DIE BEDEUTUNG DER MARKE IM MARKENRECHT - JKU ...
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Eingereicht von: Jennifer Lampl Angefertigt am Institut für Unternehmensrecht DIE BEDEUTUNG DER Beurteiler / Beurteilerin Assoz. Univ.- Prof. Dr. in in MARKE IM Helene Herda Juli 2021 MARKENRECHT Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magistra der Rechtswissenschaften im Diplomstudium Rechtswissenschaften JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich www.jku.at DVR 0093696
Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch. Deutschlandsberg, 08.07.2021 Unterschrift Jennifer Lampl 2/42
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................... 3 Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................... 5 1. Einleitung ................................................................................................................. 7 2. Begriffsbestimmungen ............................................................................................. 8 2.1. Die Marke ......................................................................................................... 8 2.2. Der Markenbegriff aus juristischer Sicht .......................................................... 8 2.3. Der Markenbegriff aus betriebswirtschaftlicher Sicht ....................................... 9 3. Der Markenwert und die Markenbewertungsverfahren ......................................... 11 3.1. Die DIN ISO Norm 10668……………………….………………………………....12 3.2. Das monetäre Bewertungsverfahren ............................................................. 12 3.2.1. Kostenorientierte Bewertungsverfahren ....................................... 13 3.2.2. Kapital- und ertragsorientierte Markenbewertungsverfahren ....... 14 3.2.3. Preisorientierte Markenbewertungsverfahren .............................. 16 3.2.4. Kapitalmarktorientierte Markenbewertungsverfahren................... 17 3.3. Das nicht monetäre Markenbewertungsverfahren ......................................... 18 3.4. Kombinierte Markenbewertungsansätze ........................................................ 18 4. Die Bedeutung des Markenwertes ........................................................................ 20 5. Der Schaden an der Marke Tirol aus aktuellem Anlass der Covid- 19 Pandemie ......................................................................................................... 21 6. Übertragung von Marken und Markenlizenzen...................................................... 22 6.1. Übertragung von Marken ............................................................................... 22 6.2. Markenlizenzen: Arten und gesetzliche Regelungen ..................................... 24 7. Markenrechtsverletzung ........................................................................................ 26 7.1. Das Vorliegen einer Markenrechtsverletzung ................................................. 26 7.1.1. Verwechslungsgefahr und diesbezügliche Rechtsprechung ........ 26 7.1.2. Rechtsmissbräuchliche Eintragung .............................................. 28 Jennifer Lampl 3/42
7.1.3. Markenpiraterie ............................................................................ 29 7.2. Das Nicht Vorliegen einer Markenrechtsverletzung ........................................ 30 7.2.1. Erschöpfungsgrundsatz................................................................ 30 7.3. Die Konsequenzen bei einer Markenrechtsverletzung................................... 31 7.3.1. Zivilrechtliche Ansprüche aus Markenrechtsverletzungen ........... 32 7.3.1.1. Unterlassungsanspruch gem § 51 MSchG ..................... 32 7.3.1.2. Beseitigungsanspruch gem § 52 MSchG ....................... 33 7.3.1.3. Anspruch auf Entgelt und Schadenersatz gem § 53 Abs 1 und Abs 2 MSchG ........................................ 34 7.3.1.4. Anspruch auf Urteilsveröffentlichung gem § 55 MSchG iVm § 149 PatG .............................................................. 34 7.3.1.5. Anspruch auf Rechnungslegung gem § 55 MSchG iVm § 151 PatG ..................................................................... 35 7.3.1.6. Anspruch auf Auskunft gem § 55a MSchG .................... 35 7.4. Strafrechtliche Konsequenzen von Markenrechtsverletzungen gem § 60 MSchG ....................................................................................... 36 7.5. Verjährung einer Markenrechtsverletzung ..................................................... 36 7.6. Verwirkung einer Markenrechtsverletzung ..................................................... 37 7.7. Einstweilige Verfügung .................................................................................. 38 7.8. Verhinderung einer Markenrechtsverletzung ................................................. 38 8. Conclusio ............................................................................................................... 39 Literaturverzeichnis....................................................................................................... 41 Jennifer Lampl 4/42
Abkürzungsverzeichnis ABGB Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch Abs Absatz BGH Bundesgerichtshof bzw beziehungsweise DCF Discounted Cash-Flow dh das heißt DIN Deutsches Institut für Normung dMarkenG deutsches Markengesetz EO Exekutionsordnung EU Europäische Union EuGH Europäischer Gerichtshof EUIPO Amt der europäischen Union für geistiges Eigentum EV Einstweilige Verfügung f folgende/r/s gem gemäß GesbR Gesellschaft nach bürgerlichem Recht hA herrschende Ansicht hM herrschende Meinung insb insbesondere IR-Marke Internationale Marke iSd im Sinne der/des ISO International Standards Organization iVm in Verbindung mit iW im Wesentlichen LG Landesgericht lt laut Marken-RL (89/104/EWG) Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken Marken-RL (2008/95/EG) Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marke Jennifer Lampl 5/42
Marken-RL (2015/2436) Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken MSchG Markenschutzgesetz 1970 mE meines Erachtens oa oben angeführt OGH Oberster Gerichtshof OPM Österreichisches Patentamt öRsp österreichische Rechtsprechung PatG Patentgesetz Rdn Randnummer Rsp Rechtsprechung Rz Randziffer st ständig StPO Strafprozessordnung sog sogenannte/r/s ua unter anderem UMV Unionsmarkenverordnung UrhG Urhebergesetz üA überwiegende Ansicht va vor allem vgl vergleiche WIPO Weltorganisation für geistiges Eigentum WiSt Wirtschaftswissenschaftliches Studium zB zum Beispiel Jennifer Lampl 6/42
