Deutsch-Japanische Partnerschaft auf dem Gebiet der Wissenschaft

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Deutsch-Japanische Partnerschaft auf dem Gebiet der
                   Wissenschaft
                       Helmut Laumer und Jürgen Betten

                     München – Stadt der Wissenschaften
Nicht nur auf den Gebieten der Wirtschaft und der Kultur – und hier vor allem der Musik –
haben sich im Laufe der letzten 50 Jahre die traditionellen Beziehungen zwischen Japan und
Bayern bzw. München gefestigt und ausgeweitet. Auch auf dem Gebiet von Wissenschaft
und Forschung erlebte die bilaterale Kooperation beeindruckende Fortschritte, wofür die
Metropolregion München als herausragender Wissenschaftsstandort in Deutschland die bes-
ten Voraussetzungen bietet. München ist mit 13 Universitäten, Akademien und Hochschulen
der zweitgrößte Hochschulstandort in Deutschland. Die Ludwig-Maximilians-Universität
(LMU) und die Technische Universität München (TUM) gehören zu den Exzellenzuniversitä-
ten der ersten Stunde, die auch in den internationalen Forschungsrankings an der Spitze der
deutschen Hochschullandschaft stehen. Mit ihrem 1991/92 gegründeten „Japan-Zentrum“
beherbergt die LMU einen der wichtigen universitären japanbezogenen Forschungsschwer-
punkte in Deutschland. München ist Sitz der Generalverwaltung bzw. Zentrale der großen
international tätigen außeruniversitären Forschungsorganisationen „Max-Planck-
Gesellschaft (MPG)“ und „Fraunhofer-Gesellschaft (FhG)“ mit jeweils zahlreichen Instituten
sowie Sitz des Helmholtz-Zentrums München – Deutsches Forschungszentrum für Gesund-
heit und Umwelt (HGMU), der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, die das Leibniz-
Rechenzentrum (LRZ) mit einem Super-Computer betreut, und der Deutschen Akademie der
Technikwissenschaften (acatech).

Die Metropolregion München ist auch Sitz von Forschungs- und Entwicklungszentren der
Industrie, wie etwa von BMW (FIZ), DOCOMO, General Electric, Giesecke & Devrient, Google,
Knorr-Bremse, MAN, Microsoft, MTU Aero Engines, Rohde & Schwarz, Siemens.

Das Deutsche Museum ist hier ebenfalls zu nennen, dem auch in seiner Aufgabenstellung als
Forschungsmuseum vom Senat der Leibniz-Gesellschaft 2010 „herausragende wissenschaft-
liche Leistungen“ bescheinigt wurden, auch als internationaler Forschungspartner unter den
naturwissenschaftlichen und Technikmuseen. Auf dem Gebiet der wirtschaftswissenschaftli-
chen Forschung unterhielt das ifo Institut von 1985 bis 1998 als einziges der großen Wirt-
schaftsforschungsinstitute in Deutschland eine eigene Forschungseinheit für Japan („Japan-
Studienstelle“) mit engen Beziehungen zu japanischen Wissenschaftlern an Universitäten
und Instituten. In der Region München leben und arbeiten über 340.000 kreative „Wissens-
arbeiter“. Das entspricht rund einem Drittel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
in der Region.

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Die Deutsch-Japanische Gesellschaft in Bayern e.V. hat in den fünf Jahrzehnten ihres Beste-
hens die Entwicklung der deutsch-japanischen Beziehungen auch auf dem Gebiet von Wis-
senschaft und Forschung aktiv begleitet, vor allem in den frühen Jahren mit Vorträgen von
Experten auf neue Entwicklungen in Japan hingewiesen, japanische Wissenschaftler eingela-
den und Kontakte vermittelt. Ein besonderes Beispiel dafür ist das zweitägige Symposium
„Technologiestaat Japan“, das die Gesellschaft im Mai 1987 mit prominenten Rednern aus
Japan und Deutschland im Europäischen Patentamt in München organisiert hat. Die Gesell-
schaft ist nicht nur durch Professoren und Studenten der LMU gegründet worden, auch spä-
ter waren die personellen Beziehungen stets eng und seit langem gehört jeweils ein Profes-
sor der LMU dem Vorstand der Gesellschaft an.

Kooperation in Wissenschaft und Forschung sind in Zeiten der Globalisierung freilich nur
noch bedingt unter dem begrenzten regionalen Aspekt zu sehen und zu bewerten. Die im
Folgenden vorgenommene Bestandsaufnahme und Problemdiskussion der Wissenschaftsko-
operation mit Japan bezieht sich deshalb – über München und Bayern hinaus – auf Deutsch-
land insgesamt.

                   Gemeinsam forschen und entwickeln –
                       im beiderseitigen Interesse
Die faszinierende Geschichte der deutsch-japanischen Wissenschaftsbeziehungen seit der
Öffnung Japans Ende des 19. Jahrhunderts lässt sich in groben Umrissen in zwei Entwick-
lungsphasen einteilen: Die mit der Iwakura-Mission 1871 eingeleitete – durch zwei Weltkrie-
ge unterbrochene – „Phase des Lernens von Deutschland“ und den rasanten Aufholprozess
Japans seit etwa den sechziger Jahren des letzen Jahrhunderts. Heute steht Japan auf tech-
nologischem Gebiet zumindest auf gleichem Niveau wie Deutschland und dürfte – dank mas-
siver FuE-Anstrengungen – auf manchem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung auch
daran vorbeigezogen sein. Der verbreitete Eindruck nachlassenden gegenseitigen Interesses
in Zeiten der rapide fortschreitenden Globalisierung, die zu neuen Machtkonstellationen
zwischen den „alten“ Industrieländern und den rasch aufholenden bisherigen Schwellenlän-
dern führt, erfordert ein Nachdenken über den aktuellen Stand und die sich abzeichnenden
Entwicklungsperspektiven auch der Wissenschaftsbeziehungen zwischen unseren beiden
Ländern.

Angetrieben von einem rasanten Wirtschaftswachstum investieren die Aufholländer – allen
voran China – massiv in Wissenschaft, Forschung und Bildung. Chinesische Wissenschaftler
und Forschungseinrichtungen haben bereits in vielen Bereichen zum Niveau westlicher In-
dustrieländer aufgeschlossen oder werden dies in naher Zukunft erreichen. Deutschland
und Japan zählen bisher zu den Gewinnern dieser Entwicklung. Die starke Nachfrage der
Aufholländer nach Gütern der Hochtechnologie beflügelte deren exportgetriebenen Auf-
schwung.

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Zu den gemeinsamen Stärken unserer beiden ressourcenarmen Länder gehören global auf-
gestellte innovative Unternehmen und gut ausgebildete leistungsfähige Mitarbeiter.
Deutschland und Japan zählen darüber hinaus zu den Ländern, in denen auf breiter industri-
eller Basis intensiv Forschung und Entwicklung betrieben wird. Hinzu kommt, dass beide
Länder in besonderem Maße das demografische Problem einer alternden Gesellschaft zu
bewältigen haben. Dies birgt aber auch große Chancen, denn es erzwingt – zur Zukunftssi-
cherung – neben gesellschaftlichen auch technologische Investitionen, so zum Beispiel bei
der Gestaltung der Arbeitswelt und den Schlüsseltechnologien der Zukunft (Klima, Energie;
Gesundheit, Ernährung; Mobilität; Sicherheit; Kommunikation, Stadtplanung und Produktde-
sign).

Es sind auch diese Gemeinsamkeiten, die für eine verstärkte wissenschaftliche Zusammen-
arbeit in der Zukunft sprechen, zumal auch in Japans Privatwirtschaft die Meinung vor-
herrscht, dass ihr Vorsprung gegenüber China rasch schwindet. Gemeinsam können Deutsch-
land und Japan ihr wissenschaftliches Potential besser nutzen. Eine enge Kooperation war in
der Vergangenheit häufig fruchtbar und wird dies auch in Zukunft sein. Die Erfahrungsbe-
richte deutscher und japanischer Wissenschaftler, die für einige Zeit im jeweils anderen Land
forschen, sind durchaus positiv.

