Diagnostische Abklärung von Aborten bei Zuchtsauen nach Leptospiren- und Chlamydieninfektion
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Fallberichte | Case reports Diagnostische Abklärung von Aborten bei Zuchtsauen nach Leptospiren- und Chlamydieninfektion C. Unterweger1, U. Ruczizka1, N. Hießberger3, J. Spergser2, I. Hennig-Pauka1 1 Universitätsklinik für Schweine, Department für Nutztiere und öffentliches Veterinärwesen in der Veterinär- medizin, 2 Institut für Mikrobiologie, Department für Pathobiologie, Veterinärmedizinische Universität Wien, 3 Tierarztpraxis Norbert Hießberger, St. Pölten Zusammenfassung Diagnostic procedure after abortions https://doi.org/ 10.17236/sat00171 in sows after simultaneous infection In einem österreichischen Ferkelerzeugerbetrieb abor- with leptospira and chlamydia Eingereicht: 20.09.2017 tierten 2 Sauen im ersten Wurf am 95. und 110. Träch- Angenommen: 10.12.2017 tigkeitstag. Im Abortmaterial konnte mittels PCR eine In a farrowing farm 2 first parity sows aborted on day Doppelinfektion mit Leptospiren und Chlamydien 95 and day 110 of gestation due to an infection with diagnostiziert werden. 3 Wochen nach den Aborten leptospira and chlamydia. The double infection was wurden von den betroffenen sowie weiteren 8 Sauen diagnosed by PCR examination of abortion material. Serumproben entnommen und parallel an zwei Labore Serum samples of both sows and additional 8 sows tak- zur Ermittlung von Chlamydien- und Leptospiren-spe- en three weeks after abortions were sent to two different zifischen Antikörpern mittels Komplementbindungsre- labs for serological examination for antibodies against aktion bzw. Mikroagglutinationstest gesendet. Die sero- leptospira and chlamydia using a microagglutination logische Untersuchung auf Chlamydien verlief in beiden test and a complement fixation test, respectively. In both Untersuchungsanstalten negativ. Die in beiden Laboren labs the tests for antibodies against chlamydia were neg- ermittelten Titerhöhen gegen Leptospiren-Serovare ative. Titers against diverse leptospira serovars varied stimmten nicht einheitlich überein, wiesen aber nicht between both labs and were low, so that they were not auf eine Beteiligung am Abortgeschehen hin. Der Fall- indicative for the involvement of the two pathogens bericht zeigt die diagnostischen Schwierigkeiten auf, die regarding abortion. This case report indicates the diag- beim direkten sowie indirekten Nachweis von Leptospi- nostic difficulties of direct and indirect detection meth- ren und Chlamydien in der Praxis häufig auftreten. ods for leptospira and chlamydia to assess the impact of these pathogens on observed reproductive failure. Schlüsselwörter: Fruchtbarkeitsstörungen, Diagnostik, PCR, Komplementbindungsreaktion, Mikroagglutinationstest Keywords: fertility disorders, diagnostics, PCR, complement fixation tet, microagglutination test Einleitung Weg des Nachweises einer Infektion über die serologi- sche Untersuchung eingeleitet. Empfehlungen für eine Eine ätiologische Diagnose bei Aborten bzw. Fruchtbar- Probenentnahme in der Praxis sind kaum in der Litera- keitsproblemen, die durch Leptospiren oder Chlamydi- tur zu finden und beschränken sich häufig darauf, dass en ausgelöst werden, stellen für den bestandsbetreuen- die Proben möglichst zeitnah zum Infektionszeitpunkt den Tierarzt oft eine Herausforderung dar. Die und dann gepaart im Abstand von einigen Wochen ent- Diagnostik basiert auf direkten und/oder indirekten nommen werden sollen. Nachweismethoden (Andersen und Rogers, 1996; OIE, 2014), wobei sich die direkte Isolierung beider Erreger aus Tiermaterial sehr schwierig gestaltet und nur von Tiere und Betriebsmanagement wenigen spezialisierten Arbeitsgruppen weltweit ange- boten wird (Bolin und Cassells, 1990; Boqvist et al., In einem Ferkelerzeugerbetrieb in Niederösterreich mit 2003). In der Praxis wird hauptsächlich der indirekte 85 Zuchtsauen im 3-wöchigen Abferkelrhythmus abor- Band 160, Heft 7/8, Juli/August 2018, 475–480, © GST | SVS SAT | ASMV 7/8 | 2018 475
