Der Gesandte Imam Hussains (a.) damals wie heute - Von Muslim ibn Aqil bis Jaum-ul-Arafat

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Der Gesandte Imam Hussains (a.) damals wie heute
                  - Von Muslim ibn Aqil bis Jaum-ul-Arafat -
       Vortrag von Dr. Yavuz Özoguz bei der Vortragsveranstaltung:
       „Die Islamische Revolution und die grundsätzlichen Probleme
                          in der heutigen Welt“ –
        Kulturabteilung der Botschaft der Islamischen Republik Iran
                              Berlin, 1.2.2004

Aller Lob und alle Dankbarkeit gebührt Allah, dem Herrn der Welten. Wir preisen Ihn und
bitten Ihn um Hilfe. Nur Ihm vertrauen wir, und von Ihm erbitten wir Vergebung. Gegrüßt sei
der von Ihm Geliebte und der Beste aller Geschöpfe, der Verkünder Seiner Botschaft und
Überbringer Seiner Gnade und Gaben, unser Fürst und Prophet Abī-l-Qāsim-il-Muhammad
und seine edle, reine an seiner Seite stehende Familie.

As-salamu-alaikum, liebe geehrte Gäste und Geschwister im Islam, der Friede Gottes sei mit
Ihnen. Ich bedanke mich für die Einladung und grüße die verehrten Gastgeber, die Gelehrten
des Islam und alle anwesenden verehrten Gäste. Mein besonderer Gruß gilt dem Vertreter des
erwarteten Imams und dem leuchtenden Beispiel der Faszination des Islam, dem Vorbild der
Muslime und dem lebendigen Beweis für die Wahrhaftigkeit, Imam Sayyid Ali Khamene´i –
möge Allah ihn für uns schützen, und möge Allah ihm die Gnade schenken, die erwartete
Rückkehr verkünden zu dürfen. Ich bitte den Simultanübersetzer, bei der Nennung dieses
geehrten Namens den Titel „Imam“ genau und korrekt so zu übersetzen, wie ich es sage als
„Imam Khamene´i“, und wir werden im Laufe des Beitrages auf diesen Aspekt noch
eingehen, Inschaallah.

Ich bete zum Allmächtigen, dass Er meinen Worten Flügel verleihen möge, die Ihnen die
Gefühle meines Herzens über diese wunderbare Revolution übermitteln können. Und ich
spreche dabei nicht nur für meine Wenigkeit, sondern für so viele andere deutsche und
deutschsprachige Muslime mit denen ich – Gott sei Dank – diese Gefühle teilen darf.

An diesen Tagen begehen wir den 25. Jahrestag der Islamischen Revolution - ein Viertel
Jahrhundert. Die Islamische Revolution hatte eine sehr schwere Geburt und eine noch
schwerere Kindheit, und auch im Erwachsenwerden hat man sie stets von allen Seiten
bedrängt, von außen und auch von innen. Aber so langsam wird diese Revolution wirklich
erwachsen und manche meinen, es wird langsam an der Zeit, einen Ehepartner zu finden und
zu heiraten - Inschaallah. Mögliche Heiratskandidaten gibt es viele, aber sie scheinen alle
noch nicht reif genug. Der jugendlichen Islamischen Republik Iran würde ich eine Hochzeit
jedenfalls von ganzem Herzen wünschen. Und allen muslimischen Ländern wünschen wir die
Vereinigung in Freiheit und Gerechtigkeit.

Dieses Jahr hat die Kalenderkonstellation ein Zusammentreffen mehrer großer Feierlichkeiten
ergeben. Wir stehen an der Tür der größten Feier des Islam, dem Opferfest. Und somit fallen
auch der Tag von Arafat und das Martyrium von Muslim ibn Aqil in Kufa dieser Tage mit
dem Jahrestag zusammen.

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Erlauben Sie mir aber zunächst auf das Erdbeben vor einem Monat in der Stadt Bam
einzugehen. Ich drücke dem geliebten Imam Khamene’i das Beileid von so vielen deutschen
und deutschsprachigen Muslimen aus, und wir wünschen allen Betroffenen Gottes Segen und
Seine Hilfe. So tragisch, so dramatisch und schmerzhaft dieses Erdbeben auch war, so sehr
waren und sind die Ereignisse danach allerdings auch einer der vielen Beweise für den Erfolg
der Islamischen Revolution. Dazu wollen wir einen Blick rund 250 Jahre zurück werfen.

Am 1. November 1755 nach christlicher Zeitrechnung fand in Portugal ein Erdbeben statt mit
ähnlich tragischen Auswirkungen wie jetzt in Bam. Das damalige Erdbeben gilt historisch
betrachtet als wesentlicher Einschnitt in der europäischen Geistesgeschichte. Große Teile der
damaligen "intellektuellen Elite" Europas waren nicht in der Lage, das Erdbeben befriedigend
zu deuten, sondern nahmen es zum Anlass, Anklagen gegen Gott zu erheben oder Ihn ganz zu
leugnen. Zwischen 30.000 und 60.000 Menschen der insgesamt 250.000 Einwohner kamen
ums Leben, und die Hälfte der Stadt lag vollkommen vernichtet in Schutt und Asche.
Lissabon galt im 18. Jh. als eine der wichtigsten und reichsten Handels- und Kulturstädte
Europas, und die Gelehrten gingen in der Stadt ein und aus. Dennoch gab es im
philosophischen und religiösen Bereich keine vernünftigen Antwortansätze. Während einige
das Erdbeben als göttliche Mahnung ansahen, betrachteten andere es als Beginn der
Apokalypse. Immanuel Kant (1724-1804) lehnte es ab, das Erdbeben als Strafe Gottes zu
betrachten, wusste aber auch keine befriedigende Lösung. Und Goethe (1749-1832) erzählt in
seiner Autobiographie (Aus meinem Leben: Dichtung und Wahrheit), dass dieses Ereignis in
ihm – obwohl er erst sechs Jahre alt war – erste Zweifel an einen gütigen Gott aufkeimen ließ.
Voltaire schrieb in Anlehnung an das Erdbeben ein Werk, in dem er sich endgültig gegen
Leibniz´ Theorie von der besten aller Welten aussprach. Es war insgesamt ein fürchterlicher
Schlag gegen das gesamte damalige Christentum, das keine vernünftigen Antworten auf die
Fragen der Menschen hatte und danach zunehmend zerfiel; nicht nur in Europa.

