Gesundheit. Was zählt - Geschäftsbericht 2020 - Weitblick - Techniker ...

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Gesundheit. Was zählt - Geschäftsbericht 2020 - Weitblick - Techniker ...
Geschäftsbericht 2020

Gesundheit.
 Was zählt.

                Weitblick
                Wie die TK Innovationen
                vorantreibt

                Offenheit
                Neue Impulse für eine
                bessere Versorgung

                Mut
                Wie flexibles Arbeiten
                flexible Lösungen schafft
Gesundheit. Was zählt - Geschäftsbericht 2020 - Weitblick - Techniker ...
2 Geschäftsbericht 2020 – Editorial

        „Es ist entscheidend, mit
          welcher Haltung wir an
              Lösungen arbeiten.
         Weitblick, Offenheit und
          Mut spielen dabei eine
            entscheidende Rolle.“
                                      Dr. Jens Baas, Vorsitzender des Vorstands der TK
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                                                                  Was zählt, ist eine zentrale Frage in dieser
                                                          besonderen Zeit, in der es gilt, immer wieder die
                                                          eigenen Prioritäten zu reflektieren und zu fragen: Was
                                                          zählt für uns als TK, um unsere Versicherten innovativ
Liebe Leserinnen und Leser,                               und verlässlich zu versorgen und als verlässlicher
                                                          Partner an ihrer Seite zu stehen? Und auch: Was zählt
der TK-Geschäftsbericht blickt traditionell gleicherma-   für unser Gesundheitssystem? Wie können wir
ßen zurück wie in die Zukunft: Was prägte das hinter      bestehende Strukturen nachhaltig verbessern oder
uns liegende Jahr? Aber eben auch: Was bedeuten           sinnvoll reformieren?
diese Erfahrungen für vor uns liegende Entscheidun-
gen? Welche Lernchancen bringen sie mit?                          Aus Sicht der TK ist dabei entscheidend, wie
                                                          wir uns diesen Aufgaben nähern, mit welcher Haltung
         In diesem Jahr ist der Rückblick auf das Jahr    wir an Lösungen arbeiten. Weitblick, Offenheit und
2020 vor allem durch die Coronapandemie geprägt.          Mut spielen dabei eine entscheidende Rolle: Wir müssen
Sie hat das gesamte Gesundheitswesen vor enorme           weitsichtig sein und stets zukünftige Entwicklungen
Herausforderungen gestellt und wird es weiterhin tun.     im Blick haben, gleichzeitig aber mutig genug, schon
Gleichzeitig stehen wir kurz vor einer Bundestagswahl     heute Neues anzupacken – und manche Dinge einfach
und wissen, dass in der kommenden Legislaturperiode       auszuprobieren. Und wir müssen offen sein, verschie-
wichtige Entscheidungen für das Gesundheitswesen          dene Perspektiven einzunehmen. Wie wir das in der TK
getroffen werden müssen: Die weitere Gestaltung der       ganz konkret mit Leben füllen, zeigt unser Geschäfts-
Digitalisierung und eine zukunftsfähige wie faire         bericht 2020. Viel Freude bei der Lektüre!
Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung
sind nur zwei der anstehenden Herausforderungen.

                                                          Ihr Dr. Jens Baas
                                                          Vorsitzender des Vorstands
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4 Geschäftsbericht 2020

Inhalt

                           10                                                          22
     Weitblick                                                    Offenheit
Eine zukunftsbezogene Sicht ist gefragter denn je: Wie die   Im Gesundheitswesen sind innovative Ideen gefragt.
TK Innovationen vorantreibt und wo sie Weitsicht fordert.    Dafür braucht es Offenheit und eine Portion Neugierde.

12    Gesundheit zählt                                       24   Zukunft der Krankenhausversorgung
      Gesundheitspolitische Forderungen zur                       Warum Kliniken eine bedarfsgerechtere
      Bundestagswahl                                              Finanzierung brauchen

15    Gesundheit im Wahljahr: Prioritäten setzen             26   Der Weg zum „eRezept Deutschland“
      Kolumne von Dr. Jens Baas                                   Wie die TK das elektronische Rezept in
                                                                  die Versorgung bringt
16    Start der ePA
      Die nächsten Schritte zu einem digitalisierten         28   Neue Wege im Dialog
      Gesundheitswesen                                            Beim Thema Patientensicherheit hört
                                                                  die TK genau zu
18    Pflege mit Weitblick
      Wie Pflegende bei der Stress- und                      30   Patientennutzen muss in den Fokus
      Traumaprävention unterstützt werden                         Professor Dr. Gerd Glaeske zur Zukunft
                                                                  der Arzneimittelpreise
19    „Pflege muss stärker Teil der Gesellschaft werden“
      Interview mit dem Pflegebevollmächtigten               31   Push für digitalen Praxisbesuch
      der Bundesregierung                                         Die TK-OnlineSprechstunde bietet eine
                                                                  komplett digitale Fernbehandlung
20    Digitale Angebote
      Wie Versicherte in und nach der Pandemie vom           32   Kommunikation ist das A und O
      Onlineangebot profitieren                                   Wie sich der TK-Verwaltungsrat unter
                                                                  Pandemiebedingungen für die Versicherten einsetzt
21    Trotz Abstand jederzeit für die Versicherten da sein
      Kolumne von Thomas Ballast
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                                                                               Lieber digital?
                                                                               Unter tk.de/geschaeftsbericht

                           34
                                                                               finden Sie die digitale Ausgabe
                                                                               des TK-Geschäftsberichts.

                                                              Der Geschäftsbericht 2020 steht Ihnen auch
                                                              als PDF zum Download unter tk.de/presse zur
                                                              Verfügung.

     Mut
Immer häufiger sind flexible Lösungen gefragt. Dafür
braucht es die Entschlossenheit, „einfach mal zu machen“.

36   Schnelle Unterstützung für Unternehmen
     Wie der Firmenkundenservice kurzerhand sein
                                                                      2020 in Daten,
     Angebot umstellte                                                Fakten und Zahlen
38   Schutz in der Krise
     Ein Blick hinter die Kulissen im Team „Rettungsschirm“           Finanzen, Verwaltungsrat, die TK in Zahlen und
                                                                      weitere Meldungen des Jahres: So entwickelte
40   Vom Schreibtisch ins Pflegeheim                                  sich das Unternehmen im Geschäftsjahr 2020.
     Wie ein TK-Mitarbeiter in der Pandmie unterstützte
                                                                      48   Abnahmen
41   Flexibel sein und Verantwortung übernehmen
     Kolumne von Karen Walkenhorst                                    50   Die Finanzen der Krankenkasse

42   Gemeinsam gegen Cybermobbing                                     56   Die Finanzen der Pflegekasse
     Wie die TK Kinder und Jugendliche stark
     fürs Netz macht                                                  57   Mitglieder- und
                                                                           Versichertenentwicklung
44   Die Welt ein Stück besser machen
     Die Initiative Weltverbesserer macht sich für                    58   Kurz gemeldet
     Solidarität stark
                                                                      60   Die Techniker in Zahlen
45   „Alles, was man braucht, sind zwei Hände“
     Per App das Erste-Hilfe-Wissen auffrischen                       61   Der TK-Verwaltungsrat

                                                                      63   Impressum
Gesundheit. Was zählt - Geschäftsbericht 2020 - Weitblick - Techniker ...
6 Geschäftsbericht 2020 – Interview

                                        Was
                                       jetzt
                                       zählt
Gesundheit. Was zählt - Geschäftsbericht 2020 - Weitblick - Techniker ...
7

