Debatte Der polizeiliche Berufseinstieg unter der Lupe
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DEBATTE – DER POLIZEILICHE BERUFSEINSTIEG UNTER DER LUPE Debatte Der polizeiliche Berufseinstieg unter der Lupe * Direktor des Schweizerischen Polizei- Instituts (SPI) ** Direktor des interregionalen Polizei- Ausbildungszentrums (IPAZ) *** Institutsleiter, Institut für Delinquenz und Kriminalprävention, Zürcher Hoch- schule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) Reto Habermacher * Raphaël Jallard ** Dirk Baier *** Die Ausbildung und die ersten Jahre in der Berufs- dung noch zu? Oder hat sich das Bild verändert? praxis prägen die Herausbildung der Identität von Wenn ja, weshalb und bei welchen Kategorien von jungen Polizisten/-innen. In Zusammenarbeit mit Aspiranten/-innen? Daraus werden sich Rückschlüs- der Universität Lausanne und der Zürcher Hoch- se ziehen lassen, die sowohl in der Weiterentwick- schule für Angewandte Wissenschaften führt das lung der Grundausbildung wie der Arbeit in den SPI in den Ausbildungszentren von Colombier/ Korps von grosser Bedeutung sein können. Granges-Paccot und Amriswil 1 eine Pilotstudie über die berufliche Sozialisation von Polizisten/ Dirk Baier: Der zentrale Mehrwert besteht darin, -innen durch, die ihre Ausbildung nach dem empirisch gesichertes Wissen zu erhalten, und dies Bildungspolitischen Gesamtkonzept 2020 begin- in mindestens zweierlei Hinsicht: Erstens werden nen. Das magazine gibt das Wort einem der Erkenntnisse zur Entwicklung von Polizistinnen und Hauptforscher der Studie, dem Direktor eines Aus- Polizisten – von ihrem ersten Ausbildungstag an – bildungszentrums und dem Direktor des SPI. Ihre erarbeitet. Zweitens erlauben es Kohortenstudien, Vorstellungen von diesem innovativen Projekt sind Annahmen zu Ursache-Wirkungs-Zusammenhän- weitgehend ähnlich, und doch spiegeln die unter- gen zu prüfen. Bislang gibt es zu beiden Bereichen schiedlichen Schwerpunkte die jeweilige Rolle wi- sicherlich einiges Erfahrungswissen in der Polizei; der, die jeder der Partner – Wissenschaft, Polizei mittels einer Studie kann dieses Wissen systematisch und SPI – in solchen gemeinsamen Forschungs- validiert werden. Jenseits davon ist vor überzogenen projekten, wie sie das SPI in Zukunft entwickeln Erwartungen an solch eine Studie zu warnen: Die Er- möchte, spielen kann. gebnisse einer Studie lassen sich meist nicht eins zu eins in der Praxis umsetzen. Sie liefern aber wichtige Orientierungspunkte dafür, in welchen Bereichen magazine : Welchen Mehrwert bringt diese Handlungsbedarf bestehen könnte. Kohortenstudie Ihrer Ansicht nach für die Polizeiaus- bildung und für die Polizei generell? Raphaël Jallard: Für die Polizeiausbildung erhalten wir mithilfe dieser Studie ein Bild von den Erwartun- Reto Habermacher: Ein grosser Teil der Aspiranten/ gen der angehenden Polizeiaspiranten/-innen. An- -innen bezeichnet beim Ausbildungsbeginn den 1 Eine detaillierte Präsentation des Forschungsprojekts bietet der Polizeiberuf als ihren «Traumberuf». Trifft dies auch Artikel von Michaël Meyer und Cyril Amberg auf S. 32–38. Auf während und insbesondere nach der Grundausbil- S. 39 liegt ausserdem ein Factsheet in deutscher Sprache vor. 40 format magazine no 9
DEBATTE – DER POLIZEILICHE BERUFSEINSTIEG UNTER DER LUPE hand der Fragebögen werden wir mitverfolgen kön- wird dies begründet und sicherlich erleichtert, auch nen, wie sich dieses Bild im Laufe der Dienstjahre wenn es manchmal unangenehm ist. weiterentwickelt. Wird sich die Realität der Polizei- angehörigen von derjenigen der Kandidaten/-innen Reto Habermacher: Die Frage der Diversifizierung unterscheiden? Wenn ja, sollten die Ausbildung und der Profile wird angesichts der zunehmenden Zahl die Personaldienste auf die generationsbezogenen an Aspiranten/-innen mit Migrationshintergrund Erwartungen der Kandidaten/-innen achten, insbe- immer bedeutsamer. Ebenso nimmt die Anzahl an sondere in Bezug auf die Betreuung, das Manage- Polizistinnen bei allen Korps stetig zu. Das hat in ment, Zeitpläne, Werte usw. Teilweise müssen unse- verschiedenster Hinsicht massgeblichen Einfluss re aktuellen Modelle wohl angepasst werden, damit auf die Korpsstrukturen und die Korpskultur bis hin die Polizei als Arbeitgeberin und Ausbilderin attrak- zur Einsatzdoktrin. Diese Diversifizierung der Poli- tiv bleibt. Ziel des Vorhabens ist es, die Polizisten/ zeibestände wurde in der Schweiz meines Wissens -innen von morgen bei ihren Aufgaben zu fördern, bisher nicht systematisch untersucht. Die Kohorten- sie an die Institution zu binden und Personalfluktua- studie wird den Polizeikorps hierzu zweifellos inte- tionen zu begrenzen. ressante Ergebnisse liefern, insbesondere falls sie, in einem zweiten Schritt, auf die gesamte Schweiz ausgedehnt werden kann. magazine : Welchen Aspekt der Studie fin- den Sie am interessantesten? Dirk Baier: Die Studie hat viele Themen, die wis- senschaftlich interessant sind, weil es bislang kaum Raphaël Jallard: Mir persönlich liegen zwei Aspek- vergleichbare Studien gibt. Für mich persönlich wird te besonders am Herzen. Erstens ist das die Ant- von Interesse sein, wie den Polizistinnen und Polizis- wort auf die Frage: Was muss getan werden, damit ten der Übergang von der The- sich die Mitarbeitenden der Polizeiinstitution am orie in den Berufsalltag gelingen Die Studie hat viele Themen, die Arbeitsplatz entfalten können, trotz Arbeitsalltag, wird, ob es den sog. «Praxis- wissenschaftlich interessant sind, Routine, immer komplexeren Verfahren und einem schock» gibt und wie dieser weil es bislang kaum vergleichbare Umgang mit der Bevölkerung oder mit gewissen verarbeitet wird. Inwieweit wer- Studien gibt. Bevölkerungsgruppen, der zunehmend angespannt den sich bspw. die negativen ist? Zweitens – und hier spreche ich als Direktor des Erfahrungen, die sie zweifellos haben werden – also Ausbildungszentrums und nicht als Polizist – gilt es emotional belastende Erfahrungen mit verbaler und sich bewusst zu machen, wie der Übergang von physischer Gewalt oder mit Opfern von Straftaten der Ausbildung ins Polizeikorps wahrgenommen und Verkehrsunfällen – auf die weitere Entwicklung wird. Was machen wir in der Schule genau rich- auswirken? Wie gehen die Polizistinnen und Polizis- tig, was machen wir falsch? Was soll beibehalten, ten mit solchen Erfahrungen um? Zusätzlich gibt es abgeschafft, angepasst werden? Das