11 2008 GFG-Reform - Kommunen in NRW

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11 2008 GFG-Reform - Kommunen in NRW
Stgerat_11_08_titel                                          23.10.2008   17:07 Uhr   Seite 1

                                                                                                     62. JAHRGANG • NOVEMBER

                                                                                                                               11
                                                                                                                               2008

                                                                 HERAUSGEBER STÄDTE- UND GEMEINDEBUND NORDRHEIN-WESTFALEN
 StGB NRW · Kaiserswerther Str. 199-201 · 40474 Düsseldorf
                               G 20 167
 PVSt · Deutsche Post AG · „Entgelt bezahlt“ ·

                                                                                                           GFG-Reform
                                                                                                           Schulgesetz
                                                                                                           Entschuldung
11 2008 GFG-Reform - Kommunen in NRW
11 2008 GFG-Reform - Kommunen in NRW
Stgerat_11_08_Inhalt   24.10.2008     8:50 Uhr     Seite 3

                                                                                           EDITORIAL

               Die Fachzeitschrift für Kommunal- und
               Landespolitik in Nordrhein-Westfalen

               Welche Rolle das Geld spielt in unserer
               Gesellschaft, führt uns derzeit die Bankenkrise drastisch
               vor Augen. Kaum ein Tag vergeht ohne neue
               Hiobsbotschaft, dass wieder ein ehedem solides
               Geldhaus am Rande des Ruins steht. Selbst vom
               drohenden Staatsbankrott - siehe Island - ist bereits die
               Rede. Wenn der Finanzstrom versiegt, bricht der
               Wirtschaftsverkehr, bricht das öffentliche Leben                kommunalen Finanzausgleichs bleibt deshalb bestehen:
               zusammen.                                                       dass dieser angemessen ausgestattet wird.
               Auch die Städte und Gemeinden, die einen Großteil der           Mittelkürzungen wie der Wegfall des Anteils an der
               öffentlichen Leistungen erbringen müssen, sind auf              Grunderwerbsteuer (Minus 180 Mio. Euro) oder die
               stetige Geldquellen angewiesen. Weil diese im einen Fall        Erhöhung der Krankenhaus-Investitionsumlage
               stärker, im anderen aber schwächer sprudeln, wurde vor          (Minus 110 Mio Euro) passen da nicht ins Bild.
               gut 50 Jahren der kommunale Finanzausgleich                     Zudem ist das Land gehalten, angesichts sich
               geschaffen. Aus einem großen Topf erhalten die ganz             wandelnder Lebensverhältnisse auch die
               Schwachen etwas mehr, die Robusteren etwas weniger              Verteilungskriterien des Ausgleichssystems zu
               und die Starken gar keine Mittel.                               überprüfen. Manches, was das Münchner Ifo-Institut in
               Dieses Ausgleichssystem stellt - trotz mancher Mängel           seinem Gutachten zum kommunalen
               in der Praxis - eine historische Leistung dar. Denn es hilft,   Finanzausgleich empfiehlt, käme den kreisangehörigen
               den im Grundgesetz formulierten Auftrag der                     Kommunen in NRW entgegen, anderes würde sich zu
               „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“ zu              ihren Lasten auswirken. Klar bleibt aber die Forderung:
               erfüllen. Gleichwohl häufen sich Fälle, in denen die            die Annahme eines umso höheren Bedarfs pro
               Mechanik nicht mehr greift. So gibt es eine wachsende           Einwohner, je größer die Kommune ist - die so genannte
               Zahl von NRW-Kommunen in der vorläufigen                        Einwohnerveredelung - muss wegfallen.
               Haushaltsführung. Diese haben noch nicht einmal die             Es wird jetzt darauf ankommen, dass der Städte- und
               Aussicht auf baldigen Haushaltsausgleich - geschweige           Gemeindebund NRW in der vom NRW-
               denn Tilgung ihrer immensen Schulden.                           Innenministerium eingerichteten Kommission den
               Eine Grundvoraussetzung für den Erfolg des                      Interessen der kreisangehörigen Kommunen insgesamt,
                                                                               aber auch der Not leidenden Städte und Gemeinden
                                                                               Gehör verschafft.

                                                                               Dr. Bernd Jürgen Schneider
                                                                               Hauptgeschäftsführer StGB NRW

                                                                                                   STÄDTE- UND GEMEINDERAT      11/2008   3
11 2008 GFG-Reform - Kommunen in NRW
Stgerat_11_08_Inhalt      24.10.2008     8:50 Uhr     Seite 4

                 BÜCHER UND MEDIEN / INHALT

                                        Bäume und
                                        Pflanzen lassen
                                        Städte atmen                          Inhalt                     62. Jahrgang
                                                                                                         November 2008

                                         Schwerpunkt Feinstaub, hrsg. v.      Bücher und Medien                                    4
                                         Forum Die Grüne Stadt in Zusam-
                                         menarbeit mit dem Geographi-
                                                                              Nachrichten                                           5
                                         schen Institut der Universität
                                          Köln, der Abt. Stadtklimatologie/
                                          Luftqualität des Regionalverban-
                                          des Ruhr und der Ständigen Kon-
                                                                              Thema GFG-Reform
                                     ferenz der Gartenamtsleiter beim
      Deutschen Städtetag, Versand ausschließlich in Verpackungseinheiten     Bernd Jürgen Schneider, Andreas Wohland
      von 25 Ex. zum Preis von 50 Euro zzgl. Verpackungs- und Versandkos-
                                                                              Reform des kommunalen Finanzausgleichs aus
      ten sowie MwSt., Bestellung an Forum Die Grüne Stadt, c/o NED.WORK
      GmbH, Fax 0211-676 723 oder im Internet über www.die-gruene-            Sicht des StGB NRW                                   6
      stadt.de
                                                                              Claus Hamacher
      Feinstaub belastet zunehmend die Innenstädte. Neben der Ein-
                                                                              Struktur und Funktionieren des kommunalen
      richtung von Umweltzonen, die Fahrverbote zu bestimmten Zei-
      ten oder für bestimmte Fahrzeugtypen vorsehen, sowie weiterer           Finanzausgleichs in NRW                              8
      Maßnahmen wie das Abwaschen von Fahrbahnflächen kommt
      auch dem Einsatz von Bäumen und Pflanzen eine entscheidende
                                                                              Thiess Büttner, Fédéric Holm-Hadulla, Anne Stelzer
      Rolle bei der Senkung der Feinstaubbelastung zu. Die Broschüre
      beschreibt grundlegende Aspekte, die bei der Planung und Pfle-          Gutachten zur Zukunft des kommunalen
      ge von Bäumen und Sträuchern zur Verbesserung der Luftquali-            Finanzausgleichs in NRW                              10
      tät in Städten beachtet werden sollten. Daneben werden konkre-
      te Angaben über die Funktionalität verschiedener Baumarten
      gemacht, die eine direkte Umsetzung in die Praxis ermöglichen.          Karl Peter Brendel
      Die Informationen bieten Bürgern wie Stadtplanern sowie den             Der kommunale Finanzausgleich als
      Verantwortlichen in Verwaltung und Politik Argumente für mehr           Steuerungsinstrument der Landespolitik               14
      Grün in der Stadt.

                                                                              Alexander Büttner
                                                                              Plädoyer für einen Flächenansatz im
      Landeshundegesetz                                                       Gemeindefinanzierungsgesetz                          16
      Nordrhein-
      Westfalen                                                               Jörg Wacker
                                                                              Beteiligung der Kommunen an den Einheitslasten       18
      Kommentar, v. Günter Haurand, 16,5 x
      23,5 cm, 270 S., kart., 5. Auflage
      2008, 29 Euro, Kommunal- und Schul-
      verlag, ISBN 3-8293-0838-0
                                                                              Stadt Langenfeld schuldenfrei                        20
      In der nun fünften Auflage seines
      Kommentars zum Landeshunde-
      gesetz Nordrhein-Westfalen lie-                                         Günter Winands
      fert der Autor Erläuterungen zu                                         Die Möglichkeiten des neuen NRW-Schulgesetzes        21
      den Landesvorschriften,stellt aber
      auch weitere Gesetze im Anhang bereit und liefert Formulierungs-
      hilfen, unter anderem für die Versagung einer Erlaubnis. Dabei
      macht Haurand stets das Spannungsfeld zwischen Gefahrenab-              IT-News                                              24
      wehr zum Wohle der Allgemeinheit und dem Halten eines Hundes            Gericht in Kürze                                     25
      nicht nur aus Liebhaberei oder als Gebrauchstier, sondern als „Fami-
      lienmitglied“ deutlich. Entsprechend wägt er in seinen Kommentie-       Persönliches                                         26
      rungen die Argumente pro und contra sorgfältig ab und gibt so
      den Praktikern in den Ordnungsämtern eine brauchbare Hilfe für          Titelfoto: wolterfoto
      Ermessensentscheidungen an die Hand.