1. Einleitung Die Marke ist ein essentieller immaterieller Wert für das jeweilige Unternehmen. Die zunehmend hohen Investitionen der Unternehmen in den Aufbau und die Weiterentwicklung von Marken führen zu steigender Nachfrage beim Verbraucher. Umso bedeutsamer sind deshalb die Bewertung der Marke und ein gesicherter Rechtsschutz in Bezug auf das geistige Eigentum. Die Aufgabe des Markenrechts liegt ua darin, vor Imitationen Dritter zu schützen und eine Grundlage für die Vergabe von Lizenzen und den Verkauf von Kennzeichen zu generieren. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Marke aus betriebswirtschaftlicher Sicht, insbesondere mit ausgewählten Bewertungsverfahren sowie mit der Bedeutung des rechtlichen Schutzes einer Marke im österreichischen Markenrecht. Dabei werden die Themen Markenbewertung, Übertragung von Marken und Markenlizenzen, Markenrechtsverletzung sowie die Möglichkeiten und Bedeutung von Markenschutz näher erläutert. Da sich im Laufe der Jahrzehnte viele unterschiedliche Verfahren der Bewertung entwickelt haben, weise ich darauf hin, dass ich in dieser Arbeit nur einen groben Überblick über die verschiedenen Bewertungsarten geben kann. Weiters ist es mir ein Anliegen, mit dem Beispiel der Marke Tirol in Kapitel 5 dieser Arbeit darauf hinzuweisen, dass nicht nur greifbare Sachen Marken sind, sondern eben auch Anderes. Im darauffolgenden Kapitel wird ein kurzer Überblick über die Rolle der Lizenzen bzw Markenübertragungen gegeben. Ein besonderes Augenmerk wird in Kapitel 7 auf den Markenschutz geworfen. Hier versuche ich, einen kurzen Überblick über mögliche Markenrechtsverletzungen und deren Folgen zu geben bzw ua darauf hinzuweisen, dass nicht alles gleich eine Markenrechtsverletzung ist. Abgerundet wird die Thematik durch die Erläuterung der österreichischen Rechtslage anhand ausgewählter juristischer Entscheidungen. Jennifer Lampl 7/42
2. Begriffsbestimmungen Zur Veranschaulichung der Unentbehrlichkeit der Markenbewertung bedarf es zunächst einer näheren Erläuterung der Grundbegriffe. Die nachfolgenden Punkte dienen daher als Einführung in die Materie. 2.1. Die Marke Im Laufe der Zeit sind bezüglich der Marke viele verschiedene Begriffsbestimmungen entstanden. Während es in der Betriebswirtschaft einige unterschiedliche und auch sich widersprechende Definitionen gibt, ist der Begriff der Marke in juristischer Hinsicht im MSchG 1970 klar geregelt. 2.2. Der Markenbegriff aus juristischer Sicht Der Begriff der „Marke“ ist in Österreich in § 1 des 1970 in Kraft getretenen MSchG folgendermaßen definiert: „Marken können Zeichen aller Art sein, insbesondere Wörter, einschließlich Personennamen, oder Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Farben, die Form oder Verpackung der Ware oder Klänge, soweit solche Zeichen geeignet sind, …“. Eine entsprechende Definition weist auch die neue Marken- Richtlinie 2015/2436 1, vormals Richtlinie 2008/95/EG 2 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.10.2008, ursprünglich Richtlinie 89/104/EWG 3 vom 21.12.1988, auf. In den 1960er Jahren initiierte die American Marketing Association eine formale Auslegung des Markenbegriffs. An dieser Stelle ist festzuhalten, dass brand 4 dieselbe Semantik wie die Marke hat. 5 Hier beschreibt sich die Marke wie folgt: „a brand is a 1 RL (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken, ABl L 2015/336, 1. 2 RL 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (kodifizierte Fassung), ABl L 2008/299, 25. 3 Erste Richtlinie 89/104/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken vom 21. Dezember 1988. 4 Originaltext: A brand is a name, term, design, symbol or any other feature that identifies one seller´s goods or service as distinct from those of other sellers; https://www.ama.org/topics/branding/ (abgerufen am 28. 03. 2021). 5 Vgl Bentele/Buchele/Hoepfner/Liebert, Markenwert und Markenermittlung, eine Systematische Modelluntersuchung und -bewertung (2009) 3. Jennifer Lampl 8/42
name, term, sign, symbol, or design, or a combination of them which is intended to identify the goods or services of one seller and to differentiate them from those of competitors“. 6 Diese Definitionen decken sich also inhaltlich, entsprechen jedoch kaum dem Verständnis des Konsumenten von einer Marke. 2.3. Der Markenbegriff aus betriebswirtschaftlicher Sicht Hierbei wird bedeutend mehr Wert auf die Sichtweise des Kunden gelegt. Es haben sich unterschiedliche Erklärungen der Marken bzw der Markenartikel gebildet. Bekmeier-Feuerhahn ist der Ansicht, dass zwei unterschiedliche Arten der klassischen betriebswirtschaftlichen Markendefinition wesentlich sind. Einerseits die Definition mittels der angebotsorientierten Sichtweise in Form eines Kriterienkatalogs und andererseits die Definition anhand der konsumorientierten Sichtweise mittels wirkungsbezogener Ansätze. 7 Nicht nur Diskrepanzen über Art sowie Anzahl der Kriterien zur Definition der Markenartikel, sondern auch der dauernde Umbruch, welchem die Markenartikel ausgesetzt sind, sind kritisch zu sehen und erfordern eine stetige Anpassung. 8 Kontrovers lehnen sich die wirkungsbezogenen Ansätze am Verhalten des Kunden an. 9 Esch wiederum definiert die Marke wie folgt: „Marken sind Vorstellungsbilder in den Köpfen der Menschen, die eine Identifikations- und Differenzierungsfunktion übernehmen und das Wahlverhalten prägen“. 10 Die semiotische Markenbetrachtung versucht wiederum die juristische, die angebotsorientierte sowie die nachfrageorientierte Betrachtungsweise miteinander zu vereinigen. 11 Bruhn und die Gesellschaft zur Erforschung des Markenwesens e.V. (G E M) formulierten die Definition des Begriffes der Marke folgenderweise: „Als Marke werden Leistungen bezeichnet, die neben einer unterscheidungsfähigen Markierung 6 https://www.ama.org/topics/branding/ (abgerufen am 18. 05. 2021). 7 Bekmeier-Feuerhahn, Marktorientierte Markenbewertung, eine konsumenten- und unternehmens- bezogene Betrachtung (1998) 15. 8 Vgl Bekmeier-Feuerhahn, Markenbewertung 17. 9 Vgl Bekmeier-Feuerhahn, Markenbewertung 15. 10 Esch, Strategie und Technik der Markenführung (2018) 22. 11 Vgl Bekmeier-Feuerhahn, Markenbewertung 27. Jennifer Lampl 9/42