Mittelfristig ergibt sich für beide Länder – für Deutschland möglicherweise mehr als für Ja-
pan – die Notwendigkeit verstärkter Anstrengungen in Forschung und Entwicklung, um ihre
hohe Durchsetzungsfähigkeit auf den internationalen Märkten für Technologiegüter zu er-
halten. Nachdem Japan längst in der Spitzengruppe der Hochtechnologieländer angekom-
men ist, scheint es auch für eine gleichgewichtige internationale Kooperation auf technologi-
schem Gebiet aufgeschlossener zu sein als dies früher der Fall war. „Es gewährt inzwischen
auch ausländischen Forschern den Zutritt zu seinen Hochtechnologieschmieden“, so die Er-
fahrungen der Max-Planck-Gesellschaft.

       Staatliche/Institutionelle Rahmenbedingungen für den Austausch
Mit Japan besteht seit 1974 ein Regierungsabkommen über die Zusammenarbeit in den Be-
reichen Wissenschaft und Technologie. Auf Grundlage dieser Kooperationsvereinbarungen
hat sich in den letzten dreieinhalb Jahrzehnten ein intensives Netzwerk von Beziehungen
entwickelt, an dem auf beiden Seiten nationale Forschungszentren, staatliche Hochschulen
und sonstige Forschungseinrichtungen beteiligt sind, die eine Vielzahl von gemeinsamen
Forschungsvorhaben durchführen. Beide Regierungen bewerten diese Zusammenarbeit bei
verschiedenen Gelegenheiten (zuletzt etwa in einem Kommunikee vom Februar 2005 und
anlässlich gelegentlicher Ministerbesuche) als wichtig für die Intensivierung der Beziehungen
und äußern die Absicht, sie weiter zu fördern.

Da die Beziehungen grundsätzlich als problemfrei gelten, sind intensive diplomatische Bezie-
hungen aktuell allerdings nicht erkennbar. Dies scheint vor allem für die japanische Seite zu
gelten. Aber auch auf deutscher Seite (beim Bundesministerium für Bildung und Forschung)
scheint sich das Hauptaugenmerk seit einigen Jahren verstärkt auf China als Technologie-
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partner verlagert zu haben: „So wurde China zum wichtigsten Partner der Bundesrepublik in
Asien, sowohl gemessen an der Projektzahl als auch am Finanzvolumen“, so das For-
schungsministerium 2009. Im aktuellen „Bundesbericht Forschung und Innovation 2010“ ist
Japan – anders als China, Indien und Vietnam – als Kooperationspartner nicht gesondert be-
handelt und lediglich mit dem Satz erwähnt: „Nach wie vor ist Japan mit Abstand das Land
(im asiatisch-pazifischen Raum), mit dem deutsche Forscher, gemessen an der Zahl der Ko-
Publikationen, am intensivsten kooperieren, gefolgt von Australien und China.“

                                Gemeinsame Initiativen
Im Jahre 1985 wurde von den beiden Regierungen das Japanisch-Deutsche Zentrum Berlin
(JDZB) mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit auf den Gebieten der Wissenschaft und
Kultur zu fördern und zu vertiefen. Zu seinen Aufgaben gehört u. a. die Organisation wissen-
schaftlicher Konferenzen und die Durchführung von Austauschprogrammen (Aktuelles Bei-
spiel: Konferenz „Higher Education Reform in Japan and Germany – Common Challenges and
Opportunities for Cooperation“ im Mai 2010). Es führt und verwaltet das „Adressbuch der
Deutsch-Japanischen Zusammenarbeit“, das über mehr als 700 einschlägige Institutionen
aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft informiert. Das JDZB, auch Sitz des 1993 gegründe-
ten „Deutsch-Japanischen Forums (DJF)“, hat sich in Deutschland eine herausragende Posi-
tion auf dem Gebiet der deutsch-japanischen Beziehungen erarbeitet.

Auf Initiative der Regierungschefs wurde 1994 der Deutsch-Japanische Kooperationsrat für
Hochtechnologie und Umwelttechnik (DJR) gegründet. Er sollte Industrie, Wissenschaft und
Verwaltung beider Länder ein flexibles Forum zu gegenseitigem Wissens- und Erfahrungsaus-
tausch bieten und Empfehlungen an beide Regierungen ausarbeiten. Die hoch gesteckten
Erwartungen haben sich nicht erfüllt. Der Rat hat seine Arbeit Ende 2002 eingestellt und alle
Unterlagen an das JDZB abgegeben.

Positiv hervorzuheben sind drei aktuelle Projekte geplanter Forschungskooperationen mit
Beteiligung staatlicher Institutionen: Im Mai 2010 unterzeichneten die japanische „New
Energy and Technology Development Organization (NEDO)“ und die deutsche „Nationale
Organisation Wasserstoff- und Brennzellentechnologie (NOW)“, beides Einrichtungen der für
Wissenschaft und Technologie zuständigen Ministerien, ein „Memorandum of Understan-
ding“ für einen Informationsaustausch auf dem Gebiet der Zellbrennstoff- und Wasserstoff-
technologie. Im September 2010 haben Deutschland und Japan ein „Memorandum of Un-
derstanding“ unterzeichnet mit dem Ziel, auf dem Gebiet der Batterieforschung im vorwett-
bewerblichen Bereich enger zu kooperieren. Japan ist auf diesem Gebiet ein führender For-
schungsstandort. Und im April 2011 wird in Tsukuba der Grundstein für den SuperKEKB-
Teilchenbeschleuniger mit Großdetektor Belle II gelegt, die im Jahr 2014 den Betrieb auf-
nehmen werden. Zur Belle II-Kooperation gehören zwei Max-Planck-Institute in München
und Garching sowie 7 deutsche Universitäten.

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Auch auf der Ebene der forschenden Hightech-Unternehmen ist, was Kooperation und Aus-
tausch zwischen Japan und Deutschland betrifft, eine stark steigende Tendenz zu beobach-
ten. Dies gilt besonders für den Bereich der Spitzen-/Zukunftstechnologien wie Energie,
Umwelt, Mobilität und Gesundheit. Es gibt eine ganze Reihe von positiven Beispielen: Zum
Beispiel Juni 2010: „Memorandum of Understanding“ zwischen BITKOM und der japanischen
„Green IT Promotion Council (GIPC)“.

                                  Deutsche Initiativen
Mit dem „Deutschlandjahr 2005/2006“ hat sich Deutschland in Japan mit einer Vielzahl von
Aktivitäten, Ausstellungen, Symposien usw. umfassend als moderner Bildungs-, Forschungs-,
Technologie- und Wissenschaftsstandort präsentiert. Betreut vom „Internationalen Büro des
BMBF“ haben viele Universitäten und die großen Forschungsorganisationen dazu beigetra-
gen, Deutschland als dynamisches Hochtechnologieland, leistungsfähigen Forschungsstand-
ort und erstrebenswerten Kooperationspartner in der wissenschaftlichen Forschung und
technischen Entwicklung vorzustellen. Auch beim – von japanischer Seite initiierten – „Ja-
panjahr in Deutschland 1999/2000“, das von allen Deutsch-Japanischen Gesellschaften aktiv
unterstützt worden war, spielten die Wissenschaftsbeziehungen eine bedeutende Rolle.