Aber im heutigen Iran haben wir ein ganz anderes Bild gesehen. Die Gottesehrfurcht der
Menschen hat zugenommen, jedes Wunder – wie z.B. die Rettung der 97-Jährigen nach acht
Tagen aus den Trümmern – führte zu noch mehr Dankbarkeit, und die Welle der
Hilfsbereitschaft basierte nicht auf Verzweiflung, sondern auf einem täglich tiefer und fester
werdenden Glauben. Denn die Philosophie des Islam kennt befriedigend Antworten auf solch
eine Katastrophe.

Überall in der Welt haben die Menschen Fragen, die nach Antworten suchen, insbesondere
nach solchen Katastrophen und Tragödien. Sie haben Herzen, die mitfühlen und ihrem
Mitgefühl Ausdruck verleihen mögen. So haben z.B. die Deutschen für die Erdbebenopfer im
Iran in einem Ausmaß gespendet, welches größer war als am 11. September, selbst wenn
diese Daten lieber nicht laut verkündet werden. Und hier wird etwas deutlich, was viele Iraner
möglicherweise gar nicht so direkt miterleben und sehen können: Es gibt eine sehr große
Sympathie für den Iran, das Volk im Iran und die Islamische Revolution in den Herzen der
Völker, selbst unter den Nichtmuslimen. Und diese Sympathie bricht aus, sobald sie ernsthaft
gefordert wird. Dabei spielt die Standhaftigkeit des muslimischen Volkes und der islamischen
Führung gegen ein unterdrückerisches Weltimperium sicherlich eine wichtige Rolle, aber es
ist nicht der einzige Aspekt. Die Menschen hier haben im Fernsehen gesehen, wie hunderte
Geistliche bis zur Erschöpfung im Erdbebengebiet dafür Sorge getragen haben, dass die
Zehntausende Verstorbenen nach religiösen Riten begraben wurden. Sie haben miterlebt, wie
die iranischen revolutionären Fachkräfte innerhalb kürzester Zeit einen Teil der
Stromversorgung in der völlig zerstörten Stadt und sogar einen Teil der Wasserversorgung
wieder hergestellt haben. Ein Reporter des zweiten Deutschen Fernsehens hat offen in einer
Live-Sendung zugegeben, dass er nicht weiß, wie diese Fachkräfte das geschafft haben und
dass es an ein Wunder grenze. Wir Deutschen haben gesehen, dass bei aller ausländischen

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Hilfe die inländische Hilfsbereitschaft und Opferbereitschaft viel größer war, als alle Hilfe
aller reichen Länder zusammen!

Viele Nichtmuslime haben sich schon oft die Frage gestellt: Was ist das für ein Glaube, der in
solch einer Situation wächst? Im tiefsten Unterbewusstsein spüren die Menschen, dass da
etwas existiert, was größer ist als alles, was sie bisher kennen. Sie sind irritiert von der
zunehmenden Zahl der Kopftücher an ihren eigenen Universitäten. Sie können auch nicht
verstehen, dass an iranischen Universitäten Ingenieurwissenschaften zu 50% von
Studentinnen besucht werden. Hier in der sogenannten Freiheit sind es weniger als 20%. Sie
können nicht verstehen, dass Muslime solch ein vergleichsweise gesundes Eheleben führen,
während ihre eigenen Ehen nur noch zerbrechen. Aber nicht nur ihre Ehen zerbrechen. Alle
Beziehungen sind konfliktreich, und es gibt hier kaum noch Kinder mehr, welche eine
Gesellschaft in jeder Hinsicht jung halten könnten. Das kapitalistische Wirtschaftssystem
kann als gescheitert betrachtet werden, und große Philosophen wie Emanuel Todd schreiben
bereits Nachrufe auf das westliche System und deren Führungsmacht, obwohl es noch gar
nicht gestorben ist.

Die derzeitige Weltsituation ist sicherlich außergewöhnlich. Nie zuvor in der Geschichte der
Menschheit wurden die Muslime weltweit dermaßen brutal und derart umfassend bekämpft
wie heute. Aber nie zuvor waren die Chancen und Möglichkeiten, die Herzen der Menschen
mit Wahrheit zu erreichen so gut wie heute.

Allah hat die Muslime in den muslimischen Ländern reichlich beschenkt. Und es sind nicht
allein die Bodenschätze oder andere materiellen Dinge, welche die muslimischen Länder vor
anderen auszeichnen. Es ist die islamische Geschichte und es sind die Heiligen des Islam.
Deutschland hat keinen Ort wie Maschhad. Kein Nachbarland Deutschlands hat ein Mekka,
ein Medina ein Kazimayn, ein Samarra oder gar ein Kerbela. Sie haben kaum Orte, an denen
Heilige Menschen mit idealem reinen Leben gewirkt haben. Man braucht nur die Orte
Lourdes in Frankreich oder den Ort mit dem Heiligen Namen Fatima in Portugal zu besuchen,
um zu erkennen, welch ein großer Bedarf für solche Orte existiert. Die Menschen laufen die
letzten hundert Meter zur Gedenkstätte der Heiligen Maria (a.) teilweise auf ihren Knien bis
sie blutig werden. Und sie sehnen sich so sehr nach Heiligkeiten, die Ihnen kaum vergönnt
sind.

Die USA haben noch nicht einmal ein Lourdes oder einen Ort wie Fatima, sie haben gar
nichts. Und es ist eine Ironie der Geschichte, dass heute ausgerechnet die USA der ganzen
Welt den Ort Kerbela bekannt und berühmt gemacht haben. 25 Jahre nach dem ersten Sieg
der Islamischen Revolution, nach dem Sieg der Anhänger Imam Hussains (a.) macht
ausgerechnet der größte Feind dieser Revolution Kerbela weltweit bekannt! Allahs Plan ist
wirklich immer wieder erstaunlich und faszinierend zugleich! Einstmals wollte das mächtige
römische Weltimperium die Christen ausrotten. Das Ergebnis war, dass Rom sich selbst
vernichtet hat und die größte christliche Kirche heute im Herzen Roms sitzt.

