DER ZUKUNFT - NEUE CHANCEN FÜR DEN STATIONÄREN EINZELHANDEL - SHOPPING-KONZEPTE Studienreihe Future Cities 2

Die Seite wird erstellt Hortensia-Solange Berndt
 
WEITER LESEN
SHOPPING-­KONZEPTE
DER ZUKUNFT –
­NEUE CHANCEN FÜR
 DEN STATIONÄREN
 ­EINZELHANDEL

                     Studienreihe Future Cities 2
SUMMARY
    DAS ZIEL                                                DIE LÖSUNGSANSÄTZE: 7 STABILISATOREN

    Der stationäre Einzelhandel der Zukunft wird
1   sich von einem Ort des Einkaufs zu einem Ort
    des Erlebens entwickeln

    Der stationäre Handel verfügt über Allein-                    Digitales In-Store      Flexible Anpassung        Individualisierung
2   stellungsmerkmale gegenüber dem Online-­                           Erlebnis                an Trends             und Ko-Kreation
    Handel, die gezielt gefördert werden müssen

    Zusätzlich bestehen Synergiepotenziale mit
3   dem Onlinehandel, es gibt ein kanalübergrei-
    fendes Kundenerlebnis (Customer Journey)
                                                                           Omni-Channel Integration                   Nachhaltigkeit

    Markenbildung, Individualisierung und Nach-
4   haltigkeit prägen den Wandel des Einzelhan-
    dels

    Flexible Reaktion auf Trends beeinflusst die
5   langfristige Relevanz der Marke positiv                           Markenbildung                   Digitale Infrastruktur

                                                   2 | FTI-Andersch
INHALT
1. Ausgangslage                                      4

2. Stationärer Einzelhandel –
   Zentrales Element der Innenstadt 		               5

3. Neustart für den Einzelhandel      		             6          ÜBER FTI-ANDERSCH: FTI-Andersch ist die führende
                                                                Restrukturierungsberatung im deutschsprachigen Raum.
4. Zukunft des stationären Handels:
   7 Stoßrichtungen/Stabilisatoren			                8          FTI-Andersch unterstützt Mandanten in der Entwicklung
                                                                und Umsetzung tragfähiger Zukunfts-/Performance- sowie
   11   Digitales In-Store Erlebnis                  8          Restrukturierungskonzepte. FTI-Andersch wird in Situatio-
                                                                nen aktiv, in der Unternehmen sich mit operativen oder
   22   Flexible Anpassung an Trends			              9          finanzwirtschaftlichen Herausforderungen beschäftigen
                                                                müssen – oder noch weit davor, um frühzeitig Geschäfts-
   33   Individualisierung und Ko-Kreation         10           modell, Organisation und Prozesse zukunftsfähig auszu-
                                                                richten. Ein besonderer Schwerpunkt ist die Erstellung von
   44   Nachhaltigkeit                             11
                                                                unabhängigen Entscheidungsgrundlagen für angestrebte
                                                                (Re-)Finanzierungen.
   55   Omni-Channel Integration                   13

   66   Digitale Infrastruktur                     14           Zu den Mandanten zählen mittelständische Unternehmen
                                                                und Konzerne, die international agieren. FTI-Andersch ist
   77   Markenbildung                              15           Teil der globalen FTI Consulting Gruppe (NYSE: FCN) mit
                                                                mehr als 5.500 MitarbeiterInnen.
5. Was jetzt zu tun ist          			               17

6. Customer Journey neu denken                     19

                                             3 | FTI-Andersch
1 AUSGANGSLAGE

  Sinkende Besucherfrequenzen in Innenstädten, steigender                                               nung an Online-Bezahlprozesse werden es erschweren, die
  Wettbewerbs- und Preisdruck sowie anspruchsvollere Kun-                                               KundInnen wieder in die lokalen Geschäfte zu locken. Diese
  denbedürfnisse – dies ist lediglich ein Ausschnitt der Her-                                           Herausforderung wird nur durch neuartige Store-Konzepte
  ausforderungen des stationären Einzelhandels, die sich seit                                           zu meistern sein: Seien es digitale und physische Erlebnisse
  Jahren verfestigen. Wie bereits Teil 1 unserer Reihe „Future                                          oder eine noch individuellere Beratung – den KundInnen muss
  Cities“ aufzeigte, leiden deutsche Innenstädte zusätzlich un-                                         ein neuer Mehrwert geboten werden. Ein Mehrwert, den der
  ter den Folgen der COVID-19-Pandemie. Vielerorts wird sie                                             Online-Handel nicht in gleichem Umfang bieten kann. Dieser
  auch mittelfristig tiefe Spuren hinterlassen.                                                         sollte klar identifiziert, gefördert und kommuniziert werden.

                                                                                  Future Cities 1            Rückkehr des stationären Mode-Absatzes zum Vor-Corona-Niveau
                                                                                                             Befragung, % der Antworten (n=82)
                EINFLUSS DER
                COVID-19-PANDEMIE
                AUF ­DEUTSCHE
                INNENSTÄDTE
                Handel, Gastronomie, Kultur- und
                                                                                                                  Modehändler         Sicht von außen1            Unterschiedlicher Blick auf die aktuelle
                Immobilienwirtschaft unter Druck

                                                                                                                  72                                              Lage: Deutsche Modehändler zeigten sich
                                                                                                                                                                  in unserer Befragung deutlich überwiegend
                                                                                                                                                                  (72 %) von einer Erholung ihrer Absätze auf
                                                   Studienreihe Future Cities 1

                                                                                                                                                                  das Vor-Corona-Niveau bis spätestens An-
                                                                                                                                                                  fang 2023 überzeugt.
                                                                                                                                                      49
  Häufig bieten Krisen Chancen für einen Neuanfang. Doch                                                                                                          Modehersteller, Finanzierer und Waren-
                                                                                                                                                                  kreditversicherer hingegen erwarten eine
  selten vollzog sich ein Strukturwandel mit derartiger Wucht                                                                                                     langsamere Erholung (> 24 Monate) der Mo-
  wie im Zuge der COVID-19-Pandemie. Die Gewohnheiten der                                                                              28
                                                                                                                                               23                 de-Absätze in Deutschland. Jeder zweite
  KundInnen werden sich auch nach Lockerung der Maßnah-                                                                14    14                                   Befragte dieser Gruppe geht nicht davon
                                                                                                                                                                  aus, dass die historischen Niveaus im statio-
  men geändert haben, vielfach nachhaltig. Die erlebte Trans-                                                                                                     nären Handel jemals wieder erreicht wer-
                                                                                                              ≤ 24   > 24   Gar       ≤ 24   > 24   Gar
  parenz im Internet, der Komfort des Einkaufs von zuhause,                                                  Monate Monate nicht     Monate Monate nicht          den können.
  die hohe Warenvielfalt und -verfügbarkeit sowie die Gewöh-                                                (1) Modehersteller, Finanzierer, Warenkreditversicherer, Quelle: FTI-Andersch

                                                                                               4 | FTI-Andersch
2 STATIONÄRER EINZELHANDEL
              ZENTRALES ELEMENT DER INNENSTADT

                                                  Der Einzelhandel trägt maßgeblich zur Beliebtheit des Innen-
                                                  stadtkerns bei AnwohnerInnen und externen BesucherInnen
Ökosystem Innenstadt                              bei. Die Infrastruktur, Auswahl an Freizeit- und Kulturangebo-
                                                  ten, der Händler-Mix und der digitale Reifegrad der Städte
                                                  bestimmen die Attraktivität des Standorts für stationäre Ein-
                                                  zelhändler. Aufgrund dieser engen Verknüpfung müssen Städ-
                                                  te und Einzelhandel künftig enger zusammenarbeiten, um den
                                                  jeweiligen lokalen Standort aktiv zu entwickeln. Nur so kann
                                                  eine Revitalisierung der Besucherfrequenzen erfolgen.

