Global Markets Real Estate - Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland - Deutsche Hypo

Die Seite wird erstellt Mats Rau
 
WEITER LESEN
Global Markets Real Estate - Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland - Deutsche Hypo
Globa l Ma rket s
  Rea l E st at e

                    Perspektiven der
                    Wohnungsmärkte
                    in Deutschland
Redaktionsschluss: 15. August 2012

                   Verantwortlich für den Inhalt: Deutsche Hypothekenbank

                                      Ansprechpartner

        Andreas Pohl · phone + 49 511 3045-310 · email: andreas.pohl@deutsche-hypo.de

Prof. Dr. Günter Vornholz · phone + 49 511 3045-640 · email: guenter.vornholz@deutsche-hypo.de
                                  (V. i. S. d. P.; Markt-Analyse)

           Jens Zillmann · phone + 49 391 589-1539 · email: jens.zillmann@nordlb.de

                                      BulwienGesa AG
                                      research • analysis • consulting

 Andreas Schulten · BulwienGesa AG · phone + 49 30 278768-0 · email: schulten@bulwiengesa.de

                                  www.Deutsche-Hypo.de
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

Gliederung
Management Summary                                                                    4

1.    Wohnungsmärkte in Deutschland                                                   5

1.1   Bestandsaufnahme der Wohnungsmärkte in Deutschland                              5

1.2   Einflussgrößen und deren Entwicklung                                            8

1.3   Marktergebnis/-entwicklung                                                     16

1.4   Investmentmarkt „Wohnen“                                                       19

2.    Aktuelle Fragen zu den deutschen Wohnungsmärkten                               20

2.1   Besteht die Gefahr einer Wohnungsnot in Deutschland?                           20

2.2   Gibt es eine spekulative Blase bei deutschen Wohnimmobilien?                   21

2.3   Altersgerechte Wohnungen – ein Wachstumssegment?                               23

2.4   Energetische Sanierung unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit –
      lohnt sich das?                                                                24

2.5   Herausforderungen für Wohnungsgenossenschaften sowie kommunale
      und öffentliche Wohnungsunternehmen                                            27

3.    Deutsche Hypo Immobilienkonjunktur-Index – 5 Jahre Erfolgsgeschichte           30

                                                                                      3
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

Management Summary
Der Wohnungsmarkt galt lange Zeit als             Verstärkte Dynamik bringen den Woh-
„langweilig“. Hohe Wohnungsbestände,              nungsmärkten auch der demografische Wan-
eine stabile Nachfrage und sinkende Fertig-       del und die Ziele der Nachhaltigkeit. Der
stellungen führten zu stagnierenden Mieten.       demografische Wandel zeigt sich in einer
Auch das Interesse der Investoren konzen-         schrumpfenden und gleichzeitig älter wer-
trierte sich auf einige große Wohnungsport-       denden Gesamtbevölkerung. Regional sind
folien, so dass die Preise insgesamt eher un-     aber auch deutliche Unterschiede festzu-
ter Druck waren.                                  stellen. Die politischen Nachhaltigkeitsziele
                                                  werden zu neuen Impulsen für Investitionen
Die Lage hat sich in den letzten Jahren grund-    in den Wohnungsbestand und für Neubau-
sätzlich geändert. Verbesserte Rahmenbedin-       ten sorgen, falls die Politik entsprechendes
gungen sorgten für eine stärkere Nachfrage        erreichen möchte. Schon im Jahr 2010 er-
nach Wohnungen, die sich zunächst in aus-         reichten die Ausgaben für Maßnahmen der
gewählten Bereichen der Metropolen zeigte.        energetischen Sanierung einen Anteil von
Steigende Mieten und auch Preise dehnten          rund einem Drittel am gesamten Wohnungs-
sich von diesen Bereichen ausgehend bald          bauvolumen.
auf die großen Städte aus. Vielfach wurden
schon Preisblasen befürchtet, was aber doch       Die „langweiligen“ Zeiten sind für die Woh-
eher einer Panikmache gleicht. Diese Impul-       nungsmärkte also vorbei. Konjunkturelle
se erreichen aber nun auch die Investoren         Schwankungen und langfristiger Wandel
und Projektentwickler, die ihre Planungen         bringen für die Marktteilnehmer der Woh-
für neue Wohnprojekte vorantreiben. Den-          nungsmärkte stetig neue Herausforderungen.
noch werden auch zukünftig die Investitio-        Insgesamt sind die Rahmenbedingungen für
nen in den Wohnungsbestand größer sein als        die Wohnimmobilienmärkte in Deutschland
die Neubauinvestitionen.                          als verhalten positiv zu bewerten. Insbeson-
                                                  dere die guten Rahmenbedingungen für die
Die Entwicklung steigender Mieten und             Nachfrage sind stützende Faktoren.
Preise ist aber nicht überall gegeben, sondern
die lokalen Wohnungsmärkte in Deutsch-
land zeigen eine überaus große Heterogeni-
tät. Neben den boomenden Metropolen gibt
es zahlreiche Regionen, die mit sinkenden
Preisen und Mieten zu kämpfen haben. Hier
stehen die Wohnungsanbieter vor ganz an-
deren Herausforderungen als in den Metro-
polen.

4
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

1. Wohnungsmärkte                                  Nach den Ergebnissen des Mikrozensus 2010
                                                   betrug der Wohnungsbestand in Deutsch-
   in Deutschland                                  land 39,4 Mio. Wohneinheiten (Wohnungen
                                                   in Wohngebäuden). Der größte Anteil entfiel
1.1 Bestandsaufnahme der                           mit 52,9 v. H. auf Wohnungen in Gebäuden
    Wohnungsmärkte in Deutschland                  mit drei und mehr Wohnungen. Werden zu-
                                                   sätzlich Wohnungen in „sonstigen Gebäu-
Den Wohnungsmärkten einer Volkswirt-               den mit Wohnungen“ berücksichtigt, erhöht
schaft kommt ein hoher Stellenwert zu. Dies        sich die Gesamtzahl auf 40,1 Mio. Wohnun-
liegt an deren Bedeutung für die jeweili-          gen, wobei letztere für die Wohnungsmärkte
ge Gesellschaft als lebensnotwendiges und          kaum von Bedeutung sind, da sie lediglich
nicht substituierbares Gut. Weiterhin stellt       1,9 v. H. des Gesamtbestandes ausmachen.
in Deutschland der Wohnungsbestand einen           Ein Vergleich der Daten des Mikrozensus
wichtigen Bestandteil des gesamtwirtschaft-        2010 mit denen der Erhebung aus dem Jahr
lichen Vermögens dar. Dies zeigt dessen An-        2006 ist nicht möglich, da 2010 vom Statisti-
teil von 48 v. H. am gesamten Bruttoanlage-        schen Bundesamt ein verändertes Hochrech-
vermögen bzw. Kapitalstock in Deutschland          nungsverfahren benutzt worden ist.
(vgl. Schaubild 1), was absolut gesehen
6,8 Bill. Euro entspricht. Im Vergleich zum        Hinsichtlich der Eigentümerstruktur des
Jahr 2009 hat das Wohnimmobilienvermö-             Wohnungsbestandes dominieren private
gen damit um 7,7 v. H. zugenommen.                 Einzeleigentümer, so dass ein sehr hetero-
                                                   genes Marktbild entsteht. Im Jahr 2006
Nach wie vor ist der deutsche Wohnungs-            entfielen insgesamt 40,3 v. H. des gesamten
markt mit 39,4 Mio. Wohnungen (Stand               Wohnungsbestandes auf private Selbstnut-
2010, ohne Wohnheime) der größte natio-            zer. 14,5 Mio. Wohneinheiten (36,5 v. H.)
nale Markt in der Europäischen Union. Da-          auf private Kleinvermieter (vgl. Schaubild 3).
von entfällt mit 52,9 v. H. über die Hälfte auf    Beide Gruppen gemeinsam verfügen damit
Wohneinheiten in Gebäuden mit drei und             über 76,8 v. H. des gesamten Wohnungsbe-
mehr Wohnungen, 47,1 v. H. befinden sich in        standes.
klassischen Ein- und Zweifamilienhäusern
(vgl. Schaubild 2). Im Vergleich zum Jahr          Bei den Gewerblichen Anbietern, welche
2006 konnte damit der Anteil der Wohnun-           23,2 v. H. des Wohnungsbestandes besitzen,
gen in Ein- und Zweifamilienhäusern um             sind private Wohnungsunternehmen mit
1,2 Prozentpunkte zulegen.                         44,6 v. H. die größte Gruppe. Diese ist aller-