      4   STÄDTE- UND GEMEINDERAT      11/2008
11 2008 GFG-Reform - Kommunen in NRW
Stgerat_11_08_Inhalt      24.10.2008      8:50 Uhr     Seite 5

                                                                                                 NACHRICHTEN

      25 Sieger beim Wettbewerb                                               richt gleichgestellt. Er werde nach den Grundsätzen der Aleviti-
                                                                              schen Gemeinde Deutschlands in deutscher Sprache erteilt. Das
      StandortInnenstadt.NRW                                                  Alevitentum ist innerhalb des Islam ein eigenständiges Bekennt-
      Die Sieger des Wettbewerbs StandortInnenstadt.NRW stehen fest:          nis. Es gilt als gemäßigt und unterscheidet sich deutlich von der
      Insgesamt 25 Projekte aus 14 Ruhrgebietsstädten erhalten Landes-        sunnitischen und schiitischen Glaubensrichtung des Islam.
      und EU-Mittel zur Entwicklung ihrer Innenstädte.Besonders erfolg-
      reich waren Bochum, Essen, Gelsenkirchen und Witten, wo nun je-
      weils drei Vorhaben gefördert werden. Weitere Projekte werden in        Elternbegleitbuch „Kinder ganz stark“
      Castrop-Rauxel, Dortmund, Hagen, Hattingen, Lünen, Moers, Ober-
      hausen,Schwerte,Unna und Xanten realisiert.Das Gesamtvolumen
                                                                              für alle Jugendämter
      der Projekte beträgt rund 10,7 Mio. Euro. An dem Wettbewerb hat-        Nach der Geburt eines Kindes sollen Eltern in Nordrhein-Westfa-
      ten sich 48 Projekte aus 21 Städten und Gemeinden des Ruhrgebiets       len künftig von den örtlichen Jugendämtern ein Buch mit Informa-
      beteiligt.Das Spektrum reichte von speziellen Dienstleistungsange-      tionen und Adressen zu den Hilfs- und Beratungsangeboten erhal-
      boten über die Gestaltung von Plätzen bis hin zu Lichtkonzepten.        ten, die Bund und Land NRW anbieten. Wie der NRW-Minister für
                                                                              Generationen, Familien, Frauen und Integration, Armin Laschet,
                                                                              mitteilte, stellt das Land den Kommunen dazu das neue Elternbe-
      Neuer Einzelhandelserlass für                                           gleitbuch „Kinder ganz stark“ zur Verfügung. Dieses kann auch als
                                                                              Druckvorlage über das Internet abgerufen werden. Über ein On-
      starke Zentren                                                          line-Baukastensystem haben Kommunen zudem die Möglichkeit,
      Der Einzelhandelserlass des Landes NRW aus dem Jahr 1996 ist in         das Elternbegleitbuch mit eigenen Informationen über Hilfe- und
      Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden novel-               Beratungsangebote zu ergänzen.
      liert worden. Mit dem neuen Erlass soll der Einzelhandel in den In-
      nenstädten und Ortszentren gestärkt werden. Durch entsprechen-
      de Konzepte und gezielte Bauleitplanung sollen Kommunen künf-           Ambulante Wohnformen auf dem
      tig sicherstellen können, dass in den Stadtzentren solche Sorti-
      mente erhalten bleiben, die als „zentrenrelevant“ definiert wer-
                                                                              Vormarsch
      den. Dazu gehörten Bekleidung, Lederwaren, Schuhe, Foto und Op-         In NRW steigt die Zahl der zu Hause lebenden Menschen mit Be-
      tik sowie Uhren und Schmuck. Dagegen könnten Möbelmärkte,               hinderung. Der 2003 begonnene Umbau der nordrhein-westfäli-
      Gartencenter und Baumärkte auch außerhalb der Stadtkerne ent-           schen Behindertenhilfe hin zu mehr ambulanten Wohnformen ist
      stehen. Diese Betriebe dürften auf maximal 2.500 Quadratmetern          nach Ansicht von NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann ein gro-
      zentrenrelevante Produkte anbieten. Damit soll eine Chancen-            ßer Erfolg. Den Landschaftsverbänden und der Freien Wohlfahrts-
      gleichheit bei den Standortbedingungen erreicht werden.                 pflege sei es gelungen, die Zahl der behinderten Menschen, die be-
                                                                              treut in den eigenen vier Wänden leben, von 15.300 im Jahr 2004
                                                                              auf 26.400 im Jahr 2007 zu steigern. Mehr ambulant betreutes
      Rahmenvereinbarung zum Erftumbau                                        Wohnen entlastet auch die Kommunen. Die Landschaftsverbände
                                                                              kalkulieren dafür 40 bis 60 Euro pro Tag. Das - so Laumann - sei
      Die Weichen für den Rückbau der Erft in ein naturnahes Gewässer         deutlich weniger als die 100 Euro, die ein Wohnheimplatz pro Tag
      sind gestellt. NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg unter-              koste. 40 bis 50 Mio. Euro seien auf diese Weise eingespart worden.
      zeichnete die Rahmenvereinbarung zum Erftumbau. Damit wurde
      mit den Vertragspartnern RWE Power und dem Erftverband die
      langfristige finanzielle Absicherung für den Umbau der Erft verein-     Persönliche Kohlendioxid-Bilanz
      bart. Bis 2045 wollen Land, Erftverband und RWE in drei Stufen die
      Erft zwischen Bergheim und der Mündung in den Rhein bei Neuss
                                                                              online
      renaturieren. Dabei sollen unter anderem Uferbefestigungen ent-         Wie viel Kohlendioxid entsteht beim Heizen? Wie wirkt sich ein
      fernt werden, damit sich der Fluss ungehindert entwickeln kann.         sparsames Auto auf die eigene Kohlendioxid-Bilanz aus? Auf solche
      Von den Gesamtkosten in Höhe von 70 Mio. Euro übernimmt das             Fragen gibt ein Emissionsrechner der Energieagentur NRW im Inter-
      Land 52,5 Mio. Euro. Der Erftverband beteiligt sich mit 9,5 Mio. Euro   net unter www.energieagentur.nrw.de Antwort. Ermittelt wird
      und RWE Power mit acht Mio. Euro.                                       nicht nur, wie viel Kohlendioxid-Ausstoß jeder Einzelne verursacht,
                                                                              sondern gezeigt wird gleichzeitig Einsparpotenzial in den Berei-
                                                                              chen Wohnen, Mobilität, Ernährung sowie allgemeiner Konsum.
      Erster alevitischer Religionsunterricht                                 Das Online-Tool berücksichtigt neben Kohlendioxid weitere Treib-
                                                                              hausgase wie Methan und Lachgas. Der Rechner wurde im Auftrag
      an Grundschulen                                                         des NRW-Ministeriums für Wirtschaft,Mittelstand und Energie und
      In Nordrhein-Westfalen gibt es erstmals regulären alevitischen          in Kooperation mit dem Heidelberger Institut für Energie und Um-
      Religionsunterricht an Schulen. Das Fach richtet sich an junge Mus-     weltforschung sowie dem Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau
      lime alevitischen Glaubens und wird seit Schuljahresbeginn an           entwickelt. Eine ähnliche Leistung bietet auf spielerische Weise das
      fünf Grundschulen in Bergkamen, Duisburg, Köln und Wuppertal            Internet-Portal www.klimaklicker.de, das Studierende der Fach-
      unterrichtet. Wie das NRW-Ministerium für Schule und Weiterbil-         hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin in Kooperation mit der
      dung mitteilt, ist der Unterricht dem christlichen Religionsunter-      Kampagne „Klima sucht Schutz“ entwickelt haben.

                                                                                                         STÄDTE- UND GEMEINDERAT       11/2008   5
11 2008 GFG-Reform - Kommunen in NRW
Stgerat_11_08_innen                              24.10.2008      8:55 Uhr     Seite 6

                                                     THEMA GFG-REFORM

                                                                                                                                 Geringe Bevölkerungsdichte in ländlichen
                                                                                                                                Regionen verursacht häufig höhere Kosten bei der
                                                                                                                                kommunalen Infrastruktur

                                                                                                                                den Reformbedarf des Finanzausgleichs aus
                                                                                                                                Sicht des StGB NRW deutlich machen.

                                                                                                                                FINANZMASSE REICHT NICHT

                                                                                                                                Die Finanzausstattung des kommunalen Fi-
                                                                                                                                nanzausgleichs ist unzureichend. Die Betei-
                                                                                                                                ligung der Kommunen an den Landesein-
                                                                                                                                nahmen ist bei dem vorhandenen kommu-
                                                                                                                                nalen Aufgabenbestand nicht angemessen.
                                                                                                                                Die Ergebnisse der jüngsten Haushaltsum-
     FOTO: STADT BAD MÜNSTEREIFEL

                                                                                                                                frage des StGB NRW zeigen, dass die Finanz-
                                                                                                                                situation der 360 Mitgliedstädte und -ge-
                                                                                                                                meinden trotz leichter Verbesserungen auf-
                                                                                                                                grund der guten Konjunkturentwicklung
                                                                                                                                immer noch dramatisch ist. Hinzu kommt,
                                                                                                                                dass das Land im Jahr 2007 in erheblichem
                                                                                                                                Umfang so genannte Konsolidierungsbei-
                                                                                                                                träge zugunsten des Landeshaushalts ein-
                                                                                                                                gefordert hat.