Fallberichte | Case reports Diagnostische Abklärung tierten 2 Jungsauen aus zwei aufeinanderfolgenden Ab- Von jedem Ferkel wurde Thymusgewebe für den von Aborten bei Zucht ferkelgruppen im Abstand von einer Woche am er- Direktnachweis von PRRSV, Herzmuskelgewebe zum sauen nach Leptospiren und Chlamydieninfektion rechneten 110. (Sau A, 14 Ferkel) bzw. am 95. (Sau B, Nachweis von Porzinem Circovirus-2 (PCV-2) und Lun- 12 Ferkel) Trächtigkeitstag. Beide Jungsauen waren be- gengewebe und Mageninhalt (entspricht dem abge- C. Unterweger et al. reits 6 Monate im Bestand und während der dreiwöchi- schluckten Fruchtwasser, siehe Abb. 1) zum Nachweis gen Quarantäne gegen Parvovirose und Rotlauf, das von Leptospira spp. sowie Chlamydia/Chlamydophila spp Porzine Reproduktive und Respiratorische Syndrom entnommen. Des Weiteren wurden 4 Wochen nach dem Virus (PRRSV) sowie das Schweineinfluenzavirus ersten Abort bzw. 3 Wochen nach dem zweiten Abort geimpft worden. Alle Sauen wurden mit Samen vom von 10 Sauen, einschließlich der beiden betroffenen hofeigenen Eber künstlich besamt. Die Umrauschquote Jungsauen, Blutproben entnommen. Eine Probe des im Betrieb lag zum Untersuchungszeitpunkt bei 5%. Tragendfutters wurde zur Mykotoxinanalyse mittels Die Zahl der abgesetzten Ferkel/Sau/Jahr betrug 25, die Hochdruckflüssigchromatographie-Verfahren entnom- Abortrate in den vorangehenden 12 Monaten lag unter men. 2%. Reinigung und Desinfektion wurden konsequent und gründlich im Rein-Raus betriebenen Abferkelstall und der Ferkelaufzucht durchgeführt. Eine Nagerbe- Labordiagnostik kämpfung erfolgte fortlaufend durch Aufstellen und Kontrolle von Nagerfallen. Katzen liefen frei auf dem Die Untersuchung des Abortmaterials ergab einen al- Hofgelände herum und hatten auch Zugang zum Stall. tersgemäßen Entwicklungszustand der Ferkel. In den Deckzentrum und Wartestall waren räumlich nicht ge- Feten konnten weder PRRSV- noch PCV-2-spezifische trennt und deshalb konnten Reinigung und Desinfek- Genomsequenzen mittels PCR festgestellt werden, wäh- tion wegen Dauerbelegung nicht regelmäßig stattfinden. rend der molekulargenetische Nachweis auf Leptospira Die Sauen wurden in separaten, stabilen Kleingruppen spp. und auf Chlamydia/Chlamydophila spp. positiv ver- von 12 Sauen je Abferkelgruppe gehalten. Sau B hatte lief. Die Seren wurden mittels Mikroagglutinationstest noch im Wartebereich abortiert, während Sau A zum (MAT) auf Antikörper gegen Leptospira spp. und mittels Zeitpunkt des Abortes bereits in den Abferkelstall um- Komplementbindungsreaktion (KBR) auf Antikörper gestallt worden war. Beide Jungsauen zeigten am Tag vor gegen Chlamydia/Chlamydophila spp. untersucht (La- dem Abort Körpertemperaturen von 40 °C und verwei- bor A). Fünf ausgewählte Serumproben wurden nach- gerten die Futteraufnahme. Weder die anderen Sauen träglich zur Untersuchung an ein weiteres Labor (Labor noch der Eber zeigten in dieser Zeit klinische Sympto- B) gesandt. me. Keine der beprobten Sauen zeigte Antikörper gegen Chlamydia/Chlamydophila spp. Die Ergebnisse des MAT Probenentnahme sprachen für Erregerkontakt mit Leptospira interrogans serovar Icterohaemorrhagiae und/oder Leptospira inter- Je zwei Feten pro Abort wurden vom betreuenden Tier- rogans serovar Bratislava (Tab. 1). Die serologischen arzt an die Universitätsklinik für Schweine eingesandt. Ergebnisse zwischen Labor A und B deckten sich über- Die Plazenten konnten nicht mehr sichergestellt werden. wiegend im Hinblick auf die Bewertung (Tab. 