                                                                                               5
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

dings sehr inhomogen, da sie neben klassi-          häusern in Westdeutschland mit 50,6 v. H.
schen Bestandshaltern auch eher opportu-            deutlich höher als im Osten mit 34,4 v. H.
nistisch orientierte Eigentümer umfasst, die        Hier entfällt der größte Anteil auf Wohnun-
durch Investments in den vergangenen Jah-           gen in Gebäuden mit drei und mehr Woh-
ren Wohnungsportfolios erworben haben.              nungen. Der hohe Anteil von Wohnungen
Ihnen folgen die öffentlichen Wohnungs-             in Mehrfamilienhäusern in den neuen Bun-
unternehmen mit einem Anteil von 25 v. H.           desländern geht auf die Wohnungspolitik
und die Genossenschaften machen 22,8 v. H.          in der ehemaligen DDR zurück, welche bei
bei den gewerblichen Anbietern aus.                 der Versorgung der Bevölkerung mit Wohn-
                                                    raum hauptsächlich auf Gebäude mit vielen
Ein besonderes Charakteristikum der deut-           Wohneinheiten setzte. Diese Struktur des
schen Wohnungsmärkte bleibt die unter-              Wohnungsbestandes hat sich seit dem Jahr
schiedliche Marktsituation in den alten und         2006 kaum verändert, so dass ein stärkerer
neuen Bundesländern, wobei mit 78,1 v. H.           Angleichungsprozess bei der Bestandsstruk-
der Großteil des Wohnungsbestandes in               tur nicht zu beobachten ist.
Westdeutschland zu finden ist. Hinsichtlich
der Struktur des Bestandes ist der Anteil           Die Altersstruktur der Wohngebäude in
der Wohnungen in Ein- und Zweifamilien-             Deutschland ist vergleichsweise differen-

Der Wohnungsmarkt in Deutschland
                                   Wohnungsbestand
                                        39,7 Mio. Einheiten

    Gewerbliche Anbieter            Private Kleinvermieter                   Selbstnutzer
     9,2 Mio. Einheiten                 14,5 Mio. Einheiten                16 Mio. Einheiten

    Genossen-               Öffentliche                     Private                     Sonstige
     schaften               Wohnungs-                     Wohnungs-
                           unternehmen                   unternehmen
     2,1 Mio.                2,3 Mio.                          4,1 Mio.                  0,7 Mio.
    Einheiten               Einheiten                         Einheiten                 Einheiten

                                                                                               Schaubild 3
Stand 2006                                                                 Quelle: BBSR, eigene Darstellung

6
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

Entwicklung der Eigentümerquote 1998–2010
     in v.œH.
50

45

40

35

30

25
 1998                                 2002                            2006                                 2010
                                                                                                     Schaubild 4
           Ostdeutschland   Westdeutschland   Deutschland                           Quelle: Stat. Bundesamt 2012

ziert. Der Anteil der nach dem zweiten Welt-                11,9 v. H. des Bestandes aus, was ungefähr
krieg erbauten Wohnungen macht insgesamt                    dem westdeutschen Anteil entspricht.
72,1 v. H. aus. Dabei ist der Wohnungsbe-
stand in Ostdeutschland deutlich älter als                  Auch die Entwicklung der Eigentümer-
im Westen. Hier liegen 45,7 v. H. der Woh-                  quote verlief in den vergangenen Jahren in
nungen in Gebäuden, die bis 1948 errichtet                  Deutschland nicht einheitlich (vgl. Schau-
worden sind, während deren Anteil in West-                  bild 4). Während in Westdeutschland der
deutschland 22,9 v. H. ausmacht. Wohnun-                    Anteil der Wohnungseigentümer an den
gen in Gebäuden, die nach der Wiederver-                    bewohnten Wohnungen von 43,1 v. H. im
einigung erstellt wurden, machen im Osten                   Jahr 1998 auf 45,7 v. H. im Jahr 2010, bis

                                                                                                                   7
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

auf eine Phase der Stagnation im Jahr 2006,              1.2 Einflussgrößen und deren
kontinuierlich zugenommen hat, erreicht er                   Entwicklung
im Ostteil Deutschlands mit 34,4 v. H. gut
das Niveau des Jahres 2002. Hier zeigen die              1.2.1 Gesamtwirtschaftliche
verfügbaren Daten 2006 einen Einbruch von                      Rahmenbedingungen
3,6 Prozentpunkten. Insgesamt beträgt die
Eigentümerquote in Deutschland 45,7 v. H.                Nach der internationalen Finanzkrise ge-
                                                         lang der deutschen Wirtschaft eine Erholung
Dieser Wert ist im internationalen Ver-                  mit beachtlicher Dynamik, auch im inter-
gleich nach wie vor als gering einzustu-                 nationalen Vergleich. In den Jahren 2010
fen. In der Europäischen Union beträgt die               und 2011 waren mit 3,7 v. H. und 3,0 v. H.
Eigentümerquote im Durchschnitt mehr als                 überdurchschnittliche Wachstumsraten des
60 v. H., in Spanien und Italien erreicht der            realen Bruttoinlandsproduktes zu verzeich-
Anteil der Eigentümer sogar rund 80 v. H.                nen. Erst im letzten Quartal des Jahres 2011
Ein Grund für den niedrigen Anteil an                    kam es mit 0,2 v. H. im Vergleich zum Vor-
Wohneigentum ist in der geringen „Eigen-                 quartal zu einem ersten Rückschlag, welcher
tumsmobilität“ in Deutschland zu sehen.                  auch auf die enormen Probleme und dadurch
Der Erwerb einer Wohnung oder eines                      ausgelösten Unsicherheiten der Eurozone
Hauses stellt hierzulande noch immer eine                zurückzuführen ist. Insgesamt wird sich das
Lebensentscheidung dar. Die europäischen                 Wirtschaftswachstum in diesem und dem
Nachbarn sind in dieser Hinsicht deut-                   nächsten Jahr deutlich abschwächen (vgl.
lich mobiler. Zudem war die Schaffung von                Tab. 1), wobei der Zuwachs 2013 mit 1,9 v. H.
Mietwohnungen nach dem II. Weltkrieg das                 wieder höher ausfallen wird als in diesem
effektivste Instrument, um die akute Woh-                Jahr. Nach einer Stabilisierung 2014 ist im
nungsnot zu bekämpfen. In der Folge entwi-               Jahr 2015 zyklusbedingt wieder ein etwas
ckelte sich ein großes und qualitativ hoch-              schwächeres Wachstum zu erwarten. In der
wertiges Angebot an Mietwohnungen.                       langen Frist sind Produktivitätserhöhungen
                                                         für die deutsche Wirtschaft zu erwarten, da
Im folgenden Abschnitt der Studie wird                   der Einsatz moderner Informations- und
zunächst die Entwicklung relevanter Ein-                 Kommunikationstechnologie noch nicht
flussgrößen auf Angebot an und Nachfrage                 so weit fortgeschritten ist wie beispielswei-
nach Wohnungen untersucht. Danach wird                   se in den Vereinigten Staaten oder einigen
die Wirkung dieser Veränderungen auf das                 anderen Ländern. Zudem wird die weitere
Marktergebnis analysiert.                                Verlagerung wenig Wertschöpfung generie-
                                                         render Tätigkeiten in Niedriglohnländer die
                                                         Produktivität steigern, so dass langfristig
                                                         eine mittlere Wachstumsrate des BIP von
                                                         1,9 v. H. zu erwarten ist. Diese erwartete po-
                                                         sitive Wirtschaftsentwicklung wie auch die

    Veränderung in v. H.                         2010        2011    2012 1       2013 1         2014 1         2015 1

    Reales Bruttoinlandsprodukt                   3,7         3,0      0,8           1,9            2,0             1,8

    Verf. Einkommen, real 2                       0,8         1,0      2,2           1,9            1,5             1,2

    Privater Konsum                               0,6         1,4      1,2           1,5            1,6             1,5

    Bruttoinvestitionen                           5,5         6,4      2,0           3,0            2,8             2,5

    Bauinvestitionen                              2,2         5,8      2,5           2,6            1,2             0,8

    Arbeitslosenquote                 in v. H.    7,7         7,1      6,7           6,3            5,7             5,4

    Verbraucherpreise                             1,2         2,3      2,2           2,0            2,3             2,4

    Zinsen 3                          in v. H.    4,0         4,1      3,8           4,0            4,5             5,0
1 Prognosewerte                                                         Tabelle 1: Indikatoren der Wirtschaftsentwicklung
2 der privaten Haushalte
3 Hypothekenzinsen, > 10 Jahre fest                                               Quelle: Stat. Bundesamt, eigene Prognose

