Deine Hand wird mich führen und deine Rechte - mich halten. Psalm 139 - Januar/ Februar 2021

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Deine Hand wird mich führen und deine Rechte - mich halten. Psalm 139 - Januar/ Februar 2021
Januar/ Februar 2021

    Pfarrnachrichten      Katholische Pfarrei St. Josef | Treptow-Köpenick

                                                   Deine Hand
                                                   wird mich führen
                                                   und deine Rechte
                                                   mich halten. Psalm 139
    ST. JOSEF   ST. ANTONIUS   CHRISTUS KÖNIG

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Deine Hand wird mich führen und deine Rechte - mich halten. Psalm 139 - Januar/ Februar 2021
„Was meinen Sie?“
Ab der kommenden Ausgabe         jede neue Ausgabe ein kleiner        der PASTORALE, also auch die
möchten wir Ihnen, unseren       Kraftakt. Jeder von uns arbeitet     Motivation der Redaktion ist:
Leserinnen und Lesern, auf ei-   komplett ehrenamtlich im Team        Wie erreichen wir die Gläubi-
ner Seite Raum geben, sich zu    der PASTORALE mit.                   gen unserer Pfarrei, aber auch
äußern. Uns, und sicher viele                                         Menschen darüber hinaus?
                                 Wir alle haben Freude an die-
andere, interessiert, wie Ihre
                                 ser Arbeit, sind aber auch auch      Beteiligen Sie sich also gern
Meinung zu unse-
                                               immer wieder auf       mit Leserbriefen, indem Sie
ren Themen, den
                                               Unterstützung und      Ideen, Impulse und Gedanken
Artikeln oder dem
                                               Zuarbeiten aus der     einbringen, die von Interesse
Heft allgemein ist.
                                               gesamten Pfarrei       sind. Auch Lob und Kritik inter-
Die Auswahl der                                angewiesen. Wir        essiert uns. Die Redaktion wird
Themen, die Suche                              danken allen, die      sich bemühen, Ihre Ideen und
nach Gesprächs-                                bisher mit dazu        Meinungen abzudrucken. Ihre
partnern, das                                  beitrugen, die         Texte sollten 10-15 Zeilen nicht
Verfassen von Tex-                             PASTORALE auf den      überschreiten.
ten, Termine und                               Weg zu bringen
                                               und sie zu einem       Falls Ihnen der Weg per Mail
Veranstaltungen
                                               informativen, inspi-   nicht möglich ist, können Sie
im Blick haben,
                                               rierenden und gut      sich natürlich auch schriftlich
alle Inhalte in eine
                                               gestalteten Blatt      über die Pfarrbüros an uns
ansprechende
                                               zu machen – so ist     wenden.
Form zu bringen,
letztlich auch das                             jedenfalls unsere      Die PASTORALE-Redaktion
Korrekturlesen –                               eigene Einschät-       pastorale@katholisch-in-trep-
dies alles ist für                             zung. Das Anliegen     tow-koepenick.de

Inhalt
4-9                              16                                   23
5 Gründe gegen den 		            Fasten und Wandern                   Bistumsgeschichte
Kirchenaustritt                                                       Teil 1 der neuen Reihe

10-13                            17                                   25
Denkt größer			                  Gedenken
Interview mit 			                9. November			                       Evas Haltestelle
Pater Reinhard Körner            Friedhof Altglienicke                Hilfe für Frauen in Not

14                               18/19                                35
Kreativität                      Mitarbeiter vorgestellt              Lebendige Steine
Die Weisheit der Bibel		         Pfarrsekretärin 			                  Teil 1 der neuen Reihe
aus psychologischer Sicht        Dorén Küpper                         zu Kunst und Kirche

15                               20/21                                32-43
Buchvorstellung		 Shanti
                             Leprahilfe                               Infoseiten
Patria von Fernando Aramburu
                                                                      der drei Gemeinden

                                                                                                         2
Deine Hand wird mich führen und deine Rechte - mich halten. Psalm 139 - Januar/ Februar 2021
Liebe Mitglieder und Freunde
                                                                           Auch wir als Kirche hier in Trep-
    unserer Kirchengemeinde,
                                                                           tow- Köpenick haben unser
                                                                           Möglichstes versucht, Kontakt
                                                                           gehalten, angerufen, besucht so
                                                                           weit es eben ging, geschrieben
                                                                           und wieder angerufen und nach
                                                                           Möglichkeit Gebetsstunden
                                                                           und Gottesdienste gefeiert, so
                                                                           weit es eben möglich war und
                                                                           ist. Und vielfach wurden neue
                                                                           Wege gegangen, Gottesdienste
                                                                           z.B. über youtube übertragen.
    am Ende eines alten und am Anfang eines neu-                           Viel Dankbarkeit wurde und
    en Jahres ist es gute alte Tradition einerseits                        wird bis heute zurückgemeldet,
    zurückzuschauen, aber auch schon einen Blick                           dass es diese Möglichkeit des
    nach vorn zu wagen. Jede und jeder von uns                             Zusammenhaltes gibt.
    hat da seinen eigenen ganz persönlichen Blick                          An dieser Jahreswende mache
    und auch seine eigene Bewertung. Vielfach                              ich mir weiter Sorgen, um mei-
    höre ich: Das Jahr 2020 könne man getrost ab-                          ne Familie, um die Menschen,
    schließen und hoffen, dass wir so ein Jahr mög-                        die uns hier in den Gemeinden
    lichst nicht wieder durchleben mögen.                                  anvertraut sind, um Verwandte
                                                                           und Freunde. Mich beunruhi-
                                                                           gen die Einschränkungen, aber
    Vor einem Jahr haben wir die       diensten. Bilder aus China, den     auch die Menschen, die sich von
    Gründung unserer Pfarrei           USA und Brasilien waren ebenso      Verschwörungstheorien leiten
    „St. Josef Treptow – Köpenick“     schockierend wie die nächtli-       lassen. Mich beunruhigen die
    mit einem schönen Gottesdienst     chen Bilder der Totentransporte     Isolation so vieler Menschen
    und einem großen Fest im his-      in Bergamo.                         und das scheinbare Zerbröseln
    torischen Saal des Köpenicker                                          unserer Gemeindestrukturen.
    Rathauses begangen. Wir ahn-       Wo war Gott und wo ist Gott in
                                       dieser Zeit? Wo ist Gott bei den    Doch ich freue mich auch da-
    ten da noch nicht, was nur ganz
                                       verzweifelten und sterbenden        rüber, dass so viele Menschen
    wenige Wochen später begin-
                                       Menschen? Diese Fragen sind         zusammenhalten, freue mich
    nen sollte. Hoffnungsvoll schau-
                                       so existenziell wie berechtigt.     besonders über unser pastora-
    ten wir noch auf das neue Jahr.
                                       Viele Male habe ich mir diese       les Mitarbeiterteam, welches so
    Ja selbst beim Faschingsfest war
                                       Fragen mit anderen Menschen         gut zusammenhält, miteinander
    uns noch nicht klar, was dann
                                       in Diskussionen gestellt, in mei-   weiter versucht hier zu arbeiten
    Tage später über uns kam.
                                       nen Predigten und in meinem         und aufeinander schaut. Ich
    Ein kleines, heimtückisches        Nachdenken.                         freue mich über die Menschen,
    Virus überfiel die Welt warf                                           die sich einander aufrichten, die
    Länder, Kontinente, ganze Wirt-    Ich glaube, dass Gott da war        füreinander da sind und aufein-
    schaftszonen und Gesellschaf-      und da ist. Ich glaube an diesen    ander achten.
    ten aus der Bahn und seither       Gott, der den Menschen nahe
                                       war und nahe bleibt, egal in        Was auch immer uns 2021 er-
    bestimmen Worte wie „Co-
                                       welcher Situation. Viele Men-       wartet, wir dürfen und müssen
    vid-19“, „Shutdown“ und „Lock-
                                       schen können ja diese Zeit nur      Christus im Blick behalten, sonst
    down“ unsere Art zu leben.
                                       überleben, weil eben dieser         verlieren wir die Orientierung
    Kontaktsperren, Schließungen
                                       Glaube an Gott sie trägt und        und den Halt.
    von ganzen Städten und Regio-
    nen, Geschäften und Fabriken,      hält. Ungezählte Menschen           So wünsche ich uns allen ein
    Restaurants und Freizeiteinrich-   haben Hilfe, Trost und Rat er-      gesegnetes Jahr 2021!
    tungen, Schulen, Kitas, bis hin    fahren, auch in unserer Pfarrei,
    zu den Absagen von Gottes-         durch Mitmenschen, die für sie      Mathias Laminski
                                       da waren und es weiter sind.        Leitender Pfarrer

