Diagnose und Management der Osteoporose bei Diabetes mellitus (Update 2019)
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leitlinien für die praxis Wien Klin Wochenschr https://doi.org/10.1007/s00508-019-1462-0 Diagnose und Management der Osteoporose bei Diabetes mellitus (Update 2019) Gemeinsame Leitlinie der Österreichischen Gesellschaft für Knochen- und Mineralstoffwechsel und der Österreichischen Diabetes Gesellschaft Christian Muschitz · Alexandra Kautzky-Willer · Martina Rauner · Yvonne Winhöfer-Stöckl · Judith Haschka © Der/die Autor(en) 2019 Zusammenfassung Diabetes mellitus und Osteopo- Patienten mit Diabetes mellitus und einem erhöh- rose zählen zu den häufigsten chronischen Erkran- ten Frakturrisiko sollten genauso wie Patienten ohne kungen und kommen deshalb beide häufig in ein und Diabetes und einem erhöhten Frakturrisiko behandelt demselben Individuum vor. Da die Prävalenz beider werden. mit steigendem Alter zunimmt, wird in Anbetracht der Der Vitamin-D-Spiegel sollte auf jeden Fall immer op- Altersstruktur unserer Bevölkerung deren Häufigkeit timiert werden und auf eine ausreichende Kalzium- zunehmen. aufnahme (vorzugsweise durch die Nahrung) ist zu Patienten mit Diabetes haben ein erhöhtes Risiko für achten. Fragilitätsfrakturen. Die Pathophysiologie ist unklar Bei der Wahl der antihyperglykämischen Therapie und vermutlich multifaktoriell. sollten Substanzen mit nachgewiesen negativem Ef- Longitudinale Studien haben den Nachweis erbracht, fekt auf den Knochen weggelassen werden. Bei Vor- dass das Fracture Risk Assessment Tool (FRAX) und liegen einer Fragilitätsfraktur ist auf jeden Fall – un- die Knochendichte (BMD) mittels DXA (T-score) Mes- abhängig von allen vorliegenden Befunden – eine sungen und einem eventuell vorhandenen Trabecular langfristige spezifische osteologische Therapie indi- Bone Score (TBS) das individuelle Frakturrisiko vor- ziert. hersagen können. Hierfür muss allerdings eine Adjus- Zur Prävention von Fragilitätsfrakturen sind antire- tierung vorgenommen werden, um das Risiko nicht zu sorptive Medikamente die erste Wahl, entsprechend unterschätzen. der nationalen Erstattungskriterien auch anabole Me- Es gibt derzeit aus osteologischer Sicht noch nicht den dikamente. Das Therapiemonitoring soll im Einklang optimalen Ansatz, da es keine Studien mit rein diabe- mit der nationalen Osteoporose Leitlinie erfolgen. tischen Patienten und Osteoporose gibt. Schlüsselwörter Diabetes · Osteoporose · Frakturen · Priv.-Doz. Dr. C. Muschitz () · J. Haschka Frakturrisiko · Medikation Externe Lehre, Medizinische Universität Wien, Wien, Österreich Diagnosis and management of patients with christian.muschitz@meduniwien.ac.at diabetes and co-existing osteoporosis (Update Priv.-Doz. Dr. C. Muschitz 2019) II. Medizinische Abteilung, Krankenhaus der Barmherzigen Common guideline of the Autrian Society for Bone Schwestern Wien, Stumpergasse 13, 1060 Wien, Österreich and Mineral Research and the Austrian Diabetes Society A. Kautzky-Willer · Y. Winhöfer-Stöckl Gender Medicine Unit, Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel, Universitätsklinik für Summary Fragility fractures are increasingly recog- Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien, Wien, nized as a complication of both type 1 and type 2 Österreich diabetes, with fracture risk that increases with disease M. Rauner duration and poor glycemic control. The identifica- Bone Lab Dresden, Medizinische Klinik und Poliklinik III, tion and management of fracture risk in these pa- Medizinische Fakultät, Technische Universität Dresden, tients remains challenging. This manuscript explores Dresden, Deutschland the clinical characteristics of bone fragility in adults K Diagnose und Management der Osteoporose bei Diabetes mellitus (Update 2019)
leitlinien für die praxis with diabetes and highlights recent studies that have ner gestörten Glucose-Toleranz) gegenüber zu stellen. evaluated areal bone mineral density (BMD), bone Zusätzlich zu diesem direkten Risiko kommen noch microstructure and material properties, biochemical weitere klinische Risikofaktoren (clinical risk factors, markers, and fracture prediction algorithms (FRAX) in CRF), die mit einem Diabetes einhergehen (z. B. mul- these patients. It further reviews the impact of dia- tiple Stürze, Neuro- und Retinopathie, etc.) und das betes drugs on bone tissue as well as the efficacy of individuelle Frakturrisiko zusätzlich erhöhen (Tab. 2; osteoporosis treatments in this population. An algo- [4]). rithm for the identification and management of dia- betic patients at increased fracture risk is proposed. Diabetes assoziierte Risikofaktoren für Frakturen Keywords Diabetes · Diabetes-related bone disease · Diabetes per se ist ein klinischer Risikofaktor für ein Fracture · Osteoporosis · Medication erhöhtes Frakturrisiko. Bei T2DM spielen das Alter und die Dauer des Diabetes eine wichtige Rolle. So- Epidemiologie des Diabetes mellitus und osteo- wohl bei Frauen als auch bei Männern >40 Jahren ist porotische Fragilitäts-Frakturen T2DM ein unabhängiger Risikofaktor für sämtliche os- teoporotische Frakturen (Hazard Ratio, HR 1,32). Das Diabetes mellitus und Osteoporose zählen zu den Alter beeinflusst das Risiko dahin gehend, dass jünge- häufigsten chronischen Erkrankungen und kommen re Patienten ein höheres Risiko für Hüftfrakturen ha- deshalb beide häufig in ein und demselben Individu- ben (HR Alter 80 Jah- Zusammenhang stehen. Da die Prävalenz beider mit re: 1,42) [5]. Entscheidend ist außerdem die Dauer steigendem Alter zunimmt, wird in Anbetracht der der Erkrankung. In den ersten fünf Jahren der Erkran- Altersstruktur unserer Bevölkerung deren Häufigkeit kung kommt es zu keiner Erhöhung des relativen Risi- zunehmen. kos (ein protektiver Effekt vermehrter Fettmasse wird Rezente Metaanalysen mit rund 140.000 Patientin- diskutiert), das Risiko folgt allerdings einem biphasi- nen und Patienten mit Typ 1 Diabetes (T1DM) zeigen schem Verlauf mit einem zweiten Gipfel jenseits von ein gepooltes relatives Risiko (RR) für eine Fraktur von zehn Jahren Erkrankungsdauer (HR 1,47) [6]. 