1). Im Tragendfutter konnten keine erhöhten Werte für Myko- toxine gefunden werden. Diagnose und Massnahmen am Betrieb Trotz der negativen bzw. unsicheren serologischen Er- gebnisse wurde aufgrund des positiven Nachweises und des Ausschlusses anderer potentieller auslösender Erre- ger die Diagnose einer zeitgleich verlaufenden Chlamy- diose und Leptospirose gestellt. Nachdem der Landwirt vorerst keine Antibiose bei den Sauen einsetzen wollte und zu diesem Zeitpunkt kein Impfstoff auf dem Markt verfügbar war, wurde nur der Eber ausgetauscht, da die- ser als Infektionsquelle nicht auszuschließen war. Es Abb. 1: Probenentnahme von Mageninhalt aus abortierten Feten zum Direktnach- traten in den nächsten Monaten bis dato keine weiteren weis von Leptospira spp. und Chlamydia spp. Aborte im Betrieb auf. 476 SAT | ASMV 7/8 | 2018 Band 160, Heft 7/8, Juli/August 2018, 475–480, © GST | SVS
Fallberichte | Case reports Diskussion Nachdem auch in Infektionsversuchen nur bei einer sehr Diagnostische Abklärung geringen Prozentzahl von Feten Leptospiren-spezifische von Aborten bei Zucht sauen nach Leptospiren Die Nachweisraten von Leptospiren und Chlamydien DNA gefunden wurde ( Jakobs et al., 2015), kann man und Chlamydieninfektion und besonders der gleichzeitige Nachweis im Abortma- aber davon ausgehen, dass ein positiver Nachweis nicht terial sind bei Feldinfektionen sowie bei experimentel- primär von der Wahl des Gewebes, sondern vom Ein- C. Unterweger et al. len Studien normalerweise sehr gering (Huhn, 1972; schluss des „richtigen“ Trägerfetus in die Untersuchung Nathues et al., 2011; Strutzberg-Minder und Kreien- abhängig ist. Der Direktnachweis von Chlamydien stellt brock, 2011; Strutzberg-Minder, 2012; Jakobs et al., sich als ähnlich schwierig dar. Über die Pathogenese 2015). In den Jahren 2016 und 2017 konnten an der einer abortauslösenden Chlamydieninfektion sowie den Universitätsklinik für Schweine, Vetmeduni Vienna in erregerspezifischen Pathomechanismus ist bis dato nur 2.3% der eingesandten Abortfälle Chlamydien und in wenig bekannt (Pospischil et al., 2001). Chlamydien ebenfalls 2.3% Leptospiren nachgewiesen werden (un- können im Chorionepithel der Plazenta sowie in Leber veröffentlichte Daten). Zu ähnlichen Ergebnissen und Lunge abortierter Feten nachgewiesen werden (Nachweisraten für Leptospiren von 0.8% und für (Vazquez-Cisneros et al., 1994; Thoma et al., 1997). Im Chlamydien von 1%) kamen Nathues et al. (2011). vorliegenden Fall wurden Mageninhalt und Lunge ge- Falsch negative Ergebnisse kommen möglicherweise poolt und erfolgreich auf Chlamydien mittels PCR durch Fehler in der Probenentnahme (zu geringe Anzahl untersucht. Der Mageninhalt als repräsentatives Äqui- an Feten oder falsche Organe) zustande. Es fehlen wei- valent für Fruchtwasser dürfte nach Infektion Chlamy- terhin Angaben darüber, in welchen Teilen des Abort- dien-spezifische DNA enthalten. materials beide Erreger mit höchster Sicherheit nach- weisbar sind. Als Material zum Direktnachweis eignen Derzeit wird von keinem Untersuchungslabor in Öster- sich Lunge, Leber, Niere, Peritonealflüssigkeit, Gehirn reich die Anzüchtung von Chlamydien und Leptospiren und Auge von abortierten Feten sowie zusätzlich Pla- routinemäßig durchgeführt, da Kultivierungsversuche zenta (Ellis et al., 1986; Bolin, 1994; Jakobs et al 2015). beider Erreger aufwendig und schwierig sind (Schautteet Tab 1: Serologische Ergebnisse der MAT von 10 Serumproben von Sauen aus dem betroffenen Betrieb, die in Labor A untersucht wurden. Die Hälfte der Proben wurde außerdem in Labor B untersucht. Laut OIE entspricht eine Verdüunnungsstufe von