Feedback der noch ein zweites Thema, das mich interessiert: Wir Polizeiangehörigen bezüglich der «Neuzugänge» ist konnten auch verschiedene sozio-politische Einstel- zwar recht positiv, von den Lernenden selbst haben lungen der Polizistinnen und Polizisten erheben, also wir jedoch nur wenige und häufig verzerrte Rück- u. a. ihre Toleranz oder ihre Meinungen zum Strafen. meldungen. Als Lernende und später dann als frisch Zu solchen Einstellungen bei Polizistinnen und Poli- vereidigte «Neulinge» mit wenig Berufserfahrung tun zisten gibt es noch wenig Forschung. sie sich schwer damit, offen zu sprechen. Ich hoffe sehr, dass diese ausserhalb der Polizei in Auftrag ge- gebene und extern verwaltete Studie Licht in einige magazine : Gibt es Ihrer Meinung nach schattige Bereiche unserer Ausbildung bringt. Es ist regionale Unterschiede bezüglich einer Diver- insbesondere die Dauer der Studie, die dazu führen sifizierung der Profile und der Vorbildung der sollte, dass sich die Zungen im Laufe der Zeit hof- Polizeiaspiranten/-innen? fentlich lösen werden. Als Ausbildungszentrum müs- sen wir uns immer wieder hinterfragen und unsere Reto Habermacher: Ja, mit Sicherheit. Kleinere, Modelle anpassen; durch «authentisches Feedback» ländliche Korps versuchen grundsätzlich eher, ihren format magazine no 9 41
Nachwuchs aus «eigenen» Reihen (Standort- oder davon auszugehen, dass sich die einzelnen Polizei- Nachbarkanton) zu rekrutieren, während grosse korps bzw. Dienststellen hinsichtlich ihrer Zusam- Korps diesbezüglich offener handeln. Ebenso scheint mensetzung und Kultur unterscheiden. Wir konn- es erhebliche Unterschiede bezüglich der geforder- ten das in einer kürzlich in Zürich in vier Wachen ten Vorbildung zu geben. Bei Korps, die grosse, durchgeführten Befragung zum Thema «Bodycams»2 spezialisierte Einheiten führen, dürfte insgesamt ein feststellen. Gleichzeitig ist aus meiner Sicht zu beto- höheres Bildungsniveau als Basis angestrebt werden nen, dass der Schwerpunkt der Kohortenstudie nicht als bei denjenigen Korps, bei denen die Abdeckung darin liegt, regionale Vergleiche vorzunehmen. Der der Grundversorgung im Zentrum steht und die für Fokus ist primär auf die Entwicklungsverläufe gerich- Spezialaufgaben oft ausserkantonale Unterstützung tet, wobei wir diese u. a. getrennt für weibliche und hinzuziehen müssen. männliche Polizistinnen und Polizisten analysieren möchten. Raphaël Jallard: Mir liegen keine detaillierten und zuverlässigen Informationen zu dieser Frage vor. Ich bin froh, dass die Studie eine Antwort darauf liefern magazine : Welche Auswirkungen könnte kann, denn diese Information kann für die Rekru- dieses Projekt auf die Entwicklung der Polizeiausbil- tierung nützlich sein. Die Zulassungsbedingungen dung bis 2030 haben? für den Beitritt zu einem Polizeikorps sind in mei- nen Augen eine Art Grundvoraussetzung. Den Rest Dirk Baier: Die Studie wird die Polizeiausbildung «erledigen» die Rekrutierungsprozesse, um diejeni- nicht auf den Kopf stellen. Zudem ist die Studie eher gen Personen auszuwäh- gegenwarts- als zukunftsorientiert, d. h. wir beglei- Letztendlich möchten wir len, deren Lebenslauf, ten aktuell die Entwicklung von Polizistinnen und aufgeklärte, kluge Menschen Know-how, Verhalten und Polizisten. Wir können damit nicht in die Zukunft se- gewinnen, die ihre Ziele unter Visionsfähigkeiten das hen, was genaugenommen keine wissenschaftliche Beachtung der gesetzlichen grösste Potenzial haben. Studie kann. Ich denke, dass die Studie vor allem Rahmenbedingungen und im Letztendlich möchten wir der Feinjustierung dienen wird. Die Auswahlverfah- aufgeklärte, kluge Men- ren und Ausbildungsinhalte bzw. -formen sind wei- Respekt vor den Bürgern/-innen schen gewinnen, die ihre testgehend entwickelt. Wir können mit der Studie erreichen. Ziele unter Beachtung der empirisch beobachten, wie sich dies alles bewährt. gesetzlichen Rahmenbedingungen und im Respekt Und wenn sich, um ein Beispiel zu geben, heraus- vor den Bürgern/-innen erreichen. Wird uns die Stu- stellt, dass die Personeneigenschaft der Resilienz, die sagen, ob ein bestimmtes Profil diesen Anforde- die wir neben anderen in der Befragung erfassen, rungen entspricht? Auf jeden Fall werden die Ergeb- bedeutsam für die Bewältigung der polizeilichen nisse der Studie unser Bewusstsein für die Vielfalt Herausforderungen ist, dann könnte dieses Wissen oder die Homogenität der Profile der Männer und genutzt werden, bei der Auswahl von Aspirantinnen Frauen schärfen, welche die Polizisten und Polizis- und Aspiranten zukünftig noch stärker auf diese Ei- tinnen von morgen werden. Unabhängig vom Ergeb- genschaft zu achten. In dieser Hinsicht werden Op- nis müssen wir uns weiterhin bemühen, dass unsere timierungsmöglichkeiten identifiziert; eine radikale Polizisten/-innen unsere Bevölkerung repräsentieren Veränderung der Ausbildung ist durch die Studie und vor allem in der Lage sind, die Verbindung und nicht zu erwarten – und das ist auch nicht ihr Ziel. das Vertrauen herzustellen, die für eine erfolgreiche Interaktion mit allen Zielgruppen notwendig sind. Raphaël Jallard: In einer perfekten Welt könnte die Studie Fehlbesetzungen bei der Rekrutierung wei- Dirk Baier: Regionale Unterschiede sind aus min- ter reduzieren, Variablen zur Bindung der neuen destens zwei Gründen zu vermuten: Erstens erfolgt Polizisten/-innen identifizieren und Ansätze aufzei- die Auswahl von Aspirantinnen und Aspiranten re- gen, wie unsere Ausbildungs- und Arbeitsbedingun- gional nach teilweise differierenden Kriterien. Es gen die Erwartungen der Mitarbeitenden erfüllen wird also überall ein etwas anderer Schwerpunkt bzgl. der Auswahl an Personen gesetzt. Zweitens ist 2 Siehe hierzu den Artikel von Dirk Baier S. 25–31. 42 format magazine no 9