                               Große Fläche darf                                                                                Zu nennen ist hier die Kürzung des Steuer-
                                                                                                                                verbundes um die fakultative Verbund-
                                                                                                                                grundlage „Anteil an der Grunderwerbsteu-

                               kein Nachteil sein                                                                               er“. Diese Kürzung belastete die Kommu-
                                                                                                                                nen 2007 allein mit 165 Mio. Euro. Weitere
                                                                                                                                Belastungen finden sich außerhalb des GFG
                                                                                                                                im Haushaltsbegleitgesetz. Hier ist als
                               Die Finanzierungsprobleme kreisangehöriger Städte und                                            größter Einzelposten die Erhöhung der
                                                                                                                                Krankenhausinvestitionsumlage um rund
                               Gemeinden müssen bei der Weiterentwicklung des kommunalen                                        110 Mio. Euro zu nennen. Diese Faktoren wir-
                                                                                                                                ken auch für die Folgejahre und müssen
                               Finanzausgleichs in NRW stärker berücksichtigt werden
                                                                                                                                dringend rückgängig gemacht werden.
                                                                                                                                Beleg für die strukturelle Unterfinanzie-
                                           DIE AUTOREN                         Der kommunale Finanzausgleich soll nun -         rung der kommunalen Familie sind die zahl-
                                                                               mit einer Perspektive für die kommenden          reichen Kommunen, die sich dauerhaft in
                                           Dr. Bernd Jürgen Schneider ist
                                                                               zehn Jahre - quantitativ gesichert und qua-      der so genannten vorläufigen Haushalts-
                                           Hauptgeschäftsführer beim
                                                                               litativ zukunftsfähig gemacht werden. Wie        führung befinden. Auch das weiter steigen-
                                           Städte- und Gemeindebund
                                                                               schon bei Vorlage des ersten ifo-Gutachtens      de Kassenkreditvolumen bestätigt dies.
                                           NRW
                                                                               im Jahr 1995 und jedes Jahr bei der Diskus-      Trotz des guten konjunkturellen Umfeldes
                                           Andreas Wohland ist Haupt-
                                                                               sion des aktuellen Finanzausgleichs werden       sind die Kassenkredite mittlerweile auf den
                                           referent für Finanzen beim
                                                                               dabei heftige Verteilungskämpfe innerhalb        Rekordwert von 13,6 Mrd. Euro gestiegen.
                                           Städte- und Gemeindebund
                                                                               der kommunalen Familie auszutragen sein.         Damit müssen die Städte und Gemeinden
                                           NRW
                                                                               Nach Auffassung des StGB NRW bevorteilen         in Nordrhein-Westfalen fast die Hälfte der
                                                                               die derzeitigen Mechanismen des Gemein-          gesamten Kassenkredite in Deutschland

                               D      er Verfassungsgerichtshof für das
                                      Land Nordrhein-Westfalen hatte in
                               der so genannten Ahaus-Entscheidung vom
                                                                               definanzierungsgesetzes tendenziell die
                                                                               Großstädte. Besondere Finanzierungspro-
                                                                               bleme des kreisangehörigen Raums werden
                                                                                                                                aufnehmen, um ihre Verwaltungstätigkeit
                                                                                                                                zu finanzieren.
                                                                                                                                Im Übrigen wird sich in Zukunft vermehrt
                               9. Juli 1998 dem Gesetzgeber aufgegeben,        bisher nicht hinreichend gewürdigt.              nach Einführung des NKF zeigen, dass einer
                               die Grundlagen seiner Einschätzungen und        Der StGB NRW hat die Arbeit des Gutachters       Reihe von Kommunen kurzfristig eine bilan-
                               Prognosen zum kommunalen Finanzaus-             laufend in seinen Gremien begleitet. Der Fi-     zielle Überschuldung droht.Vor diesem Hin-
                               gleich regelmäßig zu überprüfen. Vor die-       nanzausschuss hat eine Arbeitsgruppe „GFG-       tergrund ist zu fordern, dass das Land insge-
                               sem Hintergrund hat das Land NRW vom            Reform 2008“ einberufen,die sich mittlerwei-     samt die Dotierung des Steuerverbundes
                               ifo-Institut das jetzt vorliegende Gutachten    le in drei Sitzungen mit dem ifo-Gutachten       deutlich verbessert, um seinem Auftrag zur
                               zur Weiterentwicklung des kommunalen Fi-        auseinandergesetzt hat. Dabei haben sich ei-     aufgabenangemessenen Finanzausstat-
                               nanzausgleichs erstellen lassen.                nige zentrale Punkte herauskristallisiert, die   tung der Kommunen gerecht zu werden.

                               6    STÄDTE- UND GEMEINDERAT      11/2008
11 2008 GFG-Reform - Kommunen in NRW
Stgerat_11_08_innen                       24.10.2008     8:55 Uhr      Seite 7