D
       ie Coronapandemie hat das                                                   Bedarf der Versicherten, ihre Anlie-
       Gesundheitswesen im zurück-                                                 gen digital zu regeln, nicht „kalt er-
       liegenden Jahr geprägt und                                                  wischt“ hat – im Gegenteil. Seit Jah-
tut es weiterhin. In diesem Jahr                                                   ren tragen wir mit unserem Service,
steht zudem die Bundestagswahl an.                                                 unserem Sinn für Innovationen und
Was zählt jetzt in dieser besonderen                                               unseren Leistungsangeboten den
Zeit für die TK und mit Blick auf die                                              veränderten Alltagsgewohnheiten
Gesundheitspolitik? Ein Gespräch                                                   und Bedürfnissen unserer Versicher-
mit dem Vorstand der TK: Dr. Jens                                                  ten Rechnung. Viele digitale Ange-
Baas, Thomas Ballast und Karen                Dr. Jens Baas ist Vorsitzender       bote, die im Pandemiealltag eine
Walkenhorst.                            des Vorstands der TK. In dieser Funktion   konkrete Unterstützung boten, gab
                                             ist der promovierte Arzt für die      es daher bei uns schon. Ein Beispiel
                                            Unternehmensbereiche Marke und
Das Jahr 2020 wird wohl als „Corona-       Marketing, Finanzen und Controlling,    ist unsere digitale Fernbehandlung.
Jahr“ in die Geschichte eingehen,       Informationstechnologie, Unternehmens-
2021 stehen dazu richtungsweisen-        entwicklung, Politik und Kommunikation            TK-Doc haben wir schon vor
                                           sowie Verwaltungsrat und Vorstand
de Wahlen an. Was zählt gerade in                     verantwortlich.              der Pandemie entwickelt und im ver-
Sachen Gesundheit?                                                                 gangenen Jahr zu einem komplett
Dr. Jens Baas Die Situation im Ge-                                                 digitalen Prozess ausgebaut, von der
sundheitswesen ist doppelt heraus-                                                 ärztlichen Behandlung per Video bis
fordernd: Einerseits gilt es weiter-                                               hin zum Ausstellen eines elektroni-
hin, die Pandemie und ihre Folgen so                                               schen Rezepts. So bot sich unseren
gut wie möglich zu managen. Dazu                                                   Versicherten schon zur ersten Welle
braucht es nicht nur gute Planung,                                                 der Pandemie eine echte Alternative
sondern es müssen viele Rädchen in-                                                zum klassischen Arztbesuch.
einandergreifen. Gleichzeitig stehen
jetzt viele zentrale Entscheidungen      Thomas Ballast ist stellvertretender      Bedeutet Krankenkasse ab der Pan-
an, um das Gesundheitswesen für         Vorsitzender des Vorstands der TK. Der     demie also in erster Linie „Kranken-
                                          Diplom-Volkswirt verantwortet im
die Zukunft aufzustellen. Die Pande-                                               kasse digital“ – für die Versicherten
                                        Unternehmen die Bereiche Service und
mie hat bestehende Schwachstellen       Kanäle, Versorgungsinnovation, Versor-     und für Ihre Mitarbeitenden?
noch einmal besonders deutlich wer-       gungssteuerung sowie Service und         Baas Nein. Es geht nicht darum,
                                                Business Management.
den lassen, sei es beim Stand der Di-                                              auf Biegen und Brechen alles zu digi-
gitalisierung oder auch bei den Ver-                                               talisieren. Die Pandemie hat dazu
sorgungsstrukturen mit unseren                                                     geführt, dass viele Versicherte digi-
harten Sektorengrenzen und teilwei-                                                tale Leistungen stärker nutzen, aber
se ausgeprägten regionalen Unter-                                                  uns war gleichzeitig auch in dieser
schieden. Die kommenden Jahre                                                      Zeit wichtig, persönlichen Austausch
werden also spannend – für die Ge-                                                 zu ermöglichen, wenn die Anliegen
sundheitspolitik, genauso wie für                                                  der Versicherten das erforderten.
das Gesundheitswesen als Ganzes.
                                                                                   Karen Walkenhorst Die Pandemie
                                         Karen Walkenhorst ist Mitglied des
Was heißt das für die TK?                Vorstands der TK. Die Diplom-Sozial-      hat uns mit Nachdruck vor Augen
Thomas Ballast Unsere wichtigste             wissenschaftlerin ist für den         geführt, wie schnell sich Rahmenbe-
                                           Unternehmensbereich Personal
Aufgabe ist und bleibt natürlich, un-                                              dingungen und Prioritäten in kürzes-
                                         verantwortlich. Außerdem ist Karen
sere mehr als 10,7 Millionen Versi-     Walkenhorst bei der TK für die Bereiche    ter Zeit ändern können. Dafür sind
cherten gut zu versorgen – und das        Mitgliedschaft und Beiträge sowie        die zahlreichen pandemiebezogenen
                                             Markt und Kunde zuständig.
zunehmend auch durch digitale An-                                                  Gesetzesinitiativen und Verordnun-
gebote. In der Pandemie hatten wir                                                 gen nur ein Beispiel. Viele hatten di-
als TK den entscheidenden Vorteil,                                                 rekte Auswirkungen auf die Arbeit
dass uns der enorm gestiegene                                                      unserer rund 14.000 Mitarbeitenden.
Gesundheit. Was zählt - Geschäftsbericht 2020 - Weitblick - Techniker ...
8 Geschäftsbericht 2020 – Interview

                     „Es ist keine Option, das Thema Veränderungen
                     und Innovationen auszusitzen.

                     Wir wollen den Wandel im deutschen Gesundheitswesen
                     aktiv mitgestalten und vorantreiben.“
                     Dr. Jens Baas, Vorsitzender des Vorstands der TK

                                                   Diese haben völlig neue Prozesse –
                                                   etwa für das Organisieren von Ret-
                                                   tungsschirmen – quasi über Nacht
                                                   umgesetzt. Starre Hierarchien und
                                                   Strukturen stoßen bei diesen Anfor-       Sicherheit. Hinzu kommt, dass wir
                                                   derungen schnell an ihre Grenzen.         auch nach der Pandemie stärker vir-
                                                   Rückblickend können wir sehr zufrie-      tuell und räumlich getrennt zusam-
                                                   den sein: Wir haben oft schnelle und      menarbeiten werden, als es vor Co-
                                                   kreative Lösungen gefunden, dabei         rona der Fall war. Umso wichtiger ist
                                                   haben sich unsere Mitarbeitenden          dabei eine offene, wertschätzende
                                                   gegenseitig flexibel und interdiszipli-   Kommunikation.
                                                   när unterstützt – in einigen Bereichen
                                                   ist das Arbeitsvolumen ja von heute       Ballast Uns als TK hat die Pande-
                                                   auf morgen stark angestiegen. Der         mie gezeigt, dass wir auf dem richti-
                                                   Blick geht aber auch nach vorn, denn      gen Weg sind. Aber ein „Schulter-
                                                   jede Krise ist eine Chance zu lernen.     klopfen“ bringt uns nicht weiter. Wir
                                                   Das gilt für Individuen wie auch für      haben als TK viele Impulse fürs Sys-
                                                   Unternehmen und natürlich auch für        tem gesetzt – von der elektroni-
                                                   das System als Ganzes.                    schen Patientenakte und der elekt-
                                                                                             ronischen Krankschreibung bis zum
                                                                                             elektronischen Rezept. Jetzt gilt es
                                                                                             aber, diese Ansätze zu verstetigen
                                                                                             und Skalierbarkeit zu ermöglichen.
„Auch nach der Pandemie werden wir stärker virtuell                                          Dafür brauchen wir eine flächende-
zusammenarbeiten. Umso wichtiger ist dabei eine                                              ckende, optimal vernetzte und be-
offene, wertschätzende Kommunikation.“                                                       lastbare digitale Infrastruktur. Hier
                                                                                             ist auch die Politik gefragt. Vernet-
Karen Walkenhorst, Mitglied des Vorstands der TK
                                                                                             zung sowie Datenqualität und -aktu-
                                                                                             alität sind nur einige Stichworte.
                                                                                             Denn auch das hat die Coronapande-
                                                   Welche „Learnings“ lassen sich            mie gezeigt: In Sachen strukturierter
                                                   denn aus der Pandemie ziehen?             Gesundheitsdaten ist in Deutschland
                                                   Walkenhorst Wir müssen noch wei-          noch Luft nach oben, hier sind lang-
                                                   ter weg von festen Strukturen und         fristige Lösungen gefragt.
                                                   gedanklichen „Planquadraten“ hin zu
                                                   einer flexiblen Arbeitsorganisation.
                                                   Das macht den Arbeitsalltag nicht
                                                   unbedingt einfacher, denn Struktu-
                                                   ren geben natürlich Halt und
Gesundheit. Was zählt - Geschäftsbericht 2020 - Weitblick - Techniker ...
9