und gleichzeitig die Ausführung unserer hoheitli- te des Personalwesens zu hinterfragen. Bereiche, chen Aufgaben gewährleisten können. Wird uns in denen sich die Polizei manchmal nur schwer diese Studie anderes aufzeigen als die derzeit un- zurechtfindet, zwischen dem heutigen modernen tersuchten Ansätze, über die Ausbildung von mor- Management, unserer hoch- gen nachzudenken und sie weiterzuentwickeln? Das gradig hierarchischen Struktur, Dem SPI kommt [...] die Rolle hoffe ich. unseren mehr denn je komple- als Bindeglied und Vermittler xen und intensiven Aufgaben zwischen Polizei und Wissenschaft Reto Habermacher: Im Grundsatz ist der Spielraum und den immer anspruchsvol- zu. Vor allem aber muss es uns für massgebliche Veränderungen in der Polizeiaus- leren Mitarbeitern/-innen. Dem zwingen, auch in diesem Bereich bildung wohl bescheiden. Die polizeiliche Grund- SPI kommt dabei die Rolle als über unseren kantonalen oder gar versorgung als Kernaufgabe wird morgen nicht völlig Bindeglied und Vermittler zwi- regionalen Horizont hinaus auf anders sein als heute. Dies schliesst selbstverständ- schen Polizei und Wissenschaft lich nicht aus, dass sich in methodisch-didaktischer zu. Vor allem aber muss es uns die nationale Ebene zu blicken. Hinsicht weitere Anpassungen aufdrängen. Ebenso zwingen, auch in diesem Bereich über unseren kan- erscheinen Verschiebungen der Gewichtung inner- tonalen oder gar regionalen Horizont hinaus auf die halb des Gesamtspektrums als durchaus denkbar. nationale Ebene zu blicken. Wir haben den «Nach- Diesbezüglich könnte die vorliegende Studie wich- teil», so viele Polizeien wie Kantone und noch mehr tige Hinweise liefern: Da sie recht unterschiedliche zu haben; profitieren wir davon und tauschen uns Themenfelder abbildet, könnte sie einerseits neue intensiver über unsere Prozesse aus, um uns zu ver- Ausbildungsbedürfnisse zutage fördern; andererseits bessern! könnte daraus auch ein gewisser Anpassungsbedarf bei bestehenden Ausbildungsinhalten entstehen. Dirk Baier: Ich habe das SPI bislang als Anbieter von Aus- und Weiterbildungen kennen gelernt. Ich bin daher sehr froh über die Erfahrungen, die ich in den magazine : Mit Blick auf die bisherigen letzten Monaten im Rahmen des Projekts machen Erfahrungen in diesem Projekt, welches Kooperati- konnte. Denn es hat sich gezeigt, dass das SPI bzw. onspotenzial sehen Sie zwischen akademischen Bil- seine Mitarbeitenden grosses Interesse an wissen- dungseinrichtungen, Polizeiorganisationen und dem schaftlicher Forschung haben, eigene Ideen in eine SPI? Studie einbringen und zugleich über die Kontakte verfügen, die es braucht, um ein Forschungsprojekt Raphaël Jallard: Was unseren Beitrag als regionales durchzuführen. Diese Erfahrungen konnte ich eben- Ausbildungszentrum anbelangt, so stehen wir noch falls in dem bereits angesprochenen Projekt in Zü- ganz am Anfang dieses Projekts. Doch haben wir rich zu Bodycams machen, d. h. auch die Polizeior- ein gutes Gefühl und erfahren volles Verständnis ganisationen – hier die Stadtpolizei Zürich – wissen sowie Achtung zwischen der Forschung, dem SPI um den Mehrwert wissenschaftlicher Forschung. Ich und der Polizei. Damit sind erste solide Grundla- sehe für die Zukunft dieses Dreiecks aus Polizeiorga- gen gelegt. Ich persönlich setze mich für eine enge nisationen, SPI und Hochschulen daher grosses Ko- Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Poli- operationspotenzial. Grundlage von Kooperation ist zei ein. Während meiner 18 Jahre in der Kriminal- dabei gegenseitiges Vertrauen, welches aufgrund der technik hatte unsere Abteilung immer ein oder zwei Durchführung solcher Studien weiter wachsen kann. Doktoranden/-innen in der Forensik; dieses Modell ist bis heute gültig. Die Verbindungen zur École des Reto Habermacher: Je besser es uns gemeinsam Sciences criminelles in Lausanne sind immer noch gelingt, das SPI als zentrale Drehscheibe für alle Be- sehr eng und beständig. Eine solche Vernetzung ist lange der polizeilichen Aus- und Weiterbildung zu wirklich förderlich für eine ständige Entwicklung positionieren, desto mehr wird das Ausbildungswe- und Weiterentwicklung. Heute öffnet sich uns mit sen im Sinne einer Unité de doctrine vereinheitlicht dieser soziologischen Forschung die Welt der Geis- und damit eine zunehmend notwendige überregio- teswissenschaften. Ich bin zuversichtlich, dass wir nale Zusammenarbeit erleichtert. Dazu gehört aber den Anstoss dazu geben werden, bestimmte Aspek- auch eine künftig noch engere Zusammenarbeit mit format magazine no 9 43
DEBATTE – DER POLIZEILICHE BERUFSEINSTIEG UNTER DER LUPE anderen Bildungseinrichtungen, um dem Anspruch Standardisierung der Praktiken einsetzen, um so die der Durchlässigkeit des Bildungssystems (Stichwort: Annäherung und den Austausch zwischen den Po- kein Abschluss ohne Anschluss) ebenso wie den un- lizeien zu intensivieren und zu erleichtern, denn es terschiedlichen polizeilichen Laufbahnen gerecht muss immer mehr zusammengearbeitet werden. Sie werden zu können. Diese Kooperationen sollen muss innovative Ausbildungen anbieten, organisie- sich in Zukunft nicht ausschliesslich auf den Aus- ren und begleiten sowie deren Zertifizierung garan- bildungsbereich konzentrieren, wo wir bereits seit tieren. Diese Polizeiakademie muss als Bindeglied mehreren Jahren erfolgreich mit Fachhochschulen zwischen Wissenschaft und Polizei fungieren, wie und Universitäten zusammenarbeiten, um beispiels- sie es zurzeit bei dieser Studie tut. Als Bindeglied weise CAS-Ausbildungen anzubieten, sondern auch auch zwischen der Ausbildung und der Polizei, um kooperative Forschungsprojekte wie das vorliegen- neue Technologien und moderne Bildungsformen in de umfassen. Längerfristig können aus diesen For- die noch immer staubige Welt der Polizeiausbildung schungen, in Zusammenarbeit mit akademischen einzubringen. Schliesslich erwarte ich, dass sie für Bildungseinrichtungen, auch weitere Lehrangebote gewisse nationale Projekte logistische und finanzi- und Lehrformen zugunsten der Polizei entstehen. elle Unterstützung bietet. Damit der Zusammenhalt zwischen den Polizeien und dieser Polizeiakademie gewahrt ist, hätte ich noch den Wunsch, dass in den magazine : Wie sieht Ihrer Meinung nach SPI-Strukturen eine polizeiliche Vertretung gewähr- die Rolle des SPI als «Schweizer Polizeiakademie» leistet ist. Ich denke, dass dies eine unabdingbare in Zukunft aus (im Bereich «Forschung und Lehre»)? Voraussetzung ist, wenn diese Polizeiakademie ihre Glaubwürdigkeit bei den Polizisten/-innen an der Reto Habermacher: Mit der Schaffung des neuen Front beibehalten will. Geschäftsbereiches «Forschung, Lehre, CentreDoc und Sprachdienste» ist der Dirk Baier: Mit Blick auf den Bereich «Forschung» Das SPI muss vom reinen Dienst- Grundstein gelegt, das SPI kann das SPI mindestens zwei Rollen einnehmen: leister zur zentralen Drehscheibe auch in dieser Hinsicht Erstens kann es Themen identifizieren, die für die für alle Belange der polizeilichen gezielt zu positionieren Polizei aktuell