Datenschutz in der Marktforschung: Herausforderungen und Erfahrungen - März 2016 - marktforschung.de
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Inhalt • 03 – Editorial Horst Müller-Peters / marktforschung.de • 05 – Wie streng muss der Datenschutz eigentlich sein? Philipp Kemser, Florian Tress / Norstat • 08 – Über Edward Snowden und den Datenschutz aus europäischer und US- amerikanischer Sicht Prof. Dr. Franziska Boehm / Universität Karlsruhe • 11 – Die EU-Datenschutzgrundverordnung aus Sicht des ADM Hartmut Scheffler / ADM • 13 – Rechtsrahmen für Datenexporte in die USA - "EU-U.S. Privacy Shield" ersetzt Safe Harbor Prof. Dr. Rolf Schwartmann / TH Köln • 17 – Über den Einfluss der ESOMAR in Brüssel, Pseudonymisierung und Datenschutz 2018 Kim Smouter / ESOMAR • 20 – Die wachsende Bedeutung des Datenschutzes Roy A. Walsh / GfK marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 2
Editorial Von Horst Müller-Peters, marktforschung.de Vom Hygienefaktor zur Top-Priorität? sind, ist unscharf, pseudonymisiert heißt noch lange nicht de-personalisiert. Akteure Datenschutz und Datensicherheit spielen in in gleichen Märkten unterliegen ganz der Marktforschung von jeher eine unterschiedlichen Gesetzen, abhängig vom wichtige Rolle. Befragte gewähren gegen Sitz des Dienstleisters. Auch innerhalb ein Anonymitätsversprechen tiefe und Deutschlands ist die Durchsetzung von bisweilen intime Einblicke in ihr Leben. Datenschutz Ländersache und wird Zugleich vertrauen Auftraggeber den unterschiedlich streng gehandhabt. Der von Instituten Adressdaten und damit vielen Instituten bewusst oder unbewusst verknüpfte Kundeninformationen an. Ein praktizierte und bisher auf Basis von Safe Datenleck kann so leicht zum Reputations- Harbour als gesichert angesehene GAU eines jeden Dienstleisters oder gar der Datenaustausch mit den USA wurde jüngst ganzen Branche werden, die Bankenwelt vom Europäischen Gerichtshof gekippt. Ob lässt grüßen. die eiligst auf den Weg gebrachte Nachfolgeregelung Privacy Shield vor Während der Datenschutz sich in der der Gericht Bestand hat, steht in den Sternen. Vergangenheit aber dennoch mit einer Die Europäische Datenschutzgrundver- zwar wichtigen, aber wenig ordnung soll zwar eine Vereinheitlichung wahrnehmbaren Rolle zufrieden gab, als bringen, greift aber erst 2018 und ist in lästiger aber notwendiger Hygienefaktor, ihrer Auslegung auf die Marktforschung hin hat er sich in jüngster Zeit vehement in den unklar. Zugleich überschlagen sich die Vordergrund gedrängt. Beflügelt von Auftraggeber mit eigenen Unternehmens- großen und kleinen Skandalen – von NSA Richtlinien, die bei den Auftragnehmern über AOL bis Lidl und Sony – und die sich nicht nur Aufwand verursachen, sondern in dank Vernetzung und künstlicher Intelligenz ihrer Gesamtheit oft kaum erfüllbar exponentiell entwickelnden Möglichkeiten erscheinen. Und im Hintergrund schwelt haben dem Datenschutz einen ein politischer Streit, ob ein strenger prominenten Platz in der öffentlichen Datenschutz eigentlich als unabdingbares Diskussion verschafft. Grundrecht in einer demokratischen Gesellschaft zu sehen ist, oder vielmehr als Hinzu kommt eine uneinheitliche, unklare gefährlicher Standortnachteil durch die und sich wandelnde Rechtslage: Die unnötige "Verknappung" des derzeit wohl Grenze, ab der Daten personenbezogen wichtigsten Rohstoffs "Daten". marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 3
In unserem Schwerpunktthema zum Datenschutz wollen wir einen Überblick geben und zugleich einen Blick hinter die Kulissen werfen: Wie ist die derzeitige und zukünftige rechtliche Lage? Wie gehen Institute und Auftraggeber damit um? Welche Besonderheiten ergeben sich für internationale Institute und Projekte, für Subauftragnehmer und für Onlinepanel? Wie können die Verbände ihre Mitglieder unterstützen, und wie reagieren eigentlich die Befragten oder vermessenen Konsumenten auf das Thema? Auch wenn es in diesem Fall schwer ist: Wir hoffen, damit etwas mehr Klarheit als zusätzliche Verwirrung zu stiften, und Ihnen zugleich den ein oder anderen ganz praktischen Ratschlag mit auf den Weg zu geben. Damit Datenschutz die Forschung nicht bremst, sondern nur begleitet und ihre öffentliche Akzeptanz sichert. Ihr Horst Müller-Peters (Herausgeber) PS: Und sollten Sie, liebe Leser, auch denken, "wie gut dass es den Datenschutz gibt", und "meine Privatsphäre ist mir wichtig", dann schauen Sie doch bitte einmal auf Ihrem Handy nach. Sind Ortungsfunktion, die Health-App und die Spracherkennung ausgeschaltet? Und ist das Fahrassistenzsystem im neuen Auto deaktiviert? Falls nicht, gehören Sie vielleicht zu der großen Mehrheit der Deutschen, die Datenschutz zwar als ungemein wichtig erachten, sich im eigenen Alltag aber kaum darum scheren. Holen Sie Ihren persönlichen Datenschutz am besten direkt nach – und schalten die Funktionen auch nicht wieder ein, nur weil sie gerade praktisch sind. Zumindest nicht vor 2018, siehe oben! marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 4
Wie streng muss der Datenschutz eigentlich sein? Philipp Kemser ist seit 2011 bei Norstat Deutschland als Panel Manager für Aufbau und Pflege der internationalen Online Panels verantwortlich. Als Datenschutzbeauftragter vertritt er bei Norstat Deutschland intern die Interessen von über 650.000 Panellisten in 18 Ländern. Florian Tress arbeitet für die Norstat Gruppe an der Schnittstelle zwischen Produktentwicklung und Marketing. Das geplante transatlantische kommerzielle Meinungsforschung folgt Freihandelsabkommen TTIP hält jede nämlich einem zweiseitigen Menge Zündstoff bereit. Während die Geschäftsmodell, das nur dann Bevölkerung den Verlust von funktionieren kann, wenn man Bürgerrechten, sozialstaatlichen Standards Auftraggeber und Studienteilnehmer und Regelungen zum Verbraucherschutz gleichermaßen für sich gewinnen kann. befürchtet, pochen Wirtschaftsvertreter Wer einseitig Position bezieht, läuft Gefahr, auf den stärkeren Abbau von