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Deine Hand wird mich führen und deine Rechte - mich halten. Psalm 139 - Januar/ Februar 2021
5 Gründe gegen den Kirchenaustritt
Im vergangenen Jahr 2020            wenn die Entscheidung nicht         für strategische Beratung mbH“.
haben so viele Menschen die         rückgängig gemacht wird, soll       Er berät Spitzenpolitiker und
katholische und die evangeli-       es ein Zeichen sein, dass die Tür   Parteien bei der Kommunikation
sche Kirche verlassen wie nie       offen bleibt.                       und viele Städte und Gemein-
zuvor. Auch unsere Pfarrei                                              den bei der Entwicklung von
St. Josef Treptow – Köpenick ist    Wir haben uns in der Redaktion      Partizipationsprojekten und ver-
davon betroffen. Neben vielen       der „Pastorale“ mit dem Thema       öffentlicht lesenswerte Bücher,
Zuzügen sollten wir uns nicht       beschäftigt und durch Zufall von    u.a. „Eine Kirche für viele“
täuschen, dass auch viele Kir-      Erik Flügge gelesen, ihn dann
chenmitglieder uns in Treptow-      spontan gefragt, ob wir seine                                      ml
Köpenick den Rücken kehren.         „5 Gründe gegen den Kirchen-
Das hat vielerlei Gründe. Etliche   austritt“ veröffentlichen dürfen.
Skandale in unserer Kirche be-      Wir dürfen. Gern sogar. Und             Erik Flügge: „Als bundesweit
günstigen das und geben dem         vielleicht kann er auch mal zu      bekannter Kirchenkritiker wer-
einen oder der anderen den          uns kommen...nach „Corona“.            de ich immer wieder gefragt:
„letzten Rest“ nach einer jah-                                           „Warum trittst du nicht aus der
relangen Entfremdung auf ver-       Erik Flügge ist groß geworden
                                                                             Kirche aus?“ – Es würde mir
schiedenen Ebenen.                  in der katholischen Kirche,
                                                                           ehrlich gesagt im Leben nicht
                                    war Oberministrant in einer
                                                                        einfallen, obwohl mich vieles an
Das Erzbistum Berlin ermutigte      Kirchengemeinde, in einem
                                                                          der Kirche nervt und mancher
erst vor kurzem wieder, allen je-   Jugendverband aktiv und in der
                                                                          Skandal endlich richtig aufge-
nen, die austreten, mindestens      katholischen Bildungsarbeit tä-
                                                                              arbeitet gehört. Hier meine
noch einmal mit einem persönli-     tig. Heute ist er Geschäftsführer
                                                                        wirklich guten Gründe, Mitglied
chen Brief „nachzugehen“. Auch      der „Squirrel&Nuts Gesellschaft
                                                                          der katholischen oder evange-
                                                                           lischen Kirche zu sein und Kir-
                                                                                    chensteuer zu zahlen:

                                                                                                             4
Deine Hand wird mich führen und deine Rechte - mich halten. Psalm 139 - Januar/ Februar 2021
5 Gründe gegen den Kirchenaustritt

    1. Kirchen interessieren sich für alte Leute
    Erik Flügge: „Keiner von uns altert gerne. Die Konsequenz ist, dass
    wir uns nicht so gerne mit dem Alter beschäftigen. Wir drücken
    das Thema gesellschaftlich weg. In Altersheime zum Beispiel – ge-
    samtgesellschaftlich getreu dem Motto: Aus den Augen, aus dem
    Sinn. Für unser eigenes Wohlbefinden ist das leicht erklärlich, aber
    richtig unangenehm ist das für die alten Menschen. Deshalb ist
    es gut, dass die Kirchen so sehr auch auf die Ältesten setzen. Für
    viele einsame alte Menschen ist die Kirche einer der ganz wenigen
    gesellschaftlichen Anschlusspunkte. Dafür zahle ich gerne meinen
    Beitrag.“
                                                                              Die Kirche bildet den Rahmen
                                                                              für mein Netz an Kontakten, das
                                                                              ist mir wichtig. Sie ist für mich
                                                                              die Gemeinschaft der Glauben-
                                                                              den, in der ich immer – eben
                                                                              auch jetzt im Alter – gut aufge-
                                                                              hoben bin.“

                                                                              Pastorale: Frau Tyllack, wie sieht
                                                                              für Sie unsere Kirche in 20 oder
                                                                              30 Jahren aus? Werden unsere
                                                                              Gotteshäuser voll(er) sein?
                                                                              „Kirche wird immer bestehen,
                                                                              ganz sicher. Weil uns die Ge-
                                                                              meinschaft mit Gott zugesagt
                                                                              ist, wird Kirche nie untergehen.
    Gespräch mit Frau Roswitha           de – was auch immer passiert,        Allerdings bin ich, was die Zahl
    Tyllack, 83 Jahre alt, lebt seit     egal welche Missstände dort          der praktizierenden Gläubigen
    1961 in Köpenick und ist seither     herrschen – ich gehöre dazu,         betrifft, eher pessimistisch,
    mit der Kirchengemeinde eng          heute und morgen. Ebenso un-         zumindest für die Kirche in
    verbunden.                           lösbar bin ich mit der Kirche ver-   Deutschland, wofür unser Wohl-
                                         bunden. Natürlich sehe ich auch      stand sicher ein Grund ist. Der
    „Sie fragen, warum ich nicht aus     hier die Missstände, die „auf-       gläubige Kirchgänger von mor-
    der Kirche austreten würde?          gearbeitet gehören“. Für mich        gen – so sagte einmal der große
    Nun, es ist tatsächlich unvor-       resultieren sie aber nicht aus       Theologe Karl Rahner - wird ein
    stellbar für mich und erst jetzt,    dem Wesen der Kirche selbst,         Mystiker sein, jemand der sich
    durch dieses Gespräch, befasse       sondern aus der menschlichen         noch bewusster für seinen Glau-
    ich mich überhaupt mit dieser        Erbärmlichkeit. Die vermeintlich     ben entscheidet und ihn lebt.
    Frage. Die Kirche ist für mich       überholten Strukturen sind für       Davon bin auch ich überzeugt.“
    kein Verein, wo man nach             mich dabei eher ein Vorwand.
    Belieben mal eben so ein- und        Der vom Autor genannte Grund         			                           bb
    austreten kann. Für mich ist die     ist für mich durchaus verständ-
    Kirche DIE Familie, in die ich hi-   lich und richtig. Dass die Kirche
    neingeboren bin und in der ich       sich in caritativer Weise um alte
    mit dem Glauben an Gott schon        Menschen kümmert, ist gut und
    so lange lebe. Wie ich meine ei-     hoch zu achten. Aber das Ganze
    gene Familie nie verlassen wür-      geht für mich nicht weit genug:

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Deine Hand wird mich führen und deine Rechte - mich halten. Psalm 139 - Januar/ Februar 2021
5 Gründe gegen den Kirchenaustritt

2. Der Tod kommt plötzlich
                                  Erik Flügge: Schnelle Frage: Welche staatliche Institution kennt
                                  sich mit Trauerarbeit aus? – Richtig, keine. Auf keinem Rathaus in
                                  Deutschland gibt es Menschen, die geübt darin sind, Angehörige
                                  durch die Trauer zu begleiten. Totenscheine ausstellen können die.
                                  Aber das hilft in der Trauer leider nichts. Die Kirchen finanzieren
                                  aus Kirchensteuermitteln ein flächendeckendes Netz der Sterbe-
                                  und Trauerbegleitung. Irgendwann braucht das jeder von uns.

                                  Eine ganz eigene Form des           besonders mit allen anderen
                                  Trostes und des Gedenkens an        Kirchenbesuchern verbunden,
                                  unsere Verstorbenen gab es am       mit den Gedanken von Trauer
                                  7. November in der St. Josef-Kir-   und Dankbarkeit. Im Inneren
                                  che. Eine Andacht mit wunder-       meines Herzens weiß ich um
                                  barer musikalischer Gestaltung      Tod und Auferstehung, aber es
                                  durch die Band PATCHWORK.           fällt trotzdem schwer, wenn ich
                                  Vielen von uns ist diese Band       persönlich davon betroffen bin.
                                  mit ihrer Musik und Texten be-
                                  kannt. Kaum noch zählbar sind       Die Texte und die Musik in
                                  ihre Konzerte auf Kirchentagen,     dieser Andacht verhalfen mir
                                  Wallfahrten, Deka- und Jugend-      „Durch das Dunkel hindurch“ zu
                                  tagen.                              schauen und dies wurde auch
Ja, in puncto Trauerarbeit sind                                       in besonderer Weise durch die
die Kirchen häufig gefragt.       Unter dem Leitwort „Durch           farblichen Lichtimpulse in der
Geistliche werden um Rat          das Dunkel hindurch“ hörten         Kirche zum Ausdruck gebracht.
gebeten, wie sie den Verlust      wir Lieder und beteten Texte        Mit unseren Verstorbenen
eines Menschen ertragen und       zu Resignation und Hoffnung,        bleiben wir immer im Gebet
verarbeiten können. Trauernde     Verzweiflung und Mut, Sterben       verbunden und so wurde in
Menschen vertrauen sich gern      und Auferstehung. Mit dieser        dieser Andacht auch die musi-
Gläubigen an, weil sie eine       Andacht haben wir in besonde-       kalische Ausgestaltung mit den
Ahnung davon haben, dass die      rer Form unserer Verstorbenen       unterschiedlichsten Texten für
christliche Botschaft Trost und   gedacht und für sie gebetet.        mich zu einem ganz besonderen
Antworten geben kann.             In dieser Stunde fühlte ich mich    Abend.

                                                                      Andreas Woske

5 Gründe gegen den Kirchenaustritt“

3. Kirchen organisieren
   übergreifende Begegnung
Erik Flügge: Junge Menschen werden in Deutschland fein säuberlich auf Schulen sortiert. Leider pas-
siert das nicht nach Intelligenz, sondern viel mehr nach Elternhaus. Je gebildeter und einkommens-
stärker die Eltern, desto eher landet ein Kind auf dem Gymnasium. Nachgewiesen wurde das schon
in unzähligen Studien, effektiv geändert hat noch niemand was daran. Deshalb sind die kirchlichen
Lehr- und Lernveranstaltung wie der Firmunterricht oder Konfirmationsunterricht so interessant. Sie
bilden eine der ganz seltenen gesellschaftlichen Gelegenheiten, bei denen sich junge Menschen über
Schularten hinweg begegnen und gemeinsam lernen. Früher gab es das sonst in der Größenordnung
nur noch beim Bund und beim Zivi. Beides gibt’s nicht mehr.

