Global Markets Real Estate - Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland - Deutsche Hypo
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Redaktionsschluss: 15. August 2012 Verantwortlich für den Inhalt: Deutsche Hypothekenbank Ansprechpartner Andreas Pohl · phone + 49 511 3045-310 · email: andreas.pohl@deutsche-hypo.de Prof. Dr. Günter Vornholz · phone + 49 511 3045-640 · email: guenter.vornholz@deutsche-hypo.de (V. i. S. d. P.; Markt-Analyse) Jens Zillmann · phone + 49 391 589-1539 · email: jens.zillmann@nordlb.de BulwienGesa AG research • analysis • consulting Andreas Schulten · BulwienGesa AG · phone + 49 30 278768-0 · email: schulten@bulwiengesa.de www.Deutsche-Hypo.de
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland Gliederung Management Summary 4 1. Wohnungsmärkte in Deutschland 5 1.1 Bestandsaufnahme der Wohnungsmärkte in Deutschland 5 1.2 Einflussgrößen und deren Entwicklung 8 1.3 Marktergebnis/-entwicklung 16 1.4 Investmentmarkt „Wohnen“ 19 2. Aktuelle Fragen zu den deutschen Wohnungsmärkten 20 2.1 Besteht die Gefahr einer Wohnungsnot in Deutschland? 20 2.2 Gibt es eine spekulative Blase bei deutschen Wohnimmobilien? 21 2.3 Altersgerechte Wohnungen – ein Wachstumssegment? 23 2.4 Energetische Sanierung unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit – lohnt sich das? 24 2.5 Herausforderungen für Wohnungsgenossenschaften sowie kommunale und öffentliche Wohnungsunternehmen 27 3. Deutsche Hypo Immobilienkonjunktur-Index – 5 Jahre Erfolgsgeschichte 30 3
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland Management Summary Der Wohnungsmarkt galt lange Zeit als Verstärkte Dynamik bringen den Woh- „langweilig“. Hohe Wohnungsbestände, nungsmärkten auch der demografische Wan- eine stabile Nachfrage und sinkende Fertig- del und die Ziele der Nachhaltigkeit. Der stellungen führten zu stagnierenden Mieten. demografische Wandel zeigt sich in einer Auch das Interesse der Investoren konzen- schrumpfenden und gleichzeitig älter wer- trierte sich auf einige große Wohnungsport- denden Gesamtbevölkerung. Regional sind folien, so dass die Preise insgesamt eher un- aber auch deutliche Unterschiede festzu- ter Druck waren. stellen. Die politischen Nachhaltigkeitsziele werden zu neuen Impulsen für Investitionen Die Lage hat sich in den letzten Jahren grund- in den Wohnungsbestand und für Neubau- sätzlich geändert. Verbesserte Rahmenbedin- ten sorgen, falls die Politik entsprechendes gungen sorgten für eine stärkere Nachfrage erreichen möchte. Schon im Jahr 2010 er- nach Wohnungen, die sich zunächst in aus- reichten die Ausgaben für Maßnahmen der gewählten Bereichen der Metropolen zeigte. energetischen Sanierung einen Anteil von Steigende Mieten und auch Preise dehnten rund einem Drittel am gesamten Wohnungs- sich von diesen Bereichen ausgehend bald bauvolumen. auf die großen Städte aus. Vielfach wurden schon Preisblasen befürchtet, was aber doch Die „langweiligen“ Zeiten sind für die Woh- eher einer Panikmache gleicht. Diese Impul- nungsmärkte also vorbei. Konjunkturelle se erreichen aber nun auch die Investoren Schwankungen und langfristiger Wandel und Projektentwickler, die ihre Planungen bringen für die Marktteilnehmer der Woh- für neue Wohnprojekte vorantreiben. Den- nungsmärkte stetig neue Herausforderungen. noch werden auch zukünftig die Investitio- Insgesamt sind die Rahmenbedingungen für nen in den Wohnungsbestand größer sein als die Wohnimmobilienmärkte in Deutschland die Neubauinvestitionen. als verhalten positiv zu bewerten. Insbeson- dere die guten Rahmenbedingungen für die Die Entwicklung steigender Mieten und Nachfrage sind stützende Faktoren. Preise ist aber nicht überall gegeben, sondern die lokalen Wohnungsmärkte in Deutsch- land zeigen eine überaus große Heterogeni- tät. Neben den boomenden Metropolen gibt es zahlreiche Regionen, die mit sinkenden Preisen und Mieten zu kämpfen haben. Hier stehen die Wohnungsanbieter vor ganz an- deren Herausforderungen als in den Metro- polen. 4
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland 1. Wohnungsmärkte Nach den Ergebnissen des Mikrozensus 2010 betrug der Wohnungsbestand in Deutsch- in Deutschland land 39,4 Mio. Wohneinheiten (Wohnungen in Wohngebäuden). Der größte Anteil entfiel 1.1 Bestandsaufnahme der mit 52,9 v. H. auf Wohnungen in Gebäuden Wohnungsmärkte in Deutschland mit drei und mehr Wohnungen. Werden zu- sätzlich Wohnungen in „sonstigen Gebäu- Den Wohnungsmärkten einer Volkswirt- den mit Wohnungen“ berücksichtigt, erhöht schaft kommt ein hoher Stellenwert zu. Dies sich die Gesamtzahl auf 40,1 Mio. Wohnun- liegt an deren Bedeutung für die jeweili- gen, wobei letztere für die Wohnungsmärkte ge Gesellschaft als lebensnotwendiges und kaum von Bedeutung sind, da sie lediglich nicht substituierbares Gut. Weiterhin stellt 1,9 v. H. des Gesamtbestandes ausmachen. in Deutschland der Wohnungsbestand einen Ein Vergleich der Daten des Mikrozensus wichtigen Bestandteil des gesamtwirtschaft- 2010 mit denen der Erhebung aus dem Jahr lichen Vermögens dar. Dies zeigt dessen An- 2006 ist nicht möglich, da 2010 vom Statisti- teil von 48 v. H. am gesamten Bruttoanlage- schen Bundesamt ein verändertes Hochrech- vermögen bzw. Kapitalstock in Deutschland nungsverfahren benutzt worden ist. (vgl. Schaubild 1), was absolut gesehen 6,8 Bill. Euro entspricht. Im Vergleich zum Hinsichtlich der Eigentümerstruktur des Jahr 2009 hat das Wohnimmobilienvermö- Wohnungsbestandes dominieren private gen damit um 7,7 v. H. zugenommen. Einzeleigentümer, so dass ein sehr hetero- genes Marktbild entsteht. Im Jahr 2006 Nach wie vor ist der deutsche Wohnungs- entfielen insgesamt 40,3 v. H. des gesamten markt mit 39,4 Mio. Wohnungen (Stand Wohnungsbestandes auf private Selbstnut- 2010, ohne Wohnheime) der größte natio- zer. 14,5 Mio. Wohneinheiten (36,5 v. H.) nale Markt in der Europäischen Union. Da- auf private Kleinvermieter (vgl. Schaubild 3). von entfällt mit 52,9 v. H. über die Hälfte auf Beide Gruppen gemeinsam verfügen damit Wohneinheiten in Gebäuden mit drei und über 76,8 v. H. des gesamten Wohnungsbe- mehr Wohnungen, 47,1 v. H. befinden sich in standes. klassischen Ein- und Zweifamilienhäusern (vgl. Schaubild 2). Im Vergleich zum Jahr Bei den Gewerblichen Anbietern, welche 2006 konnte damit der Anteil der Wohnun- 23,2 v. H. des Wohnungsbestandes besitzen, gen in Ein- und Zweifamilienhäusern um sind private Wohnungsunternehmen mit 1,2 Prozentpunkte zulegen. 44,6 v. H. die größte Gruppe. Diese ist aller- 5