seinen Zugang zur jeweils anderen Seite zu Handelshemmnissen zwischen Europa und verlieren. Deshalb müssen ganz Amerika. Dazu gehört in einer globalen unterschiedliche Ansprüche unter einen Wirtschaft natürlich auch der freie Hut gebracht werden. Die Auftraggeber von grenzüberschreitende Fluss von Daten. Forschung möchten ihre Kunden effizienter Deshalb war es nicht besonders und gezielter ansprechen, um ihnen am verwunderlich, dass für das gekippte Safe- Ende mehr verkaufen zu können. Harbour-Abkommen innerhalb kürzester Konsumenten dagegen wünschen sich Zeit ein Nachfolger verkündet wurde. Der unter anderem Teilhabe an der sogenannte "Privacy Shield" gilt vielen Produktentwicklung und ein Sprachrohr in jedoch nur als ein zahnloser Workaround, die Wirtschaft. Gute Forschung zeichnet um die ohnehin schon komplizierten TTIP- sich dadurch aus, zwischen diesen beiden Verhandlungen ohne Verzögerung Seiten vermitteln zu können. fortführen zu können. Und so stehen sich auch hier die Gegner und Befürworter des Bei Norstat erleben wir Tag für Tag die transatlantischen Freihandels mit den konkrete Aushandlung solcher altbekannten Argumenten gegenüber. Fragestellungen zwischen unseren Projektleitern und dem Panelmanagement. Wirtschafts- gegen Verbraucherinteressen: Viele Studien streben eine unmittelbare diese beiden widerstreitenden Positionen Nähe zum Konsumentenalltag an, um sind unserer Branche bestens vertraut. Die möglichst authentische Daten zu erheben. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 5
Das kann in einzelnen Fällen durchaus die Studienteilnehmern absichern, sondern Interessen unserer Panelteilnehmer vielmehr durch vertrauensbildende berühren. Da Onlinepanels jedoch auf eine Maßnahmen die Grundlage für eine möglichst langfristige Beziehung mit ihren langfristige Bindung schaffen. Teilnehmern ausgelegt sind, gilt es hier zwischen den Interessen zu vermitteln. Brauchen wir deshalb also gar keinen Während die Projektleiter naturgemäß Datenschutz, wenn für uns die häufig eher die Sichtweise ihrer Beziehungspflege mit den Marktforschungskunden einnehmen, Studienteilnehmern ohnehin die härteste fungieren unsere Panelmanager als interne Währung ist? Können uns die Inhalte von Interessensvertreter für die Safe Harbour völlig egal sein? Wir glauben Panelmitglieder. Nicht zufällig wird bei nicht! Zum einen gilt auch für das Norstat deshalb auch traditionell ein Zustandekommen solcher Abkommen das Panelmanager zum Gebot der Transparenz, damit sich alle Datenschutzbeauftragten bestellt. Betroffenen informieren und ihre Bedenken äußern können. Selbst wenn wir Der Verweis auf Datenschutzgesetze kann unseren Auftraggebern aus purem dabei jedoch immer nur das letzte Eigeninteresse mehr Wachstum durch Argument sein. Selbst professionelle freien Datenverkehr wünschen, so müssen Richtlinien wie der ESOMAR-Kodex sind wir auch die vielen Ängste in der häufig zu weit gefasst. Tatsächlich sollte die Bevölkerung ernst nehmen, etwa, dass sie Diskussion schon viel früher ansetzen. Die von der Politik beim Thema Datenschutz eigentliche Grenze für unser Tun ist einfach übergangen werden. nämlich die Komfortzone unserer Probanden; also da, wo sich Das ausschlaggebende Argument ist für uns Befragungsteilnehmer noch jedoch die Bedeutung eines strengen uneingeschränkt wohlfühlen und das Datenschutzes für das Dasein der Vertrauen zur Marktforschung bestärkt Marktforschung. Je besser unser wird. Aus zahlreichen Eigenstudien mit öffentliches Image ist, desto leichter tun unseren Panellisten – online und offline – wir uns mit der Datenerhebung. Zu wissen wir, dass dieses Kriterium für viele unserem Leidwesen kann der Otto der gängigen Methoden nicht zutrifft. Normalverbraucher jedoch häufig nicht Gerade passive Verfahren der zwischen seriösen Instituten und Datenerhebung wie Cookie Tracking führen forschungsfremden Marktteilnehmern häufig zu Verunsicherung und Skepsis. Hier unterscheiden. Zudem haben unsere ist echte Transparenz gefragt, die weit über Branchenverbände nicht die richtigen eine formale Zustimmung zu seitenlangen Sanktionsmöglichkeiten, um schwarze Teilnahmebedingungen und Schafe wirkungsvoll vom Wettbewerb unverständlichen Privacy Policies auszuschließen. Diese Grenze kann für uns hinausgeht. Wir wollen uns also in erster deshalb nur der Gesetzgeber ziehen; und je Linie nicht rechtlich gegenüber unseren schärfer, desto besser! marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 6
Eine strenge gesetzliche Regelung lässt nicht nur unsere Privilegien im Umgang mit personenbezogenen Daten stärker zum Tragen kommen, sondern sie institutionalisiert auch die Beziehungspflege zu unseren Studienteilnehmern. Und genau so können wir auch in Zukunft weiterhin unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden, neutral zwischen Unternehmen und Verbrauchern zu vermitteln. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 7
Über Edward Snowden und den Datenschutz aus europäischer und US-amerikanischer Sicht Prof. Dr. Franziska Boehm lehrt seit November 2015 am Zentrum für Angewandte Rechtswissenschaft an der Universität in Karlsruhe. Während ihrer akademischen Laufbahn beschäftigte sie sich wiederholt mit den Themen Datenschutz und IT-Recht. Mit marktforschung.de sprach sie über den unterschiedlichen Stellenwert, den der Datenschutz in den USA und Europa hat und ordnete das Privacy-Shield- Abkommen diesbezüglich ein. marktforschung.de: Frau Boehm, in Tatsache, dass es keine mit der EU Deutschland gilt der Datenschutz vergleichbare Datenschutzbehörde gibt. traditionell als höchst schützenswertes Gut, Können Sie uns die wichtigsten woran liegt das Ihrer Einschätzung nach? Unterschiede bitte kurz skizzieren? Franziska Boehm: Die besondere Franziska Boehm: Der größte Unterschied Sensibilität Deutschlands in diesem ist sicherlich, dass Datenschutz in Europa Rechtsbereich hat vor allem historische grundrechtlich verankert ist und es in den Gründe. Die Erfahrung mit zwei USA