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Deine Hand wird mich führen und deine Rechte - mich halten. Psalm 139 - Januar/ Februar 2021
Ich bin da so reingewachsen -        eine Einladung ist, diesen Weg        sammenkommen, als Institution
    also in die katholische Kirche.      zu gehen, weil er schön ist und       bietet sie dazu Raum. Man kann
    Immer wieder denke ich, wir          das Leben erweitert. „Aber“….         völlig begabungsfrei sein, mit
    passen eigentlich nicht so richtig   Immer wieder dieses, „Aber…“.         jeder sozialen Prägung aus allen
    zueinander. Ich wünsche mir          Alle Reizworte, die einem ein-        sozialen Schichten, arm oder
    eine Kirche, die den Menschen        fallen, wenn man an die katholi-      reich sein, man darf zweifeln
    eine innere Kraft gibt, diese Aus-   sche Kirche denkt, lasse ich mal      und verzweifeln, muss nicht ein-
    strahlung, dass es etwas Größe-      weg, jeder hat seine eigenen          mal glauben. Man kann suchen
    res, etwas Höheres und Tiefe-        im Kopf. Kirche als Institution ist   ohne zu finden oder finden
    res gibt, etwas, das wir mehr        mir schwer, manchmal fast zu          ohne zu suchen. Es ist egal, wer
    spüren als erkennen, messen          schwer.                               beim Gemeindefest den Kuchen
    oder berechnen können. Etwas,                                              ausgibt oder die Tische aufstellt,
    das frei und unabhängig macht.       Aber Kirche ist ja auch die           wer beim Pilgern mitläuft, ein
    Geborgen, eingebettet in etwas       Gemeinschaft der Menschen             Konzert anhört, sich ehrenamt-
    Größeres als das Alltägliche,        und hier ist sie tatsächlich offen.   lich betätigt oder an Glaubens-
    etwas, das auch in schweren          Irgendwie kann man mit unter-         kursen teilnimmt.
    Zeiten trägt. Etwas, das wie         schiedlichsten Menschen zu-
                                                                               So ganz nebenbei kommt man
                                                                               ins Gespräch und lernt eventuell
                                                                               ganz fremde Lebenswirklich-
                                                                               keiten kennen. Jeder kann sich
                                                                               nach seinen Interessen und
                                                                               Begabungen einbringen oder es
                                                                               eben auch lassen. So oder so ist
                                                                               es in Ordnung. Obgleich mir die
                                                                               Kirche als Institution oft dunkel
                                                                               und schwer ist, wird sie mir ge-
                                                                               rade ein bisschen heller. So ge-
                                                                               sehen ist sie für die Gesellschaft
                                                                               noch kein strahlendes Leuchten
                                                                               – aber eine echte Chance.
                                                                               		                              el

    5 Gründe gegen den Kirchenaustritt

    4. Kirchen sind irrational
    Erik Flügge: Warum sollte man etwas fördern, was zutiefst irrational ist? Wollen wir nicht, dass alle
    und alles sich an Fakten orientiert? – Nein! Denn das Denken außerhalb der Bedingungen der Logik
    ist der Anbeginn von Kreativität und Kunst. Die lässt sich nämlich nicht berechnen, sondern entsteht
    im freien Spiel der Kräfte. Kreativität und Kunst sind der Schlüssel dazu, dass Menschen Dinge völlig
    neu und anders denken. Sie sind die Quelle des Erfindergeistes. Alle Prognosen für die Zukunft unse-
    res Wirtschaftssystems besagen, dass die Kreativität immer wichtiger werden wird, allerdings drängen
    wir gleichzeitig die Kreativität immer mehr zurück. Alles muss effizienter, zielgerichteter, präziser lau-
    fen in unserer Gesellschaft. Jeder wird darauf getrimmt, sich zu optimieren. Die Räume für freies Ge-
    dankenspiel nehmen ab. Deshalb ist es gut, wenn es in der Mitte unserer Gesellschaft mit den Kirchen
    irrationale Akteure gibt, die eher unlogisch als logisch funktionieren, ineffizient statt zielgerichtet,
    diskursiv statt präzise.

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Deine Hand wird mich führen und deine Rechte - mich halten. Psalm 139 - Januar/ Februar 2021
Dreht es sich hier nicht auch um    nach Gottes Vorbild zu leben.       man sie in der Bibel aufspüren
die uralte Frage, ob die Kirche     Dass es hierbei oft irrational      kann, beschreibt der Artikel „Die
sich in ihrem Wesen wissen-         zugeht, erklärt sich für mich von   Weisheit der Bibel aus psycho-
schaftlich herleiten lässt und      selbst. Auch wenn das für viele     logischer Sicht – Kreativität“ auf
nach innen und nach außen           zunächst befremdlich klingt:        Seite 14 sehr anschaulich.
stets nachvollziehbaren Regeln      Kirche sollte aus meiner Sicht
folgen sollte? Kirche bedeu-        unbedingt immer mit Kreativität     Nicht jede neue Strömung, jede
tet für mich die Gemeinschaft       verbunden sein, insofern kann       alte und neue Kritik an der Kir-
derer, die an einen Gott der        ich Erik Flügge an dieser Stelle    che muss man selbst nachvoll-
Barmherzigkeit und der Liebe        tatsächlich zustimmen. Alte         ziehen können. Es erscheint mir
glauben. Dieser Glaube stellt so-   Denkmuster müssen auch mal          aber auf jeden Fall als wohltu-
zusagen die Antwort auf Gottes      verlassen werden, neue Formen       end und auch notwendig, dass
Wort in der Heiligen Schrift dar.   des Lebens im christlichen Glau-    Kirche immer diskursiv bleibt.
Gläubige Menschen versuchen         ben müssen möglich sein. Wel-
                                                                                                       bb
– im Idealfall gemeinschaftlich –   che Kraft Kreativität hat und wie

5 Gründe gegen den Kirchenaustritt

5.		 Kirchen mit weniger Mitgliedern
		 werden radikaler
Erik Flügge: Einer der für mich besten Gründe in der Kirche zu bleiben ist, dass die Kirchen durch
meinen Austritt ihren Einfluss in der Gesellschaft nicht verlieren würden, aber einen internen Kritiker.
Solange Leute wie ich in der Kirche Mitglied sind, muss die Kirche auch Rücksicht auf Leute wie mich
nehmen. Sie versucht uns zu binden und zu halten und das trägt mit dazu bei, dass allzu radikale Posi-
tionen sich nicht durchsetzen. Dafür bleibe ich gerne.

In diesem Jahr war zu Weih-         Weihnachten eigentlich feiern.      in die Kirche kommen, gehören
nachten ja alles anders und auf                                         dazu. Die Taufe ist die einzige
sehr viele Sachen mussten wir       Ich gebe zu, ich habe das auch      Voraussetzung, die die Kirche
verzichten, aber es hatte auch      schon an mir beobachtet,            einfordert und sehr viele Men-
etwas Gutes. In der Christmet-      dass ich einteile in die „guten“    schen habe nichts weiter vor-
te saßen vor uns nicht leicht       Katholiken, die regelmäßig          zuweisen, zahlen aber dennoch
angetrunkene Leute, die weder       kommen, sich engagieren und         Monat für Monat ihre Kirchen-
wussten, wo sie eigentlich sind,    die anderen gehören eigentlich      steuer. Noch nie gab es so viele
geschweige denn ein Vaterunser      nicht dazu. Und so berücksich-      unterschiedliche Lebensentwür-
mitbeten konnten. Dass alle,        tigt man bei den Planungen in       fe, Ideen, Vorstellungen und vor
denen zu Weihnachten heime-         der Gemeinde vor allem die,         allem Möglichkeiten, sein Leben
lich wird, sich ein kostenloses     die regelmäßig kommen, und          zu leben, zu gestalten.
Konzert inklusive Bläser, Chor      richtet die Arbeit und die Res-
und weihnachtlicher Stimmung        sourcen der Gemeinde auf diese      Vielfalt scheint eine Haupteigen-
abholen kommen geht nicht,          Gruppe aus. Allerdings besteht      schaft der Schöpfung zu sein.
weil man sich rechtzeitig im        die Gemeinde zu 90 % nicht aus      Wenn in der Kirche nur noch
Pfarrbüro anmelden muss.            diesen Menschen.                    eine bestimmte Sorte Mensch
Bei „Stille Nacht“ ein Tränchen                                         und Christ mit einer einzigen
verdrücken und an die eigenen       Es gibt so viele unterschiedliche   Vorstellung von Gott und der
Kindertage denken, das hat          Arten, sein Christsein in dieser    Welt zu Hause ist, wäre das
doch nun wirklich nichts mit        Welt zu leben. Und selbst die       so, als wenn man den eigenen
dem zu tun, was wir Christen an     Leute, die nicht beten und nie      Fußballverein allein den so

                                                                                                             8
Deine Hand wird mich führen und deine Rechte - mich halten. Psalm 139 - Januar/ Februar 2021
genannten „Ultras“ überlassen       Jesus ist immer wieder bei den      und ob vor dem Essen gebe-
    würde. Die halten sich auch         vermeintlich Frommen ange-          tet wird, auch wenn das mein
    für die wahren und richtgen         eckt, weil er genau die aufge-      Leben bereichert. Was ihr dem
    Fans. Alle, die es nicht so ernst   sucht hat, die am Rande stehen      geringsten meiner Brüder und
    meinen, sind nur Mitläufer. Sich    und in den Augen der Frommen        Schwestern getan habt, das
    auszumalen, wohin das führen        Sünder und Ungläubige waren.        zählt. Und auf alle die würde ich
    würde, fällt nicht schwer, nicht    Am Ende, so lesen wir es in der     und sollte auch die Kirche nicht
    beim Fußball und auch nicht in      Bibel, wird nicht danach gefragt,   verzichten.
    der Kirche.                         wie oft man in der Kirche war                                       ck

    Ergo: Dabeibleiben, kreativ werden, kritisieren und nerven bis der Tod kommt.“
    											 Erik Flügge

      Sternsingen - aber sicher!
      Die Sternsinger unserer Pfarrei St. Josef sind auch in Corona-Zeiten ein Segen.

