichtigen Herausforde-
                                                                                                                        rung bringt uns die Diskussion
                                                                                                                        weiter. Nur: Wir beschäftigen uns
                                                                                                                        nicht mit uns selber, wie vor
                                                                                                                        allem kritisch angemerkt wurde.
                                                                                                                        Wir wollen in unserer Basisor­
                                                                                                                        ganisation gerade dafür sorgen,
Oliver Frey, Projektleiter «Stadt Luzern digital». Er will die Basis schaffen, damit die Stadt Luzern digitale          dass die Fokusbereiche Smart
Innovationen kreiert – gemeinsam mit Bevölkerung, Kanton, Bund, Wissenschaft und Wirtschaft.                            City, Open Government Data und
                                                                                                                        E-Government, die sich gross-
                                              In seiner Gemeindestrategie                Im Februar hat der Stadt-      mehrheitlich mit externen digi-
                                              schreibt der Stadtrat, dass                rat seine Digitalstrategie     talen Entwicklungen befassen,
                                              die Stadt Luzern mit ihrem                 mit den Anträgen an das        gute Voraussetzungen haben.
                                              digitalen Angebot innert                   Parlament veröffentlicht.
                                              zehn Jahren wegweisend sein                Wo steht die Behandlung            Der Stadtrat betont immer,
                                              will. Was bedeutet diese                   dieses Geschäfts zurzeit?          dass er den «Luzerner Weg»,
                                              politische Aussage für Sie?                Wir haben unser digitales          bei der Planung der Digitali-
                                              Wenn die Stadt Luzern mit              Basis­programm im Februar ver-         sierung gehen will. Wie zeigt
                                          ihren digitalen Angeboten in der           öffentlicht und darüber eine           sich dieser Weg?
                                          Verwaltung und im städtischen              intensive Diskussion mit der           Wir starten mit den Grund­
                                          Raum wegweisend werden will,               Geschäftsprüfungskommission        lagen, bauen eine Basis auf und
                                          muss das Projektteam alles dar-            (GPK) geführt. Die GPK formu-      schaffen so die Voraussetzungen,
                                          ansetzen, jetzt eine tragfähige            lierte danach ihre Vorstellun­-    gut aufgestellt Projekte zu reali-
                                          und breit abgestützte Organisa-            gen in einer Motion «Vision und    sieren, zum Beispiel mit Luzerner
                                          tion mit den dazu notwendigen              Strategie Smart City Luzern». Da   Unternehmen, wie etwa für die
                                          personellen und finanziellen Res-          aus Zeitgründen das Geschäft       digitale Bewirtschaftung der Tou-
                                          sourcen aufzubauen. Diese Basis            am 21. März im Grossen Stadtrat    ristencars.
                                          ist der Start auf dem Weg, das ge-         nicht behandelt werden konnte,
                                          setzte politische Ziel in den kom-         kommt es nun am 16. Mai zur           Niklaus Zeier
                                          menden zehn Jahren zu erreichen.           Debatte, in welcher der Stadtrat      Chef Kommunikation
DAS STADTMAGAZIN LUZERN - IM ZENTRUM - Stadt Luzern
4|5                             AFR18

                                VEREINT GEGEN DAS
                                STEUERDIKTAT
                                Mit der Aufgaben- und Finanzreform AFR18 regelt der Kanton die Aufgaben und
                                Finanzierungen mit seinen 83 Gemeinden neu. Hauptbestandteile sind die Finan-
                                zierungen des Wasserbaus und der Volksschulkosten. Zur notwendigen Gegen-
                                finanzierung präsentiert der Kanton eine Reform mit schwerwiegenden Mängeln.
                                12 Gemeinden bekämpfen diese gemeinsam mit einem Komitee.

                                                                                             Kanton und den Gemeinden neu regeln. Dabei füh-
                                                                                             ren insbesondere die neue Aufgabenteilung im
                                                                                             Wasserbau und der neue Kostenteiler für die Volks-
                                                                                             schule zu massiven Kostenverschiebungen zwi-
                                                                                             schen dem Kanton und den Gemeinden in der Höhe
                                                                                             von rund 200 Mio. Franken jährlich. Allein die vom
                                                                                             VLG immer wieder geforderte Änderung des Volks-
                                                                                             schulkostenteilers von 75 Prozent Gemeinden und
                                                                                             25 Prozent Kanton zu neu je 50 Prozent verursacht
                                                                                             beim Kanton ein Loch von 160 Mio. Franken. Zusätz-
                                                                                             lich will der Kanton seine Finanzen sanieren und
                                                                                             mit der AFR18 jährlich 20 Mio. Franken in seine
                                                                                             Kasse abführen.
                                                                                                 Diese Ausgangslage liess das Gemeinde-Sextett
                                                                                             zu einem Dutzend anwachsen. Auch Dierikon, Eich,
                                                                                             Greppen, Neuenkirch, Rothenburg und Vitznau
Ein Auslöser der Reform: die neue Aufteilung der Volksschulkosten. Neu sollen Kanton         sind nun bereit, sich gegen die AFR18 zu wehren.
und Gemeinden je 50 Prozent der Kosten tragen.                                               Bei der Schlussabstimmung im Februar 2019 wurde
                                                                                             die Reform mit 66 Ja zu 43 Nein angenommen. Den
                                           Im Juli 2018 fand Erstaunliches statt. Die Exe-   Mehrheiten aus CVP, FDP und SVP standen SP,
                                       kutiven von sechs Luzerner Gemeinden luden zur        Grüne und GLP entgegen sowie Abweichlerinnen
                                       Medienkonferenz. Mauensee, Meggen, Schenkon,          und Abweichler aus den bürgerlichen Ja-Fraktio-
                                       Sursee, Weggis und Luzern gaben ihren Unmut über      nen. Am kommenden 19. Mai sollen nun die Stimm-
                                       die vom Regierungsrat in die Vernehmlassung gege-     berechtigten das letzte Wort haben.
                                       bene Aufgaben- und Finanzreform 2018 (AFR18)
                                       bekannt.                                                 Schwerwiegende Mängel
                                           Seither sorgt die AFR18 für hitzige Diskussio-        Die Gegenfinanzierung der Kosten aus dem
                                       nen. Die Steuerung dieser Reform, zusammenge-         Wasserbau und den Volksschulen führt in den Au-
                                       setzt aus zwei Regierungsräten und zwei Vertretern    gen der 12 Gemeinden zu schwerwiegenden Män-
                                       des Verbandes Luzerner Gemeinden (VLG), legte         geln, die sich langfristig für alle 83 Gemeinden im
                                       nach der Vernehmlassung ohne weitere Konsulta-        Kanton negativ auswirken und aufzeigen, dass es
                                       tionen das definitive Massnahmenpaket fest. Der       dem Kanton auch darum geht, seine Finanzlage auf
                                       Regierungsrat überwies das Werk an den Kantons-       Kosten der Gemeinden zu sanieren. Ihre Vorbehalte
                                       rat. Dessen zuständige Kommission beschloss im        basieren im Wesentlichen auf folgenden Punkten:
                                       November 2018 die Rückweisung, und der Kantons-           Der Kanton will seine Steuern um eine Zehntel-
                                       rat strich im Dezember die Vorlage von der Traktan-   einheit erhöhen. Damit die Belastung der Steuer-
                                       denliste. Anfang 2019 stimmte jedoch die bürgerli-    pflichtigen nicht steigt, verordnet er den Gemein-
                                       che Mehrheit der Aufgaben- und Finanzreform           den eine Steuersenkung in gleicher Höhe. Für die
                                       2018 zu.                                              12 Gemeinden bedeutet dieser Schritt einen klaren
                                                                                             Eingriff in die Gemeindeautonomie, der nicht ein-
                                           Was will die Reform?                              malig ist, sondern über das Jahr 2020 hinausgeht.
                                           Mit der AFR18 will der Kanton Aufgaben und            Die Reform ist intransparent, basiert auf alten
                                       Finanzierungen in der Staatsführung zwischen dem      Zahlen und rechnet Beträge ein, die noch gar nicht
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                                                                                                                           8

12 Gemeinden machen sich gegen die kantonale Aufgaben- und Finanzreform 2018 stark: 1 Mauensee, 2 Sursee, 3 Schenkon, 4 Eich, 5 Neuenkirch, 6 Rothen-
burg, 7 Dierikon, 8 Luzern, 9 Meggen, 10 Greppen, 11 Weggis, 12 Vitznau.