Nach langer Vorgeschichte und vielen Diskussionen wurde als Beitrag des Auswärtigen Am-
tes zur „Strategie der Bundesregierung zur Internationalisierung von Wissenschaft und For-
schung“ am 6. Oktober 2010 mit dem ersten „Deutsch-Japanischen Innovationsforum“ das
„Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus Tokyo (DWIH)“ etabliert.1 Die Veranstaltung
war ein eindrucksvoller und konzentrierter Auftritt der deutschen Wissenschaft und for-
schenden Wirtschaft in Japan. Es ist zu hoffen, dass der Schwung, der offensichtlich bei der
Eröffnung vorhanden war, erhalten bleibt und es dem Haus gelingt, die Kommunikation zwi-
schen verschiedensten Gruppierungen in beiden Ländern zu ermöglichen oder zu verbes-
sern. Konsortialführer für das Projekt sind die „Deutsche Industrie- und Handelskammer in
Japan (DIHK)“ und die „Hochschulrektorenkonferenz (HRK)“. Ziel des DIWH Tokyo
(www.dwih-tokyo.jp) ist es, deutsche Forschungseinrichtungen und innovative Unterneh-
men in Japan gebündelt zu präsentieren und dadurch die Wissenschafts- und Wirtschaftsko-
operation mit Japan – unter dem Gesichtspunkt „Kooperation mit den Besten der Welt“
(Bundesministerin Schavan im Tagesspiegel vom 23.09.2010) – weiter zu vertiefen.

Der 2008 geschaffene und nach dem deutschen Naturwissenschaftler und Gründervater des
„Tokyo Institute of Technology (TIT)“ benannte „German Innovation Award – Gottfried Wa-
gener-Preis“ für japanische Wissenschaftler (aus den Bereichen Umwelt, Energie, Gesund-
heitswesen und Sicherheit), der in der japanischen Presse große Resonanz gefunden hat, ist
ein – bisher gelungenes – Gemeinschaftsprojekt von 12 deutschen Unternehmen in Japan,
der „Deutschen Industrie- und Handelskammer in Japan“ und des „Deutschen Akademischen

1
  Teilnehmerbericht: http://www.grur.de/de/aktuelles/eroeffnung-des-dwih-in-
tokyo.html

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Austauschdienstes (DAAD)“. Es verfolgt das Ziel, nachhaltige Netzwerke und Partnerschaften
mit japanischen Forschungsinstituten und Hochschulen zu errichten. 2009 und 2010 wurde
der Preis an jeweils drei japanische Wissenschaftler aus verschiedenen Universitäten und
Instituten vergeben. Neben einem Preisgeld erhalten die Preisträger ein Stipendium des
DAAD für einen zweimonatigen Forschungsaufenthalt an einer deutschen Universität oder
Forschungseinrichtung ihrer Wahl. Organisatorisch betreut wird das Projekt vom Japan-Büro
der Fraunhofer Gesellschaft.

Schon seit 1979 wird der „Philipp Franz von Siebold-Preis“, die höchst dotierte Wissen-
schaftsauszeichnung an junge japanische Wissenschaftler vergeben und meist vom deut-
schen Bundespräsidenten überreicht. Weitere Maßnahmen der deutschen Regierung sind u.
a. „Partnerschulinitiativen“ des Auswärtigen Amtes zur Sprachförderung an sogenannten
Partnerschulen in Japan und – für die Dokkyo Universität für die Jahre 2011 bis 2015 – ein
jährliches Stipendium zur Teilnahme eines Studenten an einem Hochschulsommerkurs in
Deutschland.

Die neue Initiative des BDI „Japan and Germany – Partner for Innovation“ im Rahmen des
„Asien-Pazifik-Ausschuss“ (APA) soll die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Japan in
Wirtschaft und Wissenschaft fördern. Er informiert über die Besonderheiten der Forschungs-
standorte Deutschland und Japan, deren Forschungsinstitutionen, Forschungsschwerpunkte
sowie über die Potenziale von Kooperationen.

                   Japanische Initiative: Das „Global 30“- Projekt
 Mit der Absicht, die Internationalsierung der japanischen Wissenschaftsscene zu forcieren,
hat die Regierung im Juli 2008 den ehrgeizigen Plan formuliert, bis zum Jahr 2020 die Zahl
ausländischer Studenten in Japan auf 300.000 zu erhöhen. Um dieses Ziel einer nahezu Ver-
dreifachung der bisherigen Zahlen (2008: 124.000) zu erreichen, sollen insgesamt 30 Univer-
sitäten – ausgestattet mit zusätzlichen finanziellen Mitteln für die nächsten 5 Jahre – bei
der Rekrutierung eine Schlüsselrolle spielen. Im Jahr 2009 wurden zunächst 13 Universitäten
(6 nationale, 7 private) ausgewählt. Um für die ausländischen Studenten ein attraktives Lern-
und Forschungsumfeld zu schaffen, ist neben umfangreichen persönlichen Hilfestellungen u.
a. die Ausweitung von englischsprachigen Vorlesungs- und Kursangeboten mit anerkanntem
Abschluss geplant.

Einige der ausgewählten Universitäten werden in den Partnerländern Büros zur Beratung
und Auswahl der Bewerber einrichten. So hat die Waseda University bereits an der Uni
Bonn ein „Europazentrum“ eröffnet, das nicht nur über die Studiermöglichkeiten an der ei-
genen Universität, sondern auch über das gesamte „Global 30“-Netzwerk Auskunft gibt.
(Quelle: „Higher Education in Japan“, Ministry of Education, Culture, Sports, Science and
Technology.) Weitere Büros gibt es von der Nagoya Uni an der Uni Freiburg, der Tsukuba Uni
beim DAAD in Bonn und des „Tokyo Institute of Technology (TIT)“ bei Mitsubishi in Düssel-

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dorf. Das TIT ist in Japan für die Bereiche Wissenschaft und Hochschulen zuständig und
zeichnet sich auch durch viele Vereinbarungen mit deutschen (technischen) Unis aus, näm-
lich mit der TU München (schon seit 1982), der Uni Stuttgart (1992), der Uni Mainz (2001),
der Uni Hannover (2004), der RWTH Aachen(2007) und der TU Berlin (2008). Derzeit ist
allerdings unklar, ob im Hinblick auf die verschärfte Sparpolitik der Regierung noch Mittel für
die übrigen 17 Universitäten zur Verfügung stehen. Es scheint, dass der Wettbewerb um
weitere Plätze im Global-30-Netzwerk auf Eis gelegt worden ist und das Global 30-Projekt
schon nach der ersten Periode auslaufen wird.

                 Außeruniversitäre Einrichtungen auf dem Feld der
                   deutsch-japanischen Forschungskooperation
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): Die DFG ist die zentrale Selbstverwaltungsorgani-
sation der Wissenschaft in Deutschland. Japan ist für sie eines der wichtigsten Schwerpunkt-
länder in Übersee. Die bilaterale Zusammenarbeit beruht vor allem auf der 1992 erweiterten
Vereinbarung mit der Japan Society for the Promotion of Science (JSPS), die gemeinsame
Fördermöglichkeiten für den Wissenschaftleraustausch, für bilaterale Symposien und ge-
meinsame Forschungsprojekte zum Inhalt hat. Die DFG eröffnet jungen Wissenschaft-
lern/innen mit flexibler Individualförderung und maßgeschneiderten Programmen die Chan-
ce, Forschungsvorhaben in allen Bereichen der Wissenschaft mit erkennbaren Schwerpunk-
ten in den Naturwissenschaften durchzuführen. Im Jahre 2009 wurde ein DFG-Japan-Büro in
Tokyo eröffnet. Sein Aufgabenprofil: Ansprechpartner für Wissenschaftler, Wissenschafts-
und Förderorganisationen in Japan; Pflege und Intensivierung der Kontakte zu den Partner-
organisationen; Initiierung von Kooperationsprojekten, bilateralen Workshops und Symposi-
en in Japan zum Kennenlernen und der Netzwerkbildung unter den Wissenschaftlern.

