Datenbasiertes Verwaltungs-handeln - DATA DRIVEN GOVERNMENT - Vitako
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02|2021 DATA DRIVEN GOVERNMENT Datenbasiertes Verwaltungs- handeln VOR DEM ERSTEN KLICK Datenschätze in Kommunen bergen EUROPÄISCHE DATENSTRATEGIE Im Mittelpunkt die Daten DAS VIER-SÄULEN-MODELL OZG-Umsetzung erfolgreich gestalten Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e. V. www.vitako.de
Editorial ▲ Dr. Ralf Resch ist Vitako-Geschäftsführer. Liebe Leserinnen und Leser, stellen Sie sich vor, Sie kaufen oder leasen ein immer smarter werden und sie halten alle recht- Auto und erhalten automatisch zur Kfz-Anmel- lichen Instrumente für die Planung und Gestal- dung den Anwohnerparkausweis für Ihre Park- tung in der Hand. Gleichzeitig entstehen in Kom- zone. Oder Sie werden morgens per Smartphone munen immer mehr Daten, die gesammelt, auf- über Staus auf dem Arbeitsweg und Parkmög- bereitet und ausgewertet werden können. Diese lichkeiten am Ziel informiert. Bei der Geburt Daten generieren nicht nur neue Geschäftsmo- Ihres Kindes erhalten Sie Eltern- oder Kindergeld delle, sondern bieten auch ganz neue Möglich- ohne große Antragsorgien – natürlich nur, wenn keiten für die Gestaltung und Steuerung des Sie einer Datenfreigabe zustimmen. Zukunfts- Gemeinwesens – mehr Effizienz und Souveräni- musik? Nein, datenbasiertes Verwaltungshan- tät unter Wahrung des Datenschutzes. deln ist eine weitere Stufe der Verwaltungsdi- gitalisierung, die augenblicklich von verschie- Vitako setzt sich mit seinen Mitgliedern für eine denen Akteuren – auch im Zuge des Onlinezu- sichere, leistungsstarke und resiliente öffentli- gangsgesetzes – vorbereitet wird. Dass die kom- che Dateninfrastruktur im Sinne der digitalen munale Ebene und kommunale IT-Dienstleister Daseinsvorsorge ein. Machine Learning, künstli- dabei eine wichtige Rolle spielen, davon können che Intelligenz und Big Data werden künftig eine Sie sich in dieser Ausgabe von „Vitako aktuell“ große Rolle spielen. Sowohl die EU als auch die überzeugen. Bundesregierung haben in ihren Datenstrategien auf die Bedeutung einer datengestützten Gesell- Zunächst ist hervorzuheben, dass eine datenba- schaft und gemeinsamer Datenräume hingewie- sierte Verwaltungsmodernisierung im Zusam- sen. An der Umsetzung der neuen Datenökono- menspiel mit weiteren kommunalen Akteuren mie müssen nun alle Akteure gemeinsam mit- wie Nahverkehrsunternehmen, Energieversor- wirken und dürfen nie aus dem Blick verlieren, gern, Wasserwirtschaft oder auch Startups zu dass die Menschen, die in ihrem Berufsalltag erheblichen Qualitätssprüngen bei der digita- davon betroffen sind, mitgenommen werden len Daseinsvorsorge führt. Kommunen wollen wollen. 02|2021 Vitako aktuell 3
Impressum Inhalt Herausgeber: Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e. V. Charlottenstr. 65 10117 Berlin Tel. 030/20 63 15 60 E-Mail: aktuell@vitako.de www.vitako.de V. i. S. d. P.: Dr. Ralf Resch Redaktion und Gestaltung: drei | Medien Merschmann Mühlke Jaschinski GbR www.drei-medien.de Grafik: Axel Meintker Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Berichte auch ohne vorherige Absprache zu kürzen. Der Inhalt der Beiträge gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder elektronische Verbreitung nur mit Zu stimmung des Herausgebers. Korrektorat: Henrike Doerr, Textwelten Druck: triggermedien, Berlin Erscheinungsweise: 4 Ausgaben im Jahr Auflage: 5.000; Papier: 115g/m² Profibulk Autoren und Mitwirkende dieser Ausgabe: Dr. Ralf Resch, Vitako; Dr. Rolf Beyer, KDO; Schwerpunkt: Data Driven Government Dieter Rehfeld, regio iT und govdigital; Christian Pfromm, Stadt Hamburg; Sabine Verheyen, Europäisches Parlament; Ingbert Liebing, VKU; Dr.-Ing. Alanus von Radecki, DKSR; Philipp Lämmel, Fraunhofer FOKUS; Dr.-Ing. Nikolay Tcholtchev, Fraunhofer FOKUS; Bernhard Barz, regio iT; Stephan 6 Leitartikel: Leistungen schon vor dem ersten Klick Löbel, Stein-Hardenberg Institut; Dr. Ursula Köhler und Tanja Krins, GI; Michael Diepold, Eine datenbasierte Verwaltungsdigitalisierung verspricht erhebliche Fort AKDB; Dr. Timon Hölle, AKDB; Thomas Werner, citeq; Julian Einhaus, Vitako; Sibylle schritte für die Effizienz und Effektivität von öffentlichen Leistungen. Mühlke, drei | Medien; Helmut Merschmann, drei | Medien; Jana Plomin, Fraunhofer Fokus; Hiestermann & Frömchen GmbH 8 Datenraum in 14 Offene Plattformen Bildnachweise: Titel: Gorodenkoff - stock.adobe.com kommunaler Hand für Städte S. 3 Porträt Resch: Robert Schlesinger; S. 4 contrastwerkstatt - stock.adobe.com S. 5 BullRun - stock.adobe.com Die Neue Leipzig-Charta setzt auf die Das Datenkompetenzzentrum für Städte S. 7 Gorodenkoff - stock.adobe.com S. 9 iStock.com/metamorworks transformative Kraft der Städte und und Regionen hilft Kommunen bei der Porträt Dieter Rehfeld: Robert Poorten Regionen. digitalen Transformation. S. 11 nirutft - stock.adobe.com Porträt Christian Pfromm: Roland Magunia S. 12 Porträt Sabine Verheyen: FKPH S. 15 iStock.com/staticnak1983 S. 17 Gorodenkoff - stock.adobe.com 10 Digitaler Doppelgänger 16 Effizient und sicher S. 21 Monkey Business - stock.adobe.com S. 23 Jan Kranendonk - stock.adobe.com Das Modellprojekt „Connected Urban Betriebsdaten in Rechenzentren bieten S. 25 Porträt Thomas Werner: Studio Wiegel, Münster Twins“ eröffnet neue Möglichkeiten der vielfältige, ungenutzte Entwicklungs- und S. 28-30 Ikons: istock.com/Esra Sen Kula; S. 30 phonlamaiphoto - stock.adobe.com, integrierten Stadtentwicklung. Servicepotenziale. Belogorodov - stock.adobe.com S. 34 Porträt Julian Einhaus: Dirk Hasskarl/ Fotografie Hinweis: Vitako aktuell erscheint zusätzlich 12 Im Mittelpunkt die Daten 18 Die Technik ist dem mit drei Regionalausgaben: krz, Lecos, regio iT. Der Vertrieb erfolgt durch das Die europäische Datenstrategie sieht Denken voraus jeweilige Vitako-Mitglied. eine Weiterverwendung von Daten zu- Das Nationale E-Government Kompetenz ISSN 2194-1165 gunsten der Allgemeinheit vor. zentrum veröffentlicht eine Studie über Wird innerhalb der Zeitschrift auf fremde Links oder externe Informationsangebote Potenziale und Herausforderungen einer hingewiesen, so macht sich Vitako diese Datenorientierung im Kontext der öffentli- Inhalte nicht zu eigen und kann für sie keine 13 Fairness schafft Nutzen chen Aufgabenwahrnehmung. Haftung übernehmen. Die Gleichbehandlung von öffentlichen und privaten Unternehmen in der Datenökonomie setzt noch rechtliche Anpassungen voraus. 4 Vitako aktuell 02|2021