politisch verankert sind oder – wenn überhaupt –          eine Errungenschaft der Finanzreform 08 rückgän-                     Die Rolle des VLG
erst zu einem späteren Zeitpunkt anfallen werden          gig gemacht. Dafür weist der Kanton den Gemein-                      Laut seinem Leitbild ver-
(z. B. Mehrwertabgaben). Gelder aus der Bundesvor-        den Risikokosten wie die Ergänzungsleistungen zur                    steht sich der Verband
lage «Steuerreform und AHV-Finanzierung» (STAF)           AHV und IV zu 100 Prozent zu. Die Ergänzungsleis-                    Luzerner Gemeinden
und aus der Steuergesetzrevision sind bereits ein-        tungen werden sich aufgrund der demografischen,                      (VLG) als Interessen-
gerechnet, obwohl beide Vorlagen noch nicht be-           gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwick-                     vertreter der Luzerner
schlossen sind bzw. noch im Parlament behandelt           lungen dynamisch nach oben entwickeln, ohne                          Gemeinden und ver-
werden müssen.                                            dass die Gemeinden darauf Einfluss nehmen kön-                       tritt einen profilierten
                                                                                                                               Gemeindestandpunkt
                                                          nen. Dies widerspricht organisatorischen Prinzi-
                                                                                                                               gegenüber der Öffent-
   Katze im Sack                                          pien: Aufgabenkompetenz, Ausgabenverantwor-
                                                                                                                               lichkeit. Er will durch
   Das Volk soll am 19. Mai 2019 über die AFR18           tung und Finanzierung sollten auf der gleichen
                                                                                                                               seine Arbeit das Selbst-
abstimmen, ohne dass die finanziellen Grundlagen          staatlichen Ebene angesiedelt sein.
                                                                                                                               bewusstsein von Ge-
zu deren Umsetzung gesichert sind. So wird über               Schliesslich orten die 12 Gemeinden rechtliche
                                                                                                                               meindebehörden, die
die für die Finanzierung der AFR18 notwendige             Verstösse des Kantons. So verletzt er Bundesrecht,
                                                                                                                               Gemeindesolidarität
STAF am gleichen Tag abgestimmt. Das Risiko, dass         indem er die neuen Erträge aus der STAF (Erhöhung
                                                                                                                               und die Gemeindeau­
am Ende die AFR18 angenommen, die STAF aber               des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer)                     tonomie stärken.
abgelehnt wird, ist nicht tragbar. Zudem wird über        ganz für sich beanspruchen will und nicht, wie das                   Die Stadt Luzern ist seit
die für die Gegenfinanzierung der AFR18 ebenso            Gesetz vorschreibt, die Gemeinden daran beteiligt.                   2015 nicht mehr Mit-
wichtige kantonale Steuergesetzrevision 2020 erst         Im Weiteren monieren die Gemeinden wie bereits                       glied des VLG. Damals
später entschieden. Damit werden die Stimmbe-             erwähnt die Verletzung der Gemeindeautonomie                         beschloss der Grosse
rechtigten genötigt, die Katze im Sack zu kaufen.         wie auch des Prinzips der Einheit der Materie.                       Stadtrat, entgegen dem
   Der Kanton beansprucht bei den Sondersteuern,                                                                               Antrag des Stadtrates,
wie etwa der Erbschaftssteuer, neu 70 Prozent. Den             Niklaus Zeier                                                   den Austritt aus diesem
Gemeinden bleiben noch 30 Prozent. Damit wird                  Chef Kommunikation                                              Verband.
DAS STADTMAGAZIN LUZERN - IM ZENTRUM - Stadt Luzern
– 40'000
                                                        –13'147
– 45'000                                                                   – 3'716          –226
–50'000
6 |7
           Steuerfussabtausch
                                  AFR18
                                 Sondersteuern
                                                 Ergänzungsleistungen
                                                                     Finanzausgleich
                                                                                     Übrige Massnahmen
                                                                                                      Schulkostenteiler                    Belastung netto
                                                                                                                    Steuergesetzrevision 2020

                                  DER VERSUCH, DIE KATZE AUS
           Auswirkungen AFR18 und Steuergesetzrevision 2020, Stadt Luzern: Einschätzung Stadt

                Belastung der Stadt Luzern           Entlastung der Stadt Luzern       Auswirkungen AFR18 und Steuergesetzrevision 2020 auf die Stadt Luzern

                                  DEM SACK ZU HOLEN
                                  Die AFR18 ist eine schwierig verständliche Ansammlung von Massnahmen. Wir
                                  wagen den Versuch, Transparenz zu schaffen und aufzuzeigen, wie verschiedenste
                                  Eingriffe das notwendige Geld zur Finanzierung der Reform erbringen sollen.

 in 1'000 Fr.
       0
                                                                                                                              10'605
 –5'000
                                                                                                                                                – 4'895
 –10'000

 –15'000                                                                                                    26'388
                  –16'851
–20'000

–25'000
                                    – 9'649
–30'000

–35'000

– 40'000                                                                                   1'475
                                                        –13'147
– 45'000                                                                   –3'716

–50'000
                                 Sondersteuern                       Finanzausgleich                  Schulkostenteiler                    Belastung netto
           Steuerfussabtausch                    Ergänzungsleistungen                Übrige Massnahmen              Steuergesetzrevision 2020

           Auswirkungen AFR18 und Steuergesetzrevision 2020, Stadt Luzern: gemäss Berechnung Kanton

                Belastung der Stadt Luzern           Entlastung der Stadt Luzern       Auswirkungen AFR18 und Steuergesetzrevision 2020 auf die Stadt Luzern

                                                 Die AFR18 regelt Aufgaben und Finanzierungen        Gemeindesteuerfusses angehen muss. Daher wer-
                                             zwischen dem Kanton und seinen 83 Gemein-               ten die 12 Nein-Gemeinden den verordneten Steu-
                                             den. Hauptbestandteile sind die Finanzierungen          erfussabtausch als Eingriff in den Grundsatz der
                                             des Wasserbaus und der Volksschulkosten. Neu sol-       Gemeindeautonomie. Erste rechtliche Klärungen
                                             len die Volksschulkosten hälftig vom Kanton und         haben ergeben, dass hier schwerwiegende verfas-
                                             den Gemeinden getragen werden. Im Moment                sungsrechtliche Bedenken angebracht sind.
                                             zahlen die Gemeinden einen Anteil von 75 Prozent.
                                             Dieser neue Kostenteiler führt zu einer jährlichen          Sondersteuern – Kanton greift zu
                                             Gegenfinanzierung von 160 Mio. Franken durch die            Zu den Sondersteuern gehören die Grundstück-
                                             Gemeinden. Die AFR18 regelt diese Finanzierung.         gewinn-, die Handänderungs-, die Erbschafts- und
                                                 Die Abbildungen zeigen dieses Finanzierungs-        die Personalsteuern. Bis jetzt gingen je die Hälfte
                                             modell. Das linke Diagramm präsentiert die Zahlen       aus diesen Steuereinnahmen an den Kanton und
                                             für die Stadt, wie sie der Kanton Luzern annimmt.       an die Stadt Luzern. Der AFR18 verordnet nun, dass
                                             Das rechte zeigt, was die Stadt Luzern aufgrund         der Kanton 70 Prozent der Einnahmen aus den Son-
                                             ihrer Berechnungen und Prognosen erwartet.              dersteuern in seine Kasse abführt. Damit wird eine
                                                                                                     Errungenschaft der Finanzreform 08 rückgängig
                                                Steuerfussabtausch – ein Diktat                      gemacht. Damals wurden diese Steuern hälftig auf
                                                Zur Finanzierung der AFR18 benötigt der Kan-         Kanton und Gemeinden aufgeteilt mit der Begrün-
                                             ton mehr Geld. Er erhöht seine Steuern um eine          dung, dass beide Staatsebenen im gleichen Mass
                                             Zehnteleinheit, obwohl die Stimmberechtigten vor        von diesen Einnahmen profitieren sollen. Zumal
                                             noch nicht allzu langer Zeit eine kantonale Steuer-     der Veranlagungs- und Inkassoaufwand bei den
                                             erhöhung abgelehnt haben. Daher verordnet der           Gemeinden liegt. Die Stadt Luzern trifft diese Mass-
                                             Kanton per Gesetz den Gemeinden, ihre Steuern           nahme mit Ausfällen von gegen 10 Mio. Franken.
                                             um eine Zehnteleinheit zu senken. Für die Stadt
                                             Luzern bedeutet dies einen jährlichen Ausfall von           Ergänzungsleistungen – grösstes Risiko
                                             fast 17 Mio. Franken. Da die Gegenfinanzierung              Die Gemeindekassen schwer belasten wird die
                                             nachhaltig ist, wird auch dieses Steuerfussdiktat       in der AFR18 vorgesehene Massnahme, die Ergän-
                                             andauern. Im Wissen, dass Steuerfusserhöhungen          zungsleistungen zur AHV und IV zu 100 Prozent den
                                             an der Urne selten zugestimmt wird, kommt die           Gemeinden zuzuweisen. Bisher übernahmen die
                                             Stadt dann in Schwierigkeiten, wenn sie aufgrund        Gemeinden 70 Prozent. Für die Stadt Luzern bedeu-
                                             von strukturellen Defiziten eine Erhöhung des           tet dies, dass ihre Kasse zusätzlich mit über 13 Mio.
DAS STADTMAGAZIN LUZERN - IM ZENTRUM - Stadt Luzern
in 1'000 Fr.
       0