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland dings sehr inhomogen, da sie neben klassi- häusern in Westdeutschland mit 50,6 v. H. schen Bestandshaltern auch eher opportu- deutlich höher als im Osten mit 34,4 v. H. nistisch orientierte Eigentümer umfasst, die Hier entfällt der größte Anteil auf Wohnun- durch Investments in den vergangenen Jah- gen in Gebäuden mit drei und mehr Woh- ren Wohnungsportfolios erworben haben. nungen. Der hohe Anteil von Wohnungen Ihnen folgen die öffentlichen Wohnungs- in Mehrfamilienhäusern in den neuen Bun- unternehmen mit einem Anteil von 25 v. H. desländern geht auf die Wohnungspolitik und die Genossenschaften machen 22,8 v. H. in der ehemaligen DDR zurück, welche bei bei den gewerblichen Anbietern aus. der Versorgung der Bevölkerung mit Wohn- raum hauptsächlich auf Gebäude mit vielen Ein besonderes Charakteristikum der deut- Wohneinheiten setzte. Diese Struktur des schen Wohnungsmärkte bleibt die unter- Wohnungsbestandes hat sich seit dem Jahr schiedliche Marktsituation in den alten und 2006 kaum verändert, so dass ein stärkerer neuen Bundesländern, wobei mit 78,1 v. H. Angleichungsprozess bei der Bestandsstruk- der Großteil des Wohnungsbestandes in tur nicht zu beobachten ist. Westdeutschland zu finden ist. Hinsichtlich der Struktur des Bestandes ist der Anteil Die Altersstruktur der Wohngebäude in der Wohnungen in Ein- und Zweifamilien- Deutschland ist vergleichsweise differen- Der Wohnungsmarkt in Deutschland Wohnungsbestand 39,7 Mio. Einheiten Gewerbliche Anbieter Private Kleinvermieter Selbstnutzer 9,2 Mio. Einheiten 14,5 Mio. Einheiten 16 Mio. Einheiten Genossen- Öffentliche Private Sonstige schaften Wohnungs- Wohnungs- unternehmen unternehmen 2,1 Mio. 2,3 Mio. 4,1 Mio. 0,7 Mio. Einheiten Einheiten Einheiten Einheiten Schaubild 3 Stand 2006 Quelle: BBSR, eigene Darstellung 6
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland Entwicklung der Eigentümerquote 1998–2010 in v.H. 50 45 40 35 30 25 1998 2002 2006 2010 Schaubild 4 Ostdeutschland Westdeutschland Deutschland Quelle: Stat. Bundesamt 2012 ziert. Der Anteil der nach dem zweiten Welt- 11,9 v. H. des Bestandes aus, was ungefähr krieg erbauten Wohnungen macht insgesamt dem westdeutschen Anteil entspricht. 72,1 v. H. aus. Dabei ist der Wohnungsbe- stand in Ostdeutschland deutlich älter als Auch die Entwicklung der Eigentümer- im Westen. Hier liegen 45,7 v. H. der Woh- quote verlief in den vergangenen Jahren in nungen in Gebäuden, die bis 1948 errichtet Deutschland nicht einheitlich (vgl. Schau- worden sind, während deren Anteil in West- bild 4). Während in Westdeutschland der deutschland 22,9 v. H. ausmacht. Wohnun- Anteil der Wohnungseigentümer an den gen in Gebäuden, die nach der Wiederver- bewohnten Wohnungen von 43,1 v. H. im einigung erstellt wurden, machen im Osten Jahr 1998 auf 45,7 v. H. im Jahr 2010, bis 7
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland auf eine Phase der Stagnation im Jahr 2006, 1.2 Einflussgrößen und deren kontinuierlich zugenommen hat, erreicht er Entwicklung im Ostteil Deutschlands mit 34,4 v. H. gut das Niveau des Jahres 2002. Hier zeigen die 1.2.1 Gesamtwirtschaftliche verfügbaren Daten 2006 einen Einbruch von Rahmenbedingungen 3,6 Prozentpunkten. Insgesamt beträgt die Eigentümerquote in Deutschland 45,7 v. H. Nach der internationalen Finanzkrise ge- lang der deutschen Wirtschaft eine Erholung Dieser Wert ist im internationalen Ver- mit beachtlicher Dynamik, auch im inter- gleich nach wie vor als gering einzustu- nationalen Vergleich. In den Jahren 2010 fen. In der Europäischen Union beträgt die und 2011 waren mit 3,7 v. H. und 3,0 v. H. Eigentümerquote im Durchschnitt mehr als überdurchschnittliche Wachstumsraten des 60 v. H., in Spanien und Italien erreicht der realen Bruttoinlandsproduktes zu verzeich- Anteil der Eigentümer sogar rund 80 v. H. nen. Erst im letzten Quartal des Jahres 2011 Ein Grund für den niedrigen Anteil an kam es mit 0,2 v. H. im Vergleich zum Vor- Wohneigentum ist in der geringen „Eigen- quartal zu einem ersten Rückschlag, welcher tumsmobilität“ in Deutschland zu sehen. auch auf die enormen Probleme und dadurch Der Erwerb einer Wohnung oder eines ausgelösten Unsicherheiten der Eurozone Hauses stellt hierzulande noch immer eine zurückzuführen ist. Insgesamt wird sich das Lebensentscheidung dar. Die europäischen Wirtschaftswachstum in diesem und dem Nachbarn sind in dieser Hinsicht deut- nächsten Jahr deutlich abschwächen (vgl. lich mobiler. Zudem war die Schaffung von Tab. 1), wobei der Zuwachs 2013 mit 1,9 v. H. Mietwohnungen nach dem II. Weltkrieg das wieder höher ausfallen wird als in diesem effektivste Instrument, um die akute Woh- Jahr. Nach einer Stabilisierung 2014 ist im nungsnot zu bekämpfen. In der Folge entwi- Jahr 2015 zyklusbedingt wieder ein etwas ckelte sich ein großes und qualitativ hoch- schwächeres Wachstum zu erwarten. In der wertiges Angebot an Mietwohnungen. langen Frist sind Produktivitätserhöhungen für die deutsche Wirtschaft zu erwarten, da Im folgenden Abschnitt der Studie wird der Einsatz moderner Informations- und zunächst die Entwicklung relevanter Ein- Kommunikationstechnologie noch nicht flussgrößen auf Angebot an und Nachfrage so weit fortgeschritten ist wie beispielswei- nach Wohnungen untersucht. Danach wird se in den Vereinigten Staaten oder einigen die Wirkung dieser Veränderungen auf das anderen Ländern. Zudem wird die weitere Marktergebnis analysiert. Verlagerung wenig Wertschöpfung generie- render Tätigkeiten in Niedriglohnländer die Produktivität steigern, so dass langfristig eine mittlere Wachstumsrate des BIP von 1,9 v. H. zu erwarten ist. Diese erwartete po- sitive Wirtschaftsentwicklung wie auch die Veränderung in v. H. 2010 2011 2012 1 2013 1 2014 1 2015 1 Reales Bruttoinlandsprodukt 3,7 3,0 0,8 1,9 2,0 1,8 Verf. Einkommen, real 2 0,8 1,0 2,2 1,9 1,5 1,2 Privater Konsum 0,6 1,4 1,2 1,5 1,6 1,5 Bruttoinvestitionen 5,5 6,4 2,0 3,0 2,8 2,5 Bauinvestitionen 2,2 5,8 2,5 2,6 1,2 0,8 Arbeitslosenquote in v. H. 7,7 7,1 6,7 6,3 5,7 5,4 Verbraucherpreise 1,2 2,3 2,2 2,0 2,3 2,4 Zinsen 3 in v. H. 4,0 4,1 3,8 4,0 4,5 5,0 1 Prognosewerte Tabelle 1: Indikatoren der Wirtschaftsentwicklung 2 der privaten Haushalte 3 Hypothekenzinsen, > 10 Jahre fest Quelle: Stat. Bundesamt, eigene Prognose 8