8
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

nachfolgend dargestellte Arbeitsmarktent-         aus, trotz der weiterhin historisch niedrigen
wicklung sind positive Rahmenbedingungen          Leitzinssätze. Die Unsicherheit im Banken-
für die deutschen Wohnungsmärkte.                 sektor spiegelt die Tatsache wider, dass die
                                                  Geschäftsbanken bei der Europäischen Zen-
Vergleichsweise stabil zeigt sich die Lage am     tralbank die Einlagefazilität zur Jahresmitte
Arbeitsmarkt, wobei sich allerdings auch          2012 mit einem Volumen von rd. 800 Mrd.
hier die Dynamik der Entwicklung abge-            Euro nutzen. Die kaum prognostizierbare
schwächt hat. Seit der Finanzkrise ist hier       weitere Entwicklung vor allem in den süd-
eine nachhaltige Erholung zu beobachten,          europäischen Staaten ist für die gesamtwirt-
welche sich in zunehmenden Beschäfti-             schaftliche Entwicklung in Deutschland eine
gungszahlen und einer sinkenden Arbeits-          schwerwiegende Hypothek.
losenquote ausdrückt. Die Erwerbstätigkeit
konnte zuletzt im April saisonbereinigt um        Trotz dieser Belastung sind die Rahmenbe-
29 000 Personen auf insgesamt 41,42 Mio.          dingungen für die Wohnimmobilienmärkte
Erwerbstätige zunehmen und bleibt damit           in Deutschland insgesamt als verhalten posi-
auf Rekordniveau. In der Folge bleibt auch        tiv zu bewerten. Insbesondere die Entwick-
die Arbeitslosenquote auf niedrigem Niveau.       lung der Einkommen der Privathaushalte,
Dabei fiel der saisonbereinigte Rückgang der      der Arbeitsmarkt und die Preisentwicklung
Quote im Mai bereits schwächer aus als er         sind stützende Faktoren. Daneben profitiert
normalerweise zu erwarten ist. Im Jahr 2013       die Nachfrage nach Wohnimmobilien von
erwarten wir dennoch einen weiteren Rück-         den im langfristigen Vergleich noch immer
gang der Arbeitslosenquote auf 6,3 v. H. Die      niedrigen, wenn auch bis 2015 wieder leicht
insgesamt abnehmende Tendenz wird sich            zunehmenden Hypothekarzinsen.
mittelfristig fortsetzen und zu geringerer
Arbeitslosigkeit bei zunehmender Beschäf-
tigung führen.                                    1.2.2 Angebot

Die privaten Konsumausgaben konnten im            Die Entwicklung des Wohnungsangebotes
ersten Quartal real nochmals um 0,4 v. H.         war in Deutschland bis zum Jahr 2009 durch
gegenüber dem Vorquartal zulegen. Im ge-          einen deutlichen Rückgang der Wohnungs-
samten Jahr 2011 betrug der Anstieg preis-        fertigstellungen gekennzeichnet. Nach dem
bereinigt 1,5 v. H. Da das Konsumklima            Höchststand der Fertigstellungen in Ost-
nach Daten der GfK nach wie vor positiv ist       deutschland im Jahr 1997 gingen diese im-
und Beschäftigung und verfügbare Einkom-          mer weiter zurück. Allerdings hat dieser
men sich ebenfalls positiv entwickeln, wird       Rückgang seit 2007 an Dynamik verloren
der private Konsum die gesamtwirtschaft-          (vgl. Schaubild 5). Bis zum Jahr 2010 ist in
liche Entwicklung bis zum Jahresende wei-         Westdeutschland eine ähnliche Tendenz zu
ter stützen können. Auch 2013 ist mit einer       beobachten, die allerdings in den Jahren
stabilen Zunahme der privaten Konsumaus-          2004 (Vorzieheffekte wegen Abschaffung
gaben leicht über dem Niveau des aktuellen        der Eigenheimzulage) und 2007 (Erhöhung
Jahres zu rechnen, so dass diese Größe auch       der Mehrwertsteuer) kurzfristig unterbro-
zukünftig ein stützendes Element für die          chen wurde.
Wohnungsmärkte bleiben wird.
                                                  Im vergangenen Jahr konnten die Wohnungs-
Ein kaum abschätzbarer Risikofaktor für           fertigstellungen im Westen allerdings mit
die weitere Entwicklung stellen die Schul-        14,6 v. H. vergleichsweise kräftig zulegen. In
denkrise im Euroraum wie auch das Leis-           Verbindung mit dem niedrigeren Rückgang
tungsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten        in Ostdeutschland trägt diese Zunahme auch
dar. Letzteres belastet die weltwirtschaftli-     die Entwicklung der Zahl der fertiggestellten
che Entwicklung, ersteres insbesondere die        Wohnungen in Deutschland insgesamt. Von
innergemeinschaftlichen      Konjunkturaus-       den fertiggestellten Wohnungen befand sich
sichten. Dabei geht die Europäische Zen-          im Jahr 2011 mit 51,3 v. H. gut die Hälfte in
tralbank mittelfristig von einer stabilen Ent-    Einfamilienhäusern. 38,7 v. H. entfielen auf
wicklung des Preisniveaus in der Eurozone         Gebäude mit mehr als zwei Wohnungen und

                                                                                              9
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

Fertigstellungen Wohnungen in Wohngebäuden 1995–2011
700 000

600 000

500 000

400 000

300 000

200 000

100 000

     0
          1995     1996     1997    1998   1999   2000     2001    2002   2003    2004     2005    2006   2007   2008   2009    2010     2011
                                                                                                                                      Schaubild 5
                 Fertigstellungen gesamt          Fertigstellungen West           Fertigstellungen Ost                   Quelle: Stat. Bundesamt

lediglich 10,1 v. H. lagen in Zweifamilien-                                neuen Wohnungen in Gebäuden mit drei
häusern (vgl. Schaubild 6). Deren Fertigstel-                              und mehr Wohnungen lag zu der Zeit bei
lungszahlen stagnieren, so dass sie gegen-                                 beachtlichen 60,4 v. H. Heute wird die Zahl
über den anderen beiden Gebäudearten an                                    der Fertigstellungen von Wohnungen in Ein-
Gewicht verloren haben.                                                    und Zweifamilienhäusern dominiert, die zu-
                                                                           sammen 61,4 v. H. ausmachen.
Die Zahl der neuen Wohnungen in Ein- und
Mehrfamilienhäusern legte 2011 dagegen in                                  Eine Analyse des Wohnungsbauvolumens
etwa gleichem Ausmaß zu. Insgesamt haben                                   zeigt, dass seit Ende der 90er Jahre die Inves-
Einfamilienhäuser allerdings gegenüber den                                 titionen in den Wohnungsbestand (Moderni-
Mehrfamilienhäusern an Bedeutung gewon-                                    sierung, Sanierung, Reparatur) größer sind
nen. Seit 1999 liegt die Zahl der neuen Woh-                               als die Neubauinvestitionen. Seit 2006 haben
nungen in Einfamilienhäusern über der der                                  die Bestandsinvestitionen dabei noch einmal
Fertigstellungen in Mehrfamilienhäusern,                                   deutlich Anteile hinzugewinnen können, so
obwohl dieses Verhältnis 1995 noch um-                                     dass sie von 65,9 v. H. (2006) auf 77,1 v. H.
gekehrt war und die Fertigstellungszahlen                                  (2010) des gesamten Wohnungsbauvolumens
noch deutlich höher lagen. Der Anteil der                                  angestiegen sind (vgl. Schaubild 7).