Inhalt Digitale Kommune Netztalk 20 Serie Teil 2: Interesse 24 Gemeinsam für 28 Durchhören wecken und erhalten Open S ource Das Open-Data-Portal DKAN in Münster Zahlreiche Initiativen und Kampagnen 29 Durchstarten versuchen, mehr Mädchen und Frauen zeigt anschaulich, wie Kommunen für IT-Berufe zu interessieren. Doch die und IT-Dienstleister als Akteure bei der Nutzung von Open-Source-Software Zahlen zeigen, dass das anfängliche 30 Durchrufen Interesse während der Schul- und Hoch- auftreten können. schullaufbahn oft wieder abnimmt. 32 OZG-Check 27 Pilotierung für Open 22 Das Vier-Säulen-Modell Source Repository Um die digitale Verwaltung und insbeson- Das Bundesinnenministerium testet mit 33 Umfrage dere die Umsetzung des Onlinezugangs- den Ländern Nordrhein-Westfalen und gesetzes erfolgreich zu gestalten, müssen Baden-Württemberg sowie dem kommu- auch Querschnitts- und Infrastruktur nalen IT-Dienstleister Komm.ONE die 34 Spotlight themen wie Nutzerkonten inklusive erste Ausbaustufe einer Open-Source- Identitätsmanagement, Features wie der Plattform. Postkorb und die Verknüpfung zu einem Portalverbund oder die Registermoderni- sierung angegangen werden. 02|2021 Vitako aktuell 5
Leitartikel Leistungen schon vor dem ersten Klick Kommunale Datenräume sind Ausgangspunkt einer datenbasierten digitalen Daseinsvorsorge Eine datenbasierte Verwaltungsdigitalisierung verspricht erhebliche Fortschritte für die Effizienz und Effektivität von öffentlichen Leistungen: Kommunen können vorhandene Daten so miteinander verknüpfen, dass einfachere und ebenso neue Services für Bürgerinnen und Bürger entstehen. Um passende Dienste anbieten zu können, müssen nicht nur Daten aus kommunalen Ämtern und Registern einbezogen, sondern auch die „Schätze“ aus kommunalen Betrieben und s marten Infrastrukturen, wo täglich unzählige Verbrauchs- und Mobilitätsdaten entstehen, geborgen werden. Bekanntlich stehen bis zur offiziellen Zielmarke der Umset- auch innerhalb vieler Kommunen beim Bewohnerparkaus- zung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) und des „Einer für weis: Schon bei der Anmeldung in einer Gemeinde hätte das alle“-Prinzips (EfA) Ende 2022 noch viele Aufgaben an und Bürgerbüro die Möglichkeit, den neu Zugezogenen einen bloß noch anderthalb Jahre zur Verfügung. Doch schon jetzt (vorausgefüllten) Antrag anzubieten, der nur noch signiert können Projekte angestoßen werden, die über die geplanten werden muss – doch wo passiert das bisher? Es sind vor allem Maßgaben hinausgehen und auf eine proaktive öffentliche diese „Low Hanging Fruits“, die schnell positive Erfahrungen Leistungserbringung abzielen. Die Technik und passenden und plausible Referenzen hervorbringen würden. Technologien für das sogenannte Data Driven Government sind ebenso vorhanden wie vielfältige kommunale Daten – sie müssen nur noch zusammengebracht werden. Ziel sollte Über das OZG hinaus probieren es sein, Bürgerinnen und Bürgern mittelfristig mehr vor- oder Ein proaktives Vorgehen der Kommunalverwaltung erfor- teilausgefüllte Formulare beziehungsweise digitale Anwen- dert den Zugriff auf viele Informationen, die außerhalb der dungen anzubieten. Zuständigkeit einzelner Ämter oder gar in anderen Gebiets- körperschaften, beim Land oder Bund liegen. Ein großer Schritt wäre es hier, die Verwaltungsabläufe von Grund auf Immer noch Ausnahmen anders zu denken und zu organisieren. Im Kleinen heißt das, Das funktioniert bereits bei der Steuererklärung über das die zumeist bereits vorhandenen technischen Schnittstellen ELSTER-Verfahren, in dem das Dokument automatisch mit zwischen Fachverfahren und Registern weiter zu vereinheit- den Daten aus dem Vorjahr verwendet werden kann. Bes- lichen – die gemeinsame Sprache ist auch eine maßgebliche tenfalls müssen nur noch kleine Anpassungen vorgenom- Voraussetzung für die OZG-Umsetzung. Während der Fokus men werden. Das Bremer Projekt ELFE („Einfach Leistun- aktuell aber darauf liegt, Frontend- mit Backend-Diensten gen für Eltern“) ermöglicht es Eltern, sowohl Geburtsur- und Fachverfahren zu verknüpfen, müssen Schnittstellen kunde als auch Kinder- und Elterngeld gebündelt und online künftig auch Statusinformationen zurückspielen können. Nur zu beantragen – die Formulare sind in einem digitalen Kombi- so werden Systeme in die Lage versetzt, Informationen den Antrag zusammengefasst. Mit dem Einverständnis der Eltern Bürgerinnen und Bürgern von sich aus anzubieten. tauschen das Standesamt und die Elterngeldstelle Daten zur Geburt elektronisch untereinander aus, denn sämtliche Ein weiterer Baustein für die datenbasierte Verwaltung ist Daten liegen schon vor. Denkbar wäre eine solche Lösung ein einfaches Erlaubnismanagement. Das System der Self- 6 Vitako aktuell 02|2021
Data Driven Government Sovereign Identity (SSI) versetzt Nutzerinnen und Hier kommt es auf ein besonders hohes Maß an Nutzer in die Lage, ihre Identität selbst zu verwal- Datenschutz und -sicherheit an. ten, um zu bestimmen, welche Daten sie gegen- über Dritten freigeben. Neben einem mobilen Endgerät ist dafür nur eine Authentifizierung bei Verwaltung – effizient und einer kommunalen Stelle notwendig. Über ein persönlich Dashboard kann die Kommune Möglichkeiten Gerade zeigt uns die Coronapandemie, welchen schaffen, den Zugriff auf Stammdaten zu regeln Herausforderungen der demokratische Rechts- beziehungsweise berechtigte Zugriffe nachzu- staat hierzulande gegenübersteht und wie wich- vollziehen – und damit Transparenz zu schaffen. tig die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand ist. Eine stärker datengeleitete Verwaltung samt automatischen Prozessen würde Staat und Kom- Gesamtkommunales Angebot munen an geeigneten Stellen die Möglichkeit machen geben, ihre Exekutivfunktion allein dadurch zu Die Arbeitsfelder der kommunalen IT-Dienst stärken, dass Ressourcen nicht erst aufgebaut, leister liegen in erster Linie bei den klassischen sondern schlicht besser eingesetzt werden könn- ▲ Dr. Rolf Beyer ist Vor- Kommunalverwaltungen. Viele tägliche Leis- ten. Langfristig ermöglicht das, zahlreiche Leis- standsvorsitzender von tungen der Daseinsvorsorge, darunter die Was- tungen standardisiert und zugleich effektiv abzu- Vitako und Verbandsge- ser-, Strom- und Energieversorgung, beziehen bilden und dabei die Personalressourcen bewusst schäftsführer der Kommu- nalen Datenverarbeitung die Bürgerinnen und Bürger durch ausgelagerte auf komplexe Einzelfälle zu richten. Das verbes- Oldenburg. kommunale Betriebe und Unternehmen. Auch