und zukünftig von Relevanz sind und Ausbildung werden. Dazu sind und weiterzuentwickeln die mittels Forschung adressiert werden sollten. Forschung und Lehre, aber auch und es vom Institut zur Zweitens kann es die Vernetzung der verschiedenen Innovation und internationale Akademie zu überführen. Akteure gewährleisten, d. h. Hochschulen und Poli- Beziehungen unabdingbar. Das SPI muss vom reinen zeiorganisationen zusammenbringen. Dabei entsteht Dienstleister zur zentra- letztlich auch für das SPI ein wichtiger Mehrwert: len Drehscheibe für alle Belange der polizeilichen Meine Erfahrungen an der Fachhochschule haben Ausbildung werden. Dazu sind Forschung und gezeigt, dass Forschungsergebnisse in die Aus- und Lehre, aber auch Innovation und internationale Be- Weiterbildung einfliessen können. Studierende sind ziehungen unabdingbar. In naher Zukunft sind wir immer sehr interessiert an neuesten Forschungs- insbesondere bestrebt, strategische Leitentscheide ergebnissen und den Methoden, die zu diesen Er- zu diesen Fragen zu fällen und diese dann Schritt gebnissen geführt haben. Ich gehe davon aus, dass für Schritt umsetzen. Die Kohortenstudie erscheint die Angebote des SPI auch durch die aufgrund von dabei als gelungenes Beispiel einer Zusammenarbeit Kooperationen erzielten Forschungsbefunde ergänzt zwischen Wissenschaft, Polizei und SPI, wie wir sie und damit auch weiter aufgewertet werden können. uns im Rahmen einer zukünftigen «Schweizer Poli- zeiakademie» vorstellen. magazine : Welche Vorteile und Herausfor- Raphaël Jallard: Es ist schwer zu sagen, welche Rolle derungen sehen Sie in der geplanten Ausweitung der diese «Polizeiakademie» in Zukunft spielen wird. Ich Studie auf die gesamte Schweizer Polizeilandschaft? weiss hingegen, was ich persönlich von ihr erwarte! Im Laufe der Zeit muss sie die nationale Doktrin ge- Dirk Baier: Der zentrale Vorteil der Ausweitung währleisten und sich für die Harmonisierung und die der Studie liegt in der Erhöhung der Fallzahlen. In 44 format magazine no 9
DEBATTE – DER POLIZEILICHE BERUFSEINSTIEG UNTER DER LUPE den beiden Standorten des Pilotprojekts werden nicht mehr «für», sondern «mit» Unternehmen, das wir ca. 130 Polizistinnen und Polizisten begleiten persönliche Wohlbefinden (Familie, Freizeit, Ach- dürfen. Dies ist bereits eine tolle Möglichkeit, die tung der Werte) ist wichtiger als eine Karriere, ihre wir erhalten haben. Auswertungen, die bestimmte Mobilität ist hoch, ihre Bindungen sind schwach. Subgruppen betreffen, bspw. Frauen oder Perso- Diese Studie soll es uns ermöglichen, bestimmte nen mit Migrationshintergrund, sind aber Grenzen Trends zu identifizieren und in unsere Modelle zu gesetzt. Eine schweizweite Studie erlaubt daher, integrieren. weit differenziertere und insgesamt verlässlichere Auswertungen vorzunehmen. Auch dabei stehen Reto Habermacher: Die Arbeiten rund um BGK für mich nicht in erster Linie regionale Vergleiche 2020 haben eindrücklich gezeigt, dass derzeit in im Vordergrund, sondern Vergleiche verschiedener der Grundausbildung erheb- sozio-demografischer Gruppen. Daneben wäre eine liche Unterschiede zwischen Unter Vorbehalt der Detail- schweizweite Studie auch eine Art Imagekampagne den einzelnen regionalen Aus- analyse der Pilotstudie und der für die Schweizer Polizei: Sie wäre meines Wissens bildungszentren bestehen. Mit Validierung durch die polizei- die erste weltweit, die eine ganze Generation junger dem neuen Modell werden lichen Instanzen begrüsst und Polizistinnen und Polizisten wissenschaftlich beglei- diese in verschiedenen Berei- unterstützt das SPI [...] eine ten lassen würde. Ich denke, dass solch eine Stu- chen (z. B. Prüfungen) gezielt Ausweitung dieser Studie auf die die viel Positives über Polizistinnen und Polizisten, abgebaut, ohne dass gewollte gesamte Schweiz. sicherlich aber auch das ein oder andere kritische lokale Unterschiede im Sinne Ergebnis zutage fördern wird; insgesamt würde die unseres föderalistischen Systems unterbunden wer- Polizei aber transparent mit all diesen Themen um- den. Die vorliegende Studie kann nur dann wirklich gehen, und das dürfte ihr Ansehen in der Öffentlich- verlässliche Rückschlüsse zulassen, wenn sie die keit weiter steigern. gesamte Schweizer Polizeilandschaft abdeckt. Un- ter Vorbehalt der Detailanalyse der Pilotstudie und Raphaël Jallard: Die erste Herausforderung wird die der Validierung durch die polizeilichen Instanzen Rücklaufquote sein. In diesem Zusammenhang er- begrüsst und unterstützt das SPI deshalb eine Aus- muntere ich die Direktorin und die Direktoren der weitung dieser Studie auf die gesamte Schweiz, da regionalen Ausbildungszentren sowie die Polizei- damit neben einer grösseren numerischen Reprä- korps ausdrücklich, sich aktiv an dieser Forschung zu sentativität auch die Vielfalt der drei grossen Sprach- beteiligen. Nur ein paar Stunden müssen über einen regionen und die spezifischen Realitäten von sehr Zeitraum von zehn Jahren für sieben Befragungen urbanen Regionen wie Genf oder Zürich untersucht (Irrtum vorbehalten) eingesetzt werden. Eine kleine werden könnten. Investition, die zweifellos für die meisten Polizeien der Schweiz einen Nutzen haben wird. Mit der Aus- weitung der Studie auf die gesamte schweizerische Polizeilandschaft werden wir über eine repräsentati- ve und fundierte Stichprobe von 600 bis 700 jungen Polizisten/-innen verfügen, die kürzlich der Polizei beigetreten sind. Wenn wir «unsere Leute» besser kennenlernen (Herkunft, Sozialgefüge, Laufbahn, Anreize bei ihrer Karriere, ihrem Austritt oder ihrer Weiterentwicklung...), haben wir ein wirksames HR- Instrument, um unsere Mitarbeitenden zu verstehen, sie zu binden und sie zu motivieren, sich in unse- rer Institution weiterzuentwickeln... Abschliessend möchte ich sagen, dass unsere Strukturen in zehn Jahren wahrscheinlich vor einer grossen Herausfor- derung stehen werden: der massive Anteil der Ge- nerationen Y und Z in unseren Reihen. Sie arbeiten format magazine no 9 45