einen sektoralen Schutz gibt, der sich diktatorischen Regimen, die unter anderem vornehmlich an US-Bürger richtet. Es gibt durch die Bespitzelung ihrer Bürger und große strukturelle Unterschiede, die sich in akribische Aktensammlungen furchtbare einer anderen Form der Aufsicht und auch Dinge angerichtet haben, ist noch präsent der Vor- und/oder Nachsorge zeigen. So und erklärt die Aufmerksamkeit, die ähnlich wie im Verbraucherschutzrecht diesem Thema gewidmet wird. Deswegen wird in den USA auch im Datenschutzrecht wird auch der Schutz der Privatsphäre vor eher eingegriffen, wenn es schon einen dem Eingreifen des Staates als besonders Vorfall gegeben hat, also in der Nachsorge, schützenswertes Gut und als wohingegen in der EU versucht wird, einen Voraussetzung für die Ausübung Sachverhalt rechtlich klar zu regeln, bevor demokratischer Rechte angesehen. Ohne er eintritt, was der Vorsorge entspricht. einen privaten Raum ist demokratische Partizipation nicht möglich. marktforschung.de: Stichwort "Allmacht USA" im Zusammenhang mit dem Thema marktforschung.de: Datenschutz steht in Datenschutz – wie ordnen Sie die den USA im Vergleich zur EU nicht sehr Vormachtstellung der USA diesbezüglich hoch im Kurs, ich denke hier etwa an die ein? marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 8
Franziska Boehm: Ich würde nicht sagen, zugenommen. Dazu hat nicht nur Edward dass die USA eine Vormachtstellung im Snowden beigetragen, sondern auch die Bereich Datenschutz haben. Dort sind Maßnahmen, die von den USA nach dem allerdings viele der entscheidenden 11. September getroffen wurden und Internetkonzerne wie Google, Facebook denen viele EU-Datenschützer kritisch und Co ansässig, deren Geschäftsmodelle gegenüberstehen. auf der Auswertung der Daten ihrer Kunden basieren und deren Vorstellung von marktforschung.de: Barack Obama Datenschutz nicht immer mit den unterzeichnete kürzlich den "Judicial europäischen Rechtsvorgaben einhergeht. Redress Act" – was bedeutet das für Europa, wie ordnen Sie dieses Gesetz ein? Erhöhte Sensibilität für Datenschutz Franziska Boehm: Das Gesetz hat einen marktforschung.de: Inwiefern denken Sie, sehr beschränkten Anwendungsbereich haben die Enthüllungen durch Edward und erklärt bestimmte Rechtsbehelfe aus Snowden zu einer erhöhten Sensibilität der dem "Privacy Act" der USA auch für US-Amerikaner in Bezug auf das Thema Europäer anwendbar. Es gilt allerdings nur Datenschutz geführt? für Daten, die unter einem bestimmten Abkommen, dem sogenannten "Umbrella Franziska Boehm: Die Sensibilität ist Agreement", das den polizeilichen und sicherlich höher als vor den Enthüllungen. justiziellen Datenaustausch zwischen den Allerdings scheinen sich die Bemühungen USA und der EU regelt, ausgetauscht den Datenschutz weiterauszubauen in den werden. Auch ist es auf EU-Bürger und ganz USA vor allem auf US-Amerikaner zu bestimmte, im Abkommen genannte beschränken. Das wird zum Beispiel in dem Behörden, beschränkt. Als einen großen erst kürzlich verabschiedeten Freedom Act Wurf kann man es deswegen nicht deutlich, der den Schutz von US- bezeichnen. Amerikanern vor geheimdienstlichem Zugriff auf die Daten der Internetkonzerne Ziel erreicht? erhöht, jedoch die Voraussetzungen für den Zugriff auf andere Daten, zum Beispiel marktforschung.de: Wie sehen Sie das auf die von Europäern, nur geringfügig neue Privacy-Shield-Abkommen? Ist damit ändert. aus europäischer Sicht endlich das langersehnte Ziel erreicht oder geht das marktforschung.de: Schon während Ihres Abkommen im Gegenteil noch nicht weit Studiums haben Sie sich mit dem Austausch genug? von Daten zwischen der EU und USA beschäftigt – was hat sich aus juristischer Franziska Boehm: Das Abkommen ist ein Perspektive in den vergangenen Jahren erster Schritt in die richtige Richtung. geändert? Allerdings gibt es nur wenige konkrete Verbesserungen. Zu 80 Prozent wiederholt Franziska Boehm: Die Sensibilität für das es in vielen Worten nur das, was es bisher Thema hat auf beiden Seiten stark im Rahmen von Safe Harbor auch gab. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 9
Neu ist insbesondere eine Ombudsstelle, die in Streitigkeiten als Ansprechpartner für EU Datenschutzbehörden dienen soll. Sie ist allerdings ohne konkrete Durchgriffsbefugnisse ausgestattet und nicht mit einer Datenschutzbehörde nach europäischem Verständnis vergleichbar. Im Bereich der Datenweitergabe an Geheimdienste führt das Abkommen viele interne Regeln auf, die aus europäischer Sicht schwer zu überprüfen sind. Leider gibt es auch keine Sunset-Klausel für dieses Abkommen, so dass es wohl wieder solange in Kraft bleiben wird, bis es geändert oder aufgehoben wird. Immerhin gibt es jetzt regelmäßige Überprüfungen, ob die Vorschriften des Abkommens auch eingehalten werden. Auch haben die Datenschutzbehörden nach dem Schrems- Urteil des EuGH mehr Macht erhalten und könnten bei groben Verstößen einen Datentransfer in die USA unterbinden. marktforschung.de: Wie schätzen Sie die Situation langfristig ein: wird sich eher die EU den USA annähern in Bezug auf datenschutzrechtliche Vorgaben oder umgekehrt? Franziska Boehm: Ohne gegenseitige Rücksichtnahme und Kompromiss- bereitschaft wird es auf beiden Seiten nicht funktionieren. Die USA müssten allerdings auch die Entwicklung in der EU in den vergangenen Jahren berücksichtigen und bereit sein, Urteile des höchsten europäischen Gerichts zu akzeptieren. Auf der anderen Seite darf dagegen auch nicht erwartet werden, dass das europäische Rechtssystem zu 100 Prozent auf ein anderes Land übertragen werden kann. Das Interview führte Dorothee Ragg. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 10