durch ein systematisches Absatzkonzept im Markt ein Qualitätsversprechen geben, das eine dauerhaft werthaltige, nutzenstiftende Wirkung erzielt und bei der relevanten Zielgruppe in der Erfüllung der Kundenerwartungen einen nachhaltigen Erfolg im Markt realisiert bzw realisieren kann.“ 12 Sander zählt an der Seite des Merkmalskataloges und des wirkungsbezogenen Ansatzes darüber hinaus noch den instrumentalen Ansatz auf; dies mit dem Ziel, eine Definition der Marke mittels der absatzpolitischen Aktivität herzustellen. 13 Festzuhalten ist an dieser Stelle der Arbeit, dass diese unterschiedlichen Definitionen der Marke wohl im Laufe der Jahre entstanden sind und es weder einen richtigen noch einen falschen Ansatz gibt, wohl aber ist eine für den jeweiligen Zusammenhang geeignete Definition auszuwählen. 14 12 http://www.gem-online.de/pdf/gem_publikation/Was_ist_eine_Marke_2002.pdf (abgerufen am 21. 04. 2021). 13 Sander, Die Bestimmung und Steuerung des Wertes von Marken (1994) 37. 14 Vgl Trommsdorff, Verfahren der Markenbewertung, in Bruhn (Hrsg) Handbuch Markenführung - Kompendium zum erfolgreichen Markenmanagement: Strategen, Instrumente, Erfahrungen² (2004) 1857. Jennifer Lampl 10/42
3. Der Markenwert und die Markenbewertungsverfahren Die Unterscheidung der Markenbewertung erfolgt aus finanzwirtschaftlicher, verhaltenswirtschaftlicher und integrativer Sicht. Aus finanzwirtschaftlicher Sicht betrachtet, definiert sich der Markenwert durch die Summe der Überschüsse, welche künftig durch die Marke generiert werden. 15 Aus verhaltenswirtschaftlicher Sicht wird der Wert der Marke durch das Verhalten des Konsumenten bestimmt. 16 Durch die integrative Betrachtungsweise werden die zwei zuvor genannten Perspektiven miteinander verbunden. Es werden sowohl finanzielle als auch verhaltenswirtschaftliche Betrachtungsweisen berücksichtigt. Bekmeier-Feuerhahn definiert den Markenwert in diesem Zusammenhang „(…) als die durch die Markierung ausgelösten gegenwärtigen und zukünftigen Wertsteigerungen von Leistungen auf Konsumenten- und Unternehmerseite, die ökonomisch nutzbar und in monetären Maßeinheiten zu bewerten sind.“ 17 Wie zuvor bereits erwähnt, kennt die Literatur drei Methoden der Markenbewertung. Nachfolgend wird zwar das finanzorientierte Verfahren die Hauptrolle spielen, eine kurze Darlegung der Alternativen soll in diesem Kapitel trotzdem erfolgen. Klassifizierung der Markenbewertungsverfahren: 18 15 Burmann, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/markenwert.html#erklaerung (abgerufen am 13. 04. 2021). 16 Burmann, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/markenwert.html#erklaerung (abgerufen am 13. 04. 2021). 17 Bekmeier-Feuerhahn, Markenbewertung 46. 18 Bentele/Buchele/Hoepfner/Liebert, Markenwert 38. Jennifer Lampl 11/42
3.1. Die DIN ISO Norm 10668 Die DIN ISO Norm 1010668 wurde im Jahr 2011 vom Deutschen Institut für Normierung herausgegeben und soll bewirken, dass sowohl finanz- und verhaltenswissenschaftliche als auch rechtliche Perspektiven in der Markenbewertung berücksichtigt werden. 19 Die DIN ISO Norm 1010668 besagt weiters, dass sich das jeweils ausgewählte Bewertungsverfahren am Bewertungszweck und an den Eigenheiten der Marke, welche zu bewerten ist, ausrichten muss. 20 3.2. Das monetäre Bewertungsverfahren Der Markenwert wird in finanzorientierter Betrachtungsweise aus der Sicht des Unternehmens dargestellt und bestimmt den Gewinn, welcher ohne diese Marke nicht erwirtschaftet hätte werden können und eben auf diese zurückzuführen ist. Der Gewinn ist der dem Markenzeichen zuzuschreibende Erlös, abzüglich der Ausgaben, welche dem Markenzeichen zuzurechnen sind. 21 Damit ein finanzorientiertes Abbild des Markenwertes überhaupt möglich ist, wurden in den letzten Jahrzehnten unterschiedliche Modelle definiert, diese lassen sich in kostenorientierte, kapital- und ertragswertorientierte, preisorientierte und kapitalmarktorientierte Verfahren unterteilen. Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass die monetären Markenbewertungsverfahren, verglichen mit den Alternativen, wesentlich günstiger sind. Zu erklären ist dies damit, dass zum einen eine einfache Handhabung der Modelle besteht und zum anderen, dass etwaige Gutachter ausschließlich unternehmensinterne Informationen und Daten benötigen. Man darf aber nicht vergessen, dass das finanzorientierte Verfahren ausschließlich die Unternehmensseite betrachtet, die Sicht des Konsumenten jedoch völlig außer Acht gelassen wird. 22 19 DIN ISO 10668:2011-10 20 DIN ISO 10668:2011-10 Kapitel 5.1 Allgemeine Hinweise. 21 Sander, Bestimmung und Steuerung des Wertes von Marken 46. 22 http://www.battencompany.com/uploads/media/2001_12_Brand_Equity_Excellence_1_Review.pdf (abgerufen am 14. 04. 2021). Jennifer Lampl 12/42
3.2.1. Kostenorientierte Bewertungsverfahren Die kostenorientierten Markenbewertungsverfahren werden in zwei Gruppen unterteilt. Erstens in die Verfahren, welche den Markenwert bestimmen, indem sie die Kosten, die für die Struktur und Qualität der Marke entstanden sind, bestimmen. Zweitens werden diese in die Verfahren unterteilt, welche den Wert in Form der Wiederbeschaffungskosten feststellen. 23 Bei der ersten Form werden alle anfallenden Aufwendungen, also vom Anfang bis zum tatsächlichen Bewertungszeitpunkt miteinbezogen. Die zweite Form basiert auf den Kosten, welche erforderlich sind, um eine Marke, welche neu geschaffen wird, zum Zeitpunkt der Bewertung auf das Niveau der Marke, die zu bewerten ist zu heben. 24 Markenrechts-, Markenkommunikations- sowie Markenführungskosten sind somit die entscheidenden Kostenarten. Aufgrund der der Berechnung zugrunde gelegten Daten werden bei diesem Verfahren sowohl eine Überbewertung als auch eine unsichere Zukunftsprognose vermieden. 25 Die Markenbewertung anhand des kostenorientierten Verfahrens bringt allerdings auch einige Probleme mit sich. Bei diesem Ansatz fließen nur diejenigen Werte ein, welche das jeweilige Unternehmen in die jeweilige Marke an Kosten aufgewendet hat oder aufwenden hätte müssen, um die Marke zu rekonstruieren. Die Werte, welche von der Marke an sich erwirtschaftet wurden, fließen nicht ein. Zukunftsorientierte Sichtweisen werden nicht berücksichtigt. 