3,16, für eine Hüftfraktur von 3,78 und für eine verte- Die glykämische Kontrolle ist wichtig für die Be- brale Fraktur von 2,88. Das RR einer hüftgelenksnahen urteilung des individuellen Frakturrisikos. Ein HbA1c Fraktur bei Frauen mit T1DM im Vergleich zu Frauen >7 % führt zu einem raschen Anstieg des Risikos mit ohne Diabetes beträgt 5,19 [1]. Das Frakturrisiko steigt einer erhöhten Mortalität nach Frakturen [7]. Zusätz- mit zunehmendem Lebensalter an, speziell Hüftfrak- lich hat eine schlechte glykämische Kontrolle einen turen treten bei T1DM etwa 10–15 Jahre früher auf [2]. negativen Einfluss auf die Mikroarchitektur des Kno- Bei Typ 2 Diabetes (T2DM) weisen Populations-ba- chens mit mikrovaskulären Komplikationen in diesem sierte Daten von rund 33.000 Patientinnen und Pati- Organsystem [8]. enten den T2DM als stärksten Prädiktor für niedrig- traumatische (=osteoporotische) Frakturen bei Män- Einfluss der Behandlung des Diabetes auf das nern (RR 2,38) und bei Frauen (RR 1,87) aus [3]. Mit Frakturrisiko einer durchschnittlichen Odds-Ratio (OR) für Fraktu- ren von 1,5 ist der T2DM nur für rund 4 % aller osteo- Das Verhältnis zwischen Diabetes und Knochenfragili- porotischen Frakturen ursächlich in Zusammenhang tät und die Identifizierung jener Patientinnen und Pa- zu bringen. Dem gegenüber ist allerdings die global tienten mit einem erhöhten Risiko für Frakturen wird steigende Inzidenz von Patientinnen und Patienten zusätzlich durch die Eigenschaften antidiabetogener mit T2DM (rund 425 Mio. sowie rund 320 Mio. mit ei- Medikamente auf das Skelett beeinflusst (Tab. 1). Ob- Tab. 1 Einfluss antidiabetogener Medikamente auf BMD (bone mineral density, Knochendichte) und Frakturrisiko in T2DM Antidiabetogene Medikation BMD Frakturrisiko Metformin ↔/↑ ↓/ ↔ Sulfonylharnstoffe KD ↔/↑ Thiazolidinedione ↓↓/↔ ↑↑/↔ Insulin ↔ ↑ Inkretin Mimetika DPP4 Inhibitoren ↔ ↓/ ↔ GLP1 Analoga ↑/ ↔ ↔ SGLT2 Inhibitoren ↔ ↔ Canagliflozin ↔ ↑ (?) ↑ Verbesserung/Erhöhung, ↓ Verminderung, ↔ unverändert KD keine Daten, DPP4 Dipeptidyl Peptidase-4 Inhibitor, GLP-1 Glucagon-like peptide-1 Analoga, SGLT2 Natrium-Glucose Cotransporter 2 Diagnose und Management der Osteoporose bei Diabetes mellitus (Update 2019) K
leitlinien für die praxis Tab. 2 Effekte spezifischer Osteoporose Medikamente bei Patienten mit einem T2DM auf BMD und Frakturrisiko [45] Spezifisches Osteoporose Medikament BMD (T2DM) Frakturrisiko in Bezug auf T2DM Alendronat ↑ KD/↔ Risedronat ↑ KD Ibandronat KD KD Zoledronat KD KD Raloxifen KD ↓/ ↔ Denosumab KD KD Teriparatid ↑ ↔ ↑ Verbesserung/Erhöhung, ↓ Verminderung, ↔ unverändert KD keine Daten wohl es keine einzige prospektive Studie mit einem Glykämische Kontrolle primären Studienziel in Bezug auf Therapie des Dia- betes und Knochenfragilität gibt, zeigen Daten aus Bei Patienten mit Diabetes besteht zusätzlich eine epidemiologischen und Beobachtungsstudien ein he- Fallneigung, welche wahrscheinlich zum erhöhten terogenes Muster von teilweise positiven, aber auch Frakturrisiko beiträgt. Die periphere Neuropathie, die negativen Effekten auf den Knochenstoffwechsel. Retinopathie mit Visusverschlechterung, vermehrte Stürze in der Anamnese, die Tendenz zu hypogly- Lebensstilfaktoren kämen Episoden, die Hypo- oder Hypertension bzw. die autonome Neuropathie sind hier beispielhaft zu Eine Veränderung des Lebensstils ist – nicht nur nennen. bei der Erkrankung Diabetes – eine der Säulen der Eine eng eingestellte glykämische Kontrolle (HbA1c nicht-medikamentösen Therapie. Grundsätzlich ist
leitlinien für die praxis unter dieser Medikation. Daten zu Veränderungen der im proximalen Tubulus die Reabsorption von Gluco- Knochendichte liegen nicht vor. Die Hypothese ist ein se und führen gleichzeitig zu einer vermehrten Reab- indirekt erhöhtes Sturzrisiko bedingt durch Hypo- sorption von Phosphat. Dies führt konsekutiv zu er- glykämien in dieser Substanzgruppe [14]. Hingegen höhten Spiegeln von Serum Phosphat, was ein mögli- zeigte sich ein neutraler Effekt auf die BMD in kleinen cher Trigger für Parathormon (PTH) und einen erhöh- Patientenkollektiven [17, 18]. ten Knochenstoffwechsel ist. Konträr zu Canagliflozin gibt es derzeit keinen Hin- Thiazolidinedione weis auf einen negativen Einfluss von Empagliflozin oder Dapagliflozin auf das Organsystem Knochen, Sowohl in vitro als auch klinische Studien haben bei weshalb den beiden letztgenannten Substanzen der Rosiglitazon und Pioglitazon einen Verlust von Kno- Vorzug in dieser Substanzklasse gegeben werden soll- chenstruktur nachgewiesen. Thiazolidinedione inter- te. Allerdings konnte eine Metaanalyse von 20 Studi- agieren mit dem peroxisome proliferator-activated re- en mit Dapagliflozin, Empagliflozin oder Canagliflozin ceptor (PPAR)γ, was zu einer Dysbalance zugunsten keine eindeutige Erhöhung der Frakturraten nachwei- der Differenzierung von Adipozyten und zu Lasten der sen. Aus derzeitiger Sicht ist bei Patienten