Aus der Geschichte von Kerbela und Imam Hussain (a.) soll heute nur ein kleiner Aspekt
herausgegriffen werden, um die Islamische Revolution im Iran besser zu verstehen:

Damals haben die Leute von Kufa, einem Ort im heutigen Irak, hunderte Briefe an Imam
Hussain (a.) geschickt, damit er kommen möge, um sie von der Herrschaft des damaligen
Unrechts zu befreien. Imam Hussain (a.) hatte einen seiner nächsten Getreuen und
Verwandten namens Muslim ibn Aqil (r.) als seinen Gesandten vorausgeschickt. Scheich
Mufid fasst die unfangreichen und tragischen Ereignisse in Kufa in seinem Buch „Kitab-ul-
Irschad“ sehr kurz und bündig zusammen: „Sein Vetter väterlicherseits Muslim ibn ‘Aqil (r.)

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war ihm vorausgegangen, um zu Allah und zur Treue (bai’a) für ihn aufzurufen, um am
Kampf teilzunehmen. Die Kufiten sagten ihm die Treue dafür zu und verpflichteten sich ihm.
Und sie garantierten ihm Hilfe und Beistand, und sie vertrauten ihm darin und schlossen
einen Vertrag mit ihm. Dann dauerte es jedoch nicht lange, bis sie ihre Treue brachen, ihn im
Stich ließen und ihn auslieferten. Muslim ibn Aqil wurde in ihrer Mitte getötet, ohne dass sie
es verhinderten.“ Die Folge war, dass die Bewohner Kufas nicht von der Ankunft des Imams
profitieren konnten, denn er kam nicht mehr. Die Bewohner Kufas blieben weiterhin
Gefangene ihres eigenen Verrats am Abgesandten des Imams.

Viele, die Imam Hussain damals im Stich gelassen haben, waren nach Mekka gepilgert zur
Hadsch. Sie haben sich auf dem Berg Arafat eine ganze Nacht andächtig hingestellt und die
verschiedenen Riten ausgeführt. Aber ohne wahrhaftigen Imam waren es tote Riten. Und erst
in unserer Zeit wurden diese Riten für die Ummah wieder mit Leben gefüllt. Der Gründer der
Islamischen Republik Iran Imam Khomeini (r.) hat uns empfohlen, dass wir auf dem Berg
Arafat insbesondere die Verse 55 bis 58 aus der Sure A’raf des Heiligen Qur´an rezitieren und
darüber nachdenken sollten:

„Ruft euren Herrn in Demut und im Verborgenen an. Wahrlich, Er liebt die Übertreter nicht.
Und stiftet keinen Verderben auf Erden, nachdem dort Ordnung herrscht, und ruft Ihn in
Ehrfurcht und Hoffnung an. Wahrlich, Allahs Barmherzigkeit ist denen nahe, die gute Werke
tun. Er ist es, Der in Seiner Barmherzigkeit die Winde als frohe Botschaft vorausschickt, bis
dass Wir sie, wenn sie eine schwere Wolke tragen, zu einem toten Ort treiben; dann lassen
Wir Wasser aus ihr herab, mit dem Wir Früchte von jeglicher Art hervorbringen. So bringen
Wir auch die Toten hervor, auf dass ihr dessen eingedenk sein möget. Und der gute Ort -
seine Pflanzen sprießen nach der Erlaubnis seines Herrn hervor; der (Ort, der) aber schlecht
ist - (seine Pflanzen) sprießen nur kümmerlich. Und so wenden Wir die Zeichen für Leute, die
dankbar sind. (Heiliger Qur´an 7:55-58)

Allah verbindet hier die Anrufung Gottes mit dem Einsatz gegen Unrecht. Fast 1400 Jahre
lang haben die Muslime auf dem Berg Arafat gestanden und zugesehen, wie die Übertreter die
Geschichte beherrscht haben. Viele der muslimischen Vorfahren haben zumeist tatenlos
zugesehen, wie Verderb auf Erden gestiftet wurde, obwohl Allah eine wunderbare Ordnung
herabgesandt hatte. Unsere Ummah war so gut wie tot. Muslime in der ganzen Welt schämten
sich ihrer islamischen Identität! Bitte lassen Sie uns diesen fürchterlichen Zustand der
Muslime in der Welt nicht vergessen, er liegt noch keine 30 Jahre zurück! Ein toter Glaube im
fast toten Körper der Ummah war der Inbegriff für Rückständigkeit, Unterdrückung und
Ursache für einen katastrophalen Bildungsstand. Unsere Vorväter haben nicht nur zugesehen,
wie Muslim ibn Aqil Märtyrer wurde, sie standen am gleichen Tag eifrig am Berg Arafat und
lasen diese Verse:

Wahrlich, Allahs Barmherzigkeit ist denen nahe, die gute Werke tun. Er ist es, Der in Seiner
Barmherzigkeit die Winde als frohe Botschaft vorausschickt,

Ja, den damaligen Wind haben wir verpasst! Wir haben nicht erkannt, dass Allah einen Wind
vorausgeschickt hat. Aber der Vers ist auch eine Prophezeiung einer frohen Botschaft:

Wahrlich, Allahs Barmherzigkeit ist denen nahe, die gute Werke tun. Er ist es, Der in Seiner
Barmherzigkeit die Winde als frohe Botschaft vorausschickt, bis dass Wir sie, wenn sie eine
schwere Wolke tragen, zu einem toten Ort treiben; dann lassen Wir Wasser aus ihr herab, mit
dem Wir Früchte von jeglicher Art hervorbringen.

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Und nach 1400 Jahren Stehen in Arafat und Lesen dieses Verses kommt der Wind erneut, und
er ist nicht zu übersehen, die ganze Welt spürt diesen Wind. Vor 25 Jahren kam der erste
Hauch dieses Windes in Form einer Air-France-Maschine und landete im Herzen des Iran, im
Herzen der Menschen, über die es heißt:

Wahrlich, Allahs Barmherzigkeit ist denen nahe, die gute Werke tun.