26 Weiters ist nicht gesagt, dass hohe Kosten gleich einen hohen Markenwert bestätigen bzw mit einem solchen gleichzusetzen sind. Genau so wenig sind geringe Kosten mit einem geringen Markenwert gleichzusetzen. 27 Auch der Beobachtungszeitraum darf nicht außer Acht gelassen werden. Bei neuen Marken ist die Gefahr gegeben, dass sie sich als Reinfall herausstellen und durch den Markeninhaber wieder vom Markt genommen werden. 28 Bekmeier-Feuerhahn betont, dass es heute wesentlich schwieriger ist, eine Marke zu etablieren, da die 23 Vgl Schneider/Kahn/Zenhäusern/Haring, Integrale Markenführung - 14 Grundsätze, wie Markenwert geschaffen, geschützt, berechnet und vermehrt wird (2003) 125. 24 Vgl Lagarden, Markenbewertung in der Unternehmerpraxis - Empirische Analyse der Bedingungen und Schlüsselkonzepte der Bewertung (2011) 42. 25 Vgl Eichmann, Marketingorientierte Unternehmensbewertung: Absatzmärkte als Grundlage der Wertfindung (1992) 77. 26 Bekmeier-Feuerhahn, Markenbewertung 70. 27 Bekmeier-Feuerhahn, Markenbewertung 70. 28 Schneider/Kahn/Zenhausern/Haring, Markenführung 125 f. Jennifer Lampl 13/42
Marktbedingungen immer unterschiedlicher werden, die Märkte strukturierter als in früheren Zeiten sind und der Druck der Konkurrenz immer höher wird. 29 Ebenso ist an dieser Stelle anzumerken, dass diejenigen Unternehmen, welche am Markt führend sind, die eigene Marke so stellen und platzieren, dass ihre Position einzigartig ist. Weiters ist durch die fehlende Transparenz der Teilnehmer am jeweiligen Markt und die daraus resultierende Schwierigkeit der aufzutreibenden Daten, die Kalkulierung des Markenwertes mittels Wiederbeschaffungskosten schwer realisierbar. 30 Kundenspezifische Aspekte spielen bei diesem Verfahren, wie bereits erwähnt, keine Rolle, dies ist ein weiterer sensibler Punkt. 31 Ein Beispiel für ein kostenorientiertes Bewertungsverfahren ist das Modell von Repenn, auf welches im Kapitel der Markenübertragung kurz eingegangen wird. 3.2.2. Kapital- und ertragsorientierte Markenbewertungsverfahren Beim kapital- und ertragsorientierten Verfahren erfolgt die Berechnung des Markenwertes mittels aller bevorstehenden Jahresüberschüsse, welche auf das Jahr der Bewertung zu diskontieren sind, um den Wert zum jetzigen Zeitpunkt festzusetzen. 32 Auch hier gibt es unterschiedliche Arten. Einerseits geschieht dies durch die Feststellung des Mietwertes der Marke und andererseits durch den Wert des Ertrages der Marke. Beim Ansetzen des Mietwertes lautet die Fragestellung, wie viel ein Abnehmer bereit wäre zu bezahlen, um die Marke verwenden zu dürfen. Bei diesem Ansatz bestimmt sich der Wert also aus den abgezinsten Miet- und Lizenzerträgen der Folgejahre. 33 29 Bekmeier-Feuerhahn, Markenbewertung 70 f. 30 Vgl Bekmeier-Feuerhahn, Markenbewertung 71. 31 http://www.battencompany.com/uploads/media/2001_12_Brand_Equity_Excellence_1_Review.pdf (abgerufen am 15. 04. 2021). 32 http://www.battencompany.com/uploads/media/2001_12_Brand_Equity_Excellence_1_Review.pdf (abgerufen am 15. 04. 2021). 33 Schneider/Kahn/Zenhausern/Haring, Markenführung 127. Jennifer Lampl 14/42
Bei der Ertragswertberechnung wird der erwirtschaftete Wert der Marke vermindert um den Wert der Aufwendungen herangezogen. 34 Diese entsprechen zum Großteil dem monetären Verfahren. 35 Demgegenüber lassen sich die Erträge zB aus dem Aufpreis und aus dem höheren Absatzvolumen bestimmen. 36 Zuletzt wird anhand des Diskontierungsfaktors die Berechnung des Barwertes der Marke zum Wert der Gegenwart errechnet. 37 Potentielle Risiken können deshalb berücksichtigt werden, weil der Zinssatz variabel angepasst wird. 38 Berücksichtigt wird auch die prognostizierte Nutzungsdauer der Marke, hierbei ist die allgemeine Entwicklung der jeweiligen Branche heranzuziehen. 39 Auch ist es möglich, den Ertragswert der Marke anhand der Mehrgewinnmethode zu bestimmen. Hier werden die finanziellen Profite der zu bewertenden markierten Leistung mit einer nichtmarkierten Leistung eines ähnlichen Unternehmens verglichen. 40 Ebenso besteht die Möglichkeit, den Wert des Ertrages mittels Residualwertmethode zu bestimmen. Hier ergibt sich der Wert der Marke aus dem Barwert der künftigen Überschüsse abzüglich der Kosten der notwendigen Vermögensgegenstände des Unternehmens. 41 Bei diesen kapital- und ertragsorientierten Verfahren ist ein wesentlicher positiver Aspekt, dass zukünftige marktbezogene Erträge berücksichtigt werden. Durch das Anpassen des Diskontierungsfaktors ist es weiters machbar, möglichen Risiken vorzubeugen. Der angewendete Zinssatz trägt dazu bei, dass die Reinerträge der Zukunft auf den Gegenwartswert hinunter gerechnet werden können. Es entstehen wiederum nur wenige Kosten, da keine konsumorientierten Daten benötigt werden. Die Kehrseite dieser Methoden ist jedoch die Unsicherheit, ob sich die Bewertungen in der Zukunft als wahr herausstellen. Auch der Zinsfluss ist nicht von objektiver, sondern 34 Vgl Heider in Zerres/Zerres (Hrsg), Handbuch Marketing-Controlling³ (2006) 263. 35 Vgl Gerpott/Thomas, Markenbewertungsverfahren - Einsatzfelder und Verfahrensüberblick, WiSt 2004, 397. 36 Vgl Schneider/Kahn/Zenhausern/Haring, Markenführung 127. 37 Vgl Gerpott/Thomas, Markenbewertungsverfahren 397. 38 Vgl Heider in Zerres, Handbuch Marketing-Controlling³ 263. 39 DIN ISO 10668:2011-10 Kapitel 5.2.3.2 Ökonomische Nutzungsdauer. 40 DIN ISO 10668:2011-10 Kapitel 5.2.2.6 Allgemeine Form der Mehrgewinnmethode. 41 Vgl Lagarden, Markenbewertung 44. Jennifer Lampl 15/42