  –5'000

 –10'000                                                                                                                      6'474
                                                                                                                                               –10'727
 –15'000                                                                                                    26'388
                  –16'851
–20'000

–25'000
                                    – 9'649
–30'000

–35'000

– 40'000
                                                       –13'147
– 45'000                                                                  – 3'716           –226
–50'000
                                 Sondersteuern                       Finanzausgleich                  Schulkostenteiler                    Belastung netto
           Steuerfussabtausch                    Ergänzungsleistungen                Übrige Massnahmen              Steuergesetzrevision 2020

           Auswirkungen AFR18 und Steuergesetzrevision 2020, Stadt Luzern: Einschätzung Stadt

                Belastung der Stadt Luzern          Entlastung der Stadt Luzern        Auswirkungen AFR18 und Steuergesetzrevision 2020 auf die Stadt Luzern

Franken belastet wird. Es ist wissenschaftlich erwie-            tiert von dieser Massnahme mit mehr als 26 Mio.                  Weitere Informationen
sen, dass diese Kosten aufgrund der demografi-                   Franken. Der Unmut der Gemeinden entstand nicht                  Die 12 Gemeinde- oder
schen und gesellschaftlichen Entwicklungen stark                 nur mit der bisherigen Zahlung von 75 Prozent der                Stadträte von Dierikon,
wachsen werden. Diese Zuweisung ist ein klares                   Schulkosten. Er entfachte sich auch an der inhalt-               Eich, Greppen, Luzern,
Indiz, dass der Kanton die Risikokosten den Gemein-              lichen Entwicklung der Schulen durch den Kanton,                 Mauensee, Meggen,
                                                                                                                                  Neuenkirch, Rothen-
den überlassen will. Zudem verletzt diese Mass-                  welche sich letztlich auf die Kosten auswirkt. Mit
  in 1'000 Fr.                                                                                                                    burg, Schenkon, Sursee,
nahme das AKV-Prinzip. Aufgabenkompetenz, Aus-                   der Überwälzung von 25 Prozent der Kosten an den
        0                                                                                                                         Weggis und Vitznau
gabenverantwortung und Finanzierung sind nicht                   Kanton wächst nämlich dessen Einfluss.
   –5'000                                                                                                                         haben beschlossen, sich
                                                                                                                              10'605
auf  der gleichen staatlichen Ebene angesiedelt. Die                                                                                           – 4'895«Nein
                                                                                                                                  mit ihrem Komitee
Gemeinden zahlen nur.
 –10'000                                                            Steuergesetzrevision – Entscheid noch offen                   zur AFR18 – Gegen die
 –15'000                                                         Der Kanton hat für 2020 auch eine Steuerge­
                                                                                                           26'388                 Schuldenfalle für die
   Finanzausgleich
            –16'851– Härtefall Stadt                         setzrevision eingeleitet. Diese Vorlage wurde im                     Luzerner Gemeinden»
 –20'000
     Die Stadt trägt hier Mehrkosten von rund 4,5 Mio.­ Kantonsrat noch nicht abschliessend behandelt                             gegen die Annahme
 –25'000
Franken.    Um die grossen Verwerfungen in der Kon- und muss bei einem Referendum auch die Hürde                                  der AFR18 an der Urne
                                   – 9'649
struktion
 –30'000 der AFR18 auszugleichen, wurde ein Här-             der Volksabstimmung nehmen. Trotzdem hat der                         zu wehren.
tefallausgleich
 –35'000          geschaffen.  Die  Stadt  wird während      Regierungsrat prognostizierte Mehreinnahmen                          Mehr Informationen:
sechs Jahren mit rund 0,8 Mio. Franken jährlich in die AFR18 eingerechnet. Seiner Meinung nach                                    www.afr18-nein.ch
 – 40'000                                                                                 1'475
entlastet.                                           –13'147 könne die Stadt Mehreinnahmen        von über 10 Mio.
 – 45'000                                                               –3'716                                                   Volksabstimmung
                                                             Franken erwarten.   Gemäss eigenen Berechnungen
     Übrige Massnahmen
 –50'000                                                     erwartet die Stadt aber nur rund 6,5 Mio. Franken.                  Die AFR18 kommt am
                               Sondersteuern
     In dieser Position sind mehrere Massnahmen
                                                                   Finanzausgleich                    Schulkostenteiler          19. Mai 2019  zur Abstim-
                                                                                                                                           Belastung  netto
           Steuerfussabtausch                 Ergänzungsleistungen                 Übrige Massnahmen                Steuergesetzrevision
                                                                                                                                 mung. 2020
                                                                                                                                         Am gleichen
zusammengefasst: die neue Aufgabenaufteilung im                  Gesamtbelastung – negative Bilanz
                                                                                                                                 Datum wird auch über
Wasserbau inklusive Gegenfinanzierung, Neurege-                  Die AFR18 weist für die Stadt eine Mehrbelas-
                                                                                                                                 folgende Bundesvorla-
lungen beimAuswirkungen   AFR18 und Steuergesetzrevision
                Feuerwehrpflichtersatz      sowie Mehr-2020,   Stadt
                                                             tung vonLuzern:
                                                                       rundgemäss
                                                                             5 Mio.Berechnung
                                                                                    Franken aus.Kanton
                                                                                                   Gemäss den Be-
                                                                                                                                 gen entschieden: Bun-
wertabgaben auf Um- und Aufzonungen.                         rechnungen der Stadt wird diese aber mehr als dop-                  desgesetz  über  die Luzern
                                                                                                                                                      Steu-
              Belastung der Stadt Luzern         Entlastung der Stadt Luzern         Auswirkungen AFR18 und Steuergesetzrevision   2020 auf die Stadt
                                                             pelt so hoch sein und bei rund 11 Mio. Franken                      erreform und die AHV-
     Schulkostenteiler – gravierende Folgen                  liegen. Die AFR18 führt dazu, dass besonders die                    Finanzierung (STAF)
     Von vielen Luzerner Gemeinden gefordert, über- ressourcenstarken Gemeinden, welche viel zur                                 und Umsetzung einer
nimmt der Kanton neu 25 Prozent mehr von den volkswirtschaftlichen Stärke des Kantons beitragen,                                 Änderung der EU-Waf-
Volksschulkosten. Diese Massnahme ist einer der durch die Reform unverhältnismässig stark belas-                                 fenrichtlinie (Weiterent-
Hauptpunkte in der AFR18. Die Stadt Luzern profi- tet werden. (NZ)                                                               wicklung von Schengen).
DAS STADTMAGAZIN LUZERN - IM ZENTRUM - Stadt Luzern
8|9   AFR18

      HAURUCKÜBUNG FÜR
      KLAMME KANTONSFINANZEN
      Der politische Widerstand gegen die AFR18 brachte 12 Gemeinden aus dem
      urbanen und ländlichen Raum zusammen. Vier Gemeinden äussern sich zur
      umstrittenen Reform: Meggen, Weggis, Neuenkirch und Sursee.