mit T2DM Differenzierung von Osteoblasten führt. Die klinische unter Canaglifozin möglicherweise das Frakturrisiko Konsequenz sind Frakturen. Eine rezente Metaana- erhöht [24]. lyse bestätigt den negativen Einfluss von Pioglitazon beim weiblichen Geschlecht, aber auch für das männ- Diagnostik liche Geschlecht liegen ähnliche Ergebnisse vor [19]. Es wird daher nach derzeitigem Wissenstand emp- DXA-Knochendichtemessung fohlen, bei postmenopausalen Frauen und auch bei Männern mit einem Risikoprofil für Fragilitätsfraktu- Die Knochendichtemessung mittels DXA (dual ener- ren diese Substanzgruppe eher nicht einzusetzen [20, gy x-ray absorptiometry) ist nach wie vor der Gold- 21]. standard. Die Definition einer Osteoporose von einem T-score ≤–2,5 basiert auf einer Definition der WHO Insulin aus dem Jahr 1994 und definiert die Erkrankung, je- doch nicht die individuelle Interventionsschwelle [25]. In Observationsstudien wurde häufig ein erhöhtes Die Mehrzahl der Studien bei Patienten mit T1DM Frakturrisiko für Patienten unter dieser Therapie be- zeigen, dass die BMD bei dieser Patientenpopulati- schrieben. Patientinnen und Patienten unter einer In- on deutlich vermindert ist [26]. Aufgrund der meist sulin-Therapie bzw. unter einer Therapie mit Insulin vorherrschenden Adipositas als Risikofaktor bei T2DM Sekretagoga haben indirekt durch die Hypoglykämie- wäre grundsätzlich davon auszugehen, dass ein hoher induzierten Stürze ein erhöhtes Risiko. Ein weiterer Body Mass Index (BMI) und eine hohe BMD positiv Grund dürfte die längere Krankheitsdauer (>5 Jah- miteinander korrelieren. Daher haben Patienten mit re) und/oder eine schlechte glykämische Kontrolle einem T2DM in der Regel eine 5–10 % höhere BMD zusammen mit sekundären Komplikationen (Retino- im Vergleich zur nicht-diabetischen gesunden Popu- pathie, Neuropathie, Nephropathie, etc.) sein [22]. lation. Die höhere BMD ist vor allem beim jüngeren männlichen Geschlecht vorherrschend – interessanter Inkretinmimetika Weise auch bei höheren HbA1c Werten. Die höhere BMD ist vor allem am Gewichts-tragenden Knochen Beide Inkretinmimetika Dipeptidyl Peptidase-4 (DPP4) zu sehen, jedoch nicht am Radius. Inhibitoren und Glucagon-like peptide-1 (GLP-1) Ana- Die relativ höhere BMD bei T2DM schützt die Pa- loga haben beim T2DM ein mehrheitlich neutrales tienten jedoch nicht vor Frakturen. Die Mehrzahl der skeletales Sicherheitsprofil. Der wahrscheinlichste Patienten mit Frakturen haben einen T-score im os- Mechanismus ist der neutrale bis positive Effekt von teopenen Bereich, also einem T-score >–2,5 [27]. Bei GLP-1 auf die Knochenformation durch Änderung der Frauen mit T2DM ist das individuelle Frakturrisiko im miRNA-Expression und das geringe Risiko in Bezug Gegensatz zu Frauen ohne Diabetes in etwa 0,5 T- auf iatrogene Hypoglykämie [23]. scores als Korrekturfaktor tiefer als der tatsächliche Messwert anzusetzen (Abb. 1). Obwohl zahlreiche Stu- SGLT-2-Inhibitoren dien in dieser Patientenpopulation bestätigen, dass die DXA-Messung systematisch das Frakturrisiko un- Rezente Daten über den Natrium-Glucose-Cotrans- terschätzt, werden unter Berücksichtigung dieses Kor- porter 2 (SGLT2) Inhibitor Canagliflozin beschreiben rekturfaktors vor allem ältere Patientinnen und Pati- einen negativen Effekt im Sinne einer Abnahme der enten adäquat stratifiziert [28]. Knochenmineraldichte (bone mineral density, BMD) Manche Studien bestätigen einen schnelleren Ver- und einer Zunahme des Knochenbruchrisikos. Der zu- lust an BMD auch an Gewichts-tragenden Knochen grunde liegende Mechanismus ist noch nicht vollstän- (z. B. Hüfte) unter T2DM als möglichen Grund für die dig entschlüsselt, aber SGLT-2-Inhibitoren hemmen erhöhte Frakturrate [29]. Diagnose und Management der Osteoporose bei Diabetes mellitus (Update 2019) K
leitlinien für die praxis Diabetes Hü- oder Andere Fraktur Keine Fraktur vertebrale Fraktur Diabetes-spezifische Morphometrische CRF d Keine weiteren vertebrale Fraktur und/oder CRF DXA (+ TBS) Alter > 50 Jahre Röntgen BWS & LWS DXA (+ TBS) alle 2–3 Jahre wiederholen T-score ≤ -2.0a FRAX b und/oder (adjusert für T2DM c) > Naonaler < Naonaler Intervenonsschwelle Intervenonsschwelle Osteoporose Therapie • Jährliche klinische Kontrolle • Frakturanamnese • CRF • DXA (+ TBS) alle 2 Jahre Abb. 1 Evaluation des Frakturrisikos bei Patienten mit Dia- major osteoporotic fracture: ≥20 %, hip fracture: ≥5 %. cz. B. betes. (aBei Diabetes ist das Frakturrisiko bei einem T-score mit TBS Korrektur oder der CRF „Rheumatoide Arthritis“ wird ≤–2,0 gleich hoch wie beim nicht-diabetischen Patienten mit auf „Ja“ gesetzt. dZu diesen Frakturen zählen: Humerusfrak- einem T-score ≤–2,5. bIn Österreich gilt folgende nationale In- tur, Schambeinastfraktur, Clavicula, Rippen (=nicht-vertebrale, terventionsschwelle im FRAX: 10-Jahreswahrscheinlichkeit für nicht-Hüft Frakturen)) Mit dem Trabecular Bone Score (TBS) steht eine Prädiktor für das Frakturrisiko bei Diabetes (HR 1,27) Methode zur Verfügung, um aus einer zweidimen- bzw. auch ohne Diabetes (HR 1,31) [32]. sionalen DXA-Untersuchung Informationen über die Alternative Methoden wie etwa der Ultraschall am Knochenmikrostruktur der Lendenwirbelsäule zu ge- Calcaneus oder am Radius zeigen inkonklusive Ergeb- nerieren. Diese einheitslose Zahl spiegelt anhand der nisse bei T2DM [33]. Analyse von Grauwert-Variogrammen der radiologi- schen Messung der Lendenwirbelkörper L1–L4 mit Mikroarchitektur und Knochenqualität einer hohen Korrelation die trabekuläre Mikroarchi- tektur bei