Die EU-Datenschutzgrundverordnung aus Sicht des ADM Von Hartmut Scheffler, Vorstandsvorsitzender ADM Der ADM geht davon aus, dass der EU- beeinträchtigen und solche Ausnahmen für Ministerrat und das EU-Parlament der die Erfüllung dieser Zwecke notwendig Europäischen sind." Datenschutzgrundverordnung im April 2016 zustimmen werden. Auf Basis der Sind die in den genannten Artikeln dann verabschiedeten Verordnung inklusive enthaltenen Vorschriften für die Markt- der in wenigen Wochen vorliegenden und Sozialforschungsinstitute erfüllbar? konsolidierten deutschen Übersetzung wird Sind punktuell die vorgesehenen möglichen der ADM zusammen mit den befreundeten Ausnahmen speziell für die Markt- und Verbänden und mit bewährter juristischer Sozialforschung einzufordern und wie Beratung analysieren und festlegen, wo sollten aus unserer Sicht diese Ausnahmen und ob aus unserer Sicht konkret aussehen? Kommentierungen und vor allem Aktivitäten notwendig und sinnvoll sind. Da mit der Datenschutz-Grundverordnung eine europaweit einheitliche Regelung des Die Grundverordnung sieht an einigen Datenschutzes angestrebt wurde, ist Stellen nationale Öffnungsklauseln vor. Zu jeweils zu prüfen, ob Aktivitäten eher in verweisen ist hier insbesondere auf den Richtung Unionsrecht und damit Artikel 83, Absatz 2: "… können gemeinsam mit EFAMRO/ESOMAR vorbehaltlich der Bedingungen und angegangen werden sollten oder ob Garantien gemäß Absatz 1 im Unionsrecht Adressat die deutsche Gesetzgebung im oder im Recht der Mitgliedstaaten insoweit bestehenden Konstrukt der nationalen Ausnahmen von den Rechten gemäß der Öffnungsklauseln sein muss. Entscheidend Artikel 15, 16, 17a und 19 vorgesehen wird in jedem Fall die Einschätzung der werden, als diese Rechte voraussichtlich politischen Entscheidungsträger sein, ob die Verwirklichung der spezifischen Zwecke die Markt- und Meinungsforschung als Teil unmöglich machen oder ernsthaft der wissenschaftlichen Forschung marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 11
akzeptiert oder bezweifelt wird. Dieser Prozess der wertenden Prüfung und Ableitung gegebenenfalls notwendiger Schritte – international oder national – wird die diesbezügliche Verbandsarbeit des ADM in den nächsten Monaten bestimmen. Unabhängig davon ist es natürlich notwendig, in Konsequenz der Datenschutz-Grundverordnung und ihrer Rechtsnormen das System der Selbstregulierung und damit sämtliche Richtlinien der deutschen Markt- und Sozialforschung entsprechend anzupassen. Dies werden die Verbände unter Federführung des ADM parallel angehen. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 12
Rechtsrahmen für Datenexporte in die USA "EU-U.S. Privacy Shield" ersetzt Safe Harbor Professor Dr. Rolf Schwartmann ist Leiter der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht an der TH Köln und Vorsitzender der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit (GDD) e.V. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs und in seinen ersten Eckpunkten vorgestellt (EuGH) zu Safe Harbor stellt den [1]. Am 29. Februar 2016 veröffentlichte transatlantischen Datenverkehr vor große die EU-Kommission rechtsverbindliche Herausforderungen. Mit Verkündung des Inhalte des neuen EU-U.S. Privacy Shield als Urteils waren Datenexporte in die USA im Nachfolgeinstrument zu Safe Harbor. Auch Oktober 2015 quasi über Nacht als illegal dessen Ziel soll es sein, ein angemessenes einzustufen und unverzüglich zu stoppen. Datenschutzniveau bei Datenempfängern in den USA zu gewährleisten, die sich nach Die europäischen und nationalen den Vorgaben des EU-U.S. Privacy Shield Aufsichtsbehörden waren versucht, weitere ("EU-U.S. Privacy Shield Framework Rückschlüsse aus den Principles") zertifiziert haben. Entscheidungsgründen des EuGH zu ziehen und erließen in der Folge eine Vielzahl Es wurden auf Basis der bereits 2013 durch behördlicher Stellungnahmen. Erst die die Kommission selbst vorgeschlagenen Artikel-29-Datenschutzgruppe auf Empfehlungen zur Verbesserung von Safe europäischer Ebene sowie die Konferenz Harbor [2] und den Entscheidungsgründen der Datenschutzbeauftragten von Bund des EuGH die Anforderungen an und Länder auf nationaler Ebene zertifizierte Datenverarbeiter in den USA vermochten Datenverarbeitern eine erhöht. Dabei tritt hinsichtlich des konsolidierte Meinung zu den Folgen des Anwendungsbereichs des Privacy Shield Safe Harbor Urteils vermitteln. zunächst keine Neuerung ein: Nur zertifizierte Unternehmen in den USA Am 2. Februar 2016 stellte die EU- sollen demnach in den Genuss Kommission in einer Presseerklärung eine europäischer Daten kommen. Einigung zwischen der EU-Kommission und den Vereinigten Staaten vor. Das "EU-U.S. Privacy Shield" war geboren und wurde marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 13
1. Was ist das "EU-U.S. Privacy diese Daten weiterhin nach den Vorgaben Shield"? der Privacy Shield Principles oder mithilfe alternativer anerkannter Werkzeuge zur Was bringt das "Datenschutzschild" Herstellung eines angemessenen neues? Datenschutzniveaus (zum Beispiel EU- Standardvertragsklauseln), geschützt a) Transparenz durch Selbstzertifizierung im werden. Anzeigeverfahren Wie Safe-Harbor baut das Privacy-Shield Die unrichtige Kommunikation einer auf eine Selbstzertifizierung von gültigen Zertifizierung wird durch die datenschutzwilliSie erfolgt durch eine Datenschutzaufsicht verfolgt. Um enger Erklärung gegenüber dem US- überwachen zu können, soll das Handelsministerium und bedarf einer Handelsministerium proaktiv kontrollieren, jährlichen Aktualisierung. Neu ist die ob die Datenschutzerklärung des Publizität von Zertifizierungen, die in der "ausgeschiedenen" Unternehmens keine Vergangenheit nicht ausreichend Bezüge zum Privacy Shield mehr enthält gewährleistet war: Das US- (Erwägungsgrund 28). Handelsministerium soll nunmehr ein Register führen, das neben bestehenden Über Fragebögen soll sichergestellt Zertifizierungen auch unwirksame werden, dass empfangene Daten nach beziehungsweise entzogene Zertifikate Privacy Shield gelöscht werden sowie den diesbezüglichen Grund aufführt beziehungsweise freiwillig nach dessen (Erwägungsgrund 24 und 39 der Vorgaben oder alternativer anerkannter Angemessenheitsentscheidung im Entwurf Angemessenheitswerkzeuge geschützt [3]). Anhängige