Fertigstellungen Wohnungen – nach Gebäudeart 1995–2011
350 000

300 000

250 000

200 000

150 000

100 000

 50 000

     0
          1995              1997           1999            2001           2003            2005            2007          2009             2011
                                                                                                                                      Schaubild 6
                 Mehr als zwei Wohnungen            Zwei Wohnungen               Eine Wohnung                            Quelle: Stat. Bundesamt

10
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

Wohnungsbauvolumen in Deutschland (1995–2010)
      in Mrd. Euro                                                                           in Preisen von 2000
180

160

140

120

100

 80

 60

 40

 20

  0
       1995               1997             1999        2001    2003       2005       2007        2009
                                                                                                    Schaubild 7
              Insgesamt          Bestand          Neubau                                          Quelle: BMVBS

Von den insgesamt 122,2 Mrd. Euro an                           Deutschland kann zum Teil durch die Ent-
Bestandsinvestitionen entfallen lediglich                      wicklung der Mieten erklärt werden. Diese
6,5 v. H. auf Vollmodernisierungen von Woh-                    sind im Jahr 2011 um 1,2 v. H. angestiegen,
nungen. Den mit 82,4 v. H. größten Anteil                      so dass hiervon keine deutlichen Signale an
machen Teilmodernisierungen aus, die ver-                      die Anbieter ausgehen, neue Wohnungen be-
bleibenden 11,1 v. H. bestehen aus Ausgaben                    reit zu stellen. Damit setzt sich die seit dem
für Instandhaltungsmaßnahmen (wie Repa-                        Jahr 2000 zu beobachtende stabile Entwick-
raturen). Damit bestätigt sich das Bild un-                    lung der Wohnungsmieten fort (vgl. Schau-
serer früheren Studie („Zukunft der Wohn-                      bild 8).
immobilien und Wohnungsunternehmen in
Deutschland“, Global Markets 2008), dass                       Deutlich volatiler als die Mietpreise zeigen
Bestandsinvestitionen eher gebäudebezogen                      sich die Kosten für Strom, Gas, Wasser u. a.
und damit weniger abhängig von öffentlichen                    Brennstoffe. Diese sind 2011 um 9,5 v. H.
Förderprogrammen sind. Eine weitere Rolle                      gestiegen, was für die Haushalte zu höheren
in diesem Bereich spielen Ausgaben für Maß-                    Wohnkosten (Wohnung, Wasser, Strom, Gas
nahmen der energetischen Sanierung. Diese                      u. a. Brennstoffe) von 3,1 v. H. geführt hat.
machten im Jahr 2010 43,2 Mrd. Euro aus,
was einem Anteil von 34,6 v. H. am gesam-                      Davon ungeachtet ist insbesondere in Metro-
ten Bestandsinvestitionen entspricht. Knapp                    polregionen und Großstädten ein über-
zwei Drittel der Bestandsinvestitionen fal-                    durchschnittlicher Anstieg der Mieten zu
len damit nicht in den Bereich energetischer                   verzeichnen, da diese regional stark differie-
Sanierungen, was dem häufig in der Öffent-                     ren. Das gleiche Muster zeigt sich bei einer
lichkeit gezeichneten Bild widerspricht, Be-                   Betrachtung der Angebotspreise (stat. Be-
standsmaßnahmen im Wohnungsbau seien                           reinigte Preisdaten des BBSR aus Miet- und
nahezu ausschließlich hierdurch bedingt.                       Kaufinseraten), welche ebenfalls regional
Dennoch kann nach Angaben des DIW davon                        stark verschieden sind. In der Zeit zwischen
ausgegangen werden, dass der Anteil energe-                    2005 und 2010 stagnierten die Haus- und
tischer Sanierungen an den Bestandsinves-                      Wohnungspreise laut Angaben des BBSR im
titionen in den letzten Jahren zugenommen                      Bundesdurchschnitt oder sie entwickelten
hat. Es ist damit zu rechnen, dass sich diese                  sich leicht rückläufig. Damit hat die inter-
Entwicklung gerade vor dem Hintergrund                         nationale Finanzkrise die Angebotspreise
des Megatrends „Nachhaltigkeit“ auch in den                    in Deutschland insgesamt kaum beeinflusst.
kommenden Jahren fortsetzen wird.                              Preissteigerungen sind dagegen in Großstäd-
                                                               ten und insbesondere in Metropolregionen
Die in der Summe eher stagnierende Ent-                        zu beobachten und in der kurzen Frist auch
wicklung der Wohnungsbauinvestitionen in                       weiterhin zu erwarten.

                                                                                                               11
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

Entwicklung der Wohnkosten in Deutschland (2000–2011)
      in v. H.

11

 9

 7

 5

 3

 1

–1

–3
         2000        2001        2002       2003        2004   2005     2006   2007      2008   2009    2010         2011
            Wohnung, Wasser, Strom, Gas u. a. Brennstoffe
            Strom, Gas u. a. Brennstoffe                                                                            Schaubild 8
            Wohnungsmieten                                                                             Quelle: Stat. Bundesamt

Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor auf das                          Baukosten belasten allerdings die Fertig-
Angebot an Wohnungen sind die Baukosten.                               stellungen kaum, da sie auf ein entsprechen-
Diese haben sich preisbereinigt bis 2006 re-                           des Nachfragevolumen stoßen, vor allem in
lativ stabil entwickelt (vgl. Schaubild 9). Seit                       Großstädten und Metropolregionen.
2007 steigen die Baukosten im Vergleich hier-
zu mit einer höheren Dynamik, insbeson-
dere zwischen 2006 und 2008. 2011 stiegen                              1.2.3 Nachfrage
die Kosten um 2,6 v. H. (Einfamilienhaus)
und 3,3 v. H. (Zweifamilienhaus) an, was vor                           Der bestimmende Faktor für den Bedarf und
allem an Kostensteigerungen bei Baumate-                               damit die Nachfrage nach Wohnungen ist
rial (vor allem Stahl) und Energie im Zuge                             die Zahl der Haushalte eines Region/Stadt.
der insgesamt überdurchschnittlich guten                               In der langen Frist wird diese durch die ge-
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung lag.                                samte demographische Entwicklung be-
                                                                       stimmt, kurz- und mittelfristig kann eine
Im ersten Quartal 2012 sind die Baukosten                              Veränderung der Wohngewohnheiten aber
im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjah-                            auch zu unterschiedlichen Entwicklungs-
res um 2,5 v. H. gestiegen. Die gestiegenen                            mustern führen. Der in Deutschland zu be-

Entwicklung der Baukosten in Deutschland 2000–2011
       2000 = 100

120

110

100

 90
         2000        2001        2002       2003        2004   2005     2006   2007      2008   2009    2010         2011
                                                                                                                    Schaubild 9
             Einfamilienhäuser            Mehrfamilienhäuser                                           Quelle: Stat. Bundesamt

12
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

Die Veränderung der Zahl der Haushalte in Deutschland 2009–2030
in v. H.
                                 4,5                                          4,7

           2,1

                                         – 0,4
                                                                                        – 0,9
                      – 2,4

                                                       – 10,1

                                                                – 12,3
           Deutschland        alte Flächenländer        neue Länder           Stadtstaaten
                                                                                               Schaubild 10
   Trend         Status quo                                                         Quelle: Stat. Bundesamt

obachtende Trend zu zahlenmäßig kleineren           chenländern wird die Zahl der Haushalte bis
Haushalten stellt eine solche Veränderung           einschließlich 2029 steigen und erst im letz-
dar. In Schaubild 10 ist die relative Verände-      ten Prognosejahr leicht zurückgehen.
rung der Zahl der Haushalte in Deutschland
auf Basis von Daten des Statistischen Bundes-       In der langen Frist wird die Veränderung
amtes (Mikrozensus 2010) und Haushalts-             der Bevölkerungszahl die bestimmende
vorausberechnung 2010–2030) dargestellt.            Größe für die Nachfrage nach Wohnungen
                                                    (das Szenario „Trend“ macht diesen Zusam-
Das Prognoseszenario „Status quo“ geht da-          menhang besonders deutlich). Diese wurde
von aus, dass die Zahl der Personen je Haus-        im Rahmen der 12. koordinierten Bevölke-
halt auf dem aktuellen Stand bleiben wird.          rungsvorausberechnung vom Statistischen
In der Folge ist dieses Szenario deutlich           Bundesamt bis zum Jahr 2060 untersucht.
anfälliger für Veränderungen in der demo-           Die Analyse zeigt deutlich, dass sich der
graphischen Entwicklung. In den vergange-           bereits seit dem Jahr 2003 anhaltende Rück-
nen Jahren ist in Deutschland allerdings zu         gang der Bevölkerungszahl auch weiterhin
beobachten, dass der Anteil von Ein- und            fortsetzen wird (vgl. Schaubild 11).
Zweipersonenhaushalten deutlich zugenom-
men hat. Im Jahr 2000 war dieser 69,5 v. H.,        Je nach unterstellter Prognosevariante wird
bis 2010 ist er auf 74,4 v. H. gestiegen. Eine      dieser Rückgang mehr oder weniger deutlich
Fortsetzung dieser Entwicklung, welche              ausfallen. Die optimistische Variante ent-
auch für wahrscheinlich gehalten wird, be-          spricht dabei dem Szenario „mittleren Be-
rücksichtigt das Szenario „Trend“.                  völkerung, obere Grenze“, die pessimistische
                                                    Variante dem der „mittleren Bevölkerung,
Nach diesem Szenario wird die Zahl der              untere Grenze“ des Statistischen Bundes-
Haushalte in Deutschland bis zum 2030 um            amtes. Beide unterscheiden sich hinsichtlich
2,1 v. H. auf dann 41 Mio. zunehmen. Der            des unterstellten Wanderungssaldos. Die op-
Höchstwert der Haushaltszahl wird aller-            timistische Annahme geht von einer Netto-
dings bereits im Jahr 2025 erreicht werden.         zuwanderung von 200 000 Personen/Jahr ab
Im Vergleich zum Ausgangsjahr ist bis zu            2020 aus, die pessimistische unterstellt einen
diesem Zeitpunkt eine Zunahme der Zahl              positiven Wanderungssaldo von nur 100 000
der Haushalte in Höhe von 3,1 v. H. zu er-          Personen/Jahr ab 2014. Die mittlere Varian-
warten. Eine über den gesamten Prognose-            te nimmt zusätzlich einen starken Anstieg
zeitraum steigende Zahl der Haushalte wei-          der Lebenserwartung an, bei pessimistischer
sen die Stadtstaaten auf, während in den            Prognose hinsichtlich des Wanderungssal-
neuen Ländern ein kontinuierlicher Rück-            dos. Allen dargestellten Varianten gemein ist
gang zu beobachten ist. In den alten Flä-           die Annahme einer Geburtenhäufigkeit von