Osteoporose unabhängig von der BMD Die BMD alleine – vor allem beim T2DM – erklärt wider [30]. Der TBS-Software kann direkt im Rahmen nicht die erhöhte skeletale Fragilität. Sowohl in MRT- der Messung mit, oder auch retrospektiv den Score Untersuchungen als auch mittels HR-pQCT (high re- berechnen, wodurch sich keine zusätzliche Strahlen- solution peripheral quantitative computed tomogra- belastung für den Patienten ergibt. Im Gegensatz zur phy) am Radius (nicht Gewichts-tragender Knochen) DXA-Methode ist der TBS bei Patienten mit T2DM und an der Tibia (Gewichts-tragender Knochen) zeigt tiefer als in einer nicht-diabetischen Population. In sich beim T2DM eine verschlechterte Mikroarchitek- einer großen Populations-basierten Untersuchung tur. Die Trabekel beim T2DM sind im Vergleich zum wurden Patienten mit einem TBS von
leitlinien für die praxis Systemische Effekte Vitamin D Erhöhtes Sturzrisiko Glukose Physische Aktivität Zelluläre Effekte Adipozyten Sclerostin M1 FGF-23 Makrophagen Periostin RANKL Osteoblasten Osteoklast Gefäße Osteozyten Matrix Effekte Porosität der Kortikalis AGE Abb. 2 Effekte des T2DM auf den Knochenstoffwechsel. Auf und die Osteoklastengeneration fördern. Zusätzlich fördern systemischer Ebene ist T2DM mit einem niedrigen Vitamin D- pro-inflammatorische M1-Makrophagen die Osteoklastenge- Spiegel, hoher Glukosewerte, sowie eingeschränkter physi- neration und hemmen Osteoblasten. T2DM hat auch direk- scher Aktivität und einen erhöhten Sturzrisiko verbunden, al- te Effekte auf die Knochenmatrix. So werden vermehrt ad- le, welche zu einer erhöhten Frakturrate führen. Auf zellulärer vanced glycation endproducts (AGE) in die Kollagenmatrix ein- Ebene ist vor allem die Anzahl der Adipozyten erhöht, wobei gebaut, die so zur Versteifung der Matrix beiträgt. Außerdem die Anzahl der Osteoblasten sowie die Anzahl und Funktion führt T2DM zur einer poröseren kortikalen Knochenstruktur, der Gefäße vermindert sind. Osteozyten werden zur vermehr- welches die mechanische Stabilität des Knochens beeinträch- ten Produktion von Sclerostin, Periostin, FGF-23 und RAN- tigt KL animiert, welche die Osteoblastendifferenzierung hemmen mit schlechteren Werten beim weiblichen Geschlecht mationsrate bezogen auf eine Referenzoberfläche der [34, 35]. Biopsie (BFR/BS, bone formation rate/bone surface). Aufgrund dieser strukturellen Defizite bei T2DM Bei diabetischen Patientinnen und Patienten ist dieser ist die Knochenfestigkeit sowie die Steifigkeit und Parameter im trabekulären, endokortikalen und intra- die Elastizität des Knochens in virtuellen FEA (finite kortikalen Bereich um bis zu 70–80 % vermindert [37]. element analysis) Untersuchungen vermindert. Mi- In der Mehrzahl der Studien wurde bei Patienten croindentations-Untersuchungen zeigen zusätzlich mit T2DM eine verminderte Aktivität von serologi- strukturelle Einschränkungen als Ausdruck verän- schen Formationsmarkern (procollagen type I N-ter- derter Kollagenverlinkungen in der Knochenmatrix minal propeptide, PINP; osteocalcin OC) und Resorp- aufgrund vermehrter AGEs (advanced gylcation end- tionsmarkern (C telopeptide, CTX; tartrate-resistant products). Diese Verlinkungen führen dazu, dass der acid phosphatase 5, TRAP5b) nachgewiesen [14]. Der Knochen an Elastizität und Flexibilität verliert. In Zusammenhang zwischen dem low bone turnover Summe haben diese Untersuchungsergebnisse den und der gleichzeitig nachgewiesenen strukturellen Begriff der „Diabetoporose“ geprägt ([36]; Abb. 2). Alteration (kortikale Porosität) ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt unklar. Knochenstoffwechsel: Histomorphometrie und Serum Marker Alternative (experimentelle) biochemische Mar- ker der Knochenfragilität Der Goldstandard zur Untersuchung des lokalen Kno- chenstoffwechsels ist die Histomorphometrie aus bi- Bei Diabetes ist in der Knochenmatrix der Gehalt von optischen Proben. Zur Abschätzung der tatsächlichen Pentosidin, dem am häufigsten vorhandenen AGE, Aktivität ist einer der wichtigen Parameter die For- im Vergleich zu nicht-diabetischen Menschen deut- Diagnose und Management der Osteoporose bei Diabetes mellitus (Update 2019) K
leitlinien für die praxis lich erhöht. Erhöhte Pentosidin-Spiegel im Knochen dies nicht möglich, sind Kalziumsupplemente erfor- und im Serum korrelieren negativ mit der biome- derlich. Pro Einnahme wird eine Dosis von maximal chanischen Stärke des Knochens. Untersuchungen 500 mg Kalziumsupplement empfohlen [25]. bestätigen erhöhte Werte von AGEs und auch von sRAGE (soluble receptors for advanced glycation end- Spezifische Osteoporosetherapie bei Diabetes products) als prädiktiven Faktor für eine erhöhte Inzidenz von klinischen und vertebralen Frakturen Keine einzige randomisierte Studie hatte bisher als unabhängig von der BMD [38]. Endpunkt die Wirksamkeit einer spezifischen Osteo- Sclerostin, der endogene Inhibitor des Wnt/β-Ca- porosetherapie bei Patienten mit T2DM. Daher basie- tenin Signalweges und somit der Knochenformation ren die Empfehlungen für das Management von Pati- durch Osteoblasten, ist bei T2DM deutlich erhöht. Die enten mit Diabetes und einem erhöhten Frakturrisiko Höhe der Sclerostin-Spiegel korreliert bei diesen Pa- auf empirischen Daten und der klinischen Erfahrung. tienten mit der Inzidenz von Fragilitätsfrakturen [39]. Die klinische Evidenz in Bezug auf die Effizienz ei- Bei T1DM verhalten sich die Sclerostin-Spiegel genau ner antiresorptiven oder anabolen Osteoporosethera- gegenläufig zur Inzidenz von Frakturen. Patienten