        Die Sternsinger kommen –         nicht fest, welche konkreten       ganz selten Besuch bekom-
        aber sicher! Am 9. und 10.       Bestimmungen im neuen              men. Sie werden sich riesig
        Januar 2021 sind die Königin-    Jahr gelten. Daher steht zu        freuen!
        nen und Könige in den Stra-      diesem Zeitpunkt noch in
        ßen von Adlershof, Altglieni-    den Sternen, wie genau ein         Genauso wichtig ist der Ein-
        cke, Bohnsdorf, Köpenick und     Besuch unserer Sternsinger         satz für Kinder auf der Welt.
        Friedrichshagen unterwegs –      aussehen kann. Treffen wir         In vielen ärmeren Ländern
        diesmal mit Mund-Nasen-Be-       Sie persönlich? Wechseln           hat sich die Situation für die
        deckung, einer sternschnup-      wir ein Wort miteinander?          Mädchen und Jungen durch
        penlänge Abstand und unter       Oder ahmen wir den Heiligen        die Corona-Pandemie noch
        Beachtung der aktuellen          Nikolaus nach und hinterlas-       mehr verschlimmert. Schulen
        Corona-Schutzverordnungen.       sen heimlich ein Zeichen des       sind immernoch geschlossen,
                                         Segens? Dies diskutieren wir       Krankenhäuser können die
        Mit dem Kreidezeichen            in diesen Tagen und schauen        Menschen nicht versorgen
        „20*C+M+B+21“ bringen die        gespannt auf die Entwicklung       und in manchen Ländern dro-
        Mädchen und Jungen in der        von geltenden Bestimmun-           hen Hungersnöte.
        Nachfolge der Heiligen Drei      gen und verantwortbaren
        Könige den Segen „Christus       Empfehlungen.                      Gerade in diesem Jahr braucht
        segne dieses Haus“ zu den                                           die Welt eine frohe Botschaft.
        Menschen, sammeln kontakt-       Auf der Webseite des Kinder-       Heller denn je wird daher das
        los für benachteiligte Kinder    missionswerkes können Sie          Engagement unserer Sternsin-
        in aller Welt und werden da-     mit uns diese Überlegungen         ger leuchten. Die Sternsinger
        mit selbst zu einem wahren       verfolgen: https://www.            werden kommen - aber sicher!
        Segen. Die Gruppen werden        sternsinger.de/sternsingen/
        von Erwachsenen oder erfah-      hygienekonzept/                    Für Rückfragen stehe ich
        renen Jugendlichen begleitet,                                       Ihnen natürlich gerne zur
        die auf die Einhaltung der       So oder so, das Sternsingen        Verfügung.
        Hygieneregeln und Schutz-        ist wichtig! Viele Menschen
        maßnahmen achten.                freuen sich auf ein Zeichen        Ihr Stephan Napieralski
                                         des Segens, gerade in diesen       030-53011373
        Zur Zeit der Redaktion           unsicheren Zeiten. Denken          stephan.napieralski@erzbis-
        dieses Artikels steht noch       wir an alle, die sowieso nur       tumberlin.de

9
Deine Hand wird mich führen und deine Rechte - mich halten. Psalm 139 - Januar/ Februar 2021
in fast jedem Kurs sind unter
                                                                         den ca. 35 Teilnehmern (derzeit
                                                                         coronabedingt nur maximal 22)
                                                                         auch zwei/drei religionslose
                                                                         Menschen dabei – sie kommen
                                                                         in der Regel, weil sie gehört
                                                                         haben, dass „man hier so gut
                                                                         schweigen kann“.
                                                                          Auch die Seminare – zum Bibel-
                                                                         verständnis und zu Themen der
                                                                         christlichen Spiritualität – sind
                                                                         sehr gefragt. Sie finden natür-
                                                                         lich nicht im Schweigen statt.
                                                                         In den Arbeitskreisen und Dis-
                                                                         kussionsrunden zeigt sich fast
                                                                         immer, wie „ausgehungert“ die
                                                                         Menschen sind. „Warum wird

Denkt größer                                                             uns das nicht auch mal in einer
                                                                         Predigt gesagt?“ oder: „Hätten
                                                                         das meine Kinder mal so gehört,
                                                                         dann hätten sie der Kirche nicht
Pater Reinhard Körner, Dr. theol., Karmelit und bekannter Buch-          den Rücken gekehrt“ sind Äuße-
autor, leitet seit über 30 Jahren das Gäste- und Exerzitienhaus des      rungen, die wir immer wieder
Karmelitenklosters in Birkenwerder. Als Seelsorger ist er mit vielen     hören.
Menschen im Gespräch und kennt Glauben und Zweifel, Sorgen               Also kurz zusammengefasst: Die
und Nöte. Auch wir durften ihm unsere Fragen stellen zu Spirituali-      Menschen, die zu uns kommen,
tät, christlichem Leben, Kirche und Neuanfang.                           suchen nach einem Glaubens-
                                                                         verständnis, das vor ihrer Allge-
Pastorale: Jedes Jahr kommen         löst – wovon, wodurch, wozu?“,      meinbildung und ihrem wachen
viele Menschen zu Ihnen. Aus         „Leben mit dem Heiligen Geist“      Verstand bestehen kann. Und
ganz verschiedenen Konfessio-        oder „Leben mit dem drei-einen      sie suchen nach spiritueller Ori-
nen oder gänzlich ohne Glau-         Gott“ sind so gut wie immer         entierung – nicht nur nach „Spi-
ben an Gott. Was suchen die          sehr schnell ausgebucht. Ebenso     ritualität“ allgemein, sondern
Menschen in der Religion, im         Kurse, die zu einer persönlichen    nach gesunder und alltagstaugli-
Glauben, in Ihrem Haus oder im       Gottesbeziehung hinführen mit       cher Spiritualität aus den christ-
Schweigen …?                         Themen wie „Einübung ins inne-      lichen Quellen. Seit mehreren
                                     re Beten“, „Das Vaterunser – in     Jahren zeigt sich dabei zuneh-
Es sind jährlich etwa 2.200
                                     der Gebetsschule Jesu“ oder „In     mend, so hören wir es auch aus
Menschen, die zu Exerzitien
                                     der Lebensmitte zur Mitte des       anderen kirchlichen Bildungs-
und Seminaren in unser Haus
                                     Lebens finden“. Viele entdecken     und Exerzitienhäusern, dass im
kommen, aus dem gesamten
                                     dabei auch, wie wichtig und         Zuge der Umstrukturierungen
deutschen Sprachraum, natür-
                                     geradezu heilend für die Seele      zu Großraumpfarreien vielen
lich auch aus Berlin. Jetzt in der
                                     es ist, mal drei/vier Tage durch-   nun solche Häuser zur „geistli-
Corona-Zeit können wir leider,
                                     gängig zu schweigen. Die meis-      chen Heimat“ werden.
wenn überhaupt, nur halb so
viele aufnehmen. Diejenigen,         ten davon nehmen dann jährlich      Pastorale: Viele Menschen
die zum ersten Mal zu Exerziti-      oder noch öfter an Exerzitien       leben ohne Religion und sind
enkursen zu uns kommen, lockt        und Besinnungswochenenden           damit sehr glücklich. Sie selbst
in der Regel das Thema. Sie su-      teil. Die Teilnehmer, mehrheit-     haben aus Ihrer eigenen Biogra-
chen Klarheit in zentralen Fra-      lich Frauen und Männer zwi-         phie heraus dafür viel Verständ-
gen des christlichen Glaubens.       schen 30 und 70 Jahren, sind        nis. Was ist für Sie der „Mehr-
Kurse mit Themen wie „Ist Gott       zu zwei Dritteln katholisch, zu     Wert“ des christlichen Glaubens
da?“, „Wer bist du, Jesus?“, „Er-    einem Drittel evangelisch. Aber     oder Lebens?