in sert nicht nur die Leistungsbilanz, sondern gibt Verkehrsleitsystemen, in Parkhäusern und natür- der Verwaltung da, wo es inhaltlich knifflig wird, lich im öffentlichen Personennahverkehr fallen persönliche Zeit, Einfühlungsvermögen und ein unzählige Daten an – die jeweils weitestgehend menschliches Gesicht in Gestalt ihrer Mitarbeite- nur in ihren Silos genutzt werden. Als Eigentü- rinnen und Mitarbeiter. mer und Träger ihrer Gesellschaften haben Kom- munen jedoch die Möglichkeit, diese Daten stra-Die Gelegenheit dafür erscheint günstig. Sowohl tegisch zu nutzen. Was ihnen bislang fehlt, ist ein der derzeitige Digitalisierungsboom und das Angebot für eine Treuhandstelle. Konjunkturpaket zur Verwaltungsdigitalisierung des Bundes als auch das jüngst verabschiedete Um die Digitalisierung zwischen den verschie- Registermodernisierungsgesetz aus dem Bun- denen Ebenen und Dienststellen der öffentli- desinnenministerium sowie die Vorstöße aus chen Verwaltung zu gestalten, müssen Daten dem Bundeskanzleramt zur Entwicklung von ausgetauscht werden, wenn die Dienstleistung SSI-Lösungen sollten auch die kommunale Ebene erbracht wird. Das gilt immer, wenn Bürgerin- stärker auf den Plan rufen. Die kommunalen nen und Bürger Daten mit öffentlichen Stel- IT-Dienstleister könnten dabei einen maßgebli- len direkt austauschen, aktuell etwa mit Kran- chen Beitrag leisten, sichere digitale Erprobungs- kenkassen, Apotheken und Ärzten, um Corona- räume zu schaffen – und damit den Weg für die Testergebnisse und Impfnachweise zu erhalten. digitale Daseinsvorsorge von morgen ebnen. 02|2021 Vitako aktuell 7
Schwerpunkt Datenraum in kommunaler Hand Die Neue Leipzig-Charta setzt auf die transformative Kraft der Städte und Regionen Viele Gemeinden, Städte und Landkreise wollen smart werden. Die Neue Leipzig-Charta setzt auf datenbasiertes Handeln. Das Rahmenwerk wurde Ende 2020 von den EU-Ministern für Stadtentwicklung und Raumordnung verabschiedet. Die Leipzig-Charta bietet eine neue rung in einer Smart City im Sinne der Dateninfrastruktur und -verwaltung ist integrative, gemeinwohlorientierte Leipzig-Charta zu prägen. notwendig. Städte brauchen Zugriff auf Sicht auf die Stadt- und Regionalent- Daten, die Relevanz für die Wahrneh- wicklung und die Chance, die klassi- mung öffentlicher Aufgaben haben.“ sche Daseinsvorsorge als eine zentrale Datenbasierte Aufgabe der Kommunen neu zu denken Daseinsvorsorge Diese Postulate der Charta adressie- und zu gestalten. „Stadtentwicklung Die Digitalisierung einer Stadt hin zur ren die Fragen: Wo liegen die Daten zu einer Sache aller zu machen, Pro- Smart City bedeutet auch, die Umwelt und wer hat die Hand darauf? Wer jekte und Programme sollen gemein- und das Leben in der Stadt digital in managt sie im Auftrag der Kommu- sam mit den Bürgerinnen und Bür- Daten abzubilden und diese zu nutzen. nen? Und wer stellt die entsprechen- gern entwickelt werden. Dies drückt Im Kern geht es immer darum, Daten den Instrumente zur Analyse und Auf- sich in der konsequenten Ausrichtung aufzubereiten, auszuwerten, zu verglei- bereitung bereit? auf das Gemeinwohl sowie die Verant- chen und dann Signale und Informatio- wortung von Städten im Bereich des nen zu geben, damit technische Geräte Prädestiniert für diese Aufgabe sind die Klimaschutzes und der Umweltgerech- von Ampeln, Gebäuden, Fahrzeugen kommunalen öffentlichen IT-Dienst tigkeit aus“, erklärt das Bundesinnen- bis zu beleuchteten Zäunen reagieren leister. Sie können ihren Kommunen, ministerium den zentralen Anspruch oder Menschen ihr Verhalten ändern ihren Gesellschaftern und Trägern in der Charta. und anpassen. Deshalb haben Daten in der neuen datenbasierten Daseinsvor- der Neuen Leipzig-Charta auch einen sorge dienen. Sie können einen star- Die Kommunen haben die Instrumente besonderen Stellenwert: „Wie Städte ken gestaltenden und innovativen Bei- für die Stadtgestaltung und für die Prozesse digitalisieren, diese verwal- trag zur integrativen, gemeinwohl Daseinsvorsorge in ihren Händen. Sie ten und wie sie mit gewaltigen, schnell orientierten Stadtentwicklung leisten, verfügen über das bedeutende Instru- anwachsenden Datenmengen umge- wenn sie die technischen Betreiber ment des örtlichen Planungs-, Gestal- hen, sind heutzutage entscheidende der Smart-City-Datenplattformen und tungs- und Satzungsrechts. Gleichzei- Faktoren für eine integrierte Stadtent- Hubs sind. Und wenn es eine gemein- tig sind sie oft auch Gesellschafter und wicklung. Daten sollten im Sinne des same Datenstrategie für die Kommu- Träger kommunaler Unternehmen Gemeinwohls zum Einsatz kommen nen und ihre kommunalen Unterneh- und Einrichtungen. Und diese Unter- und nach ethischen Grundsätzen sowie men gibt, auf deren Basis sie ihre Kom- nehmen – Energieversorger, Nahver- sozial verantwortungsvoll zugänglich petenzen einbringen können. kehrsunternehmen, Abfallentsorgung, sein und verwendet, geteilt und verwal- Die govdigital eG ist im April 2021 zur „Genos- Wasserwerke und Trinkwasserversor- tet werden. Gleichzeitig ist diese Nut- senschaft des Monats“ avanciert, über 7.500 gung, Abwasserentsorgung – sind alle- zung von Daten sorgfältig nach Daten- Genossenschaften und genossenschaftliche samt wichtige Instrumente der Städte schutzaspekten abzuwägen. Die Ein- Unternehmen gibt es derzeit in Deutschland. und Landkreise. Sie können entschei- führung einer umfassenden, leistungs- Ausgewählt hat sie der Deutsche Genossen- schafts- und Raiffeisenverband e. V. dend dazu beitragen, die Digitalisie- starken und resilienten öffentlichen 8 Vitako aktuell 02|2021