Fallberichte | Case reports Diagnostische Abklärung und Vanrompay, 2007; OIE, 2014). Während Chlamy- tislava), die üblicherweise keine klinischen Symptome von Aborten bei Zucht dien mittels speziesspezifischen PCR-Verfahren charak- hervorrufen. L.Bratislava haftet im oberen Genitaltrakt sauen nach Leptospiren und Chlamydieninfektion terisiert werden können (Hartley et al., 2001), ist für von Sauen und Ebern (Ellis et al., 1986) und verursacht Leptospiren keine serovarenspezifische PCR-Methode in der Regel keine Aborte, sondern wird mit Unfrucht- C. Unterweger et al. aus Probenmaterial etabliert. Daher kann eine Identifi- barkeit von Sauen in Verbindung gebracht. Dies stellte zierung beteiligter Leptospirenserovare nur über den im vorgestellten Betrieb kein Problem dar. Bei der indirekten Nachweis erfolgen. In diesem Fall wurden Verbreitung von Bratislava-Infektionen spielt die ge- für den indirekten Nachweis beider Erreger nach schlechtliche Übertragung vom Eber auf die Sauen eine OIE-Empfehlung mehr als 10% der Muttertiere beprobt, bedeutende Rolle, während L.Icterohaemorrhagie nicht allerdings nur einmalig und nicht paarig (OIE, 2014). direkt von Schwein zu Schwein, sondern über den Harn Leptospiren-Antikörper wurden mit dem weltweit als der Wanderratte übertragen wird (Hathaway, 1985). Im Standardverfahren geltenden MAT untersucht, der sich letzteren Fall hätte der Eber somit keinen Einfluss auf aber als Herdentest nicht für eine Einzeltierdiagnose die Übertragung. Dem Landwirt wurde dennoch ange- eignet. Bei keiner Sau konnten zu diesem Zeitpunkt raten, sich zeitnah vom Eber zu trennen, da dieser als Titer >1:200 gemessen werden und diese waren primär Ausscheider nicht auszuschließen war. Da nur neu zu- gegen L.Icterohaemorrhagiae sowie L.Bratislava gerich- gekaufte Sauen von den Aborten betroffen waren, kann tet. Sollte sich der Abort zeitlich mit der Infektion ge- man davon ausgehen, dass diese naiv, also ohne immu- deckt haben, was man aufgrund der klinischen Symp- nologischen Schutz gegen beide Erreger, in die Sauen- tome bei den Sauen annehmen kann, könnten die herde eingegliedert worden waren. Da zu diesem Zeit- gebildeten Antikörper bereits wieder im Absinken ge- punkt keine Impfstoffe gegen beide Erreger zur wesen sein. Die Höhe der Antikörpertiter ist zeitlich Verfügung standen und die Erreger auch nicht durch begrenzt und kann nach einem starken Anstieg um eine antibiotische Behandlung eliminiert werden kön- mehr als das 4-fache bereits 5-7 Tage nach Infektion mit nen, wurde geraten, die zugekauften Sauen zur Immu- einer Halbwertszeit von etwa 20 Tagen rasch wieder ab- nisierung bereits vor der Besamung in Kontakt mit den sinken (Faine et al., 1999; Latell, 2008; Ellis, 2012; OIE, Altsauen und damit mit potentiellen Erregerausschei- 2014). Möglich ist aber auch eine wochen- bis monate- dern zu bringen. Anhand der serologischen Befunde lange Persistenz der Antikörper (Mousing et al., 1995; konnten letztendlich weder Rückschlüsse auf das betei- Jakobs et al., 2015), die im vorliegenden Fall nicht zu ligte Serovar, noch auf die Beteiligung von Leptospiren beobachten war. Da bisher für die meisten Serovare kei- am Krankheitsgeschehen gezogen werden. ne experimentellen Infektionsstudien durchgeführt wurden, ist nicht bekannt, inwieweit serologische Ergeb- Die beiden Labore A und B erzielten ähnliche Ergeb- nisse vom jeweilig beteiligten Serovar, von der Infek- nisse, allerdings wurden im Labor A 3 Wochen nach tionsdosis und vom zeitlichem Abstand zur Infektion Abort Titer von 1:100 gegen L. Icterohaemorrhagiae abhängen (Ellis et al., 1986). Die Titerhöhe ist insbeson- detektiert, während der Nachweis in Labor B negativ dere abhängig vom Serovar so dass stark immunogene verlief. Ein Grund dafür stellt das Verfahren per se dar. Serovare, zu denen L.Icterohaemorrhagiae zählt, zu Einerseits hängt es von der untersuchende Person ab, höheren Titern führen als