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland nachfolgend dargestellte Arbeitsmarktent- aus, trotz der weiterhin historisch niedrigen wicklung sind positive Rahmenbedingungen Leitzinssätze. Die Unsicherheit im Banken- für die deutschen Wohnungsmärkte. sektor spiegelt die Tatsache wider, dass die Geschäftsbanken bei der Europäischen Zen- Vergleichsweise stabil zeigt sich die Lage am tralbank die Einlagefazilität zur Jahresmitte Arbeitsmarkt, wobei sich allerdings auch 2012 mit einem Volumen von rd. 800 Mrd. hier die Dynamik der Entwicklung abge- Euro nutzen. Die kaum prognostizierbare schwächt hat. Seit der Finanzkrise ist hier weitere Entwicklung vor allem in den süd- eine nachhaltige Erholung zu beobachten, europäischen Staaten ist für die gesamtwirt- welche sich in zunehmenden Beschäfti- schaftliche Entwicklung in Deutschland eine gungszahlen und einer sinkenden Arbeits- schwerwiegende Hypothek. losenquote ausdrückt. Die Erwerbstätigkeit konnte zuletzt im April saisonbereinigt um Trotz dieser Belastung sind die Rahmenbe- 29 000 Personen auf insgesamt 41,42 Mio. dingungen für die Wohnimmobilienmärkte Erwerbstätige zunehmen und bleibt damit in Deutschland insgesamt als verhalten posi- auf Rekordniveau. In der Folge bleibt auch tiv zu bewerten. Insbesondere die Entwick- die Arbeitslosenquote auf niedrigem Niveau. lung der Einkommen der Privathaushalte, Dabei fiel der saisonbereinigte Rückgang der der Arbeitsmarkt und die Preisentwicklung Quote im Mai bereits schwächer aus als er sind stützende Faktoren. Daneben profitiert normalerweise zu erwarten ist. Im Jahr 2013 die Nachfrage nach Wohnimmobilien von erwarten wir dennoch einen weiteren Rück- den im langfristigen Vergleich noch immer gang der Arbeitslosenquote auf 6,3 v. H. Die niedrigen, wenn auch bis 2015 wieder leicht insgesamt abnehmende Tendenz wird sich zunehmenden Hypothekarzinsen. mittelfristig fortsetzen und zu geringerer Arbeitslosigkeit bei zunehmender Beschäf- tigung führen. 1.2.2 Angebot Die privaten Konsumausgaben konnten im Die Entwicklung des Wohnungsangebotes ersten Quartal real nochmals um 0,4 v. H. war in Deutschland bis zum Jahr 2009 durch gegenüber dem Vorquartal zulegen. Im ge- einen deutlichen Rückgang der Wohnungs- samten Jahr 2011 betrug der Anstieg preis- fertigstellungen gekennzeichnet. Nach dem bereinigt 1,5 v. H. Da das Konsumklima Höchststand der Fertigstellungen in Ost- nach Daten der GfK nach wie vor positiv ist deutschland im Jahr 1997 gingen diese im- und Beschäftigung und verfügbare Einkom- mer weiter zurück. Allerdings hat dieser men sich ebenfalls positiv entwickeln, wird Rückgang seit 2007 an Dynamik verloren der private Konsum die gesamtwirtschaft- (vgl. Schaubild 5). Bis zum Jahr 2010 ist in liche Entwicklung bis zum Jahresende wei- Westdeutschland eine ähnliche Tendenz zu ter stützen können. Auch 2013 ist mit einer beobachten, die allerdings in den Jahren stabilen Zunahme der privaten Konsumaus- 2004 (Vorzieheffekte wegen Abschaffung gaben leicht über dem Niveau des aktuellen der Eigenheimzulage) und 2007 (Erhöhung Jahres zu rechnen, so dass diese Größe auch der Mehrwertsteuer) kurzfristig unterbro- zukünftig ein stützendes Element für die chen wurde. Wohnungsmärkte bleiben wird. Im vergangenen Jahr konnten die Wohnungs- Ein kaum abschätzbarer Risikofaktor für fertigstellungen im Westen allerdings mit die weitere Entwicklung stellen die Schul- 14,6 v. H. vergleichsweise kräftig zulegen. In denkrise im Euroraum wie auch das Leis- Verbindung mit dem niedrigeren Rückgang tungsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten in Ostdeutschland trägt diese Zunahme auch dar. Letzteres belastet die weltwirtschaftli- die Entwicklung der Zahl der fertiggestellten che Entwicklung, ersteres insbesondere die Wohnungen in Deutschland insgesamt. Von innergemeinschaftlichen Konjunkturaus- den fertiggestellten Wohnungen befand sich sichten. Dabei geht die Europäische Zen- im Jahr 2011 mit 51,3 v. H. gut die Hälfte in tralbank mittelfristig von einer stabilen Ent- Einfamilienhäusern. 38,7 v. H. entfielen auf wicklung des Preisniveaus in der Eurozone Gebäude mit mehr als zwei Wohnungen und 9
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland Fertigstellungen Wohnungen in Wohngebäuden 1995–2011 700 000 600 000 500 000 400 000 300 000 200 000 100 000 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Schaubild 5 Fertigstellungen gesamt Fertigstellungen West Fertigstellungen Ost Quelle: Stat. Bundesamt lediglich 10,1 v. H. lagen in Zweifamilien- neuen Wohnungen in Gebäuden mit drei häusern (vgl. Schaubild 6). Deren Fertigstel- und mehr Wohnungen lag zu der Zeit bei lungszahlen stagnieren, so dass sie gegen- beachtlichen 60,4 v. H. Heute wird die Zahl über den anderen beiden Gebäudearten an der Fertigstellungen von Wohnungen in Ein- Gewicht verloren haben. und Zweifamilienhäusern dominiert, die zu- sammen 61,4 v. H. ausmachen. Die Zahl der neuen Wohnungen in Ein- und Mehrfamilienhäusern legte 2011 dagegen in Eine Analyse des Wohnungsbauvolumens etwa gleichem Ausmaß zu. Insgesamt haben zeigt, dass seit Ende der 90er Jahre die Inves- Einfamilienhäuser allerdings gegenüber den titionen in den Wohnungsbestand (Moderni- Mehrfamilienhäusern an Bedeutung gewon- sierung, Sanierung, Reparatur) größer sind nen. Seit 1999 liegt die Zahl der neuen Woh- als die Neubauinvestitionen. Seit 2006 haben nungen in Einfamilienhäusern über der der die Bestandsinvestitionen dabei noch einmal Fertigstellungen in Mehrfamilienhäusern, deutlich Anteile hinzugewinnen können, so obwohl dieses Verhältnis 1995 noch um- dass sie von 65,9 v. H. (2006) auf 77,1 v. H. gekehrt war und die Fertigstellungszahlen (2010) des gesamten Wohnungsbauvolumens noch deutlich höher lagen. Der Anteil der angestiegen sind (vgl. Schaubild 7). Fertigstellungen Wohnungen – nach Gebäudeart 1995–2011 350 000 300 000 250 000 200 000 150 000 100 000 50 000 0 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 Schaubild 6 Mehr als zwei Wohnungen Zwei Wohnungen Eine Wohnung Quelle: Stat. Bundesamt 10
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland Wohnungsbauvolumen in Deutschland (1995–2010) in Mrd. Euro in Preisen von 2000 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 Schaubild 7 Insgesamt Bestand Neubau Quelle: BMVBS Von den insgesamt 122,2 Mrd. Euro an Deutschland kann zum Teil durch die Ent- Bestandsinvestitionen entfallen lediglich wicklung der Mieten erklärt werden. Diese 6,5 v. H. auf Vollmodernisierungen von Woh- sind im Jahr 2011 um 1,2 v. H. angestiegen, nungen. Den mit 82,4 v. H. größten Anteil so dass hiervon keine deutlichen Signale an machen Teilmodernisierungen aus, die ver- die Anbieter ausgehen, neue Wohnungen be- bleibenden 11,1 v. H. bestehen aus Ausgaben reit zu stellen. Damit setzt sich die seit dem für Instandhaltungsmaßnahmen (wie Repa- Jahr 2000 zu beobachtende stabile Entwick- raturen). Damit bestätigt sich das Bild un- lung der Wohnungsmieten fort (vgl. Schau- serer früheren Studie („Zukunft der Wohn- bild 8). immobilien und Wohnungsunternehmen in Deutschland“, Global