                                                                     Auf Basis dessen ergeben sich
                                                                     folgende Fragen:

                                                                     Wie sieht die Zukunft des stationären Einzelhandels aus?
                                                                     Welchen Mehrwert kann der stationäre Einzelhandel bieten?
                                                                     Welche Rolle spielen dabei Markenbildung (Branding), die
                                                                     Customer Journey und Digitalisierung im Laden (In-Store-­
                                                                     Digitalisierung) bzw. nahtloser Omni-Channel-Vertrieb?
                                                                     Wie können Vertriebskanäle erfolgreich erweitert und
                                                                     ­miteinander verbunden werden?

                                                                                Mehr dazu auf den nachfolgenden Seiten.

                                         5 | FTI-Andersch
3 NEUSTART FÜR DEN EINZELHANDEL

                     Der stark gestiegene E-Commerce-Umsatz, ein zunehmender         Handel erreichten trotz Pandemie und Lockdowns weiterhin
                     Filialisierungsgrad unter Händlern, neue Wettbewerber aus       ihre KundInnen. Während sich kleine Händler mit Produkt-
                     dem Ausland, steigende Kosten (u. a. Mietpreisanstieg vor       beratungen via Zoom und Click & Collect Angeboten auf die
                     COVID-19) und der nachhaltige Wandel des Konsumenten-           Situation eingestellt haben, tun sich filialisierte Handelsnetz-
                     verhaltens stellen Einzelhändler seit Jahren vor strategische   werke aufgrund geringerer Flexibilität schwer. Gerade für sie
                     Herausforderungen. Der stationäre Handel wird gleichzeitig      wird sich die Ausgangslage auch nach Ende der Pandemie
                     von strukturellen Veränderungen wie marktweitem Preis-          deutlich verschlechtert haben, da die vorherigen strukturel-
Heraus­              druck, Waren-Überdistribution (insb. im Mode-Einzelhandel)      len Defizite durch die Krise weiter verstärkt wurden.
forderung            und innerstädtischen Besucherfrequenzen, die bereits vor
                     der Pandemie stetig gesunken sind, belastet. Die Folge: Um-
Rein stationäres     satzrückgänge – oder unprofitable Umsatzanstiege, die auf                     Um sich auf die Transformation einzustellen, müssen Handelsket-
                                                                                                   ten zunächst eine Stabilisierung ihres Kerngeschäfts durch eine
Geschäft ist nicht   reinem Filialwachstum basierten, jedoch die Kannibalisierung
                                                                                                   nahtlose Integration der IT-Systeme und gezieltes Trend-Manage-
ausreichend für      der eigenen Filialen untereinander förderten. Gegenmaßnah-                    ment erreichen.
nachhaltigen         men wie die Vergrößerung der Verkaufsflächen, längere Öff-
Wettbewerbs-         nungszeiten, häufiger wechselnde Kollektionen und Sale-Ak-
erfolg               tionen belasteten die Margen oft mehr als sie die Nachfrage     Sind die Grundvoraussetzungen geschaffen, kann durch die
                     anregten.                                                       Omni-Channel Integration eine Steigerung der Umsätze er-
                                                                                     reicht sowie durch verstärkte Markenbildungs- und -erhal-
                     Die anhaltende COVID-19-Pandemie erhöht den Anspan-             tungsmaßnahmen nachhaltig abgesichert werden. Im Rahmen
                     nungsgrad – jedoch nicht für alle Unternehmen im gleichen       der Transformation ist essentiell, dass zu Beginn des Prozes-
                     Maß. Denn bereits vor Ausbruch der Pandemie hatten erfolg-      ses eine übergreifende Strategie definiert wird. Nur so kann
                     reiche Händler wie Breuninger begonnen, ihre Präsenz als        eine kongruente Abstimmung der drei Projektphasen sicher-
                     physischen Marken-Kontaktpunkt einzusetzen und parallel         gestellt werden. Besonders wichtig ist es, bei diesem Prozess
                     den Online-Auftritt zu optimieren. Stationäre Händler mit gut   eine Symbiose aus digitalen Mehrwerten und den Alleinstel-
                     ausgeprägten Synergieeffekten zwischen Offline- und Online-     lungsmerkmalen des stationären Handels zu schaffen.

                                                                            6 | FTI-Andersch
7 STABILISATOREN

                 Stabilisierung                        Skalierung              Nachhaltiger Erfolg

             Technologie Management

         1 Digitales In-Store Erlebnis                5 Omni-Channel
                                                        Integration

               Trend Management                                                 7   Markenbildung

2 Flexible       3 Individuali-      4 Nach­          6 Digitale                                     Im Folgenden werden die Handlungsbe-
  Anpassung          sierung und         haltigkeit     Infrastruktur                                darfe und Herausforderungen 7 wichti-
  an Trends          Ko-Kreation                                                                     ger Stoßrichtungen näher beleuchtet
                                                                                                     und konkrete Handlungsempfehlungen
                                                                                                     abgeleitet.