Data Driven Government Die vernetzte Kommune Smart City bedeutet auch, mit vielen Akteuren zusammenzuarbeiten. Mit Startups genauso wie mit etablierten privaten Unternehmen. Die Zusammenarbeit zwischen den kommunalen IT-Dienstleistern und den IT-Dienstleistern der kommunalen Unternehmen auszubauen, wäre ein weiterer Beitrag zur smarten Stadtentwick- lung. Dabei macht es einen strategischen Unter- schied, ob sich eine Kommune der Bedeutung der Daten bewusst ist, mit ihren Unternehmen eine gemeinsame Datenstrategie formuliert und umsetzt oder, ob sie sich hier von außen gestal- ten lässt. Für Anwendungen und Lösungen wie zum Bei- spiel künstliche Intelligenz (KI) mit Deep Lear- ning, Data Analytics und Data Mining werden große Datenmengen benötigt. Die Bundesre- gierung hat mit ihrer Anfang Januar 2021 veröf- fentlichen Datenstrategie auf die Bedeutung von gemeinsamen Datenräumen ausführlich hinge- wiesen und sie als einen wichtigen Hebel darge- stellt, damit Deutschland und Europa nicht den Anschluss im Technologiewettbewerb verlieren. Wer, wenn nicht die Kommunen und kommu- tor organisieren. Und zwar in Form einer Genos- nalen Unternehmen, soll diese gemeinsamen senschaft in öffentlich-kommunaler Hand, dazu Datenräume schaffen? Ein bundesweiter Daten- noch föderal übergreifend mit Mitgliedern aus raum Wasser oder Datenraum Entsorgung, in der kommunalen Familie, aus den Bundeslän- dem nicht personenbezogene Daten aus den dern und mit der Bundesdruckerei. Das macht Betriebs- und Arbeitsprozessen von zahlreichen die govdigital eG zu einem starken Instrument Sensoren zur Verfügung stehen, um darauf zum der neuen datenbasierten Daseinsvorsorge von Beispiel KI-Lösungen zu bauen, wäre ein wichti- Smart Citys. ger Schritt in Richtung der neuen Stadtentwick- lung. Ein erstes Projekt zum Datenraum Mobili- Manchmal entsteht der Eindruck, dass wir in tät wurde bereits gestartet. Deutschland gute Strategien formulieren, uns aber in der konkreten Umsetzung schwertun, Stichwort: Datenökonomie Bei der Bundeszentrale für politische Bildung ist ein viel Zeit brauchen oder gar scheitern. Auf Bun- Sammelheft mit Aufsätzen zur Datenökonomie erschie- desebene gibt es eine KI-Strategie und eine nen. Die Beiträge beschäftigen sich mit Chancen und Blockchain-Strategie, es gibt eine Datenstrate- Herausforderungen der Datenökonomie, Datenverwer- gie und auch die GAIA-X-Strategie. Hinzu kom- tung und Datenethik, mit Regulierungsansätzen, Selbst- men die Smart-Citys-Strategien der Kommunen bestimmung und dem Datenschutz. Online zu lesen oder als Heft zu bestellen unter: – ebenso gut wie zahlreich. Was fehlt, ist das ▶ https://bit.ly/3hkc0fh Bewusstsein darüber, dass es Instrumente zur Umsetzung bereits heute schon gibt: Die Ent- scheider im öffentlichen Sektor, die Politike- Gestaltungshoheit behalten rinnen und Politiker, die (Ober-)Bürgermeiste- Um solche Datenräume zu schaffen und zu rinnen und Bürgermeister, Landrätinnen und managen, braucht es eine unternehmerische Landräte halten diese Instrumente zur Umset- Organisation. Wie die govdigital eG: Sie könnte zung der smarten Stadt in ihren Händen. Sie soll- ▲ Dieter Rehfeld ist Vor- sitzender der Geschäfts- den Aufbau eines bundesweiten gemeinsamen ten sie auch nutzen. leitung regio iT und Netzes von Urban-Plattformen sowie den Auf- Aufsichtsratsvorsitzender bau und Betrieb der Datenräume im Public Sec- ▶ Link zur Charta: https://bit.ly/3aqe696 von govdigital eG. 02|2021 Vitako aktuell 9
Schwerpunkt Digitaler Doppelgänger Hamburg, Leipzig und München kooperieren bei „Connected Urban Twins“ Zu Beginn dieses Jahres ist das Kooperationsprojekt „Connected Urban Twins – Urbane Datenplattformen und Digitale Zwillinge für integrierte Stadtentwicklung“ gestartet. Das Modellprojekt der Kooperationsstädte wird vom Bundesinnenministerium mit rund 21 Millionen Euro gefördert. Auf Grundlage von urbanen Datenplattformen soll die Idee eines digitalen Zwillings für Städte erprobt und entwickelt werden. Ursprünglich bekannt sind digitale Urbane Datendrehscheiben digitalen Zwillinge vielmehr über die Zwillinge als digitale Replikationen von Der fachliche Schwerpunkt des Koope- gemeinsam entwickelte Architektur, Wirtschaftsgütern etwa in der Indus rationsprojekts liegt auf der integrier- Standards und die tägliche Projektzu- trie, anhand derer Produkteigenschaf- ten Stadtentwicklung. Auf Grundlage sammenarbeit in einer übergreifenden ten abgebildet und zugehörige Prozesse bestehender 3-D-Stadtmodelle sollen Matrixstruktur. modellhaft betrachtet werden können. innovative Use Cases entwickelt wer- Dieser Gedanke soll auch für das städ- den, die komplexe Sachverhalte der tische Leben in einem urbanen digita- Stadtentwicklung digital nachbilden. Vielfältige Use Cases len Zwilling genutzt werden. Den einen Jede Stadt bringt dabei ihre bereits Die möglichen Use Cases sind auf- digitalen Zwilling gibt es dabei nicht. bestehende Expertise zu Datenplatt- grund der vielen noch unerschlosse- Vielmehr wird es für viele verschiedene formen, Zwillingstechnologien und nen Datenquellen und damit einher- Fachrichtungen und Domänen digitale Stadtentwicklung mit ein. Technische gehenden Kombinationsmöglichkeiten Zwillinge mit unterschiedlichen Blick- Grundlage des Zwillings werden inner- vielfältig. Neben der Darstellung von winkeln geben. halb jeder Stadt urbane Datenplattfor- Gebäuden, Verkehrswegen und Grün- men sein. flächen und somit der bereits heute Bei der Förderung der zweiten Staffel praktizierten Analyse des Ist-Zustan- der Smart-City-Modellprojekte hat das Diese stellen als Datendrehscheibe des verspricht der digitale urbane Zwil- Bundesinnenministerium ein klares benötigte Fachinformationen, Echtzeit- ling durch intelligente Algorithmen zur Ziel vor Augen: Das Projekt soll nicht daten und Sensordaten bereit und lie- Simulation insbesondere zusätzlich nur von Hamburg, Leipzig und Mün- fern somit das notwendige Datenmate- auch die Prognose des Neu-Zustands in chen als Leuchtturm aufgezogen wer- rial, das für die Berechnungen und Dar- verschiedenen Szenarien. Dadurch bie- den, sondern als mögliches Modell stellungen im digitalen Zwilling benö- tet er einen frischen und veränderten für die ganze Bundesrepublik dienen. tigt wird. Aufbauend auf einer einheit- Blick auf bekannte Sachverhalte und Aus diesem Grund soll das Vorhaben lichen Daten-Governance wird jede geht somit über existierende datenba- gemeinsame technische Lösungen Stadt allerdings ihre eigenen Daten nut- sierte, digitale 3-D-Modelle hinaus. und Anwendungsfälle entwickeln, die zen. Eine zentrale gemeinsame Daten- für alle Kooperationspartner und auch plattform, in der die Daten aller Städte Denkbar ist etwa, dass es durch digi- andere Städte und Kommunen über- verbunden werden, ist nicht geplant. tale urbane Zwillinge ermöglicht wird, nahmefähig sind. „Connected“ sind die Städte und ihre die Energienutzung in Quartieren mit 10 Vitako aktuell 02|2021