                        REFORM BEI SCHLÜSSELZUWEISUNGEN

                                                                                                                             FAZIT
                                                                        Schließlich ist dem Berechnungssystem zur
                                                                        Rechtfertigung der Hauptansatzstaffel vor-                   Nach Auffassung des StGB NRW bedür-
                        Zahlreiche Empfehlungen des Gutachters          zuhalten, dass es einem Zirkelschluss unter-                 fen die Finanzausgleichsmechanismen
                        zur Anpassung und Modernisierung des            liegt. Es wertet nämlich tatsächlich höhere                  dringend einiger Änderungen. Die Konti-
                        kommunalen Finanzausgleichs betreffen           Ausgaben bei den Großstädten als Indikator                   nuität in der Auswahl des Gutachters ließ
                        das System der Schlüsselzuweisungen, über       für einen höheren Bedarf. Die höheren Aus-                   vermuten, dass die aktuelle Analyse keine
                        das rund 85 Prozent der Zuweisungen des         gaben werden aber vielfach nur deshalb ge-                   gravierenden Reformvorschläge enthalten
                        GFG verteilt werden. Für den StGB NRW von       tätigt, weil über die Verschiebefunktion im                  würde, sondern dass vielmehr eine behut-
                        zentraler Bedeutung ist dabei die Hauptan-      Finanzausgleich auch höhere Einnahmen                        same Fortentwicklung des bestehenden
                        satzstaffel, nach der die Einwohner einer       generiert werden. Der StGB NRW fordert                       Systems zu erwarten sei. Diese Vermutung
                        Gemeinde bei der Bestimmung des Finanz-         daher für die Zukunft, zur Bedarfsermitt-                    hat sich bestätigt. Wirklich kreative neue
                        bedarfs mit wachsender Größe der Stadt          lung jeden Einwohner gleich zu gewichten.                    Denkansätze sucht man vergebens. Daher
                        stärker gewichtet werden. Diese so genann-                                                                   ist es wichtig, dass die Interessen der
                        te Einwohnerveredelung soll nach Auffas-        FLÄCHENINDIKATOREN DAZU                                      kreisangehörigen Kommunen in der aktu-
                        sung des Gutachters beibehalten, aber in                                                                     ell vom NRW-Innenministerium eingesetz-
                        ihrer Spreizung etwas abgeschwächt wer-         Aus Sicht des StGB NRW muss bei der Be-                      ten Kommission zur Weiterentwicklung
                        den. Begründet wird Letzteres mit den Er-       darfsermittlung auch ein Flächenansatz                       des Finanzausgleichs mit Nachdruck ver-
                        gebnissen aktueller Regressionsanalysen.        eingeführt werden. Denn bei der Aufgaben-                    treten werden.
                        Die Frage, ob eine unterschiedliche Gewich-     wahrnehmung der Kreise und kreisangehö-
                        tung von Einwohnern grundsätzlich ge-           rigen Gemeinden spielt die Flächenbezo-
                        rechtfertigt ist, muss aber ein Schwerpunkt     genheit eine wichtige Rolle. Die Einbezie-           Bei dem Schüleransatz ist die gesellschafts-
                        der Diskussion sein. Die vorrangige Bedarfs-    hung von Flächenindikatoren bei der Be-              politisch stark zunehmende Bedeutung des
                        ermittlung anhand der veredelten Einwoh-        darfsermittlung ist in vorbereitenden Ge-            Aufgabensektors „Bildung“ und dessen er-
                        nerzahl blendet wichtige Aspekte aus. Zum       sprächen mit dem Gutachter immer wieder              weiterter Auftrag in den vorschulischen Be-
                        einen ist unbestritten, dass der gesetzliche    eingefordert worden. Insofern ist es bereits         reich hinein zu bedenken.
                        Aufgabenbestand bei den kreisangehörigen        ein Erfolg, dass der Gutachter die Einfüh-
                        Gemeinden und den Kreisen zusammen              rung eines Flächenansatzes für möglich               UMFASSENDER BILDUNGSANSATZ
                        exakt derselbe ist wie bei den kreisfreien      hält, auch wenn der StGB NRW sich ein
                        Städten.Die progressive Berücksichtigung der    deutlicheres Bekenntnis für den Flächenan-           Es könnte sich anbieten, den Schüleransatz
                        Einwohnerzahl bildet den Aufgabenbestand        satz - auch hinsichtlich der fiskalischen Aus-       zu einem Bildungsansatz weiterzuentwi-
                        der Gemeinden damit nicht zutreffend ab.        wirkungen - gewünscht hätte.                         ckeln und in diesem nicht nur die schulbezo-
                        Des Weiteren gibt es zahlreiche Aufgaben,die    Abgesehen von Nordrhein-Westfalen arbei-             genen Aufgaben und Ausgaben abzubilden,
                        im ländlichen Raum aufgrund geringer Ein-       ten alle anderen Bundesländer mit einem              sondern auch weitere zuschussfinanzierte
                        wohnerdichte und ausgedehnter Flächen im        Flächenansatz. In Niedersachsen - das einzi-         Aufgabenfelder, insbesondere im Bereich
                        Verhältnis zu den Ballungsräumen erhebliche     ge Land, welches bis zum vergangenen Jahr            der Kindergärten. Auf der Seite der Finanz-
                        zusätzliche Kosten verursachen. Dies gilt im    neben NRW auf die Berücksichtigung der               kraftberechnung wird über die fiktiven He-
                        Besonderen für die Bereiche Straßenwesen,       Flächen verzichtet hat,- ist schließlich ent-        besätze für die Realsteuern, insbesondere
                        ÖPNV, Schülerbeförderung, Feuerwehr- und        schieden worden, auch die Fläche als be-             die Gewerbesteuer zu reden sein. Hier sind
                        Rettungswesen sowie generell für den Land-      darfsbegründenden Faktor zu berücksichti-            einheitliche fiktive Hebesätze nur akzepta-
                        schafts- und Naturschutz. Außerdem ist zu       gen.Trotz der strukturellen Unterschiede er-         bel, wenn auch auf der Bedarfsseite die Ein-
                        berücksichtigen, dass unter betriebswirt-       scheint ein solcher Weg auch für NRW drin-           wohner einheitlich gewichtet werden.
                        schaftlichen Gesichtspunkten die Kernver-       gend angezeigt.                                      Angesichts der unterschiedlichen Gewich-
                        waltung bei steigender Einwohnerzahl pro        Neben den genannten Schwerpunkten des                tung der Einwohner auf der Bedarfsseite
                        Kopf kostengünstiger wird.                      Reformbedarfs gibt es zahlreiche weitere             spricht vieles dafür, auf der Steuerkraftseite
                                                                                        Aspekte, die einer kritischen        die Hebesätze nach Gemeindegröße zu
                                                                                        Diskussion bedürfen. Zum             staffeln. Die Großstädte mit besonders gut
                                                                                        einen ist zu klären, welche          ausgebauter Infrastruktur können deutlich
                                                                                        Bedeutung und Ausgestal-             höhere Hebesätze bei der Gewerbesteuer in
                                                                                        tung der Soziallastenansatz          Ansatz bringen,ohne dass dies beim Finanz-
                                                                                        nach den Reformen am Ar-             ausgleich berücksichtigt wird.
                                                                                        beitsmarkt haben soll. Hier-         Schließlich ist zu diskutieren, ob es nicht
                                                                                        bei ist zu berücksichtigen,          doch - anders als vom Gutachter empfohlen
                                                                                        dass die Sozialausgaben              - sinnvolle Instrumente zur Belohnung wirt-
                                                                                        längst nicht nur Hartz IV-be-        schaftlichen Verhaltens sowie der Nutzung
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                                                                                        dingte Ausgaben enthalten.           von Konsolidierungspotenzial gibt. Der
                                                                                                                             kommunale Finanzausgleich und insbeson-
                                                                                         Wer sein Geld zusammenhält,        dere das Land dürfen vor dem Problem der
                                                                                        sollte im Finanzausgleich Vorteile   großen Zahl der Nothaushaltskommunen
                                                                                        genießen                             nicht die Augen verschließen.               ●

                                                                                                                                STÄDTE- UND GEMEINDERAT             11/2008       7
11 2008 GFG-Reform - Kommunen in NRW
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                                                                                                                  Die Mittel für den kommunalen
                                                                                                                 Finanzausgleich werden unter Berücksichtigung
                                                                                                                 vieler Indikatoren an die Kommunen verteilt

                                                                                                                 der Anspruch der Gemeinden auf Gewähr-
                                                                                                                 leistung einer angemessenen Finanzaus-
                                                                                                                 stattung in der bisherigen Rechtsprechung
                                                                                                                 des Gerichtshofs stets durch die finanzielle
                                                                                                                 Leistungsfähigkeit des Landes begrenzt.

                                                                                                                 FINANZKRAFT UND FINANZBEDARF

                                                                                                                 Das für den Finanzausgleich zur Verfügung
                                                                                                                 stehende Finanzvolumen wird in verschie-
                                                                                                                 dene Blöcke aufgeteilt, die nach unter-
                                                                                                                 schiedlichen Gesichtspunkten und mit un-
                                                                                                                 terschiedlichen Vorgaben an die Kommu-

                   Mühsamer Weg zum                                                                              nen weitergegeben werden. Der weitaus
                                                                                                                 größte Teil - rund 85 Prozent - des Aus-
                                                                                                                 gleichsvolumens entfällt auf die so genann-
                                                                                                                 ten Schlüsselzuweisungen, die den Kom-

                   gerechten Ausgleich                                                                           munen zur freien Verfügung stehen.
                                                                                                                 Die Grundidee des Schlüsselzuweisungs-
                                                                                                                 systems ist einfach. Für jede Gemeinde oder
                                                                                                                 jeden Gemeindeverband wird anhand be-
                   Beim kommunalen Finanzausgleich in NRW wird versucht,                                         stimmter Indikatoren ein individueller Fi-
                                                                                                                 nanzbedarf ermittelt. Dem wird eine nor-
                   einem fiktiven Bedarf die fiktive Steuerkraft einer Kommune                                   mierte Einnahmekraft für jede einzelne
                   gegenüberzustellen und daraus einen Netto-Bedarf abzuleiten                                   Kommune gegenübergestellt.
                                                                                                                 Ist der fiktiv ermittelte Finanzbedarf höher
                                                                                                                 als die normierte Steuerkraft, wird die Diffe-
                                 DER AUTOR                         aufzustocken und die Aufteilung zwischen      renz ausgeglichen. Allerdings geschieht
                                                                   den einzelnen Kommunen so zu steuern,         dies nicht in vollem Umfang, sondern der-
                                 Claus Hamacher ist
                                                                   dass aufgaben- und bedarfsgerecht Finanz-     zeit nur zu 90 Prozent (Ausgleichsgrad). Ist
                                 Beigeordneter für Finanzen
                                                                   mittel zur Verfügung stehen. Die Umset-       die Steuerkraft einer Kommune höher als
                                 und Sparkassen beim Städte-
                                                                   zung dieses Verfassungsauftrags erfolgt in    ihr fiktiver Bedarf, erhält sie keine Schlüssel-
                                 und Gemeindebund NRW
                                                                   Nordrhein-Westfalen durch das - im Zusam-     zuweisungen. In diesem Fall spricht man
                                                                   menhang mit dem jeweiligen - Landeshaus-      von einer „abundanten“ Gemeinde.
                                                                   halt verabschiedete - Gemeindefinanzie-

                   B    und,Ländern und Kommunen ist durch
                        Gesetz die Erledigung zahlreicher öf-
                   fentlicher Aufgaben übertragen. Jeder Trä-
                                                                   rungsgesetz (GFG). Dieses setzt zum einen
                                                                   die zur Verteilung zur Verfügung stehenden
                                                                   Mittel fest und beschreibt zum anderen die
                                                                                                                 EINWOHNERZAHL HAUPTINDIKATOR