                                                            7 | FTI-Andersch
4 ZUKUNFT DES STATIONÄREN HANDELS:
  SIEBEN STOSSRICHTUNGEN/STABILISATOREN
   1    DIGITALES IN-STORE ERLEBNIS
  Da der Online-Handel Flexibilität, Verfügbarkeit der Produk-    von Sensoren oder Bildverarbeitungssystemen (Computer
  te und Zeitersparnis bieten kann, erwarten KonsumentInnen       Vision Systems) für kassenlose Online-Bezahlungen realisiert
  diese Eigenschaften zunehmend im stationären Handel.            werden. Für KonsumentInnen führt dies zu verbesserten Pro-
                                                                  dukt- und Markenerlebnissen und für Händler zu effiziente-
  Zur Steigerung der Attraktivität des stationären Handels müs-   ren internen Prozessen.
  sen digitale Technologien in den Store integriert und durch-
  gängig mit dem Online-Geschäft verbunden werden. So kön-        Einer der größten Mehrwerte des stationären Einzelhandels
  nen z. B. intelligente Spiegel (Smart Mirror) die KundInnen     ist der Vor-Ort-Service. Um diesen konsequent und kunden-
  ausmessen, die optimale Kleidungsgröße bestimmen und un-        zentriert zu verbessern, müssen Händler Kundeninforma-
  mittelbar digital anprobiert werden. Smart Labels bieten die    tionen DSGVO-konform sammeln und analysieren. Laufwe-          Fazit
  Möglichkeit Produkte durch Einscannen des QR-Codes oder         ge durch den Store sollten durch Kamerasysteme analysiert
  RFID ohne App-Download im Online-Shop zu kaufen und             und optimiert werden. Intelligente Erkennung der KundInnen     Der Einsatz
  nach Hause schicken zu lassen. So hebt sich beispielsweise      mittels digitaler Kundenkarten unterstüzt bei der Individua-   digitaler Tech-
  der Burberry Store in Shenzhen durch ein gamifiziertes Vor-     lisierung der Kundenberatung. Mittels In-Store Navigation      nologien bietet
  Ort Erlebnis ab, welches an die dort weit verbreitete App       können KundInnen ohne App gezielt ihre vorausgewählten         die Chance den
  WeChat gekoppelt ist. Während dem Einkaufen wird auf dem        Produkte ansteuern.                                            Umsatz durch
  Smartphone ein virtueller Charakter geschaffen, der sich                                                                       positive Kun-
  durch Interaktionen, beispielsweise dem Informieren über        All dies hebt das In-Store Service Level für KundInnen und     denerlebnisse
  Produkte weiterentwickelt und so die Interaktion zwischen       erhöht, wenn konsequent umgesetzt, die Ausgaben vor Ort        zu erhöhen und
  KundInnen und Marke fördert. Zur Vermeidung von Drop            (Share of wallet). Für Unternehmen bringen digitale Techno-    die Kosten zu
  Outs in langen Warteschlangen an der Kasse sollten digitale     logien die Chance Kunden(-bedürfnisse) besser zu verstehen     senken.
  Bezahlmöglichkeiten angeboten werden. Dies kann mithilfe        und nachhaltig die Kosten im Geschäft (In-Store) zu senken.

                                                         8 | FTI-Andersch
2    FLEXIBLE ANPASSUNG AN TRENDS

Marken wie Off-White, Supreme oder Peso stehen stellver-         tige weitere Schritte. Software-/Lösungs-Anbieter wie Lectra
trend für kurzlebige Trends und Hypes, die künstlich kreiert     versuchen, Prinzipien der Industrie 4.0-Fertigung auf die Mo-
oder verstärkt werden können. Diese Marken haben eine sehr       deindustrie zu übertragen und Losgröße-1 Produkte innerhalb
flexible Wertschöpfungskette, kundenorientierte Produkte         kürzester Zeit zu liefern – so erscheinen selbst Konzepte wie
und stark limitierte Sortimente, was ihren Erfolg begründet.     Products on demand sowie Mass Customization zunehmend
                                                                 umsetzbar.Editorial Spaces sollten fester Bestandteil des
Große Handelsketten sind aktuell noch nicht flexibel genug       Store-Konzepts der Zukunft sein, um Trends durch Brand-Sto-
Trends, die innerhalb weniger Wochen entstehen können, auf-      ries und nicht veröffentlichte Produkte zu untermalen. Online
zufassen und umzusetzen. Infolge dieser zunehmenden Trend-       hat sich dies bereits vielfach durchgesetzt: So kombinieren
Schnelllebigkeit muss die Zeitspanne zwischen Wareneinkauf       viele Online-Shops die reine Warenpräsentation mit Produkt-
und dem Abverkauf neuer Produkte deutlich verkürzt wer-          oder Herstellergeschichten, informativen Artikeln etwa zum
den. Digital getriebene Modemarken schaffen es bereits heu-      Thema Wohnungseinrichtung, DIY-Anleitungen oder Kochre-
te, eine sehr effiziente Wertschöpfungskette zu führen, womit    zepten. Hier können beispielsweise noch nicht releaste Pro-
sie kurzfristig auf Markttrends reagieren können. Dies ermög-    dukte kuratiert oder für KundInnen sinnstiftend dargestellt
licht neben einer stärkeren Kundenzentrierung auch eine          werden. Mit der Anwendung der richtigen digitalen Tools kann
Senkung der Kosten (u.a. durch geringeren Warenbestand zu        gemessen werden, wer die Zielgruppe der Produkte ist und        Fazit
Saison-Ende, optimalere Nutzung der Verkaufsflächen, zentra-     wie viel Zeit einzelne KundInnen mit dem Produkt verbringen.
le Lagerung). Um die benötigte Flexibilität bieten zu können,    So können Daten über die Nachfrage der KundInnen gesam-         Flexible
bedarf es einer Neuausrichtung der Wertschöpfungskette.          melt werden und zukünftige Produkttrends und Bestellmen-        ­Reaktion auf
Flexibilität und Reaktionsfähigkeit werden demnach zu den        gen prognostiziert werden. Eine weitere große Chance bieten      Trends be-
wichtigsten Eigenschaften des stationären Einzelhandels. Mo-     Kooperationen zwischen den Händlern: In Editorial Spaces         einflusst die
dehersteller tragen dieser Entwicklung bereits durch teilweise   müssen nicht ausschließlich eigene Produkte präsentiert wer-     langfristige
Rückverlagerung ihrer Produktion von Asien ins europäische       den. Es können auch geeignete Komplementärgüter genutzt          Relevanz der
Ausland Rechnung. Eine Flexibilisierung der Bestellvolumina      werden, um das eigene Produktportfolio relevanter für die        Marke positiv.
und Verkürzung der Vorlaufzeiten für den Handel sind wich-       Zielgruppe zu positionieren oder sinnvoll zu kombinieren.