              Urs Brücker, Gemeindepräsident Meggen                Esther Pfründer, Gemeinderätin Weggis
              Mit der AFR18 sollen Aufgaben und Finanzie-           Der Gemeinderat von Weggis spricht sich dezi-
          rung der Staatsaufgaben zwischen Kanton und           diert gegen die Aufgaben- und Finanzreform 2018
          Gemeinden neu geregelt werden. Sie führt zu einer     des Kantons Luzern (AFR18) aus.
          Mehrbelastung des Kantons von rund 200 Mio.               Die Elemente der AFR18 sind komplex: Gegen-
          Franken. Bei der Gegenfinanzierung dieser Mehr-       finanzierung im Wasserbau, ein neuer Kostenteiler
          belastung hat sich die Regierung mit tatkräftiger     für die Volksschule sowie Anpassungen im Finanz-
          Unterstützung durch den Verein Luzerner Gemein-       ausgleich (siehe S. 8 und 9). Sie haben ein klares Ziel:
          den nun aber komplett verrannt.                       Der Kanton will seine Finanzen ins Lot bringen und
              Tiefer Eingriff in die Autonomie der Gemein-      die Gemeinden stärker belasten. Die sogenannte
          den, welchen für 2020 ein Steuerfuss-Diktat aufer-    Gegenfinanzierung belastet die ressourcenstarken
          legt wird, 100-prozentige Abwälzung von Soziallas-    Gemeinden zu stark, was zu negativen volkswirt-
          ten auf die Gemeinden, höhere und willkürliche        schaftlichen Auswirkungen für den ganzen Kanton
          Abschöpfung der Einnahmen der Gemeinden (Son-         führen wird.
          dersteuern), Anrechnung der höchst unsicheren             Zudem verletzt der vorgesehene verordnete
          Erträge aus der Mehrwertabgabe etc., etc. Damit die   Steuerfussabtausch die Gemeindeautonomie – die
          Reform für die Gemeinden finanziell doch noch         Gemeinden müssten für das Jahr 2020 ihren Steu-
          einigermassen aufgehen soll, sind in den AFR18-       erfuss um eine Zehnteleinheit senken, der Kanton
          Bilanzen auch die Mehrerträge aus dem Bundes-         würde seinen Steuerfuss erhöhen. Tatsache ist auch,
          gesetz über die Steuerreform und die AHV-Finan-       dass der Kanton den Gemeinden die Finanzierung
          zierung (STAF) und die Mehrerträge aus der kanto-     von Aufgaben im Sozialbereich überträgt, die demo-
          nalen Steuergesetzrevision 2020 eingerechnet.         grafisch bedingt in den nächsten Jahren einem sehr
              Am 19. Mai soll das Luzerner Stimmvolk über       starken Wachstum unterliegen.
          die AFR18 abstimmen. Am gleichen Tag wird aber            Ein weiterer wichtiger Grund, weshalb sich der
          auch über die nationale Vorlage STAF abgestimmt.      Gemeinderat Weggis gegen die AFR18 ausspricht,
          Über die kantonale Steuergesetzrevision 2020 hat      ist deren Verknüpfung mit zwei Steuervorlagen,
          der Kantonsrat noch nicht einmal beraten. Die         über die noch nicht entschieden ist. Es geht hier um
          Stimmberechtigten werden genötigt, die Katze im       die eidgenössische Steuervorlage (STAF), über die
          Sack zu kaufen und einer Staatsreform zuzustim-       auch am 19. Mai an der Urne entschieden wird, und
          men, bei welcher die Auswirkungen für die Gemein-     um die kantonale Steuergesetzrevision 2020, die der
          den in den Sternen stehen.                            Kantonsrat noch nicht einmal behandelt hat.
              Die AFR18 ist keine seriöse Neuordnung der            Es sind noch zu viele Fragezeichen bezüglich der
          Aufgaben und Finanzierung zwischen Kanton und         AFR18 vorhanden, daher beurteilt der Gemeinderat
          Gemeinden, sondern ein Sanierungspaket für den        Weggis die nötige Transparenz als nicht gegeben.
          Kanton. Dies nicht nur auf Kosten einzelner finanz-   Ohne diese Transparenz kaufen die Stimmberech-
          starker, sondern auf Kosten aller Gemeinden!          tigten die Katze im Sack.
DAS STADTMAGAZIN LUZERN - IM ZENTRUM - Stadt Luzern
Kari Huber, Gemeindepräsident Neuenkirch                Michael Widmer, Stadtrat Sursee                       AFR18 – einfach erklärt
    Obwohl Neuenkirch zu den vermeintlichen Ge-            Der Stadtrat von Sursee lehnt die AFR18 ab. Dies      Unter www.lu.ch findet
winnern der AFR18 gehört, lehnt der Gemeinderat         vor allem, weil bei genauerem Hinsehen der Ver-          sich ein Youtube-Video
diese ab. Diese Reform ist eine finanzpolitische Vor-   dacht aufkommt, es handle sich bei der AFR18 nicht       mit dem Titel «Aufga-
lage und bringt in einer Gesamtbetrachtung kaum         um einen vernünftigen Kompromiss zwischen Kan-           ben- und Finanzreform
eine Verbesserung im Bereich der Verteilung von         ton und Gemeinden für eine faire Aufgaben- und           2018 – einfach erklärt».
                                                                                                                 Ebenso sind auf der kan-
Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung. Die            Finanzierungsteilung, sondern um eine Hauruck-
                                                                                                                 tonalen Homepage alle
Vorlage bewirkt nirgends eine Effizienzsteigerung.      übung, um die klammen Kantonskassen nachhal-
                                                                                                                 Dokumente zur AFR18
Somit bleibt für die gleichen Aufgaben gleich viel      tig zu stützen. So überwälzt die Reform den Gemein-
                                                                                                                 abrufbar.
Geld zur Verfügung. Dem Stimmbürger wird sugge-         den vor allem Kosten, die sich in Zukunft dynamisch
riert, dass es dank AFR18 dem Kanton und den Ge-        nach oben entwickeln. Dazu gehören die individu-         Ja zur AFR18:
meinden besser geht. Das ist Nonsens. Der Steuer-       ellen Prämienverbilligungen sowie die Ergänzungs-        CVP, FDP, SVP
zahler wird nicht entlastet. Entweder zahlt er die      leistungen. Der Kanton stellt in seiner Botschaft sel-   Schliesslich findet sich
Steuern dem Kanton oder der Gemeinde. Wegen             ber fest: «Im Total (…) könnte sich der indirekte        auch das Resultat der
des erzwungenen Steuerfussabtauschs zwischen            Effekt im Jahr 2030, je nach Szenario und AFR18-Va­      Schlussabstimmung im
dem Kanton und den Gemeinden bezahlt er vorerst         riante auf zwischen 16 und 24 Mio. Franken zuguns-       Kantonsrat, das 66 Ja
gleich viel.                                            ten des Kantons belaufen.» Die Gemeinden müssen          zu 43 Nein lautete. Die
    Durch die Reform werden die längerfristigen fi-     sich auf schmerzhafte Mehrbelastungen einstellen.        Ja-Stimmen kommen
nanziellen Risiken «elegant» den Gemeinden zuge-             Das alles sieht nach einer Sparübung zugunsten      ausschliesslich aus den
schoben. Der Kanton zieht sich aus der sozialen Ver-    des Kantons aus – und offensichtlich eilt es. Oder       Fraktionen der CVP,
antwortung. Den zusätzlichen Finanzbedarf können        wie sonst lässt sich erklären, dass der Kanton mit       FDP und SVP.
viele Gemeinden wohl nur mit einer Steuererhö-          der Reform und damit der Umverteilung von 200
                                                                                                                 Nein zur AFR18:
hung auffangen. Die Schere zwischen armen und           Mio. Franken nicht warten kann, bis klar ist, ob alle
                                                                                                                 SP, Grüne, GLP
reichen Gemeinden wird sich weiter öffnen. Dies         bereits eingerechneten Einnahmen auch fliessen?
                                                                                                                 Im Nein-Lager finden
kann nicht im Sinne eines starken Kantons sein!         Der Kanton berücksichtigt in den Rechnungsmo-
                                                                                                                 sich die Fraktionen der
    Ganz besonders störend ist die Strafzahlung         dellen zur AFR18 die Steuergesetzrevision 2020, die
                                                                                                                 SP, der Grünen und der
durch die Gemeinde, wenn eine Klassengrösse un-         wiederum auf der Steuer- und AHV-Vorlage des Bun-        GLP sowie die Abweich-
terschritten wird. Kleinere Schulorte wie zum Bei-      des (STAF) basiert, über die erst am 19. Mai abge-       lerinnen und Abweich-
spiel unsere Ortsteile Hellbühl und Sempach             stimmt wird – am gleichen Tag, wie das Luzerner          ler aus den Ja-Fraktio-
Station könnten dadurch gefährdet sein. Auch            Stimmvolk über die AFR18 entscheiden soll.               nen: CVP (6, davon alle
das Zusammenlegen von Sek-Schulkreisen sowie                 Sursee hat in der Vergangenheit mehrfach er-        CVP-Kantonsräte aus der
die Reduktion auf 20 Musikschulen schiessen über        klärt, eine Mehrbelastung der Stadtkasse als Zei-        Stadt Luzern), FDP (2),
das Ziel hinaus. In ländlichen Gegenden werden so-      chen der Solidarität gegenüber dem Kanton in Kauf        SVP (7).
mit Schülertransporte nötig, ein ökologischer Un-       zu nehmen. Die AFR18 steht indes auf einem zu
sinn sondergleichen. Wir denken längerfristig und       schwachen Fundament, bringt neue Systemwidrig-
lehnen die hochkomplexe Vorlage klar ab.                keiten und zu grosse Risiken für alle Gemeinden.
DAS STADTMAGAZIN LUZERN - IM ZENTRUM - Stadt Luzern
10 | 11                        Abstimmung