Imam Khomeini – möge Allah ihn segnen und ihn zu den größten Heiligen gesellen – war
gekommen und hatte die islamische Revolution eingeleitet. Ich sage ganz bewusst
„eingeleitet“, denn die Islamische Revolution ist eine immer fortwährende Revolution. Sie ist
ein Kampf im Herzen, der niemals aufhört. Diese Revolution ändert zunächst das eigene Ich
und in der Folge die Familie und die gesamte Gesellschaft. Diese Revolution ist keine
Revolution von Waffen, sondern eine Revolution der Herzen. Und dieser Kampf ist derart
faszinierend und derart wunderbar, dass jeder, der davon zu schmecken bekommt, nach noch
mehr verlangt. Es ist die Aufgabe derjenigen, die die ersten Winde der Barmherzigkeit Gottes
miterlebt haben, dieses in der bestmöglichen Form denjenigen weiterzugeben, die es nicht
miterlebt haben. Ein wahrer Revolutionär ist ein unaufhörlicher Reformer, da er stets die
Optimierung seines Selbst und seiner Gesellschaft anstrebt. Wer Reformen einige Jahrzehnte
nach der Revolution als etwas Neues vorstellt, hat die Islamische Revolution genauso wenig
verstanden, wie diejenigen, die sich gegen vernünftige Reformen wehren.

Die Ummah schien tot, aber mitten im Herzen der Ummah regnete es, und Früchte jeglicher
Art fingen an zu sprießen, und nach und nach sollten alle Menschen im Iran und viele
Menschen in der islamischen Welt von diesen wunderbaren Früchten profitieren, auch wenn
es noch ein langer Weg dorthin sein mag. Es würde hier den Rahmen sprengen, alle Früchte
aufzuzählen, daher nur einige Beispiele: Die Alphabetisierungsrate im Iran ist höher als bei
der sogenannten Führungsmacht der westlichen Welt. Die besten Schüler im Iran, diese
faszinierenden jungendlichen Leuchttürme wie der gesegnete Tabatabai und seinesgleichen,
die den Qur´an besser beherrschen als alle Computer der Welt zusammen, sind Früchte dieser
Revolution. Oder wann haben wir in der islamischen Geschichte davon gehört, dass ein 11-
jähriges Mädchen den altehrwürdigen Gelehrten im Libanon bei laufender Fernsehkamera den
Heiligen Qur´an erläutert? Die Tatsache, dass zunehmend westliche Finanzanstalten
islamische Finanzsystem studieren und sogar islamische Finanzanlagen anbieten, der
Aufstand unterdrückter Völker gegen die Besatzer und Unterdrücker, selbst wenn diese noch
so mächtig erscheinen, die zunehmende Verbreitung islamischer Literatur, die zunehmende
Kenntnis über die Ahl-ul-Bait und über den Aspekt der Liebe Gottes im Islam, die
zunehmende Verbreitung von Halal-Speise in der ganzen Welt und vieles andere mehr sind
die saftigen Früchte dieses Revolutionsbaumes. Wo sonst in der islamischen Welt gibt es eine
derart qualifizierte Frauenuniversität mit dem Namen der Heiligsten Frau, in der gelehrte
Schwestern eine Qur’an-Übersetzung ins Persische erarbeitet haben? Wann jemals zuvor
haben so viele Muslime die Geschichte Fatimas (s.), die Geschichte der Ahl-ul-Bait und die
Geschichte Imam Hussains (a.) studiert und wissen, was Aschura ist?

Heute, 25 Jahre nach der Islamischen Revolution, kennen nicht nur einige Schiiten die
Geschichte von Muslim ibn Aqil, sondern sehr viele Muslime der Welt aller Rechtsschulen.
Und heute gibt es sehr viele, die am Berg Arafat stehen und den genannten Qur´an-Vers
rezitieren und dabei viel mehr verstehen, als es ihre Ahnen taten. All das sind die Früchte
dieser Islamischen Revolution. Und das Herz dieser Revolution, die Islamische Republik Iran,
ist zur geistigen Heimat so vieler Muslime geworden.

Aber auch die Feinde haben erkannt, welches Land die größte Gefahr gegen ihre eigene
Unmenschlichkeit ist. Obwohl der Iran keine Atomwaffen hat, obwohl der Iran über keine

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Massenvernichtungswaffen verfügt, wobei sie selbst so sehr unter den Giftgasangriffen
Saddams gelitten haben, obwohl die islamische Republik Iran keine einzige Rakete hat, mit
der sie Washington erreichen könnte, hat selbst die USA Angst vor diesem Land. Aber es sind
nicht die Waffen, vor denen sich die Unterdrücker und Besatzer fürchten. Es ist der Geist der
Gerechtigkeit, der von diesem Land aus in die Herzen aufrichtiger Menschen weht! Und es ist
die Spiritualität, die von diesem Land ausgeht, eine Spiritualität, die selbst die anderen
Religionen wiederbelebt und inspiriert hat.

Und die großen Opfer unserer Geschwister zur Gründung dieses Staates blieben nicht ohne
Lohn! Allah hat die Islamische Revolution reichlich beschenkt und ihm vielerlei Wunder
beschert. Ich denke dabei nicht nur an Ereignisse wie z.B. damals in Tabbas oder andere
wundersame Ereignisse vor während und nach dem Krieg. Auch denke ich nicht an die
wundersame Rettung dieser alten Frau aus den Trümmern in Bam. Ich denke vor allem an die
Bittegebete, an die Dua’s der Gläubigen bei diesem so einmaligen Freitagsgebet im Herzen
des Iran und überall im Lande! Und Allah erfüllt Seine Versprechen, Er erfüllt die Bittgebete
derjenigen, die Ihn wahrhaftig anrufen! Und die Erfüllung dieser Bittgebete ist eines der
großen Wunder dieser Revolution.

Ich erinnere mich an die Parole und das Bittgebet: „Margbar Shorawi – Nieder mit der
Sowjetunion“, wo ist die Sowjetunion heute? Die heutige Jungend weiß wahrscheinlich gar
nicht mehr, dass jemals solch ein Bittgebet aus Millionen von Mündern gerufen wurde. Ich
erinnere mich an die Parole „Margbar Munafiqeen wa Saddam“, wo sind diese Heuchler, die
so viel Geld von Europa und den USA erhalten haben, heute? Sie dürfen nicht einmal mehr in
ihr geliebtes Deutschland einreisen und bei der Einreise in die USA werden ihre
Fingerabdrücke genommen. Und wo ist Saddam heute? Saddam ist heute zu einer Plage für
seine eigenen Herrn geworden und kann sowohl lebend als auch tot den Monster-
konstrukteuren in den USA nur noch schaden! Und so langsam aber sicher versteht es die
ganze Welt, dass die Bittgebete eines aufrichtigen und wahrhaftigen Volkes vom Schöpfer
angenommen werden. Sie haben Angst vor diesen Bittgebeten, obwohl sie an den Schöpfer
gar nicht glauben! Es gibt noch einige Parolen und Bittgebete, die bisher nicht erfüllt wurden,
aber haben wir in aller Dankbarkeit etwas Geduld.