Verfahren bei der Federal sind. Trade Commission (FTC) als einem Organ der Aufsicht über das Privacy Shield, so b) Beschwerden gegen beispielsweise aufgrund eines Verstoßes Datenschutzverstöße gegen die Vorgaben, werden über das Bereits unter Safe Harbor mussten US- Register ebenfalls kommuniziert. Datenverarbeiter Beschwerdeverfahren zugunsten von Betroffenen einrichten. Dauerhafte Verstöße gegen die Vorgaben Beschwerden sind nunmehr innerhalb des Privacy Shield führen nicht nur zur einer Frist von 45 Tagen durch den Entfernung aus dem Register aktueller Datenverarbeiter durch Antwort an den Zertifizierungen sondern sie verpflichten Betroffenen zu beantworten. Auch die zur Löschung aller unter dem Privacy Streitschlichtung wird umgestaltet. Es ist Shield empfangenen Daten eine unabhängige Stelle zu involvieren, die (Erwägungsgrund 26). In anderen Fällen, neben kostenfreien Abhilfemaßnahmen die zu einem Entzug einer Zertifizierung zugunsten des Betroffenen einen führen, kann eine Stelle die empfangenen jährlichen Bericht zu veröffentlichen hat Daten weiterhin verarbeiten. und die Anzahl der Fälle, die Länge ihrer Voraussetzung ist aber, dass sie gegenüber Bearbeitung und deren Ergebnis benennen dem US-Handelsministerium erklärt, dass muss. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 14
c) Die Wirksamkeit der Maßnahmen sodann das sog. Ausschussverfahren nach überprüft der Datenverarbeiter Art. 31 Abs. 2 der Richtline 95/46/EG zu Die Überprüfung der Wirksamkeit der durchlaufen. Erst danach können Maßnahmen zur Einhaltung der Privacy- Datenübermittlungen in die USA auf Basis Shield-Prinzipien obliegt weiterhin jedem des EU-U.S. Privacy Shield erfolgen. Datenverarbeiter selbst. Er muss interne Audits durchführen oder Dritte mit der 2. Schicksal der EU- Überprüfung beauftragt. Daneben soll das Standardvertragsklauseln/Binding Handelsministerium eine zusätzliche Corporate Rules offen Kontrolle der Einhaltung der Vorgaben durch die Versendung entsprechender Entgegen der Ankündigung der Artikel-29- Fragebögen durchführen. Dies kann Datenschutzgruppe wurden die anlassunabhängig erfolgen oder alternativen Instrumente zur Herstellung beispielsweise auf Basis der Eingabe eines eines angemessenen Datenschutzniveaus Betroffenen (Erwägungsgrund 35). im Drittland noch keiner abschließenden Prüfung unterzogen. Durch die d) Angemessenes Datenschutzniveau soll Veröffentlichung der Dokumente zum EU- bald festgelegt werden U.S. Privacy Shield ist die Artikel-29-Gruppe Unter den verbindlichen Dokumenten zum dazu aufgefordert, hier eine abschließende Privacy Shield findet sich auch ein Entwurf Meinung abzugeben. In der Zwischenzeit für eine Angemessenheitsentscheidung der hat jede verantwortliche Stelle zu prüfen, Kommission zur Gewährleistung eines ob sie weiterhin von den alternativen angemessenen Datenschutzniveaus. Gem. Instrumenten Gebrauch machen möchte Art. 25 Abs. 6 der EU-Datenschutzrichtlinie oder von einem Datenexport in die USA 95/46/EG kann die Kommission feststellen, absieht. Teile der lokalen dass ein Drittland aufgrund seiner Aufsichtsbehörden drohen innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder Durchsetzungsmaßnahmen bezüglich der internationaler Verpflichtungen hinsichtlich Datenexporte an, die noch auf Basis von des Schutzes der Privatsphäre sowie der Safe Harbor erfolgen. [4] Es werden auch Freiheiten und Grundrechte von Personen keine neuen Genehmigungen für ein angemessenes Schutzniveau für Datenübermittlungen in die USA auf personenbezogene Daten gewährleistet. Grundlage von verbindlichen Ziel der Kommission ist es, allen Stellen in Unternehmensregelungen (BCR) oder den USA, die sich den Vorgaben des Privacy Datenexportverträgen erteilt. [5] Shield über eine Zertifizierung unterwerfen, ein angemessenes Datenschutzniveau zu attestieren. Eine Genehmigung der 3. Das Verhältnis zum Datenschutz- Aufsichtsbehörde für den Datenexport Rahmenabkommen wäre dann nicht mehr erforderlich. Seit 2010 verhandelt die EU-Kommission Diese Angemessenheitsentscheidung muss über das erste Datenschutzabkommen mit erst der Artikel-29-Gruppe zur den USA ("Data Protection Umbrella Stellungnahme weitergeleitet werden und Agreement"). Hintergrund waren die marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 15
Auseinandersetzungen um transatlantische Datenschutzgremiums gehört sowohl die Abkommen zur Übermittlung Entwicklung und Koordinierung von personenbezogener Daten in die USA, so Datenschutz-Vorgaben beziehungsweise beispielsweise bei Bankdaten bei SWIFT Best Practices als auch die Analyse des und Reisedaten bei den Passenger Name Weiterentwicklungsbedarfs auf Records ("PNR"). Statt bei jeder neuen Regierungsebene. Die neuen Datenübermittlung erneut über Anforderungen an die Datenschutzbestimmungen zu verhandeln, Datenschutzkoordinatoren in den sollen datenschutzrechtliche Grundsätze Behörden sollen innerhalb von 120 Tagen erarbeitet werden, die für alle Abkommen kommuniziert werden. Dann ist auch mit im Bereich der Verhütung, Aufdeckung, der Aufnahme der praktischen Arbeit des Untersuchung und Verfolgung von Datenschutzgremiums zu rechnen. Straftaten, einschließlich des Terrorismus gelten. Vorgesehen ist hierbei, EU-Bürgern [1] http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16- 216_en.htm den gleichen Rechtsschutz wie US-Bürgern [2] http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO- zu gewähren, wenn es zu einem 13-1059_de.htm Datenschutzverstoß gekommen ist. [6] In [3] Im Weiteren wird auf den Zusatz den Augen der Kommission soll das "Angemessenheitsentscheidung im Entwurf" Rahmenabkommen jedoch weder eine verzichtet. Rechtsgrundlage für den transatlantischen [4] Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz Datenaustausch darstellen noch ein und Informationsfreiheit, Aktueller Sachstand zu angemessenes Datenschutzniveau im Sinne Safe Harbor (Februar 2016), abrufbar unter https://www.datenschutz- des Art. 25 Abs. 6 der Richtlinie 