                                                                                                          13
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

Bevölkerungsentwicklung in Deutschland 2010–2060
12. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung
         in 1000 Personen
85 000

80 000

75 000

70 000

65 000

60 000
     2010          2015         2020            2025        2030          2035           2040           2045          2050      2055          2060
                                                                                                                                        Schaubild 11
              „optimistische“ Variante            mittlere Variante             „pessimistische“ Variante                    Quelle: Stat. Bundesamt

1,4 Kindern je Frau, da dieser Wert sich seit                                   weiter in Richtung auf einen immer höheren
Jahren relativ stabil zeigt.                                                    Anteil älterer Menschen in Deutschland ver-
                                                                                ändern wird.
Die zu geringe Geburtenhäufigkeit führt bei
steigender Lebenserwartung und sinkender                                        Da sich mit dem Alter auch die Wohn-
Bevölkerungszahl auch zu deutlichen Verän-                                      gewohnheiten verändern, beeinflusst die
derungen der Altersstruktur der deutschen                                       Entwicklung der Altersstruktur auch die
Bevölkerung (vgl. Schaubild 12). Lediglich                                      Nachfrage nach Wohnungen und Wohn-
die Zahl der über 65-jährigen Personen wird                                     fläche. Bedingt durch den Remanenzeffekt
noch bis 2040 um immerhin knapp 50 v. H.                                        bleibt die genutzte Wohnfläche im Alter auf
zunehmen, was durch die Alterung der ge-                                        vergleichsweise hohem Niveau, nachdem
burtenstarken Jahrgänge bedingt ist. Im                                         sie sich über die Lebensspanne erhöht hat.
Zeitraum von 2040–2060 wird auch diese Al-                                      Der Remanenzeffekt ist darauf zurückzu-
tersgruppe leicht um 3,3 v. H. abnehmen. Die                                    führen, dass aufgrund Gewohnheitseffekte
Zahl der unter 65-jährigen Personen wird in                                     oder zu hoher Umzugskosten in ihren Woh-
demselben Zeitraum allerdings um 14,8 v. H.                                     nungen verbleiben, obwohl die Wohnfläche
zurückgehen, so dass die Altersstruktur sich                                    aufgrund der Lebensumstände eigentlich

Zahl der Personen in unterschiedlichen Altersgruppen
         in 1000 Personen
55 000

45 000

35 000

25 000

15 000

 5 000
                 2008                    2020                   2030                     2040                  2050                 2060
                                                                                                                                        Schaubild 12
               unter 20 Jahre            20–65 Jahre            über 65 Jahre                                                Quelle: Stat. Bundesamt

14
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

zu groß ist. Hierdurch steigt insgesamt die        frageseitige Wachstumspotenziale sind vor
Wohnflächennachfrage. Zudem steigt die             allem in Westdeutschland und generell in
nachgefragte Wohnungsgröße tendenziell             Städten mit mehr als 500 000 Einwohnern
von Generation zu Generation, da auch de-          zu erwarten. Die derzeit noch in den Um-
ren Wohlstand zunimmt. Dieser Kohorten-            landgemeinden lebende Bevölkerungsgrup-
effekt ist damit ebenfalls ein stabilisierendes    pe der 55 bis 70-jährigen wird bis 2025 zah-
Moment für die Wohnflächennachfrage.               lenmäßig weiter zunehmen. Diese Gruppe
Dies bestätigt eine Analyse der Entwick-           sind potenzielle „Stadtrückkehrer“, die im
lung der Wohnfläche pro Kopf, welche in            Alter von der besser ausgebauten städtischen
Deutschland in der Dekade zwischen 2000            Infrastruktur profitieren wollen.
und 2010 um 8,4 v. H. zugenommen hat. Zu-
dem stieg die durchschnittliche Wohnungs-          Von den insgesamt 440 Kreisen in Deutsch-
größe um 2,5 v. H. bzw. absolut betrachtet         land werden 243 bis 2025 noch eine steigen-
um gut 2 m 2.                                      de Zahl an Haushalten aufweisen, wobei ein
                                                   deutliches Ost-West-Gefälle zu beobachten
Insgesamt wird die langfristig dämpfende           ist. Abgesehen von den Regionen Berlin,
Wirkung der demographischen Entwick-               Dresden, Jena und der Küstenregion mitt-
lung auf die Nachfrage nach Wohnungen in           leres Mecklenburg werden alle ostdeutschen
der kommenden Dekade durch den Rema-               Kreise von einer sinkenden Zahl an Haus-
nenz- und Kohorteneffekt sowie die mittel-         halten betroffen sein.
fristig noch zunehmende Zahl der Haushalte
aufgefangen. In diesem Zeitraum erwarten           Auch in Westdeutschland wird es neben sich
wir insgesamt eine moderate Zunahme der            gut entwickelnden Kreisen wie Köln oder
nachgefragten Wohnungen und einen leich-           Düsseldorf auch Regionen mit einer deut-
ten Anstieg der Flächennachfrage.                  lichen Abnahme der Haushaltszahlen geben,
                                                   z. B. das Ruhrgebiet oder Hochsauerland-
Die zu erwartende Entwicklung wird jedoch          kreis. Damit können bedingt durch die Kon-
regional sehr differenziert auftreten. Nach-       zentration der Haushaltsentwicklung in den

Veränderung der Zahl der Haushalte 2005–2025

                                                                                      Schaubild 13
                                                                                      Quelle: BBSR

                                                                                                 15
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

Entwicklung der verfügbaren Einkommen (real)
(2005–2015)                                                   Veränderung gegenüber dem Vorjahr
     in v. H.

 2

 1

 0

                                                              ab 2012 Prognosewerte

–1
       2005          2007            2009             2011               2013                     2015
                                                                                                Schaubild 14
                                                                                Quelle: Stat. Bundesamt, Feri

urban geprägten Kreisen regional durchaus        allerdings die Kosten für Energie und Wasser
Nachfragezuwächse entstehen, welche in der       mit berücksichtigt, ist seit 2009 eine deutli-
Folge die Preise für Wohnraum weiter trei-       chere Steigerung und damit Belastung für
ben können.                                      die nachfragenden Haushalte zu erkennen
                                                 (vgl. Schaubild 8). Im Jahr 2011 betrug diese
Diese Entwicklung wird auch durch die            Zunahme der Wohnkosten 3 v. H., was sich
Verbesserung der Einkommenssituation der         im Zusammenspiel mit der Verbesserung der
privaten Haushalte gestützt. Nach Realein-       Einkommenssituation der Haushalte jedoch
kommensrückgängen im Jahr 2009 werden            nicht negativ auf die Nachfrage nach Miet-
diese im laufenden Jahr um 2,2 v. H. steigen,    wohnungen ausgewirkt hat. Im Gegenteil, in
was positive Wirkungen insbesondere für          urbanen Regionen ist die Nachfrage deutlich
die Nachfrage nach Wohneigentum bedeutet         gestiegen, was sich auch in den Mieten ent-
(vgl. Schaubild 14).                             sprechend widerspiegelt.