Da gibt es aber auch eine Parole, an die ich mich erinnere, die scheinbar nicht erfüllt wurde.
Ich habe selbst aus den enthusiastischen Mündern der Gläubigen die faszinierende Parole
gehört: „Chodaya, Chodaya ta enqelabe Mahdi, Khomeini ra negah dar – Oh Gott, bis zum
Aufstand des Mahdis, bewahre uns Khomeini.“

Imam Khomeini (r.) ist von uns gegangen, aber der Aufstand des Imam Mahdi – möge er bald
erscheinen – lässt scheinbar noch auf sich warten! Ist diese so liebevolle Parole nun nicht
erhört worden? Meine Antwort mag einige von Ihnen erstaunen: Aber ich bin der festen
Überzeugung, dass auch dieses so aufrichtige und tiefe Bittgebet erhört wurde. Erinnern wir
uns an den Aufstand von Imam Hussain (a.)? Der historische Aufstand sollte ja nicht in
Kerbela beginnen, sondern in Kufa. Und wie sollte er beginnen? Durch den Abgesandten des
Imam Hussain (a.) namens Muslim ibn Aqil, durch den vorausgeschickten Wind. Hätten die
Menschen diese so wertvolle Person, diesen Ankündiger des erwarteten Imams so behandelt,
wie es ihm gebührte, dann hätten sie auch die nächsten Stufen des Aufstandes miterlebt und
den Regen und die Früchte gesehen. Aber sie haben selbst das Band der Liebe zerrissen.

Imam Khomeini (r.) hat dazu beigetragen, dass dieses Band der Liebe wieder neu geknüpft
wurde. Es war wirklich faszinierend mitzuerleben, wie er das Schiff der Liebe zur Wahrheit
durch einen der schwersten Stürme unserer Zeit lenkte. Er hat von Allah die Gnade
bekommen, kurz vor seinem Ableben durch sehr wichtige Hinweise seine Nachfolge in die

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richtigen Bahnen zu lenken, und – Inschaallah – hat Allah durch ihn die „Inqelabe Mahdi“
eingeleitet, indem er dem Nachkommen Fatimas und Alis Imam Seyyid Ali Khamene’i al-
Hussaini den Weg eröffnete. Wenn wir die Zeichen richtig deuten, so ist Imam Khamene’i –
Hafizahullah (möge Allah ihn für uns schützen) – unser Muslim ibn Aqil - Inschaallah. Und
der erwartete Imam ist unterwegs zu uns – Inschaallah!

Haben wir nicht erst durch diese Revolution von all den Zeichen erfahren, die wir vorher gar
nicht kannten? Hat diese islamische Revolution nicht in allen Bereichen unser Leben
revolutioniert und uns Güter geschenkt, von denen wir vorher nur träumen konnten. Ist nicht
dieser wunderbare fast 10-stündige Film über das Leben der Heiligen Maria (a.) solch eine
faszinierende Frucht dieser Revolution, deren Geschmack überall in der islamischen Welt
verbreitet wird und von der auch viele Christen kosten? Erinnern Sie sich an den ersten Teil
des Films? Dort erwarten und beten die Gläubigen für den Erlöser, der im Mutterleib Hannas
angekündigt ist. Und ihre Gebete und die Zeichen sind nicht mehr, als die „Chodaya“-Rufe
zur Zeit von Imam Khomeini. Aber dann wird ein Mädchen geboren, und die
Schwachgläubigen wenden sich ab. Doch das geborene Mädchen war einzigartiger als jeder,
der bis dahin geboren wurde. Obwohl die Zeichen so klar waren, haben sie es nicht
verstanden und haben das Geschenk Gottes nicht genießen können.

Heute aber ist die Lage anders. Die Gläubigen in der Islamischen Republik Iran sind nicht das
Volk, das sich über Marias Geburt lustig gemacht hat. Es ist nicht das Volk von Kufa, dass
den Abgesandten des Imams nicht erkannt hat. Nein, das heutige gläubige Volk in der
Islamischen Republik Iran liebt ihren heutigen Muslim ibn Aqil und behandelt ihn genau so
wie den erwarteten Imam in der Hoffnung, dass der Imam bald nachkommen möge! Es ist
nicht übertrieben, wenn ich sage, dass die größte Errungenschaft dieser Revolution in Imam
Khamene´i verkörpert ist! Aber es würde den Rahmen dieser Sitzung sprengen, wenn ich von
den Wundern dieser Heiligkeit unserer Zeit berichten würde.

Daher erlauben Sie mir, dass ich Ihnen von einem kleinen Schüler eines Schülers dieses
Imams berichte, der vor 20 Jahren in Deutschland sein Ingenieursstudium beendet hat und
danach in seine Heimat zurückgekehrt ist. Sein Name ist Br. Mohammad-Ali Ramin. Er war
ein einfacher Student mit Liebe zu seinem Imam. Neben seinem Studium kümmerte er sich
um diejenigen, die diese Liebe mit ihm teilten. In dem kleinen Ort, in dem er studierte, fand er
eine Handvoll Geschwister, die seine uneingeschränkte Liebe zum wahren Imam-ul-Ummah
von ihm lernen wollten. Aber die Zahl war für ihn unbedeutend. Mit einer beeindruckenden
Geduld und Standhaftigkeit bildete er diese handvoll Geschwister aus und pflanzte den Keim
der Liebe zum wahren Islam in ihre Herzen und gründete einen kleinen Verein und ein
bescheidenes jährliches Seminar. Als sein Studium zu Ende war, kehrte er in seine Heimat
zurück. Aber der von ihm gepflanzte Keim wuchs weiter und weiter und wurde zu einem
standfesten Baum. Aus dem Keim entwickelte sich die größte deutschsprachige Veranstaltung
der Anhänger der Revolution, inzwischen wurden fast alle Bücher des heutigen Imams durch
diesen gewachsenen Keim ins Deutsche übersetzt, die Fatwa-Bücher „Adschwibat-ul-
Istifta’at“ können sie in beiden Bänden in deutscher Sprache lesen, obwohl der zweite Band
noch nicht einmal im Englischen vorliegt. Aus diesem Keim erwuchs die größte deutsch- und
englischsprachige Imam-Khamene’i-Seite im Internet und gleichzeitig das größte
deutschsprachige Internetportal für Muslime aller Nationen und Rechtschulen, sogar mit
einem Heiratsmarkt. Meine Wenigkeit durfte zusammen mit gütigen Geschwistern mit drei
Büchern einige Blätter zu diesem inzwischen kräftig gewachsenen Baum beitragen. Unser
geehrter Bruder Ramin ist schon lange im Iran und heute Kandidat bei den bevorstehenden
Parlamentswahlen, und wahrscheinlich wissen die allerwenigsten Menschen im Iran, was
solche bescheidenen Anhänger des Imams in der Welt bewirkt haben, aber auch sie sind die
Früchte dieser Revolution.