                                                                                                              10
Interview mit Pater Reinhard Körner

     Der „Mehr-Wert“ – ein sehr            unter religiösen Menschen sehr       entwickelt. Die frühen Christen
     treffendes Wort –, das ist für        verbreitet sind, haben mit dem       bezeichneten damit ihre Ge-
     mich die Botschaft Jesu an die        christlichen Glauben eigentlich      meinden als „kyriaké ekklesía“,
     Welt. Sie lässt sich in wenigen       nichts zu tun. Manchem muss          als die „zum Herrn (kyrios) ge-
     Sätzen zusammenfassen: Ihr            ich dann sogar sagen: Herzli-        hörende Gemeinschaft“. Kirche
     seid gewollt – ihr seid kein Zu-      chen Glückwunsch, dass Sie           ist also nicht nur und nicht in
     fallsprodukt der kosmischen           sich von einem solchen „Gott“        erster Linie eine „Institution“,
     Evolution! Gott, der Urgrund          verabschiedet haben! Und dann        sondern ist die Gemeinschaft
     von allem, dem das Universum          kommen wir in der Regel sehr         all der Menschen, die zu Jesus
     das Dasein verdankt, ist ein          schnell in gute, sehr persönliche    Christus gehören wollen.
     Gott, der euch liebt und der auf      und tiefe Gespräche.
     euch baut. Seine Liebe ist nicht                                           Wenn ich mir selbst mal wieder
                                           Pastorale: Wenn ich an Sie den-      bewusst machen möchte, was
     an Bedingungen geknüpft, sie ist
                                           ke, fällt mir immer das Wort         mir Kirche bedeutet, frage ich
     unabhängig von menschlichen
                                           „metanoeite“ ein. Es steht in        immer zuerst: Mit wem gehöre
     Vorleistungen, und er entzieht
                                           der Bibel und wird mit „Buße         ich zu Jesus Christus, mit wem
     sie auch dem schuldig Geworde-
                                           tun“ oder „umkehren“ über-           also bin ich Kirche? Dabei wird
     nen nicht; er ächtet alles Böse,
                                           setzt. Was beschreibt es für Sie?    mir dann wieder klar: Mit sehr
     aber er achtet auch den Bösen
     noch und will, dass er wieder                                              vielen Menschen, konfessions-
                                           Dieses griechische Wort bedeu-
     auf den Weg der Menschlichkeit                                             übergreifend, bin ich sehr gern
                                           tet eigentlich „Denkt größer!“,
     findet. Für Gott ist jeder Mensch                                          Kirche – das hilft mir dann,
                                           oder genauer: „Denkt (und
     so kostbar, dass er ihm über den                                           damit leben zu können, dass es
                                           fühlt) über das hinaus, was ihr
     Tod hinaus Leben für immer                                                 in der Kirche auch so manche
                                           bisher gedacht habt!“ Jesus
     schenken will; wir leben nicht                                             Leute gibt, mit denen ich nicht
                                           bezieht das vor allem auf die
     einem Ende, sondern einem                                                  so gern Kirche bin ... – und
                                           Vorstellungen von Gott und vom
     großen Ziel entgegen. – Und                                                trotzdem gehören sie, jedenfalls
                                           Leben mit Gott. Daran hängt
     zugleich heißt seine Botschaft,                                            von Jesus her gesehen, mit zur
                                           dann aber auch ein „Größer
     die der gesamten Menschheit                                                Kirche dazu.
                                           denken“ von den Mitmenschen
     und jedem Einzelnen gilt: Auch        und von sich selbst – überhaupt      Im Übrigen ist „Kirche“ ei-
     ihr seid zum Lieben begabt!           von allem. Und ein solches           gentlich ein abstrakter Begriff.
     Macht etwas daraus für euer           „Um-denken“ hat dann natür-          Es gibt real nur die einzelnen
     Leben, für euer Miteinander, für      lich auch ein „Um-handeln“           Menschen, die zusammen die
     die Erde!                             oder „Um-kehren“ zur Folge.          Kirche bilden. Immer ist „die
     Pastorale: Wenn Menschen zu                                                Kirche“ also eine Gemeinschaft
                                           Für mich beschreibt „metanoei-
     Ihnen sagen, Sie können einfach                                            von Menschen – und deshalb
                                           te“ eine grundlegende und dau-
     nicht oder nicht mehr an Gott                                              kommt in der Kirche alles vor,
                                           erhafte Haltung, ohne die man
     glauben. Sie würden ja gerne,                                              was auch sonst unter Menschen
                                           als Mensch und folglich auch als
     aber es geht einfach nicht. Was                                            vorkommt …
                                           Christ nicht wirklich reifen kann.
     antworten Sie ihnen? Gibt es          Durch die gängigen Übersetzun-       Pastorale: Wie können wir wie-
     etwas, wie man einen Zugang           gen, die Sie genannt haben, hat      der Menschen erreichen? (In
     finden kann, einen Weg …?             dieses Jesuswort leider seine        der Offenen Kirche und beim
                                           Kraft verloren und klingt oben-      Pfarrnachrichten-Austeilen
     Erstmal versuche ich, ihnen
                                           drein eher moralisierend und         machen wir unterschiedlichste
     gut zuzuhören. Und wenn der/
                                           dadurch eher abstoßend.              Erfahrungen, von positiven:
     diejenige es möchte, frage ich:
     Warum können Sie denn nicht                                                „Das ist ja nett“ bis negativen:
                                           Pastorale: Und Kirche? Was ist
     (mehr) an Gott glauben, oder:                                              „Verpiss dich!“). Ein neuer Tauf-
                                           Kirche für Sie?
     Was konkret können Sie denn                                                kurs für Erwachsene beginnt
     nicht (mehr) glauben? – Meis-         Das kann man sich recht gut          mit 7 Leuten, erfreulich. Aber
     tens kann ich dann zu dem, was        von der Wortbedeutung her            geben Sie uns einen Tipp! An-
     sie antworten, nur sagen: Das         klarmachen. Das deutsche             gesichts der Skandale in der
     glaube ich auch nicht; solche         Wort „Kirche“ hat sich durch         Kirche bezüglich Missbrauch,
     Vorstellungen, auch wenn sie          Lautverschiebungen aus dem           undurchsichtigem vatikanischen
                                           griechischen Wort „kyriaké“          Bankenwesen, Finanzskandalen

11
und Machtgehabe etc. wird es        Menschen für Mitmenschlich-         Pastorale: Kirche möchte ja
immer schwieriger ... oder se-      keit und Menschenwürde – und        „Mittler“ sein, Brücke zwischen
hen Sie das anders?                 mit sehr sensiblem Respekt vor      Gott und Menschen, um die Fra-
                                    den Wegen, die Gott mit seinen      ge nach Gott bei den Menschen
Viele Menschen sehen natürlich      „anderen“ Menschen geht.            zu wecken. Warum klappt das
zuerst das, was die Medien – oft                                        so wenig?
zu Recht – ans Tageslicht brin-       Glaubwürdig genug, um die
gen, aber den Kern nicht. Wie       Menschen wirklich zu erreichen,     Wir Christen sollten endlich
können wir den Kern aufzeigen?      war „die“ Kirche im Übrigen nie,    begreifen, dass wir von Gott
                                    zu keiner Zeit in ihrer Geschich-   und vom Evangelium Jesu ver-
Es ist wahr, die Kirche, vor        te. Glaubwürdig waren immer         ständlich reden müssen, damit
allem die katholische, hat an       nur Menschen in der Kirche,         andere Menschen, anders-reli-
Glaubwürdigkeit massiv verlo-       denen es um die Glaubwürdig-        giöse wie nicht-religiöse, über-
ren, auch bei vielen Kirchen-       keit des Evangeliums ging; Men-     haupt einen Zugang dazu finden
mitgliedern selbst; nicht nur       schen, die im Sinne des Psalm-      können. Und das ist nicht nur
in unserem Land. Und diese
Entwicklung hat nicht erst mit
den von Ihnen genannten Skan-
dalen begonnen, sondern hat
sich dadurch nur zugespitzt.
Der heute so stark zu spürende
Glaubwürdigkeitsverlust der
katholischen Kirche liegt in ih-
rem Gesamterscheinungsbild
begründet: in ihrer klerikalisti-
schen Selbstinszenierung, in der
„kirchenchinesischen“ Sprache
ihrer Glaubensvermittlung und
ihrer Liturgie, im zu Recht be-
klagten „Reformstau“ nach den
hoffnungsvollen Aufbrüchen der
Konzils- und Nachkonzilszeit,
in ihren Strukturen und ihren
„Strukturreformen“ …
  Wir Christen haben nur noch
eine Chance: Wir müssen Jesus
und sein Evangelium in die Mit-
te stellen, und uns selbst – als
Kirche – ganz an den Rand.
Wenn wir die Kirche sein wollen,    wortes beteten und handelten:       eine Frage der Übersetzung
die in Jesus gründet und von        „Nicht uns, o Herr, bring zu        von der „kirchenchinesischen“
ihm zu den Menschen gesandt         Ehren, nicht uns, sondern dei-      Binnensprache in die „normale“
ist, dann wird das jetzt und in     nen Namen, in deiner Huld und       Sprache der Menschen. Noch
Zukunft nur noch möglich sein,      Treue!“ (Ps 115,1). Solche Men-     mehr als um die Wortwahl geht
indem wir, wie einst die ersten     schen, Frauen und Männer, sind      es darum, unseren Glauben von
Christengenerationen, Jesus und     auch heute in so ziemlich allen     abergläubischen Übermalungen
seinen Gott (das ist der „Kern“,    Gemeinden da. Es sind sehr vie-     und vom Staub oberflächlicher
von dem Sie sprechen) zu unse-      le! Ich erlebe solche Menschen      „Traditionen“ zu befreien, damit
rer Botschaft machen, nicht uns,    hier in unserem Exerzitienhaus      er bei unseren Zeitgenossen
die Kirche; und das ganz und gar    Woche für Woche. Sie sollten        überhaupt Interesse wecken
unaufdringlich, äußerst beschei-    nur mehr gestärkt und gefördert     kann.
den im Auftreten, in aufmerksa-     werden.
mer Anerkennung des Engage-
ments so vieler „kirchenferner“