                               BUSFAHREN
                               OHNE HINDERNISSE
                               Für die Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes beantragt der Stadtrat
                               39,69 Mio. Franken. Die Investition sei wichtig und richtig, war sich das Parlament
                               ohne Gegenstimme einig. Die Volksabstimmung darüber findet am 19. Mai statt.

Die Bushaltestellen beim Kantonsspital Luzern wurden bereits 2018 im Rahmen eines Strassenbauprojekts behindertengerecht umgestaltet.

                                           Schönbühl, Kantonsspital Luzern, St. Karli und        alle Bushaltestellen so anzupassen, dass Menschen
                                       Steghof – diese Bushaltestellen entsprechen den           mit Behinderungen einen autonomen und niveau-
                                       Vorgaben des Behindertengleichstellungsgeset-             gleichen Zugang zum Bus erhalten. Die Stadt wird
                                       zes (BehiG). An diesen acht Bushaltekanten ist ein        diese Frist nicht einhalten können: Die Bestim-
                                       niveaugleicher, autonomer Zustieg zum Bus heute           mung der idealen Haltekantenhöhe hat einige Zeit
                                       möglich. Das sind aber nur 4,6 Prozent der insge-         in Anspruch genommen, inzwischen konnte aber
                                       samt 175 Haltekanten, für die die Stadt Luzern ver-       ein interkantonaler Standard definiert werden
                                       antwortlich ist. In den nächsten zehn Jahren will         (siehe Box, S. 11).
                                       die Stadt weitere 73 Haltekanten BehiG-konform
                                       umgestalten und so einem gesetzlichen Auftrag                 Prioritäten und Verhältnismässigkeit
                                       nachkommen: Am 1. Januar 2004 trat das Bundes-               Die 175 Bushaltekanten auf den Gemeindestras-
                                       gesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen         sen der Stadt Luzern wurden systematisch über-
                                       von Menschen mit Behinderungen in Kraft. Dieses           prüft und die Anpassungsarbeiten nach Notwen-
                                       Gesetz verlangt Massnahmen zur Verhinderung,              digkeit und Machbarkeit triagiert und priorisiert.
                                       Verringerung oder Beseitigung von Benachteiligun-         Für die Umsetzung des BehiG gilt der Grundsatz:
                                       gen, denen Menschen mit Behinderungen ausge-              Wenn immer möglich, sollen Synergien zu beste-
                                       setzt sind. Menschen mit einer Behinderung sollen         henden oder geplanten Projekten genutzt werden.
                                       am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.            Im Rahmen von Sanierungsprojekten konnten
                                       Zentral dafür ist die persönliche Mobilität.              bereits die eingangs erwähnten acht Haltekanten
                                                                                                 BehiG-konform angepasst werden. Weitere 51 Hal-
                                          Umsetzung mit Verzögerung                              tekanten werden im Zuge von geplanten Strassensa-
                                           Für die Umsetzung des BehiG an bestehenden            nierungsprojekten oder Projekten zur Aufwertung
                                       Anlagen des öffentlichen Verkehrs wurde im Gesetz         des öffentlichen Raums angepasst. Sie sind nicht
                                       eine Anpassungsfrist von 20 Jahren festgelegt. Für        Bestandteil der Abstimmungsvorlage. Am 19. Mai
                                       die Stadt Luzern als Eigentümerin der Bushaltestel-       befinden die Stimmberechtigten über die BehiG-
                                       len auf Gemeindestrassen und für den Kanton, in           konforme Gestaltung von 73 Bushaltekanten und
                                       dessen Verantwortung die Haltestellen auf Kantons-        deren Umgebung (siehe «Ganzheitliche Betrach-
                                       strassen liegen, bedeutet das: Bis Ende 2023 sind         tung»). Die Anpassungen werden zeitlich gestaffelt
und nach Nutzen priorisiert. Haltestellen, die stark
genutzt werden, die in der Nähe von zentralen Ein-
richtungen liegen oder die eine Umsteigefunktion
haben, werden in erster Priorität umgebaut.
    Von baulichen Massnahmen ausgenommen
bleiben 43 Haltekanten, deren Anpassung aktuell
als unverhältnismässig beurteilt wird. Laut BehiG
ist eine Anpassung unverhältnismässig, wenn der
zu erwartende Nutzen für Menschen mit Behin­
derungen in einem Missverhältnis zu den Kosten
steht, die Interessen des Umweltschutzes sowie des
Natur- und Heimatschutzes missachtet werden
oder die Verkehrs- und Betriebssicherheit gefähr-
det wird. Eine hindernisfreie Ausgestaltung dieser
Bushaltekanten wird im Rahmen des ordentlichen
Sanierungszyklus erneut geprüft.