                                                                                                                 Der Finanzbedarf einer Gemeinde wird
                   ger öffentlicher Aufgaben muss auch mit         Verteilungsparameter.                         durch den so genannten Gesamtansatz dar-
                   den erforderlichen Finanzmitteln versehen       Gesetzgeberische Veränderungen an den         gestellt, der sich aus einem Hauptansatz
                   sein. Haupteinnahmequelle der Kommu-            Strukturen des GFG können erhebliche Um-      und mehreren Nebenansätzen zusammen-
                   nen sind - ebenso wie beim Bund und bei         verteilungswirkungen auslösen. So ist es      setzt. Alle zusammen dienen als Indikato-
                   den Ländern - Steuern, und zwar insbeson-       nicht verwunderlich, dass der kommunale       ren für den Bedarf. Hauptbedarfsindikator
                   dere die so genannten Realsteuern - Gewer-      Finanzausgleich wiederholt Gegenstand         (= Hauptansatz) ist die Zahl der Einwohner
                   besteuer und Grundsteuer - sowie der Ge-        von Auseinandersetzungen vor dem Verfas-      eine Gemeinde.
                   meindeanteil an der Einkommensteuer. Da-        sungsgerichtshof NRW war. Als generelle       Der Hauptansatz im nordrhein-westfäli-
                   neben stehen noch Gebühren, Beiträge und        Tendenz der verschiedenen Entscheidun-        schen Finanzausgleich wird allerdings nicht
                   privatrechtliche Entgelte, Erträge aus wirt-    gen kann festgestellt werden, dass der Ver-   linear, sondern mit einer Progression zu-
                   schaftlichen Unternehmen, Konzessionsab-        fassungsgerichtshof dem Landesgesetzge-       grunde gelegt. Dahinter steht die Überle-
                   gaben, Vermögenserträge, Mittel aus Kre-        ber einen sehr weiten Gestaltungsspiel-       gung, dass der Einwohner einer einwohner-
                   ditaufnahmen und nicht zuletzt allgemeine       raum einräumt, in welcher Art und in wel-     starken Gemeinde einen höheren Finanzbe-
                   oder zweckgebundene Finanzzuweisungen           chem Umfang er den gemeindlichen Fi-          darf auslöst als der Einwohner einer einwoh-
                   des Staates.                                    nanzausstattungsanspruch erfüllt und          nerschwachen Gemeinde. Diese Annahme
                   Aufgabe des kommunalen Finanzaus-               nach welchem System er die Finanzmittel       beruht letztlich nicht auf quantifizierbaren
                   gleichs ist es, die kommunale Finanzmasse       auf die Gemeinden verteilt. Dabei wurde       Parametern oder Kennzahlen,sondern ist al-

                   8   STÄDTE- UND GEMEINDERAT      11/2008
Stgerat_11_08_innen      24.10.2008      8:55 Uhr      Seite 9

                                                                                                                   THEMA GFG-REFORM

                                                       ZUR SACHE
      lein aus dem tatsächlichen Ausgabeverhal-                                                                      Für die Ermittlung der Einnahmekraft wird
      ten der Kommune abgeleitet.                                  Ausgangspunkt für den kommunalen Fi-              in erster Linie auf die Steuerkraft abgestellt.
      Ob die höheren Ausgaben in einwohner-                        nanzausgleich auf Landesebene ist Art. 106        Für die Realsteuern haben die Gemeinden
      starken Städten zwangsläufige Folge ande-                    Abs. 7 Grundgesetz:                               das grundgesetzlich garantierte Recht, im
      rer Strukturbedingungen sind oder ob sie                     „Von dem Länderanteil am Gesamtauf-               Wege einer politischen Entscheidung Hebe-
      auch ein unterschiedliches Verhältnis zur                    kommen der Gemeinschaftssteuern fließt            sätze festzulegen. Würde man für die Be-
      Ausgabendisziplin in den politischen Ver-                    den Gemeinden und Gemeindeverbänden               rechnung der Einnahmekraft allein die tat-
      tretungsorganen widerspiegeln,war und ist                    insgesamt ein von der Landesgesetzge-             sächlichen Einnahmen der Kommunen zu-
      Gegenstand kontroverser Diskussionen.                        bung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im           grunde legen, stünde zu befürchten, dass ei-
      Die unterschiedliche Gewichtung von Ein-                     Übrigen bestimmt die Landesgesetzge-              nige Kommunen aus Wettbewerbsgründen
      wohnern - genannt „Einwohnerverede-                          bung, ob und inwieweit das Aufkommen              bewusst niedrige Hebesätze festlegen - im
      lung“ - ist in der so genannten Hauptan-                     der Landessteuern den Gemeinden (Ge-              Vertrauen auf einen Ausgleich der fehlen-
      satzstaffel festgelegt. Einwohner in Kom-                    meindeverbänden) zufließt.“                       den Mittel über das GFG.
      munen von bis zu 25.000 Einwohnern wer-                      Die so genannten Gemeinschaftssteuern             Um dem zu begegnen, basiert die Ermitt-
      den mit dem Faktor 1 gewichtet. Am ande-                     sind die drei besonders ertragreichen gro-        lung der Einnahmekraft nicht auf den tat-
      ren Ende der 18-stufigen Skala steht die                     ßen Steuerarten Einkommen-, Körper-               sächlichen, sondern auf für alle Gemeinden
      Stadt Köln mit einem Gewichtungsfaktor                       schaft- und Umsatzsteuer. Den Auftrag zur         gleichermaßen gültigen fiktiven Hebesät-
      von derzeit 1,57 bei fast einer Million Ein-                 Gewährleistung eines Finanzausgleichs             zen. Die fiktiven Steuereinnahmen werden
      wohnern.                                                     präzisiert Art. 79 der nordrhein-westfäli-        in der Weise ermittelt, dass die Einnahmen
                                                                   schen Landesverfassung:                           einer früheren Referenzperiode durch den
      DIVERSE NEBENANSÄTZE                                         „Die Gemeinden haben zur Erfüllung ihrer          tatsächlichen Hebesatz geteilt und dann
                                                                   Aufgaben das Recht auf Erschließung eige-         mit dem fiktiven Hebesatz multipliziert
      Der Hauptansatz wird ergänzt durch ver-                      ner Steuerquellen. Das Land ist verpflichtet,     werden.
      schiedene Nebenansätze. Über den Schüler-                    diesem Anspruch bei der Gesetzgebung              Der Steuerkraft bei den Realsteuern hinzu-
      ansatz fließen die durchschnittlichen Schul-                 Rechnung zu tragen und im Rahmen seiner           gerechnet werden die Gemeindeanteile an
      kosten je Schulform in die Ermittlung des                    finanziellen Leistungsfähigkeit einen über-       der Einkommensteuer und der Umsatzsteu-
      Bedarfs ein. Den Schüleransatz erhalten Ge-                  gemeindlichen Finanzausgleich zu gewähr-          er.Die Summe dieser Steuereinnahmen wird
      meinden und Kreise für jeden Schüler an                      leisten.“                                         schließlich reduziert um die Gewerbesteuer-
      Schulen, deren Träger sie zu Beginn des                                                                        umlage, die ebenfalls auf der Basis der fikti-
      Haushaltsjahres sind.                             gendes Problem: Berechnete man sowohl                        ven Steuereinnahmen berechnet wird.
      Als weiterer Nebenansatz berücksichtigt           die Einnahmekraft der Kommunen als
      der Soziallastenansatz die Anzahl der ge-         auch ihren fiktiven Finanzbedarf unabhän-                    WEITERE ZUWEISUNGEN
      meldeten Arbeitslosen, wobei eine Gewich-         gig von dem für Schlüsselzuweisungen be-
      tung abhängig von der Dauer der Arbeitslo-        reitstehenden Betrag, so würde dieser ent-                   Neben den Schlüsselzuweisungen, die als
      sigkeit vorgenommen wird. Das alleinige           weder überschritten oder nicht ausge-                        allgemeine Deckungsmittel des Verwal-
      Abstellen auf die Arbeitslosigkeit erklärt        schöpft.                                                     tungshaushalts gedacht sind, erhalten die
      sich mit dem Fehlen belastbarer gemeinde-                                                                      Gemeinden und Kreise auch pauschale Mit-
      bezogener Daten über Sozialhilfeempfän-           KOMPLIZIERTE RECHENOPERATION                                 tel für investive Maßnahmen sowie für be-
      ger und -ausgaben. Im Zusammenhang mit                                                                         sondere Zwecke. Größter Einzelposten ist
      den arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Än-       Damit centgenau der für Schlüsselzuwei-                      die Bildungspauschale, gefolgt von der so
      derungen - insbesondere durch Hartz IV - ist      sungen reservierte Betrag an die Städte und                  genannten allgemeinen Investitionspau-
      die Angemessenheit des derzeitigen Sozial-        Gemeinden ausgeschüttet werden kann,                         schale. Diese fließt den Kommunen zur pau-
      lastenansatzes dringend zu überprüfen.            muss eine mathematische Verbindung zwi-                      schalen Förderung investiver Maßnahmen
      1996 wurde der Zentralitätsansatz einge-          schen Bedarf und Schlüsselmasse insge-                       nach einem Schlüssel zu, der sich zu 7/10
      führt, welcher sich an der Zahl der sozialver-    samt hergestellt werden. Dies geschieht                      nach der Einwohnerzahl und zu 3/10 nach
      sicherungspflichtig Beschäftigten orien-          über den so genannten Grundbetrag. Dieser                    der Gebietsfläche bemisst. Die früher ge-
      tiert. Gegenüber dem stark pauschalieren-         ist ein Betrag in Euro, mit dessen Hilfe die                 währte Abwasserinvestitionspauschale
      den Hauptansatz sollen damit bestimmte            Punkte des Gesamtansatzes in einen echten                    wurde im Jahr 2002 abgeschafft.
      Zentralitätsaspekte wie beispielsweise hö-        Finanzbedarf umgewandelt werden kön-                         Schließlich gibt es besondere Bedarfszuwei-
      here Lasten des öffentlichen Personennah-         nen. Zur Berechnung werden folgende fest-                    sungen, die - wie der Name zum Ausdruck
      verkehrs berücksichtigt werden.                   stehende mathematischen Komponenten                          bringt - nicht pauschal an alle Kommunen,
      Aus den dargestellten Indikatoren Haupt-          verwendet:                                                   sondern nur bei Vorliegen eines besonderen
      ansatz, Schüleransatz, Soziallastenansatz                                                                      Bedarfs gewährt werden. Die Empfänger
      und Zentralitätsansatz wird der normierte         • Höhe der Schlüsselmasse                                    sind entweder im Zuweisungstatbestand ge-
      Bedarf in Form des Gesamtansatzes aus-            • Summe der Gesamtansätze der Gemein-                        nannt oder werden in einem Anhang zum
      gewiesen. Dieser wird zunächst nicht in             den (Bedarf)                                               Gesetz namentlich aufgeführt.Beispiele sind
      Euro-Beträgen, sondern in Punkten erfasst.        • Summe der Steuerkraftmesszahlen der                        Zuweisungen an Kurorte oder an Gemeinden
      Würde man die fiktive Bedarfsberechnung             Gemeinden                                                  zum Ausgleich besonderer Härten bei der Er-
      an dieser Stelle beenden, ergäbe sich fol-        • Ausgleichsgrad                                             hebung von Abwassergebühren.              ●