95/46/EC hamburg.de/news/detail/article/safe-harbor- bieten. Eine Einigung hinsichtlich des aktueller-sachstand-im-februar-2016.html; Der Datenschutz-Rahmenabkommens ist bis Landesbeauftragte für Datenschutz und zum heutigen Tag jedoch noch nicht Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz, erfolgt. Pressemitteilung vom 10. Februar 2016, abrufbar unter https://www.datenschutz.rlp.de/de/presseartikel.p 4. Obamas Zusatzsicherung - Privacy hp?pm=pm2016021001 Council [5] Konferenz der Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder, Positionspapier zu Safe Harbor vom 26.10.2015, abrufbar unter Im Zuge verstärkter Aktivitäten rund um die www.datenschutz.hessen.de/ft- Cybersicherheit hat US-Präsident Obama europa.htmentry4521 am 9. Februar 2016 per Exekutiverlass [7] [6] Kritisch hierzu Juristischer Dienst des die Einrichtung eines permanenten Europäischen Parlaments, Stellungnahme zum Datenschutzgremiums auf Bundesebene Rahmenabkommen vom 14.01.2016, abrufbar unter http://statewatch.org/news/2016/feb/ep-legal- ("Federal Privacy Council") angekündigt, opinion-umbrella.pdf das die Datenschutzkoordinatoren in den [7] https://www.whitehouse.gov/the-press- jeweiligen Behörden ("Senior Agency office/2016/02/09/executive-order-establishment- Officials for Privacy") im Rahmen ihrer federal-privacy-council Tätigkeiten bei der Wahrung des Datenschutzes und seiner Durchsetzung unterstützen soll. Zu den Kernaufgaben des marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 16
Über den Einfluss der ESOMAR in Brüssel, Pseudonymisierung und Datenschutz 2018 Kim Smouter ist Government Affairs Manager bei der ESOMAR. Im Interview, das marktforschung.de mit ihm auf Englisch führte, beschreibt er den Einfluss der ESOMAR auf das Privacy-Shield-Abkommen und welche Rolle die EU- Datenschutzgrundverordnung spielen wird. Außerdem verrät er, an welcher Stelle das Abkommen aus seiner Sicht nicht weit genug geht. marktforschung.de: How relevant was your itself when it comes to data security influence as a representative of an regarding the privacy-shield agreement? association and the influence of ESOMAR as an association itself in creating the privacy- Kim Smouter: I think the privacy-shield shield-agreement? agreement doesn't fundamentally change the game for research, the issue is much Kim Smouter: The EU-US Privacy Shield bigger than just the research community. Agreement is a highly political dossier that However, the fundamental game changer ESOMAR, EFAMRO, the MRA and CASRO really is the EU Data Protection Regulation have jointly monitored. Because of the and the framework that it will start political nature of the dossier, it was clear enforcing in 2018. Within the regulation, it from the onset that we were going to is very clear to see that regulators are struggle to really influence the direction of highly uncomfortable with the way data- travel. Nonetheless, ESOMAR had the driven marketing and individual targeting pleasure to organize a high-level delegation has developed and you see that reflected in visit to Brussels where top market research the strict requirements that have been put firms were able to talk to senior European in place. In opposition, the re-use of non- Commission officials about their concerns research data for research purposes, and and to urge a swift resolution to the the re-use of research data for non- challenge. Such representations are really research purposes have both been deemed important to keep the momentum going legitimate provided certain safeguards are and to underline the broad sectoral impact put in place like anonymization and data that such developments have. minimization. marktforschung.de: How important is it for So what we see is that the core principles the market research branch to reposition that have underpinned associations and marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 17
companies complying to the ICC/ESOMAR these rights to specific circumstances so it Code have been vindicated, but also that the means anything we do that involves the regulators have understood our advocacy collection of personal data has to factor efforts to demonstrate the development of these new rights into it. new research techniques requires a more flexible and permissive environment. The last aspect I would say is the whole Whether market research was going to shared liability aspect, so as we as an benefit from any of this was a huge question industry start working increasingly in a mark, and I think we got the best deal partnership model where everyone possible in the current political specializes in one part of the data chain and environment. What it does mean is that comes together to provide a comprehensive market research needs to position itself solution to the client, or if a client quite firmly as the smart research data commissions partners on the basis of their sector that uses its historical expertise to specialization, the amount of work vetting curate data with full respect of the law, and each partner also increases exponentially derive insights. Maintaining the distinction and so does the risk if any of the partners between research activities and non- somehow fails to meet the requirements set research is the key. by the future regulation. That too, I think, is going to be a real challenge we need to I think there are a number of possible successfully meet. stumbling blocks that really have to be carefully considered. The first one is relating marktforschung.de: From ESOMAR's point to the information we provide research of view: can you make out a difference on participants about our data collection how some of the European countries practice as this has been more strictly approach the agreement? defined in the new law. So it's all about what information we provide and how. We need Kim Smouter: We're going to have to see, to find ways to simplify, clarify, and make it our understanding is, that there were real very