Derart hohe Zuwächse werden mittelfristig        Aufgrund der Entwicklung der Haushalts-
aufgrund der nachlassenden konjunkturel-         zahlen und auch der Einkommen der pri-
len Entwicklung nicht mehr erreicht werden       vaten Haushalte wird kurz- bis mittelfristig
können. Es bleibt aber bis 2015 bei Real-        die Nachfrage nach Wohnungen moderat
einkommenssteigerungen, wenngleich diese         zunehmen. Langfristig wird sich allerdings
kontinuierlich geringer ausfallen werden.        der demographische Trend durchsetzen und
Die Zuwächse bleiben aber jeweils höher als      zu sinkender Nachfrage nach Wohnungen
in den Jahren 2005 bis 2010. In Verbindung       führen. Diese Entwicklung wird nicht nach
mit den weiterhin bestehenden Unsicherhei-       einem einheitlichen Muster, sondern regio-
ten hinsichtlich der Altersvorsorge und der      nal sehr differenziert einsetzen. In den Bal-
weiteren Entwicklung der Eurozone wird           lungszentren und infrastrukturell gut ange-
die Einkommensentwicklung die Nachfrage          bundenen Randregionen sind noch deutliche
nach Wohnungen positiv beeinflussen. Dies        Steigerungen der Wohnungsnachfrage zu
gilt in besonderem Maße für Regionen mit         erwarten.
einer überdurchschnittlich guten Einkom-
mensentwicklung bei den privaten Haus-
halten.                                          1.3 Marktergebnis/-entwicklung
Die Wohnungsmieten haben sich in den ver-        Die analysierten Entwicklungen der rele-
gangenen Jahren preisbereinigt durchschnitt-     vanten Einflussgrößen auf Angebot an und
lich um ca. 1 v. H. erhöht, was einen eher       Nachfrage nach Wohnungen zeigen sich im
moderaten Aufwärtstrend bedeutet. Werden         Marktergebnis. Deutschland verfügt grund-

16
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

sätzlich über eine gute Ausstattung mit                 einer etwas höheren Dynamik. Allerdings
Wohnungen. Die zuletzt zu beobachtenden                 wird das Preisniveau in den A-Lagen deut-
Anstiege der Fertigstellungszahlen neuer                lich über dem der B-Städte bleiben. Im Jahr
Wohnungen gehen insbesondere auf die zu-                2011 war ein neues Reihenhaus an einem A-
nehmende Nachfrage an urbanen Standorten                Standort um immerhin 42 v. H. teurer als ei-
zurück, welche durch die noch zunehmen-                 nes in einer Stadt der B-Kategorie.
de Zahl der Haushalte und deren Tendenz
zur Rückkehr in die Städte getrieben wird.              Gerade in Städten mit ihrem begrenzten Flä-
Das hier in der Folge das Angebot nicht                 chenangebot spielen Eigentumswohnungen
ausreicht, um die Nachfrage zu befriedigen,             für die Versorgung mit Wohnraum eine we-
schlägt sich in steigenden Preisen für Woh-             sentliche Rolle. Die zu erwartende Entwick-
nungen nieder.                                          lung zeigt sich daher auch deutlich in diesem

Immobilienpreisindizes Reihenhäuser 1995–2011
      1990 = 100
130

120

110

100
       1995             1997       1999   2001       2003      2005       2007      2009            2011
                                                                                               Schaubild 15
              Deutschland      A-Städte   B-Städte                                  Quelle: BulwienGesa AG

Die durchschnittlichen Preise für neu erstell-          Marktsegment. In den A-Städten sind die
te Reihenhäuser werden an den A-Standorten              Preise 2011 um beachtliche 10,8 v. H. gestie-
auch weiterhin zulegen (vgl. Schaubild 15).             gen, in den B-Lagen betrug die Zunahme
Auch die B-Städte werden Preissteigerungen              5,8 v. H. (vgl. Schaubild 16).
zu verzeichnen haben, hier sogar mit etwas

Immobilienpreisindizes Eigentumswohnungen 1995–2011
       1990 = 100

140

130

120

110

100
       1995             1997      1999    2001       2003      2005       2007      2009            2011
                                                                                               Schaubild 16
              Deutschland      A-Städte   B-Städte                                  Quelle: BulwienGesa AG

                                                                                                           17
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

                                                  2010–2025       2010–2015       2016–2020             2021–2025
Gebäudearten
                                                          jährlicher Neubaubedarf in Wohnungen

Einfamilienhäuser                                   115 000         122 000            96 000                90 000

Mehrfamilienhäuser                                   68 000          71 000            59 000                51 000

Summe                                               183 000         193 000           155 000              141 000
                                                                              Quelle: BBSR Wohnungsmarktprognose 2025

Aus dieser Preisentwicklung und der vorhan-              27,3 v. H., gegenüber 8,8 v. H. im Westen,
denen Nachfrage ergeben sich auch weiterhin              deutlich ab.
Anreize für die Anbieter, neue Wohnungen
vor allem in A-, aber eben auch in B-Städten             Ein weiterer wichtiger Indikator für das
zu errichten. Der derzeit zu beobachtende                Marktergebnis ist die Leerstandsquote. Diese
Trend der Konversion von Flächen von einer               hat für Deutschland nach den Daten des letz-
gewerblichen Nutzung hin zu Wohnraum                     ten Mikrozensus im Vergleich zur Erhebung
bestätigt diese Folgerung. Bis 2015 werden               von 2006 um 0,5 Prozentpunkte zugenommen.
allein in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt a.M.,            Dabei zeigt sich für Ost- und Westdeutsch-
Hamburg und München 25 000 Wohnungen                     land ein deutlich differenziertes Bild. Wäh-
auf diese Weise zum Bestand hinzukommen.                 rend die Leerstandsquote in Ostdeutschland
                                                         um 0,9 Prozentpunkte gesunken ist, ist sie in
Der zukünftig erwartete Wohnungsbedarf                   Westdeutschland im selben Zeitraum um einen
wird sich damit in den urbanen Regionen                  Prozentpunkt gestiegen (vgl. Schaubild 17).
konzentrieren. Bis 2025 geht das BBSR von
einem Neubaubedarf von insgesamt 183 000                 Der Rückgang der Quote in Ostdeutschland
Wohnungen in Deutschland aus. Davon ent-                 ist ein Erfolg des „Stadtumbauprogramms
fallen 154 000 auf West- und 29 000 auf Ost-             Ost“ (vgl. hierzu ausführlich: „Zukunft der
deutschland.                                             Wohnimmobilien und Wohnungsunterneh-
                                                         men in Deutschland“, Global Markets 2008).
Im Zeitraum 2010 bis 2015 liegt der Be-                  Dieses Programm verfolgt im Wesentlichen
darf durch die positive Entwicklung der                  zwei Ziele:
Haushaltszahlen bei 193 000 Wohnungen/                   – Rückbau dauerhaft nicht mehr benötigter
Jahr, bevor er in den folgenden Zeiträumen                  Wohneinheiten und
abnehmen wird. Im Vergleich mit diesem                   – die Aufwertung von Stadtquartieren
Hochstand des Bedarfes nimmt er in Ost-                     durch Sanierung und Instandsetzung des
deutschland in der Periode 2021 bis 2025 mit                vorhandenen Altbaubestandes.

Wohnungsleerstandsquote 1998–2010
     in v.H.
14

12

10

 8

 6

 4

 2

 0
                 1998                      2002                   2006                           2010
                                                                                                           Schaubild 17
          Neue Bundesländer   Alte Bundesländer    Deutschland                                  Quelle: Stat. Bundesamt