Inwiefern lässt eine akute Pande-         was sich in Sachen Innovationen tut.
miesituation politischen Weitblick        Das ist die Grundlage, um innovative
überhaupt zu?                             Impulse zu setzen. Dazu gehört auch,
Baas Die Pandemie hat – nicht nur         Neues auszuprobieren. Das funktio-
die Politik, sondern die allermeisten     niert natürlich nur in einer Unterneh-
von uns – dazu gezwungen, sich zu-        menskultur, die Neugier und Innovati-
nächst einmal um das Akute zu küm-        onsgeist fördert.
mern. Es ging darum, die aktuellsten
Baustellen zu bearbeiten und dabei        Baas Mut und Offenheit genau in
rasch Entscheidungen zu treffen.          diesem Sinne braucht es auch mit
Doch auch in einer solchen Situation      Blick auf die gesamte GKV. Wir als
darf man das große Ganze nicht aus        Krankenkasse sind nicht gut beraten,
den Augen verlieren. In der Gesund-       uns auf dem gesetzlich definierten
heitspolitik stehen in der kommen-        Status auszuruhen. Denn das Thema
den Legislaturperiode gleich mehre-       Gesundheit ist für internationale Un-
re Themen an, die langfristig für die     ternehmen ein sehr attraktiver Markt.
Zukunftsfähigkeit des Systems sor-        Auch deshalb ist es keine Option, das
gen. Dazu gehört neben der weite-         Thema Veränderungen und Innovatio-
ren Gestaltung der digitalen Trans-       nen auszusitzen. Wir wollen den Wan-
formation auch ganz dringend, die         del im deutschen Gesundheitswesen
Finanzen der gesetzlichen Kranken-        aktiv mitgestalten und vorantreiben.
versicherung für die Zukunft aufzu-
stellen. Dafür braucht es echte
Strukturreformen und wir müssen es        „Erfolgreich sind wir dabei nur, wenn wir genau
schaffen, das System effizienter zu
gestalten. Doppelt durchgeführte
                                          hinhören, was unsere Versicherten bewegt, um
Untersuchungen oder unnötige Ope-         ihnen mit unseren Leistungen einen konkreten
rationen sind hier nur zwei Beispiele.    Mehrwert zu bieten.“
                                          Thomas Ballast, stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der TK
Dieser Geschäftsbericht steht auch
unter den Schlagworten Mut und
Offenheit. Ist es für eine Kranken-                                Was bedeutet das denn konkret für die TK-Versicherten?
kasse und Körperschaft öffentli-                                   Ballast Unsere Versicherten können sich darauf verlas-
chen Rechts nicht in erster Linie                                  sen, dass wir auch weiterhin hart daran arbeiten, zu defi-
wichtig, dafür zu sorgen, dass Pro-                                nieren, was eine wirklich gute Krankenkasse ausmacht.
zesse reibungslos funktionieren,                                   Erfolgreich sind wir dabei nur, wenn wir genau hinhören,
statt sich Experimente zu leisten?                                 was unsere Versicherten bewegt, um ihnen mit unseren
Walkenhorst Natürlich müssen Pro-                                  Leistungen und unserem Service einen konkreten Mehr-
zesse – wie in der Pandemie beispiels-                             wert zu bieten.
weise das Auszahlen von Kinderkran-
kengeld – reibungslos funktionieren,                                       Dazu gehört beispielsweise auch, dass wir einen
keine Frage. Das kann aber nur der                                 eigenen Beauftragten für Patientensicherheit haben und
Minimalanspruch an eine Krankenkas-                                unsere Versicherten dabei unterstützen, ihre digitale Ge-
se sein. Wir haben mehr als 10,7 Milli-                            sundheitskompetenz auszubauen. Und unser Blick endet
onen Versicherte, deren Alltag und                                 nicht am sprichwörtlichen Tellerrand. Deshalb setzen wir
Bedürfnisse sich permanent ändern.                                 uns zum Beispiel auch dafür ein, das Thema Nachhaltig-
Unsere Mitarbeitenden sind immer                                   keit im Gesundheitswesen zu verankern, das einen immer
nah dran, stehen in Kontakt zu unse-                               bedeutenderen Faktor für die Gesundheit und unsere
ren Versicherten und beobachten,                                   Ressourcen darstellt.
Gesundheit. Was zählt - Geschäftsbericht 2020 - Weitblick - Techniker ...
7 von 10
Menschen in Deutschland sehen laut einer Umfrage der TK
                                                                    4,13                           Millionen Pflegebedürf-
                                                                                                   tige gibt es in Deutsch-
                                                                                                   land – Tendenz steigend.

an einigen Stellen des Gesundheitssystems Reformbedarf.             Wie wird die Pflege zukunftsfähig und welche Möglichkei-
Mehr Ergebnisse des TK-Meinungspuls und welche Schwer-              ten bietet die Digitalisierung? Antworten von Andreas
punkte die Gesundheitspolitik künftig setzen sollte, auf den        Westerfellhaus, dem Pflegebevollmächtigten der
Seiten 12 bis 15.                                                   Bundesregierung, auf Seite 18.

100.000
                                                      Nutzerinnen und Nutzer hatte die elektronische Patientenakte (ePA)
                                                      der TK bereits im Frühjahr 2021, rund drei Monate nach ihrem Start.
                                                      Mehr zu den Funktionen von TK-Safe und zu der Frage, was die
                                                      nächsten Schritte sind, damit sich die ePA im Gesundheitswesen
                                                      etabliert, auf den Seiten 16 und 17.
Weitblick
Weit·blick
/vaitblk, Weítblick/
Substantiv,
maskulin [der]

Fähigkeit,
vorauszublicken,
frühzeitig künftige
Entwicklungen und
Anforderungen zu
erkennen und richtig
einzuschätzen
12 Geschäftsbericht 2020 – Gesundheitspolitik

                                                Gesundheit
                                                     zählt
                                                       Text Kerstin Grießmeier
13

     Zwischen Pandemie und
          Wahljahr: Selten war
                                          Und wir brauchen weiterhin Tempo in der Digitalisierung,
 Gesundheitspolitik so sehr               aktuellere Dokumentationsdaten und digitale Prozesse
                                          als Standard statt als Ausnahme. Wichtig ist auch flä-
   im Fokus der öffentlichen
                                          chendeckend eine bessere Netzqualität.
Debatte wie heute. Aus Sicht
                                          Vernetzt (&) besser versorgen
   der TK gilt es jetzt, unser
 Gesundheitssystem für die                Wir brauchen dringend eine Reform der Notfallversor-
                                          gung. Dabei müssen auch digitale Angebote und Fernbe-
   Zukunft aufzustellen und               handlungen als Bestandteil des Notfallmanagements ein-
    Themen wie die Digitali-              gesetzt werden. Grundsätzlich gilt es, analoge und
                                          digitale Versorgung gemeinsam zu denken.
  sierung in Gesundheit und
   Pflege, die GKV-Finanzie-                     Die Nachfrage nach digitalen Angeboten ist in
                                          den vergangenen Jahren rasant gestiegen und hat mit
 rung und die Verbesserung                der Pandemie weiter zugenommen. Jetzt gilt es, diese
der Krankenhausstrukturen,                durchdacht breit zu verankern. Digitale Behandlungsket-
                                          ten können die Versorgung verbessern – sie müssen an-
aber auch die Patientensou-               gemessen im Sozialgesetzbuch abgebildet werden. Apps
                                          auf Rezept sind ein guter Anfang. Jetzt müssen sie wei-
veränität und Nachhaltigkeit
                                          terentwickelt werden, dazu gehört auch eine faire
   deutlich voranzubringen.               Preisgestaltung.

         Worauf es ankommt,
           zeigt die TK in ihren
      gesundheitspolitischen
 Forderungen – aufgeteilt in
sieben Themencluster – zur
         Bundestagswahl auf.
                                                                                 Gesundheitspolitik im Fokus:
                                                                                   Es gilt jetzt, Themen wie
                                                                                  Digitalisierung und Pflege
                                                                                       voranzubringen.

  Digitalisierung

  Für die digitale Transformation des
  Gesundheitssystems stehen jetzt
  wichtige Weichenstellungen für das
  kommende Jahrzehnt an – sie ent-
  scheiden, ob die Digitalisierung Her-
  ausforderung oder Chance wird. Wich-
  tige Schritte sind aus TK-Sicht, dass
  die elektronische Patientenakte zum
  digitalen Herzstück der Versorgung
  wird. Zudem brauchen wir einen zeit-
  gemäßen Umgang mit Daten, der Pa-
  tientinnen und Patienten Chancen auf
  eine bessere Versorgung eröffnet.
14 Geschäftsbericht 2020 – Gesundheitspolitik

Zukunft der Pflege – Pflege der Zukunft                                        Dabei sind starre Sektorengrenzen hinderlich: In
                                                                       strukturschwachen Regionen sollten sektorenübergrei-
Immer mehr Menschen benötigen immer komplexere Pfle-                   fende Konzepte zum festen Teil der Versorgung werden –
ge. Das macht die langfristige Finanzierung von Pflege und             zum Beispiel durch Regionale Gesundheitszentren (RGZ),
die Unterstützung von Pflegekräften und pflegenden An-                 die Angebote der stationären und der ambulanten Ver-
gehörigen zu zentralen Zukunftsfragen. Deshalb braucht                 sorgung bündeln. Zudem muss auch in den Kliniken die
die soziale Pflegeversicherung eine Reform, welche die fi-             Digitalisierung konsequent weitergehen.
nanziellen Lasten auf viele Schultern verteilt.
                                                                       Finanzierung und Wettbewerb
        Zudem muss die Arbeit in der Pflege für Pflege-
kräfte attraktiver werden – aber auch pflegende Angehö-                Die Finanzierung von Gesundheit zukunftssicher aufzustel-
rige müssen ganz gezielt entlastet werden, denn sie leis-              len, wird zur Kernaufgabe in der kommenden Legislaturperi-
ten nach wie vor einen großen Teil der Pflege. Dafür                   ode, denn die Kosten für Gesundheit steigen stetig. Dabei
müssen wir auch die Chancen der Digitalisierung für die                bedarf es langfristiger Lösungen statt punktueller Maßnah-
Pflege nutzen.                                                         men. Das Gesundheitssystem muss effizienter werden, zu-
                                                                       dem sind Strukturreformen unumgänglich. Außerdem
Krankenhausstruktur modernisieren                                      braucht eine zeitgemäße GKV-Finanzierung einen dynami-
                                                                       schen Steuerzuschuss, der sowohl versicherungsfremde
Eine zeitgemäße Krankenhausstruktur ist ein Schlüssel-                 Leistungen als auch Pandemiefolgen berücksichtigt. Und:
faktor für die Versorgung der Menschen in Deutschland.                 Ein fairer Wettbewerb ist eine Grundvoraussetzung für
Dazu gehört auch, ihre Finanzierung weiterzudenken.                    eine zukunftssichere Finanzierung. Dafür ist ein Ende der
Beim Thema Krankenhausfinanzierung müssen sowohl                       Aufsichtsvielfalt notwendig, denn: Noch immer sind in
der Aspekt Qualität als auch die Gegebenheiten vor Ort                 Deutschland 17 unterschiedliche Behörden mit dieser
berücksichtigt werden.                                                 Aufgabe betraut.