                                                        9 | FTI-Andersch
3    INDIVIDUALISIERUNG UND KO-KREATION

                  In westlichen Gesellschaften steigt stetig das Bedürfnis nach    App einzusehen und so die Beratung zu individualisieren.
                  Individualisierung. Gerade bei jungen KäuferInnen ist dies       Neben der Personalisierung der Beratung spielt die stetige
                  oftmals durch Subkulturen geprägt. Aus diesem Grund ist          Veränderung des Store Layouts eine wichtige Rolle. Der Nike
                  die Personalisierung von Produkten und Dienstleistungen ein      Store in New York City wird regelmäßig umgestaltet, sodass
                  wichtiges Element des Store-Konzepts der Zukunft. Einzig-        aktuelle Trends widergespiegelt werden und den KundInnen
                  artig zu sein und personalisierte Produkte zu besitzen wird      bei jedem Besuch etwas Innovatives geboten wird. Dies ist
                  zunehmend zu einem Statussymbol. KonsumentInnen füh-             insbesondere für die langfristige Kundenbindung von hoher
                  len sich dadurch enger verbunden mit der Marke und dem           Relevanz.
                  Produkt. Personalisierte Erlebnisse stärken die Treue der
                  KundInnen und führen nachweislich zu höheren Umsätzen
                  im stationären sowie im Online-Handel. KundInnen erwarten                  Ein Best Practice Beispiel aus Singapur zeigt, wie man Individualisierung
                  demnach ein immer stärker individualisiertes Kauferlebnis im                            und Erlebnisorientierung erfolgreich verbindet:
                  stationären Handel. Dies kann in verschiedensten Varianten
                                                                                              „Make it yours“                                 Erlebnis
                  implementiert werden.                                                       Der Kunde kann sein Notizbuch                   Die Produktionsstätte befindet sich
                                                                                              eigens im stationären Handel indivi-            in der Mitte des Stores. Die Indivi-
                  In-Store Produktindividualisierungen müssen einen Mehr-                     dualisieren, indem er die Gravur, das           dualisierung findet direkt vor den
Fazit                                                                                         Papier, die Ringfedern oder die Farbe           Augen des Kunden statt und wird
                  wert gegenüber reinen Online Produktkonfiguratoren bie-                     des Leders selbst auswählen kann.               zum einzigartigen Erlebnis.
KundInnen er-     ten. Handelsketten müssen physische Produkte mit digitaler
fahren so ein     Visualisierungsmöglichkeit schaffen, um KundInnen vor Ort
einzigartiges,    einen Eindruck von ihrem ganz persönlichen Produkt zu er-
positives Er-     möglichen. Außerdem können online gewonnene Daten aus                                       Implikationen für den stationären Einzelhandel
lebnis, das sie   dem eigenen Online-Shop für die Angebotssteuerung im                        Dieses Erlebnis ist klar differenziert vom Online-Handel und schafft somit
mit der Marke     stationären Handel genutzt werden. Um die stationäre Bera-                  einen Mehrwert für die KundInnen
assoziieren       tung zu verbessern, ergibt sich dadurch die Möglichkeit die                 Die KundInnen teilen das Erlebte bestenfalls über Word-of-Mouth bspw.
                  Daten beispielsweise über einen QR-Code in einer Kunden-                    auf sozialen Medien
                                                                                                                                                                     Quelle: BYND Artisian

                                                                         10 | FTI-Andersch
4    NACHHALTIGKEIT

Nachhaltigkeit und Regionalität stellen auch stationäre Ein-    Thema Nachhaltigkeit sind hierbei essenziell. Moderne Multi-
zelhändler vor neue Herausforderungen, da immer mehr            brand-Stores wie die Stores der Marke _blaenk stellen immer
KonsumentInnen nachhaltige Produkte nachfragen. Galt            häufiger Anforderungen an die Marken, die sie ausstellen. In
das Marktsegment bis vor Kurzem noch als Nische, erfuhr         der Modeindustrie wird Slow Fashion und nachhaltige Mode
es zunehmendes Wachstum im Zuge der Fridays for Future-         den Markenwert vieler Modehändler bestimmen.
Bewegung und Pandemie: So geben etwa ein Drittel (36 %)                                                                           Entwicklung:
der deutschen KonsumentInnen im EY Consumer Index an,           Nachhaltigkeit hat zudem ihren Preis. Momentan spiegelt die
dass Nachhaltigkeit durch COVID-19 noch relevanter für ihre     preisliche Positionierung von scheinbar nachhaltigen Produk-      An vielen Stellen
Kaufentscheidung geworden sei. Insbesondere durch den           ten nicht die Realität wider. Da Bio-Materialien, Investitionen   zeichnet sich ein
immer stärkeren öffentlichen Diskurs entwickeln Konsumen-       in eine nachhaltige Produktion und die Verringerung der Nut-      Trend zugunsten
tInnen ein neues Bewusstsein für den nachhaltigen Umgang        zung von Chemikalien ihren Preis hat, müssen Konsumen-            höherer Qualität
mit Ressourcen. Nachhaltige Marken sind im Trend und wer-       tInnen mit höheren Kaufpreisen rechnen. Das Beispiel des          in Verbindung
den auch künftig die Handelslandschaft prägen, weshalb der      Outdoor-Bekleidungsherstellers Patagonia verdeutlicht, dass       mit nachhaltiger
Druck zunehmend höher wird, sich mit dem Thema ausein-          KundInnen durchaus gewillt sind für verantwortungsbewuss-         Produktion sowie
anderzusetzen – auch, da beispielsweise die Mengen abge-        te Produktion und hohe Qualität einen Aufpreis zu zahlen.         gleichzeitig sin-
setzter Kleidung rückläufig sein werden. Mode als „Wegwerf-     Schlussfolgernd wird insbesondere die Modeindustrie künf-         kenden Absatz-
artikel“ widerspricht dem Nachhaltigkeitsgedanken. Zugleich     tig weniger Ware zu einem höheren Preis vertreiben. Dies          mengen ab.
möchten KonsumentInnen aktuellen (Mode-)Trends folgen.          muss der Handel auf angemessene Weise kommunizieren,
                                                                aber auch kompensieren, da mengengetriebenes Geschäft
Daher müssen Händler die richtige Balance finden, um Nach-      künftig an Relevanz verliert.
haltigkeit, Kundenzufriedenheit und Wirtschaftlichkeit mit-
einander zu verbinden. Um einen Mehrwert zu bieten und
Solidarität unter KonsumentInnen zu schaffen, muss das
Vertrauen in die Marke gestärkt werden. Eine transparente
Wertschöpfungskette und ein authentischer Umgang mit dem

                                                      11 | FTI-Andersch
Konsumenten, und zunehmend auch
                   Finanzierer, achten beim Kauf bzw. der
                   Kreditvergabe vermehrt auf Einhaltung                           Emissionen & Immissionen:
                                                             ÖKOLOGISCHE
                                                                                   Die Emissionen und Immissionen ver-
                   der sogenannten ESG-Kriterien (En-        NACHHALTIGKEIT
                                                                                   ringern oder ausgleichen und somit den
                   vironmental, Social und Governance).                            ökologischen Fußabdruck minimieren.
                                                            Ressourcennutzung:
                   Deren Integration in Werteverständnis,   Bestreben von Ener-                       CO2
                                                                                                                               SOZIALE
                   Kommunikation und Umsetzung von                                                                             VERANTWORTUNG
                                                            gieeffizienz sowie
                   Unternehmen gewinnt so in Zukunft an     nachhaltiger Um-
                                                            gang mit Ressourcen                                                Mitarbeiter­
                   Relevanz für (inter-)nationale Marken.   und Einhaltung von                                                 wertschätzung:
                                                            Menschenrechten                                                    Diversität und
                                                            entlang der gesamten                                               Gleichberechtigung
                                                            Lieferkette.                                                       leben und stetige
                                                                                                                               Weiterentwicklung
                                                                                                                               der Mitarbeiter
                                                                                                                               fördern während
                                                             CORPORATE                                                         Arbeitssicherheit
                                                             GOVERNANCE                                                   !    etabliert ist.

Fazit                                                       Management­                                                        Gesellschaftliche
                                                            strukturen:                                                        Verantwortung:
                                                            Verantwortungsvolles                                               Aktives Beteiligen
                                                            Risikomanagement                                                   in Politik und Ein-
Nachhaltiges Wirtschaften rückt immer stärker in den        und Führen unter       ESG-Management:                             bringen in aktuelle
Fokus der Öffentlichkeit, insbesondere der Presse,          ethischen Gesichts-    Einbinden von ESG Kriterien in ­Strategie   Themen (Umgang
aber auch der Kapitalgeber und Konsumenten. Es              punkten mit entspre-   sowie Steuerung und Kontrolle der           mit Daten, Kunden-
                                                            chenden Compliance     gesamten Lieferkette unter Nachhaltig-      gesundheit- und
handelt sich um einen der wichtigsten Trends des            Mechanismen.           keitskriterien.                             Sicherheit).
kommenden Jahrzehnts, der auch – und gerade – im
Handel aufgegriffen werden muss.