von subjektiver Natur und kann auf den Wert der Marke wesentlich einwirken. 42 Ein weiterer Nachteil ist auch die kalkulierte Nutzungsdauer, die lediglich geschätzt wird. 43 Nur schwer umsetzbar sind die Bewertungen anhand von Miet- oder Lizenzerlösen und auch die Anwendung der Mehrgewinnmethode. Bei allem Genannten ist ein Vergleichsmaßstab notwendig. Aufgrund der seltenen Vermietung- und Lizenzierung und aufgrund der Zurückhaltung der notwendigen Daten von anderen Unternehmen ist dieser Vergleichsmaßstab nur schwer anzusetzen. 44 Ein Beispiel für ein kapital- und ertragsorientiertes Verfahren ist das Markenwertmodell nach Kern, auf dieses wird in dieser Arbeit jedoch nicht näher eingegangen. 3.2.3. Preisorientierte Markenbewertungsverfahren Beim preisorientierten Verfahren handelt es sich um den Mehrpreis, welchen die Abnehmer bereit sind, für die markierte Marke, verglichen mit der unmarkierten Marke, zu bezahlen. 45 Die Markierungen sollen dem Unternehmen dabei helfen, am Markt einen höheren Preis zu generieren. 46 Die Absatzmenge wird multipliziert mit der Differenz des Preises zu einem nicht markierten Produkt mit gleicher Beschaffenheit. 47 Der markenbezogene Aufschlag des Preises kann auf direktem Wege durch Befragung der Abnehmer, oder auch auf indirektem Wege, einerseits mit der hedonischen Preistheorie und andererseits anhand einer Conjoint Analyse, berechnet werden. 48 Ein positiver Aspekt der preisorientierten Verfahren liegt va in ihrer Einfachheit. 49 Beim gegenständlichen Verfahren lehnt sich der Markenwert im Großen und Ganzen am Preisaufschlag zum Stichtag an, deswegen bleiben zukunftsbezogene Perspektiven 42 Vgl Eichmann, Marketingorientierte Unternehmensbewertung 84. 43 Vgl Lagarden Markenbewertung 44. 44 DIN ISO 10668:2011-10 Kapitel 5.2.2.6 Allgemeine Form der Mehrgewinnmethode. 45 Bekmeier-Feuerhahn, Markenbewertung 72. 46 Bekmeier-Feuerhahn, Markenbewertung 72. 47 http://www.battencompany.com/uploads/media/2001_12_Brand_Equity_Excellence_1_Review.pdf (abgerufen am 15. 04. 2021). 48 Esch, Markenführung 256 f. 49 Esch, Markenführung 256 f. Jennifer Lampl 16/42
hier unberücksichtigt. Eine andere Problematik, welche sich bei der direkten Ermittlung des Preisaufschlages stellt, ist die Glaubwürdigkeit der Konsumenten, welche dazu befragt wurden. Aussagen passen nicht immer mit dem eigentlichen Verhalten der Konsumenten zusammen. 50 Um ein Beispiel für ein preisorientiertes Markenbewertungsverfahren zu geben, sei hier das hedonische Preismodell von Sander genannt. Es wird in dieser Arbeit jedoch nicht weiter darauf eingegangen. 3.2.4. Kapitalmarktorientierte Markenbewertungsverfahren Hier geht man davon aus, dass die Höhe des Markenwertes durch die Entwicklung des Börsenwertes widergespiegelt wird. Der Wert der Marke resultiert aus dem Wert des Unternehmens abzüglich materieller und immaterieller Vermögenswerte, obgleich der Wert des Unternehmens gleich dem Wert am Kapitalmarkt ist. Der Wert des Unternehmens ergibt sich in diesem Fall also aus der Multiplikation des Aktienpreises mit der Aktienzahl. 51 Die Problematik des kapitalmarktorientierten Verfahrens liegt darin, dass dieses nur für börsenorientierte Unternehmen zweckmäßig ist. 52 Wie schon bei den zuvor genannten kostenorientierten Verfahren wird die Sicht des Kunden hier außer Acht gelassen. 53 Als Beispiel für ein kapitalmarktorientiertes Verfahren sei an dieser Stelle das Börsenwertmodell nach Sullivan genannt. Hierauf wird in dieser Arbeit jedoch nicht weiter eingegangen. 50 http://www.battencompany.com/uploads/media/2001_12_Brand_Equity_Excellence_1_Review.pdf (abgerufen am 15. 04. 2021). 51 Vgl Bekmeier-Feuerhahn, Markenbewertung 74. 52 Vgl Bekmeier-Feuerhahn, Markenbewertung 74. 53 http://www.battencompany.com/uploads/media/2001_12_Brand_Equity_Excellence_1_Review.pdf (abgerufen am 15. 04. 2021). Jennifer Lampl 17/42
3.3. Das nicht monetäre Markenbewertungsverfahren Konträr zu den finanzorientierten Bewertungsverfahren bestimmen die verhaltenswissenschaftlichen Verfahren den Markenwert mittels Konsumentenverhalten. 54 Die Markenwertermittlung geschieht hier anhand der Stärke der Marke, dies mittels Nutzwertanalysen. 55 Die notwendigen Daten werden von den Bewertenden typischerweise durch Umfragen erhoben. 56 Einflussreiche Faktoren hierfür sind die Bekanntheit der Marke, die Assoziationen mit der Marke, die Markenloyalität, der Markenschutz und das Marken Know-how bzw die Ressourcen. 57 Ein positiver Aspekt der verhaltenswissenschaftlich orientierten Verfahren ist, dass das Markenmanagement die Zusammensetzung des Markenwertes verstehen kann. Dieses Modell macht es möglich, Beweggründe für Steigerungen bzw Verluste des Wertes der Marke nachzuvollziehen. Aus diesem Grund ist dieses Verfahren der Markenwertermittlung für die Markensteuerung besonders qualifiziert. 58 Die mangelnde Überleitung der Markenstärke in einen finanzorientierten Markenwert sowie die fehlenden betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkte sind wesentliche Nachteile des nichtmonetären Markenbewertungsverfahrens. Die Einflussfaktoren sind zur Gänze subjektiv und so kann es gegebenenfalls zu einer großen Abweichung bei der Festlegung der Stärke der Marke kommen. 59 3.4. Kombinierte Markenbewertungsansätze Die einseitige Betrachtungsweise, entweder eben durch die monetären Verfahren oder durch das nicht monetäre Verfahren, bringt mit sich, dass wesentliche Bestandteile für die Bestimmung des Markenwertes fehlen. So versuchte man, ein Verfahren zu 54 Vgl Bekmeier-Feuerhahn, Markenbewertung 34. 55 http://www.battencompany.com/uploads/media/2001_12_Brand_Equity_Excellence_1_Review.pdf (abgerufen am 04. 04. 2021). 56 Vgl Trommsdorff in Bruhn, Handbuch Markenführung² 1864. 57 Vgl Schneider/Kahn/Zenhausern/Haring, Markenführung 94 f. 58 http://www.battencompany.com/uploads/media/2001_12_Brand_Equity_Excellence_1_Review.pdf (abgerufen am 12. 04. 2021). 59 http://www.battencompany.com/uploads/media/2001_12_Brand_Equity_Excellence_1_Review.pdf (abgerufen am 12. 04. 2021). Jennifer Lampl 18/42
schaffen, welches beide Seiten einbezieht. 60 Die Festlegung des monetären Wertes der Marke geschieht durch einen zweistufigen Vorgang, wodurch sich der Markenwert im zweiten Schritt aus der Markenstärke des ersten Schrittes ergibt. 61 Folgender Ablauf wird bei den hybriden Ansätzen vom Großteil verfolgt: 62 • Phase 1: Messung der Stärke der Marke • Phase 2: Isolierung der Stärke der Marke • Phase 3: Ermittlung des Potentials des Ertrages der Marke • Phase 4: Ermittlung der Lebensdauer der Marke • Phase 5: Berechnung des Barwertes der Marke Ungeachtet dessen, dass die kombinierten Markenbewertungsverfahren sowohl die monetären als auch die nicht monetären Methoden beachten und einbeziehen, ist an dieser Stelle festzuhalten, dass aufgrund dieser Verbindung ein Input-Output-Problem geschaffen wird. Es kann sein, dass die betrieblichen Kriterien nicht nur den Wert der Marke beeinflussen, vielmehr aber selber Einfluss auf den Wert der Marke nehmen. Ein anderer negativer Punkt beim hybriden Markenbewertungsverfahren ist die Subjektivität der Kriterien-Auswahl, welche Grund dafür ist, dass der errechnete Wert der Marke manchmal nicht nachvollzogen werden kann. 63 Wie schon bei der Definition der Marke ist an dieser Stelle festzuhalten, dass es bei den Markenbewertungsverfahren kein Richtig oder Falsch gibt. Wichtig ist, das passende Verfahren für den entsprechenden Bewertungsanlass auszuwählen. 60 http://www.battencompany.com/uploads/media/2001_12_Brand_Equity_Excellence_1_Review . pdf (abgerufen am 12. 04. 2021). 61 Vgl Kriegbaum, Markencontrolling - Bewertung und Steuerung von Marken als immaterielle Vermögenswerte im Rahmen eines unternehmenswertorientierten Controlling (2001) 118. 62 Vgl Franzen, Monetäre Markenbewertung – Stand nach 20 Jahren praktischer Anwendung (2011) 52. 63 http://www.battencompany.com/uploads/media/2001_12_Brand_Equity_Excellence_1_Review . pdf (abgerufen am 12. 04. 2021). Jennifer Lampl 19/42