                                                                                                                        STÄDTE- UND GEMEINDERAT         11/2008   9
Stgerat_11_08_innen           24.10.2008        8:55 Uhr                           Seite 10

                                  THEMA GFG-REFORM

      Fortentwicklung des kommunalen
      Finanzausgleichs
      Das Münchner ifo-Institut schlägt in seinem Gutachten                                                                                          DIE AUTOREN
      zur Fortentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs in                                                                                         Prof. Dr. Thiess Büttner ist
                                                                                                                                                     Professor für Volkswirt-
      Nordrhein-Westfalen maßvolle Änderungen vor                                                                                                    schaftslehre an der
                                                                                                                                                     Universität München und

      I  m Jahr 2006 beauftragte das Innenminis-
         terium Nordrhein-Westfalen das ifo-Insti-
      tut mit einem Gutachten zur Analyse und
                                                                                    Zuge eines Verbundquotensystems festge-
                                                                                    legt. Hiernach ergibt sich die Finanzaus-
                                                                                    gleichsmasse als ein Anteil von 23 Prozent an
                                                                                                                                                     Leiter des Bereichs
                                                                                                                                                     öffentlicher Sektor am
                                                                                                                                                     Ifo-Institut München
      Weiterentwicklung des kommunalen Fi-                                          den großen Gemeinschaftssteuern nach Ein-                        Dipl.Volkswirt Fédéric
      nanzausgleichs.1 Ziel ist es,dem Gesetzgeber                                  nahmen oder Ausgaben des Landes im Rah-                          Holm-Hadulla ist Mitarbeiter
      eine Entscheidungsgrundlage für eine Neu-                                     men des Länderfinanzausgleichs, des Famili-                      am Ifo-Institut München
      ordnung des kommunalen Finanzausgleichs                                       enleistungsausgleichs und des interkommu-                        Anne Stelzer ist Mitarbeiterin
      zu bieten. Im Folgenden sollen zentrale The-                                  nalen Entlastungsausgleichs.                                     am Ifo-Institut München
      sen des Gutachtens hinsichtlich des vertika-                                  In Bezug auf den vertikalen Finanzausgleich
      len Finanzausgleichs, also der Aufteilung der                                 ist zunächst zu fragen, welcher Anteil der
      Finanzmasse zwischen Land und kommuna-                                        gesamten Finanzierungsbasis des Landes an       kaum beobachtbaren - Präferenzen der Bür-
      ler Ebene, und des horizontalen Finanzaus-                                    die kommunale Ebene auszuschütten ist,          ger beantworten. Ein Anhaltspunkt sind al-
      gleichs zwischen kommunalen Gebietskör-                                       wie intensiv also der Finanzausgleich die       lenfalls die Ergebnisse des politischen Ent-
      perschaften im Rahmen des Schlüsselzuwei-                                     verfügbaren Mittel umverteilen soll. Die fi-    scheidungsprozesses. Unabhängige umfas-
      sungssystems vorgestellt werden.                                              nanzwissenschaftliche Analyse liefert hier      sende Bewertungen sind kaum zu leisten,
      Über den vertikalen Finanzausgleich werden                                    nur grobe Anhaltspunkte. Eine effiziente        sodass von einer „technokratischen“ Festset-
      die kommunalen Gebietskörperschaften an                                       Aufteilung der Mittel ist aus ökonomischer      zung der Mittelaufteilung abgesehen wird.
      der Finanzausstattung des Landes beteiligt.                                   Sicht dann erreicht, wenn ein zusätzlicher
      Dies beruht auf der Verpflichtung des Landes                                  Euro den Nutzen der Bürger gleichermaßen        VERTIKALER RISIKOAUSGLEICH
      gemäß Art.106 Abs.7 GG,eine dem Recht auf                                     erhöht - unabhängig davon, ob er für die
      kommunale Selbstverwaltung angemessene                                        kommunale Aufgabenerfüllung oder die des        Die finanzwissenschaftliche Analyse knüpft
      kommunale Finanzierungsbasis zu gewähr-                                       Landes ausgegeben wird.2                        demgegenüber an der derzeitigen Auftei-
      leisten.In Nordrhein-Westfalen wird die hier-                                 Die damit verbundene Bewertungsfrage            lung der Mittel an und konzentriert sich auf
      für veranschlagte Finanzausgleichsmasse im                                    lässt sich jedoch nur unter Kenntnis der -      die Frage, ob und ggf. wie diese Aufteilung
                                                                                                                                    an veränderte fiskalische Rahmenbedingun-
                                                                                                                                    gen anzupassen ist. Leitgedanke ist hierbei
                     EHRENAMTSKARTE FÜR ENGAGIERTE                                                                                  der Risikoausgleich zwischen beiden Ebe-
                                                                                                                                    nen, wonach beispielsweise Änderungen im
              reiwilliges bürgerschaftliches Engagement soll sich künftig mehr auszahlen. Die Stadt Gütersloh will
           F  sich bei ihren ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürgern mit der so genannten Ehrenamtskar-
           te bedanken. Bürgermeisterin Maria Unger (Foto Mitte) präsentierte nun die landesweit einheitliche
                                                                                                                                    Steueraufkommen einer Ebene durch eine
                                                                                                                                    entsprechende Anpassung der Finanzaus-
                                                                                                                                    gleichsmasse abgefedert werden sollen.
                                                                Karte, mit der Inhaber ab Dezember 2008 Vergüns-                    Ein Ansatz, der diesen Ausgleich berücksich-
                                                                tigungen in Museen, Theatern, Schwimmbädern                         tigt, ist der in einigen Bundesländern ange-
                                                                und anderen öffentlichen Einrichtungen erhalten.                    wandte Gleichmäßigkeitsgrundsatz. Im Un-
                                                                Auch private Kooperationspartner beteiligen sich                    terschied zu dem Verbundquotensystem
                                                                mit Ermäßigungen und bringen so ihre Anerken-                       werden dabei nicht nur Landeseinnahmen
                                                                nung für freiwilliges Engagement zum Ausdruck.                      zur Bestimmung der Finanzausgleichsmas-
                                                                Nach Angaben der Ehrenamtsbeauftragten der                          se herangezogen,sondern auch die Entwick-
                                                                Stadt Gütersloh Sabine Gildemeister (links) und                     lung der Gemeindeeinnahmen mit negati-
                                                                des Sozial-Beigeordneten Joachim Martensmei-                        vem Faktor in der Berechnung berücksich-
                                                           FOTO: STADT GÜTERSLOH

                                                                er (rechts) wird bald auch eine Internetplattform
                                                                über die Angebote für ehrenamtliches Engage-                        1 Siehe hierzu Büttner et. al., 2008 „Analyse und Weiterent-

                                                                ment sowie aktuelle Entwicklungen und punktuel-                     wicklung des kommunalen Finanzausgleichs in Nordrhein-
                                                                                                                                    Westfalen“, ifo Forschungsbericht 41.
                                                                len Bedarf in der Stadt informieren.                                2 Vergleiche hierzu Musgrave, 1959, The Theory of Public Fi-

                                                                                                                                    nance, New York, McGraw-Hill.