Japan Society for the Promotion of Science (JSPS): Diese Partnerorganisation der DFG ist dem
“Ministry of Education, Culture, Sports, Science and Technology” (MEXT) unterstellt. Ihre
Aufgabe ist der Austausch von Wissenschaftlern zwischen Japan und dem Ausland, wobei
der Schwerpunkt bei der Förderung von ausländischen Wissenschaftlern in Japan liegt. Auf
diese Weise ist bisher der Aufenthalt von ca. 2000 deutschen Wissenschaftlern in Japan er-
möglicht worden. Das JSPS unterhält seit 1992 in Bonn ein Büro. Es bietet Wissenschaftlern
und Graduierten Informationen zu japanischen Universitäten und Forschungseinrichtungen
und vermittelt verschiedene Programme zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit
in der wissenschaftlichen Forschung. Ehemalige deutsche JSPS-Stipendiaten haben 1995 die
„Deutsche Gesellschaft der JSPS-Stipendiaten e.V“ gegründet, das weltweit erste Netzwerk
von JSPS-Stipendiaten.

Japan Science Technology Agency (JST): Die JST wird von MEXT gezielt beauftragt, themen-
bezogene Abkommen zur Forschungsförderung (auch) in Deutschland zu lancieren. Zwischen
der JST und der DFG besteht seit Jahren eine intensive Kooperation. Vor allem die 2006 be-
gründete Zusammenarbeit im Bereich der Nanoelektronik hat zur Etablierung zahlreicher
gemeinsamer Projekte und Gruppen deutscher und japanischer Wissenschaftler geführt.

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Zuletzt wurde am 4.10.2010 am Rande des STS-Forums in Kyoto eine Vereinbarung im Be-
reich „Computational Neuroscience“ unterzeichnet.

Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH): Die gemeinnützige Stiftung ermöglicht hoch qualifi-
zierten ausländischen (auch japanischen) Wissenschaftlern langfristige Forschungsaufenthal-
te in Deutschland und unterstützt die sich daraus ergebenden wissenschaftlichen und kultu-
rellen Verbindungen. Im Rahmen der „Feodor Lynen Summer Research Fellowships-
Programme“ haben deutsche NachwuchswissenschaftlerInnen die Möglichkeit, für insge-
samt 9 bis 18 Monate an einem ausländischen Gastinstitut zu forschen. Neben Forschungs-
stipendien vergibt die AvH auch Forschungspreise an international renommierte Wissen-
schaftler. Von zwischen 2003 und 2007 insgesamt rund 4.000 geförderten Stipendiaten ka-
men 186 aus Japan, von den 1.146 geförderten Preisträgern 43.

Max-Planck-Gesellschaft (MPG): Für die Institute der Max-Planck-Gesellschaft stellen japani-
sche Forschungseinrichtungen wichtige Kooperationspartner dar: Aktuell (2010) laufen ca.
60 Forschungsprojekte zwischen Wissenschaftlern der MPG und japanischen Kollegen. Der
Wissenschaftleraustausch hat ein konstant hohes Niveau erreicht: Mehr als 150 Wissen-
schaftler aus Japan hielten sich in den vergangenen Jahren im Durchschnitt an den Max-
Planck-Instituten auf. Am MPI für Physik in München gibt es einen ersten japanischen Direk-
tor: Prof. Masahiro Teshima. Der Max-Planck-Wissenschaftler Dr. Mathias Kurth ist zum ers-
ten ausländischen Direktor am renommierten National Institute for Material Sciences in
Tsukaba berufen worden. Zwei Kooperationsabkommen verbinden die MPG mit For-
schungseinrichtungen in Japan, der 1984 geschlossene Vertrag mit dem führenden Verband
japanischer Spitzenforschungsinstitute RIKEN, der 2010 verlängert wurde, und der 1984 ge-
schlossene und 2004 verlängerte Vertrag mit der Japan Society for the Promotion of
Sciences. In der Zusammenarbeit mit RIKEN verfolgt MPG das Ziel, verstärkt junge Forscher
für die Zusammenarbeit zu gewinnen, und in strategisch wichtigen Gebieten zu kooperieren,
in die beide Seiten ihre Stärken einbringen können. Die Zusammenarbeit wird seit 2008
durch eine Serie von Workshops in den „Frontiers of Sciences“ intensiviert. Im Januar 2010
wurde ein „Memorandum of Understanding“ unterzeichnet mit dem Ziel der Errichtung ei-
nes Max Planck-RIKEN-Center for Systems Chemical Biology.

Fraunhofer-Gesellschaft (FhG): Die FhG ist die größte Organisation für anwendungsorientier-
te Forschung in Europa und hat seit 2001 ein Representative Office in Tokyo. Ihre For-
schungsfelder richten sich nach den Bedürfnissen der Menschen: Gesundheit, Sicherheit,
Kommunikation, Mobilität, Energie und Umwelt. Anlässlich des Jubiläumsjahres „150 Jahre
Deutschland–Japan“ 2011 wird in Osaka das „Fraunhofer Office for Process Engineering of
Functional Materials and Robotics (OPER)“ gegründet und damit die bilaterale Forschung
weiter intensiviert.

Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD): Der DAAD ist die weltweit größte Förder-
organisation für den internationalen Austausch von Studierenden und Wissenschaftlern. Er
hat eine Außenstelle in Tokyo. In den deutsch-japanischen Beziehungen haben DAAD-
Stipendiaten stets eine wichtige Rolle gespielt. Die Stipendien für japanische Studenten und
Wissenschaftler haben den Charakter einer Auszeichnung für besondere Leistungen. Für das
Hochschuljahr 2009/2010 konnten 21 von 81 Bewerbern ein Graduiertenstipendium erhal-
ten; häufig wird das Stipendium für ein ganzes Promotionsstudium genutzt. Im Jahr 2008
besuchten insgesamt etwa 480 geförderte japanische Wissenschaftler Deutschland und über
200 deutsche Wissenschaftler Japan.
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Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF): Die HGF ist mit dem Zusam-
menschluss von 16 naturwissenschaftlich-technischen und biologisch-medizinischen nationa-
len Großforschungseinrichtungen die größte deutsche Wissenschaftsorganisation. Sie geht
strategische Allianzen und Kooperationen auch mit japanischen Hochschulen zur Lösung
großer Fragen ein und führt internationale Projekte zur Nachwuchsförderung durch.

Wissensgemeinschaft Leibniz (WGL): Die WGL zeichnet sich durch die große Vielfalt der in
den 86 Forschungseinrichtungen bearbeiteten Themen ebenso wie durch ihre dezentrale
Organisationsform aus. Sie ist durch ihren Präsidenten als Council Member Deutschland im
internationalen „Science and Technology in Society Forum“ (STS Forum) vertreten. Das Fo-
rum soll quasi ein „Davos für die Wissenschaft“ sein und tritt jährlich in Kyoto zusammen,
zuletzt am 3.-5.10.2010 mit über 1000 Teilnehmern (aus über 80 Ländern) aus Wissenschaft,
Politik und 11 Nobelpreisträgern, unter ihnen der Deutsche Prof. Harald zu Hausen, der an-
schließend bei der DIWH-Eröffnung in Tokyo den Festvortrag hielt.

Deutsches Institut für Japanforschung (DIJ): Das DIJ wurde 1988 gegründet, als Japans Wirt-
schaftsmacht am größten war und sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern inten-
sivierten. Ziel des DIJ ist es, Wissen zu generieren und dadurch zum besseren Verständnis
Japans beizutragen. Zu diesem Zweck entwickelt das Institut ein Forschungsprogramm,
vergibt Promotionsstipendien und sucht die Zusammenarbeit mit japanischen Instituten und
Wissenschaftlern. Darüber hinaus versteht sich das DIJ als Zentrum der Japanforschung „vor
Ort“, das mit der internationalen Japanforschung zusammenarbeitet.