im pie bei gleichzeitigem Diabetes beruht daher auf post obersten Drittel der gemessenen Spiegel hatten ein hoc Analysen von Subgruppen in großen randomisier- um 81 % geringeres Frakturrisiko verglichen mit Pati- ten Osteoporose Studien und auch einer kleinen An- enten mit Spiegeln im untersten Drittel [40]. Ob nun zahl von Observationsstudien [45]. eine Erhöhung zirkulierender Sclerostin-Spiegel direkt Grundsätzlich sind sämtliche Medikamente zur Be- die Dysfunktion von Osteozyten widerspiegelt und/ handlung der Osteoporose auch bei Patientinnen und oder ein Marker für eine zusätzliche Angiopathie sind, Patienten mit einem manifesten Diabetes möglich bleibt derzeit noch unbeantwortet [41]. und zugelassen. Da sowohl der Diabetes mellitus als Serum Periostin bzw. dessen Fragmente sind mit auch die Osteoporose eine chronische Erkrankung einem erhöhten Frakturrisiko bei nicht-diabetischen mit einem dauerhaft erhöhten Risiko für sekundä- Patienten vergesellschaftet. Derzeit laufen Studien re Komplikationen sind, ist die Indikation für eine in großen diabetischen Populationen zur Evaluati- langfristige Behandlung indiziert. on dieses Markers [42]. Die Bestimmung von Serum microRNA (miRNA) Signaturen erscheint nicht nur Bisphosphonate bei diabetischen Populationen zukünftig eine ent- sprechende Option zu werden ([43, 44]; Abb. 2). Bisphosphonate (Alendronat, Risedronat, Ibandronat, Zoledronat) sind potente Inhibitoren der Knochenre- Basisprophylaxe mit Vitamin D und Kalzium sorption. Sie werden an metabolisch aktiven Umbau- einheiten im Knochen abgelagert und bewirken ei- Die Kalzium- und Vitamin D Substitution ist sowohl ne Apoptose von Osteoklasten. Die Resorptionsaktivi- eine eigenständige Therapiemöglichkeit der Osteopo- tät wird im Gesamtskelett deutlich gedämpft und das rose, als auch die absolut notwendige Basis jeder spe- Frakturrisiko reduziert. zifischen Osteoporosetherapie. Oral werden Bisphosphonate nur in geringem Aus- Eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D ist maß (maximal 3 %) resorbiert; die Einnahme erfolgt eine wichtige Voraussetzung für die Knochenge- stets nüchtern in ausreichendem Abstand zur Nah- sundheit. Eine 25-OH-Vitamin D Serumkonzentration rungsaufnahme, mit ausreichend Wasser und in auf-
leitlinien für die praxis teoporose zugelassenen Therapie eine mutmaßlich chenabbau, weshalb eine sofortige Anschlussbehand- seltene Nebenwirkung. Eine Kontrolle des Zahnstatus lung mit einem Antiresorptivum (Bisphosphonat, ist allerdings vor Therapiebeginn empfehlenswert. Denosumab, SERM) unbedingt notwendig ist [25]. Es gibt keine durch Frakturdaten validierten indi- viduellen Entscheidungskriterien für die Wiederauf- Neue/zukünftige Osteoporose Medikamente nahme einer Therapie nach einer Therapiepause oder einen weiteren Therapieverzicht in Abhängigkeit von Romosozumab, ein Anti-Sclerostin Antikörper, ver- Veränderungen der BMD, der Knochenumbaumarker bessert die BMD und die Knochenstärke im diabeti- oder anderer messtechnischer oder klinischer Kriteri- schen Rattenmodell. Studiendaten bei postmenopau- en. Datenbankanalysen geben allerdings Hinweise auf salen Frauen mit einem erhöhten Knochenbruchrisi- einen Wiederanstieg des Knochenbruchrisikos nach ko zeigen eine außergewöhnlich starke Zunahme der Absetzen einer Bisphosphonattherapie [25]. BMD bei monatlicher Applikation. Daher könnte die- ser Antikörper zukünftig eine neue Behandlungsopti- Denosumab on auch bei T2DM in der entsprechenden Indikation darstellen [47, 48]. Denosumab ist ein monoklonaler Antikörper gegen RANKL, der die Reifung und Aktivierung der Osteo- Management einer erhöhten Knochenfragilität klasten hemmt. Es wird alle sechs Monate subkutan bei Diabetes verabreicht und wird nicht renal eliminiert. Bei der Behandlung der postmenopausalen Os- Die Kriterien für den Beginn einer osteologischen teoporose ist eine Reduktion von vertebralen und Therapie bei Diabetes basieren entweder auf einer nichtvertebralen Frakturen inklusive proximaler Fe- prävalenten Fragilitätsfraktur (unabhängig von der murfrakturen in Studien bis zu 10 Jahre nachgewie- BMD) und/oder auf einer verminderten BMD. Das sen. Die Wirkung ist unabhängig von einer even- diagnostische Kriterium der Osteoporose in der DXA- tuellen Vorbehandlung mit Bisphosphonaten [46]. Messung (T-score 5 % in zwei Jah- Teriparatid ren) sollten schon bei Werten nahe der Interventions- schwelle prophylaktisch behandelt werden. Teriparatid, ein aminoterminales Fragment des Parat- hormons, wird einmal täglich subkutan über 24 Mo- FRAX® nate angewandt. Der osteoanabole Effekt beruht auf einer Beschleunigung der Reifung und Stimulierung FRAX, das WHO zertifizierte Fracture Risk Assessment von Osteoblasten. Tool, implementiert nationale Frakturdaten und be- Im Anschluss an die anabole Reaktion des Kno- steht aus 12 dichotomisierten Fragen (die 12. Frage chens kommt es nach Beendigung der Teriparatid- zu BMD ist optional) [50]. Dem FRAX liegen klinische Therapie wiederum zu einem gesteigerten Kno- Risikofaktoren (clinical risk factor, CRF) zugrunde, die Diagnose und Management der Osteoporose bei Diabetes mellitus (Update 2019) K