DÉBAT – L’ENTRÉE DANS LA PROFESSION POLICIÈRE À LA LOUPE Débat L’entrée dans la profession policière à la loupe * Directeur de l’Institut Suisse de Police (ISP) ** Directeur du Centre interrégional de formation de police (CIFPol) *** Directeur de l’Institut de prévention de la délinquance et de la criminalité, Haute école spécialisée de Zurich (ZHAW) Reto Habermacher * Raphaël Jallard ** Dirk Baier *** La formation et les premières années de pratique aspirants ? Les réponses à ces questions permettront professionnelles contribuent à façonner l’identité des de tirer des conclusions pouvant s’avérer d’une jeunes policières et policiers. En collaboration avec grande utilité, tant pour le développement de la l’Université de Lausanne et la Haute école spécialisée formation de base que pour le travail dans les corps de Zurich, l’ISP mène une étude pilote sur la socialisa- de police. tion professionnelle des policières et policiers débutant leur formation selon le Concept général de formation Dirk Baier : La principale plus-value réside 2020 dans les centres de formation de Colombier/ dans l’obtention de connaissances validées Granges-Paccot et d’Amriswil 1. magazine empiriquement, et ce, à au moins deux égards. donne la parole à l’un des chercheurs principaux de Premièrement, les études de cohortes mettent en l’étude, à un directeur d’un centre de formation et au lumière des informations relatives au développement directeur de l’ISP. Leurs visions sur ce projet novateur professionnel des policières et policiers, dès le concordent largement, mais présentent des spécificités premier jour de formation. Deuxièmement, elles reflétant le rôle que chacun des partenaires – monde permettent d’examiner les hypothèses sur les liens académique, police et ISP – peut jouer dans le cadre de cause à effet. Il existe déjà certainement, au sein de tels projets de recherche collaboratifs, projets que de la police, des connaissances empiriques relatives l’ISP souhaite développer à l’avenir. à ces deux points, qu’une étude peut valider de manière systématique. Au-delà de cela, il faut rester prudent face aux attentes démesurées à l’égard d’une magazine : Selon vous, quelle plus-value telle étude : les résultats ne peuvent généralement apporte cette étude de cohorte à la formation poli- pas être mis en pratique tels quels. Cependant, cière et à la police en général ? ils fournissent des indications importantes sur les domaines dans lesquels il y aurait nécessité d’agir. Reto Habermacher : Une grande partie des aspirantes et aspirants considèrent, en début de Raphaël Jallard : Sur le plan de la formation formation, la profession policière comme un « métier policière, cette étude va nous permettre de de rêve ». Est-ce que c’est toujours le cas pendant et surtout à la fin de la formation de base ? Ou est- 1 Pour une présentation plus détaillée de ce projet de recherche, voir ce que l’image qu’ils s’en faisaient a changé ? Si oui, l’article de Michaël Meyer et Cyril Amberg en pp. 32–38. En p. 109 pourquoi et chez quelles catégories d’aspirantes et figure une fiche synoptique. 46 format magazine no 9
DÉBAT – L’ENTRÉE DANS LA PROFESSION POLICIÈRE À LA LOUPE disposer d’une image des attentes des candidates compte notamment sur la durée de l’étude pour aspirantes et candidats aspirants. Au fil des qu’au fil du temps, les langues se délient. En tant questionnaires et des années passées dans les que pôle de formation, nous devons régulièrement corps de police, nous serons en mesure de suivre nous remettre en question pour adapter nos l’évolution de cette image. Existera-t-il un delta modèles ; cet exercice sera certainement facilité et entre la réalité du personnel policier et celle motivé par des « feedback authentiques » même si des candidates et candidats ? Le cas échéant, parfois dérangeants. pour la formation et les ressources humaines des polices, il s’agira de prendre conscience Reto Habermacher : La question de la des attentes générationnelles des candidates et diversification des profils revêt de plus en plus candidats, notamment en termes d’encadrement, d’importance compte tenu du nombre croissant de management, d’horaires, de valeurs... Et, dans d’aspirantes et aspirants issus de l’immigration. une certaine mesure, il y aura lieu d’apporter des De même, le nombre de policières est en aménagements à nos modèles actuels, pour que augmentation constante dans tous les corps de la police reste attractive comme employeuse et police. À bien des égards, cela a une influence formatrice. La finalité de la démarche consiste à déterminante sur les structures et la culture investir les policières et policiers de demain dans des corps de police, ainsi que sur la doctrine leurs missions, à les fidéliser à l’institution et à d’engagement. À ma connaissance, cette limiter le turn-over. diversification des profils au sein de police n’a pas encore fait l’objet d’une enquête systématique en Suisse. L’étude de cohorte fournira certainement magazine : Quel aspect de l’étude de co- des résultats intéressants aux corps de police, horte trouvez-vous le plus intéressant ? surtout si, dans un deuxième temps, elle peut être Raphaël Jallard : Personnellement, deux aspects étendue à l’ensemble de la Suisse. me tiennent particulièrement à cœur. Le premier élément est la réponse à la question : que faut- Dirk Baier : L’étude porte sur de nombreux sujets il mettre en place pour que les collaboratrices et intéressants sur le plan scientifique, car très peu collaborateurs de l’institution police s’épanouissent d’études comparables ont été réalisées jusqu’à au travail malgré les aléas du quotidien, la routine, présent. Personnellement, je serais curieux de la complexification des procédures et un contact savoir comment les policières et policiers géreront avec la population, ou certaines franges de la le passage de la théorie à la pratique quotidienne, population, toujours plus tendu ? Le second aspect, s’il y aura un « choc de la réalité » et comment celui- et ici c’est le directeur de centre de formation et ci sera affronté. Dans quelle non pas le policier qui s’exprime, consiste à prendre mesure, par exemple, les L’ étude porte sur de nombreux conscience de cette perception entre le passage du expériences négatives qu’ils sujets intéressants sur le plan monde de la formation à celui du corps de police. vivront indubitablement, scientifique, car très peu d’ études Que faisons-nous parfaitement juste à l’école, c’est-à-dire les expériences à comparables ont été réalisées que faisons-nous de faux ? Que faut-il maintenir, lourde charge émotionnelle jusqu’ à présent. supprimer, adapter ? Les échos des agentes et agents de violence verbale et en fonction sont certes assez positifs au sujet des physique ou avec des victimes d’infractions et nouvelles « recrues ». Par contre, nous avons peu de d’accidents de la circulation, auront-elles un retours ou, alors, un retour biaisé des apprenantes impact sur leur parcours professionnel ? Comment et apprenants. Ceux-ci peinent à s’exprimer, les policières et policiers feront-ils face à de telles sans retenue, de par leur statut, puis, ensuite de expériences ? Un deuxième sujet m’intéresse : celui de « bleus » fraîchement brevetés avec peu nous avons également pu recenser différents d’expériences du métier. Cette étude commandée et biais sociopolitiques des policières et policiers, gérée, à l’externe des services de police, permettra, notamment leur tolérance et leurs opinions sur les je l’espère vivement, de faire la lumière sur certaines sanctions pénales. Il y a cependant encore peu de zones d’ombre de notre cursus de formation. Je recherches sur ces biais dans le monde policier. format magazine no 9 47