Markets 2008), dass Deutlich volatiler als die Mietpreise zeigen Bestandsinvestitionen eher gebäudebezogen sich die Kosten für Strom, Gas, Wasser u. a. und damit weniger abhängig von öffentlichen Brennstoffe. Diese sind 2011 um 9,5 v. H. Förderprogrammen sind. Eine weitere Rolle gestiegen, was für die Haushalte zu höheren in diesem Bereich spielen Ausgaben für Maß- Wohnkosten (Wohnung, Wasser, Strom, Gas nahmen der energetischen Sanierung. Diese u. a. Brennstoffe) von 3,1 v. H. geführt hat. machten im Jahr 2010 43,2 Mrd. Euro aus, was einem Anteil von 34,6 v. H. am gesam- Davon ungeachtet ist insbesondere in Metro- ten Bestandsinvestitionen entspricht. Knapp polregionen und Großstädten ein über- zwei Drittel der Bestandsinvestitionen fal- durchschnittlicher Anstieg der Mieten zu len damit nicht in den Bereich energetischer verzeichnen, da diese regional stark differie- Sanierungen, was dem häufig in der Öffent- ren. Das gleiche Muster zeigt sich bei einer lichkeit gezeichneten Bild widerspricht, Be- Betrachtung der Angebotspreise (stat. Be- standsmaßnahmen im Wohnungsbau seien reinigte Preisdaten des BBSR aus Miet- und nahezu ausschließlich hierdurch bedingt. Kaufinseraten), welche ebenfalls regional Dennoch kann nach Angaben des DIW davon stark verschieden sind. In der Zeit zwischen ausgegangen werden, dass der Anteil energe- 2005 und 2010 stagnierten die Haus- und tischer Sanierungen an den Bestandsinves- Wohnungspreise laut Angaben des BBSR im titionen in den letzten Jahren zugenommen Bundesdurchschnitt oder sie entwickelten hat. Es ist damit zu rechnen, dass sich diese sich leicht rückläufig. Damit hat die inter- Entwicklung gerade vor dem Hintergrund nationale Finanzkrise die Angebotspreise des Megatrends „Nachhaltigkeit“ auch in den in Deutschland insgesamt kaum beeinflusst. kommenden Jahren fortsetzen wird. Preissteigerungen sind dagegen in Großstäd- ten und insbesondere in Metropolregionen Die in der Summe eher stagnierende Ent- zu beobachten und in der kurzen Frist auch wicklung der Wohnungsbauinvestitionen in weiterhin zu erwarten. 11
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland Entwicklung der Wohnkosten in Deutschland (2000–2011) in v. H. 11 9 7 5 3 1 –1 –3 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Wohnung, Wasser, Strom, Gas u. a. Brennstoffe Strom, Gas u. a. Brennstoffe Schaubild 8 Wohnungsmieten Quelle: Stat. Bundesamt Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor auf das Baukosten belasten allerdings die Fertig- Angebot an Wohnungen sind die Baukosten. stellungen kaum, da sie auf ein entsprechen- Diese haben sich preisbereinigt bis 2006 re- des Nachfragevolumen stoßen, vor allem in lativ stabil entwickelt (vgl. Schaubild 9). Seit Großstädten und Metropolregionen. 2007 steigen die Baukosten im Vergleich hier- zu mit einer höheren Dynamik, insbeson- dere zwischen 2006 und 2008. 2011 stiegen 1.2.3 Nachfrage die Kosten um 2,6 v. H. (Einfamilienhaus) und 3,3 v. H. (Zweifamilienhaus) an, was vor Der bestimmende Faktor für den Bedarf und allem an Kostensteigerungen bei Baumate- damit die Nachfrage nach Wohnungen ist rial (vor allem Stahl) und Energie im Zuge die Zahl der Haushalte eines Region/Stadt. der insgesamt überdurchschnittlich guten In der langen Frist wird diese durch die ge- gesamtwirtschaftlichen Entwicklung lag. samte demographische Entwicklung be- stimmt, kurz- und mittelfristig kann eine Im ersten Quartal 2012 sind die Baukosten Veränderung der Wohngewohnheiten aber im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjah- auch zu unterschiedlichen Entwicklungs- res um 2,5 v. H. gestiegen. Die gestiegenen mustern führen. Der in Deutschland zu be- Entwicklung der Baukosten in Deutschland 2000–2011 2000 = 100 120 110 100 90 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Schaubild 9 Einfamilienhäuser Mehrfamilienhäuser Quelle: Stat. Bundesamt 12
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland Die Veränderung der Zahl der Haushalte in Deutschland 2009–2030 in v. H. 4,5 4,7 2,1 – 0,4 – 0,9 – 2,4 – 10,1 – 12,3 Deutschland alte Flächenländer neue Länder Stadtstaaten Schaubild 10 Trend Status quo Quelle: Stat. Bundesamt obachtende Trend zu zahlenmäßig kleineren chenländern wird die Zahl der Haushalte bis Haushalten stellt eine solche Veränderung einschließlich 2029 steigen und erst im letz- dar. In Schaubild 10 ist die relative Verände- ten Prognosejahr leicht zurückgehen. rung der Zahl der Haushalte in Deutschland auf Basis von Daten des Statistischen Bundes- In der langen Frist wird die Veränderung amtes (Mikrozensus 2010) und Haushalts- der Bevölkerungszahl die bestimmende vorausberechnung 2010–2030) dargestellt. Größe für die Nachfrage nach Wohnungen (das Szenario „Trend“ macht diesen Zusam- Das Prognoseszenario „Status quo“ geht da- menhang besonders deutlich). Diese wurde von aus, dass die Zahl der Personen je Haus- im Rahmen der 12. koordinierten Bevölke- halt auf dem aktuellen Stand bleiben wird. rungsvorausberechnung vom Statistischen In der Folge ist dieses Szenario deutlich Bundesamt bis zum Jahr 2060 untersucht. anfälliger für Veränderungen in der demo- Die Analyse zeigt deutlich, dass sich der graphischen Entwicklung. In den vergange- bereits seit dem Jahr 2003 anhaltende Rück- nen Jahren ist in Deutschland allerdings zu gang der Bevölkerungszahl auch weiterhin beobachten, dass der Anteil von Ein- und fortsetzen wird (vgl. Schaubild 11). Zweipersonenhaushalten deutlich zugenom- men hat. Im Jahr 2000 war dieser 69,5 v. H., Je nach unterstellter Prognosevariante wird bis 2010 ist er auf 74,4 v. H. gestiegen. Eine dieser Rückgang mehr oder weniger deutlich Fortsetzung dieser Entwicklung, welche ausfallen. Die optimistische Variante ent- auch für wahrscheinlich gehalten wird, be- spricht dabei dem Szenario „mittleren Be- rücksichtigt das Szenario „Trend“. völkerung, obere Grenze“, die pessimistische Variante dem der „mittleren Bevölkerung, Nach diesem Szenario wird die Zahl der untere Grenze“ des Statistischen Bundes- Haushalte in Deutschland bis zum 2030 um amtes. Beide unterscheiden sich hinsichtlich 2,1 v. H. auf dann 41 Mio. zunehmen. Der des unterstellten Wanderungssaldos. Die op- Höchstwert der Haushaltszahl wird aller- timistische Annahme geht von einer Netto- dings bereits im Jahr 2025 erreicht werden. zuwanderung von 200 000 Personen/Jahr ab Im Vergleich zum Ausgangsjahr ist bis zu 2020 aus, die pessimistische unterstellt einen diesem Zeitpunkt eine Zunahme der Zahl positiven Wanderungssaldo von nur 100 000 der Haushalte in Höhe von 3,1 v. H. zu er- Personen/Jahr ab 2014. Die mittlere Varian- warten. Eine über den gesamten Prognose- te nimmt zusätzlich einen starken Anstieg zeitraum steigende Zahl der Haushalte wei- der Lebenserwartung an, bei pessimistischer sen die Stadtstaaten auf, während in den Prognose hinsichtlich des Wanderungssal- neuen Ländern ein kontinuierlicher Rück- dos. Allen dargestellten Varianten gemein ist gang zu beobachten ist. In den alten Flä- die Annahme einer Geburtenhäufigkeit von 13