                                                            12 | FTI-Andersch
5    OMNI-CHANNEL INTEGRATION

Der Wandel des stationären Einzelhandels von einem Ort           Da sich Kundenbedürfnisse im ständigen Wandel befinden,
des Kaufens hin zu einem Ort des Erlebens bedarf einer ope-      müssen Einzelhändler schnell aufholen, um die neusten Digi-
rativen Neuausrichtung. Während KundInnen früher ohne            taltrends zu identifizieren. Anschließend müssen diese konse-
Vorab-Information den stationären Einzelhandel besuchten,        quent in in die Wertschöpfungskette integriert werden. Eine      Fazit
beginnt die Customer Journey heute oftmals online. Die An-       Herausforderung dürften dabei die immer schnelleren Zyklen
zahl und Komplexität der Marken-Kontaktpunkte hat zuge-          der Veränderung sein. Dennoch bleibt Händlern zur Siche-         Omni-Channel
nommen, weshalb es essenziell wird, verschiedene Möglich-        rung ihrer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit oftmals keine       Integration,
keiten der Customer Journey in Gänze abzubilden und neu          andere Wahl, als diese Investments zu tätigen. Dass sich solch   um die Vortei-
zu durchdenken.                                                  ein Unterfangen lohnt, zeigt die Modekette Zara, die ihr Ge-     le aller Ver-
                                                                 schäft vor Ort durch zahlreiche online Kanäle ergänzt. Den       triebswege zu
Setzt ein Händler eine Omni-Channel-Strategie erfolgreich        KundInnen wird dabei die Möglichkeit geboten, die Schritte       kombinieren.
um, kann er den einzelnen Kanälen eine bestimmte Funktion        der Customer Journey von der Auswahl über den Empfang
zuordnen. Bestimmte Kontaktpunkte dienen zur Produktinfor-       bis hin zur Rücksendung der Ware wahlweise online oder off-
mation, während andere bewusst einen Kauf auslösen sollen.       line zu tätigen, sodass keinerlei Barrieren aufkommen, welche
Durch gezieltes Steuern dieser Einflüsse kann eine vertriebs-    die Kauferfahrung negativ prägen.
kanalübergreifende Kundenbindung ermöglicht und ein Ab-
sprung der KundInnen im Prozessverlauf vermieden werden.
Eine Studie des Harvard Business Reviews zeigte, dass Kun-          Werden Social Media Plattformen für Modehersteller als Vertriebskanal wichtiger
dInnen, die aktiv Omni-Channel-Services nutzen, mehr Geld           als der eigene Online-Shop? Befragung von Modeherstellern (Ergebnisse gerundet)
im stationären Handel ausgeben als reine Offline-Shopper.
Beispielsweise führten zuvor getätigte Recherchen auf der                                         Niemals     7%
Internetseite der Marke zu 13 % höheren stationären Ausga-                   Für uns nicht, aber für andere                        47 %
ben unter Omni-Channel-KundInnen. Eine Salesforce Umfra-
ge zeigt, dass 86 % der europäischen Unternehmen bislang                                     Auf jeden Fall                        47 %

über keine durchgängige Omni-Channel Strategie verfügen.            Quelle: FTI-Andersch

                                                       13 | FTI-Andersch
6    DIGITALE INFRASTRUKTUR

Die digitale Infrastruktur eines Unternehmens stellt die          ten oder Maximierung der Conversion Rate durch das An-
Grundvoraussetzung für den online und offline Erfolg dar.         gebot des richtigen Produktes zum richtigen Preis – und das
Dabei sollte die Neu-Ausrichtung von IT-Prozessen auf die         alles individuell – zu stärken.
systemische Vollintegration von offline und online-Infrastruk-                                                                     Fazit
tur fokussiert sein. Das Ziel ist die Zusammenführung von         Ein wesentlicher Treiber von Kundendaten ist die individuel-
zentralen Systemen (ERP, CRM, HR, FICO etc.), dezentralen         le Preisfindung (online und offline), um die individuelle Zah-   Homogene
Systemen (Kassenführung, Store-Backoffice, Kundendatener-         lungsbereitschaft der Kunden auszuloten und abzuschöp-           und effiziente
fassung etc.), der E-Commerce Shop-Infrastruktur und diver-       fen. Gleichzeitig sollten kundenindividuelle Daten gezielt       IT-Systeme
ser Schnittstellen zu Partnern oder Franchiseorganisationen.      zur Akquisition und langfristigen Kundenbindung (Customer        bilden die Vor-
Nur so kann die eigene IT-Plattform gegen Lösungen auf einer      Retention) genutzt werden. Durch kundenspezifische Wer-          aussetzung für
grünen Wiese (Greenfield-Lösungen) der digitalen Online-          bemaßnahmen kann die Anzahl der Käufe durch Besucher             die Schaffung
Player bestehen. Zentraler Gegenstand der IT-Strategie muss       im Ladengeschäft (Conversion Rate) erhöht und somit der          einer daten-
die Vereinheitlichung von Systemen über Länder- und Ab-           Umsatz gesteigert werden. Zeitgleich kann durch Webana-          getriebenen
teilungsgrenzen hinweg sein. Nur so kann sichergestellt wer-      lysen die Attraktivität des Produktportfolios bewertet und       Organisation.
den, dass standardisierte Daten systematisch aufgenommen          angepasst werden. Empfehlenswert sind hier Plattformlösun-
und ausgewertet werden können. Denn nur wer die eigenen           gen, die Daten zentral aufnehmen und auswerten. Dadurch
Daten intelligent nutzt, wird in der Lage sein das operative      werden abgeschottete Lösungen eliminiert und mit geringem
Geschäft effizient zu gestalten und kundenzentrierte Pro-         Aufwand unternehmensspezifische Systeme geschaffen. Die
dukte zu entwickeln. Deshalb ist es für Retail-Unternehmen        Integration von gesammelten Daten durch Webanalysen in
unabdinglich z. B. Bewegungsdaten in Echtzeit und Kunden-         den Vertrieb ermöglicht die Gestaltung eines individuellen
daten ohne Sollbruchstellen abzugreifen und auszuwerten.          und abgestimmten Sortiments, welches die Kundenbindung
Dadurch werden Echtzeitinformationen über Bestände er-            erhöht.
möglicht und integrierte Webanalysen durchführbar. All dies
befähigt Unternehmen ihre Omni-Channel Strategie durch
dezentrale Steuerung von u. a. Same-Day-Delivery Angebo-