            Bestandsaufnahme der Wissenschaftsbeziehungen:
                        Akademischer Austausch
Entscheidend für das dauerhafte Funktionieren wissenschaftlicher Beziehungen ist der rege
und anhaltende persönliche Austausch von Forschern, Professoren und Studenten. Auch im
Internet-Zeitalter gilt, was der japanische Nobelpreisträger Noyori Ryoji anlässlich einer Ver-
anstaltung des JDZB im Januar 2010 in Berlin in seinem Plädoyer für einen verstärkten
deutsch-japanischen Austausch von Wissenschaftlern und Studenten sagte: „Kulturelle Viel-
falt ist eine Quelle der Inspiration und Intuition für den Wissenschaftler“.2

               Wie sieht es mit diesem Austausch in der Realität aus?
Das Auswärtige Amt zieht in einer Verlautbarung vom März 20103 eine recht positiv klingen-
de Bilanz: „Zwischen deutschen und japanischen Universitäten findet ein reger wissenschaft-
licher Austausch statt. 30 japanische Spitzenuniversitäten bieten seit der Universitätsreform
von 2004 als „Centers of Excellence“ ein günstiges Umfeld für die ähnlich ausgerichtete „Ex-
zellenz-Initiative“ der Bundesregierung. An der renommierten Universität Tokyo ist Deutsch-

2
 Vgl. Tagungsbericht von Anke Krüger in: jdzb echo Nr. 90, März 2010.
3
 Die Verlautbarung wurde inzwischen durch eine vom Oktober 2010 (http://www.auswaertiges-
amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Japan/Bilateral_node.html) ersetzt.
                                                  9
land mit einem DAAD-gefördertem „Zentrum für Deutschland- und Europastudien (seit
2000), einer Lektoren-Stelle für deutsches Recht (seit 2007), an der Universität Beppu auf
Kyushu durch einen von der Uni Trier übernommenen Umweltstudiengang (seit 2006) und
am Forschungsinstitut des Meiji-Schreins durch eine Gastwissenschaftlerin (seit 2007) prä-
sent. An japanischen Hochschulen sind ca. 250 deutschsprachige Lehrkräfte aktiv. Die Ge-
samtzahl der japanischen Studenten in Deutschland ist seit Anfang der 90-er Jahre um ca.
50% auf 2500, die Zahl deutscher Studenten in Japan trotz der Sprachbarriere um 40% auf
450 gestiegen.“

Bei nüchterner Betrachtung ist dies ein eher geschöntes Bild. Die offiziellen Statistiken zei-
gen, dass der bilaterale Austausch von Studenten und Wissenschaftlern (a) im internationa-
len Vergleich Besorgnis erregend gering und (b) extrem unausgeglichen ist. Gemessen an
ihrem Anspruch, auf dem Gebiet der Naturwissenschaften zu den weltweit führenden Nati-
onen zu zählen, bleiben die Zahlen weit hinter den internationalen Erfordernissen und Mög-
lichkeiten zurück.

             Japanische Studenten in Deutschland - nur eine Splittergruppe
Deutschland gehört nach den USA und Großbritannien zu den wichtigsten Gastländern für
angehende Akademiker. Im Studienjahr 2009 waren ca. 239.000 ausländische Studenten an
deutschen Hochschulen immatrikuliert, was bedeutet, dass jeder achte Student einen aus-
ländischen Pass hatte.4 Darunter waren lediglich 2.106 Japaner (nach 2.183 im Vorjahr und
noch 2.470 in 2005), das sind nur 0,9% aller ausländischen Studenten in Deutschland bei
sinkender Tendenz. Mit Abstand führt seit einigen Jahren China mit fast 25.000 Studenten
diese Statistik an (10,3%, Tendenz steigend), gefolgt von der Türkei und Russland. Japan
rutschte 2009 vom 26. auf den 30. Platz ab. Selbst Südkorea und Vietnam weisen mit den
Plätzen 12 und 17 höhere Studentenzahlen auf als Japan!

Aus Sicht der wettbewerbsrelevanten Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit kommt
erschwerend hinzu, dass rund 70% der japanischen Studierenden in Deutschland ein Fach
der Sprach-und Kulturwissenschaft, einschl. Musik, gewählt haben. Und nur knapp ein Drittel
belegen naturwissenschaftliche Fächer. Nur diese sind offensichtlich in einer von der Kyushu
University ermittelten Statistik gezählt, die für das Studienjahr 2008/2009 lediglich 888 japa-
nische Studenten (2005/2006: 768) an deutschen Universitäten ausweist, das sind 3,6% der
dort erfassten insgesamt 24.500 japanischen Auslandsstudenten. Die große Mehrzahl der
angehenden Naturwissenschaftler zieht es in die USA.

 Von den rund 3 Millionen japanischen Studierenden insgesamt gingen 2008/2009 rund
56.000 zum Studium ins Ausland, davon 36.000 in die USA (56,1 %), 5700 nach Großbritan-
nien (10,2%), 3250 nach Australien (5,8%) und lediglich 2183 (3,9%) nach Deutschland,
knapp gefolgt von Frankreich mit 3,7%. Im Jahre 1980 war der Anteil der japanischen Stu-
denten, die sich für eine deutsche Universität entschieden haben, noch fast doppelt so hoch
(7,0%).

4
    Quelle: Studentenstatistik Statistisches Bundesamt; HIS-Berechnungen
                                                       10
Japan als Studienort für Deutsche weit abgeschlagen
Noch viel geringer als umgekehrt ist trotz hoher Mobilität (die Zahl der Auslandstudenten
insgesamt hat sich in den vergangenen 10 Jahren mehr als verdoppelt) der Drang deutscher
Studenten nach Japan. Von den insgesamt im Ausland studierenden rd. 102.000 Deutschen
(Zahlen für 2008) waren nur 471 an Hochschulen in Japan eingeschrieben. So unbefriedigend
diese Zahl im internationalen Vergleich ist, so ist sie im Lauf des letzten Jahrzehnts absolut
doch ziemlich kontinuierlich gestiegen: 1997 waren es nach den Zählungen des Statistischen
Bundesamtes erst 195, im Jahr 2000 schon 255, 2003 dann 315, 2006 wurde die Marke von
400 erreicht und 2008 mit 471 deutlich überschritten. Davon strebten immerhin 110 einen
Abschluss in Japan (Bachelor oder Masters) an. 2009 wies die Zahl der in Japan studierenden
Deutschen allerdings wieder einen Rückgang aus (auf 438). In der „Beliebtheitsskala“ der
deutschen Auslandsstudenten liegen die japanischen Universitäten damit weit zurück, näm-
lich an 20. Stelle, u.a. auch deutlich hinter China (rund 1.280).5

Nach einer aktuellen japanischen Quelle (Kyushu University) wurden am 1. Mai 2009 450
deutsche Studenten an japanischen Hochschulen registriert. Zum Vergleich: An amerikani-
schen Hochschulen studieren rund 9.700 Deutsche und 6.500 Japaner. Unter den insgesamt
rund 133.000 ausländischen Studenten in Japan machen die deutschen nur 0,3 bis 0,4 % aus.
Die mit Abstand meisten kommen aus China (nahezu 80.000), Südkorea (fast 20.000) und
Taiwan (etwa 5.300).

Nach Angaben des DAAD erhöhen sich die Zahlen deutscher Studierender in Japan, wenn
man diejenigen hinzufügt, die an Sprachschulen eingeschrieben sind, Praktika ableisten und
in Forschungsinstituten arbeiten. Erfreulich ist, dass nach Aussage des DAAD das Interesse
an einem Praktikum in Japan unter den deutschen Studenten zunimmt; unter seiner Mitwir-
kung haben Studenten der Universität Duisburg eine Koordinationsstelle eingerichtet, die
über das Internet zu Praktikumsstellen verhilft. Auch das „Deutsche Institut für Japanstudien
(DIJ)“ in Tokyo weist auf die „deutliche Zunahme“ der Praktika deutscher Studierender und
Absolventen in Japan in den letzten Jahren hin.