leitlinien für die praxis T2DM und Osteoporose Modifikon des Lebenssls • Moderate Gewichtsredukon • Alkoholkonsum reduzieren • Gehen (≥ 150 min/Woche) • Mediterrane Diät • Rauchen beenden • Progressives • Nüsse/Keimlinge Widerstandstraining • Vitamin D ± Kalzium Behandlung des T2DMa Behandlung der Osteoporose Empfohlena Empfohlen • Meormin • GLP1-RA • Bisphosphonate Kontrolle/Behandlung • Denosumab • Arterielle Hypertonie • Teriparad • Visus Neutral a • Neuropathie • CKD-MBD • Empagliflozin, Weiterführung Dapagliflozin • Behandlung • DPP-4 Inhibitoren • Therapiemonitoring entsprechend naonaler Krisch Leitlinie • TZDs • Canagliflozin • Insulin • Sulfonylharnstoffe Abb. 3 Strategien zur Behandlung von T2DM aus dia- 25-OH Vitamin D3 Cholecalciferol, GLP1-RA Glucagon-like betologischer und osteologischer Sicht. (DPP4 Dipeptidyl peptide-1-Rezeptoragonisten, ÖDG LL Leitlinie der Österrei- Peptidase-4 Inhibitor, GLP-1 Glucagon-like peptide-1 Analo- chischen Diabetes Gesellschaft. aUnter Berücksichtigung wei- ga, TZD Tiazolidindione, SGLT2 Natrium-Glucose Cotranspor- terer klinischer Merkmale entsprechend der ÖDG-LL zur An- ter 2 – Canagliflozin, CKD-MBD chronic kidney disease – me- tihyperglykämischen Therapie bei T2DM) tabolic bone disease, T2DM Diabetes mellitus Typ 2, Vitamin D in randomisierten Studien ein erhöhtes individuelles tur zu rechnen. Vor allem bei T2DM führt dies zu einer Risiko für Fragilitätsfrakturen sind. FRAX berechnet Verbesserung der Vorhersagewahrscheinlichkeit. zwei Werte: (a) eine 10-Jahreswahrscheinlichkeit für Berechnungen mit dem FRAX Rechner haben ge- alle osteoporotischen Frakturen und (b) eine 10-Jah- zeigt, dass es weitere Korrekturmöglichkeiten gibt, um reswahrscheinlichkeit für eine osteoporotische Hüft- sich bei T2DM unter Verwendung dieses Risikorech- fraktur. Entsprechend der Österreichischen Leitlinie ners dem individuellen Frakturrisiko zu nähern. Eine zur Behandlung der Osteoporose wird ab einem Ri- Möglichkeit ist (a) die Erhöhung des Patientenalters siko von (a) ≥20 % bzw. (b) ≥5 % prophylaktisch eine um 10 Jahre, da der Risikofaktor Diabetes bei dieser knochenspezifische Therapie empfohlen. Korrektur in etwa dem Risikofaktor Alter (als etablier- Diabetes per se ist im FRAX kein eigener CRF, da- ter CRF im FRAX) entspricht. Die andere Möglich- her unterschätzt auch dieses diagnostische System die keit ist (b) die Verminderung des gemessenen T-co- Frakturwahrscheinlichkeit bei einem manifesten Dia- res am Schenkelhals um 0,5 Standardabweichungen betes. Diabetes per se ist allerdings ein starker Risi- zu verringern (z. B. T-core –2,4 statt den tatsächlich kofaktor für eine osteoporotische Fraktur, auch nach gemessenen –1,9). Eine weitere Möglichkeit wäre es, Korrektur aller CRFs und BMD [51]. FRAX bietet auch (c) Rheumatoide Arthritis als CRF zu nehmen. Der Un- die Möglichkeit, die BMD-Werte mittels TBS-Korrek- tersucher sollte sich für eine der drei Möglichkeiten K Diagnose und Management der Osteoporose bei Diabetes mellitus (Update 2019)
leitlinien für die praxis Tab. 3 Risikofaktoren für Frakturen bei Patienten mit Diabetes Allgemeine Risikofaktoren FRAX CRF: Alter, Geschlecht, prävalente Fragilitätsfrakturen, Hüftfraktur der Mutter oder des Vaters, gegen- wärtiges Rauchen, Alkohol (≥3 Einheiten/Tag), Glukokortikoide, Rheumatoide Arthritis, BMD Schenkelhals Krankheits-spezifische Risikofaktoren Dauer des Diabetes >5 Jahre Antidiabetogene Medikamente: Insulin, TZDs, Canagliflozin, Sulfonylharnstoffe HbA1c >7 % Mikrovaskuläre Komplikationen: periphere und autonome Neuropathie, Retinopathie, Nephropathie FRAX Fracture Risk Assessment Tool der WHO, CRF clinical risk factors, TZD Thiazolidindione, BMD „bone mineral density“ entscheiden, jedoch nicht alle drei Optionen verwen- schaft für Knochen- und Mineralstoffwechsel) und der ÖDG den. sind, Honorare für Vorträge und Beratung sowie wissen- schaftliche Grants erhalten: Amgen Österreich; Eli Lilly Ös- Nach aktueller Datenlage bieten diese drei Optio- terreich, Novartis Pharma Österreich. Es besteht kein Konflikt nen trotz aller methodischen Limitationen derzeit die mit der Erstellung dieses Manuskripts. A. Kautzky-Willer hat beste Lösung, sich dem tatsächlichen individuellen von folgenden Firmen, die teils auch fördernde Mitglieder Frakturrisiko bei T2DM zu nähern. Die größte Tref- der ÖDG sind, Honorare für Vorträge und Beratung erhalten: ferwahrscheinlichkeit bietet die Verwendung des CRF AstraZeneca, Amgen, Boehringer Ingelheim, Eli Lilly, Merck Rheumatoide Arthritis und wird daher derzeit auch Sharp & Dohme, Novartis, Novo Nordisk, Roche, sanofi-aven- von der Task Force Diabetes der International Osteo- tis, Servier, Takeda. M. Rauner hat von folgender Firma, die auch förderndes Mitglieder der ÖGKM ist, Honorare für Vor- porosis Foundation empfohlen ([45]; Tab. 3). träge und Beratung erhalten: Amgen. Es besteht kein Konflikt mit der Erstellung dieses Manuskripts. Y. Winhöfer-Stöckl Zusammenfassung hat von folgenden Firmen, die auch teils auch fördernde Mit- glieder der ÖDG sind, Honorare für Vorträge und Beratung Patienten mit Diabetes haben ein erhöhtes Risiko für erhalten: Amgen, Astra Zeneca, Eli Lilly, Novartis, Sanofi. Fragilitätsfrakturen. Die Pathophysiologie ist unklar J. Haschka hat keine Honorare von Firmen für Vorträge oder und vermutlich multifaktoriell. Beratung erhalten. Longitudinale Studien haben den Nachweis er- Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Com- bracht, dass FRAX und BMD mittels DXA (T-score) mons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http:// Messungen und einem eventuell vorhandenen TBS creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffent- das individuelle Frakturrisiko vorhersagen können. licht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Ver- breitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format Hierfür muss allerdings