Nachgefragt zum Gesundheitssystem
Wie sehen die Menschen in Deutschland ihr Gesundheitssystem? Das erfragt der TK-Meinungspuls seit fast 20 Jahren.
2021 standen neben der Digitalisierung unter anderem auch die Themen Pflege und Notfallversorgung auf der Agenda
der aktuellen repräsentativen Erhebung. Befragt wurden 2.001 Personen ab 18 Jahren im Januar 2021.

     70 %
  sehen an einigen Stellen des Gesundheits-
                                                   Krankenhauslandschaft: Das
                                                   Prinzip Spezialisierung für mehr
                                                   Qualität und weniger Kosten
                                                   findet bei einer Mehrheit (53
  systems Reformbedarf. 20 Prozent wollen,         Prozent) der Befragten Zustim-
   dass alles bleibt, wie es ist, zehn Prozent     mung, auch wenn das längere
 plädieren für umfassende und grundlegende
                Veränderungen.
                                                   Anfahrtswege bedeutet.                      89 Prozent der Menschen in Deutschland
                                                                                                 rechnen damit, dass die Beiträge zur
                                                                                                  gesetzlichen Krankenversicherung

                                                      68 %
                                                                                               zukünftig eher steigen. 8 Prozent rechnen
                                                                                                             mit Stabilität.
  Nur 16 Prozent sind die „Apps
  auf Rezept“ bereits ein Begriff –
  aber 41 Prozent halten es für                                                               Die Mehrheit (58 Prozent) geht
                                                 der Menschen in Deutschland könnten sich
  wahrscheinlich, diese zu nutzen.                                                            davon aus, dass die Digitalisierung
                                                   vorstellen, im medizinischen Notfall per
                                                 Videosprechstunde Kontakt zur Ärztin oder    hilft, die Herausforderungen in der
                                                            zum Arzt aufzunehmen.             Pflege zu lösen.
15

Versorgungsinnovationen

Innovationen sind ein zentraler Faktor
für eine bessere Versorgung. Damit
sie zielgerichtet bei Patientinnen und
Patienten ankommen, müssen sie fair
finanziert werden – und optimal auf
deren Bedürfnisse ausgerichtet sein.                       Dr. Jens Baas ist Vorsitzender des Vorstands der TK.

So sind beispielsweise innovative Arz-

                                          Gesundheit im Wahljahr:
neimittel für viele, teils schwerkranke
Menschen eine enorme Chance. Es ist
eine wichtige Aufgabe der Politik, da-
für zu sorgen, dass sie auch zu einem
fairen Preis zugänglich sind. Zudem
brauchen Krankenkassen bessere
                                          Prioritäten setzen
                                          G
Möglichkeiten, Innovation im Sinne ih-          esundheit zählt – das ist ein ebenso einfaches wie zentrales Fazit
rer Versicherten mitzugestalten, statt          aus der Pandemie, die uns alle seit März 2020 in Atem hält. Dieses
nur die Rechnung zu bezahlen. Und:              Fazit bedeutet auch, dass wir unser Gesundheitssystem so aufstel-
Aus TK-Sicht sollten auch Apotheken       len müssen, dass es angesichts künftiger Herausforderungen nicht nur
digitale Versorgungsmodelle               bestehen kann, sondern weiterhin den weltweiten Vergleich nicht zu
entwickeln.                               scheuen braucht. In Sachen Gesundheit ist im Wahljahr 2021 die Politik
                                          also gefragt wie lange nicht mehr.
Patientensouveränität und
Prävention
                                          „Gleichsam entscheidend wird sein, die
Souveräne Entscheidungen von              Finanzierung unseres Gesundheitssystems
Patientinnen und Patienten sind
                                          zukunftssicher aufzustellen.“
eine Grundlage für eine gute Ge-
sundheitsversorgung – und benöti-
gen die richtigen Rahmenbedingun-                In der auslaufenden Legislaturperiode wurden vor allem beim
gen: Transparenz, Kompetenz und           Thema Digitalisierung schon viele Impulse gesetzt. Hier darf eine zu-
Mitbestimmung. Dazu gehört bei-           künftige Gesundheitspolitik nicht nachlassen, sondern muss das Begon-
spielsweise, die digitale Gesund-         nene konsequent fortsetzen und dafür sorgen, dass sinnvoll vernetzte,
heitskompetenz zu fördern. Sie kann       belastbare Strukturen entstehen, von denen alle Menschen in Deutsch-
einen wichtigen Beitrag leisten, dass     land profitieren. Nicht zuletzt die Pandemie hat gezeigt, wie entschei-
die digitale Transformation im Ge-        dend funktionierende digitale Prozesse sind.
sundheitssystem gelingt.
                                                  Gleichsam entscheidend wird sein, die Finanzierung unseres Ge-
        Wichtig ist auch, zeitgemäße      sundheitssystems zukunftssicher aufzustellen. Das gelingt nur, wenn wir
Mitbestimmungsmöglichkeiten wie           systematisch Effizienzreserven heben, von denen unser Gesundheitswe-
die Online-Option bei den Sozialwah-      sen noch immer viel zu viele aufweist. Außerdem bedarf es echter Struk-
len zu etablieren – und Menschen zu       turreformen, die etwa dafür sorgen, dass unsere Krankenhauslandschaft
unterstützen, die möglicherweise          bedarfsgerechter und qualitätsorientierter gestaltet wird. Für die Politik
von Behandlungsfehlern betroffen          gibt es also viel zu tun in den kommenden Jahren.
sind. Aus TK-Sicht ist es zudem an
der Zeit, endlich das Thema Nach-                 Das gilt auch für uns, denn wir als TK haben den Anspruch, die
haltigkeit in der GKV-Welt fest zu        Versorgung unserer mehr als 10,7 Millionen Versicherten mitzugestalten
verankern.                                und weiterzuentwickeln. Deshalb bringen wir uns als Impulsgeber aktiv
                                          ein: Unsere gesundheitspolitischen Forderungen zeigen einerseits, wo
       Mehr Informationen zu den          konkreter politischer Handlungsbedarf besteht. Sie eröffnen anderer-
einzelnen gesundheitspolitischen          seits eine Perspektive auf ein noch besseres Gesundheitssystem, das
Forderungen gibt es im Internet unter     nicht nur innovativ und nachhaltig finanziert, sondern auch effizient or-
tk.de/bundestagswahl                      ganisiert ist und die Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt stellt.
16 Geschäftsbericht 2020 – Elektronische Patientenakte

Gestartet,
um abzuheben
Text und Interview Silvia Wirth

A
       m 1. Januar 2021 ist die elek-              Klar ist: Der Start der ePA ist
       tronische Patientenakte (ePA)      nur der allererste Schritt auf der Reise
       bundesweit gestartet. TK-Versi-    in ein digitalisiertes Gesundheitswe-
cherte kennen die Akte schon seit Mai     sen. Jetzt beginnt erst die eigentliche