           Weniger deutsche Wissenschaftler nach Japan als umgekehrt
Auch beim Austausch von Wissenschaftlern ist eine starke Diskrepanz zwischen denen fest-
zustellen, die aus Japan nach Deutschland kommen und denen, die als Deutsche zeitweilig in
Japan forschen und arbeiten. Die absoluten Zahlen sind nicht beeindruckend: Für 2008 zähl-
te die Statistik 196 deutsche Wissenschaftler in Japan, das sind 0,8% aller dort tätigen aus-
ländischen Forscher. Auf der anderen Seite wurden 482 in Deutschland tätige japanische
5
  Vgl. hierzu: Statistisches Bundesamt, Deutsche Studierende im Ausland, 2010; ferner: Bundesministerium für
Bildung und Forschung: Internationalisierung des Studiums – Ausländische Studierende in Deutschland – Deut-
sche Studierende im Ausland, November 2010.

                                                     11
Wissenschaftler gezählt, womit sie in dieser „Nationen-Wertung“ immerhin den 9. Rang
einnahmen. „Faktoren wie Sprachbarriere und kulturelle Unterschiede scheinen die Attrakti-
vität Japans als Forschungsstandort für deutsche Wissenschaftler stärker zu mindern als den
Forschungsstandort Deutschland für japanische Wissenschaftler“ (Alexander von Humboldt-
Stiftung). Positiv zu vermerken ist, dass die Zahl von deutschen Wissenschaftlern, die 2008
die Universität Tsukuba zu Studienzwecken besuchten, von 38 auf 58 ebenso gestiegen ist
wie die Besucherzahl von dortigen Forschern an deutschen Universitäten.

Wegen der hohen Lebenshaltungskosten und Studiengebühren in Japan spielen Stipendien
für Wissenschaftler nach wie vor eine entscheidende Rolle. Das DAAD-Büro Tokyo betreut
eine Vielzahl von Stipendien-Programmen auch für die japanische Seite und vertritt die Ale-
xander von Humboldt-Stiftung, die in Japan über eines der weltweit größten und aktivsten
Alumni-Netzwerke verfügt. Ein Beispiel ist das Sonderprogramm des DAAD „Sprache und
Praxis in Japan“, das sich an deutsche Graduierte mit einem sehr guten Abschluss in Rechts-,
Wirtschaftswissenschaften, Natur- und Ingenieurwissenschaften wendet. Für die 14 Stipen-
dien gibt es pro Jahr 70 Bewerber. Die Mehrheit der mittlerweile fast 320 Absolventen die-
ses Programms nehmen inzwischen wichtige Positionen in japanischen, deutschen oder eu-
ropäischen Firmen ein und sind oft Japan-bezogen tätig.

Die Zahl der Wissenschaftler/innen, die sich bei der Alexander-von Humboldt-Stiftung um
ein Forschungsstipendium beworben haben, ist in den letzen 20 Jahren gesunken. Während
in den 90er Jahren noch durchschnittlich 78 Bewerbungen aus Japan pro Jahr eingingen, von
denen im Schnitt 38 bewilligt wurden, waren es in den Jahren 2000 bis 2009 im Durchschnitt
nur noch 57 pro Jahr, von denen 26 erfolgreich waren. Trotz der rückläufigen Bewerberzah-
len hält die Stiftung den wissenschaftlichen Austausch zwischen Japan und Deutschland für
„weiterhin kraftvoll“: „Denn von den in Japan lebenden gut 1800 Alumni pflegen viele auch
Jahre nach ihrem ersten Deutschland-Aufenthalt einen regen Austausch mit deutschen
Fachkollegen. Außerdem gibt es in Japan zwei sehr aktive Alumni-Vereinigungen und darü-
ber hinaus seit 2008 auch einen Vertrauenswissenschaftler, der an Hochschulen und For-
schungseinrichtungen über den Forschungsstandort Deutschland sowie insbesondere über
die Förderprogramme und das internationale Netzwerk der Stiftung informiert“.

Kontinuierlich zugenommen hat in den letzten 15 Jahren die Zahl der Partnerschaften zwi-
schen deutschen und japanischen Hochschulen. Derzeit sind rund 300 Kooperationsverein-
barungen bekannt (2002 waren es erst etwa 200)6. „Sie decken alle Bereiche der Zusam-
menarbeit ab, von der Mobilität der Studierenden und Wissenschaftler über gemeinsame
Studienprogramme bis zu gemeinsamen Forschungsprogrammen.“7 Die gegenseitigen Besu-
che der Professoren sind häufig sehr kurzfristiger Art (zu Vorträgen, Symposien usw.), was
vor allem für die japanische Seite gilt. Seit einigen Jahren läuft ein Modellprojekt der DFG mit

6
    Zum Vergleich: Es gibt inzwischen über 500 deutsch-chinesische Hochschulpartnerschaften.
7
 So Prof. Dr. Dieter Lenzen (Uni Hamburg) anlässlich der Tagung „Reform der Hochschulen in Japan und
Deutschland – Chancen und Herausforderungen für Kooperation“ am 17. Und 18. Mai 2010 in Berlin.
                                                      12
der „Japan Society for the Promotion of Science (JSPS)“, das zur Errichtung von bereits vier
deutsch-japanischen Graduiertenkollegs geführt hat. Grundsätzlich ist nach den Erfahrungen
von Teilnehmern festzustellen, dass japanische Universitäten sehr offen für Kooperationen
sind und über Einladungsprogramme für Gastwissenschaftler verfügen, die finanziell zumin-
dest die Reise- und Aufenthaltskosten decken. Zum Beispiel hat die Ludwig-Maximilians-
Universität München (LMU) 2007 eine Forschungskooperation mit der Universität Tokyo
(Todai) geschlossen mit dem Ziel, die wissenschaftliche Zusammenarbeit vor allem in den
Naturwissenschaften auszubauen, den Austausch von Wissenschaftlerinnen und Wissen-
schaftlern zu fördern und die Nachwuchsförderung zu stärken. Damit vertieften beide Hoch-
schulen ihre bereits bestehende Zusammenarbeit im Austausch von Studierenden.

Im Fokus des Kooperationsprogramms stehen die Fächer Physik, Chemie und Biologie. Hier-
bei sollen Forscherinnen und Forscher beider Universitäten gemeinsamen Fragestellungen
nachgehen. Zu den Forschungsvorhaben sollen gemeinsame Workshops und internationale
Konferenzen abgehalten und die Forschungsergebnisse publiziert werden. Die LMU richtet
hierfür eine Gastprofessur für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Tokyo ein. Im
Gegenzug erhalten Professorinnen und Professoren der LMU die Gelegenheit, an der Univer-
sität Tokyo zu forschen. Im Rahmen dieser Forschungskooperation hat die LMU im Winter-
semester 2008/2009 für den Molekularbiologen Shoji Ohuchi vom renommierten Institute of
Medical Science der Todai Universität eine Gastprofessur eingerichtet, der an einem
deutsch-japanischen Forschungsprojekt zur Erforschung neuartiger magnetischer Nanoma-
terialen unter der Leitung von Professor Dirk Schüler gearbeitet hat. Die Kompetenzen des
japanischen und des deutschen Forschers ergänzen sich dabei geradezu ideal: Professor
Ohuchi besitzt langjährige Erfahrung bei der Analyse und Manipulation komplexer biologi-
scher Makromoleküle, während das Labor von Professor Schüler eines der wenigen weltweit
ist, das die Technik beherrscht, Magnetbakterien genetisch zu manipulieren (Angaben der
LMU).