      10     STÄDTE- UND GEMEINDERAT             11/2008
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      tigt. Dadurch partizipiert die jeweilige Ebe-     rund 85 Prozent - wird im Rahmen des            schen Gründen wäre nämlich davon auszu-
      ne, wenn die Steuereinnahmen der anderen          Schlüsselzuweisungssystems unter den            gehen, dass eine derartige Subvention ei-
      Ebene stärker ansteigen als die eigenen, au-      kommunalen Gebietskörperschaften ver-           nen Rückgang der gesamtwirtschaftlichen
      tomatisch an dieser Entwicklung. Analog           teilt. Die Schlüsselzuweisungen einer je-       Effizienz zur Folge hätte. Die Diskussion um
      hierzu wird auch bei einem Einnahmeein-           den Gebietskörperschaft werden dabei auf        die Hauptansatzstaffel sollte sich jedoch
      bruch ein Teil des Risikos auf die andere Ebe-    Basis von „fiktiven“ Größen zur Berück-         ohnehin von dem Argument der Ballungs-
      ne verlagert.                                     sichtigung des lokalen Finanzbedarfs und        raumkosten lösen. Eine Rechtfertigung
      Eine Verstetigung wird dabei allerdings nur       der lokalen Finanzkraft berechnet. Die          muss letztlich aus den raumwirtschaftli-
      dann erzielt, wenn die Gemeindesteuern            Festlegung des fiktiven Finanz-                             chen Implikationen des kom-

                                                                                                                   FOTO: WOLTERFOTO
      sich tatsächlich unabhängig von den Ein-          bedarfs über die so genannte                                munalen Finanzausgleichs he-
      nahmen des Landes entwickeln,oder gar ge-         Bedarfsmesszahl zielt dabei                                 raus erfolgen.
      genläufig sind,was beides kaum zu erwarten        auf die Abbildung finanzaus-                                Wie die regionalökonomische
      ist. Tatsächlich zeigen die Simulationsrech-      gleichsrelevanter sozioökono-                               Forschung belegt, konzentriert
      nungen im Rahmen des Gutachtens,dass ei-          mischer Eigenschaften der Ge-                               sich die gesamtwirtschaftliche
      ne Verwendung des Gleichmäßigkeits-               meinden - beispielsweise die                                Wertschöpfung sehr stark in
      grundsatzes im Zeitraum 1990 - 2004 im            Gemeindegröße oder die loka-                                Ballungsräumen. Insbesondere
      Vergleich zum Verbundquotensystem kaum            len Belastungen im Bereich der                              aufgrund der herausragenden
      zu Unterschieden und auch nicht zu einer          sozialen Sicherung. Die fiktive                             Bedeutung der Gewerbesteuer
      Verstetigung geführt hätte. Folglich wird         Finanzkraft bemisst die Fähigkeit der ein-      für die Kommunalfinanzen folgt hieraus ei-
      von einer Übernahme des Gleichmäßig-              zelnen Gebietskörperschaft, im Rahmen           ne hohe Korrelation zwischen Steuerauf-
      keitsgrundsatzes im kommunalen Finanz-            ihrer Hebesatzautonomie Einnahmen zu            kommen und Einwohnerstärke einer Ge-
      ausgleich Nordrhein-Westfalens abgeraten.         generieren.                                     bietskörperschaft. Ein Ausgleichsmechanis-
                                                        Durch die Verwendung abgeleiteter Grö-          mus, der beispielsweise auf eine Anglei-
                                                        ßen wird erreicht, dass die Gebietskörper-      chung der Pro-Kopf-Finanzkraft abzielte,
            Von einer Übernahme des
                                                        schaft die Höhe ihrer Zuweisungen nicht         würde demnach eine systematische Umver-
         Gleichmäßigkeitsgrundsatzes im                 direkt durch ihr Finanzgebaren beeinflus-       teilung von Finanzmitteln aus Ballungszen-
          kommunalen Finanzausgleich                    sen kann, die gemeindliche Autonomie al-        tren in kleinere Gemeinden bewirken und
            Nordrhein-Westfalens wird                   so gewahrt bleibt. Insbesondere durch die       damit die raumwirtschaftliche Stellung der
                   abgeraten                            umgekehrte Abhängigkeit der Zuweisun-           Ballungszentren beeinträchtigen.
                                                        gen von der lokalen Steuerkraft erfüllt das     Auch besteht die Gefahr, dass eine erhöhte
      Auch ein Stabilisierungsfonds, in welchem in      Schlüsselzuweisungssystem eine wichtige         Abschöpfung zu einer weiteren Steigerung
      Zeiten sprudelnder Steuerquellen Rücklagen        Versicherungsfunktion gegenüber fiskali-        der ohnehin bereits hohen Steuerlast in den
      für künftige steuerschwache Perioden gebil-       schen Risiken auf kommunaler Ebene und          Wirtschaftszentren führt. Durch die Ein-
      det werden, wird nicht für nötig erachtet.        entfaltet im Zusammenhang mit dem in-           wohnerwertung wird erreicht, dass die Fi-
      Denn Nordrhein-Westfalen unterliegt auf-          terkommunalen Steuerwettbewerb eine             nanzkraft zwischen - hinsichtlich ihrer
      grund seiner Größe in der Regel keinen gro-       effizienzsteigernde Lenkungswirkung.            raumwirtschaftlichen Funktion sehr unter-
      ßen Schwankungen. Zudem sorgen Umsatz-                                                            schiedlichen - Gebietskörperschaften weni-
      steuervorwegausgleich, Länderfinanzaus-           HAUPTANSATZSTAFFEL BEIBEHALTEN                  ger stark umverteilt wird als zwischen Ge-
      gleich und Bundesergänzungszuweisungen                                                            bietskörperschaften der gleichen Größe. In-
      bereits für eine gewisse Verstetigung.            Wichtigste Determinante der fiktiven inter-     sofern verhält sich ein Finanzausgleich mit
      Das bestehende Verbundquotensystem stellt         kommunalen Bedarfsrelationen ist die            Einwohnerwertung in Bezug auf die räum-
      sich daher im Vergleich zu den gängigen Al-       Hauptansatzstaffel, aufgrund derer größe-       liche Struktur von der Tendenz her neutral.
      ternativen als eine grundsätzlich sinnvolle       ren Gemeinden ein höherer fiktiver Finanz-      Die Hauptansatzstaffel ist somit ein wichti-
      Ausgestaltung des vertikalen Finanzaus-           bedarf zugesprochen wird. Diese Vorge-          ger Bestandteil eines effizienzorientierten
      gleichs dar. Problematisch erscheint zwar die     hensweise wird bisweilen mit höheren Kos-       Finanzausgleichsystems.3
      Überprüfung des Bedarfs für eine Anpassung        ten in Ballungsräumen begründet. Jedoch
      der Verbundquote im Zeitablauf anhand der         ist nicht unmittelbar ersichtlich, ob die be-          Die Hauptansatzstaffel ist ein
      vergleichenden Analyse von Finanzierungs-         obachteten erhöhten Ausgaben in großen
                                                                                                                wichtiger Bestandteil eines
      saldo, Schuldenstand und Zinsbelastung. Je-       Städten gegenüber kleineren Gemeinden
                                                                                                                   effizienzorientierten
      doch ist zu hoffen, dass auch diese Probleme      tatsächlich auf höhere Kosten zurückzufüh-
      durch die Verbesserung der Datenbasis im Zu-      ren sind oder nicht lediglich unterschiedli-
                                                                                                                 Finanzausgleichsystems
      ge des Neuen Kommunalen Finanzmanage-             che Nachfragemuster reflektieren.
      ments behoben werden können.                      Zudem ist fraglich, ob eine aufgrund von        Ergänzt wird die Hauptansatzstaffel im
                                                        Ballungsraumeffekten kostspieligere Be-         kommunalen Finanzausgleich Nordrhein-
      FUNKTIONSWEISE DER                                reitstellung öffentlicher Güter in Großstäd-    Westfalens durch den Schüler-, Soziallas-
      SCHLÜSSELZUWEISUNGEN                              ten im Rahmen eines Schlüsselzuweisungs-        ten- und Zentralitätsansatz. Diese Neben-
                                                        systems berücksichtigt werden sollte -
      Der weitaus größte Anteil der verteilbaren        selbst wenn sich dieser Zusammenhang            3 Vergleiche hierzu Büttner und Holm-Hadulla, 2008, Cities
      Finanzausgleichsmasse - gemäß GFG 2008            empirisch nachweisen ließe. Aus theoreti-       in Fiscal Equalization, CESifo Working Paper.