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Die Gegner dieses fruchtbaren Baumes aber wissen es sehr wohl und haben ihm dieses Jahr
erstmalig die Einreise nach Deutschland verweigert, obwohl er die Jahre zuvor stets das
jährliche Seminar bereichert hat. Und ein anderer Bruder wurde erst vor wenigen Wochen vor
einem deutschen Gericht dafür verurteilt, die Reden Imam Khamene’is unkommentiert
veröffentlicht zu haben. All diese Dinge und noch viel mehr erfahren die Geschwister in der
islamischen Republik Iran nur sehr selten, aber sie sind existent und wirken in der ganzen
Welt!

Stattdessen sind die Geschwister im Iran mit den Parlamentswahlen beschäftigt, und die
westliche Presse wird nicht müde zu behaupten, der Demokratisierungsprozess im Iran nach
westlichem Vorbild würde geschwächt, da 3000 von 8000 Kandidaten von der Wahl
zurückgewiesen wurden. Wie kommen diese arroganten Berichtserstatter eigentlich auf die
Idee, dass die gläubigen Menschen im Iran ein westliches System wollten? Und wo in der
sogenannten demokratischen Welt gibt es eine Parlamentswahl mit 5000 wählbaren
Kandidaten? Allahs Gnade schützt diese Revolution, insbesondere in kritischen Situationen.

Die Gnade Allahs ist unbegrenzt, und Er stellt sie auch unbegrenzt zur Verfügung. Seine
Gnade ist hier überall, wie z.B. die Wellen der Handys, die Sie freundlicherweise in diesem
Raum alle abgestellt haben. Aber um die Gnade und Liebe Gottes empfangen zu können,
müssen wir unsere Empfangsgeräte einschalten und darauf achten. Der Imam-ul-Umma ist
unsere Empfangsgerät für die Liebe Gottes. Und das Ausmaß der Gnade und Liebe, die wir
von Gott empfangen, hängt von unserer Liebe und Treue zum aktuellen Imam ab. Je mehr wir
die Größe, Heiligkeit und Auserwähltheit des Imam-ul-Ummah verstehen und in unserem
Leben umsetzen, umso mehr werden wir mit der Liebe Gottes beschenkt werden!

Daher erlauben Sie mir bei dieser Gelegenheit folgenden in den Ohren vieler Iraner
revolutionären Hinweis: Viele von Ihnen Iranern nennen den großen Seyyid Ali unserer Zeit
noch immer nicht „Imam“. Sie tun das nicht, weil Sie damit Imam Khomeini (r.) ehren und
seine außergewöhnliche Stellung für die Ummah würdigen wollen. Aber was meinen Sie,
würde Imam Khomeini (r.) Ihnen empfehlen, wenn sie ihn heute fragen könnten? Sind Sie
nicht sicher, dass Imam Khomeini selbst Sie auffordern würde, den heutigen Imam mit
diesem Titel zu würdigen? Sicher sträubt sich der eine oder andere auch deshalb, weil die
anderen nicht mitmachen, weil er einer der ersten wäre, aber sind die Iraner nicht Vorreiter
der islamischen Imam-Bewegung? Wäre das nicht eine weitere revolutionäre Handlung der
besten Revolutionäre unserer Zeit? Oder wollen die Iraner es den Libanesen überlassen, den
Imam-ul-Ummah mit seinem wahrhaftigen Titel zu rufen, denn die tun das schon lange?
Manche sagen auch, dass Sie Imam Khamene’i nicht so nennen mögen, weil Imam
Khamene’i selbst das nicht möchte! Glauben Sie, wir würden jemanden „Imam“ nennen, der
selbst so genannt werden möchte?

Alhamdulillah – Gott sei Dank, die Iraner haben sich bereits sehr eng an diesen Imam
verbunden, aber sie können noch mehr! Versuchen Sie es doch einmal; Sie werden sehen, wie
es beim ersten Mal etwas schwer fallen könnte. Die Lippen sind es nicht gewohnt. Aber schon
beim zweiten Mal nennen Sie den al-Hussaini unserer Zeit leichter „Imam Khamene’i“. Wenn
Sie mir nicht glauben, dann fragen Sie den Übersetzer, der die ganze Zeit diesen Vortrag
übersetzen musste – möge Allah ihn für seine Mühen lohnen. Und mit der Zeit wird die von
Ihrer Zunge ausgesprochene größere Liebe auch Ihr Herz ergreifen und die ohnehin
bestehende Liebe noch wachsen lassen. Und die Liebe zum Imam wird die Hoffnung auf die
erwartete Rückkehr des erwarteten Imam vergrößern. Wenn wir den Vertreter und
Abgesandten des Imams der Zeit so behandeln wie ihn selbst, dann wird er Inschaallah auch
bald kommen.

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Wenn man die Vorhänge schmutziger Propaganda gegen den Iran einmal beiseite hängt, dann
werden Sie sehen, dass Iran über die jüngste Bevölkerung der Erde mit einer blühenden
Zukunft verfügt. Den Fortschritt kann man aber nicht verstehen, wenn man immer nur darauf
schaut, was man noch nicht erreicht hat, sondern nur wenn man darauf schaut, wo man
losgegangen ist. Iran versorgt heute viel mehr arme und flüchtige Ausländer als alle
westlichen Länder zusammen. Die Volksbeteiligung an politischen Entwicklungsprozessen ist
in vielen Bereichen größer als in sogenannten Demokratien. Sicherlich, eine ungeduldige
Jugend wünscht sich eine noch viel schnellere Entwicklung, aber diese Jungend wird sich
selbst vernünftig dafür engagieren müssen, und dann wird es schneller gehen - Inschaallah.