Schon seit den sechziger Jahren unterhält u.a. das Physik-Department der Technischen Uni-
versität München (TUM) enge wissenschaftliche Beziehungen mit Kollegen japanischer Uni-
versitäten und Forschungseinrichtungen. Dazu beispielhaft die Ausführungen von Prof. Dr.
Paul Kienle: „Ende der sechziger Jahre wurde Prof. H. Morinaga von der University of Tokyo
auf einen Lehrstuhl des Physik-Departments der TUM berufen, woraufhin die wissenschaftli-
chen Beziehungen weiter intensiviert wurden. Ich selbst und eine Reihe meiner Kollegen
waren sehr oft und auch längere Zeit in Japan und haben wichtige wissenschaftliche Arbei-
ten mit japanischen Kollegen veröffentlicht. Während der Zeit, in der ich wissenschaftlicher
Direktor der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt war (1984-92), habe
ich meine japanischen Wissenschaftsbeziehungen weiter ausgebaut. Nach meiner Rückkehr
zur TUM, habe ich mit Gruppen der University of Tokyo eine Reihe sehr erfolgreicher Expe-
rimente an den neuen Beschleunigeranlagen der GSI durchgeführt. Diese enge Zusammen-
arbeit insbesondere mit den Professoren T. Yamazaki und R. Hayano von der University of
Tokyo hält an. Prof. Yamazaki ist z.Z. als Humboldt Preisträger Gast am Physik-Department
der TUM, um zusammen mit mir Experimentdaten auszuwerten und Veröffentlichungen
                                             13
darüber zu schreiben. Wir sind auch dabei, Experimentvorschläge für das neue japanische
Forschungszentrum JPARC in Tokai auszuarbeiten. Im Oktober veranstalten wir, mit starker
japanischer Beteiligung, einen Workshop über „Strangeness in Nuclei“ an dem ECT* in
Trento. Im Januar wurde eine Zusammenarbeitsvereinbarung zwischen der TUM und RIKEN
von den Präsidenten, Prof. Herrmann und Prof. Noyori, unterschrieben.“

Zwischen japanischen und deutschen Hochschulen existieren auch bereits einige Double-
Degree-Programme (z.B. zwischen der Uni Halle und der Keio Uni sowie der Uni Braun-
schweig und der Uni Shizuoka), mit dem Ziel, sowohl einen deutschen Abschluss (BA bzw.
Diplom und MA) als auch den entsprechenden japanischen Abschluss zu bekommen.

Hier ist als Beispiel auch das Projekt „TUMexchange Japan“ zu nennen: Die Partnerhochschu-
len der Technischen Hochschule München (TUM), Uni Tohoku (Sendai), Tokyo Institute of
Technology, Uni Tokyo, Uni Osaka, Uni Nagoya, Uni Kyoto, Uni Kyushu, Uni Keio und Uni
Hokkaido (Sapporo), sind besonders in den Ingenieur- und Naturwissenschaften ausgewie-
sen. Den Teilnehmern an Programmen in Japan werden die Studiengebühren erlassen und
Reisestipendien gewährt. Auch bestehen zusätzliche Fördermöglichkeiten. Erforderlich sind
Grundkenntnisse in Japanisch (mind. 3 Semester) sowie gute Englischkenntnisse.

                   Gründe für den vergleichsweise schwachen
                        wissenschaftlichen Austausch
Aus deutscher Sicht:
Mangelnde Kenntnisse über die Studienqualität im Gastland

Japans Hochschulen liegen, was ihren wissenschaftlichen Ruf betrifft, im internationalen
Vergleich weit vorn. Im „Shanghai-Ranking 2009“ finden sich die Universitäten Tokyo und
Kyoto mit den Rängen 20 und 24 auf einem Level mit etwa der ETH Zürich (23), weit vor
sämtlichen französischen Grandes Ecoles und auch vor den meisten deutschen Hochschulen,
von denen die LMU München und die Technische Universität München auf den Plätzen 55
und 57 rangieren. Und die Universitäten Osaka (71), Nagoya (82) und Tohoku (84) rangieren
in dieser Liste vor den deutschen Universitäten Göttingen (90) und Bonn (98).8 Und doch
haben – im Normalfall – die meisten deutschen Studenten noch nie von ihrer Existenz und
schon gar nichts von deren Qualität gehört.

8
 Die große Zahl von US-Universitäten in der Spitzengruppe dieses Ranking beruht auf dem hohen Gewicht der
Zahl von englischsprachigen Veröffentlichungen bei der Beurteilung, was zu einer gewissen Verzerrung führt,
die aber die Unterschiede zwischen den deutschen und japanischen Universitäten nicht berührt.
                                                    14
Auch bei der Zahl wissenschaftlicher Artikel und Zitierungen in anerkannten Fachzeitschrif-
ten und deren Qualität liegen die japanischen Universitäten auf westeuropäischem Level.9

Mangelnde Attraktivität des japanischen Standorts

„Das früher so gepriesene Modell („Japan Inc.“) wurde gründlich entzaubert. Das „verlorene
Jahrzehnt“, die Debatte um notwendige Reformen in Japan und die Konkurrenz Chinas ha-
ben in Deutschland zu einem nachlassenden Interesse an Japan geführt“ (jdzb-special, März
2004). Nach der großen China-Euphorie steigt allerdings auch nach Beobachtungen des
DAAD und der FhG seit etwa zwei Jahren das Interesse an Japan wieder deutlich an. Steigen-
des Interesse besteht auch an der japanischen Popkultur, wie Manga, Anime und Computer-
spielen, insbesondere bei der jüngeren Generation, aber auch an japanischer Mode, Küche,
Literatur und Architektur.

Hohe Kosten des Auslandstudiums

Die hohen Kosten für Flugreisen, Lebenshaltungskosten und Studiengebühren wirken auf
deutsche Studenten, die sich grundsätzlich für ein Studium in Japan interessieren, (vor allem
in Zeiten steigender Yen-Kurse) zunächst als hohe Barriere. Der DAAD hat 2002 geschätzt,
dass etwa 20% der deutschen Studenten und Graduierten ihren Aufenthalt in Japan selbst
zahlen. Aufgrund der vielfältigen und attraktiven Stipendien- und sonstigen Unterstützungs-
programme deutscher (und auch japanischer) Stiftungen sind diese Kosten jedoch bei wirk-
lich ernsthaftem Interesse und Erfüllung der Grundvoraussetzungen kein wesentlicher Hin-
derungsgrund für ein Studium in Japan. Die geringen Bewerberzahlen für die Stipendien-
Programme erhöhen zudem die Erfolgsaussichten. Das DAAD-Büro betreut eine Vielzahl von
Stipendien-Programmen auch für die japanische Seite. Notwendig erscheint allerdings eine
deutliche Verbesserung der Informationssysteme über die vorhandenen Stipendien-
Programme in beiden Ländern. „Es besteht kein Mangel an Stipendien, sondern ein Mangel
an Bekanntheit oder Attraktivität“ (Partnerschaft und Potenzial, ifa//dokumente/3/2003).

Große geographische Entfernung

Dieses Argument dürfte heute keine große Rolle mehr spielen, wenn man bedenkt, dass fast
7-Mal so viele Deutsche in Australien studieren wie in Japan und auch China, Kanada und
Neuseeland als Zielländer weit vor Japan liegen.

9
  Vgl. Thomson “Scientific Trends in Citations from Japanese Research Papers 1998-2008, Japanese Research
Institute Ranking”. Und: Science Citation Index; Berechnungen des Fraunhofer-Instituts für System- und Innova-
tionsforschung.

                                                     15
Sprache und kulturelle Unterschiede

Wenn man als Wissenschaftler mit japanischen Kollegen zusammentrifft, gilt: Je älter sie
sind, umso besser sprechen sie Deutsch, und umgekehrt. Kein Wunder: Seit es den Universi-
täten in Japan rechtlich freigestellt ist, eine zweite Fremdsprache als Pflichtfach festzulegen
(vor etwa 10 Jahren), sinkt die Anzahl der Deutsch Lernenden rapide. Lediglich in den Studi-
enfächern Musik und Literaturwissenschaften ist der Stellenwert der deutschen Sprache
noch relativ hoch. Laut „Netzwerk Deutsch“ lernten 2009 noch 285.000 japanische Studen-
ten Deutsch, das waren 60.000 weniger als 2005. Nur an etwa 100 Oberschulen wird noch
Deutsch als erste oder zweite Fremdsprache angeboten.