DÉBAT – L’ENTRÉE DANS LA PROFESSION POLICIÈRE À LA LOUPE magazine : Pensez-vous qu’il existe des dif- Dirk Baier : On peut supposer qu’il existe des férences régionales dans la diversification des profils différences régionales pour au moins deux raisons. et dans la formation préalable des aspirantes poli- Tout d’abord, la sélection des aspirantes et aspirants cières et des aspirants policiers ? est basée sur des critères régionaux qui ne sont pas uniformes. Elle ne répond donc pas aux mêmes Reto Habermacher : Oui, c’est certain. Les corps critères prépondérants dans chaque région. Par de police ruraux de petite taille ont généralement ailleurs, force est de constater que la composition et tendance à recruter leurs membres dans leurs la culture des différents corps de police et services « propres » rangs (dans leur canton d’implantation ne sont pas identiques. C’est ce que nous avons ou dans le canton voisin), tandis que les corps de pu observer lors d’une récente enquête menée à police plus grands agissent plus ouvertement dans Zurich dans quatre postes de police sur le thème ce domaine. De même, il semble qu’il y ait de des caméras de corps (ou bodycams)2. Je pense qu’il grandes différences dans la formation préalable est également important de souligner que l’étude de obligatoire. Au sein des corps de police qui cohorte ne se concentre pas sur des comparaisons entraînent de grandes unités spécialisées, un niveau régionales. L’accent est mis en premier lieu sur de formation global plus élevé pourrait être visé les parcours professionnels, que nous aimerions qu’au sein des corps de police qui se concentrent notamment analyser en distinguant policières et sur les missions fondamentales et qui ont souvent policiers. besoin de soutien de la part d’autres cantons pour des tâches spéciales. magazine : Quels pourraient être les im- Raphaël Jallard : Je ne dispose pas d’informations pacts du projet sur l’évolution de la formation poli- détaillées et stabilisées sur cette question. Je me cière à l’horizon 2030 ? réjouis que cette étude puisse y répondre, cette information pouvant être utile pour le recrutement. Dirk Baier : L’étude ne bouleversera pas la formation Les conditions d’admission pour rejoindre un corps policière. Elle est de surcroît davantage orientée vers de police sont, à mes yeux, une sorte de prérequis. le présent que l’avenir, car nous suivons l’évolution Ensuite, les processus en cours des policières et policiers. Envisager Au final, notre objectif est de de recrutement « font le l’avenir à partir de cette étude est impossible, recruter des personnes éclairées, reste » pour sélectionner d’ailleurs aucune étude scientifique ne peut le faire astucieuses, capables d’arriver à les personnes dont le à proprement parler. Je pense que l’étude servira leurs fins en respectant le cadre parcours de vie, le savoir- surtout à peaufiner les détails. Les procédures de légal et les justiciables. faire, le savoir-être et le sélection ainsi que les contenus didactiques et les savoir-devenir présentent types de formation sont largement développés. le plus grand potentiel. Au final, notre objectif est L’étude nous permet d’observer de manière de recruter des personnes éclairées, astucieuses, empirique comment tout cela fera ses preuves. Et si, capables d’arriver à leurs fins en respectant le par exemple, il s’avère que la résilience, qui apparaît cadre légal et les justiciables. L’étude saura-t-elle notamment dans le questionnaire, est une aptitude nous dire si un profil type répond à ces exigences ? importante à posséder pour pouvoir faire face aux Dans tous les cas, les résultats de cette étude nous défis policiers, alors, le savoir pourrait nous faire permettront de prendre conscience de la diversité accorder davantage d’attention à cette aptitude, à ou de l’homogénéité des profils des hommes et l’avenir, dans la sélection des aspirantes et aspirants. des femmes qui composeront les policiers et les À cet égard, nous avons identifié plusieurs possibilités policières de demain. Quel que soit le résultat, d’amélioration. Il ne faut cependant pas s’attendre à nous devrons poursuivre notre effort pour que nos ce que l’étude entraîne un changement radical de la agentes et agents soient représentatifs de notre formation, ce n’est pas non plus son but. population et surtout capables de créer le lien et la confiance nécessaire à une interaction réussie, tous publics confondus. 2 Voir à ce sujet l'article de Dirk Baier en pp. 25–31. 48 format magazine no 9
DÉBAT – L’ENTRÉE DANS LA PROFESSION POLICIÈRE À LA LOUPE Raphaël Jallard : Dans un monde parfait, cette ce modèle se perpétue encore aujourd’hui. Les liens étude pourrait réduire, encore, les « erreurs de avec l’École des Sciences criminelles de Lausanne sont casting » du recrutement, identifier les variables toujours très forts et permanents. Un tel réseautage pour fidéliser les nouveaux policiers et policières, est véritablement propice à une dynamique offrir des pistes pour que notre formation et les d’évolution et de développement permanent. conditions de travail répondent aux attentes des Aujourd’hui, avec cette recherche sociologique, collaboratrices et collaborateurs tout en garantissant c’est l’univers des sciences humaines qui s’ouvre à l’accomplissement de nos missions régaliennes. nous. J’ai bon espoir que nous Cette étude nous apportera-t-elle d’autres pistes instaurions une dynamique Quant à l’ISP, il a ce rôle à jouer que celles actuellement