Das markanteste Beispiel für die Entwicklung ist die Wirtschaft. Es mag Sie erstaunen, wenn
ich ausgerechnet diesen Punkt anspreche, da er sowohl von der westlichen Welt als auch von
einigen weniger informierten iranischen Wirtschaftsbeobachtern als Beispiel für den
Vorsprung des Westens genannt wird. Tatsache ist, dass das westliche Wirtschaftssystem vor
dem Zusammenbruch steht. Es mag noch Jahrzehnte dauern oder schon morgen
zusammenfallen, aber es ist nicht mehr aufzuhalten. Das ist auch führenden westlichen
Wirtschaftsfachleuten bekannt. Das auf Zinsen aufgebaute Schuldenssystem erdrückt nicht
nur die armen verschuldeten Länder Afrikas, Asiens und Südamerikas, sondern inzwischen
auch die sogenannten reichen Länder der Welt selbst, und die weltweiten Plünderungen, mit
denen die eigenen Defizite versteckt wurden, sind nicht mehr unbegrenzt möglich. Die
Verschuldung vieler westlicher Länder kann durch deren Wirtschaftskraft nicht mehr
kompensiert werden, und die Schulden steigen aufgrund des Zinssystems unaufhaltsam und
unerbittlich weiter. Praktisch sind die allermeisten westlichen Staaten, allen voran die USA,
bankrott.

Aber es gibt einen Grund, warum diese Wahrheit noch nicht deutlich genug hervortritt, und
das liegt in der Propaganda und in der Psychologie. Selbst in der schlimmsten Katastrophe
sprechen westliche Wirtschaftsfachleute optimistisch, sie verdrehen sogar die Sprache für ihre
Propaganda. So gibt es z.B. in der deutschen Sprache das Wort „Nullwachstum“. Dennoch die
Politiker, die Wirtschaftsfachleute, alle Verantwortlichen sprechen von Wachstum, von
Optimismus, von Zukunftschancen, obwohl sie diese gar nicht haben, und selbst die Presse
spielt dieses betrügerische Spiel mit. Im Iran ist – teils historisch bedingt, teils durch
Unachtsamkeit – die Lage ganz anders. Wenn man z.B. einen reichen Iraner über die
Wirtschaftslage fragt, dann erhält man fast immer eine katastrophale Antwort. Haben sie
jemals einen reichen Iraner getroffen, der nicht über die Wirtschaftslage geklagt hätte? Und
wenn schon die Reichen klagen, was sollen dann die Armen tun? Dabei ist die
Staatsverschuldung des Iran vergleichsweise gering, die Bodenschätze reichhaltig, das Volk
jung und innovativ und die Entwicklung in allen Bereichen nicht zu übersehen! Erdrückende
zinsbelastete Schulden gegenüber anderen oder dem eigenen Volk existieren nicht und die
ideologische Entwicklung beruht nicht auf Waffen, sondern auf dem Sieg der Herzen. Es ist
lediglich einigen unachtsamen Verantwortlichen, einigen korrupten Störenfrieden und einer
teilweise merkwürdig anmutenden extrem freien Presse zuzuschreiben, dass dennoch ein so
falscher Eindruck besteht.

Aber genau hier kommen wir zurück zur großen Bedeutung des Imam. Dieser Imam ist die
Flagge der Wahrhaftigkeit, und seine Worte über die Wirtschaftslage verdeutlichen sowohl
den noch durchaus verbesserungsfähigen Entwicklungsstand als auch die mögliche blühende
Zukunft. Der Imam mahnt die Presse zur Wahrhaftigkeit und die Verantwortlichen zu mehr
Anstrengungen! Der Imam fordert die Entscheidungsträger zu einer bescheidenere Lebens-
führung und verdeutlicht diese durch sein eigenes Lebensbeispiel. Wenn wir schauen, welch
hohen Ziele diese Revolution anstrebt, dann gibt es sicher noch extrem viel zu tun, aber wenn

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wir darauf schauen, was diese Revolution bereits erreicht und bewirkt hat und wie weit sie
vorangeschritten ist, dann ist das auch sehr weit.

Eine sehr wichtige Rolle für uns in Europa lebende Muslime hat die Islamische Republik Iran
als geistige Heimat so vieler Muslime in der Welt. Imam Khamene’i hat einige Male eine
Geschichte aus Dschelaleddin Rumis Werk Masnawi, den Sie im Iran Mowlawī nennen
erzählt, zuletzt beim letzten Aschura:

„Einst hatte ein Mann einen Papagei in einem Käfig in seinem Haus. Als dieser Mann nach
Indien reisen wollte, verabschiedete er sich von seiner Familie. Dann verabschiedete er sich
auch von seinem Papagei und sagte ihm: „Ich gehe in Deine Heimat Indien. Hast Du eine
Botschaft oder einen Wunsch?“ Der Papagei antwortete: „Ja bitte, gehe an jenen bestimmten
Ort. Dort leben meine Freunde und Verwandten. Sage ihnen, dass (hier) einer von ihnen in
diesem Hause lebt und beschreibe meine Situation. Nichts anderes will ich“. Der Kaufmann
ging nach Indien und an den besagten Ort. Er sah viele Papageien auf den Bäumen sitzen. Er
sprach zu denen: „O ihr lieben, guten Papageien! Ich bringe euch eine Botschaft: „Einer von
Euch ist in unserem Hause. Ihm geht es gut und er sitzt im Käfig. Er hat ein gutes Leben und
Essen, und er grüßt euch“. Sobald die Worte des Kaufmanns zu Ende waren, flogen die
Papageien, die auf den Bäumen saßen, los und fielen allesamt zu Boden. Er ging hin und sah,
dass sie tot waren. Er verstand es nicht und bedauerte seine Worte. Mit diesem Bedauern
ging er heim. Als er in sein eigenes Haus zurückkam, ging er zu dem Käfig des Papageien und
sagte, dass er die Botschaft ausrichtete. Der Papagei fragte begierig, was sie geantwortet
hätten. Der Kaufmann sagte: „Sobald sie deine Botschaft hörten, sind sie alle von den
Bäumen gefallen und starben“. Sobald diese Worte vom Kaufmann verlautet wurden, fiel
auch dieser Papagei zu Boden des Käfigs und starb. Der Kaufmann wurde sehr traurig und
öffnete den Käfig. Er schmiss den Papagei nach draußen. Sobald er ihn hinschmiss, flog der
Papagei los und setzte sich auf die Mauer. Er bedankte sich beim Kaufmann und sagte: „Du
selbst hast meine Freiheit ermöglicht. Ich war nicht tot. Ich habe so getan, als würde ich tot
sein. Dies ist die Lehre, die jene Papageien gaben. Als sie vernommen hatten, dass ich hier
gefangen bin, haben sie mir praktisch beigebracht, was ich zu tun hätte, um frei zu kommen.
Stirb, damit du lebst! Ich habe deren Botschaft von dir bekommen. Dies ist die Lektion, die
mich von dort erreichte und ich diese nutzte“.