                                                                                               3/4
2019. Denn der digitale Datentresor       Entwicklung der Akte. Das Fundament
TK-Safe ermöglicht es Versicherten        der ePA auf Seiten der Krankenkas-
bereits seit über zwei Jahren, ihre Ge-   sen ist gesetzt. Die ePA kann jedoch
sundheits- und Krankheitsdaten struk-     erst das volle Potenzial für die medi-
turiert und übersichtlich an einem Ort    zinische Behandlung von Patientinnen          der TK-Safe-Nutzerinnen und -Nutzer
                                                                                          sind zwischen 26 und 59 Jahre alt.
zu speichern und zu managen.              und Patienten entfalten, wenn alle
                                                                                        15 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer
                                          anderen Akteure im Gesundheitswe-                     sind älter als 60 Jahre.
        „Unsere Versicherten profi-       sen sich anschließen: Arztpraxen,                     (Stand: Februar 2021)
tieren davon, dass wir seit 2016          Krankenhäuser, Apotheken, Thera-
Know-how in der Entwicklung der           peutinnen – alle, die in die Behand-
elektronischen Patientenakte sam-         lung von Patienten involviert sind.
meln konnten“, sagt Sandra Hoyer,                                                    Versicherten Schritt für Schritt wei-
Projektleiterin von TK-Safe. „Die He-     Gesundheit weiterdenken                    ter auszubauen. „Wir arbeiten daran,
rausforderung besteht darin, die ho-                                                 dass die ePA das zentrale Gesund-
hen Datenschutzbestimmungen zu            Das Ziel ist, dass Versicherte ihre        heitstool für unsere Versicherten
vereinbaren mit einer intuitiven Be-      Gesundheit in Zukunft genauso kom-         wird. Arzttermine vorbereiten, Medi-
dienung, wie Nutzerinnen und Nut-         fortabel am Smartphone regeln kön-         kationspläne erstellen und automati-
zer sie von kommerziellen Apps ge-        nen wie Einkaufen oder Banking. Für        siert Wechselwirkungen und Unver-
wohnt sind.“ Dass das gelungen ist,       den Erfolg der ePA ist es deshalb          träglichkeiten anzeigen lassen, aber
zeigt die positive Resonanz: Bereits      wichtig, vorauszuschauen, die tech-        auch der digitale Impfpass mit indi-
in den ersten drei Monaten hat            nischen Schnittstellen für die Anbin-      viduellen Impfempfehlungen – das
TK-Safe die Marke der 100.000 Nut-        dung weiterer Services zu schaffen         soll zukünftig alles über eine App
zerinnen und Nutzer geknackt.             und die Funktionen für die                 laufen“, so Hoyer.
17

                                                                                      Dr. Susanne Ozegowski
                                                                                       und Daniel Cardinal:
                                                                                       Wie sieht die Zukunft
                                                                                            der ePA aus?

Nutzerfreundlichkeit muss im Fokus stehen

M
        it der ePA ist ein wichtiger        helfen, müssen sie mit technologischer       50.000 Nutzerinnen und Nutzer. Das
        Meilenstein für die Digitalisie-    Unterstützung übersetzt werden – nur         zeigt uns: Die Versicherten haben ein
        rung des deutschen Gesund-          so können Versicherte individuell zu-        deutliches Interesse daran, Transpa-
heitssystems gelegt. Dr. Susanne            geschnitten behandelt werden.                renz über ihre Daten zu bekommen.
Ozegowski, Leiterin des Geschäftsbe-                                                     Der Erfolg täuscht aber nicht darüber
reichs Unternehmensentwicklung,             Vernetzung ist das Stichwort. Wa-            hinweg, dass wir in einigen Punkten
und Daniel Cardinal, Leiter des Ge-         rum ist dieser Aspekt so zentral?            bei den technischen Vorgaben drin-
schäftsbereichs Versorgungsinnovati-        Ozegowski Die Vernetzung der Leis-           gend Verbesserungen brauchen.
on, blicken in die Zukunft. Was sind        tungserbringer ist das Herzstück der
die nächsten Schritte?                      Digitalisierung des Gesundheitssys-          Worum geht es hier konkret?
                                            tems. Die Telematikinfrastruktur er-         Ozegowski Die ePA muss in der Be-
Warum ist es so wichtig, dass die           möglicht, dass Ärztinnen und Ärzte           dienung nutzerfreundlicher werden.
ePA eingeführt wurde?                       untereinander Informationen austau-          Der Registrierungsprozess ist unnötig
Daniel Cardinal Wenn mehr Infor-            schen, aber auch Versicherte ihre Be-        kompliziert. Wir sehen, dass die Akten
mationen eines Versicherten vorlie-         handlungsdaten direkt in ihre ePA ge-        in anderen Ländern – trotz gleicher
gen, hilft dies, schneller und erfolgrei-   laden bekommen können.                       Datenschutzvorschriften – für die
cher zu behandeln. Allerdings haben                                                      Nutzerinnen und Nutzer deutlich
wir heute keinen zentralen Ablageort        Cardinal Doch die ePA wird sich              komfortabler gestaltet sind. Daten-
für wichtige medizinische Dokumente.        langfristig nur etablieren, wenn der         schutz hat Priorität, aber die Benut-
Das führt leider dazu, dass bei einem       Datenaustausch funktioniert und              zerfreundlichkeit darf darüber nicht
Arztwechsel oder einer Überweisung          möglichst viele Praxen und Kranken-          vergessen werden.
zu einer Fachärztin Untersuchungen          häuser angebunden sind. Wir dürfen
oftmals wiederholt werden müssen.           hier keine Zeit verlieren! Die Kranken-      Cardinal Benutzerfreundlich heißt
                                            kassen haben mit der Bereitstellung          aus unserer Sicht auch, dass es nicht
Dr. Susanne Ozegowski Daten sind            der ePA das Fundament geschaffen.            für jede einzelne Anwendung eine ei-
der Schlüssel für eine neue Qualität in     Jetzt müssen sich sämtliche Akteure          gene App gibt. Wir haben ja bereits die
der Medizin. Weltweit werden jeden          im Gesundheitswesen anschließen –            Krankenkassen-Apps. Sie ermöglichen
Tag so viele neue Forschungsergebnis-       allen voran die Ärztinnen und Ärzte.         grundsätzlich den Zugang zu einer
se publiziert, dass dies kein einzelner                                                  einheitlichen Basisinfrastruktur, auf
Spezialist mehr überblicken kann. Da-       Nehmen die Versicherten die Akte an?         die alle Versicherten Anspruch haben
mit diese Ergebnisse bei der Diagnos-       Cardinal Unsere ePA TK-Safe hatte            und wo die Versicherten über die Da-
tik und Therapie von Krankheiten            bereits im ersten Monat mehr als             tennutzung entscheiden können.
18 Geschäftsbericht 2020 – Zukunft der Pflege

Pflege mit
Weitblick
Text und Interview Laura Hassinger

E
      ine fürsorgliche Pflege durch ge-     schon seelisch herausfordernd. Kein         haben, kann schon helfen“, sagt
      schulte Fachkräfte, die aufmerk-      Wunder, dass selbst bei größtem             Christian Hannig, Diplompsychologe
      sam sind und sich Zeit für ihre       Idealismus der Gedanke wächst: Wa-          am UKE und Mitglied der Projekt-
Patientinnen und Patienten nehmen –         rum tue ich mir das eigentlich an?          gruppe „Stress- und Traumapräven-
gerade im Notfall und bei schweren          Deshalb ist es so wichtig, die Ge-          tion“. „Ich merke, dass wir im Kollegi-
Erkrankungen ist das unverzichtbar.         sundheit der motivierten, aber stark        um mehr aufeinander achten und
Doch gut pflegen kann nur, wer auf          geforderten Pflegekräfte dauerhaft          schneller merken, wenn sich jemand
sich selbst achtgibt. Im Klinikalltag ist   gezielt zu unterstützen.“                   psychisch belastet fühlt“, berichtet
das oft herausfordernd. Schwer kran-
ke oder sterbende Patientinnen und
Patienten, emotional aufgebrachte
Angehörige und Übergriffe auf das                  „Ich merke, dass wir im Kollegium mehr
Klinikpersonal gehen auch an erfahre-
                                                  aufeinander achten und schneller merken,
nen Pflegenden nicht spurlos vorbei.
                                                  wenn sich jemand psychisch belastet fühlt.“
        Um die psychische Belastung                                  Sonja Zotz, Krankenpflegerin am UKE
der Mitarbeitenden aufzufangen, hat
die AG Stress und Trauma der Klinik
für Psychiatrie und Psychotherapie im
Universitätsklinikum Hamburg-Ep-            Über Belastendes sprechen                   Krankenpflegerin Sonja Zotz aus der
pendorf (UKE) das Projekt „Stress-                                                      Zentralen Notaufnahme des UKE.
und Traumaprävention für UKE-Be-            In dem Projekt werden die Mitarbei-         „Dadurch hat sich unsere gesamte
schäftigte“ ins Leben gerufen. Es ist       tenden dafür sensibilisiert, stressige      Teamkultur positiv gewandelt.“ Mitt-
eines von vier Gesundheitsprojekten         und traumatische Situationen zu er-         lerweile lassen sich auch Ärztinnen
für die Belegschaft, die seit 2019          kennen und damit umzugehen. Sie             und Ärzte am UKE zu kollegialen Be-
von der TK gefördert werden. Thomas         lernen, zeitnah darüber zu sprechen,        raterinnen und Beratern weiterbil-
Holm aus dem Gesundheitsmanage-             wenn sie etwas Belastendes erlebt           den. Das stärkt das Miteinander der
ment der TK erklärt: „Die Anzahl der        haben. Als Vertrauenspersonen ste-          verschiedenen Berufsgruppen. Tho-
zu betreuenden Patientinnen und             hen ihnen andere Mitarbeitende zur          mas Holm erzählt, dass andere Klini-
Patienten wächst kontinuierlich, das        Seite, die sich innerhalb des Projekts      ken bereits bei der TK angefragt ha-
Stresslevel steigt. Dabei ist gerade        als kollegiale Beraterinnen und Bera-       ben, ob sie das Projektkonzept
die Arbeit in der Notaufnahme und           ter ausbilden lassen. „Allein das Wis-      übernehmen können. Seine Antwort:
auf den Intensivstationen ohnehin           sen, ein solches Auffangnetz zu             „Man kann nicht nur, man sollte!“
19