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland Bevölkerungsentwicklung in Deutschland 2010–2060 12. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung in 1000 Personen 85 000 80 000 75 000 70 000 65 000 60 000 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055 2060 Schaubild 11 „optimistische“ Variante mittlere Variante „pessimistische“ Variante Quelle: Stat. Bundesamt 1,4 Kindern je Frau, da dieser Wert sich seit weiter in Richtung auf einen immer höheren Jahren relativ stabil zeigt. Anteil älterer Menschen in Deutschland ver- ändern wird. Die zu geringe Geburtenhäufigkeit führt bei steigender Lebenserwartung und sinkender Da sich mit dem Alter auch die Wohn- Bevölkerungszahl auch zu deutlichen Verän- gewohnheiten verändern, beeinflusst die derungen der Altersstruktur der deutschen Entwicklung der Altersstruktur auch die Bevölkerung (vgl. Schaubild 12). Lediglich Nachfrage nach Wohnungen und Wohn- die Zahl der über 65-jährigen Personen wird fläche. Bedingt durch den Remanenzeffekt noch bis 2040 um immerhin knapp 50 v. H. bleibt die genutzte Wohnfläche im Alter auf zunehmen, was durch die Alterung der ge- vergleichsweise hohem Niveau, nachdem burtenstarken Jahrgänge bedingt ist. Im sie sich über die Lebensspanne erhöht hat. Zeitraum von 2040–2060 wird auch diese Al- Der Remanenzeffekt ist darauf zurückzu- tersgruppe leicht um 3,3 v. H. abnehmen. Die führen, dass aufgrund Gewohnheitseffekte Zahl der unter 65-jährigen Personen wird in oder zu hoher Umzugskosten in ihren Woh- demselben Zeitraum allerdings um 14,8 v. H. nungen verbleiben, obwohl die Wohnfläche zurückgehen, so dass die Altersstruktur sich aufgrund der Lebensumstände eigentlich Zahl der Personen in unterschiedlichen Altersgruppen in 1000 Personen 55 000 45 000 35 000 25 000 15 000 5 000 2008 2020 2030 2040 2050 2060 Schaubild 12 unter 20 Jahre 20–65 Jahre über 65 Jahre Quelle: Stat. Bundesamt 14
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland zu groß ist. Hierdurch steigt insgesamt die frageseitige Wachstumspotenziale sind vor Wohnflächennachfrage. Zudem steigt die allem in Westdeutschland und generell in nachgefragte Wohnungsgröße tendenziell Städten mit mehr als 500 000 Einwohnern von Generation zu Generation, da auch de- zu erwarten. Die derzeit noch in den Um- ren Wohlstand zunimmt. Dieser Kohorten- landgemeinden lebende Bevölkerungsgrup- effekt ist damit ebenfalls ein stabilisierendes pe der 55 bis 70-jährigen wird bis 2025 zah- Moment für die Wohnflächennachfrage. lenmäßig weiter zunehmen. Diese Gruppe Dies bestätigt eine Analyse der Entwick- sind potenzielle „Stadtrückkehrer“, die im lung der Wohnfläche pro Kopf, welche in Alter von der besser ausgebauten städtischen Deutschland in der Dekade zwischen 2000 Infrastruktur profitieren wollen. und 2010 um 8,4 v. H. zugenommen hat. Zu- dem stieg die durchschnittliche Wohnungs- Von den insgesamt 440 Kreisen in Deutsch- größe um 2,5 v. H. bzw. absolut betrachtet land werden 243 bis 2025 noch eine steigen- um gut 2 m 2. de Zahl an Haushalten aufweisen, wobei ein deutliches Ost-West-Gefälle zu beobachten Insgesamt wird die langfristig dämpfende ist. Abgesehen von den Regionen Berlin, Wirkung der demographischen Entwick- Dresden, Jena und der Küstenregion mitt- lung auf die Nachfrage nach Wohnungen in leres Mecklenburg werden alle ostdeutschen der kommenden Dekade durch den Rema- Kreise von einer sinkenden Zahl an Haus- nenz- und Kohorteneffekt sowie die mittel- halten betroffen sein. fristig noch zunehmende Zahl der Haushalte aufgefangen. In diesem Zeitraum erwarten Auch in Westdeutschland wird es neben sich wir insgesamt eine moderate Zunahme der gut entwickelnden Kreisen wie Köln oder nachgefragten Wohnungen und einen leich- Düsseldorf auch Regionen mit einer deut- ten Anstieg der Flächennachfrage. lichen Abnahme der Haushaltszahlen geben, z. B. das Ruhrgebiet oder Hochsauerland- Die zu erwartende Entwicklung wird jedoch kreis. Damit können bedingt durch die Kon- regional sehr differenziert auftreten. Nach- zentration der Haushaltsentwicklung in den Veränderung der Zahl der Haushalte 2005–2025 Schaubild 13 Quelle: BBSR 15
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland Entwicklung der verfügbaren Einkommen (real) (2005–2015) Veränderung gegenüber dem Vorjahr in v. H. 2 1 0 ab 2012 Prognosewerte –1 2005 2007 2009 2011 2013 2015 Schaubild 14 Quelle: Stat. Bundesamt, Feri urban geprägten Kreisen regional durchaus allerdings die Kosten für Energie und Wasser Nachfragezuwächse entstehen, welche in der mit berücksichtigt, ist seit 2009 eine deutli- Folge die Preise für Wohnraum weiter trei- chere Steigerung und damit Belastung für ben können. die nachfragenden Haushalte zu erkennen (vgl. Schaubild 8). Im Jahr 2011 betrug diese Diese Entwicklung wird auch durch die Zunahme der Wohnkosten 3 v. H., was sich Verbesserung der Einkommenssituation der im Zusammenspiel mit der Verbesserung der privaten Haushalte gestützt. Nach Realein- Einkommenssituation der Haushalte jedoch kommensrückgängen im Jahr 2009 werden nicht negativ auf die Nachfrage nach Miet- diese im laufenden Jahr um 2,2 v. H. steigen, wohnungen ausgewirkt hat. Im Gegenteil, in was positive Wirkungen insbesondere für urbanen Regionen ist die Nachfrage deutlich die Nachfrage nach Wohneigentum bedeutet gestiegen, was sich auch in den Mieten ent- (vgl. Schaubild 14). sprechend widerspiegelt. Derart hohe Zuwächse werden mittelfristig Aufgrund der Entwicklung der Haushalts- aufgrund der nachlassenden konjunkturel- zahlen und auch der Einkommen der pri- len Entwicklung nicht mehr erreicht werden vaten Haushalte wird kurz- bis mittelfristig können. Es bleibt aber bis 2015 bei Real- die Nachfrage nach Wohnungen moderat einkommenssteigerungen, wenngleich diese zunehmen. Langfristig wird sich allerdings kontinuierlich geringer ausfallen werden. der demographische Trend durchsetzen und Die Zuwächse bleiben aber jeweils höher als zu sinkender Nachfrage nach Wohnungen in den Jahren 2005 bis 2010. In Verbindung führen. Diese Entwicklung wird nicht nach mit den weiterhin bestehenden Unsicherhei- einem einheitlichen Muster, sondern regio- ten hinsichtlich der Altersvorsorge und der nal sehr differenziert einsetzen. In den Bal- weiteren Entwicklung der Eurozone wird lungszentren und infrastrukturell gut ange- die Einkommensentwicklung die Nachfrage bundenen Randregionen sind noch deutliche nach Wohnungen positiv beeinflussen. Dies Steigerungen der Wohnungsnachfrage zu gilt in besonderem Maße für Regionen mit erwarten. einer überdurchschnittlich guten Einkom- mensentwicklung bei den privaten Haus- halten. 1.3 Marktergebnis/-entwicklung Die Wohnungsmieten haben sich in den ver- Die analysierten Entwicklungen der rele- gangenen Jahren preisbereinigt durchschnitt- vanten Einflussgrößen auf Angebot an und lich um ca. 1 v. H. erhöht, was einen eher Nachfrage nach Wohnungen zeigen sich im moderaten Aufwärtstrend bedeutet. Werden Marktergebnis. Deutschland verfügt grund- 16