18
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

Insbesondere durch die umfangreichen              1.4 Investmentmarkt „Wohnen“
Rückbaumaßnahmen konnte der ostdeut-
sche Wohnungsmarkt stabilisiert werden.           Die Investments in deutsche Wohnimmobi-
Bis Ende 2010 wurde hierdurch der Bestand         lien stellen eine zunehmend attraktive As-
um 274 600 Wohnungen verringert, bis 2016         setklasse dar. Schon das Jahr 2011 war stark
sollen weitere 200 000 bis 250 000 Wohnun-        vom steigenden Interesse der Investoren nach
gen folgen.                                       Wohnimmobilien geprägt. Mit ungefähr
                                                  4,8 Mrd. Euro Transaktionsvolumen wur-
Der Anstieg der Leerstandsquote in West-          den das Segment der Wohnungsportfolios
deutschland wird vor allem durch Leer-            mit über 50 Wohnungen (ohne Börsendeals,
stände in ländlichen und in altindustriellen      inkl. Neubau) der höchste Umsatz seit 2008
Regionen getrieben. Hier treten wirtschaft-       erzielt. Ohne die Neubauten wurden gut
liche und demographische Problemlagen             81 000 verkauften Wohneinheiten gehandelt.
häufig gemeinsam auf und führen zu einem          Aufgrund der Nachfrage und der Finanzie-
sich gegenseitig verstärkenden Effekt. Diese      rungsbedingungen wurden vor allem Core-
Gebiete werden auch in Zukunft ein hohes          und Core-Plus-Investments durchgeführt.
Leerstandsrisiko aufweisen. Auch in West-         Aber auch opportunistische, ausländische
deutschland könnte daher ein ähnlich ziel-        Investoren waren wieder am Markt aktiv.
gerichtetes Stadtumbauprogramm zu einer
Bereinigung der Marktlage beitragen, insbe-       Dieser Aufwärtstrend setzte sich im ersten
sondere der bislang im Stadtumbau „West“          Halbjahr 2012 fort, es wurde bereits ein um
noch nicht berücksichtigte Rückbau von            14 v. H. höheres Transaktionsvolumen er-
Wohnungen oder ganzen Wohnquartieren.             reicht als im gesamten Vorjahr und es sind
                                                  in diesem Jahr noch einige Deals zu erwar-
Die Perspektiven der deutschen Wohnungs-          ten. Dabei dominieren in diesem Jahr bislang
märkte sind aufgrund dieser Entwicklungen         deutsche Marktteilnehmer das Geschehen.
differenziert einzuschätzen. Es ist davon aus-    Der Anteil von Versicherungsunternehmen,
zugehen, dass es drei typische regionale Ent-     Pensionskassen und börsennotierten Immo-
wicklungsmuster geben wird. Zum einen die         bilienunternehmen betrug auf Käuferseite
Zentren und die zentrumsnahen, infrastruk-        66 v. H., 34 v. H. entfielen auf ausländische
turell gut angebundenen Regionen. Diese           Marktteilnehmer. Dies ist insbesondere
werden aufgrund der demographischen Ent-          durch die großen Abschlüsse (BauBeCon,
wicklung und der Verbesserung der Einkom-         LBBW) begründet, in der mittleren Frist
menssituation der privaten Haushalte weiter       liegt der Anteil ausländischer Käufer nach
an Bedeutung gewinnen. Die insgesamt zwar         Angaben des BBSR bei 57 v. H. und damit
sinkenden Fertigstellungszahlen werden sich       deutlich höher. Wichtige Faktoren für das
in diesen Regionen konzentrieren und damit        Angebot waren zum einen Auflagen der
für eine weiterhin dynamische Marktent-           Europäischen Union und zum anderen wirt-
wicklung sorgen. Zum anderen das entfern-         schaftliche Schwierigkeiten insbesondere
tere Umland. Hier ist mittelfristig von einer     opportunistisch ausgerichteter Marktteil-
stagnierenden Entwicklung auszugehen. Erst        nehmer.
in der langen Frist wird sich die demogra-
phische Entwicklung hier negativ bemerk-          Die vergleichsweise stabile langfristige Ent-
bar machen. Problematische Perspektiven           wicklung der deutschen Immobilienmärkte
weisen ländlich geprägte oder altindustrielle     machen diese in einem zunehmend risiko-
Gebiete sowie der Großteil Ostdeutschlands        reicher werdenden globalen Marktumfeld
auf. Diese sind schon jetzt negativ von den       zu einer interessanten Anlagealternative.
sich abzeichnenden Entwicklungstrends be-         In Kombination mit der guten gesamtwirt-
troffen, eine Trendumkehr wird für extrem         schaftlichen Perspektive und den Einkom-
unwahrscheinlich gehalten.                        menssteigerungen auf Seiten der privaten
                                                  Haushalte hat die Nachfrage nach deutschen
                                                  Wohnungsportfolios an Schwung gewon-
                                                  nen. Unterstützt wird diese Entwicklung
                                                  von den historisch günstigen Finanzierungs-

                                                                                            19
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

Verkaufte Wohnungen nach Portfoliogröße (1999–2011)
Wohnungen in 1000
400

350

300

250                                                                                              Portfoliogröße in Wohneinheiten

200                                                                                                 00 800 bis unter 2 000

150                                                                                                 02 000 bis unter 5 000

                                                                                                    05 000 bis unter 10 000
100
                                                                                                    10 000 bis unter 25 000
 50
                                                                                                    25 000 und mehr
  0
      1999   2000   2001   2002   2003   2004   2005   2006   2007   2008   2009   2010   2011
Anmerkung:
Berücksichtigt sind Verkäufe großer Wohnungsbestände ab 800 Wohnungen,                                                        Schaubild 18
Datenbasis BBSR-Datenbank Wohnungstransaktionen                                                                               Quelle: BBSR

bedingungen, welche unter Ausnutzung des                                2. Aktuelle Fragen
Leverage-Effektes und einer opportunisti-
schen Anlagestrategie gute Renditemöglich-                                 zu den deutschen
keiten eröffnen.                                                           Wohnungsmärkten
Mit der 2012 voraussichtlich weiter steigen-                            2.1 Besteht die Gefahr einer
den Zahl an Wohnungen, die Gegenstand
von Portfolioverkäufen sind, wird dennoch
                                                                            Wohnungsnot in Deutschland?
nicht das Volumen der Vorkrisenzeit erreicht
werden (vgl. Schaubild 18). Gegenüber den                               Das Gut „Wohnung“ ist für die Haushalte in
Jahren 2009 und 2010 ist aber eine deutliche                            Deutschland lebensnotwendig und nicht sub-
Erholung des Wohnungsinvestmentmarktes                                  stituierbar. Damit kommt der ausreichenden
zu erkennen.                                                            Versorgung mit diesem Gut ein sehr hoher
                                                                        Stellenwert zu. Sind Haushalte nicht in der
Diese Erholung ist regional sehr differenziert                          Lage, bezahlbare Wohnungen am Markt zu
verteilt. Schwerpunkte der Entwicklung                                  finden, liegt eine Wohnungsnot vor, die eine
sind hier insbesondere Berlin und München                               existenziell bedrohliche Situation bedeutet.
sowie die weiteren A-Standorte. Aber auch                               Betroffen sind einkommensschwache Haus-
die B-Lagen werden zunehmend attraktiver,                               halte, da diese über die geringsten Mittel
da diese in vielen Fällen Potenzial aufweisen                           verfügen und bei steigenden Wohnkosten ei-
und noch nicht so im Fokus ausländischer                                nen immer höheren Anteil ihres verfügbaren
opportunistischer Anleger stehen wie die A-                             Einkommens für Wohnzwecke aufwenden
Standorte.                                                              müssen.

Insgesamt ist in der mittleren Frist eine wei-                          Diese Wohnkosten sind 2011 nominal um
tere Zunahme der Marktaktivität zu erwar-                               3,1 v. H. gestiegen, insbesondere wegen der
ten. Hierfür spricht einerseits die Entwick-                            steigenden Energiepreise im Bereich der Ne-
lung der Fundamentaldaten und andererseits                              benkosten. Diesen Steigerungen stehen al-
die zunehmende Unsicherheit bei alter-                                  lerdings auch die Zunahmen der verfügbaren
nativen Anlageprodukten zu Immobilien-                                  Einkommen der privaten Haushalte gegen-
investments. Die Gefahr der Bildung einer                               über. Da eine Wohnungsnot zunächst ein-
spekulativen Blase wird insgesamt zunächst                              kommensschwache Haushalte erreicht, ist zu
nicht gesehen. Auf regionalen Märkten wie                               prüfen, ob das Armutsrisiko in Deutschland
den Metropolen wie Berlin oder München ist                              gestiegen ist. Ein Indikator hierfür ist nach
diese Gefahr allerdings deutlich höher ein-                             OECD-Standards berechnete „Armutsge-
zuschätzen.                                                             fährdungsquote“ (vgl. Schaubild 19). Diese

20
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

Die Armutsgefährdungsquote in Deutschland (2005–2010)
     in v. H.
20

18

16

14              14,7                  14,3            14,4          14,6           14,5
                       14,0
12