accessible. philosophical differences between European countries, which means that they don’t all We're also aware that the new data subject see research in the same way. We know that rights are going to be very tricky to countries like France, Germany, the UK and implement, how can you cater for a request the Netherlands played an important hand for erasure from a panelist who now wants in securing a permissive environment for all their personal data removed even though research. However, when it comes to the they've been on a panel for 5 years? How do new privacy-shield agreement, we've seen you cater for data portability where a that Germany and Belgians data protection respondent is supposed to be able to easily authorities have been quick off the mark to take research data you carefully collected announce enforcement orders whilst other about a respondent? Even just basic data protection authorities like the British business projects, regardless research ones, one have tried to be more reassuring. are going to find that quite hard to deal with Others haven’t really indicated a position – the regulators didn’t think about limiting one way or the other and seem to be relying marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 18
on the Article 29 Working Party, the done too little. Nonetheless, if it's easy to European grouping of data protection break the pseudonymised data and re- authorities, to set the tone. identify it, then you might be just as exposed as if you had not undertaken marktforschung.de: In the future pseudonymization. It shouldn't be seen as ombudsmen are supposed to operate the the end all and be all, but it should certainly cases of the new privacy-shield-agreement. be seen as an excellent first step towards a How do you personally see their role within broader set of required actions to make the that particular context? data secure. I think the industry sometimes over-relies on this and assumes that it's a Kim Smouter: It was obvious to the free for all once data is pseudonymised European Court of Justice that they will have which isn’t necessarily the case. to investigate any complaints filed under the Agreement and determine whether within marktforschung.de: When looking at the the context of the particular complaint agreement in more detail, are there any received, the requirements of the Directive aspects which you believe should have been have not been complied to. So the Court regulated differently? simply reconfirmed what everyone's role was, namely that only the Court can decide Kim Smouter: I think the privacy-shield whether the new Agreement is valid or not, agreement might struggle to stand up that on a case-by-case basis the Data against the tough requirements set by the Protection Authority must continue to Court. I imagine that the privacy advocates investigate whether the conditions of the are going to take this one to Court and Directive for safe transfers has been met, challenge that nothing's really changed. I and that it's the European Commission's think that's something any company prerogative to issue decisions about thinking about using the new agreement transfers to third countries. should be aware of. Regarding the Data Protection Regulation, I think it would have marktforschung.de: From your point of been useful to have had more explicit and view, what are the main problems when it generalized derogations on data portability comes to data pseudonymization? and the right to be forgotten as both are really difficult to implement. Also, we would Kim Smouter: I think the biggest threat with have loved an even more explicit reference pseudonymization is that we forget that to market, opinion and social research being pseudonymization is in fact a moving target. as a rule included in historical, statistical, What I mean by that is that and scientific research derogations – that pseudonymisation is only considered an would have maximized the legal certainty effective security measure, if the methods we sought but we certainly got close. we use to pseudonymise and protect the data are continuously updated to stand up Das Interview führte Dorothee Ragg. to the technologies available to re-identify data. And no one will be able to tell you whether you've gone far enough or have marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 19
Die wachsende Bedeutung des Datenschutzes Roy A. Walsh ist Syndikus und Prokurist bei GfK. In seiner Funktion als "Associate General Counsel Europe" und "Compliance and Privacy Officer EMEAA" ist er vor allem in den Bereichen Compliance und Datenschutz tätig. Im Interview mit marktforschung.de erörtert er, wie diese Themen im Hause GfK aufgehängt sind und welche Auswirkungen das Privacy-Shield- Abkommen aus seiner Sicht auf die Marktforschungsbranche haben wird. marktforschung.de: An welcher Stelle ist marktforschung.de: Welche relevanten das Thema Datenschutz personell und Entwicklungen gab es beim Datenschutz in strukturell in Ihrem Unternehmen den vergangenen Jahren? aufgehängt? Roy Walsh: Datenschutz hatte bei uns Roy Walsh: Das Thema Datenschutz ist bei schon immer oberste Priorität und gewinnt der GfK Gruppe im Bereich Legal / weiter an Bedeutung. Seit etwa vier, fünf Compliance aufgehängt, so dass eine Jahren stellen wir fest, dass auch unsere direkte Berichtslinie an den Vorstand Kunden den Themen Datenschutz und gegeben ist. Datensicherheit einen höheren Stellenwert einräumen. Sie legen zunehmend Wert auf marktforschung.de: Wer ist bei GfK für das einen Dienstleister, der nicht nur die Thema verantwortlich? gesetzlichen Anforderungen erfüllt, sondern der einen Schritt weiter geht und Roy Walsh: GfK ist als Schutzmechanismen einbaut, die auch Unternehmensgruppe in mehr als 100 zukünftigen Rechtsentwicklungen – etwa Ländern vertreten und hat die wie jüngst Safe Harbor – Rechnung tragen. Verantwortlichkeiten für das Thema Datenschutz deshalb auf die Regionen Datenschutz als wichtiger Baustein "Amerikas" und "EMEAA" verteilt. Jeweils ein Mitarbeiter der Legal- bzw. Compliance- marktforschung.de: Inwiefern kann das Abteilung nimmt dort die Rolle des Privacy Thema Datenschutz Unternehmen der Officers wahr. In Kanada ist das mein Marktforschungsbranche die Chance geben, Kollege David Stark für Nord-, Mittel- und sich zu profilieren und stellt weniger ein Südamerika, und ich bin von Nürnberg aus notwendiges Übel als einen wichtigen für Europa, Asien, Afrika und den Nahen Baustein dar? Osten verantwortlich. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 20