étudiées pour penser et de questionnements sur des de liant et de facilitateur entre développer la formation de demain ? Je le souhaite. aspects propres aux ressources le milieu policier et académique. humaines. Des domaines où, Mais surtout, il doit nous forcer Reto Habermacher : En principe, nous avons peu de parfois, la police a de la peine à dépasser, dans ce domaine marge de manœuvre pour effectuer des changements à trouver ses marques, entre le également, notre vision cantonale, conséquents dans la formation policière. Les management moderne actuel, voire régionale, pour l’ étendre à missions fondamentales de la police en tant que notre structure très hiérarchisée, l’ échelle nationale. tâches principales ne seront pas complètement nos missions plus complexes et différentes demain de ce qu’elles sont aujourd’hui. intenses que jamais et du personnel toujours plus Cela n’exclut évidemment pas la possibilité que exigeant. Quant à l’ISP, il a ce rôle à jouer de liant et d’autres adaptations méthodologiques et didactiques de facilitateur entre le milieu policier et académique. soient nécessaires. De même, des modifications Mais surtout, il doit nous forcer à dépasser, dans ce de la pondération dans l’ensemble des offres de domaine également, notre vision cantonale, voire formation semblent tout à fait concevables. Cette régionale, pour l’étendre à l’échelle nationale. Nous étude pourrait fournir des indications importantes à avons le « défaut » de disposer d’autant de polices ce sujet. Comme elle aborde des thématiques très que de cantons, même plus, alors profitons-en pour différentes, elle pourrait, d’une part, faire apparaître échanger de manière plus intense sur nos processus de nouveaux besoins en formation et, d’autre et les améliorer ! part, donner lieu à une nécessité d’ajustement des contenus de formation existants. Dirk Baier : Jusqu’à présent, je connaissais l’ISP en tant que prestataire de formations de base et continues. Je suis donc très satisfait des expériences magazine : Sur la base des expériences que j’ai faites au cours des derniers mois dans le cadre faites dans le cadre de ce projet, quel potentiel de de ce projet. J’ai pu constater que les collaboratrices collaboration percevez-vous entre les institutions de et collaborateurs de l’ISP sont très intéressés par la formation académiques, les organisations policières recherche scientifique ; ils apportent leurs idées et et l’ISP à l’avenir ? disposent en outre des contacts nécessaires pour mener à bien un projet de recherche. J’ai également Raphaël Jallard : Nous nous trouvons encore aux pu faire des expériences dans le cadre du projet prémices de ce projet en ce qui concerne notre susmentionné à Zurich, au sujet des bodycams ; les implication en tant que centre régional de formation. organisations policières, en l’occurrence la Police Nous constatons néanmoins un bon « feeling » municipale de Zurich, sont également conscientes et une parfaite compréhension et considération de la plus-value de la recherche scientifique. Je vois entre le monde de la recherche, l’ISP et celui de donc, à l’avenir, un grand potentiel de collaboration la police. De premières bases solides sont donc entre ces trois entités. Cette collaboration est basée posées. Personnellement, je suis acquis à une étroite sur la confiance mutuelle, qui peut continuer à se collaboration entre le monde académique et la développer grâce à de telles études. police. Lors de mes 18 années passées à la police scientifique, notre service comptait en permanence Reto Habermacher : Mieux nous parviendrons un ou deux doctorant·e·s en sciences forensiques ; ensemble à faire de l’ISP la plaque tournante format magazine no 9 49
DÉBAT – L’ENTRÉE DANS LA PROFESSION POLICIÈRE À LA LOUPE de tous les aspects de la formation policière de exemple réussi de collaboration entre le monde base et continue, plus le système de formation académique, le monde policier et l’ISP, comme nous sera unifié et répondra à une unité de doctrine, l’envisageons dans le cadre d’une future « académie facilitant ainsi une collaboration suprarégionale suisse de police ». de plus en plus nécessaire. Mais cela implique également une collaboration encore plus étroite Raphaël Jallard : Difficile de dire quel rôle cette à l’avenir avec d’autres institutions de formation académie de police tiendra à l’avenir. Par contre, afin de répondre aux exigences d’accessibilité du je sais ce que j’attends personnellement d’elle ! Au système de formation (devise : « pas de diplôme fil du temps, elle doit garantir la doctrine nationale, sans passerelles ») ainsi qu’aux différents parcours participer à l’harmonisation et à l’uniformisation policiers. Cette collaboration ne se concentrera pas des pratiques de manière à renforcer et faciliter les exclusivement sur le domaine de la formation, dans rapprochements et échanges entre les forces de police, lequel nous travaillons déjà depuis plusieurs années les besoins en collaboration allant en s’agrandissant. avec les hautes écoles et les universités, notamment Elle doit proposer, organiser, encadrer des formations pour proposer des formations CAS, mais inclura novatrices et garantir également les certifications de également des projets de recherche collaborative celles-ci. Cette académie de police doit fonctionner à l’image de celui-ci. À plus long terme, ces comme un relais entre les milieux académiques et recherches menées en collaboration avec des le monde policier, c’est actuellement le cas avec institutions de formation académiques pourraient cette étude. Relais également entre le monde de la également conduire à la mise en place de nouvelles formation et de la police pour amener les nouvelles offres de formation et méthodes d’enseignement technologies et les vecteurs de formation modernes pour la police. dans le monde encore poussiéreux de la formation policière. Finalement, je m’attends à ce qu’elle serve d’appui logistique et financier pour certains magazine : Selon vous, quel rôle tiendra projets d’ampleur nationale. Pour que la cohésion l’ISP en tant qu’académie de police de portée natio- soit maintenue entre les forces de police et cette nale à l’avenir (dans la recherche et l’enseignement académie de police, je me permets encore un vœu, de type académique) ? celui de garantir une représentation policière dans les structures de l’ISP. Ce sera la condition