Wir lernen an diesen Tagen des Opferfestes aus dieser Geschichte, dass wir die Bereitschaft
haben müssen, uns von allen Bindungen zu befreien, um die Freiheit zu erlangen. Wir lernen,
dass wir bereit sein müssen, das Leben zu geben, um die ewige Freiheit zu erhalten. Aber wir
lernen auch, dass nur die befreiten Menschen in einem befreiten islamischen Staat den in Not
geratenen Geschwistern weise Ratschläge geben können. Nur die Gelehrten im freien
Islamischen Staat können z.B. unseren Schwestern in Frankreich erklären, wie sie mit dem
Entblößungszwang umzugehen haben.

Erlauben Sie mir am Ende des Vortrags eine Vision: Es ist eine Vision, die erst durch diese
wunderbare Islamische Revolution im Iran überhaupt möglich geworden ist. Vor der
Islamischen Revolution hätten viele von uns nicht einmal davon träumen mögen. Erinnern Sie
sich daran, wie ich am Anfang des Vortrags von einer Hochzeit der Islamischen Republik
sprach? Ich träume heute von den Vereinigten Staaten des Islam: Ein föderales System mit
lokalen Hauptstädten und einer politischen Hauptstadt in Teheran, und später vielleicht in
Kufa, einer spirituellen Hauptstadt in Mekka, einer gemeinsamen islamischen Währung und
offenen Grenzen zwischen den muslimischen Staaten, einem internationalen islamischen
Gerichtshof in Damaskus, einer Wirtschaftshauptstadt in Jakarta, einem Verfassungsgericht in
Nadschaf, einem Kinderhilfswerk in Medina, einem interreligiösen Dialogzentrum in
Jerusalem, einer interkulturellen Brücke zum Westen in Istanbul, einem Zentrum für

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innerislamischen Dialog in Bagdad, einer Gesundheitsorganisation in Sana, einer
Ernährungsorganisation in Islamabad, einem Zentrum für Denkmalschutz in Kairo, die
bestausgebildeten Erbebenhilfeeinheiten in Bam, die überall in der Welt zur Hilfe eilen, ein
Staatenbund mit großen miteinander konkurrierenden Universitäten überall in der islamischen
Welt von Algier bis Kuala Lumpur, einem Raumfahrtszentrum in der Nähe von Khartoum,
das nahe am Äquator liegt, islamischen Filmfestspielen in Sarajewo, aber auch mit einer
Fußballliga mit den besten Vereinen der islamischen Welt, die würde dann nicht UEFA-
Champions-League, sondern UIFA-Champions-League heißen, mit eigenen islamischen
Sportweltspielen mit islamischen Anstandsregeln, usw. usw. usw. Was für eine Vision, was
für ein Traum?! Aber er scheint nicht mehr so unmöglich, wie noch vor 30 Jahren! Die
Islamische Revolution hat den Appetit der Muslime auf Einheit, Wahrheit und Wahrhaftigkeit
angeregt und der Hunger auf den Duft von Gerechtigkeit und einer Welt voller Liebe und
Spiritualität wird von Tag zu Tag größer.

Ich habe keinen Zweifel daran, dass diese bisher so erfolgreiche Revolution, dieser so geliebte
Imam, unterstützt von einem tiefgläubigen Volk, auch weiterhin siegreich sein wird. Es ist
mein innigster Wunsch, dass unsere Geschwister in der Islamischen Republik Iran davon
erfahren, dass in der ganzen Welt Menschen für sie beten und sich für sie einsetzen, weil auch
sie den Imam lieben. Im Namen so vieler deutscher und deutschsprachiger Muslime und
einiger sympathisierender Nichtmuslime sende ich unsere Grüße an unsere Geschwister in der
islamischen Republik Iran und an unseren geliebten Imam Khamene´i. Und wir beten zum
Allmächtigen, dass dieser großartige Diener Gottes die Gnade erhält, der Muslim ibn Aqil
unserer Zeit sein zu dürfen, um die baldige Ankunft des erwarteten Imams vorzubereiten und
anzukündigen, und dass wir gemeinsam uns auf dem Berg Arafat stehend mit den
wahrhaftigen Riten darauf vorbereiten, die bevorstehenden Aufgaben bestmöglich zu erfüllen.
Und wenn wir dann die besagten Verse des Heiligen Qur´an rezitieren, fällt uns Inschaallah
auch das Wort von Imam Ali (a.) ein, der sagte:

„Wenn sich der Standhafte, der al-Qaim erhebt, wird der Himmel seinen Regen schicken und
die Erde wird ihre Pflanzen hervorsprießen lassen. Dann wird die Feindschaft aus den
Herzen der Menschen weichen ....“ (Bihar-ul-Anwar B. 52, S.316)
Möge dieser Tag schon bald kommen - Inschaallah.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, gratuliere allen zum Jahrestag der Islamischen
Revolution und zum Opferfest und wünsche uns allen den Frieden Gottes auf Erden und seine
Liebe in unseren Herzen,

und der Friede Gottes sei mit Ihnen und Seine Gnade und Seine Barmherzigkeit

wa-salamu-alaikum-wa-rahmatullahi-wa-barakatuhu

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