schwach immunogene Sero- die visuell das Agglutinationsausmaß der Leptospiren vare, zu denen L.Bratislava zählt (Ellis et al., 1986; Bo- in der jeweiligen Verdünnungsstufe des Serums beur- lin, 1994). Schmoll (2016) mutmaßt, dass ein serologisch teilt. Andererseits werden in jeder Untersuchungsanstalt negatives Schwein nicht automatisch frei von Leptospi- individuell ausgesuchte Stämme von bekannten Serova- ren sein muss und als Ausscheider fungieren kann. So ren als Antigen verwendet. Dabei gilt, je besser das im können auch serologisch negative Eber über den Samen MAT verwendete mit dem im Feld vorkommenden Iso- Leptospiren ausscheiden (Kauffold et al., 2006). Es ist lat übereinstimmt, desto höhere Titer können gemessen möglich, dass im beschriebenen Fall nicht beide Sero- werden. Daher sind Ergebnisse derselben Proben aus varen am Abortgeschehen beteiligt waren. Kreuzreak- verschiedenen Laboren erwartungsgemäß unterschied- tionen zwischen Serovaren werden in der Literatur be- lich. schrieben (Ferreira Neto et al., 1997; De Azevedo et al., 2008) und insbesondere Kreuzreaktionen zwischen Chlamydien-Antikörper konnten bei keiner Sau, auch L.Icterohaemorrhagiae und L.Bratislava werden vermu- nicht bei den abortierten Sauen, weder im Labor A noch tet (Universitätsklinik für Schweine, unveröffentlichte im Labor B mittels Komplementbindungsreaktion Daten). Für eine Infektion mit dem nicht schweinead- (KBR) detektiert werden. Antikörpertiter, gemessen mit aptierten Serovar Icterohaemorrhagiae sprechen die der KBR, sollten 10-14 Tage nach Exposition sukzessive Spätaborte sowie die klinische Symptomatik der Sauen ansteigen und über Monate detektierbar bleiben (An- während der Aborte. Generell weisen nicht schweinead- dersen und Rogers, 1996). Laut Sachse und Hotzel aptierte Serovare eine deutlich schwerere klinische Sym- (2000) ist der Nachweis eines 4-fach erhöhten KBR-Ti- ptomatik auf als schweineadaptierte Serovare (z.B. Bra- ters bei paarigen Serumproben in der zweiten Probe für 478 SAT | ASMV 7/8 | 2018 Band 160, Heft 7/8, Juli/August 2018, 475–480, © GST | SVS
Fallberichte | Case reports einen positiven diagnostischen Befund notwendig. 2017) und serologisch negative Tiere können trotzdem Diagnostische Abklärung Nach dieser Definition dürfte man im vorliegenden Fall geschützt sein. von Aborten bei Zucht sauen nach Leptospiren nicht von einer Chlamydiose sprechen. In neuere Stu- und Chlamydieninfektion dien wird die humorale Immunantwort mittels spezies- Ein Verzicht auf die Untersuchung des Abortmaterials spezifischem ELISA gemessen und es konnte gezeigt hätte zu einer falsch negativen Diagnose geführt. Viele C. Unterweger et al. werden, dass eine messbare Immunantwort im Serum Tierärzte entscheiden sich gegen die Durchführung ei- abhängig ist vom Infektionsstamm, dem Infektionsort, ner aufwendigen Diagnostik aus Abortmaterial, lassen ob Erst- oder Wiederholungsinfektion und besonders lieber Einzelserumproben untersuchen oder führen bei von der Infektionsdosis (De Clercq et al., 2014; Be- Verdacht eine antibiotische Therapie durch. Die größte lij-Rammersdorfer et al., 2016; Filipovic et al., 2017). De Chance für einen positiven Nachweis besteht dann, Clercq et al. (2014) zeigten, dass bereits 7 Tage nach wenn der direkte und indirekte Erregernachweis kom- Infektion mit C.suis IgG feststellbar sind und nach ei- biniert wird, auch wenn die Interpretierbarkeit des in- nem Peak von 14-21 Tagen p.i. diese wieder auf ein kons- direkten Nachweises schwierig sein kann. Von Bedeu- tant niedriges Niveau bis zu einer Reinfektion absinken. tung für die Diagnostik ist die Untersuchung einer Belij-Rammersdorfer et al. (2016) beschrieben, dass eine großzügigen Menge an Probenmaterial: mehrere Feten niedere Infektionsdosis bei Erstinfektion