                                                                                                            STÄDTE- UND GEMEINDERAT                11/2008      11
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                            THEMA GFG-REFORM

      ansätze erlauben eine differenziertere Ab-       erbemessungsgrundlagen im Schlüsselzu-         werbesteuer ist zu beachten, dass die nord-
      bildung der sozioökonomischen und demo-          weisungssystem. Die Berücksichtigung der       rhein-westfälischen Gemeinden in einem
      grafischen Heterogenität zwischen den Ge-        Finanzkraft im Gegensatz zu tatsächlichen      intensiven Wettbewerb mit Gemeinden an-
      meinden. Die bestehenden Ansätze und In-         finanzstatistischen Größen wie etwa dem        derer Bundesländer stehen.
      dikatoren wurden in der Analyse ihrer ver-       lokalen Steueraufkommen ist dabei unab-        Ein hoher fiktiver Hebesatz, der nun die
      teilungspolitischen Implikationen bestätigt      dingbar. Nur so lässt sich verhindern, dass    nordrhein-westfälischen Gemeinden zu ei-
      und eine Beibehaltung empfohlen.                 sich lokale Entscheidungen beispielsweise      ner hohen Steuerlast bei der Gewerbesteu-
                                                       zum Gewerbesteuerhebesatz unmittelbar          er verleitet, schwächt somit den Wirt-
      FLÄCHENANSATZ ALS POLITISCHE                     in den Schlüsselzuweisungen niederschla-       schaftstandort Nordrhein-Westfalen. Ge-
      ENTSCHEIDUNG                                     gen.                                           genwärtig weist Nordrhein-Westfalen den
                                                       Um eine derartige Untergrabung der kom-        höchsten fiktiven Gewerbesteuerhebesatz
      Zudem wurde der Vorschlag geprüft, eine          munalen Hebesatzautonomie zu verhin-           und im gewogenen Durchschnitt die höchs-
      flächenbezogene Bedarfskomponente in             dern, muss daher bei der Bewertung der lo-     ten tatsächlichen Gewerbesteuerhebesät-
      das Schlüsselzuweisungssystem zu inte-           kalen Steuerkraft weiterhin mit fiktiven He-   ze im Bundesgebiet auf. Eine Absenkung
      grieren. Ein derartiges Element lässt sich       besätzen operiert werden. Während diese        des Hebesatzes auf das Niveau des gewoge-
      möglicherweise aus übergeordneter raum-          in den Finanzausgleichssystemen der meis-      nen Bundesdurchschnitts der Gewerbe-
      planerischer Perspektive rechtfertigen, et-      ten deutschen Bundesländer eine einheitli-     steuerhebesätze - eventuell ohne Berück-
      wa weil eine grundsätzliche Präferenz dafür      che Höhe aufweisen, wird bisweilen gefor-      sichtigung Nordrhein-Westfalens - ist da-
      besteht, gerade in dünn besiedelten Regio-       dert, die Bemessungsgrundlage insbeson-        her angeraten.
      nen ein attraktives Bündel an öffentlichen       dere zwischen kleinen und großen Gemein-
      Leistungen bereitzustellen.                      den zu differenzieren. So verweisen Befür-               Eine Absenkung des
      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Effi-     worter unterschiedlicher fiktiver Hebesätze         Hebesatzes auf das Niveau des
      zienzüberlegungen gegen eine Subvention          auf einen positiven statistischen Zusam-
                                                                                                          gewogenen Bundesdurchschnitts
      von Gebietskörperschaften sprechen, die          menhang zwischen der Einwohnerzahl ei-
                                                                                                          der Gewerbesteuerhebesätze ist
      sich aufgrund geringer Skaleneffekte ver-        ner Gemeinde und den gewählten Hebesät-
                                                                                                                     angeraten
      gleichsweise hohen Kosten bei der Bereit-        zen hin.
      stellung öffentlicher Güter gegenüberse-
      hen. Der Verwendung eines solchen Ansat-           Aus finanzwissenschaftlicher Sicht           Die wissenschaftliche Überprüfung und Wei-
      zes muss demnach eine politische Entschei-          ist von einer Differenzierung der           terentwicklung des kommunalen Finanzaus-
      dung über die Bedeutung entsprechender                                                          gleichs in Nordrhein-Westfalen6 schlägt sich
                                                            fiktiven Hebesätze abzuraten
      raumplanerischer Zielsetzungen gegen-                                                           in einer praktikablen und mit finanzwissen-
      über der Effizienz der Finanzpolitik vorange-                                                   schaftlichen Grundsätzen kompatiblen Aus-
      hen.                                             Jedoch ist aus finanzwissenschaftlicher        gestaltung des Systems nieder. Darüber hi-
      Im Anschluss an die Analyse der Bedarfser-       Sicht von einer derartigen Differenzierung     naus wurde in der Diskussion mit Vertretern
      fassung wurden die für sinnvoll erachteten       abzuraten. Zum einen reflektiert der ein-      von Ministerien, Gemeinden und kommuna-
      Indikatoren mithilfe eines statistischen         heitliche fiktive Hebesatz die solidarische    len Spitzenverbänden ein großes Bewusst-
      Analyseverfahrens abgesichert und ge-            Zielsetzung des kommunalen Finanzaus-          sein für mögliche finanzausgleichsrelevante
      wichtet. Grundlage hierfür ist der multiva-      gleichs, gemäß derer der Finanzierungsbei-     Problembereiche deutlich.
      riate Zusammenhang zwischen den fiktiven         trag durch eine Besteuerung unabhängig         Trotz dieser günstigen Ausgangsposition ist
      Bedarfsindikatoren und dem Zuschussbe-           von Wohn- oder Betriebsort des Steuerzah-      es jedoch weiterhin notwendig,Maßnahmen
      darf, einer von den Gemeindeausgaben ab-         lers gleich zu würdigen ist. Zum anderen       einzuleiten,die gerade angesichts der zuneh-
      geleiteten finanzstatistischen Größe. Dabei      würde die stärkere Abschöpfung großer Ge-      menden wirtschaftlichen Integration und der
      wurden die tatsächlichen Ausgabenunter-          meinden, welche aus einem differenzierten      steigenden Finanzierungsnotwendigkeiten
      schiede um Unterschiede bereinigt, die ent-      fiktiven Hebesatz resultierte, eine Verzer-    auch künftig die Auskömmlichkeit der Kom-
      weder unsystematisch sind oder Unter-            rung der raumwirtschaftlichen Struktur         munalfinanzen in Nordrhein-Westfalen ge-
      schiede in den Präferenzen und im Einkom-        nach sich ziehen.4                             währleisten.Das hier besprochene Gutachten
      men zwischen den Gemeinden widerspie-                                                           ist bemüht, die Bedeutung des Finanzaus-
      geln und somit nicht im Schlüsselzuwei-          HOHER FIKTIVER HEBESATZ                        gleichs für die Erreichung dieses Ziels heraus-
      sungssystem berücksichtigt werden soll-          PROBLEMATISCH                                  zustellen und der Politik entsprechende Ge-
      ten. Die untersuchten Indikatoren zeigen                                                        staltungsempfehlungen zu geben.              ●
      dabei einen signifikanten Einfluss auf die       Es stellt sich aber auch die Frage nach der
      Ausgaben und sollten daher – mit teilweise       geeigneten Höhe der fiktiven Hebesätze.
      modifizierter Gewichtung – beibehalten           Diese lässt sich nur unter Berücksichtigung    4 Vergleiche hierzu Büttner und Holm-Hadulla, 2008, Cities

      werden.                                          der Rückwirkungen der fiktiven auf die tat-    in Fiscal Equalization, CESifo Working Paper.
                                                                                                      5 Siehe hierzu Büttner, 2006, The incentive effect of fiscal
                                                       sächlichen Hebesätze beantworten. So geht
                                                                                                      equalization transfers on tax policy, Journal of Public Econo-
      BESTIMMUNG DER FINANZKRAFT                       aus der finanzwissenschaftlichen Literatur     mics 90, S. 447-497.
                                                       hervor, dass die Hebesatzpolitik der Ge-       6 Siehe das Gutachten der Arbeitsgruppe Sachverständiger

                                                                                                      Praktiker zur Berechnung der Schlüsselzuweisungen im
      Im Mittelpunkt der Analyse der Finanzkraft       meinden vom fiktiven Hebesatz beeinflusst      Kommunalen Finanzausgleich 1987 und das Gutachten des
      steht die Bewertung der kommunalen Steu-         wird.5 Insbesondere im Hinblick auf die Ge-    ifo Instituts aus dem Jahr 1995.

      12   STÄDTE- UND GEMEINDERAT      11/2008
Stgerat_11_08_innen   24.10.2008   8:55 Uhr   Seite 13

                         Es gibt einen
             sicheren Weg bei der
               Umstellung auf die                        DOPPIK    führen Sie am besten mit
                                                                   DATEV ein. Schließlich sind
                                                                   wir nicht nur führend beim
                                                                   Rechnungswesen, sondern
                                                                   auch der Spezialist für ein
                                                                   zukunftsweisendes kommu-
                                                                   nales Finanzmanagement.
                                                                   Wir begleiten Sie in allen Phasen der Um-
                                                                   stellung auf die doppelte Buchführung: mit
                                                                   leistungsstarker Software, einem umfas-
                                                                   senden Projektmanagement und individuellen
                                                                   Serviceangeboten. Und auch anschließend,
                                                                   im laufenden Betrieb stehen wir Ihnen bera-
                                                                   tend zur Seite. Informieren Sie sich bei Ihrem
                                                                   Steuerberater, Ihrem Wirtschaftsprüfer oder
                                                                   unter der Telefonnummer 0800 0114348.
                                                                   www.datev.de/kommunal

                                    Zukunft gestalten.Gemeinsam.
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