                                                                                                           12
Interview mit Pater Reinhard Körner

     Und vor allem sollten wir daran       der mit dem Auftrag los: „Geht       Pastorale: Die Kirchen hängen
     denken, dass wir auch etwas           und verkündet das Evangelium –       von den Frauen ab, sie putzen,
     voneinander lernen können, die        notfalls auch mit Worten!“           sie organisieren die Feste, sind
     Religiösen von den Religionslo-                                            mehrheitlich die Beterinnen in
     sen, die Religionslosen von den       Pastorale: Was halten Sie davon,     den Gottesdiensten, sie sind
     Religiösen und die eine Religi-       neue Zugänge zum Priesteramt         die Sekretärinnen der Pfarrbü-
     on von der anderen: über das          zu öffnen? Könnten Sie sich          ros, sie machen den Blumen-
     menschliche Herz; über Schuld         Frauen oder wenigstens (erst-        schmuck, besuchen die Alten
     und Vergebung; über Verant-           mal) verheiratete Männer vor-        und Kranken ... aber wesentliche
     wortung und Hilfsbereitschaft …       stellen, die der Eucharistiefeier    Entscheidungen treffen die Her-
     und über Gott und seine Wege          vorstehen? Wenn nicht, geben         ren Priester dann doch besser
     mit seinen anderen Menschen.          Sie uns doch bitte eine stichhal-    ohne „die Frauen“ – oder sehe
                                           tige Begründung. Frauen gehör-       ich das falsch?
     Der Auftrag, „Salz der Erde“ (Mt      ten zum engsten Kreis um Jesus,
     5,13) zu sein, mit dem Jesus          die Evangelisten schrieben dann      Dem kann ich nichts hinzufügen.
                                           als Männer die Evangelien nach       Nur so viel: Gott sei Dank gibt es
                                           gesellschaftlich gängigen Vor-       nicht nur solche „Herren Pries-
                                           stellungen von damals, nicht         ter“ unter den Priestern.
                                           falsch, aber doch eben aus der
                                           Sicht von Männern, oder?             Pastorale: Was würden Sie uns
                                                                                allen als letzten Gedanken, als
                                           Ich denke – so wie seit Langem       Inspiration für ein christliches
                                           auch viele andere katholische        Leben mitgeben wollen …?
                                           Theologen –, dass Ihre Frage so-
                                           gar noch zu kurz greift. Es dürfte   Leben Sie mit Gott – wirklich
                                           heute eigentlich nicht mehr da-      ehrlich und echt, in Ihrem Her-
                                           rum gehen, ob auch Frauen die        zen „zu zweit“ mit ihm, von Ich
                                           Diakonen- und Priesterweihe          zu Du! So armselig auch immer
                                           empfangen dürfen; diese Frage        Ihnen das gelingen mag: Nur
                                           sollte sich längst erübrigt ha-      wenn zwischen Ihnen und Gott
                                           ben, denn es gibt keine „stich-      und Gott und Ihnen wirklich
                                           haltige Begründung“ dagegen.         „was läuft“, wird Ihnen der Glau-
                                           Sowohl der Kampf dafür wie           be zum „Mehrwert“ werden.
                                           das Beharren dagegen werden          Mit denen, von denen Sie wis-
                                           Jesus und seiner Botschaft           sen, dass sie das auch machen,
                                           nicht gerecht. Vielmehr wäre         werden Sie dann gern Kirche
                                           endlich die Einsicht dran, dass      sein; und für die anderen, in der
                                           jeder Christ – und jede Christin     Kirche wie außerhalb der Kirche,
                                           – dazu berufen sein kann, für        werden sie dann Verständnis ha-
                                           andere ein diakonischer und          ben und das nötige Taktgefühl
                                           priesterlicher Mensch zu sein,       – weil auch sie, aus christlicher
     uns Christen aussandte, wird
                                           bis dazu hin, dass er oder sie die   Sicht, Gottes Menschen sind.
     dadurch nicht geschmälert oder
                                           Gemeinde leitet und auch mit         Edith Stein schrieb 1938 einer
     gar relativiert. Wir würden dann
                                           ihr die Eucharistie feiert. Dass     Freundin: „Es hat mir immer
     verstehen, dass wir nicht die
                                           der eine oder die andere von         sehr fern gelegen zu denken,
     Erde zu einer Tüte voller Salz,
                                           ihnen für diesen Dienst auch die     dass Gottes Barmherzigkeit sich
     also alle Menschen zu Christen
                                           sakramentale Weihe empfangen         an die Grenzen der sichtbaren
     machen sollen, sondern dass
                                           kann, ist davon unbeschadet.         Kirche binde“ (ESGA 3, 285).
     auch wir ihnen für ihren Lebens-
     weg etwas zu geben haben.             Und natürlich wird es darunter
     Dann aber unter dem Leitwort,         auch immer Menschen geben,
     das Papst Franziskus schon bald       die bewusst ehelos leben wol-        Vielen herzlichen Dank für Ihre
     nach seiner Amtseinführung von        len, nur darf das nicht zur Be-      wunderbaren Worte!
     Franziskus von Assisi zitiert hat;    dingung für die Weihe gemacht
                                                                                Das PASTORALE-Team
     der schickte damals seine Brü-        werden.

13
Die Weisheit der Bibel aus psychologischer Sicht

Kreativität
Der Urgrund des Daseins ist                                                     Ich wünsche mir immer,
kreativ, ganz ohne Zweifel. Wo                                                       dass auch die Kirche
aus ein paar chemischen                                                                dies ausstrahlt,
Grundsubstanzen Plane-                                                                  dass sie die
ten, Sterne, ein ganzes                                                                 Grundlagen des
leuchtendes Universum                                                                   Glaubens auf
entsteht, wo Leben                                                                      schöpferisch-kre-
beginnt und eine                                                                       ative Art neu aus-
in tausend Farben                                                                    drückt. Am besten
grün schimmernde                                                                so, dass auch Menschen
Pflanzenwelt mit                                                         ohne Glauben etwas dabei emp-
verblüffend bunten                                                       finden und für ihr Leben Berei-
Blütenformen, eine Erde                                                  cherndes mitnehmen können.
mit Tieren, mit Menschen,                                                In diesem Jahr gab es diese Au-
die einander so ähnlich und                                              genblicke. Die Gottesdienste mit
doch jeweils einmalig sind, wo                                           Gesang im           Garten unter
                                      Die Bibel beschreibt die formen-
sich alles durch nur minimale                                            Apfel-                  bäumen
                                      de, neues schaffende Kraft des
Änderungen in Erbgut oder Ein-                                           am                       Wasser,
                                      göttlichen Geistes am Schönsten
fluss der Umweltbedingungen                                              Kir-                     chen-
                                      zu Beginn des Schöpfungsbe-
immer wieder wandelt, zeigt                                              kon-                     zerte in
                                      richtes. Die Erde war wirr und
sich überbordende Kreativität.                                           son-                    nenum-
                                      ungeordnet und Gottes Geist
Egal, ob man es Gottes Schöp-                                            fluteten            Liegestühlen,
                                      schwebte über den Wassern…
fung oder Urknall mit Evolution                                          die Trostandacht, als die Kirche
                                      Gott sprach: Es werde Licht.
nennen mag, das Staunen über                                             in phantastisch bunten Farben
                                      Und es wurde Licht. Gott sah,
diese immer wieder neue Fülle                                            ausgeleuchtet erstrahlte und
                                      dass das Licht gut war. Und
bleibt.                                                                  moderne Lieder zu Tod und Le-
                                      Gott schied das Licht von der
Kreativität ist die Fähigkeit, aus                                       ben erklangen…
                                      Finsternis. 1 Mo 1,3-4 Am Ende
Altbekanntem etwas Neues,
                                      schuf Gott den Menschen nach       So oder so - ganz persönlich
etwas nicht sofort Ersichtliches
                                      seinem Bild, fähig zu lieben,      oder als Kirche – leben wir
zu schaffen. Auch die Fähigkeit,
                                      fähig Neues zu denken, fähig zu    schöpferisch-kreativ.
sich vom gewohnten Blick auf
                                      schöpferischer, kreativer Kraft.
die Dinge zu lösen. Kreativität ist                                      Der Gott Jesu Christi, unseres
etwas anderes als Wissen oder         Auch in Jesus begegnen wir         Herrn, der Vater der Herrlich-
Intelligenz. Wissen ist eine An-      diesem Neuen. Er selbst erzähl-    keit, gebe euch den Geist der
häufung des schon Bekannten           te von dem, was ihn trägt, von     Weisheit und Offenbarung, da-
und Intelligenz hilft, die Dinge      SEINEM Gott, auf gänzlich unbe-    mit ihr ihn erkennt. Er erleuch-
zu verstehen. Kreativität geht        kannte Weise und so, dass die      te die Augen eures Herzens,
darüber hinaus, sie ermöglicht        Menschen angesprochen und          damit ihr versteht, zu welcher
es, Ungewöhnliches zu denken,         berührt wurden. Nicht nur was      Hoffnung ihr durch ihn berufen
noch Unbekanntes zu erschaf-          und wie er es sagte, auch seine    seid…Epheser 1, 17
fen. Es ist ein Denken, das sich      Art zu leben und zu handeln,
außerhalb der gewohnten               ging über das damals gedachte      Seht, der HERR hat … ihn mit
Strukturen bewegt, das eine           hinaus…                            dem Geist Gottes erfüllt, mit
Vielfalt von Möglichkeiten sieht,                                        Weisheit, Klugheit und Kennt-
das sich wenig um Normen und                                             nis für jegliche Arbeit … Er hat
Regeln kümmert.                                                          sie erfüllt mit Kunstsinn … Sie
                                                                         können alle Arbeiten ausführen
                                                                         und die Pläne dazu entwerfen.
                                                                         2.Mose 35, 30-35
                                                                                                          el