                                                               Und wie steht es um die Digitalisierung in der
                                                               professionellen Pflege?
                                                               Westerfellhaus Vor allem in der Langzeitpflege ist von
                                                               Digitalisierung leider häufig noch zu wenig zu spüren. Da-
                                                               bei könnten Pflegekräfte viel mehr ihrer Zeit mit der Pflege
                                                               der Menschen statt mit unnötigem Papierkram verbringen.
                                                               Dazu braucht es einfache und sinnvolle Anwendungen,
                                                               etwa für Anträge und Dokumentationen, die Pflegekräfte
                                                               und Pflegebedürftige überzeugen. Eine Voraussetzung ist
                                                               natürlich, Pflegeeinrichtungen schnell und flächendeckend
                                                               an die Telematikinfrastruktur anzubinden.
                               Andreas Westerfellhaus
                            ist Pflegebevollmächtigter der     Welche Aufgaben erwarten eine neue Bundesregierung
                           Bundesregierung. Er tritt für die
                                                               bei der Gestaltung der Pflegepolitik?
                          Interessen der Pflegebedürftigen
                                im politischen Raum ein.       Westerfellhaus Es gilt, die bereits beschlossenen Maß-
                                                               nahmen konsequent umzusetzen: ein Personalbemessungs-
                                                               verfahren in der stationären Pflege einführen, pflegeferne
                                                               Tätigkeiten durch das Neuausrichten der interprofessionel-
                                                               len Zusammenarbeit entlasten sowie die Pflege durch den
                                                                           stärkeren Einsatz digitaler Medien entbürokrati-
                                                                           sieren. Erst wenn ein Umfeld geschaffen ist, in
„Pflege muss stärker Teil                                                  dem Pflegekräfte wieder gerne arbeiten, werden
                                                                           Teilzeitkräfte aufstocken und Schulabgänger

der Gesellschaft werden“                                                   sich für einen Pflegeberuf entscheiden. Und
                                                                           Pflege muss stärker ein normaler Teil unserer
                                                                           Gesellschaft werden. Einrichtungen der Lang-

D
      ie Gestaltung der Pflege ist eines der wichtigsten       zeitpflege sollten in die Angebote der Kommunen eingebun-
      Zukunftsthemen. Was muss sich verändern und              den und ehrenamtliche Mitarbeit gefördert werden.
      welche Rolle spielen digitale Angebote? Ein Ge-
spräch mit Andreas Westerfellhaus, dem Pflegebevoll-                    Aber auch Pflegehaushalte brauchen zielgerichte-
mächtigten der Bundesregierung.                                te Hilfe, etwa durch die Umsetzung eines flexibel einsetz-
                                                               baren Entlastungsbudgets. Damit könnten individuelle
Herr Westerfellhaus, Sie waren selbst aktiv in der Pfle-       Pflegearrangements passgenau gestaltet und mit profes-
ge und haben Pflegende ausgebildet. Inwiefern haben            sionellen oder ehrenamtlichen Angeboten vernetzt wer-
sich die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen gewandelt?          den, so wie viele Pflegebedürftige es sich wünschen.
Andreas Westerfellhaus Die meisten Pflegebedürfti-
gen wollen möglichst lange selbstbestimmt in den eige-
nen vier Wänden leben – das war schon früher so und ist
es heute noch. Verändert hat sich natürlich die Lebenssi-
tuation, vor allem der älteren Pflegebedürftigen, da es           TK-PflegeKompakt
kaum noch Mehrgenerationenhaushalte gibt oder die An-
gehörigen nicht mehr nahe genug wohnen, um selbst zu              Rund drei Viertel der Pflegebedürftigen in Deutsch-
pflegen. Umso wichtiger sind ambulante Angebote und               land werden zu Hause versorgt. Oft sind ihre Ange-
digitale Unterstützung.                                           hörigen berufstätig oder haben aufgrund der Pflege
                                                                  wenig Zeit, sich Fachwissen anzueignen. Doch wer
Der Markt der Smart Home-Lösungen für die häusliche               gut informiert ist, fühlt sich sicherer und kann mit
Pflege wächst. Wie schätzen Sie das Potenzial ein?                der Pflegesituation besser umgehen. Daher haben
Westerfellhaus Digitale Helfer wie Sturzerkennungs-               die TK und Vilua Healthcare im Austausch mit pfle-
sensoren, Abschaltsysteme für Haushaltsgeräte oder                genden Angehörigen und Pflegebedürftigen die App
smarte Notrufsysteme können Angehörigen die Pflege                TK-PflegeKompakt entwickelt. Sie bündelt alle wich-
erleichtern und den Betroffenen mehr Sicherheit im All-           tigen Infos und Angebote der TK – vom Online-Pfle-
tag geben. Dieses Entlastungspotenzial ist enorm und              geantrag bis zur Pflegekurssuche.
muss viel mehr ausgeschöpft werden.
20 Geschäftsbericht 2020 – Digitale Angebote

  Mehr D                                                              igitale Kanäle statt Briefe, elektronische Krank-
                                                                      schreibung, innovative Apps und der direkte Draht

Service,
                                                                      zur Ärztin oder zum Arzt: Schon vor der Pandemie
                                                               hat die TK die Digitalisierung des Gesundheitswesens
                                                               konsequent vorangetrieben, um die Kommunikation zu
                                                               erleichtern und die Versorgung zu verbessern. Diese

  mehr
                                                               Strategie hat sich im pandemiebedingt veränderten All-
                                                               tag bewährt, auch im Bereich Gesundheit ist das Bedürf-
                                                               nis nach digitalen Formaten enorm gestiegen. Die TK hat
                                                               im vergangenen Jahr ihr Onlineangebot weiter ausge-
                                                               baut, um Versicherte in der Pandemiezeit zu unterstüt-

 digital
                                                               zen und ihnen auch mit Blick auf eine Zeit nach Corona
                                                               eine innovative Versorgung zu ermöglichen.

                                  Text Anne Wunsch

                                                                                   Therapie digital: von zu Hause aus
                                                                                   gegen die Angst
                                                                                   Eine App-gestützte Psychotherapie in
                                                                                   den eigenen vier Wänden mit therapeu-
                                                                                   tischer Begleitung und dem Einsatz von
                                                                                   Virtual Reality – das ist Invirto. Gemein-
Service digital: Rekord für TK-App                                                 sam mit dem Start-up Sympatient hat
Mehr als 940.000 Mal wurde die TK-App im vergangenen                  die TK die digitale Therapie gegen Angst entwickelt
„Corona-Jahr“ heruntergeladen und damit so häufig wie                 und als erste Kasse ihren Versicherten angeboten.
in keinem Jahr zuvor. Seit dem Start 2017 wurde die App               Zunächst war für die psychotherapeutische Erstdia-
auf mehr als drei Millionen Smartphones geladen. Der                  gnostik ein persönlicher Termin im Universitätsklini-
Vorteil für Nutzerinnen und Nutzer neben der Möglich-                 kum Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel oder Lübeck
keit, direkt eine Nachricht an die TK zu schicken: Die digi-          nötig. Dieses Erstgespräch mit einer Therapeutin
tale Lösung erspart allerlei Papierkram. So kann zum Bei-             oder einem Therapeuten kann seit April 2020 auch
spiel die Versicherungsbescheinigung heruntergeladen                  digital per Videotelefonie erfolgen. Somit können
oder die Krankmeldung digital übermittelt werden.                     TK-Versicherte bundesweit Invirto nutzen.

                                          International und digital: Welcome to TK
                                          Immer mehr neue TK-Versicherte kommen aus dem Ausland. Deshalb hat die TK
                                          das englischsprachige Angebot immer weiter ausgebaut und verbessert. Im ver-
                                          gangenen Jahr kam ein neues Angebot hinzu: der TK-WelcomeGuide. Dahinter
                                          verbirgt sich ein E-Mail-Willkommensprogramm, das englischsprachige Arbeit-
                                          nehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Ausland in den ersten Monaten beglei-
                                          tet, dabei Hinweise zum Neuaufnahmeprozess gibt und Fragen rund um das
                                          deutsche Gesundheitssystem und die TK beantwortet.
21

                                                  Thomas Ballast ist stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der TK.