   Ganzheitliche Betrachtung
    Die BehiG-konforme Anpassung der 73 Halte-
kanten wird nicht losgelöst vom öffentlichen Raum
und von weiteren städtischen Aufgaben betrachtet.
                                                       Stadt und vbl zusammen
Die anstehenden BehiG-Massnahmen werden des-
halb zum Anlass genommen, die Personenunter-                  Die Stadt ist für die hindernisfreie Gestaltung der Bus-
stände an den Bushaltestellen wo nötig zu ersetzen        haltestellen auf ihren Gemeindestrassen verantwortlich,
und das lokale Aufwertungspotenzial dieser Halte-         die vbl für die Informationssysteme, Billettautomaten,
stellen zu nutzen. Zusätzlich werden die Strassen-        Fahrzeuge und für die präzise Anfahrt der Bushaltestellen.
flächen rund um die Bushaltestellen saniert und
instand gesetzt. Durch diese ganzheitliche Betrach-           Damit ein ebenerdiger Ein- und Ausstieg möglich ist,
tung können verschiedene Bedürfnisse befriedigt           sind der Kanton auf den Kantonsstrassen und die Stadt auf
und Synergien genutzt werden. Eine koordinierte           den Gemeindestrassen für die behindertengerechte Ausge-
Realisierung all dieser Massnahmen fällt deutlich         staltung der Bushaltestellen zuständig. Ebenso wichtig ist
kostengünstiger aus und reduziert die Belastun­-          auch das Engagement des konzessionierten Transportunter-
gen für die Bevölkerung. Die qualitätsvolle Ausge­        nehmens, in der Stadt Luzern die Verkehrsbetriebe Luzern
staltung einer hindernisfreien Haltestelle ist nicht      AG (vbl). Die vbl ist für die Fahrgastinformationssysteme
nur für Menschen mit Behinderungen von hoher              und Billettautomaten sowie für die Fahrzeuge zuständig.
Bedeutung. Sie steigert auch die Attraktivität des            In den letzten Jahren hat die vbl ihre Fahrzeugflotte
öffentlichen Verkehrs und unterstützt dadurch die         kontinuierlich erneuert. Seit dem Fahrplanwechsel im
Ziele der städtischen Mobilitätsstrategie. Die Auf-       Dezember 2017 sind ausschliesslich Niederflurfahrzeuge
wertung des öffentlichen Raums trägt zudem auch           im Einsatz, die den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.
zur Stärkung der Quartiere bei und leistet so einen       Denn für einen Ein- und Ausstieg ohne fremde Hilfe ist
Beitrag zur Stadtentwicklung.                             ein niveaugleicher Übergang zwischen Haltekante und
                                                          Bus zentral.
   Debatte im Parlament
    Alle Fraktionen des Grossen Stadtrates unter-             Interkantonaler Standard
stützten die Umsetzung des Behindertengleichstel-             Die Definition der Haltekantenhöhe hat einige Zeit in
lungsgesetzes. Sie komme zwar spät und sei mit            Anspruch genommen. Erfahrungen aus anderen Schweizer
grossen Kosten verbunden. Die Investitionen seien         Städten und Pilotprojekten in Luzern haben ergeben, dass
aber wichtig und richtig, um möglichst allen Men-         eine Kantenhöhe von 22 Zentimetern auf der ganzen Länge
schen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben           der Haltestelle ideal ist. Dieses Mass ist inzwischen als inter-
zu ermöglichen. Der hindernisfreie öffentliche Ver-       kantonaler Standard anerkannt. Ist dieser Standard nicht
kehr sei ein zentrales Element für eine autonome          realisierbar, wird auf einer möglichst grossen Länge eine
Lebensgestaltung von Menschen mit einer Behin-            22 Zentimeter hohe Haltekante angestrebt, möglich ist auch
derung. Auch die Vorgehensweise – die systemati-          die Verschiebung der Haltestelle.
sche Prüfung aller Bushaltekanten, die Triagierung
nach Notwendigkeit und Machbarkeit sowie die Pri-              Kontaktfahrt
orisierung der Anpassungsarbeiten – überzeugte                 Neben der Haltekantenhöhe gibt es weitere Faktoren,
das Parlament.                                            die für den autonomen Zugang zum Bus relevant sind: die
                                                          Neigung der Haltekante, die zur Verfügung stehende Fläche
   Empfehlung an die Stimmberechtigten                    bei der Bushaltekante sowie der Abstand zwischen Kante
    Grosser Stadtrat und Stadtrat empfehlen den           und Fahrzeug. Damit dieser Abstand möglichst gering
Stimmberechtigten, dem Sonderkredit von 39,69             ist, braucht es die Kontaktfahrt: Der Bus muss nahe an die
Mio. Franken für die Umsetzung des Behinderten-           Kante heranfahren (Kontaktfahrt) und für den Ein- und
gleichstellungsgesetzes zuzustimmen. (DC)                 Ausstieg das Fahrzeug absenken («Kneeling»).
12 | 13                        Abstimmung

                               VELOSTATION BAHNHOFPLATZ:
                               STREITPUNKT SIND DIE KOSTEN
                               Unter der Bahnhofstrasse soll eine Velostation für 1100 Velos entstehen. Die
                               Mehrheit des Parlaments hat einem Sonderkredit von 2,05 Mio. Franken für die
                               Projektierung zugestimmt. Dagegen hat die SVP das Referendum ergriffen.

Die Zu- und Wegfahrt der geplanten unterirdischen Velostation Bahnhofplatz soll über eine befahrbare Rampe erfolgen.

                                          Rund um den Bahnhof Luzern sind 2800 Velo-             umgangen werden. Die Bahnhofstrasse ist zudem
                                      abstellplätze vorhanden. Diese sind stark ausge­           Teil von viel befahrenen nationalen und regionalen
                                      lastet und zum Teil überlastet, insbesondere im            Velorouten.
                                      Bereich der Bahnhofstrasse. Die Situation wird sich
                                      weiter verschärfen: Durch die Angebotsverbesse-                Abklärungen im Untergrund
                                      rungen der SBB (Halbstundentakt nach Zürich und                Die Velostation könnte gleichzeitig mit der ge-
                                      S-Bahn-Verkehr) sowie die Velofördermassnahmen             planten Neugestaltung der Bahnhofstrasse reali-
                                      der Mobilitätsstrategie wird die Nachfrage nach            siert werden. Dadurch würden Synergien optimal
                                      Veloabstellplätzen weiter steigen. Im «Veloparkie-         genutzt. Bei den Bauarbeiten gilt es, verschiedene
                                      rungskonzept Innenstadt» wird bis 2035 beim                Rahmenbedingungen zu beachten: Die Nähe zum
                                      Bahnhof ein Bedarf von rund 7000 Veloabstellplät-          See und zur Reuss macht eine geologische Unter-
                                      zen ausgewiesen. Angesichts dieser Prognosen und           suchung des Baugrundes und die Prüfung mögli-
                                      auch, weil im Zuge der Neugestaltung der Bahnhof-          cher Bauverfahren unumgänglich. Ebenso verlangt
                                      strasse eine Reduktion der 400 oberirdischen Velo-         die Lage am Wasser konkrete Überlegungen zum
                                      abstellplätzen wünschenswert ist, hat der Stadtrat         Hochwasserschutz.
                                      eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Es                 Eine Herausforderung stellt die grosse Anzahl
                                      sollte geprüft werden, wo die zusätzlich benötigten        von Werkleitungen unterhalb der Bahnhofstrasse
                                      Veloabstellplätze rund um den Bahnhof geschaffen           dar: Im Bereich der geplanten Velostation sind
                                      werden können.                                             heute Entwässerungs- und Kanalisationsleitungen,
                                                                                                 Wasser- und Gasleitungen sowie Elektro- und wich-
                                          Rund 1100 neue Veloabstellplätze                       tige Fernmeldeleitungen vorhanden. Wie diese um-
                                          Die Machbarkeitsprüfung hat als einzige prak-          gelegt und neu geführt werden können, ist bei der
                                      tikable Lösung den Bau einer unterirdischen Velo-          weiteren Planung im Detail zu klären.
                                      station unterhalb der Bahnhofstrasse ergeben. Die
                                      geplante Velostation ist mit dem Durchgangsbahn-               Baukredit voraussichtlich 2021 im Parlament
                                      hof kompatibel, und sie überzeugt auch aus ver-                Die Baukosten der Velostation werden zurzeit
                                      kehrlicher Sicht: Mit der Zu- und Wegfahrt über die        auf 11,2 Mio. Franken geschätzt. Sie werden im Rah-
                                      Bahnhofstrasse können der Unfallschwerpunkt                men der Projektierung überprüft und optimiert.
                                      Bahnhofplatz und die stark von Passantinnen und            Sofern die Stimmberechtigten dem vorliegenden
                                      Passanten frequentierte Zone vor dem Postgebäude           Projektierungskredit zustimmen, kann das Parla-
ment voraussichtlich im Jahr 2021 über den Baukre­   Antrag wurde abgelehnt. Die Mehrheit des Grossen
dit für die Velostation Bahnhofplatz entscheiden.    Stadtrates sprach sich für den Sonderkredit von
    Im Grossen Stadtrat sprachen sich die SP /       2,05 Mio. Franken für die Projektierung der Velo-
JUSO -, die FDP-, die G / JG- und die GLP-Fraktion   station unter der Bahnhofstrasse aus. Gegen diesen
für den Projektierungskredit für die unterirdische   Beschluss des Parlaments hat die SVP das Referen-
Velostation aus. Die vier Fraktionen unterstützten   dum ergriffen.
das Projekt im Sinne der nachhaltigen Mobilität
und der Veloförderung. In der CVP-Fraktion waren         Empfehlung an die Stimmberechtigten
die Meinungen geteilt, insbesondere der hohen           Grosser Stadtrat und Stadtrat empfehlen den
Kosten wegen. Aus diesem Grund lehnte die SVP-       Stimmberechtigten, dem Sonderkredit von 2,05 Mio.
Fraktion die Velostation ab und beantragte die       Franken für die Projektierung einer Velostation
Rückweisung des Projektierungskredits. Der SVP-      unter der Bahnhofstrasse zuzustimmen. (DC)