4. Die Bedeutung des Markenwertes Eine Marke zu etablieren, den Wert der Marke aufrecht zu erhalten und im besten Falle noch zu steigern, bringt dem Unternehmen, welches die markierte Leistung vertreibt, zweifelsohne Vorzüge im Gegensatz zu Unternehmen, welche nur einen dürftigen oder auch keinen Markenwert aufzeigen. Ein hoher Markenwert geht, wie im Kapitel zuvor beschrieben, mit einer starken Marke einher. Die wichtigsten Funktionen einer Marke für das Unternehmen sind der Schutz vor Nachahmung, die Differenzierung, die Kundenbindung, das Kapital, der Vorverkauf und die Profilierung. 64 Die Bedeutung der immateriellen Vermögenswerte nimmt neben dem Nutzen, den ein Unternehmen aus der Marke zieht, immer mehr zu. Eine Untersuchung dazu im Jahr 2010 von Lagarden ergab bei einer Erhebung über 120 Unternehmen, dass diese hauptsächlich die Marke und das Warenzeichen als signifikante immaterielle Wirtschaftsgüter erwähnt haben. 65 Wie man aus den bisherigen Ausführungen klar erkennen kann, hat die Marke einen bedeutenden Einfluss auf die Bekanntheit, den Erfolg und den Wert eines Unternehmens. Gleichzeitig können aber auch Einflüsse von außen der schwer erkämpften Beliebtheit einer Marke großen Schaden zufügen. 64 Vgl Schneider/Kahn/Zenhausern/Haring, Markenführung 22. 65 Vgl Lagarden, Markenbewertung 79. Jennifer Lampl 20/42
5. Der Schaden an der Marke Tirol aus aktuellem Anlass der Covid-19 Pandemie Der Konsument verknüpft mit einer Marke deren greifbare Eigenschaften, die ästhetische und technische Funktionalität des Produkts, und er baut eine emotionale Beziehung zu „seiner“ Marke auf. 66 Im Laufe der Zeit haben sich aber auch nicht physisch „greifbare“ Produkte als Marken herauskristallisiert. Dazu zählt die als Wort- Bild-Marke international geschützte Marke Tirol mit rot-weiß-rotem Logo. Die Tiroler lieben ihre Heimat, sie identifizieren sich damit und sie haben eine emotionale Bindung zu ihr. All dies sind Voraussetzungen, um eine Marke im internationalen Umfeld erfolgreich platzieren zu können. Die Tiroler selbst sind die besten Markenbotschafter für das alpine Lebensgefühl. 67 Der Aufbau einer Marke ist äußerst zeit- und geldintensiv, ihre nachhaltige Schädigung kann leider innerhalb kürzester Zeit erfolgen. Ein aktuelles Beispiel dafür ist der Umgang Tirols mit der Covid-19-Krise im März 2020 und mit der südafrikanischen Mutation im Februar 2021. Das Institut für Management- und Wirtschaftsforschung (IMWF) veröffentlichte am 11. 03. 2021 das Ergebnis einer Studie, die sich anhand von 26 Millionen Debattenbeiträgen mit der Kommunikation zum Thema Corona in Deutschland beschäftigte. Für die Deutschen, die den mit Abstand wichtigsten Markt für den Tiroler Tourismus darstellen, wurde Tirol zum Synonym für Versagen beim Umgang mit der Covid-19-Pandemie. War es Anfang März 2020 die verspätete Reaktion der Behörden auf die ersten Corona-Fälle, die Ischgl negativ ins Licht der Weltöffentlichkeit rückte, so haben die verbalen Auseinandersetzungen zwischen den Repräsentanten Tirols und dem Gesundheitsministerium im Februar 2021 bezüglich des Umgangs mit der südafrikanischen Variante der Studie zufolge nicht nur Tirol, sondern auch der Marke Österreich nachhaltigen Schaden zugefügt, dessen Ausmaß sich noch nicht abschätzen lässt. 68 66 Vgl Schönherr, in Keuper/Kindvater/Dertinger/Heim (Hrsg), Handbuch 11 Thesen zur nachhaltigen Markenführung und Implementierung. Mit einem umfassenden Fallbeispiel der Loewe AG (2009) 153. 67 www.marke.tirol (abgerufen am 31. 03. 2021). 68 www.unsertirol.com/11.3.2021 (abgerufen am 31. 03. 2021). Jennifer Lampl 21/42
6. Übertragung von Marken und Markenlizenzen Die Markenbewertung spielt auch bei Unternehmensverkäufen, bei Pfändung oder im Insolvenzverfahren eine große Rolle. Das Markenrecht ist wie das Eigentumsrecht ex lege ein absolutes Recht, das dem Rechtsinhaber Schutz gegen widerrechtlichen Eingriff Dritter gewährt. Der Rechtsübergang erfolgt mangels Körperlichkeit des Rechts durch Zession und Eintragung im Markenregister des Patentamts, wobei dieser nur deklarative Bedeutung zukommt. 6.1. Übertragung von Marken Anders als bei Patenten und Mustern ist die Eintragung nicht Bestandteil des Modus, sondern dient nur Publizitätszwecken. 69 Bei Übertragung durch Rechtsgeschäft hat die Umschreibung durch Vorlage einer Übertragungsurkunde, aus der der übereinstimmende Wille zur Übertragung von Übertragendem und Erwerber resultiert, zu erfolgen. 70 § 11 Abs 3 MSchG sieht vor, dass das Markenrecht vor dem Patentamt erst nach erfolgter Umschreibung geltend gemacht werden kann, woraus resultiert, dass markenspezifische Verständigungen mit Wirkung gegen den Erwerber dem Eingetragenen zugestellt werden. § 11 Abs 1 MSchG bestimmt, dass das Markenrecht im Falle eines Eigentümerwechsels des gesamten Unternehmens, mangels anderer Vereinbarung, kraft Gesetzes, also ohne dass es besonderer Handlungen bzw einer expliziten Zustimmung des Rechtsnachfolgers bedarf, auf den neuen Eigentümer übergeht. Daraus resultiert, dass im Falle der Veräußerung nur eines Teils des Unternehmens der Übergang der Markenrechte ausdrücklich vereinbart werden muss. Die Übertragung der Marke für alle oder einzelne Produkte oder Dienstleistungen ist jedoch auch ohne Wechsel des Eigentümers am Unternehmen möglich. Wird ein Markenrecht nur teilweise übertragen, besteht die Möglichkeit, dass das Publikum durch eine eventuelle Gleichartigkeit der von der Marke erfassten übertragenen und verbleibenden Produkte getäuscht wird. 69 Vgl Engin-Deniz, Markenschutzgesetz und weitere kennzeichenrechtliche Bestimmungen³ (2017) 538. 70 https://www.patentamt.at/marken/ marken-management/aenderungen/übertragung (abgerufen am 03. 04. 2021). Jennifer Lampl 22/42