Diagnose digital: digitaler
Hautcheck per Foto
Seit November 2020 bietet die TK ih-
                                        Trotz Abstand jederzeit für
ren Versicherten eine fachärztliche
Onlineberatung bei Hautproblemen
                                        die Versicherten da sein
an – als erste gesetzliche Kranken-

                                        I
kasse in Deutschland. Versicherte         m zurückliegenden Jahr standen wir vor der Herausforderung, für die
sparen sich Kontakte, Zeit und Wege:      mehr als zehn Millionen TK-Versicherten trotz Abstand und völlig ver-
Sie schildern in einem Fragebogen         änderter Bedingungen da zu sein. Das ist uns auch gelungen: Auch in
ihre Beschwerden und laden Fotos        dieser außergewöhnlichen Situation haben wir unsere Versicherten bei
der betroffenen Hautstellen hoch. In-   ihren individuellen Anliegen bestmöglich unterstützt, unabhängig davon,
nerhalb von 48 Stunden schätzt dann     ob diese mit der Coronapandemie zu tun haben oder nicht. Unsere Pro-
eine niedergelassene Hautärztin oder    zesse haben wir trotz Pandemie aufrechterhalten und weiterentwickelt.
ein niedergelassener Hautarzt die       Dieser Anspruch gilt selbstverständlich immer, aber gerade in dieser Zeit
Symptome ein und empfiehlt eine         ist er wichtiger denn je.
Therapie. Für das Angebot kooperiert
die TK mit der Internetplattform On-            Und wir haben auch gesehen, dass unsere Versicherten in diesem
lineDoctor.                             außergewöhnlichen Jahr einen besonders großen Bedarf an Kommunika-
                                        tion mit uns hatten. Das unterstreicht einmal mehr die Bedeutung, jeder-
                                        zeit auf dem von unseren Kundinnen und Kunden bevorzugten Kanal er-
                                        reichbar zu sein – ob per App, Web, Telefon, aber eben auch vor Ort in
                                        den Kundenberatungen, die in der Coronapandemie für unsere Versicher-
                                        ten offen waren, wenn dringende Anliegen das erforderten.

                                        „Wir werden unseren digitalen Service weiter
                                        ausbauen, eigene innovative Angebote
                                        entwickeln und auch digitale Impulse für
                                        das Gesundheitssystem als Ganzes geben.“

Kontakt digital: Anliegen erledigen            Die Pandemie brachte viele traurige Erkenntnisse – sie zeigt uns
Einen Erstantrag auf Pflegeleistun-     aber auch, warum es wichtig war, digitale Kommunikationskanäle und
gen können TK-Versicherte oder ihre     Services seit Jahren kontinuierlich, an den Bedürfnissen unserer Kundin-
Vertreterinnen und Vertreter seit       nen und Kunden ausgerichtet, auszubauen. Bei der TK können wir kons-
vergangenem Sommer auch online          tatieren, dass wir hier gut aufgestellt sind.
stellen – nur eines von vielen Anlie-
gen, die mittlerweile online erledigt          Im Jahr 2020 nutzten mehr Versicherte denn je unsere digitalen
werden können. Insgesamt wurden         Angebote. Darauf können und werden wir uns nicht ausruhen, sondern
im vergangenen Jahr mehr als 15,8       wir werden unseren digitalen Service weiter ausbauen, eigene innovative
Millionen Anliegen von TK-Versicher-    Angebote entwickeln und auch digitale Impulse für das Gesundheitssys-
ten online bearbeitet, über tk.de       tem als Ganzes geben, wie wir es beispielsweise mit dem elektronischen
oder die TK-App.                        Rezept getan haben. Mehr dazu auf den Seiten 26 und 27.
5 von 10
Befragten würden sich laut einer Forsa-Umfrage im            30
                                                                                 Frauen und Männer engagieren
                                                                                 sich im TK-Verwaltungsrat
                                                                                 ehrenamtlich für die Interessen
                                                                                 der Versicherten.
Auftrag der TK per Videosprechstunde ärztlich behan-
deln lassen. Die Akzeptanz stieg während der Pandemie        Wie sich die Arbeit im vergangenen „Corona-Jahr“
deutlich an. Warum Versicherte das Fernbehandlungsan-        verändert hat, berichten die beiden alternierenden
gebot der TK nutzen, erzählen sie auf Seite 31.              Vorsitzenden im Interview auf den Seiten 32 und 33.

      1.914
                                          Krankenhäuser gibt es nach Angaben der letzten Erhebung in Deutsch-
                                          land. Wie sollten die Krankenhauslandschaft und ihre Strukturen künftig
                                          gestaltet sein, damit die Versorgung zukunftsfähig bleibt? Was sollte sich
                                          verändern? Antworten zu diesen Fragen gibt es auf den Seiten 24 und 25.
Offenheit
            Of·fen·heit
            /Óffenheit/
            Substantiv, feminin
            [die]

            Aufgeschlossenheit;
            neugierig sein;
            die Bereitschaft,
            sich mit etwas
            unvoreingenommen
            auseinanderzusetzen
            und die Perspektive
            zu wechseln
24 Geschäftsbericht 2020 – Krankenhausversorgung

Kliniken brauchen
bedarfsgerechtere Finanzierung

                                                                     8 von 10
Text Michael Ihly

Z
      wei Jahrzehnte nach der Einführung der Fallpauscha-
      len in der deutschen Krankenhausfinanzierung ist es
      Zeit für eine Bilanz. Die Reform war damals ein wich-
                                                                     Rückenoperationen sind nicht notwendig. Das zeigt das
tiger Schritt für mehr Transparenz, Wirtschaftlichkeit und
                                                                    TK-Zweitmeinungsangebot, bei dem Versicherte mit einer
Patientenorientierung in der stationären Versorgung. Doch        Krankenhauseinweisung für eine Rückenoperation ihre Diagnose
gleichzeitig kritisieren Fachleute auch unerwünschte Ef-               in speziellen Schmerzzentren überprüfen können.

fekte wie etwa eine Tendenz zu immer mehr Eingriffen und
geringe Anreize für eine höhere Qualität. Die TK regt des-
halb eine maßvolle Weiterentwicklung an.                      Leistungen sowie einem Qualitätsmodul. Die Budgets
                                                              sollen die Krankenkassen analog zum Pflegebudget mit
Bundesweite Versorgungsstufen                                 einer leistungsgerechten Umlage finanzieren.

Grundlage für das TK-Konzept zur Reform der Kranken-          Budget für Vorhaltekosten
hausfinanzierung ist eine strukturierte regionale Versor-
gungsplanung anhand bundesweit einheitlich vorgege-           Das modular aufgebaute Budget würde unter anderem
bener Versorgungsstufen. In der Folge ist mit einem           ländlichen Kliniken und Häusern mit Spezialdisziplinen
Abbau der Überversorgung in Ballungsräumen zu rech-           besser gerecht werden, die aktuell Probleme bei der Kos-
nen. Das bedarfsgerechtere Angebot würde sich gleich-         tendeckung haben. Vorhaltungen machen einen hohen
zeitig entlastend auf den angespannten Arbeitsmarkt           Anteil ihrer Kosten aus. Die derzeitigen Fallpauschalen
für Pflegekräfte auswirken.                                   berücksichtigten dies jedoch nicht ausreichend. Deshalb
                                                              sollen Vorhaltekosten und Teile der fallfixen Kosten nicht
Modulares Vergütungssystem                                    mehr über die DRG finanziert werden. Vielmehr soll eine
                                                              Klinik – sofern sie für die Versorgung notwendig ist – ei-
Darauf aufbauend schlägt die TK ein modular aufgebau-         nen leistungsunabhängigen Anteil des Budgets zur De-
tes Vergütungssystem vor, welches in einem Gesamtbud-         ckung dieser Kosten erhalten. Die DRGs decken dann nur
get pro Krankenhaus mündet. Dieses besteht aus einem          noch die reinen Behandlungskosten. Gleichzeitig redu-
separaten Krankenhausbudget für Vorhaltekosten, Fall-         ziert ein solches Budget die Anreize, aus finanziellen
pauschalen zur Honorierung von medizinischen                  Gründen immer mehr Behandlungen vorzunehmen.
25

           Inken Holldorf, Fachbereichsleiterin für
              stationäre Versorgung bei der TK

„Die Fallpauschalen haben sich in den vergangenen
 zwei Jahrzehnten grundsätzlich bewährt. Aber die
   Kliniken müssen bei der Behandlung neben den
  medizinischen Bedürfnissen zunehmend auch die
 finanziellen Interessen ihres Hauses beachten. Hier
   sollten wir die Vergütung durch einen Anteil für
  Qualität und einen von den Fallzahlen losgelösten
      Anteil des Budgets für die Vorhaltekosten
                       ergänzen.