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland sätzlich über eine gute Ausstattung mit einer etwas höheren Dynamik. Allerdings Wohnungen. Die zuletzt zu beobachtenden wird das Preisniveau in den A-Lagen deut- Anstiege der Fertigstellungszahlen neuer lich über dem der B-Städte bleiben. Im Jahr Wohnungen gehen insbesondere auf die zu- 2011 war ein neues Reihenhaus an einem A- nehmende Nachfrage an urbanen Standorten Standort um immerhin 42 v. H. teurer als ei- zurück, welche durch die noch zunehmen- nes in einer Stadt der B-Kategorie. de Zahl der Haushalte und deren Tendenz zur Rückkehr in die Städte getrieben wird. Gerade in Städten mit ihrem begrenzten Flä- Das hier in der Folge das Angebot nicht chenangebot spielen Eigentumswohnungen ausreicht, um die Nachfrage zu befriedigen, für die Versorgung mit Wohnraum eine we- schlägt sich in steigenden Preisen für Woh- sentliche Rolle. Die zu erwartende Entwick- nungen nieder. lung zeigt sich daher auch deutlich in diesem Immobilienpreisindizes Reihenhäuser 1995–2011 1990 = 100 130 120 110 100 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 Schaubild 15 Deutschland A-Städte B-Städte Quelle: BulwienGesa AG Die durchschnittlichen Preise für neu erstell- Marktsegment. In den A-Städten sind die te Reihenhäuser werden an den A-Standorten Preise 2011 um beachtliche 10,8 v. H. gestie- auch weiterhin zulegen (vgl. Schaubild 15). gen, in den B-Lagen betrug die Zunahme Auch die B-Städte werden Preissteigerungen 5,8 v. H. (vgl. Schaubild 16). zu verzeichnen haben, hier sogar mit etwas Immobilienpreisindizes Eigentumswohnungen 1995–2011 1990 = 100 140 130 120 110 100 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 Schaubild 16 Deutschland A-Städte B-Städte Quelle: BulwienGesa AG 17
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland 2010–2025 2010–2015 2016–2020 2021–2025 Gebäudearten jährlicher Neubaubedarf in Wohnungen Einfamilienhäuser 115 000 122 000 96 000 90 000 Mehrfamilienhäuser 68 000 71 000 59 000 51 000 Summe 183 000 193 000 155 000 141 000 Quelle: BBSR Wohnungsmarktprognose 2025 Aus dieser Preisentwicklung und der vorhan- 27,3 v. H., gegenüber 8,8 v. H. im Westen, denen Nachfrage ergeben sich auch weiterhin deutlich ab. Anreize für die Anbieter, neue Wohnungen vor allem in A-, aber eben auch in B-Städten Ein weiterer wichtiger Indikator für das zu errichten. Der derzeit zu beobachtende Marktergebnis ist die Leerstandsquote. Diese Trend der Konversion von Flächen von einer hat für Deutschland nach den Daten des letz- gewerblichen Nutzung hin zu Wohnraum ten Mikrozensus im Vergleich zur Erhebung bestätigt diese Folgerung. Bis 2015 werden von 2006 um 0,5 Prozentpunkte zugenommen. allein in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt a.M., Dabei zeigt sich für Ost- und Westdeutsch- Hamburg und München 25 000 Wohnungen land ein deutlich differenziertes Bild. Wäh- auf diese Weise zum Bestand hinzukommen. rend die Leerstandsquote in Ostdeutschland um 0,9 Prozentpunkte gesunken ist, ist sie in Der zukünftig erwartete Wohnungsbedarf Westdeutschland im selben Zeitraum um einen wird sich damit in den urbanen Regionen Prozentpunkt gestiegen (vgl. Schaubild 17). konzentrieren. Bis 2025 geht das BBSR von einem Neubaubedarf von insgesamt 183 000 Der Rückgang der Quote in Ostdeutschland Wohnungen in Deutschland aus. Davon ent- ist ein Erfolg des „Stadtumbauprogramms fallen 154 000 auf West- und 29 000 auf Ost- Ost“ (vgl. hierzu ausführlich: „Zukunft der deutschland. Wohnimmobilien und Wohnungsunterneh- men in Deutschland“, Global Markets 2008). Im Zeitraum 2010 bis 2015 liegt der Be- Dieses Programm verfolgt im Wesentlichen darf durch die positive Entwicklung der zwei Ziele: Haushaltszahlen bei 193 000 Wohnungen/ – Rückbau dauerhaft nicht mehr benötigter Jahr, bevor er in den folgenden Zeiträumen Wohneinheiten und abnehmen wird. Im Vergleich mit diesem – die Aufwertung von Stadtquartieren Hochstand des Bedarfes nimmt er in Ost- durch Sanierung und Instandsetzung des deutschland in der Periode 2021 bis 2025 mit vorhandenen Altbaubestandes. Wohnungsleerstandsquote 1998–2010 in v.H. 14 12 10 8 6 4 2 0 1998 2002 2006 2010 Schaubild 17 Neue Bundesländer Alte Bundesländer Deutschland Quelle: Stat. Bundesamt 18
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland Insbesondere durch die umfangreichen 1.4 Investmentmarkt „Wohnen“ Rückbaumaßnahmen konnte der ostdeut- sche Wohnungsmarkt stabilisiert werden. Die Investments in deutsche Wohnimmobi- Bis Ende 2010 wurde hierdurch der Bestand lien stellen eine zunehmend attraktive As- um 274 600 Wohnungen verringert, bis 2016 setklasse dar. Schon das Jahr 2011 war stark sollen weitere 200 000 bis 250 000 Wohnun- vom steigenden Interesse der Investoren nach gen folgen. Wohnimmobilien geprägt. Mit ungefähr 4,8 Mrd. Euro Transaktionsvolumen wur- Der Anstieg der Leerstandsquote in West- den das Segment der Wohnungsportfolios deutschland wird vor allem durch Leer- mit über 50 Wohnungen (ohne Börsendeals, stände in ländlichen und in altindustriellen inkl. Neubau) der höchste Umsatz seit 2008 Regionen getrieben. Hier treten wirtschaft- erzielt. Ohne die Neubauten wurden gut liche und demographische Problemlagen 81 000 verkauften Wohneinheiten gehandelt. häufig gemeinsam auf und führen zu einem Aufgrund der Nachfrage und der Finanzie- sich gegenseitig verstärkenden Effekt. Diese rungsbedingungen wurden vor allem Core- Gebiete werden auch in Zukunft ein hohes und Core-Plus-Investments durchgeführt. Leerstandsrisiko aufweisen. Auch in West- Aber auch opportunistische, ausländische deutschland könnte daher ein ähnlich ziel- Investoren waren wieder am Markt aktiv. gerichtetes Stadtumbauprogramm zu einer Bereinigung der Marktlage beitragen, insbe- Dieser Aufwärtstrend setzte sich im ersten sondere der bislang im Stadtumbau „West“ Halbjahr 2012 fort, es wurde