Data Driven Government verschiedenen neuen Datenquellen vielseiti- Informationsaustausch und Wissenstransfer, ger und präziser zu erfassen, um so zielgerich- sondern, wo immer es geht, auf Open-Source- teter Sanierungsbedarfe für den Klimaschutz zu Software und offene Standards. Das entwickelte ermitteln und durchzuspielen. Auch die sozi- replizierbare System und die erarbeiteten Bau- alen Infrastrukturen (beispielsweise Kranken- steine sollen für alle drei Projektpartner und im häuser, Kitas) einer Stadt ließen sich besser Anschluss ebenso für andere Kommunen mit und für die Bevölkerung nachvollziehbarer pla- vergleichbaren Datenquellen und Sachverhal- nen. Neben dem hierdurch erzielten Mehrwert ten nutzbar sein. für Entscheidungsträger aus Politik und Verwal- tung ist daher vor allem auch eine verbesserte Aktuell wird der Personalaufbau intensiviert, um Bürgerbeteiligung und die Einbindung weite- die über die Partnerstädte verteilten Projektstel- rer Akteure der Stadtgesellschaft ein wichtiger len mit circa 50 Mitarbeitenden vollständig zu Baustein. Bürgerinnen und Bürgern sowie Stake- besetzen. Dadurch sollen als nachhaltig positi holder aus Wissenschaft und Wirtschaft können ver Effekt des Projekts auch langfristig zusätzli in die Stadtentwicklung interaktiver, verständli- che Digitalkompetenz in den städtischen Ver cher und transparenter einbezogen werden. waltungen aufgebaut werden und die Connected Urban Twins über das Projekt hinaus einen Bei- trag zur Digitalisierung der Verwaltung leisten. Übertragbarkeit erwünscht ▲ Christian Pfromm ist Das Modellprojekt orientiert sich dabei stets an Chief Digital Officer (CDO) der Freien und Hansestadt dem übergeordneten Ziel, das erlangte Wissen Das Konsortium: Christian Pfromm sitzt für die Freie und Hamburg. aus den Teilprojekten zu den technischen Stan- Hansestadt Hamburg als federführende Projektpart dards, den Use Cases aus der Stadtentwicklung, nerin dem CUT-Steuerungsgremium vor. Dr. Beate Ginzel den neuen Formen der Bürgerbeteiligung sowie (Leitung des Referats Digitale Stadt in Leipzig) sowie der zur experimentellen Begleitforschung für andere CDO der Landeshauptstadt München, Thomas Boenig, vertreten hierin die Partnerstädte des Kooperations Städte und Kommunen nutzbar zu machen. Die projekts. Modellstädte setzen daher nicht nur auf engen 02|2021 Vitako aktuell 11
Schwerpunkt Im Mittelpunkt die Daten Die europäische Datenstrategie sieht eine Weiterverwendung von Daten zugunsten der Allgemeinheit vor Die Digitalisierung ist eine der wichtigsten Her- der wissenschaftlichen Forschung erleichtert. ausforderungen unserer Zeit, gleichzeitig auch Daten können wichtige Erkenntnisse liefern, mit eine der größten Chancen. In Deutschland hat deren Hilfe Notstände bekämpft, unsere Städte die Coronapandemie uns deutlich gezeigt, dass zukunftsorientiert gestaltet werden und Men- wir in diesem Bereich noch Nachholbedarf schen länger und bei besserer Gesundheit leben haben. Deswegen müssen Deutschland, aber können. auch die Europäische Union insgesamt, jetzt tätig werden, damit wir im internationalen Ver- gleich nicht abgehängt werden. Relevanz für Kommunen Mit der bestehenden Richtlinie über offene Im Mittelpunkt dieses digitalen Wandels ste- Daten werden bereits große Datenmengen zur hen Daten. Aus diesem Grund hat die EU-Kom- Weiterverwendung zugunsten der Allgemein- mission 2020 die europäische Datenstrategie heit zur Verfügung gestellt. Besonders relevant veröffentlicht. Sie soll die Nutzung von Daten für Kommunen ist, dass auch hochwertige Daten erhöhen. Außerdem will die EU die Führungs- des öffentlichen Sektors für die Weiterverwen- rolle in einer immer stärker datengestützten dung verfügbar gemacht werden und deren Nut- Gesellschaft übernehmen. Die Menge der welt- zung gefördert wird. In der Vergangenheit hat weit produzierten Daten nimmt rasant zu. In es in dem Bereich bereits spannende Koopera- einer Gesellschaft, in der jeder Einzelne immer tionen zwischen Unternehmen und Kommunen größere Datenmengen produziert, muss die gegeben. Aber auch viele Unternehmen erhe- Sammlung und Verwertung der Daten mit den ben große Datenmengen mit gesellschaftlichem europäischen Werten, Grundrechten und Vor- Nutzen. Würde man gewisse Daten des privaten schriften vereinbar sein und dem Interesse des Sektors für den öffentlichen Sektor zugänglich Einzelnen entsprechen. Deswegen ist es notwen- machen und dürfte er diese weiterverwenden, dig, dass wir jetzt tätig werden und einen siche- könnte er dadurch öffentliche Dienstleistungen ren Rahmen schaffen. und die Politikgestaltung weiter verbessern. Mit der Datenstrategie sollen nun mehr vorhan- Dies würde zum Wohl der Allgemeinheit beitra- dene Daten auf privater und öffentlicher Seite gen. In dem Sinne sollte Datenaustausch nicht zur Verfügung gestellt werden. Nicht personen- als Risiko, sondern als Chance gesehen wer- bezogene Daten sollen dabei nur unter strenger den. Richtig gemacht kann die europäische Einhaltung der Datenschutzvorschriften wei- Datenstrategie auch für unsere Kommunen eine tergegeben werden. Außerdem sollen die Men- gute Sache werden, mit der sie sich effektiv für schen über persönliche Datenräume mehr Ent- die Zukunft aufstellen können. Kommunen müs- scheidungskompetenz erhalten, wer auf die von sen allerdings selbst entscheiden dürfen, inwie- ihnen generierten Daten zugreifen kann und wie fern sie Daten nutzen und zur Verfügung stel- ▲ Sabine Verheyen ist Mit- glied des Europäischen sie verwendet werden. So wird der Zugang zu len. Wir dürfen hier die kommunale Selbstver- Parlaments für die CDU in und die Weiterverwendung von sensiblen Daten, waltung nicht aushebeln. Deswegen kommt es der evp-Fraktion. etwa mit Bezug auf Gesundheit, zum Zwecke nun auf die Ausarbeitung an. 12 Vitako aktuell 02|2021
Data Driven Government Fairness schafft Nutzen Die Gleichbehandlung von öffentlichen und privaten Unternehmen in der Datenökonomie setzt noch rechtliche Anpassungen voraus Derzeit gibt es sowohl auf europäischer Landkreis von einem privaten, in Gleichzeitig ist es wichtig, die Vorga- als auch auf nationaler Ebene mehrere einem anderen von einem kommuna- ben planungssicher zu gestalten. Der Initiativen, die Lösungen für eine neue len Unternehmen abgeholt. Zudem ste- derzeitige Entwurf des Datennutzungs- Datenökonomie im öffentlichen Sek- hen kommunale Unternehmen in vie- gesetzes lässt vieles offen, was sich für tor anstreben. Das ist gut und richtig, len Bereichen der Daseinsvorsorge wie kommunale Unternehmen als enor- denn in den datenbasierten Dienst- im Energie- oder Verkehrsbereich im mes Hemmnis für Innovationen her- leistungen liegen große Chancen für Wettbewerb zu privaten Unternehmen ausstellen dürfte: Konkret stehen etwa die Daseinsvorsorge. Die entsprechen- und finanzieren sich dabei im Regelfall Fragen im Raum, wie Stadtwerke mit den gesetzlichen Entscheidungen, die über private Entgelte. Wir benötigen Daten umgehen müssen, die sie mit nun