10

 8

 6

 4

 2

 0
                2005   2006           2007            2008          2009           2010
                                                                                    Schaubild 19
                                                                                   Quelle: statista

gibt den Anteil armutsgefährdeter Personen       geförderten Sozialwohnungen auf einen Be-
an der Gesamtbevölkerung an und ist 2010         stand von unter 1,7 Mio. Wohnungen gesun-
gegenüber Vorjahr um 0,1 Prozentpunkte           ken, was einem Rückgang von rund einem
gesunken.                                        Drittel entspricht. Eine Ursache hierfür ist
                                                 darin zu sehen, dass der Bund mit der Fö-
Zudem lag die Leerstandsquote im Jahr 2010       deralismusreform 2007 die Zuständigkeit
bei 8,4 v. H., was mit der These einer „Woh-     für den sozialen Wohnungsbau an die Län-
nungsnot“ in Deutschland nicht vereinbar         der abgegeben hat und sich aus diesem Be-
ist. Ein anderes Bild ergibt sich allerdings,    reich vollständig zurückgezogen hat. Zudem
wenn einzelne Regionen untersucht werden.        ist 2006 die Möglichkeit der degressiven
Hier zeigen sich gerade im unteren Preis-        Abschreibungen für Mietwohnungen abge-
segment in Groß- und Universitätsstädten         schafft worden, was einen geringeren Anreiz
Nachfrageüberhänge, die in der Folge zu          für die Unternehmen der Wohnungswirt-
Preisanstiegen führen. Neue Wohnungsfer-         schaft bedeutet, neue Mietwohnungen zu
tigstellungen sind dagegen eher im höheren       schaffen.
Preissegment angesiedelt, so dass es gerade
für die Bezieher kleiner Einkommen hier
deutlich schwieriger wird, bezahlbare Woh-
nungen zu finden. Auch energetische Sanie-       2.2 Gibt es eine spekulative Blase bei
rungen tragen zu einem Anstieg der Kosten            deutschen Wohnimmobilien?
bei, dies bezieht sich aber auf die Netto-
kaltmiete. Dieser Anstieg wird zumindest         Zuletzt wurden wieder vermehrt Befürch-
teilweise durch die erzielten Kosteneinspa-      tungen geäußert, dass sich am Wohnimmo-
rungen bei den Nebenkosten kompensiert,          bilienmarkt in Deutschland eine spekulative
so dass sich die Wirkung der energetischen       Blase bilden könne. Durch deren Platzen
Sanierungen auf die Nachfrage relativiert.       und die dann erfolgenden Preiskorrekturen
Zudem reichen die Fertigstellungen in Groß-      bestünde ein hohes Risiko für die weitere
städten vielfach nicht aus, um der gerade in     wirtschaftliche Entwicklung in Deutsch-
den prosperierenden Städten steigenden           land, wie es die Beispiele USA, Spanien und
Nachfrage nach Wohnungen entsprechen zu          England bereits gezeigt hätten.
können.
                                                 Generell ist ein übermäßiger Preisanstieg
Problematisch ist in diesem Zusammenhang,        eine notwendige Bedingung für die Diag-
dass die Förderung des sozialen Wohnungs-        nose einer spekulativen Blase. Gehen diese
baus in den vergangenen Jahren kontinuier-       Preisanstiege auf Veränderungen der Fun-
lich gesunken ist. Seit 2002 ist die Zahl der    damentaldaten des betroffenen Marktes

                                                                                                  21
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

zurück, handelt es sich nicht um eine Blase.                          halte gekommen. Hier betrug die Zunahme
Können die Preiserhöhungen nicht oder                                 2011 insgesamt 3,3 v. H.
nicht vollständig durch eine entsprechende
Änderung der Fundamentaldaten erklärt                                 Durch diese Entwicklung ist Wohneigentum
werden, kann es sich um eine Blase handeln.                           insgesamt erschwinglicher geworden, was
In diesem Fall werden die spekulativen Er-                            am Erschwinglichkeitsindex deutlich wird.
wartungen der Marktteilnehmer die treiben-                            Musste im Jahr 2010 noch das 5,6-fache des
de Kraft, die langfristige Ertragskraft des                           kaufkräftigen Einkommens pro Kopf für den
Anlageobjektes tritt dabei mehr und mehr                              Erwerb von Wohneigentum aufgewendet
in den Hintergrund und die Preise verlie-                             werden, war hierzu 2011 noch das 5,5-fache
ren ihre Funktion als Knappheitsindika-                               Einkommen notwendig. Zusammen mit den
tor. In einer solchen Konstellation reichen                           insgesamt guten gesamtwirtschaftlichen
dann kleine Veränderungen oder gar bloße                              Kennzahlen kann auf dieser Grundlage nicht
Meldungen, um das spekulative Kartenhaus                              auf die Existenz einer spekulativen Blase auf
zum Einsturz zu bringen. Es folgt eine ab-                            dem deutschen Markt für Wohneigentum
rupte Wertkorrektur, so dass die Preise ihre                          gesprochen werden, die Preisentwicklung
Informationsfunktion wieder wahrnehmen.                               signalisiert vielmehr vorhandene realwirt-
Leider existieren keine statistisch gesicherten                       schaftliche Knappheiten am Markt.
Grenzwerte, ab wann von einer Blase oder
der „Überhitzung“ des Marktes gesprochen                              Ein weiterer Indikator ist das Verhältnis der
werden kann, daher muss jeweils untersucht                            Kaufpreise von Wohnungen zu deren Mie-
werden, ob beobachtbare Preisanstiege auf                             ten. Nehmen erstere im Verhältnis zu den
Veränderungen der Fundamentaldaten zu-                                Mieten überproportional zu, ist dies ein
rückgehen oder nicht.                                                 Signal für eine mögliche Überhitzung im
                                                                      Markt. Dieses Verhältnis hat sich zuletzt
Die Marktdaten für Wohnimmobilien be-                                 auf Basis von Daten der BulwienGesa AG,
stätigen einen Preisanstieg in den vergan-                            die Marktdaten für die 125 größten Städte in
genen drei Jahren (vgl. Schaubilder 15 und                            Deutschland erfasst, unterschiedlich entwi-
16). Auch die durchschnittlichen Kosten des                           ckelt: Während bei den Reihenhäusern eine
Erwerbs von Wohneigentum pro Kopf ha-                                 Zunahme zu beobachten ist, ging der Wert
ben in der Folge in diesem Zeitraum ange-                             bei den Eigentumswohnungen zurück (vgl.
zogen (vgl. Schaubild 20). Zuletzt sind diese                         Schaubild 21).
im Jahr 2011 im Vergleich zum Vorjahr um
2,4 v. H. angestiegen. Gleichzeitig ist es aller-                     Beide Veränderungen sind allerdings nicht
dings auch zu einer positiven Entwicklung                             ausreichend, um vom Vorhandensein einer
der Kaufkraft pro Kopf der privaten Haus-                             spekulativen Blase im deutschen Wohnungs-

Einkommen, mittlere Kosten und Erschwinglichkeitsindex 1995–2011
      1995 = 100
150                                                                                                                    7

140

130

120
                                                                                                                       6
110

100

 90

 80                                                                                                                    5
       1995           1997      1999           2001            2003             2005   2007     2009           2011
                                                                                                             Schaubild 20
              Einkommen      Mittlere Kosten          Erschwinglichkeitsindex                     Quelle: BulwienGesa AG

22
Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland

Verhältnis Reihenhaus- und Eigentumswohnungspreise zu Mieten
in Deutschland 1990–2011
      1990 = 100

110

100

 90

 80
      1990          1992           1994          1996       1998           2000         2002      2004   2006   2008        2010
                                                                                                                            Schaubild 21
             Eigentumswohnung/Wohnungsmiete                       Reihenhaus/Wohnungsmiete                       Quelle: BulwienGesa AG

markt zu sprechen. Mit Indexwerten von                                            die steigende Unsicherheit bei alternativen
101,8 (Reihenhäuser/Mieten) und 99,6 (Ei-                                         Anlageprodukten sorgen hier für zusätz-
gentumswohnungen/Mieten) liegen beide                                             liche Nachfrage, die durchaus spekulative
Preisverhältnisse verhältnismäßig nahe an                                         Züge annehmen kann.
den Ausgangswerten von 1990.

Die Studie kommt daher zu dem Ergebnis,                                           2.3 Altersgerechte Wohnungen –
dass es derzeit keine Anzeichen für die Bil-                                          ein Wachstumssegment?
dung einer spekulativen Blase am deutschen
Wohnungsmarkt insgesamt gibt. Dies bedeu-                                         Aufgrund der sich abzeichnenden demogra-
tet allerdings keinesfalls, dass entsprechende                                    phischen Entwicklung wird der Anteil älterer
Tendenzen in regionalen Teilmärkten ausge-                                        Menschen in Deutschland überproportional
schlossen sind. Gerade die Wohnungsmärkte                                         zunehmen, auch wenn die Bevölkerungszahl
in Metropolen bergen das Risiko einer Über-                                       insgesamt sinkt. Ein Indikator für diesen
hitzung. Etwas geringer ausgeprägt gilt dies                                      Strukturwandel ist der Altenquotient, wel-
ebenfalls für die weiteren größeren Städte in                                     cher angibt, wie viele ältere Menschen auf
Deutschland. Günstige Finanzierungskos-                                           100 Personen im Erwerbsalter kommen (vgl.
ten, eine gute Einkommensentwicklung und                                          Schaubild 22).

Entwicklung des Altenquotienten (mittlere Variante) 2008–2060
      je 100 Personen im Erwerbsalter
100

 80

 60

 40

 20

  0
               2008                       2020                     2030                   2040           2050            2060
                                                                                                                             Schaubild 22
             Altenquotient 60 J.            Altenquotient 65 J.             Altenquotient 67 J.                   Quelle: Stat. Bundesamt

                                                                                                                                        23
Sie können auch lesen