bereits ein um noch nicht berücksichtigte Rückbau von 14 v. H. höheres Transaktionsvolumen er- Wohnungen oder ganzen Wohnquartieren. reicht als im gesamten Vorjahr und es sind in diesem Jahr noch einige Deals zu erwar- Die Perspektiven der deutschen Wohnungs- ten. Dabei dominieren in diesem Jahr bislang märkte sind aufgrund dieser Entwicklungen deutsche Marktteilnehmer das Geschehen. differenziert einzuschätzen. Es ist davon aus- Der Anteil von Versicherungsunternehmen, zugehen, dass es drei typische regionale Ent- Pensionskassen und börsennotierten Immo- wicklungsmuster geben wird. Zum einen die bilienunternehmen betrug auf Käuferseite Zentren und die zentrumsnahen, infrastruk- 66 v. H., 34 v. H. entfielen auf ausländische turell gut angebundenen Regionen. Diese Marktteilnehmer. Dies ist insbesondere werden aufgrund der demographischen Ent- durch die großen Abschlüsse (BauBeCon, wicklung und der Verbesserung der Einkom- LBBW) begründet, in der mittleren Frist menssituation der privaten Haushalte weiter liegt der Anteil ausländischer Käufer nach an Bedeutung gewinnen. Die insgesamt zwar Angaben des BBSR bei 57 v. H. und damit sinkenden Fertigstellungszahlen werden sich deutlich höher. Wichtige Faktoren für das in diesen Regionen konzentrieren und damit Angebot waren zum einen Auflagen der für eine weiterhin dynamische Marktent- Europäischen Union und zum anderen wirt- wicklung sorgen. Zum anderen das entfern- schaftliche Schwierigkeiten insbesondere tere Umland. Hier ist mittelfristig von einer opportunistisch ausgerichteter Marktteil- stagnierenden Entwicklung auszugehen. Erst nehmer. in der langen Frist wird sich die demogra- phische Entwicklung hier negativ bemerk- Die vergleichsweise stabile langfristige Ent- bar machen. Problematische Perspektiven wicklung der deutschen Immobilienmärkte weisen ländlich geprägte oder altindustrielle machen diese in einem zunehmend risiko- Gebiete sowie der Großteil Ostdeutschlands reicher werdenden globalen Marktumfeld auf. Diese sind schon jetzt negativ von den zu einer interessanten Anlagealternative. sich abzeichnenden Entwicklungstrends be- In Kombination mit der guten gesamtwirt- troffen, eine Trendumkehr wird für extrem schaftlichen Perspektive und den Einkom- unwahrscheinlich gehalten. menssteigerungen auf Seiten der privaten Haushalte hat die Nachfrage nach deutschen Wohnungsportfolios an Schwung gewon- nen. Unterstützt wird diese Entwicklung von den historisch günstigen Finanzierungs- 19
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland Verkaufte Wohnungen nach Portfoliogröße (1999–2011) Wohnungen in 1000 400 350 300 250 Portfoliogröße in Wohneinheiten 200 00 800 bis unter 2 000 150 02 000 bis unter 5 000 05 000 bis unter 10 000 100 10 000 bis unter 25 000 50 25 000 und mehr 0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Anmerkung: Berücksichtigt sind Verkäufe großer Wohnungsbestände ab 800 Wohnungen, Schaubild 18 Datenbasis BBSR-Datenbank Wohnungstransaktionen Quelle: BBSR bedingungen, welche unter Ausnutzung des 2. Aktuelle Fragen Leverage-Effektes und einer opportunisti- schen Anlagestrategie gute Renditemöglich- zu den deutschen keiten eröffnen. Wohnungsmärkten Mit der 2012 voraussichtlich weiter steigen- 2.1 Besteht die Gefahr einer den Zahl an Wohnungen, die Gegenstand von Portfolioverkäufen sind, wird dennoch Wohnungsnot in Deutschland? nicht das Volumen der Vorkrisenzeit erreicht werden (vgl. Schaubild 18). Gegenüber den Das Gut „Wohnung“ ist für die Haushalte in Jahren 2009 und 2010 ist aber eine deutliche Deutschland lebensnotwendig und nicht sub- Erholung des Wohnungsinvestmentmarktes stituierbar. Damit kommt der ausreichenden zu erkennen. Versorgung mit diesem Gut ein sehr hoher Stellenwert zu. Sind Haushalte nicht in der Diese Erholung ist regional sehr differenziert Lage, bezahlbare Wohnungen am Markt zu verteilt. Schwerpunkte der Entwicklung finden, liegt eine Wohnungsnot vor, die eine sind hier insbesondere Berlin und München existenziell bedrohliche Situation bedeutet. sowie die weiteren A-Standorte. Aber auch Betroffen sind einkommensschwache Haus- die B-Lagen werden zunehmend attraktiver, halte, da diese über die geringsten Mittel da diese in vielen Fällen Potenzial aufweisen verfügen und bei steigenden Wohnkosten ei- und noch nicht so im Fokus ausländischer nen immer höheren Anteil ihres verfügbaren opportunistischer Anleger stehen wie die A- Einkommens für Wohnzwecke aufwenden Standorte. müssen. Insgesamt ist in der mittleren Frist eine wei- Diese Wohnkosten sind 2011 nominal um tere Zunahme der Marktaktivität zu erwar- 3,1 v. H. gestiegen, insbesondere wegen der ten. Hierfür spricht einerseits die Entwick- steigenden Energiepreise im Bereich der Ne- lung der Fundamentaldaten und andererseits benkosten. Diesen Steigerungen stehen al- die zunehmende Unsicherheit bei alter- lerdings auch die Zunahmen der verfügbaren nativen Anlageprodukten zu Immobilien- Einkommen der privaten Haushalte gegen- investments. Die Gefahr der Bildung einer über. Da eine Wohnungsnot zunächst ein- spekulativen Blase wird insgesamt zunächst kommensschwache Haushalte erreicht, ist zu nicht gesehen. Auf regionalen Märkten wie prüfen, ob das Armutsrisiko in Deutschland den Metropolen wie Berlin oder München ist gestiegen ist. Ein Indikator hierfür ist nach diese Gefahr allerdings deutlich höher ein- OECD-Standards berechnete „Armutsge- zuschätzen. fährdungsquote“ (vgl. Schaubild 19). Diese 20
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland Die Armutsgefährdungsquote in Deutschland (2005–2010) in v. H. 20 18 16 14 14,7 14,3 14,4 14,6 14,5 14,0 12 10 8 6 4 2 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Schaubild 19 Quelle: statista gibt den Anteil armutsgefährdeter Personen geförderten Sozialwohnungen auf einen Be- an der Gesamtbevölkerung an und ist 2010 stand von unter 1,7 Mio. Wohnungen gesun- gegenüber Vorjahr um 0,1 Prozentpunkte ken, was einem Rückgang von rund einem gesunken. Drittel entspricht. Eine Ursache hierfür ist darin zu sehen, dass der Bund mit der Fö- Zudem lag die Leerstandsquote im Jahr 2010 deralismusreform 2007 die Zuständigkeit bei 8,4 v. H., was mit der These einer „Woh- für den sozialen Wohnungsbau an die Län- nungsnot“ in Deutschland nicht vereinbar der abgegeben hat und sich aus diesem Be- ist. Ein anderes Bild ergibt sich allerdings, reich vollständig zurückgezogen hat. Zudem wenn einzelne Regionen untersucht werden. ist 2006 die Möglichkeit der degressiven Hier zeigen sich gerade im unteren Preis- Abschreibungen für Mietwohnungen abge- segment in Groß- und Universitätsstädten schafft worden, was einen geringeren