auch niedere aus mehreren Würfen, möglichst frisch und am besten oder nicht nachweisbare Serumtiter bewirkte. Nach gemeinsam mit den Plazenten für den Direktnachweis. Erstinfektion mit einer niedrigen Infektionsdosis, wie sie möglicherweise im Feld vorkommt, werden schluss- folgernd nicht zwingend detektierbare Antikörper ge- Dank bildet und die Tiere stellen sich als serologisch negativ heraus. Offenbar spielt jedoch bei Chlamydieninfekti- Ein besonderer Dank geht an den Landwirt, der uns onen die zelluläre Immunität eine wesentlich größere Einsicht in seine Betriebsdaten gewährt hat. Rolle als die humorale Immunantwort (Filipovic et al., Literatur Ellis W.A., McParland P.J., Bryson D.G., Thiermann A.B., Montgomery J.: Isolation of leptospires from the genital Andersen A., Rogers D.: Are chlamydiae swine pathogens? tract and kidneys of aborted sows. Vet. Rec. 1986, 118: J. Swine Health Prod. 1996, 4: 286-288. 294-295. Belij-Rammerstorfer S., Ilnic-Kanada A., Stojanovic M., Ellis W.A.: Leptospirosis. In: Diseases of Swine. Hrsg. B.E. Marinkovic E., Lukic I., Stein E., Montanaro J., Bintner N., Straw, S. D´Allaire, W.S. Mengling, D.J. 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Fallberichte | Case reports Diagnostische Abklärung Jakobs A., Harks F., Hoeijmakers M., Collell M., Segers R.: Korrespondenz von Aborten bei Zucht Safety and efficacy of a new octavalent combined Erysipe- sauen nach Leptospiren las, Parvo and Leptospira vaccine in gilts against Leptospira Dr. Christine Unterweger und Chlamydieninfektion interrogans serovar Pomona associated disease and foetal Universitätsklinik für Schweine, Vetmeduni Vienna, death. Vaccine 2015, 33: 3963-3969. Veterinärplatz 1, 1210 Wien C. Unterweger et al. Tel 01/25077-5206 Kauffold J., Melzer F., Henning K., Schulze K., Leiding C., Fax 01/25077-5297 Sachse K.: Prevalence of chlamydiae in boars and semen E-Mail: christine.unterweger@vetmeduni.ac.at used for artificial insemination. Theriogenology 2006, 65: 1750-1758. Mousing J., Christensen J., Haugegaard J., Schirmer A.L., Friis N.F.: A seroepidemiological survey of Leptospira brati- slava infections in Danish sow herds. Prev. Vet. Med. 1995, 23: 201-213. Nathues H., Tegeler R., Grummer B., Grosse Beilage E.: In- fectious agent detection in reproductive disorders in swine herds. Retrospective evaluation of diagnostic laboratory examinations. Tierarztl. Prax. 2011, 39: 155-161. OIE: Leptospirosis. In: OIE Manual of diagnostic tests and vaccines for terrestrial animals: (mammals, birds and bees). Hrsg OIE, Office international des epizooties, Paris, 2014, 251–264. Pospischil A., Thoma, R., Sydler T.: Bakteriell bedingte Aborte beim Schwein. Prakt. Tierarzt 2001, 83: 274-280. Sachse K., Hotzel H.: Detection and differentiation of Chlamydiae by nested PCR. Methods Mol. Biol. 2003, 216: 123–136. Schautteet K., Vanrompay D.: Chlamydiaceae infections in pig. Vet. Res. 2007, 42: 29-38. Schmoll F.: Leptospirose. 8. Leipziger Tierärztekongress, Leipzig, Deutschland, 2016, Band 3, 335. Strutzberg-Minder K., Kreienbrock L.: Leptospireninfektion beim Schwein: Epidemiologie, Diagnostik und weltweites Vorkommen. Berl. Munch. Tierarztl. 2011, 124: 345–359. Strutzberg-Minder K.: Aktueller Stand der Routinediagnostik von Leptospirendiagnostik beim Schwein. Prakt. Tierarzt. 2012, 93: 1128-1137. Thoma R., Guscetti F., Schiller I., Schmeer N., Corboz L., Pospischil A.: Chlamydiae in porcine abortion. Vet. Pathol. 1997, 34: 467-469. Vazquez-Cisneros C., Wilsmore A. J., Bollo E.: Experimental infections of pregnant sows with ovine Chlamydia psittaci strains. Vet. Microbiol. 1994, 42: 383-387. 480 SAT | ASMV 7/8 | 2018 Band 160, Heft 7/8, Juli/August 2018, 475–480, © GST | SVS
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