Eine derartige Täuschung wird seit der Novellierung 1999 des MSchG dahingehend verhindert, dass dem OPM das Recht eingeräumt wird, im Falle einer geeigneten Täuschung des Publikums über Art, Beschaffenheit oder Ursprung des Produkts oder der Dienstleistung die Umschreibung einer Marke auf den Erwerber abzuweisen. Auf die Abweisung kann verzichtet werden, wenn der Erwerber einer Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses in der Weise zustimmt, dass keine Täuschungsgefahr gegeben ist (§ 11 Abs 2 MSchG). Wie in Kapitel 2 ausgeführt, muss für eine erfolgreiche Vermarktung der Marke und zur Ermittlung ihres Ertragspotentials ihre Positionierung, dh das Verständnis wofür sie steht und was sie keinesfalls anbieten soll, klar definiert sein. Wird bei einer rechtsgeschäftlichen Übergabe der Marke dieses Verständnis klar vermittelt, steigt bei potentiellen Erwerbern das Interesse an und das Vertrauen in die Marke. In die Wertanalyse muss aber auch das zukünftige Wachstumspotential in neue Geschäftsfelder miteinfließen. 71 Eine Bewertungsmethode, die bei Unternehmenskäufen zur Anwendung kommt, ist die Vergleichspreismethode, wobei Verkäufe von gleichartigen Marken auf dem Markt verglichen werden. Dies setzt jedoch voraus, dass die Marke, die bewertet werden soll, bereits Gegenstand einer Veräußerung war. 72 Auch die klassische Bewertung durch Multiplikatoransätze oder mittels DCF-Analysen, bei der der Wert eines Unternehmens aus der Diskontierung des zukünftigen Cash- Flows ermittelt wird, stellt auf vergangene Ergebnisse ab, wodurch Informationen zum tatsächlichen Potential einer (unbenutzten) Marke fehlen. Repenn hat mit dem „WoReWert-System“ eine Methode entwickelt, bei der der Wert der Marke durch Ermittlung ihres Verkehrswerts erhoben wird. Dabei werden Grundwert und Betriebswert zugrunde gelegt. Der Grundwert umfasst die Kosten, die aufgewendet wurden, um das Markenrecht zu bekommen, die Marke zu entwickeln und zu erhalten. Der umsatzbezogene Betriebswert errechnet sich bei benutzten Marken durch Zugrundelegung eines variablen, auf Erfahrungswerten beruhenden Prozentsatzes des durchschnittlichen Jahresumsatzes der letzten 5 Jahre. Diesem 71 Vgl Cleven/Schmidl, Maximierung des „Brand Value“ in M&A-Transaktionen (2018) 243. 72 Vgl Repenn, Die Marke als selbständiges Wirtschaftsgut, ÖBl 1995, 99. Jennifer Lampl 23/42
ermittelten Betrag werden die Einnahmen aus Nutzungsrechten und die Kosten für die Verteidigung prioritätsjüngerer Marken hinzugerechnet. 73 6.2. Markenlizenzen: Arten und gesetzliche Regelungen Die Markenlizenz, also die Befugnis zur Nutzung der Marke, wird durch Lizenzvertrag in Form eines Dauerschuldverhältnisses eingeräumt und gewährt dem Lizenznehmer das Recht zur Teilhabe an der Bekanntheit und dem guten Ruf der Marke. Es handelt sich um die Mitnutzung eines Rechts, das aus Schutzgründen dem Inhaber der Marke vorbehalten ist. Entsprechend der Empfehlung der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO), die zwecks terminologischer Vereinheitlichung und einfacherer Streitbeilegung Lizenzen nach Art und Umfang unterscheidet, gibt es exklusive/ausschließliche Lizenzen, Alleinlizenzen und nicht exklusive/ausschließliche Lizenzen. Bei ersteren räumt der Markeninhaber (Lizenzgeber) dem Dritten (Lizenznehmer) ein exklusives Nutzungsrecht ein. Dies bedeutet, dass dieser die Marke unter Ausschluss aller anderen Personen, auch des Markeninhabers selbst, markenkonform nutzen darf. Auch bei der Alleinlizenz darf der Markeninhaber nur einem Dritten Nutzungsrechte einräumen, er selbst darf jedoch die lizenzierte Marke weiterhin nutzen. Bei der nicht exklusiven/ausschließlichen Lizenz darf der Markeninhaber neben der eigenen Nutzung auch anderen Dritten Nutzungsrechte einräumen. 74 Die österreichische gesetzliche Regelung unterscheidet in § 14 MSchG nur zwischen ausschließlicher und nicht ausschließlicher Lizenz. Je nach Nutzungsart variieren die Lizenzgebühren. Die Nutzung kann inhaltlich, zeitlich und räumlich beschränkt werden. Im Unterschied zur Übertragung einer Marke, wo im Zuge der Veräußerung des gesamten Unternehmens der alte Markeninhaber seine Rechte verliert, da § 11 Abs 2 MSchG bestimmt, dass das Markenrecht samt allfälliger Lizenzen auf den Erwerber übergeht, wirkt eine bloße Lizenzierung rechtserhaltend, da diese 73 Vgl Brämer, Die Sicherungsabtretung von Markenrechten (2005) 88. 74 Vgl Engin-Deniz, MSchG³ 553. Jennifer Lampl 24/42
gem § 33a MSchG dem Markeninhaber zugerechnet wird. Dem Lizenznehmer stehen lediglich die im Vertrag zugesicherten Rechte zu. 75 Die Rechtsfolgen bei der Veräußerung des Unternehmens eines Lizenznehmers sind in § 11 MSchG nicht klar geregelt, aber da anzunehmen ist, dass der nationale Gesetzgeber keine unterschiedliche Behandlung von Marken- und Patentlizenzen beabsichtigte und in § 28 UrhG bzw in § 38 PatG bei Unternehmensveräußerungen von Lizenznehmern bestimmte, dass die entsprechenden Lizenzen ohne Zustimmung des Dritten auf den Erwerber übertragen werden können, kann, obwohl noch nicht ausjudiziert, per analogiam davon ausgegangen werden, dass das Lizenzrecht in diesen Fällen auf den Erwerber übergeht. 76 Das österreichische MSchG ermöglicht in § 28 Abs 1 die Eintragung von Lizenzrechten im Markenregister. Der Lizenznehmer ist jedoch nicht berechtigt, die Marke für sich selbst registrieren zu lassen. Die Verletzung des absoluten Markenrechts kann, je nach Ausgestaltung der Lizenz, neben dem Markeninhaber auch der Lizenznehmer durch Unterlassungs- und Beseitigungsklage geltend machen. 75 Vgl Engin-Deniz, MSchG³ 556. 76 Vgl Engin-Deniz, MSchG³ 540. Jennifer Lampl 25/42