getroffen werden, sind von gro- also Gesetze, die sowohl öffentliche als kommunalen Schwesterunternehmen ßer Tragweite, denn sie berühren zen- auch private Unternehmen adressie- teilen oder – etwa aus betriebswirt- trale gesellschaftliche Fragen wie: Wie ren und ein „Level Playing Field“ für schaftlichen Gründen – in eine Cloud gehen wir als Gesellschaft souverän mit alle Akteure definieren. Die relevanten auslagern. Auch hier bedarf es Klar- unseren Daten um? Wie können wir Daten müssen zur Verfügung stehen – stellungen, damit sich die Unterneh- bürgerfreundliche Innovationen ansto- unabhängig davon, ob sie von privaten men auf die wirklich wichtigen Fragen ßen? Und mit welchem Gegenmodell oder kommunalen Unternehmen erho- konzentrieren können: wie sie Daseins- zu den großen privaten Tech-Monopo- ben werden. vorsorge mit dem größtmöglichen Bür- len einerseits und einem staatlich kon- gernutzen auch im Datenzeitalter aus- trollierten Modell andererseits positio- gestalten können. Dafür und für faire niert sich Europa? Asymmetrie vermeiden und ausgewogene Wettbewerbsverhält- Dies spiegelt sich jedoch nicht im aktu- nisse zwischen kommunalen und pri- Daten gewinnen an Wert, wenn sie ellen Entwurf des nationalen Datennut- vaten Unternehmen wird sich der Ver- geteilt und intelligent aufbereitet wer- zungsgesetzes wider: Im Grunde sieht band kommunaler Unternehmen wei- den. Eine Voraussetzung für informa- es derzeit vor, dass öffentliche Unter- ter mit Nachdruck einsetzen. tionsbasierte Wertschöpfung ist, auf nehmen ihre Daten teilen sollen – pri- möglichst viele Daten zugreifen zu vate, die im selben Bereich tätig sind, können. Welche Unternehmen also hingegen nicht. Dabei hat die EU in sollten ihre Daten teilen, um die Leis- der der Gesetzesinitiative zugrunde tungen der Daseinsvorsorge zu verbes- liegenden EU-Richtlinie den Mitglieds- sern? Die zunächst naheliegende Ant- staaten ausdrücklich offengelassen, wort ist: die öffentlichen. Doch wenn auch gleich private Unternehmen in man sich die Strukturen auf kommu- die Regelungen einzubeziehen. Und naler Ebene genauer ansieht, wird auch in der Datenstrategie der Bun- man schnell feststellen, dass es dabei desregierung schlägt man zumindest nicht bleiben kann. Eine trennscharfe vor, dass eine solche Gleichbehand- ◀ Ingbert Liebing ist Hauptgeschäfts- Unterteilung der Arbeitsbereiche zwi- lung geprüft werden sollte. Der Gesetz- führer des Verban- schen öffentlichen und privaten Unter- geber wäre gut beraten, genau dies zu des kommunaler nehmen ist nicht so einfach möglich. tun, um Informationsasymmetrien zu Unternehmen e. V. So etwa wird der Müll in dem einen vermeiden. in Berlin. 02|2021 Vitako aktuell 13
Schwerpunkt Offene Plattformen für Städte Das Datenkompetenzzentrum für Städte und Regionen hilft Kommunen bei der digitalen Transformation Städte und Regionen sollen im Rahmen einer offenen urbanen Plattform die Technologie, das Know-how und die Tools erhalten, um Daten in wert schöpfende Anwendungen für Bürger, Verwaltung und Unternehmen zu überführen. Schon heute setzen Kommunen eine strukturen in Smart Citys herausgebil- e Plattform muss daher die integrative n Vielzahl digitaler Systeme, Tools und det. Im OUP-Konzept werden, wie es in Erstellung von Smart-City-Lösungen Hilfsmittel in allen Bereichen urbaner der Europäischen Innovationspartner- ermöglichen und die grundlegende und Stadtverwaltung und -gestaltung ein. schaft für Smart Citys und Kommunen abstrakte IKT-Struktur bereitstellen. Doch die Zukunftsvision einer smar- (EIP SCC) und in der entsprechenden ten, intelligenten Stadt gründet nicht deutschen DIN SPEC 91357 „Referenz- nur auf Klimaneutralität, Wachstum, architekturmodell Offene Urbane Platt- Standardisierung und Wohlstand und guter Lebensqualität form (OUP)“ definiert ist, eine Vielzahl Herstellerunabhängigkeit für alle Bevölkerungsschichten. Eine bedeutender Aspekte für die städtische 2015 hat die EIP SCC eine IKT-Referenz funktionierende Smart City braucht IKT erfasst: architektur für Smart Citys in Europa auch eine übergeordnete Intelligenz, erarbeitet und somit die Grundstruk- ein Datenmanagementsystem, mit dem ▶ die Definition einer abstrakten tur definiert, die durch konkrete tech- die Datensätze aus u nterschiedlichen Blaupause für IKT in Smart Citys, nische Architekturen innerhalb einer Bereichen aggregiert, harmonisiert ▶ die Nutzung offener Standards, Stadt erweitert werden kann. Diese und sicher für passgenaue Lösun- ▶ die Nutzung offener Schnittstellen Grundstruktur ermöglicht die Schaf- gen genutzt werden können. Auf diese auf Basis offener Standards, fung eines Ökosystems (einschließlich Weise lassen sich nicht nur städtische ▶ die Schaffung urbaner IKT-Öko‑ Großindustrie, KMU, Wissenschaft und Leistungen exakt auf den aktuellen systeme auf Basis von Open-Source-Initiativen), das auf der Bedarf aussteuern – beispielsweise die ▶ Interoperabilität und Integration von Einzellösungen in kom- Müllentsorgung oder die Ampeln an ▶ die Vermeidung von Hersteller plexe Service-Architekturen basiert und neuralgischen Verkehrsknotenpunkten. abhängigkeit. auf die Bedürfnisse der Bürger und der Es lassen sich auch immense Ressour- öffentlichen Verwaltung ausgerichtet cen einsparen, etwa beim Wasserbe- Von besonderer Bedeutung für zukünf- ist. Der integrative Ansatz, der offene darf der städtischen Grünanlagen oder tige, nachhaltige Smart Citys ist die Ver- Schnittstellen und Standards verfolgt, bei der Wiederverwendung von Roh- meidung einer Herstellerabhängigkeit. ermöglicht somit eine erhöhte Inter stoffen in innerstädtischen Kreisläufen. Nur so kann ein tragfähiges, offenes operabilität zwischen den verschiede- Ökosystem entstehen, das aus Indus- nen Interessengruppen und vermeidet Offene Urbane Plattformen trie, lokalen kleinen und mittleren Herstellerabhängigkeit. Hierfür haben sich in den letzten Jahren Unternehmen (KMU), Wissenschaft Offene Urbane Plattformen (OUP) als und anderen IKT-bezogenen Interes Das EIP-SCC-Konzept wurde auf Basis übergeordnetes Konzept für IKT-Infra sengruppen besteht. Eine Offene Urba von Expertendiskussionen innerhalb 14 Vitako aktuell 02|2021