                                                                                                               14
Patria                               Spedition, Mirens Mann, Joxian,
                                          dagegen einfacher Arbeiter.
                                                                              Joxian, der immer schon gut-
                                                                              mütig und nachgiebig war. Dann
     von Fernando Aramburu                Txato war immer großzügig zu        kommen sich Bittori und Joxians
                                          Mirens Kindern und mit Joxian       und Mirens Tochter Aranxta
                                          traf er sich in der Dorfkneipe      näher. Aranxta, die seit zwei
                                          und gemeinsam pflegten sie ihr      Jahren fast vollständig gelähmt
                                          Hobby, den Rennradsport.            im Rollstuhl sitzt und nur mit
                                                                              dem I-Pad ihrem Willen Aus-
                                          Diese freundschaftlichen Bezie-     druck verleihen kann, versucht
                                          hungen werden zerstört durch        ihren Bruder zu einer Aussage
                                          die Eta, die ihre Idee eines        zu bringen. Erst nach längerer
                                          von Spanien und Frankreich          Zeit bekommt Bittori einen Brief
                                          unabhängigen, sozialistischen       von Joxe Mari.
                                          Baskenlandes mit immer mehr
                                          Gewalt durchsetzt.                  Nicht nur in Spanien, auch in
                                          Die Eta bedroht Txato und seine     den Nachrichten deutscher
                                          Familie, die dann auch in der       Fernsehsender waren die
                                          Ortsgemeinschaft zunehmend          Attentate der Eta mehr als 40
                                          gemieden wird. Obwohl ein           Jahre lang ein Thema. Im immer
                                          fairer Arbeitgeber, wird er als     radikaler werdenden Kampf für
                                          Kapitalist beschimpft, dann         ein freies, unabhängiges und
                                          auch bedroht und erpresst.          sozialistisches Baskenland star-
     Bittori ist Witwe und lebt alleine   Txato bezahlt die geforderten       ben rund 1300 Menschen. 2011
     in San Sebastián, der Hauptstadt     Geldsummen, um Ruhe zu              verkündete die Eta das Ende der
     des Baskenlands. Häufig besucht      haben, aber ihm ist auch klar,      Kampfhandlungen, ohne jedoch
     sie das Grab ihres Mannes            dass dieses Geld der ETA hilft,     Selbstkritik zu üben oder den
     Txato und erzählt ihm von ihrem      den bewaffneten und brutalen        Versuch einer Entschuldigung
     Alltag, von den erwachsenen          Kampf fortzusetzen.                 bei den Opfern zu unterneh-
     Kindern und ihren Fahrten zum                                            men.
     Heimatdorf. Vor zwanzig Jah-         In dieser Zeit schließt sich der
     ren hat sie das Dorf verlassen,      Nachbarssohn, Joxe Mari, der        Aber wie geht man mit den
     nachdem Txato von der Eta, der       Eta an und geht in den Un-          schrecklichen Erfahrungen um,
     baskischen Befreiungsorganisa-       tergrund, wird in Frankreich        dass der Ehemann oder Vater
     tion, ermordet worden ist. 2011      für den bewaffneten Kampf           unschuldig bei einem Attentat
     verkündet die Eta das Ende           ausgebildet und schließlich         ermordet wird? Und die Nach-
     ihres bewaffneten Kampfs und         zu Einsätzen in seiner Heimat       barn und selbst der Priester kein
     damit traut Bittori sich wieder      geschickt. Festgenommen und         Mitleid, sondern Sympathie für
     zurück in ihr Dorf.                  verurteilt landet er in einem       die radikalen Attentäter haben?
                                          Gefängnis weit ab von seiner        Wie kann man verzeihen und
     Die ersten Besuche dauern nur        Familie. Miren besucht ihn dort     sich versöhnen? Die Figuren in
     ein paar Stunden, dann bleibt        regelmäßig und übernimmt            diesem Roman werden in ihrer
     sie auch länger in ihrem Haus.       zunehmend seinen radikalen          Entwicklung überzeugend be-
     Argwöhnisch beobachtet wird          Standpunkt. Die Besuche ihrer       schrieben und lassen Raum für
     sie dabei von Miren, einer           ehemaligen Busenfreundin, der       selbstkritische Gedanken.
     Nachbarin. Die beiden waren          „Verrückten“, empfindet sie als
     mal eng befreundet und ihre          reine Belästigung und Störung       Ruth Titz-Weider
     Familien herzlich miteinander        des dörflichen Friedens.
     verbunden. Ihre Kinder wuchsen
     gemeinsam auf. Die wirtschaft-       Bittori will herausfinden, wer
     lichen Unterschiede schienen         ihren Mann erschossen hat,          Patria
     keine Rolle zu spielen.              und hofft auf eine Aussage von      von Fernando Aramburu
                                          Joxe Mari, der seit 17 Jahren im    Übersetzer: Willi Zurbrüggen
     Txato war der Chef einer mit-        Gefängnis sitzt. Das versucht sie   761 Seiten
     telständischen, gut laufenden        zunächst über ihren Nachbarn        Rororo Taschenbuch, 14 €

15
Auszeit für Körper und Geist
                                 – Fasten und Wandern mit geistlichen Impulsen
                                 Für die Woche vom 22. – 27. Februar 2021 ist eine vielleicht etwas
                                 ungewöhnliche Aktion geplant, zu der wir in der gesamten Pfarrei
                                 herzlich einladen. Einen kurzen Info-Video-Clip finden Sie auf der
                                 Website unserer Pfarrei: www.katholisch-in-treptow-koepenick.de.
                                 Von Montag bis Samstag sind 6 Wanderungen zwischen 8 und 13
                                 km geplant. Wir laden alle gesunden Interessierten dazu ein, wäh-
                                 rend dieser Tage das Heilfasten nach Buchinger zu praktizieren. Bei
                                 dieser Fastenmethode nimmt man mit Wasser, Gemüsebrühe und
Alle Infos 			                   Säften nur eine geringe Menge an Energie zu sich. Fasten unter-
auf einen Blick                  bricht die eingefahrene Lebens- und Ernährungsweise,

Montag bis Samstag, 		           Körper und Geist müssen sich         neuen geistlichen Input möchte
6 Wanderungen 		                 mit ganz neuen Gegebenheiten         und nicht unbedingt fasten will,
zwischen 8 und 13 km. 		         konfrontieren. Durch den Nah-        ist ebenso herzlich willkommen.
Start- und Endpunkte sind        rungsentzug werden ganz unge-        Vielleicht ist für den einen oder
mit ÖPNV erreichbar.             wohnte Stoffwechselprozesse          anderen auch eine andere Art
Heilfasten nach Buchinger:       im Körper angestoßen, die von        des Fastens, wie z.B. das Basen-
Entlastungstag, Fasten mit       vielen Fastenden als reinigend,      fasten interessant. Die Wande-
Saft, Brühe, Tee und Wasser,     belebend und regenerierend           rungen führen uns z.B. durch
Aufbautage; ggf. eine andere     beschrieben werden. Sich dabei       das Erpetal, nach Schmöckwitz,
Form des Fastens                 moderat zu bewegen, ist beim         zum Müggelturm oder nach
                                 Fasten wichtig.                      Alt-Buchhorst. Wo es möglich
Tägliche spirituelle Impulse                                          ist, wollen wir auf dem Weg
zu verschiedenen Lebensthe-      Wir möchten den uralten
                                                                      Kirchen ansteuern. Start und
men, denen in der Fastenzeit     Brauch des Fastens außerdem
                                                                      Ziel der Wanderungen können
besonders Raum gegeben           um seinen spirituellen Aspekt
                                                                      mit den öffentlichen Verkehrs-
werden darf.                     erweitern. Bereits zu biblischer
                                                                      mitteln erreicht werden.
                                 Zeit fasteten Menschen regel-
Eingeladen sind alle 		          mäßig und kamen so zu ganz           Eine Vorbesprechung wird es
gesunden Interessierten          neuen Erfahrungen mit sich und       am 11.02.2021 um 19:00 Uhr
(ohne Herz-Kreislauf-Erkran-     Gott. Die Heilige Schrift birgt      in St. Josef geben. Wir führen
kungen, Essstörungen, Un-        viele Motivationen und Erfah-        in die Thematik, den Ablauf des
tergewicht, Magen-Darm-Er-       rungen zum Fasten. Gemeinsam         Fastens ein und klären organisa-
krankungen u.ä.), die sich die   die Natur in unserer näheren         torische Fragen. Entsprechend
tägliche Wegstecke zutrauen.     und etwas entfernteren Umge-         den aktuellen Bestimmungen
                                 bung genießen, reden, lachen,        treffen wir uns im Pfarrsaal
Verpflichtende Vorbespre-        schweigen, zusammen beten,           oder auf dem Pfarrgrundstück.
chung am 11.2.2021, 19 Uhr.      singen, offen sein für spirituelle   Natürlich hoffen wir, dass die
Mathias Laminski                 Impulse... – so stellen wir uns      Ende Februar geltenden Regeln
(Pfarrer)                        die 6 Tage vor. Natürlich ist das    gemeinsame Wanderungen zu-
                                 Fasten lediglich ein Angebot,        lassen werden.
Magdalena Kiess
                                 dass sich grundsätzlich nur an
(Pastoralassistentin)
                                 Gesunde richtet. Wer in anderer
Birgit Biedermann 		             Weise in diesen Tagen seine          Zur Anmeldung senden
(Pfarreirat)                     Ernährung einmal auf den-            Sie eine kurze Mail an:
                                 Prüfstand stellen oder schlicht      magdalena.kiess@erzbistumberlin.de.