        Argumente des Referendumskomitees

                 NEIN zur wirkungslosen Velostation Bahnhofstrasse
                     Im Zuge der vom Volk beschlossenen Neugestaltung ­         in der Velostation die Velos künftig zweistöckig parkiert
                 der Bahnhofstrasse will der Stadtrat auch gleich noch          werden, dann wären das sogar 10 Fahrräder. Bei 12’400
                 eine ­unterirdische Velostation erstellen, die gemäss Stadt-   Franken pro Velo ergäbe das also sagenhafte 124’000 Fran-
                 rat rund 13,5 Mio. Franken kosten wird. Nun hat der            ken Erstellungskosten für einen vergleichbaren Autopark-
                 Grosse Stadtrat dem Projektierungskredit für die Velosta-      platz! Tatsache ist aber, dass ein Autoparkplatz in einer
                 tion zugestimmt. Die Öko-Allianz verlangt viel von den         Einstellhalle nur rund 30’000 Franken kostet, also gerade
                 Luzernerinnen und Luzernern: Diese sollen die Investitio-      mal einen Viertel. D­ ieser Vergleich zeigt, dass die Kosten
                 nen und den gesamten Unterhalt übernehmen. Gleichzeitig        für die Velostation jenseits aller Vernunft liegen.
                 verhindern die linken Parteien ein Veloparkverbot und
                 machen dadurch die Velostation komplett überflüssig.               Alles bezahlt der Steuerzahler
                                                                                    Dass man wenigstens teilweise für die Kosten auf-
                      Weniger Freiräume durch Velostation                       kommt, die man verursacht, ist eigentlich nur fair. Ausser
                      Als 2016 das Projekt «Take a walk on the bright side»     für Velofahrer in der Stadt Luzern. Neben den Investitions-
                 den Wettbewerb zum Umbau der Bahnhofstrasse ge-                kosten sollen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler näm-
                 wann, war die Velostation noch kein Thema. So zeigen           lich auch noch den gesamten Unterhalt bezahlen. Denn
                 denn die Visualisierungen auch eine grosse Flanierzone         auch hier ist die Öko-Allianz gerne bereit, das Geld mit bei-
                 vom Theater bis zum Bahnhofplatz. Mit der geplanten            den Händen auszugeben, und hat es abgelehnt, in der Velo­
                 ­Velostation wäre aber schnell fertig mit den zusätzlichen     station auch nur minimalste Parkgebühren zu verlangen.
                  Freiräumen: Vor dem Swisscom/Raiffeisen-Gebäude soll
                  fast über die gesamte Länge eine Rampe zur Velostation            Wollen das die Luzernerinnen und Luzerner wirklich?
                  erstellt werden. Direkt daneben führt die Autostrasse             Bereits im Grossen Stadtrat wurde sowohl von der CVP
                  weiterhin Richtung Bahnhofplatz, da die Bahnhofstrasse        wie auch von der SVP beantragt, die Bevölkerung über
                  für den Zubringerverkehr und Cars auch nach dem Umbau         die massive und wirkungslose Investition an der Bahnhof-
                  befahrbar sein muss.                                          strasse abstimmen zu lassen. Doch auch hier wehrte sich
                                                                                die Öko-Allianz dank knapper Mehrheit im Grossen Stadt-
                     Wirkungslose unterirdische Veloparkanlage                  rat erfolgreich gegen eine Volksabstimmung: Man könne
                     Leider werden auch künftig die Velos oberirdisch           ja das Referendum ergreifen, wenn man Wert auf den
                 parkieren, denn die Öko-Allianz aus SP, Grünen und GLP         Volkswillen legt.
                 stimmte im Grossen Stadtrat gegen ein Veloparkverbot               Dieser Aufforderung von links kam die SVP gerne nach
                 auf der «attraktivierten» Bahnhofstrasse. Es stellt sich       und hat deshalb das Referendum ergriffen. Ganz im Gegen-
                 schon die Frage, wer bei schönem Wetter künftig das            satz zur CVP, die es abgelehnt hat, beim Referendum mitzu-
                 Velo in die Velostation fahren soll, wenn er es bequem         machen: Offenbar akzeptiert man dort bereitwillig die
                 wie heute einfach zwischen den Bäumen abstellen kann.          Befehlsdurchgabe von links.

                     12’400 Franken pro Veloparkplatz!                               Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht
                     Insgesamt sollen 1’082 Veloabstellplätze entstehen.             Alle sind sich einig, dass der Veloverkehr in der Stadt
                 Bei geschätzten Gesamtkosten von rund 13,5 Mio. Franken        ­Luzern gefördert werden muss. Aber dabei sollte man im-
                 macht das gemäss Stadtrat ca. 12’400 Franken pro Velopark-      mer Lösungen mit Augenmass suchen und auf dem Boden
                 platz. Auf der Fläche eines Autoparkplatzes haben rund          der Realität bleiben. Dies ist bei der luxuriösen, sehr teuren
                 5 Fahrräder nebeneinander Platz. Wenn man bedenkt, dass         und wirkungslosen Velostation sicher nicht der Fall.
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                              «WENN MAN DIE ALTSTADT LIEBT,
                              STÖREN DIE TOURISTEN NICHT»
                              Tagsüber ein hektisches Gewusel mit Tausenden Gästen, abends wie ausgestorben:
                              Nirgends in Luzern ist dieser Unterschied ausgeprägter als in der Altstadt.
                              Wie wohnt es sich hier? Wir haben fünf Parteien befragt. Sie sind sich einig.

                                         Für viele ist die Luzerner Altstadt in erster Linie   Paar sind weder die Touristenströme noch Gross-
                                     für eines da: zum Shoppen. Dann startet man viel-         anlässe wie die Fasnacht ein Problem. Sie lieben die
                                     leicht auf dem Schwanenplatz, reiht sich ein in           Altstadt und sagen: «Wenn man ein Problem hat
                                     die Touristenströme, lässt sich von Laden zu Laden        mit dem Wohnen hier, dann liegt das nicht an der
                                     treiben, trinkt einen Kaffee an der Reuss – und geht      Altstadt, sondern am Wohnenden. Wenn man die
                                     wieder nach Hause. Wenn es Abend wird, wird es            Altstadt liebt und akzeptiert, dann stö­ren die Tou-
                                     ruhig in der Altstadt. Sehr ruhig. Die Gassen wirken      risten nicht.» Beide schätzen die hohe Wohnquali-
                                     dann wie ausgestorben. Nirgends in den 21 städti-         tät im Quartier. Sie sind sich einig: «Die Altstadt ist
                                     schen Quartieren ist der Unterschied von Tag und          wie ein Dorf, man trifft unterwegs immer jeman-
                                     Nacht wohl derart gross.                                  den, den man kennt.» Auch der Zusammenhalt in
                                         Rund 1100 der 85’000 Stadtbewohnerinnen und           der Nachbarschaft funktioniere.
                                     -bewohner leben in der Altstadt – quasi im Museum:             Bei aller Liebe zur Altstadt: Störend empfindet
                                     in denkmalgeschützten Gebäuden, in einer Orts-            das Paar den achtlos weggeworfenen Abfall der Pas-
                                     bildschutzzone, in der Balkone klein und Grünflä-         santinnen und Passanten sowie die Wildpinkler.
                                     chen Mangelware sind. Macht es Spass, am Tag              Speziell die Furrengasse und das Sepp-Ebinger-
                                     Menschen aus aller Welt und nach Sonnenunter-             Gässli seien «Abfall- und Brünzli-Gassen». Susanna
                                     gang niemandem mehr in den schmalen Gassen zu             M. Riklin sagt: «Seit vor ein paar Jahren ein Tor zum
                                     begegnen? Das «Stadtmagazin» hat fünf Altstadtbe-         Hauseingang samt Bewegungsmelder-Beleuchtung
                                     wohnerinnen und Altstadtbewohner getroffen.               installiert wurde, hat sich die Situation hier etwas
                                                                                               gebessert.»
                                         Ein Lob auf den Zusammenhalt
                                         Susanna M. Riklin und Hans Schaller wohnen                Nur der Veranstaltungslärm stört etwas
                                     seit 23 Jahren an der Furrengasse 9. Das Haus sel-            Der Luzerner Neoautor («Dort») Niko Stoifberg
                                     ber ist stolze 436 Jahre alt. Es handelt sich um das      wohnt schon seit vielen Jahren in der Altstadt, stets
                                     Pfarrhaus der Peterskirche, wo die beiden Pensio-         an verschiedenen Adressen. Aktuell lebt er am Ka-
                                     nierten in der ehemaligen Kaplaneiwohnung leben.          pellplatz 2, zusammen mit seiner Partnerin Linda
                                     «Die Aussicht ist umwerfend», sagt Hans Schaller.         Wohlfarth und ihrer einjährigen Tochter Mina. Ist
                                     «Blickt man aus den Wohnzimmerfenstern, sieht             die Altstadt für die junge Familie nicht etwas öde?
                                     man sowohl die Kapellbrücke als auch die Jesuiten­        Ein Blick in die Statistik zeigt: Hier leben weniger
                                     kirche.» Eine Postkartenidylle – von der er aber auch     Kinder als in allen anderen städtischen Quartieren.
                                     andere Bilder in Erinnerung hat: aus jener August-        «Wenn man sich einredet, die Altstadt sei kein gu-
                                     nacht 1993, als die Kapellbrücke brannte und die          ter Platz für Kinder, wird dies zur selbsterfüllenden
                                     Wohnungsfenster bedrohlich heiss wurden. Für das          Prophezeiung. Aber das Gebiet rund um die Musegg