Abweichend allerdings die Erfahrungen des Goethe-Instituts in Tokyo: „Ein nachlassendes
Interesse an der deutschen Sprache können wir in Japan nicht feststellen. Die Teilnehmer-
zahlen an den Sprachkursen der drei Goethe-Institute sind seit einigen Jahren stabil. Das
gleiche gilt für die Schülerzahlen, die allerdings seit Jahren landesweit nur knapp über 4.000
liegen. Die Partnerschul-Initiative (PASCH) des Auswärtigen Amtes hat zu einer erfreulichen
Belebung an den neu gewonnenen vier Partnerschulen in Japan geführt. Die dort erworbe-
nen Deutsch-Kenntnisse werden aber für ein Studium in Deutschland nicht ausreichen. Glei-
ches gilt für die nach wie vor große Zahl von Studenten, die Deutsch als Zusatzfach lernen.
Auch an den Universitäten hängt die Zahl der Lerner stark von der Attraktivität des Angebots
und der Initiative der Lehrkräfte ab.“

Laut „Japan Foundation“ lernten im Jahre 2009 in Deutschland rund 2.200 Schüler weiter-
führender Schulen (etwa 60 Gymnasien bieten Japanisch-Unterricht an), 5.500 Studenten an
Universitäten und etwa 4.600 andere Personen (meist an Volkshochschulen), insgesamt also
rund 12.400 Personen Japanisch. Die Zahl der Lehrer insgesamt wird mit 428 angegeben. Es
wird eingeräumt, dass die Erhebung Lücken aufweist. Nicht berücksichtigt seien etwa Ein-
richtungen, die die Fremdsprache nur probeweise oder zeitweilig anbieten, wie z.B. kleinere
Volkshochschulen.

                                              16
Japanisch lernen am Beispiel München:

Seit 1992 bietet das Japan-Zentrum an der Ludwig-Maximilians-Universität japanische Sprachkurse
an. Zweimal jährlich, im Frühjahr und Herbst, finden 14-tägige Intensivkurse statt, die sich sowohl an
Studierende aller Fakultäten als auch an Interessierte aus Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft – mit
unterschiedlich hohem Kenntnisstand – richten. Die durchschnittlich rund 150 Teilnehmer pro Jahr
werden – in sechs Parallelkursen – von ca. 16 geschulten und erfahrenen Lehrkräften betreut. Das
Interesse am Japanisch lernen wird vom Japan-Zentrum als „nach wie vor sehr groß“ beurteilt. Ange-
boten wird Japanisch-Unterricht auch von den Sprachzentren der TU München sowie der Universität
der Bundeswehr München.

Die japanische Sprache steht auch auf den Stundenplänen von Münchner Gymnasien. In der Innen-
stadt bieten das Maximiliansgymnasium und das Rupprecht-Gymnasium in verschiedenen Sammel-
kursen Unterricht von japanisch-sprachigen Lehrkräften an, an dem am Maximiliansgymnasium etwa
50 Schülerinnen teilnehmen. Im Münchner Außenraum findet Japanisch-Unterricht an fünf Gymnasi-
en statt, der mit großem persönlichem Aufwand von einer – deutschen – Lehrerin schulübergreifend
in Sammelkursen betreut wird. Die zunehmende Konkurrenz von Chinesisch im Lehrangebot der
Schulen scheint zu einem Rückgang der Teilnehmerzahlen an den Japanisch-Kursen geführt zu haben.
Von einer „in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegenen Nachfrage“ nach Japanisch-Kursen be-
richten die Münchner Volkshochschulen. Die durchschnittlich 70 Kurse pro Jahr werden von über 600
Teilnehmern besucht. Interessant ist die zunehmende Nachfrage nach Kursen Jugendlicher, die im
Rahmen der Jungen Volkshochschule (JVHS) Kurse besuchen, weil die Mangas ihr großes Thema sind.
Acht Japanisch-Dozenten, alle Muttersprachler, führen den Unterricht durch.

Fazit:

Nach den vorliegenden Daten und den Beobachtungen von Experten ist das Interesse in
Deutschland an der japanischen Sprache eher tendenziell steigend, das Interesse in Japan an
der deutschen Sprache dagegen tendenziell eher sinkend. Für deutsche Studenten, die für
einige Trimester in Japan studieren wollen, dürfte das Nichtbeherrschen der japanischen
Sprache heute kein ausreichender Hinderungsgrund mehr sein. Im Rahmen ihrer forcierten
Internationalisierungsanstrengungen (G 30) bieten die japanischen Universitäten zuneh-
mend englischsprachige Studiengänge bzw. Vorlesungen an. Zumindest vom Master-Level an
ist es kein Problem, mit Englisch durchzukommen. „Je mehr englischsprachige Programme
entstehen, desto mehr können auch Deutsche von diesem ganz anderen Studium an einigen
der weltweit besten Universitäten profitieren“ (Dr. Holger Finken von der Außenstelle des
DAAD in Tokyo).

                                                  17
Gegenwärtig sind es allerdings erst sechs Fakultäten an fünf Universitäten, wo Studenten
einen Studienabschluss ausschließlich in Englisch erreichen können. Über englischsprachige
Studiengänge an japanischen Hochschulen informiert der DAAD auf seinem Internet-Portal.

Aus japanischer Sicht:
Mangelnde bzw. schwindende Attraktivität des deutschen Standorts

Im Gegensatz zu früher ist Deutschland für japanische Studenten und Wissenschaftler nicht
mehr attraktiv, „hat kulturell nicht mehr viel zu bieten“, „mit welchen kulturellen und wis-
senschaftlichen Leistungen kann Deutschland heute noch aufwarten?“. Auch die (politische)
„Attraktion des geteilten Landes“ ist mit der Wiedervereinigung verschwunden (so die Mei-
nung kompetenter japanischer Gesprächspartner). Die positiven Effekte des „Deutschland-
Jahr in Japan 2005/2006“ scheinen verpufft zu sein. Andererseits hat gerade eine weltweite
Befragung junger Absolventen, sogenannter „young talents“ gezeigt, dass Deutschland für
ausländische Studenten einer der attraktivsten Standorte ist und vor allem bei Ingenieuren
und Naturwissenschaftlern hoch im Kurs steht. Für immerhin jeden vierten internationalen
Top-Studenten sei es erstrebenswert, in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Im Ausland
werde Deutschland dafür bestaunt und bewundert, dass es die Krise so gut gemeistert ha-
be10. Diesen Eindruck auch in Japan zu vermitteln, scheint bisher nicht gelungen zu sein.

Wenig bekannt ist wohl die deutsche Regelung, wonach die Absolventen deutscher Hoch-
schulen das Recht haben, sich nach einem bestandenen Examen hierzulande einen Job zu
suchen, unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft (Zeit vom 4.11.2010).

Gleichzeitig wächst das Interesse junger Japaner an den asiatischen Nachbarländern. Die
weltweite Dominanz amerikanischer Leitbilder und der englischen Sprache tun ein Übriges.

Hohe Kosten des Auslandstudiums

Japanische Studierende sind in der Regel auf die Eigenfinanzierung ihres Auslandsaufenthalts
angewiesen. Die Zahl der Stipendien ist in Japan geringer als in Deutschland. Öffentliche Un-
terstützung wie hier durch BAFÖG gibt es für Auslandsaufenthalte nicht. Die vergleichsweise
niedrigen Studiengebühren in Deutschland sind in dieser Hinsicht vorteilhaft, mehr Stipendi-
en wären jedoch förderlich.

Ängste vor Nachteilen auf dem heimischen Arbeitsmarkt

„Für Japaner, die eine qualifizierte Berufstätigkeit in Japan anstreben, eröffnet ein grund-
ständiges Studium in Deutschland leider eher selten Bewerbungsvorteile. Die Wirtschaftskri-
se und die Angst vieler junger Absolventen, eine gute Stelle in Japan zu finden, haben zu ei-
ner stärkeren Rückbesinnung auf Japan geführt. Gewisse Tendenzen zu einer „Einigelung“

10
  Ernst & Young in Zusammenarbeit mit der Universität Witten/Herdecke, Wer gewinnt die Talente von mor-
gen ?, August 2010.
                                                   18
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