Roy Walsh: Aus meiner Sicht können sich marktforschung.de: Welche Auswirkungen europäische und vor allem deutsche wird das Privacy-Shield-Abkommen aus Unternehmen beim Thema Datenschutz Ihrer Sicht konkret auf die positiv gegenüber Wettbewerbern Marktforschungsbranche haben? abgrenzen. So hat ja insbesondere das deutsche Datenschutzrecht im Rahmen der Roy Walsh: Eine große Auswirkung des zukünftigen EU-Verordnung – die für alle Privacy-Shield-Abkommens auf die europäischen Länder bindend sein wird – deutsche Marktforschungsbranche sehe ich Maßstäbe gesetzt und bestimmte nicht; letztlich geht es ja bei der Thematik bewährte Strukturen auch auf den um die Übertragung personenbezogener europäischen Rahmen übertragen. Die Daten von Europa in die USA und Chance der deutschen entsprechende Übertragungen von Marktforschungsunternehmen liegt aus Befragtendaten sind ja nach den deutschen meiner Sicht vor allem darin, dass sie Standesrichtlinien ohnehin unzulässig. Für bereits praktische Erfahrungen gesammelt die eher seltenen Fälle von haben und einen deutlichen Know-how- Datenübertragungen innerhalb Vorsprung gegenüber Anbietern anderer internationaler Konzerne besteht Länder haben. gegenwärtig eine gewisse Unsicherheit. Diese zu beseitigen, erfordert zwar einen Auswirkungen des Privacy-Shield- nicht unerheblichen Aufwand, ist aber Abkommens auf die machbar. Insgesamt dürfte das Thema eher für internationale Konzerne und deren Marktforschungsbranche interne Vorgänge von Bedeutung sein. Das können natürlich auch marktforschung.de: Begrüßt GfK strengere Marktforschungskonzerne sein. Vorgaben durch das Gesetz oder liegt es vielmehr im ureigensten Interesse Ihres marktforschung.de: Wie sehen Sie die Rolle Unternehmens, von sich aus alles für den der Ombudsmänner, die im Rahmen des Datenschutz in Bezug auf die Abkommens künftig tätig sein sollen? Panelteilnehmer zu tun? Roy Walsh: Über die Rolle, Berichtslinien Roy Walsh: Der Schutz der Panelteilnehmer und auch Kontrolle der Ombudsmänner ist hat für GfK wie für alle zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch wenig Marktforschungsunternehmen eine hohe bekannt. Insgesamt ist es sicherlich ein Priorität, die letztlich darauf beruht, dass Fortschritt, dass europäische Bürger eine ohne entsprechendes Vertrauen ein entsprechende formale Anlaufstelle für Panelaufbau und -erhalt nicht möglich ist. Datenschutzthemen in diesem Bereich Dieses Vertrauen zu bewahren, ist eine haben. Wie sich das Ganze in der Praxis unserer wesentlichen Aufgaben und ausgestalten wird, bleibt aber abzuwarten. Herausforderungen. Eine Verschärfung der gesetzlichen Datenschutzvorschriften ist marktforschung.de: An welcher Stelle insofern kein Nachteil, sondern dürfte das hätten Sie sich eventuell eine andere Vertrauen in deutsche Marktforschungs- Regelung gewünscht? unternehmen eher noch stärken. marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 21
Roy Walsh: Wünschenswert wäre es sicher notwendig und deren Verletzung als gewesen, wenn es eine explizite Regelung sanktionswürdig eingestuft werden. Durch im Sinne der deutschen Privilegierung im die Internationalisierung des gesamten BDSG auch im Rahmen der EU Umfeldes, erweiterte Möglichkeiten des Grundverordnung gegeben hätte. Es Datenzugriffs – Digitalisierung, Big Data etc. besteht aber offenbar Einigkeit, dass die – und das Infragestellen vorhandener Marktforschung unter das lokaler Regelungen im Vergleich zum Forschungsprivileg zu subsummieren ist. internationalen Umfeld haben sich neue Insofern findet letztlich doch eine, wenn Fragestellungen ergeben. Die auch nicht im Detail ausgesprochene Beantwortung dieser Fragestellungen wird Gleichstellung mit der Forschung statt. definieren, wie effektiv und anerkannt Inwiefern die europäischen Länder die letztlich Sanktionen sein können. Öffnungsklausel, die gegebenenfalls lokale Individualregelungen ermöglicht, nutzen Das Interview führte Dorothee Ragg. werden, muss sich zeigen. Eine einheitliche und explizite europäische Regelung des Themas "Marktforschung" wäre aber meines Erachtens wünschenswert gewesen. "Schwarze Schafe" und Sanktionsmechanismen marktforschung.de: Schwarze Schafe gibt es ja durchaus in der Marktforschungsbranche – könnten Sie sich eine effektive Möglichkeit vorstellen, die es den Branchenverbänden erlaubt durch Sanktionen klare Abgrenzung zu diesen schwarzen Schafen zu ziehen? Roy Walsh: Mit dem Rat der Deutschen Marktforschung und den entsprechenden Kontroll- und Sanktionsmechanismen besteht ja in Deutschland bereits eine Möglichkeit, sich von den "Schwarzen Schafen" der Branche abzugrenzen. Die Wirkung solcher Maßnahmen hängt letztlich auch davon ab, inwiefern die Verbände als Kontroll- und Sanktionsinstanzen anerkannt sind und die entsprechenden Standesregeln als marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 22
Impressum marktforschung.de Smart News Fachverlag GmbH Max-Ernst-Str. 4 D-50354 Hürth (bei Köln) Tel.: +49 (0)2233 - 71 004-0 Fax: +49 (0)2233 - 71 004-99 E-Mail: info(at)marktforschung.de Registergericht: Amtsgericht Köln Registernummer: HRB 60274 USt.-IDNr.: DE257625438 Geschäftsführung: Dipl.-Kfm. Lars-O. Gayk Inhaltlich verantwortlich nach § 10 Absatz 3 MDStV: Dipl.-Kfm. Lars-O. Gayk Titelbild: © Thinkstock marktforschung.dossier | Smart News Fachverlag GmbH | Max-Ernst-Str. 4 | 50354 Hürth (bei Köln) 55
Sie können auch lesen