                                                                                                          16
Die wichtigsten
     Gedenken                                                                Feste und Heiligen
     am Erinnerungsort auf dem Friedhof Altglienicke
                                                                             im Januar
     Es ist schon eine Weile her,        Aus Polen waren an jenem Wo-
                                                                             2.1. 		 Hl. Basilius der Große
     dass sich am 9. November eine       chenende die Groß-Nichte des
                                                                             		 Hl. Gregor von Nazianz
     kleine Gruppe auf dem Friedhof      von den Nazis ermordeten und
     Altglienicke zusammenfand, um       dort bestatteten Priesters Zien-    6.1. Erscheinung des Herrn
     eines der dort bestatteten Op-      kowski aus Warschau mit ihrer       		 (Hl. Drei Könige)
     fer des NS-Terrors zu gedenken      Tochter gekommen, um zum 80.        10.1. Taufe des Herrn
     und zu beten. Aber wir wollen       Todestag Erde aus der Heimat        13.1. Hl. Hilarius
     immer wieder an diesen Ort          ihres Onkels hier an der Grab-      		Kirchenlehrer
     erinnern, an dem ja – hoffent-      stätte auf dem Friedhof Altgli-     18.1. –		 25.1.
     lich bald – das neue Herzstück      enicke auszustreuen. Schon im       		 Gebetswoche für die
     stehen wird, die grüne Glas-        Sonntagsgottesdienst in St. Josef   		 Einheit der Christen
     wand mit den Namen und Le-          wurden die Gäste freundlich         20.1. Hl. Sebastian, Märtyrer
     bensdaten der dort bestatteten      begrüßt.
                                                                             22.1. Hl. Vinzenz, Diakon
                                                                             25.1. Bekehrung des
                                                                             		 Hl. Apostels Paulus
                                                                             26.1. Hl. Timotheus, Hl. Titus
                                                                             27.1. Hl. Angela Meríci,
                                                                             		 Ordensgründerin
                                                                             		 (Heute: Gedenktag
                                                                             		 für die Opfer des
                                                                             		 Nationalsozialismus)
                                                                             28.1. Hl. Thomas von Aquin
                                                                             		Kirchenlehrer

                                                                             im Februar

                                         Bezirksbürgermeister Igel, Pfr.     2.2. 		 Darstellung des Herrn
     Menschen. (https://www.erin-                                            		 (Lichtmess)
     nerungsort-altglienicke.de/)        Lutz Nehk und der Schülerver-
                                         treter, Herr Wieja, fanden ein-     3.2. 		 Hl. Blasius, Bischof
     An jenem denkwürdigen 9.11.         fühlsame Worte für die Angehö-      4.2. 		 Hl. Rabanus Maurus
     nun waren gekommen: Bezirks-        rigen. Die Gedenkstunde endete      		Bischof
     bürgermeister Igel, Pfr. Lutz       mit einem Friedensgebet.            5.2. 		 Hl. Agatha, Märtyrin
     Nehk, Beauftragter des Erzbis-
                                         Unsere polnischen Freunde           6.2. 		 Hl. Paul Miki und Gefährten
     tums für „Erinnerungskultur“,
                                         waren sehr berührt, dass sich in    		Märtyrer
     Vertreter des Archenhold-Gym-
     nasiums, d.h. Frau Kerstin Neiß,    dieser kalten Mittagsstunde des     10.2. Hl. Scholastika
     Lehrerin am Archenhold-Gym-         9.11. so viele zusammenfanden:      11.2. Gedenktag Unserer Lieben
     nasium und Hendrik Wieja,           Vertreter von Senat, Bezirk, Erz-   		 Frau in Lourdes
     Schülersprecher, als Senats-        bistum, Pfarrei und Gymnasium.      		 (Welttag der Kranken)
     vertreterin Frau Ulrike Kind,       Es war eine sehr würdige und        17.2. ASCHERMITTWOCH
     Referentin Ostmitteleuropa /        persönlich gehaltene Feierstun-     22.2. Kathedra Petri (Fest)
     Internationale Organisationen,      de, die allen Teilnehmern gut in
                                                                             23.2. Hl. Polykarp, Bischof
     Familie Leutner und ich als Pfar-   Erinnerung bleiben wird.
                                                                             24.2. Hl. Matthias, Apostel
     rer der dazugehörigen Pfarrei.      M. Laminski, Pfr.                   25.2. Hl. Walburga

17
Vorstellung der Mitarbeiter

Pfarrsekretärin Dorén Küpper
                                   Obwohl wir an dieser Stelle         machte inzwischen das Mittag-
                                   eigentlich ein Interview führen,    essen, aber er sagte immer zu
                                   kommt Frau Küpper mit einem         meiner Mutter: „Ja, geht nur!“
                                   Text, in dem sie sich, ihren Wer-   Vermutlich auch so ein alltäg-
                                   degang und ihre Sicht auf die       liches Einverständnis zwischen
                                   Dinge beschreibt, hier selbst zu    meinen Eltern.
                                   Wort.
                                                                       Nach meinem Ökonomiestu-
                                                                       dium hatte ich mich bei der
                                   „Die wahre                          Sparkasse beworben, ich wurde
                                                                       sofort genommen und in die
                                   Lebensweisheit                      Statistik gesteckt. Dann war ich
                                                                       lange Jahre im Personalwesen
                                   besteht darin,                      tätig. Ich habe es nie hinter-
                                                                       fragt, es war einfach so und es
                                                                       war klar, dass es ein guter Job
                                   im Alltäglichen                     war, obendrein mit einer guten
                                                                       Bezahlung. Zunächst noch am
                                   das Wunderbare                      Alexanderplatz tätig, wurden
                                                                       die Arbeitswege nach und nach
                                   zu sehen.“ 		                       länger. Zum Schluss bin ich von
                                                                       Müggelheim nach Tegel gefah-
                                                                       ren, jede Strecke 1,5 Stunden
                                   (Pearl S. Buck)                     quer durch die Stadt. Und bin
                                   „Dieser Spruch hängt im Adlers-     irgendwann darauf gekommen,
                                   hofer Pfarrbüro an der Wand.        dass das keine gute Lösung ist,
                                   Eine/r meine/r Vorgänger/Innen      nicht für unsere Familie, nicht
                                   hat ihn dort aufgehangen. Ich       für die Kinder, die damals noch
                                   sehe ihn also immer, wenn ich       klein waren, nicht für mich.
Seit März 2019 arbeitet Dorén
Küpper als Pfarrsekretärin der     im Büro bin und unbewusst           Die Kinder wurden stets im
Gemeinde Christus König. 10        war mir gleich klar, der Spruch     Eiltempo aus dem Kindergarten
Stunden in der Woche, verteilt     passt zu mir. Im Alltäglichen das   oder von der Schule abgeholt,
auf 3 Tage, ist sie im Pfarrbüro   Wunderbare zu sehen…heißt           zum Sport gefahren, zwischen-
in der Adlershofer Nipkows-        auf Kleinigkeiten zu achten, auf    durch noch schnell etwas ein-
traße tätig und den Gemein-        viele so scheinbar unwichtige       gekauft. Wer kennt das nicht.
demitgliedern dort inzwischen      Dinge…etwas bewusst wahrneh-        Man verliert in diesem ganzen
bestens bekannt. Erwähnt man       men.                                Gerenne schnell den Blick für
jedoch in Köpenick Frau Küpper     Ich weiß nicht, ob ich jemals       das Kleine, das Unscheinbare,
als Pfarrsekretärin, entsteht      die Vorstellung hatte, in einem     das Wunderbare. Die Blume
oft zunächst Verwirrung, dann      Pfarrbüro zu arbeiten. Es ergab     am Wegesrand, der Regenbo-
heißt es meist: „Ach – Sie mei-    sich so, wie manche Dinge im        gen, das Gegenlicht an einem
nen die JUNGE Frau Küpper!“        Leben sich eben so ergeben.         Wintermorgen, Nebelschleier
und man erfährt, wie bekannt                                           über Feldern. Jahrelang bin ich
der Name seit langer Zeit in       Aufgewachsen bin ich in Schwe-      über die Allende-Brücke zur
Köpenick ist, was im jahrelan-     rin, meine Mutter katholisch,       Arbeit gefahren und habe mir
gen Engagement der Schwie-         ging jeden Sonntag mit uns          stets einen Blick gegönnt auf
gereltern von Dorén Küpper         (meinem Bruder und mir) in die      das Wasser in die aufgehende
begründet ist.                     Kirche. Mein Vater, der evan-       Sonne, auf den Nebel oder die
                                   gelisch war, ging nicht mit. Er     Regentropfen. Jeden Morgen

                                                                                                          18
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