                                                        14 | FTI-Andersch
7    MARKENBILDUNG

Nicht erst die erzielten Transaktionswerte der Marken Sup-       erfolgreich zu sein. Daher stehen insbesondere Marken des
reme, Stone Island und Live Fast Die Young haben verdeut-        klassischen Mittelpreissegments unter Druck, die sich weder
licht, dass für Einzelhandelsmarken vor allem die Strahlkraft    voll über den Preis noch über das Image profilieren können
der Marke und Beliebtheit unter (jungen) Käufergruppen           – speziell im Modesegment sind alternative Kriterien wie
relevant sind (und teilweise wichtiger als aktuelle Umsätze).    „Preis-Leistungs-Verhältnis“ nur schwer zu vermitteln.
Entsprechend ist der Aufbau eines starken Images essenziell                                                                         Aufgabe
für den Erfolg im kompetitiven Online- sowie im stationären      Der Wandel des stationären Handels zum Erlebnisort stellt
Handel.                                                          eine entscheidende Entwicklung dar. Einzelhändler, die es          Der Handel muss
                                                                 schaffen sich als Ort der Freizeitgestaltung zu etablieren, kön-   wieder stärker
Grundvoraussetzung dafür ist eine erfolgreiche Umsetzung         nen nachhaltig Umsätze steigern und den Markenwert (Brand          zum Ort der Frei-
der sechs zuvor genannten Stoßrichtungen. Und: Auch wenn         Value) erhöhen. Allerdings war der Wandel des stationären          zeitgestaltung
reine Online-Marken oft bejubelt werden, trägt der stationäre    Einzelhandels vom Ort des Kaufens zum Ort des Erlebens             werden.
Einzelhandel maßgeblich zur langfristigen Markenbildung bei.     bereits vor der COVID-19-Pandemie zu beobachten. Ein Bei-
Eine Studie des International Council of Shopping Centers        spiel stellt das Modehaus Lengermann und Trieschmann mit
(ICSC) und Alexander Babbage ergab, dass die Eröffnung           einer in die Ladenfläche integrierten Indoor-Surfstation dar.
neuer stationärer Geschäfte einer Marke das Online-Engage-       Physische und digitale Erlebnisse bewegen KundInnen dazu,
ment deutlich steigere. Ein ansprechendes und spannendes         länger im Store zu verweilen, die Häufigkeit der Besuche zu
In-Store Erlebnis kann hierbei neue Kundengruppen anlo-          erhöhen und Kaufmöglichkeiten zu entdecken. Das KaDeWe
cken, die je nach Bedarf Kleidung anprobieren, die zu einem      in Berlin lockt beispielsweise mit regelmäßig wechselnden
späteren Zeitpunkt online erworben wird. Insbesondere auf        Pop-up-Flächen sowie einer hohen Dichte an High Fashion
Online-Marktplätzen dient das Markenimage als primäres           Brands zur Steigerung der Besucherfrequenzen.
Entscheidungskriterium. Erhöhte Preistransparenz fördert
den Wettbewerbs- und Preisdruck im Online-Handel. Premi-
um-Produkte, die nicht über ihren Preis konkurrieren möch-
ten, brauchen demnach ein starkes Markenimage, um (online)

                                                       15 | FTI-Andersch
Speziell im Luxus-Segment hat sich bereits vor Jahren ein
Flagship-Store-Konzept durchgesetzt, das den Ort des Ein-
kaufens nicht zwingend mit dem Ort, an dem die Marke und              Fazit
Botschaft der Marke erlebt wird, verbindet. So werden die
individuell positionierten Teile nicht in allen Größen ausge-         Stationäre Läden prägen das Bild einer Marke zu
stellt, großflächige Videoleinwände zeigen aktuelle Kollektio-        großen Teilen, sie sind ihr greifbarstes Aushänge-
nen auf dem Laufsteg. Via Tablet werden im Laden die Artikel          schild. Auch künftig sind starke Marken daher auf
in der passenden Größe bestellt – in den Laden oder direkt            eine physische Präsenz angewiesen, die Kunden mit
nach Hause, je nach Kundenwunsch. Zwar sind auch im Flags-            positiven Erlebnissen verbinden und die Marke er-
hip-Konzept limitierte Artikel häufig ausschließlich online be-       lebbar machen.
stellbar – der Online-Shop wird durch das Verkaufspersonal
dennoch nicht als Konkurrenz wahrgenommen, da das Kon-
zept nicht mehr der historischen Einzelhandels-Kennzahl Um-
satz pro qm folgt.

Bestenfalls führen In-Store-Erlebnisse sowohl offline als auch
online zu kostenlosem Social Media Marketing, etwa durch
das „taggen“ einer Marke oder eines Ortes in Kundenfotos
auf Instagram und TikTok. Auch außergewöhnliche und posi-
tive Erlebnisse werden in den sozialen Medien geteilt, idea-
lerweise direkt aus dem Laden, womit die Marke nachhaltig
gestärkt wird. Somit können Synergieeffekte zwischen dem
stationären Handel und dem Online-Geschäft hervorgerufen
werden.

                                                         16 | FTI-Andersch
4 WAS JETZT ZU TUN IST
                 HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN JE STABILISATOR

                                           Kurzfristig (1–2 Jahre)                                                          Mittelfristig (3–5 Jahre)

1. Digitales    • Aufbau von repräsentativen Flagship und Concept-Stores in denen regel-           • Entwicklung von modularen Store Elementen, die bei technologischem Fort-
In-Store          mäßig neue Anwendungen ausprobiert werden. Bei Erfolg Ausweitung                   schritt schnell und kostengünstig modifiziert oder ausgetauscht werden
Erlebnis          (Roll-Out) auf weitere Stores                                                    • Entwicklung einer vollständig digitalen In-Store Experience, die
                • Restrukturierung des Filialnetzwerks und Zuteilung von klaren Store-Rollen         (wenn gewünscht) ohne menschliche Interaktion auskommen kann
                  (Präsenzstores, Volumenstores und Flagship/Digital Stores)                       • Identifikation der neusten Technologien zur Anwendung und Vernetzung
                                                                                                     mit dem bestehenden Produktportfolio sowie Online-Diensten/App

2. Flexible     • Etablierung von Social Media Scouts, die Trends analysieren, in das Produkt-     • Schaffung von Marken-Netzwerken zur Abbildung temporärer Trends durch
Anpassung         portfolio überführen und kurzfristig auf den Markt bringen                         reine Online-Marken, die auf bestehende Produktionskapazitäten und
an Trends       • Positionierung von Phantomprodukten (Prototypen, die noch nicht erhält-            ­Logistikstrukturen zugreifen
                  lich sind) und Vorankündigungen, um Interesse von KäuferInnen u. a. durch        • Etablierung von flexiblen, dezentralen Produktionskapazitäten, um time-to-
                  Online-Klickzahlen auf den Artikel zu messen und die Bestellvolumen zu              market für Sonder- und Individualkollektionen zu verkürzen
                  optimieren
                • Aktive regionale Trendgestaltung anstatt reinen Aufgreifens von interkonti-
                  nentalen Trends

3. Individua-   • Erweiterung des Produktportfolios mit Individualisierungsmöglichkeiten           • Integration von Individualisierungsmöglichkeiten als fester Bestandteil in
lisierung und     (drucken, stanzen, gravieren)                                                      den Entwicklungs- und Produktionsprozess
Ko-Kreation     • Integration von Konfiguratoren im Online-Shop und Ausrüstung von                   (Optimierung für kleine Losgrößen)
                  ­Flagship Stores mit ‚Live Individualisierungen‘                                 • Aufgreifen von Trends im Produktportfolio mittels Individualisierung ohne
                • Etablierung regionaler Kollektionen                                                substanzielle Veränderung der Produkte (Trendfarben, Motive, etc.)