sine qua non, Reto Habermacher : La création du nouveau je pense, si cette académie de police veut conserver domaine « Recherche, Enseignement, CentreDoc sa crédibilité face aux policières et policiers du front. et Service linguistique » a S’ il n’ était encore qu’un simple jeté les bases, à cet égard Dirk Baier : En matière de recherche, l’ISP peut prestataire de formations, aussi, du positionnement jouer au moins deux rôles. D’une part, il peut mettre l’ISP doit maintenant devenir ciblé et du développement en évidence les thématiques actuelles et futures qui la plaque tournante de tous les de l’ISP, ainsi que de sa concernent la police et qui devraient être abordées aspects de la formation policière. transformation en une dans le cadre de la recherche. D’autre part, il peut La recherche et l’enseignement, académie de police. assurer la mise en réseau des différents acteurs, c’est- S’il n’était encore qu’un à-dire mettre en contact les institutions de formation mais aussi l’ innovation et les simple prestataire de académiques et les organisations policières. En fin relations internationales sont pour formations, l’ISP doit de compte, cela constitue également un avantage cela indispensables. maintenant devenir la pour l’ISP. Mon expérience au sein de la haute école plaque tournante de tous a montré que les résultats des recherches peuvent les aspects de la formation policière. La recherche et être intégrés dans la formation de base et continue. l’enseignement, mais aussi l’innovation et les relations En effet, les étudiantes et étudiants sont toujours très internationales sont pour cela indispensables. Nous intéressés par les derniers résultats des recherches souhaitons prochainement prendre des décisions et les méthodes qui ont conduit à ces résultats. stratégiques sur ces questions et les mettre en œuvre J’imagine que les prestations fournies par l’ISP seront étape par étape. L’étude de cohorte semble être un également enrichies par les résultats obtenus grâce 50 format magazine no 9
DÉBAT – L’ENTRÉE DANS LA PROFESSION POLICIÈRE À LA LOUPE aux collaborations et qu’elles pourront ainsi être de forces de l’ordre. En connaissant mieux « nos gens » plus en plus valorisées. (provenance, tissu social, parcours, motivations au cours de leur carrière, départ ou progression- promotion…), nous aurons à disposition un magazine : Quels avantages et défis voyez- puissant outil RH pour comprendre, fidéliser nos vous dans la future extension de l’étude à l’ensemble collaboratrices et collaborateurs et les motiver à du paysage policier suisse ? progresser dans notre institution… Pour conclure, d’ici dix ans, un défi de taille risque d’ébranler nos Dirk Baier : Le principal avantage de l’extension structures, il s’agit de la proportion massive, dans de l’étude réside dans l’augmentation du nombre nos rangs, des générations Y et Z. Celles-ci ne de personnes sondées. Sur les deux sites du projet travaillent plus « pour » mais « avec » les entreprises, pilote, nous serons en mesure de suivre quelque le bien-être personnel (familles, loisirs, respect des 130 policières et policiers, ce qui constitue déjà valeurs) est plus important qu’une carrière, leur une occasion en or pour nous. Les évaluations qui mobilité est grande, leurs attaches sont faibles. Cette concernent certains groupes, comme les femmes et étude devrait nous permettre d’identifier certaines les personnes issues de l’immigration, sont toutefois tendances et de les intégrer dans nos modèles. limitées. Une étude menée dans toute la Suisse permet donc d’effectuer des évaluations beaucoup Reto Habermacher : Les travaux effectués dans plus nuancées et généralement plus fiables. Ce le cadre du CGF 2020 ont montré de manière ne sont pas les comparaisons régionales qui impressionnante qu’il existe actuellement des m’importent le plus, mais plutôt les comparaisons différences considérables dans la formation de entre différents groupes sociodémographiques. En base entre les divers centres outre, une étude à l’échelle de la Suisse serait une régionaux de formation. Le Sous réserve de l’analyse sorte de campagne en faveur de l’image de la police nouveau modèle a notamment détaillée de l’ étude pilote et de suisse. À ma connaissance, ce serait la première pour objectif d’atténuer sa validation par les instances fois au monde qu’une génération entière de jeunes ces différences dans divers policières, l’ISP accueille [...] policières et policiers serait suivie par une équipe domaines (p. ex. les examens), favorablement et soutient de chercheurs. Je pense qu’une telle étude révélera mais il n’empêche pas les l’extension de cette étude à beaucoup de choses positives sur les policières et variations locales qui existent l’ensemble de la Suisse. policiers, mais elle lèvera aussi sûrement le voile sur au sein de notre système certains aspects critiques. De manière générale, la fédéraliste. Cette étude ne peut tirer des conclusions police devrait traiter toutes ces questions de manière véritablement fiables que si elle couvre l’ensemble transparente, ce qui aurait un impact positif sur du paysage policier suisse. Sous réserve de l’analyse l’image qu’elle renvoie. détaillée de l’étude pilote et de sa validation par les instances policières, l’ISP accueille donc Raphaël Jallard : Le premier défi sera le taux de favorablement et soutient l’extension de cette étude participation. À ce titre, j’encourage vivement la à l’ensemble de la Suisse, car cela permettrait non directrice et les directeurs des centres régionaux de seulement d’assurer une plus grande représentativité formation ainsi que les corps de police à participer numérique, mais aussi d’étudier la diversité des activement à cette recherche. Il s’agit de quelques trois grandes régions linguistiques et les réalités heures, à libérer sur dix ans, pour, sauf erreur, sept spécifiques des régions très urbaines telles que interviews. Nul doute que ce maigre investissement Genève et Zurich. aura des retombées bénéfiques pour la majeure partie des forces de police de Suisse. Avec cette extension de l’étude à l’ensemble du paysage policier suisse, soit un échantillon de l’ordre de 600 à 700 policières et policiers, nous disposerons d’un échantillon représentatif et solide des jeunes policières et policiers ayant récemment intégré les format magazine no 9 51
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