Data Driven Government ▲ Dr.-Ing. Alanus von adecki ist CEO beim Da- R ten Kompetenzzentrum für Städte und Regionen und war vorher Leiter der Morgenstadt-Initiative von Fraunhofer. einer DIN-Spezifikationsarbeitsgruppe, an der stieg in die digitale Zukunft unabhängig vom Rei- verschiedene deutsche Kommunen und Indus- fegrad des bestehenden Datenmanagements. Die triepartner beteiligt waren, an die Bedürfnisse skalierbaren Einstiegslösungen können genau des deutschen Smart-City-Markts angepasst. auf den aktuellen Bedarf abgestimmt werden. Eine Analyse, Qualifizierung und Kuratierung des vorhandenen Datenschatzes bietet gerade Digitales Empowerment für kleinere Städte ein sinnvolles Einstiegsszena- Klimawandel, Verkehrswende oder regionales rio, mit dem sich kostengünstig effektive Struk- Energie- und Ressourcenmanagement sind turen aufbauen und Potenziale für eine wert- längst zum Alltag von Verwaltungen und Stadt- schöpfende Datennutzung identifizieren lassen. planern geworden. Diese Aufgaben können ohne eine zukunftsweisende Dateninfrastruk- ▲ Philipp Lämmel ist tur kaum mehr zufriedenstellend bewältigt wer- Austausch in der Community wissenschaftlicher Mitar- beiter und Projektleiter den. Das Daten Kompetenzzentrum für Städte Auf dieser Basis können Kommunen über die bei Fraunhofer FOKUS. und Regionen (DKSR) hat im Frühjahr 2021 eine Open-Source-Plattform unkompliziert und auf Open-Source-Technologie basierende urbane sicher ihr eigenes Datenmanagement betreiben. Datenplattform auf den Markt gebracht und hilft Die Morgenstadt Urban Data Community sorgt Kommunen dabei, ihre Daten nicht nur profes darüber hinaus für Austausch unter allen betei- sionell zu managen, sondern für Wertschöpfung, ligten Kommunen und für gegenseitiges Lernen Ressourceneinsparung und das digitale Em anhand von Best Practices und gemeinsamen powerment ihrer Bevölkerung zu nutzen. Herausforderungen. Vielversprechende Modelle und Anwendungen anderer G emeinwesen kön- Deutsche Kommunen verfügen meist über viele nen so von den Teilnehmenden einfach via Plug- relevante Daten. Doch oft behindern bestehende and-Play übernommen werden. Damit das auch Systeme und Organisationsformen des Datenma- technisch funktioniert, setzt das DKSR auf den nagements eine erfolgreiche und systematische FIWARE-basierten NGSI-LD-Standard, um Kon- digitale Transformation. Genau hier setzt das textinformationen urbaner Daten einheitlich zu DKSR mit seinem Open-Source-Modell für das managen. Hiermit schließt die DKSR-Plattform ▲ Dr.-Ing. Nikolay Tcholtchev leitet die Grup- Datenmanagement von Städten und Gemeinden eine wichtige Lücke, die die Skalier- und Trans pe „Quality Engineering for an. Die Plattform und die angeschlossenen Leis- ferierbarkeit datenbasierter Lösungen in der Urban ICT“ bei Fraunhofer tungen ermöglichen den Kommunen den Ein- Vergangenheit oft behindert hat. FOKUS. 02|2021 Vitako aktuell 15
Schwerpunkt Effizient und sicher Den Datenschatz von Rechenzentren heben Mit der Zielsetzung der Europäischen Union, bis 2030 allen EU-Haus- halten eine Gigabit-Anbindung zur Verfügung zu stellen, ist auch der Aufbau von 10.000 verteilten, doch vernetzten Randknoten verbunden. Damit will die EU Entwicklungen schneller vorantreiben und die Anfor- derungen zur Datenkontrolle besser umsetzen. Das dahinterliegende Edge-Computing-Konzept macht deutlich, dass trotz Cloud-Tendenzen zahlreiche klimaneutrale Rechenzentren entstehen. Rechenzentren (RZ) sind ein bedeu- nen um Datenökonomie und die intelli- den. Somit ist die Kälteerzeugung und tender Wirtschaftszweig. Das spie- gente Nutzung einmal erzeugter Daten -verteilung enger an den tatsächlichen gelt sich auch im Strombedarf. Gemäß muss deutlich gemacht werden, wel- Bedarf gebunden. Sachstandsbericht des Deutschen Bun- cher Datenschatz hier eigentlich gege- destags verbrauchten RZ im Jahr 2020 ben ist. Neben den Daten der Anwen- Selbstredend ist, dass in einem solchen rund 14 Milliarden Kilowattstunden dungsebene können anfallende Daten Szenario eine Erfassung und Berück- – mehr als der gesamte Verkehrssek- verschiedenen Systemebenen der RZ sichtigung der sogenannten Hotspots tor in Deutschland. Die Entwicklung zugeordnet werden. Darunter fallen die integriert ist, was zu einer höheren und Umsetzung von Maßnahmen zur Infrastruktur wie etwa Energiesysteme Betriebsstabilität beitragen kann. Auch Green-IT- und CO₂-Neutralität sind seit und Kühlsysteme, die IT-Hardware – würden Änderungen von Rack-Bele- Längerem fester Bestandteil bei der im Wesentlichen Verarbeitung, Vernet- gungen oder ein Technologiewech- Planung und dem Betrieb der Rechen- zung und Datenhaltung – sowie physi- sel zu energiehungrigen High-Perfor- zentren. Doch noch immer fallen etwa kalische und logische Architekturen. mance-Systemen automatisiert erfasst. 0,2 Tonnen CO₂ pro 1 Terabyte gespei- Neue Technologien und Datennutzun- cherten Nutzdaten an. Allein bei mit- Diese Daten werden meist in unter- gen führen somit neben der Dynami- telgroßen Rechenzentren wie der regio schiedlichen Systemen erfasst und sierung zu einer Stabilisierung von iT beträgt das Volumen gespeicher- durch Betriebsverantwortliche für ver- Betriebsbedingungen in einem insge- ter Daten 2.000 Terabyte und mehr. schiedene Aufgabenstellungen genutzt. samt atmenden Rechenzentrum. Ansatzpunkte zur Optimierung gäbe Bereits hier sind Optimierungsansätze es. So kam die EnergieAgentur.NRW durch den Einsatz von Smart-Data-Me- bereits im Jahr 2016 zu dem Schluss, thoden möglich. Ein Beispiel aus dem Vielfältiger Nutzen dass gezielte Maßnahmen eine Redu- Bereich der RZ-Kühlung macht das Bei einer Ausweitung und Integration zierung des Strombedarfs um 35 Pro- deutlich: Während Green-IT-Maßnah- der Datennutzung über den eigenen zent bewirken könnten. Mögliche Maß- men zur Kühleffizienz meist durch die Betriebsblick hinaus eröffnen sich wei- nahmen sind RZ-Konsolidierungen, Optimierung von Kaltgang- und Warm- tere Potenziale. Auch für Systemher- Virtualisierung und der Einsatz von gangtemperaturen realisiert werden, steller bieten RZ-Daten Entwicklungs- Cloud-Technologien. ist durch die Berücksichtigung realer und Servicepotenziale. Die in einem Betriebstemperaturen der IT-Systeme produktiven Rechenzentrum erzeug- eine weitere Dynamisierung möglich. ten Betriebsdaten können neben der Smarte Betriebsdaten Werden beispielsweise zusätzlich Sys- Bestimmung und Optimierung von Ser- Betriebsdaten in Rechenzentren wer- temtemperaturen von Servern, Spei- viceleistungen – Stichwort: Predictive den derzeit vor allem zur Bearbei- chersystemen oder Netzwerkkompo- Maintenance – auch dazu dienen, auf- tung von Störungen und der Steue- nenten erfasst und intelligent bewer- wendige Abschätzungen der Lebens- rung von Energieeffizienzmaßnah- tet, kann eine Kopplung zwischen Kühl- dauer mit Life-Daten zu verifizieren men genutzt. Im Zuge der Diskussio- technik und IT-Technik hergestellt wer- oder sogar zu ersetzen. Üblicherweise 16 Vitako aktuell 02|2021