                                                                               17 | FTI-Andersch
4. Nach­         • Committent zu nachhaltigem und umweltfreundlichem Unternehmertum                • Definition einer ‚zero emission‘ Strategie zur Sicherstellung der langfristigen
haltigkeit         durch Corporate Social Responsibility (CSR, ESG) Abteilung inkl. anerkann-        Klimaneutralität
                   ter Zertifizierungen sowie aktiver Kommunikation im Außenauftritt               • Aufbau von nachhaltigen und zertifizierten Lieferketten zur Sicherstellung
                 • Integration von Second Hand Ware in Stores und Buy-Back-Programm für              der Wettbewerbsfähigkeit
                   alte Kollektionen
                 • Einführung von nachhaltigen Capsule-Kollektionen zur Stärkung des
                   ­Nachhaltigkeitsimages durch Nutzung von Trade-Materialen

5. Omni-Ch.      • Definition einer Customer Journey auf Basis quantitativer Kundendaten           • Etablierung eines Frühwarnsystems, welches Relevanzverschiebungen der
Integration        und Ableitung der unternehmensspezifischen Vertriebskanalverschiebungen           Vertriebskanäle aufzeigt, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten
                 • Auf- und Ausbau von Vertriebskanälen mit Fokussierung auf die zukünftige        • Anpassung der Unternehmensorganisation an neue Kundenbedürfnisse und
                   Bedeutung der individuellen Kanäle                                                Vertriebsstrukturen

6. Digitale      • Erstellung einer Bestandsaufnahme der unternehmensweiten IT-Systeme             • Kontinuierliche Beobachtung der informationstechnologischen Trends und
­Infrastruktur   • Ableitung einer Roadmap für die zukünftigen Daten- und Systemstruk-                Befähigung der Organisation, um auf technische Entwicklungen reagieren zu
                   turen des bestehenden Legacy-Systems (CRM, Logistik, Merchandise                   können
                   ­Management, etc.) und der Shop-Technik (Marketing Cloud, Customer Data         • Wenn kritische Umsatzmasse für eigene Systemlandschaft nicht erreicht
                    ­Management, etc.). Im Fokus sollte dabei das Online-Business und nachgela-       wird: Definition einer Digitalstrategie durch Anschluss an bestehende
                     gert das Offline-Geschäft stehen                                                 Plattformen wie Zalando oder Amazon Marketplace (Nachteil: Verlust der
                 • Iterativer Launch von Datenanalysetools zur Reduzierung von Kosten der             Hoheit über die Kundendaten)
                     Kundengewinnung (Customer Acquisition Costs) und Erhöhung der Custo-          • Bei internationalen Handelsketten: Pilotierung der Neu-Systemintegration
                     mer Conversion Rate                                                             in einem ausgewählten Land und sukzessives Ausweiten (Roll-Out) der
                                                                                                     ­Systeme auf die Landesgesellschaften

7. Marken­       • Aufbau einer länderübergreifenden Community durch gezielten Einsatz von         • Etablierung der Marke als Teil eines Lifestyles um die Marke zur lang-
bildung            Online- und Offline-Medien                                                        fristigen Kundenbindung begehrlich(er) zu machen
                 • Ausprägung eines klaren Wertesystems und Verankerung in den Produkten           • Kontinuierliche Anpassung der Marke an gesellschaftliche Entwicklungen
                   und dem Außenauftritt                                                             und Trends
                 • Partnerschaften mit Influencern und Persönlichkeiten

                                                                               18 | FTI-Andersch
5 CUSTOMER JOURNEY NEU DENKEN

  Für den zukünftigen Erfolg eines Unternehmens ist die Inte-      neu ausgerichtet werden müssen. Reine Flächenproduktivität
  gration des stationären Handels in das Gesamterlebnis der        ist nicht mehr entscheidend für den Erfolg. Vielmehr kann die
  KundInnen entscheidend. Markenhersteller und -händler            stationäre Präsenz als Investment in die Customer Retention
  müssen erarbeiten, welche Rolle der stationäre Handel in ih-     Rate (Offline und Online) und den Customer Lifetime Value
  rer Branche, für ihre heutige und künftige Kundschaft spielt.    gesehen werden.
  Darauf basierend muss eine Customer Journey mit klaren
  Aufgaben für die Kontaktpunkte mit KundInnen definiert
  werden.
                                                                                   Methodisches Vorgehen bei der Erstellung einer
  Retail-ExpertInnen ordnen dem stationären Handel vor allem                       Customer Journey:
  eine beratende und kundenbindende Rolle zu. Schon heute
  informieren sich KundInnnen zu Beginn des Kaufprozesses                          Kundenbasierte Abfrage der (a) Nutzungshäufigkeit, (b) Phase
  gezielt über das Internet. Hierbei nehmen sie eine erste Vor-                    der Nutzung und (c) Beitrag zur Kaufentscheidung einzelner
  auswahl der Warengruppen und Hersteller vor. Die Informa-                        Touchpoints.
  tionsphase ist eher stationär geprägt, um ein Look & Feel für
  das Produkt zu bekommen. Die größte Vorsortierung der in-                        Auswertung der unternehmensspezifischen Relevanz der Berüh-
  frage kommenden Produkte ist an diesem Punkt bereits ge-                         rungspunkte und Ableitung der zukünftigen Verschiebung.
  schehen. Sind sich KundInnen bei ihrer Entscheidung sicher,
  wird die Kaufphase offline abgewickelt, herrschen noch Un-                       Definition von Maßnahmenprojekten zum Aufbau der zukünftig
  sicherheiten vor dem Kauf, findet der Abschlussprozess eher                      benötigten Kundenkanäle und kundenspezifischen Ausprägung
  Online statt. Für die Kundenbindung ist der Handel als Erleb-                    dieser
  nisorientierung entscheidend. KundInnen verbinden das Er-
  lebte im Store direkt mit der Marke. So kann eine nachhaltige                    Kontinuierliche Nachverfolgung und Adjustierung der Umset-
  Bindung der KundInnen mit der Marke geschaffen werden.                           zungsmaßnahmen
  Die Erlebnisorientierung führt dazu, dass die KPIs von Stores

                                                         19 | FTI-Andersch
CUSTOMER JOURNEY EINER MARKE MIT ERLEBNIS-ORIENTIERUNG

                                                      PHYSISCH/OFFLINE                                                                DIGITAL/ONLINE

                               Monobrand      Multibrand     Pop-Up        Events          Print       Monobrand   Multibrand         Social           Digitales     E-Mail       Such-
                                 Store          Store         Store                       Medien       Homepage    Plattform          Media           Marketing1   Newsletter   maschinen