eine Adjustierung vorgenom- erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und men werden, um das Risiko nicht zu unterschätzen. die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Bei der Wahl der antihyperglykämischen Therapie Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen sollen Substanzen mit nachgewiesenem negativem Ef- vorgenommen wurden. fekt auf den Knochen nicht zum Einsatz kommen. Bei Hinweis des Verlags Der Verlag bleibt in Hinblick auf geo- Vorliegen einer Fragilitätsfraktur ist auf jeden Fall – grafische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröf- unabhängig von allen vorliegenden Befunden – eine fentlichten Karten und Institutsadressen neutral. langfristige spezifische osteologische Therapie indi- ziert. Es gibt zurzeit keine Daten aus einem rein diabe- Literatur tischen Kollektiv, weshalb der hier empfohlene Algo- rithmus einen Konsens einer internationalen Exper- 1. Shah VN, Shah CS, Snell-Bergeon JK. Type 1 diabetes and tengruppe (somit Evidenzgrad D) darstellt. risk of fracture: meta-analysis and review of the literature. Diabet Med. 2015;32(9):1134–42. Demnach sollen Patienten mit Diabetes mellitus 2. Weber DR, Haynes K, Leonard MB, Willi SM, Denburg MR. und einem erhöhten Frakturrisiko wie Patienten ohne Type 1 diabetes is associated with an increased risk of Diabetes behandelt werden. fracture across the life span: a population-based cohort Auf einen optimalen Vitamin D Spiegel sowie eine study using The Health Improvement Network (THIN). ausreichende Kalziumaufnahme (vorzugsweise durch Diabetes Care. 2015;38(10):1913–20. die Nahrung) sollte geachtet werden. 3. Holmberg AH, Johnell O, Nilsson PM, Nilsson J, Berglund G, Zur Prävention von Fragilitätsfrakturen sind antire- Akesson K. Risk factors for fragility fracture in middle age. A prospective population-based study of 33,000 men and sorptive Medikamente die erste Wahl, entsprechend women. Osteoporos Int. 2006;17(7):1065–77. der nationalen Erstattungskriterien auch anabole Me- 4. Chamberlain JJ, Herman WH, Leal S, Rhinehart AS, Shub- dikamente. Das Therapiemonitoring soll im Einklang rook JH, Skolnik N, et al. Pharmacologic therapy for type 2 mit der nationalen Osteoporose Leitlinie erfolgen [25]. diabetes: synopsis of the 2017 American Diabetes Associa- tion standards of medical care in diabetes. Ann Intern Med. Funding Open access funding provided by Medical Univer- 2017;166(8):572–8. sity of Vienna. 5. Leslie WD, Morin SN, Lix LM, Majumdar SR. Does dia- Interessenkonflikt C. Muschitz hat von folgenden Firmen, betes modify the effect of FRAX risk factors for predict- die auch fördernde Mitglieder der ÖGKM (Österr. Gesell- Diagnose und Management der Osteoporose bei Diabetes mellitus (Update 2019) K
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vorwort Wien Klin Wochenschr https://doi.org/10.1007/s00508-019-1482-9 Zusammenfassung der Überarbeitungen 2019 Yvonne Winhofer-Stöckl · Martin Clodi · Alexandra Kautzky-Willer © Springer-Verlag GmbH Austria, part of Springer Nature 2019 Die Diabetestherapie unterliegt einem raschen Wan- (z. B. Post-Transplant-Diabetes, MODY) werden an- del, da laufend neue wissenschaftliche Erkenntnisse geführt. Die Auswirkungen präventiver Maßnahmen, und technologische Innovationen veröffentlicht wer- wie die Effektivität der Lebensstilmodifikation und den, die Eingang in die therapeutischen Entscheidun- medikamentöse Interventionen auf die Diabetesrisi- gen finden. Deshalb müssen auch Empfehlungen für koreduktion werden in Tabellen übersichtlich zusam- die klinische Praxis regelmäßig nicht nur in ihrem In- mengefasst und können somit auch im klinischen halt, sondern auch Aufbau und Schwerpunkten adap- Alltag den Patienten gut kommuniziert werden. tiert werden. Diese „Zusammenfassung der Überarbei- tungen 2019“ soll Ihnen einen ersten Überblick über Andere spezifische Diabetesformen und exokrine die Revisionen der vorherigen Leitlinien aus dem Jahr Pankreasinsuffizienz 2016 geben. Im Rahmen der Zusammenlegung dieser vormals ge- Diabetes mellitus – Definition, Klassifikation, Dia- trennten Leitlinien wurden die Themen ausführlich gnose, Screening und Prävention überarbeitet. Die Leitlinie umfasst Empfehlungen zu Diabetes bei endokrinen Erkrankungen, medikamen- Die vormals geteilten Leitlinien wurden zu einer Leitli- tös-induzierte und genetische Diabetesformen sowie nie zusammengefasst. Empfehlungen zum Screening den neonatalen, pankreopriven und den mit Zysti- auf Typ-2-Diabetes, aber auch auf seltene Formen scher Fibrose assoziierten Diabetes. Prävalenz, Patho- genese, Klinik und Diagnostik sowie Therapie der exo- krinen Pankreasinsuffizienz werden ausführlich dis- Y. Winhofer-Stöckl () kutiert. Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel, Universitätsklinik für Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien, Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Antihyperglykämische Therapie bei Diabetes mel- Österreich litus Typ 2 yvonne.winhofer-stoeckl@meduniwien.ac.at In Analogie zu internationalen Empfehlungen, wur- M. Clodi ICMR – Institute for Cardiovascular and Metabolic Research, den die Ergebnisse der kardiovaskulären Outcome- Johannes Kepler Universität Linz, 4040 Linz, Österreich Studien (CVOTs) inkludiert, die auch den neuen Al- martin.clodi@jku.at gorithmus zur blutzuckersenkenden Therapie des T2DM bedingen. Demnach wird die Zweitlinienthera- Abteilung für Innere Medizin, Konventhospital der Barmherzigen Brüder Linz, Seilerstätte 2, 4021 Linz, pie nach Metformin durch die Anamnese und Klinik Österreich hinsichtlich des Vorliegens kardiovaskulärer Erkran- kungen (KHK und Herzinsuffizienz) und der chroni- A. Kautzky-Willer schen Niereninsuffizienz unterschieden. In den ak- Gender Medicine Unit, Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel, Universitätsklinik für tuellen Studien sind vor allem positive Resultate bei Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien, den GLP-1 Analoga wie auch den SGLT-2 Hemmern Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien, Österreich erhoben worden. alexandra.kautzky-willer@meduniwien.ac.at K Zusammenfassung der Überarbeitungen 2019