 Dadurch könnten wir die verschiedenen Versor-
 gungsziele – beispielsweise ein effizientes und
  bedarfsgerechtes Angebot, eine konsequente
 Patientenorientierung und eine qualitativ hoch-
 wertige Versorgung – in einem ausgewogenen                    Qualitäts-Boni für besonders gute Behandlungen
             Verhältnis gewichten.“
                                                               Finanzielle Boni soll eine Klinik erhalten, die beispielswei-
                                                               se nachweisen kann, dass sie leitliniengerecht behandelt
                                                               hat und Patienten und Patientinnen besonders schnell
                                                               von Spezialistinnen und Spezialisten versorgt wurden
                                                               oder aber das Haus deutlich überdurchschnittliche Quali-
                                                               tätsergebnisse erzielt hat. Dieser Finanzierungsbaustein
                                                               setzt Anreize, dass die Kliniken innovative Konzepte auf-
                                                               bauen und weiterentwickeln, mit denen sie ihre Patien-
                                                               tinnen und Patienten optimal behandeln. Gleichzeitig
   Professor Dr. Jonas Schreyögg, Gesundheitsökonom und        verschafft er ihnen die Mittel, die für solch innovative
 Mitglied im Sachverständigenbeirat für das Gesundheitswesen
                                                               Programme notwendig sind.

 „Die in Deutschland oft kritisierte Krankenhausfi-
 nanzierung über sogenannte Fallpauschalen gibt
  es in fast allen Industrienationen. Besonders an
                                                                                    Gutachten
 unserem System ist, dass wir die Krankenhausent-
                                                                                    In seinem Gutachten „Bedarfsgerechte
  gelte fast ausschließlich von der Anzahl und der
                                                                                    Gestaltung der Krankenhausvergütung
  Schwere der Eingriffe abhängig machen. Andere
                                                                                    – Reformvorschläge unter der Berück-
        Länder sind etwas breiter aufgestellt.
                                                                                    sichtigung von Ansätzen anderer
                                                                                    Staaten“ beschreibt der Hamburger
   Oft gibt es weitere Kriterien – beispielsweise
                                                                                    Gesundheitsökonom Professor Dr.
  Zuschläge für die Qualität eines Eingriffs oder
                                                                                    Jonas Schreyögg die in Deutschland
  Zuschläge für Kliniken, die für die Versorgung
                                                                                    bestehenden Reformnotwendigkei-
 benötigt werden, aber aufgrund ihrer ländlichen
                                                                                    ten und skizziert Lösungsansätze.
    Lage strukturell höhere Kosten aufweisen.“

                                                                                    tk.de, Suchnummer 2090880
26 Geschäftsbericht 2020 – eRezept Deutschland

                                                                          Vom regionalen Pilotprojekt
                                                                          zum bundesweiten Angebot:
                                                                          Schritt für Schritt hat die
                                                                          TK das elektronische Rezept
                                                                          vorangetrieben und in die
                                                                          Versorgung gebracht.

                                                                          So war der Weg zum
                                                                          „eRezept Deutschland“.

Aus Hamburg-Wandsbek zum
„eRezept Deutschland“
Text Anne Wunsch

1
                             Rezepte digital über das Smartphone
                             einlösen statt mit dem rosafarbenen

                                                                                  62 %
                             Papierzettel, diese Idee an sich ist nicht
                             neu. In vielen europäischen Ländern
                             gehört dies schon zum Alltag, während
                             in Deutschland das E-Rezept 2022 ver-
                             pflichtend eingeführt werden soll.
                                                                              der Menschen in Deutschland möchten das
                                                                                elektronische Rezept bestimmt oder
                                      Die TK machte sich bereits 2019             wahrscheinlich nutzen. Das ist das
                             auf den Weg und führte das E-Rezept                Ergebnis einer repräsentativen Forsa-
                                                                                     Umfrage im Auftrag der TK.
                             im Rahmen eines Pilotprojekts im Ham-
                             burger Stadtteil Wandsbek ein mit dem
                             Ziel, die Vorteile genauso wie die tech-
                             nische Umsetzbarkeit unter Beweis zu
                             stellen – ganz nach dem Motto: offen
                             sein und Neues wagen.
27

2
                    Das Pilotprojekt in Hamburg-Wands-
                    bek zeigte: Es geht, schon bald nutz-     Verordnung per E-Rezept:
                    ten rund zehn Prozent der TK-Versi-       Medikamente können in der
                                                              Apotheke mit dem QR-Code
                    cherten in der teilnehmenden
                                                               abgeholt oder direkt nach
                    Arztpraxis die digitale Verordnung.         Hause geliefert werden.

                            Im nächsten Schritt wurde
                    das E-Rezept in die ärztliche Fernbe-
                    handlung, die TK-OnlineSprechstunde,
                    integriert. Durch Kooperationen mit
                    verschiedenen Apothekendienstleis-
                    tern wurden immer mehr Apotheken
                    angebunden, in denen die digitalen
                    Rezepte in Form eines QR-Codes ein-
                    gelöst werden können. Auch eine
                    kontaktlose Lieferung durch Boten-
                    dienste ist möglich.

                                                              3
Im Sommer 2020 folgte mit der Kooperation der ersten
beiden Praxissoftwaredienstleister medatixx und Medisoft-
ware der nächste große Schritt, sodass niedergelassene
Ärztinnen und Ärzte nun die Möglichkeit bekamen, elekt-
ronische Rezepte auszustellen – und so zum digitalen
Vorreiter zu werden.

4
                    Gleichzeitig traten die Ersatzkassen
                    BARMER, DAK-Gesundheit, Hanseati-
                    sche Krankenkasse (HEK) und die
                    Innungskrankenkasse BIG direkt ge-
                    sund dem nun größten bundesweiten
                    E-Rezept-Projekt bei. Im vergange-
                    nen Dezember starteten sie gemein-
                    sam mit dem „eRezept Deutschland“
                    mit dem Ziel, die digitale Medika-
                    mentenverordnung auszurollen.

                            TK-Versicherte können über
                    die App TK-Doc teilnehmen. Und das
                    Projekt wächst weiter – seit dem Früh-
                    jahr 2021 ist die AOK Bayern mit dabei.

                    das-erezept-deutschland.de
28 Geschäftsbericht 2020 – TK-Monitor Patientensicherheit

                                Versorgung sicherer
                             machen: Die TK fördert mit
                              verschiedenen Projekten
                              die Patientensicherheit.

       Patientensicherheit:
       Neue Wege im Dialog                                                         Text Gabriele Baron

D
       ie TK legt seit jeher Wert darauf, ihre Versicherten     Hälfte der Befragten Angst, sich mit dem Coronavirus zu
       nach ihren Meinungen und Erfahrungen zu befragen,        infizieren. Gleichzeitig haben aber mehr als zwei Drittel
       um daraus zu lernen. Auch bei dem Thema Patien-          keine Bedenken, in der Pandemie eine Haus- oder
tensicherheit hört die TK genau zu: Wie sicher fühlen sich      Facharztpraxis aufzusuchen. Etwas verhaltener sind die
Patientinnen und Patienten bei Behandlungen? Was kön-           Menschen beim Thema Krankenhaus: Nur knapp die Hälfte
nen sie selbst für mehr Sicherheit tun? Und was bedeutet        hat diesbezüglich keine Bedenken, rund ein Drittel leichte
die Coronapandemie für die Patientensicherheit? Das sind        Bedenken und 16 Prozent große Bedenken.
einige der Fragen, auf die der TK-Monitor Patientensicher-
heit wichtige Antworten liefert.                                        „Wir nehmen unsere Verantwortung als TK ernst,
                                                                helfen bei der Klärung von Behandlungsfehlern und enga-
         Ein Viertel der Befragten vermutet demnach, in den     gieren uns für die Vermeidung von Fehlern“, sagt der Be-
letzten zehn Jahren schon einmal selbst einen Behand-           auftragte der TK für Patientensicherheit, Hardy Müller. Für
lungsfehler erlebt zu haben. Von diesen hat jedoch nur ein      ihn hat der präventive Aspekt Vorrang: Fehler sind mensch-
Drittel den Fehlgriff gemeldet. Fast die Hälfte der Befragten   lich und werden immer passieren – wichtig ist, aus ihnen zu
hält es für wahrscheinlich, dass sie durch eine Krankenhaus-    lernen und damit Fehlgriffe in Zukunft gezielt zu minimieren.
behandlung zu Schaden kommen könnte. Zugleich gibt es
auch gute Nachrichten: Mehr als 50 Prozent fühlen sich über     Erfahrungen zählen
das Thema Patientensicherheit gut informiert.
                                                                So hat sich die TK beispielsweise dafür eingesetzt, dass
Patientensicherheit in der Pandemie                             Versicherte ihre Erfahrungen in der Pandemie in speziali-
                                                                sierten Melde- und Lernsystemen einbringen können –
In der aktuellen Pandemiezeit zeigen sich Sorgen ebenso         etwa zum Thema Covid-19. Bisher waren diese Systeme
wie Vertrauen in die Behandelnden. So äußert knapp die          medizinischem Fachpersonal vorbehalten. Neben
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