                Aufmerk-
                 samkeit

           Information und
               Analyse

                   Kauf

                 Kunden-
                 bindung

                                Status Quo     Zielbild     Kreisgröße = Relevanz des Touchpoints

                              1 Aufmerksamkeit                          2 Information und Analyse              3 Kauf                                       4 Kundenbindung
                              Kunde findet spontan ein interessan-      Kunde informiert sich, evaluiert,      Die Produktentscheidung ist                  Bei guter Erfahrung kann der An-
                              tes Produkt oder hat ein bestehendes      vergleicht und selektiert verfüg­      ­gefallen. Wichtig ist ein einfacher         bieter durch After-Sales Service
                              Bedürfnis (sucht aktiv oder passiv        bare Angebote.                          Kaufprozess und ein f­ airer Preis.         Wiederkäufe und Zusatzkäufe
                              nach einer Lösung) und wird initial       Ziel: Interesse stärken                 Ist das Gesamt­erlebnis positiv,            generieren. So wird der Customer
                              auf das Produkt aufmerksam.                                                       kauft der Kunde.                            Lifetime Value maximiert.
(1) Blogs, Apps, Online-­     Ziel: Aufmerksamkeit generieren                                                   Ziel: Conversion erreichen                  Ziel: Kundenbindung stärken
Magazine, digitale Ads & TV

                                                                                         20 | FTI-Andersch
DEZIDIERTE MASSNAHMEN JE POINT OF SALE WERDEN IN DER
                 ­FOLGENDEN ÜBERSICHT DARGESTELLT UND BESCHRIEBEN:

                     1 Aufmerksamkeit                   2 Information und Analyse                               3 Kauf                           4 Kundenbindung

Soziale     • Aufbau eines eigenen Social-Media      • Transparenz durch Preisschild-Funk-       • Verlinkung des Produktkatalogs        • Direkte Kommunikation durch Be-
Medien        Kanals und eigenen Hashtags              tion auf Bildern                            durch Produkt-Sticker in Stories        antwortung von Kommentaren und
            • Kooperationen mit Influencerinnen      • Vertrauen durch nutzergenerierte            oder Shoppable Tags auf Fotos           Nachrichten
            • Schalten von Werbung                     Inhalte                                   • Shopping-Beiträge in Stories als      • Abwechslungsreiche Beiträge durch
            • Gewinnspiele und Gratisproben          • Datenanalyse von Impressionen bis           Highlight speichern                     Fotos, Videos, Stories und IGTVs
                                                       zu Klickraten                                                                     • Reposts von Kundenfotos/IG Reels/
                                                                                                                                           IG Stories/Tik Tok Videos

 Offline    • Schalten von Online-Werbung, bspw.     • Persönliche Beratung durch das            • Direkter Kauf im stationären Handel   • Fixe Zuordnung eines Kundenbera-
 Store        Google Ads, E-Mails oder Targeting       Verkaufspersonal                          • Online-Reservierung und Abholung        ters für Kunden (auch virtuell)
            • Social Media Beiträge                  • Online einsehbare Produktverfüg-            im stationären Handel                 • Loyalitätsprogramme
            • Word-of-mouth                            barkeit                                   • Produktbestellung im stationären      • Stetig wechselndes Store-Erlebnis
            • Print-Werbung                          • Haptische Produktpräsentationen             Handel und Lieferung nach Hause
            • Events oder Pop-Up Stores              • Online Reviews und Kommentare

 Online     • Bespielen aller digitalen Vertriebs-   • Virtuelle Kundenberatung                  • Direkter Kauf auf der Online Platt-   • Post Purchase Kommunikation über
Plattform     kanäle (Onlineshop, Apps, Social       • Digitale Erlebnisse und Online Be-          form und Lieferung nach Hause           diverse Kanäle, bspw. WhatsApp,
              Media)                                   ratung                                    • Direkter Kauf auf der Online Platt-     Facebook Messenger, SMS und
            • SEO (Search Engine Optimization)       • Online Reviews und Kommentare               form und Abholung im stationären        E-Mail
              für Top 10 Suchergebnis in Google      • Vergleichsplattformen                       Handel                                • Personalisierte Newsletter
            • Blog zu Trendthemen, DIY, digitale                                                 • Online-Reservierung und Kauf im       • Rewardsystem für Posten und Teilen
              Events, Nachhaltigkeit integreren                                                    stationären Handel                      von Produkten durch Rabattaktionen

                                                                             21 | FTI-Andersch
ANSPRECHPARTNER

                                                     Dorothée Fritsch                                                                                                     Mike Zöller
                                                     Direktorin                                                                                                           Partner
                                                     Mobil: +49 160 90658014                                                                                              Mobil: +49 175 5850391
                                                     fritsch@andersch-ag.de                                                                                               zoeller@andersch-ag.de

Wie geht es weiter?

  Die Veränderung des Store-Konzepts und umfassende Digitalisierung gehen
                                                                                                EINFLUSS DER

  oft mit hohen Investitionen einher, lautet eine weitläufige Meinung unter                     COVID-19-PANDEMIE
                                                                                                AUF ­DEUTSCHE
                                                                                                INNENSTÄDTE                                           STORE-­KONZEPTE
                                                                                                                                                      DER ZUKUNFT –

  Händlern. Zugleich befürchten sie, nicht die kritische Masse zu erreichen,
                                                                                                Handel, Gastronomie, Kultur- und
                                                                                                Immobilienwirtschaft unter Druck                      ­NEUE CHANCEN FÜR                      GESCHÄFTSMODELL-
                                                                                                                                                       DEN STATIONÄREN                       TRANSFORMATION
                                                                                                                                                       ­EINZELHANDEL                         IM STATIONÄREN

  um Omnichannel-Services anbieten zu können. Welche Chancen bestehen,                                                             Studienreihe Future Cities 1
                                                                                                                                                                                             EINZELHANDEL ­–
                                                                                                                                                                                             Ausgewählte Erfolgsgeschichten
                                                                                                                                                                                             und kreative Ansätze

  um eine optimale Kundenerfahrung zu bieten? Wie kann ein kostengünstiger,
                                                                                                                                                                           Studienreihe Future Cities 2

                                                                                                                                                                                                                              Studienreihe Future Cities 3

  integrierter Omni-Channel-Vertrieb aufgebaut werden? Was können auch
  große Player von erfolgreichen kleinen, flexiblen Store-Konzepten lernen?
  Diese Fragestellungen beleuchten wir in Teil 3 unserer Reihe „Future Cities“.

                                                                            22 | FTI-Andersch
Quellen: Experteninterviews, ECC Köln, EHI, EY, Forbes, FTI Consulting, GfK, Handelsblatt, Handelsverband Deutschland, Harvard Business Review,
                     International Council of Shopping Centers, Manager Magazin, Retail Prophet, Salesforce, eigene Analyse

                                                              23 | FTI-Andersch
Frankfurt am Main • Berlin • Düsseldorf • Hamburg
Sie können auch lesen