vorwort Zudem wurde eine Empfehlung zur medikamentö- metabolische Therapieoption bei Diabesity aufgrund sen Therapie bei Prädiabetes und die Empfehlung zur der hohen Diabetesremissionsraten von 45–95 %. Vitamin B12-Kontrolle unter laufender Metforminthe- rapie ergänzt. Diagnostik und Therapie des Typ-1-Diabetes Insulintherapie bei Diabetes mellitus Typ 2 Diese neue Leitlinie beinhaltet die vormals in den Leitlinien „Autoimmunerkrankungen bei Typ 1 Dia- Die neue Leitlinie befasst sich nun ausschließlich mit betes“ und „Insulintherapie bei Diabetes“ beschrie- der Insulintherapie bei Typ-2-Diabetes, weshalb auch benen Empfehlungen zur Diagnostik, Therapie und die Basalinsulin-unterstützte orale Therapie (BOT) Begleiterkrankungen des Typ 1 Diabetes im Erwach- und die entsprechenden kardiovaskulären Sicher- senenalter. heitsdaten in dieser Leitlinie ausführlich beschrieben werden. Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter Insulinpumpentherapie bei Kindern, Jugendli- Das HbA1c-Ziel bei Kindern und Jugendlichen wird chen und Erwachsenen nach Empfehlungen der APEDÖ (Arbeitsgruppe für pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie Ös- Die Vor- und Nachteile der Insulinpumpenthera- terreich) für alle Altersgruppen auf ≤7 % (IFCC ≤53 pie (CSII) bei Kindern, Jugendlichen und Erwach- mmol/mol) festgelegt, vorausgesetzt dies kann oh- senen sowie die Indikationen wurden überarbeitet. ne schwere Hypoglykämien erreicht werden. Aktuelle Zusätzlich wird die sensorunterstützte Pumpenthe- Daten zur Diabetes-Inzidenz wurden ergänzt. Die rapie (SuP) als wesentliche Neuheit diskutiert, der Indikationen für die Insulinpumpentherapie sowie Vorteil liegt hier bei der automatischen Abschaltung die Notwendigkeit der Verwendung eines verdünnten der Insulinzufuhr bei Hypoglykämiegefahr. Insulins für die Pumpe werden beschrieben. Die regelmäßige Blutzuckermessung durch Blut- Lebensstil: Ernährung, Bewegung, Rauchent- zuckerbestimmung aus kapillärem Blut der Finger- wöhnung, Alkohol beere, mittels Flash-Glukosemessung oder konti- nuierlicher subkutaner Glukosemessung (real-time Die Leitlinien zur Lifestyle-Modifikation, die eine me- CGM) sollte 6- bis 10mal täglich stattfinden, bei Letz- dikamentöse Therapie des Diabetes mellitus stets be- teren soll auch darauf geachtet werden, ob dem- gleiten soll, werden in den Empfehlungen zu Bewe- entsprechend gescannt bzw. kalibriert wird. Auch gung, Ernährung, Rauchentwöhnung und Alkohol be- sollen die CGM-Stellen in Analogie zu den Spritz-/ schrieben. Katheterinjektionsstellen regelmäßig kontrolliert wer- Die Leitlinie Lebensstil: körperliche Aktivität und den. Training in der Prävention und Therapie des Typ 2 Da zahlreiche psychiatrische Komorbiditäten bei Diabetes mellitus wurde um das Statement zur Inakti- T1DM vorkommen (Essstörungen, Insulinmanipula- vität und systematischen Unterbrechung von sitzen- tion etc.), sollte ein Psychologe/eine Psychologin dem der Tätigkeit nach idealerweise 30 min erweitert und multidisziplinären Behandlungsteam angehören. Ein standardisierte angeleitete zielgruppenspezifische Be- Screening auf assoziierte Autoimmunerkrankungen, wegungsprogramme werden empfohlen. vor allem Autoimmunthyreoiditis (AIT) und Zölia- Die Ernährungsempfehlungen bei Diabetes melli- kie, wird bei Neumanifestation und dann alle 2 Jahre tus wurden um ein Statement zu „low-carb high-fat empfohlen. (LCHF)“-Diäten und ihrer Extremform der ketogenen Der Einsatz von ACE-Hemmern bei Kindern und Diät ergänzt. Jugendlichen mit T1DM wird bei Auftreten von Mi- Da Rauchen und Passivrauchen sowohl die Diabe- kroalbuminurie, diabetischer Nephropathie oder Hy- tesinzidenz als auch die Wahrscheinlichkeit für Spät- pertonie empfohlen. schäden deutlich erhöhen und auch ein moderater Al- koholkonsum bei Diabetes mellitus derzeit nicht frei- Gestationsdiabetes gesprochen werden kann, wurde die neue Leitlinie Rauchen, Alkohol und Diabetes mellitus erarbeitet. Die aktuelle Leitlinie enthält einen Absatz zur Präven- tion des Gestationsdiabetes (GDM). „Diabesity“ – Adipositas und Typ-2-Diabetes Unverändert müssen alle schwangeren Frauen zwi- schen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche mittels In der aktuellen Leitlinie wurden Empfehlungen über- eines 75 g OGTT auf GDM untersucht werden; aus- arbeitet bezüglich 1) der Effektivität der Gewichtsre- genommen davon sind Frauen, bei denen bereits ein duktion hinsichtlich Diabetesprävention und -the- GDM oder manifester DM in der Schwangerschaft di- rapieoptimierung, 2) des Vorteils antihyperglykämi- agnostiziert wurde und Frauen nach bariatrischer Chi- scher Substanzen mit gewichtsreduzierendem Effekt rurgie. Letztere sollten aufgrund der Gefahr der post- und 3) des Stellenwerts der bariatrischen Chirurgie als Zusammenfassung der Überarbeitungen 2019 K
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