Susanna M. Riklin und Hans Schaller haben von ihren Wohnzimmerfenstern     Kleiner Balkon – riesige Kulisse: Niko Stoifberg und Linda Wohlfarth mit
sowohl die Kapellbrücke als auch die Jesuitenkirche im Blick.              Tochter Mina. Die Familie lebt am Kapellplatz.
Ein Fest für alle
                                                                                                                                  Der Abschluss der Arbei-
                                                                                                                                  ten am Grendel und am
                                                                                                                                  Löwengraben wird am
                                                                                                                                  18. Mai 2019 mit einem
                                                                                                                                  kleinen, aber feinen
beispielsweise hat für Familien sehr viel zu bieten»,        Präsident der Pro Velo Luzern und, wie seine Part-
                                                                                                                                  Fest gefeiert. Organisiert
gibt Niko Stoifberg zu bedenken.                             nerin, Mitglied des Stadtparlaments. Spannend fin-
                                                                                                                                  wird es von Quartier-
     Auch «sein» Haus steht unter Denkmalschutz –            den sie die vielen Geschichten über die historischen
                                                                                                                                  kräften und der Stadt.
es stammt aus dem 17. Jahrhundert. Das hat Vor-              Altstadthäuser. «Die Menschen im Quartier erzäh-                     Das Fest dauert von
und Nachteile. «Alles ist etwas schief und verzogen,         len, wem welches Haus mal gehört hat, welche                         12 bis 19 Uhr. Der Fest-
die Böden senken sich, es knarzt. Doch dafür hat             Berühmtheiten hier schon gelebt haben und was                        perimeter erstreckt sich
die Wohnung sehr viel Charme», sagt er. Auch die             sich darin alles ereignet hat.» Das sei sowohl lehr-                 entlang des Grendels
unmittelbare Nähe zum Luzerner Wochenmarkt,                  reich als auch unterhaltend.                                         via Falkenplatz bis zum
wo Stoifberg fast all seine Lebensmittel einkauft,               Der Tourismus gehört für Vetterli und van der                    ehemaligen Gefängnis
schätzt er. «Und der Kontakt zu unseren Nachbarn             Heiden zwar zur Altstadt. Manchmal sei es aber                       am Löwengraben.
ist sehr gut.» Die vielen Touristinnen und Touristen         schon etwas anstrengend, wenn man sich auf dem
stören ihn nicht. Was ihn eher etwas nervt, sind die         Nachhauseweg durch grosse Gästegruppen kämpfen                       Musik und Clowns
zahlreichen Veranstaltungen tagsüber, etwa auf               müsse. Gerade die Hertensteinstrasse sei manch-                      Auf einer Bühne auf
dem Kapellplatz. Mit elektronischer Verstärkung              mal völlig überlaufen. «Allgemein ist die Altstadt                   dem Falkenplatz treten
                                                                                                                                  diverse Bands auf. Ent-
sei das Treiben auch noch in den umliegenden                 schon sehr stark auf Tourismus ausgerichtet.»
                                                                                                                                  lang der Festmeile sor-
Wohnungen gut zu hören. «Dafür könnte hier an
                                                                                                                                  gen Streetdancer und
den Abenden mehr los sein, dann ist es manchmal                  «Bewusst, auf was wir uns einlassen»
                                                                                                                                  eine Marchingband für
schon sehr ruhig und verlassen.»                                 Die geschäftige Hertensteinstrasse kennt Hans-                   Unterhaltung. Für die
                                                             peter Furrer bestens. Schliesslich wohnt er bereits                  Kinder sind Clowns
    Freie Bahn für den Dreijährigen                          seit über 30 Jahren hier an zentralster Lage – am                    unterwegs, es gibt ein
    Etwas weniger zentral wohnen Luzia Vetterli              Falkenplatz. «Meine Frau und ich waren uns be-                       Karussell, einen Bagger
und ihr Partner Nico van der Heiden. Die beiden              wusst, worauf wir uns einlassen, als wir hierherge-                  sowie Ballonfiguren.
sind vor Kurzem zusammen mit ihrem dreijährigen              zogen sind. Wir haben uns damit arrangiert, uns                      Foodstände, ein Glücks-
Sohn Thijs in ein 118-jähriges Haus an der Cysat­            gefällt es sehr gut.» Der Lärm draussen auf dem                      rad und das grösste Alp-
strasse, hinter dem ehemaligen Gefängnis, gezo-              Platz ? Kein Problem. Die vielen Touristinnen und                    horn der Welt gehören
gen. Vorher wohnten sie in der Neustadt. Dort hat            Touristen? Man gewöhnt sich dran. Fasnacht?                          auch zum Angebot.
es ihnen zwar auch gut gefallen: «Aber diese Woh-            Super natürlich, als Mitglied im Tambourenverein.
nung hier ist fantastisch: Vom Balkon aus hat man            An sozialen Kontakten im Haus und im Quartier                        Ein Dankeschön
eine sehr schöne Sicht in die Berge. Und in unse-            fehlt es dem Ehepaar auch nicht, zumal es noch im                    Der Anlass ist auch ein
                                                                                                                                  Dankeschön an die
rem Garten pflanzen wir Gemüse, Beeren und Blu-              Quartierverein Altstadt aktiv ist. Dort hilft etwa
                                                                                                                                  Anwohnerinnen und
men an, und es ist super zentral», freut sich Luzia          Hanspeter Furrer mit, das Quartierfest (siehe Spalte
                                                                                                                                  Anwohner sowie die
Vetterli.                                                    rechts) zu organisieren. «Der einzige Grund, hier
                                                                                                                                  Geschäftstreibenden am
    Dass die Altstadt für Familien mit Kindern nicht         irgendwann mal wegzuziehen, sind die Treppen im                      Grendel und Löwengra-
gerade zuoberst auf der Wunschliste steht, finden            Haus. Aber solange wir da noch problemlos rauf-                      ben, die von den Arbei-
beide etwas schade. «Es gibt hier fast keine Fami-           kommen, bleiben wir ganz bestimmt hier.»                             ten betroffen waren.
lien. Dafür kann unser Sohn dank den vielen Fuss-                                                                                 Mehr Infos gibt’s unter:
gängerzonen an vielen Orten sicher spielen und                   Luca Wolf und Luzia Hämmig                                       www.loewengraben.
Fahrrad fahren», freut sich Nico van der Heiden, Co-             Stelle für Kommunikation                                         info

An der Cysatstrasse: Luzia Vetterli und Sohn Thijs: «In unserem Garten pflan-   Wohnt seit 30 Jahren an der geschäftigen Hertensteinstrasse und geniesst die
zen wir Gemüse, Beeren und Blumen an, und es ist super zentral.»                Ruhe auf dem Pausenplatz des Mariahilf-Schulhauses: Hanspeter Furrer.
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