Data Driven Government wird die Lebensdauer von Systemen anhand von ffizienzkennzahlen für Power Usage Effective E Klimakammerversuchen ermittelt. Die Nutzung ness zu einer erhöhten Transparenz der eines Rechenzentrums als Reallabor könnte dif- Betriebszustände. Mittelfristig kann die Steue- ferenziertere Risikoabschätzungen zu Gewähr- rungsfähigkeit der komplexen Betriebsführung leistungszusagen in Abhängigkeit von Betriebs durch intelligente Nutzung der Daten im Sinne profilen und E insatzumgebungen ermögli- einer Predictive Operation verbessert werden. chen. Das käme Systemherstellern ebenso wie Langfristig wären so selbstregulierende Steue- RZ-Betreibern zugute. Grundsätzlich können rungsmechanismen zwischen den Systemebe- durch den Einsatz smarter, algorithmenbasier- nen und Systemelementen des RZ denkbar. Auf ter Datenverarbeitungsmethoden Potenziale auf der Betriebsebene kann das zu einer Optimie- unterschiedlichen Handlungsebenen aufgezeigt rung und einem Paradigmenwechsel von Soft- werden. Das erlaubt die gezielte Optimierung ware-defined Anything (SDx) hin zu Self-de- ebenso wie die Sicherstellung der grundlegen- signed Architectures (SDA) führen. Doch das den und interdependenten Betriebsziele, die in geht nur gemeinsam: Die Prüfung der Mach- Form eines Ökonomiedreiecks durch die Krite- barkeit erweiterter Nutzungsansätze für den rien Effektivität/Effizienz, Stabilität und Dyna- Datenschatz der Rechenzentren macht einen mik gekennzeichnet sind. Zusammenschluss von RZ-Betreibern, Herstel- lern und Machine-Learning- beziehungsweise Algorithmic-Intelligence-Entwicklern erforder- Ressourcen bündeln lich. Für eine weitere Optimierung des „Ökosys- Smart Data, Machine Learning und algorithmi tems“ RZ sind Tests der Anwendungsszenarien ▲ Bernhard Barz ist bei sche Intelligenz bieten zahlreiche Vorteile in Realumgebungen notwendig. Dazu sollten regio iT im Bereich Tech- und Entwicklungsmöglichkeiten. Kurzfristig Kräfte und Ressourcen über Kooperationen und nisches Management und führt deren Anwendung zur Vorhersage von Verbände hinweg gebündelt werden. Prozess tätig. 02|2021 Vitako aktuell 17
Schwerpunkt Die Technik ist dem Denken voraus Studie des Nationalen E-Government Kompetenz- zentrums über Potenziale und Herausforderungen einer Datenorientierung im Kontext der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung Die öffentliche Verwaltung produziert kontinu- Einige der erarbeiteteten Thesen der Studie sind: ierlich Daten – die zunehmend auch digital ver- fügbar sind. Zur Erschließung der damit verbun- ▶ Verwaltungshandeln ist schon immer Daten- denen Effizienz- und Gestaltungspotenziale gibt verarbeitung, deren organisatorisches Gestal- es einige frühe Vorarbeiten der Verwaltungsin- tungspotenzial jedoch vom Stand der Technik, formatik. So prognostizierte Heinrich Reiner- von verfügbaren Kompetenzen sowie der Ver- mann bereits Mitte der 1980er-Jahre eine „Daten- waltungskultur abhängt. wirtschaft öffentlicher Verwaltungen“ und eine ▶ Die steigende Verfügbarkeit, Aktualität, Qua- entsprechende „kooperativ nutzbare Infrastruk- lität, Interoperabilität und maschinelle Verar- tur“ für das Verwaltungshandeln. beitungsfähigkeit vernetzter Datenbestände wird (insbesondere im Zusammenwirken mit In den letzten Jahren hat die Datenorientie- künstlicher Intelligenz) die Organisation der rung in der öffentlichen Verwaltung eine neue öffentlichen Aufgabenwahrnehmung nachhal- Aufmerksamkeit erhalten. Im Zusammenhang tig verändern. mit der Nutzung neuer Informationstechniken ▶ Die Erschließung der Potenziale einer daten haben die Datenmenge und Datenqualität zuge- zentrierten Verwaltungsinformatik erfor- nommen, was gleichzeitig auch neue Automati- dert mehr als die Beachtung von Prinzipien sierungsfantasien über die Anwendung für die wie „Once only“ oder „Digital first“. Im Kern öffentliche Leistungserbringung geweckt hat. geht es um das Neudenken der arbeitsteili- Dennoch hat die heutige Datenorientierung gen Zusammenarbeit aus der Perspektive der ▲ Stephan Löbel ist Initia einige neue Dimensionen aufzuweisen, deren angestrebten gesellschaftlichen Wirkungen, tor und Geschäftsführer Potenziale noch kaum erschlossen sind – poin- einschließlich der Berücksichtigung automa- des Stein-Hardenberg tiert lässt sich sagen: In den 1980er-Jahren war tisierbarer Prozesse. Instituts. das Denken der Technik und heute ist die Tech- ▶ Bei der Einführung von Algorithmen sollten nik dem Denken voraus. konkrete Anwendungsszenarien vorher genau durchgespielt und auf eine behutsame, eher partizipative Einführung gesetzt werden. Eine Neudenken der Zusammenarbeit sogenannte Vorfahrtsregel, wie „Human first“, Daher wurde in der Kurzstudie „Potenziale und verbessert die Akzeptanz in der Organisation Herausforderungen einer neuen Datenorien- und auch die Wirkung insgesamt. tierung im Kontext öffentlicher Aufgabenwahr- ▶ Politisch muss das Risiko berücksichtigt nehmung“ des Nationalen E-Gorvernment Kom- werden, dass eine Algorithmisierung in der petenzzentrums (NEGZ) aufgearbeitet, wo Mög- Praxis nicht zu mehr Aufgaben, mehr Re- lichkeiten und Chancen für eine Verbesserung gulierung, weitgehenderer Verhaltensbe- öffentlicher Aufgabenerledigung liegen und wel- einflussung und so weiter führt, weil eine che konkreten Verbesserungen im Kontext von entsprechend reflektive Gestaltung ausbleibt. Algorithmisierung möglich sind. Gleichzeitig Zusammenfassend: Algorithmen können we- wurde herausgearbeitet, wie mit Risiken in der der das Denken ersetzen, noch lösen sie d ie Verwaltungspraxis umgegangen werden kann. Menschen ab. 18 Vitako aktuell 02|2021
Data Driven Government Die einfachste Formel für guten Datenschutz: Man klammert die Unbekannten aus. Mit uns sind sensible Daten im digitalen Unterricht geschützt. Der Schutz der Daten von Schülerinnen und Schülern steht bei uns an hoher Stelle. Deshalb sind die Lösungen von Samsung Neues Lernen auf die hohen Sicherheitsansprüche digitaler Bildung ausgerichtet: • Geprüft gemäß DSGVO-Richtlinien • Geschützt durch die mobile Sicherheitsplattform Samsung Knox • Intuitiv bedienbar als Gesamtlösung aus Hard- und Software • Ausgestattet mit sicherem Zugang zu potenziell 110.000 Bildungsinhalten über Edupool Erfahren Sie mehr auf samsung.de/neueslernen 02|2021 Vitako aktuell 19
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