Anreiz Nachfrageüberhänge, die in der Folge zu für die Unternehmen der Wohnungswirt- Preisanstiegen führen. Neue Wohnungsfer- schaft bedeutet, neue Mietwohnungen zu tigstellungen sind dagegen eher im höheren schaffen. Preissegment angesiedelt, so dass es gerade für die Bezieher kleiner Einkommen hier deutlich schwieriger wird, bezahlbare Woh- nungen zu finden. Auch energetische Sanie- 2.2 Gibt es eine spekulative Blase bei rungen tragen zu einem Anstieg der Kosten deutschen Wohnimmobilien? bei, dies bezieht sich aber auf die Netto- kaltmiete. Dieser Anstieg wird zumindest Zuletzt wurden wieder vermehrt Befürch- teilweise durch die erzielten Kosteneinspa- tungen geäußert, dass sich am Wohnimmo- rungen bei den Nebenkosten kompensiert, bilienmarkt in Deutschland eine spekulative so dass sich die Wirkung der energetischen Blase bilden könne. Durch deren Platzen Sanierungen auf die Nachfrage relativiert. und die dann erfolgenden Preiskorrekturen Zudem reichen die Fertigstellungen in Groß- bestünde ein hohes Risiko für die weitere städten vielfach nicht aus, um der gerade in wirtschaftliche Entwicklung in Deutsch- den prosperierenden Städten steigenden land, wie es die Beispiele USA, Spanien und Nachfrage nach Wohnungen entsprechen zu England bereits gezeigt hätten. können. Generell ist ein übermäßiger Preisanstieg Problematisch ist in diesem Zusammenhang, eine notwendige Bedingung für die Diag- dass die Förderung des sozialen Wohnungs- nose einer spekulativen Blase. Gehen diese baus in den vergangenen Jahren kontinuier- Preisanstiege auf Veränderungen der Fun- lich gesunken ist. Seit 2002 ist die Zahl der damentaldaten des betroffenen Marktes 21
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland zurück, handelt es sich nicht um eine Blase. halte gekommen. Hier betrug die Zunahme Können die Preiserhöhungen nicht oder 2011 insgesamt 3,3 v. H. nicht vollständig durch eine entsprechende Änderung der Fundamentaldaten erklärt Durch diese Entwicklung ist Wohneigentum werden, kann es sich um eine Blase handeln. insgesamt erschwinglicher geworden, was In diesem Fall werden die spekulativen Er- am Erschwinglichkeitsindex deutlich wird. wartungen der Marktteilnehmer die treiben- Musste im Jahr 2010 noch das 5,6-fache des de Kraft, die langfristige Ertragskraft des kaufkräftigen Einkommens pro Kopf für den Anlageobjektes tritt dabei mehr und mehr Erwerb von Wohneigentum aufgewendet in den Hintergrund und die Preise verlie- werden, war hierzu 2011 noch das 5,5-fache ren ihre Funktion als Knappheitsindika- Einkommen notwendig. Zusammen mit den tor. In einer solchen Konstellation reichen insgesamt guten gesamtwirtschaftlichen dann kleine Veränderungen oder gar bloße Kennzahlen kann auf dieser Grundlage nicht Meldungen, um das spekulative Kartenhaus auf die Existenz einer spekulativen Blase auf zum Einsturz zu bringen. Es folgt eine ab- dem deutschen Markt für Wohneigentum rupte Wertkorrektur, so dass die Preise ihre gesprochen werden, die Preisentwicklung Informationsfunktion wieder wahrnehmen. signalisiert vielmehr vorhandene realwirt- Leider existieren keine statistisch gesicherten schaftliche Knappheiten am Markt. Grenzwerte, ab wann von einer Blase oder der „Überhitzung“ des Marktes gesprochen Ein weiterer Indikator ist das Verhältnis der werden kann, daher muss jeweils untersucht Kaufpreise von Wohnungen zu deren Mie- werden, ob beobachtbare Preisanstiege auf ten. Nehmen erstere im Verhältnis zu den Veränderungen der Fundamentaldaten zu- Mieten überproportional zu, ist dies ein rückgehen oder nicht. Signal für eine mögliche Überhitzung im Markt. Dieses Verhältnis hat sich zuletzt Die Marktdaten für Wohnimmobilien be- auf Basis von Daten der BulwienGesa AG, stätigen einen Preisanstieg in den vergan- die Marktdaten für die 125 größten Städte in genen drei Jahren (vgl. Schaubilder 15 und Deutschland erfasst, unterschiedlich entwi- 16). Auch die durchschnittlichen Kosten des ckelt: Während bei den Reihenhäusern eine Erwerbs von Wohneigentum pro Kopf ha- Zunahme zu beobachten ist, ging der Wert ben in der Folge in diesem Zeitraum ange- bei den Eigentumswohnungen zurück (vgl. zogen (vgl. Schaubild 20). Zuletzt sind diese Schaubild 21). im Jahr 2011 im Vergleich zum Vorjahr um 2,4 v. H. angestiegen. Gleichzeitig ist es aller- Beide Veränderungen sind allerdings nicht dings auch zu einer positiven Entwicklung ausreichend, um vom Vorhandensein einer der Kaufkraft pro Kopf der privaten Haus- spekulativen Blase im deutschen Wohnungs- Einkommen, mittlere Kosten und Erschwinglichkeitsindex 1995–2011 1995 = 100 150 7 140 130 120 6 110 100 90 80 5 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 Schaubild 20 Einkommen Mittlere Kosten Erschwinglichkeitsindex Quelle: BulwienGesa AG 22
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland Verhältnis Reihenhaus- und Eigentumswohnungspreise zu Mieten in Deutschland 1990–2011 1990 = 100 110 100 90 80 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 Schaubild 21 Eigentumswohnung/Wohnungsmiete Reihenhaus/Wohnungsmiete Quelle: BulwienGesa AG markt zu sprechen. Mit Indexwerten von die steigende Unsicherheit bei alternativen 101,8 (Reihenhäuser/Mieten) und 99,6 (Ei- Anlageprodukten sorgen hier für zusätz- gentumswohnungen/Mieten) liegen beide liche Nachfrage, die durchaus spekulative Preisverhältnisse verhältnismäßig nahe an Züge annehmen kann. den Ausgangswerten von 1990. Die Studie kommt daher zu dem Ergebnis, 2.3 Altersgerechte Wohnungen – dass es derzeit keine Anzeichen für die Bil- ein Wachstumssegment? dung einer spekulativen Blase am deutschen Wohnungsmarkt insgesamt gibt. Dies bedeu- Aufgrund der sich abzeichnenden demogra- tet allerdings keinesfalls, dass entsprechende phischen Entwicklung wird der Anteil älterer Tendenzen in regionalen Teilmärkten ausge- Menschen in Deutschland überproportional schlossen sind. Gerade die Wohnungsmärkte zunehmen, auch wenn die Bevölkerungszahl in Metropolen bergen das Risiko einer Über- insgesamt sinkt. Ein Indikator für diesen hitzung. Etwas geringer ausgeprägt gilt dies Strukturwandel ist der Altenquotient, wel- ebenfalls für die weiteren größeren Städte in cher angibt, wie viele ältere Menschen auf Deutschland. Günstige Finanzierungskos- 100 Personen im Erwerbsalter kommen (vgl. ten, eine gute Einkommensentwicklung und Schaubild 22). Entwicklung des Altenquotienten (mittlere Variante) 2008–2060 je 100 Personen im Erwerbsalter 100 80 60 40 20 0 2008 2020 2030 2040 2050 2060 Schaubild 22 Altenquotient 60 J. Altenquotient 65 J. Altenquotient 67 J. Quelle: Stat. Bundesamt 23
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