7. Markenrechtsverletzung In diesem Kapitel wird die Bedeutung der Markenrechtsverletzung näher erläutert. Man kommt oftmals schnell mit diesem Thema in Berührung, egal ob man diesbezüglich einfach unwissend ist oder aber auch vom Fach kommt. Umso wichtiger ist es, sich damit gezielt auseinander zu setzen. Das vorliegende Kapitel gibt einen Einblick, was man unter Markenrechtsverletzung versteht, wann diese vorliegt, welche Konsequenzen bei der Markenrechtsverletzung drohen und wie diese vermieden werden kann. Es kann sowohl zivilrechtliche- als auch strafrechtliche Konsequenzen geben, sofern eine Markenrechtsverletzung vorliegt. 7.1. Das Vorliegen einer Markenrechtsverletzung Vorab gilt es stets zu klären, ob eine geschützte Marke von einer Rechtsverletzung betroffen ist. 7.1.1. Verwechslungsgefahr und diesbezügliche Rechtsprechung Die Marke als absolutes Recht befugt den Markeninhaber anderen zu untersagen, gleiche oder ähnliche Zeichen für gleiche oder ähnliche Waren zu verwenden, sofern eine Gefahr der Verwechslung im geschäftlichen Verkehr besteht. Diesbezüglich kann der Verletzte gem § 29 a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG durch Widerspruch die Löschung der später eingetragenen Marke gerichtlich einklagen, falls das Publikum die jüngere Marke gedanklich mit der älteren Marke verbindet und dadurch verwechseln könnte, da die Marken identisch oder ähnlich sind. Nach stRsp des OGH ist im entsprechenden Widerspruchsverfahren zunächst eine abstrakte Prüfung auf Gleichheit oder Ähnlichkeit der Marken durch Vergleich der Registereintragungen durchzuführen. 77 Auf die tatsächliche Benutzung der Waren oder Dienstleistungen im geschäftlichen Verkehr kommt es nicht an. Auch bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen ist zuerst nur auf die Registereintragung und nicht auf die tatsächliche Verwendung bzw auf das Verhalten des Markeninhabers abzustellen. 78 77 RIS Justiz RS0066553 [T13]; RS0000786; RS0000810. 78 Schumacher in Kucsko/Schumacher (Hrsg), marken.schutz2 § 30 Rz 5 f (Stand 31. 12. 2013, rdb.at). Jennifer Lampl 26/42
In Bezug auf die Beurteilung, ob es sich um idente oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen handelt, sind alle wesentlichen Faktoren, wie Art, Verwendungszwecke, Nutzung, Eigenart der konkurrierenden bzw sich ergänzenden Produkte sowie die Kennzeichnungskraft, insb in Form der Bekanntheit der prioritätsälteren Marke zu berücksichtigen. Starke Marken genießen einen größeren Schutzbereich als normal oder schwach gekennzeichnete Marken. Dies leitet der EuGH 79 aus Art 4 Abs 1 lit b der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. 12 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ab, der besagt, dass eine Marke von der Eintragung auszuschließen ist bzw eine solch eingetragene Marke für ungültig zu erklären ist, wenn „wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird." Laut stRsp des EuGH, dem auch die öRsp folgt, ist die „Ähnlichkeit“ unbedingt in Zusammenhang mit der Verwechslungsgefahr zu sehen, da diese Voraussetzung für den Schutz ist. Diese ist umfassend nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Ausgangspunkt ist der durchschnittlich informierte, aufmerksame Konsument der betroffenen Waren/Dienstleistungen bei flüchtiger Wahrnehmung in der Eile des täglichen Geschäfts. 80 Der Begriff „Umfassend“ impliziert eine bestimmte Wechselbeziehung zwischen den ausschlaggebenden Faktoren, also Ähnlichkeit der Marke und Ähnlichkeit der durch sie gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen. Daraus ist abzuleiten, dass die Verwechslungsgefahr umso niedriger ist, je höher der Unterschied beim Grad der Ähnlichkeit gegeben ist. Je mehr sich die durch die Marken geschützten Waren/Dienstleistungen voneinander unterscheiden, desto ähnlicher dürfen sich die Markenbezeichnungen sein bzw umgekehrt je ähnlicher die Zeichen sind, desto höhere Unterscheidungskraft müssen die Waren/Dienstleistungen aufweisen. Eine Verwechslungsgefahr ist auch gegeben, wenn die Waren an unterschiedlichen Orten hergestellt werden, aber das Publikum glauben könnte, dass die Waren der Kontrolle durch dasselbe Unternehmen unterliegen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. 79 EuGH 29. 09. 1998, C-39/97, Canon Kabushiki Kaisha gegen Metro-Goldwyn-Mayer, ÖBl 1999, 478. 80 OGH 14. 12. 1982, 4 Ob 402/82; ÖBI 1983, 83 (Schönherr). Jennifer Lampl 27/42
Ausschlaggebend für die oben genannten Feststellungen ist die Rechtsache C-39/97 des EuGH, ein Markenrechtsstreit zwischen dem japanischen Unternehmen Canon Kabushiki Kaisha (CKK) und der amerikanischen Metro-Goldwyn-Mayer Corporation (MGM), bei dem der deutsche BGH Vorabentscheidungsfragen zur Auslegung der oben genannten Ersten Richtlinie 89/104/EWG an den EuGH richtete. Grund des Rechtsstreits war die mutmaßliche Gleichartigkeit der Zeichen CANON und CANNON, weil klanglich identisch, und die Bekanntheit der Marke CANON. Das deutsche Bundespatentgericht hat jedoch nach geltendem deutschen Recht weder die Gleichartigkeit der Zeichen festgestellt, noch der Bekanntheit der Marke der klagenden Partei Bedeutung beigemessen und eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen, da nach der Verkehrsauffassung Videofilmkassetten, für die die Marke CANNON angemeldet werden sollte, und Videorecorder, für welche das Zeichen CANON bereits registriert war, nicht aus demselben Herstellerbetrieb stammen. Eine Verwechslungsgefahr ist gegeben, wenn sich die Zeichen in ihrem Gesamteindruck, unter Berücksichtigung der sie unterscheidenden und dominierenden Elemente, auf einer Ebene ähneln, also im Klang, im Schriftbild oder in ihrer Bedeutung. Die diesbezügliche Ähnlichkeit richtet sich nach dem Gesamteindruck auf den Durchschnittsverbraucher, wobei zu beachten ist, dass dieser in der Regel die streitgegenständlichen Marken nicht gleichzeitig wahrnimmt und die Intensität der Aufmerksamkeit je nach Art der Ware/Dienstleistung variiert. 81 Mit dieser Feststellung stützt sich der OGH in der genannten Streitsache auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtsache C-342/97 vom 22. 6. 1999 Llyod-Lloint’s, wo dieser in einem Vorabentscheidungsverfahren auf seine Vorabentscheidung in der Rechtsache C-2511/95 Sabel-Puma Rdn 23 verwies. 82 7.1.2. Rechtsmissbräuchliche Eintragung Eine Marke darf nicht rechtsmissbräuchlich eingetragen sein. Die Marke hat rechtmäßig eingetragen zu sein. 83 Nach unbestrittener Ansicht muss der Anmelder einer Marke nicht beabsichtigen, die Marke selbst zu benutzen, es genügt der Wille, sie beispielsweise in Form von 81 OGH 28. 09. 2006, 4 Ob 124/06y. 82 EuGH 22. 06. 1999, C-342/97, Lloyd Schuhfabrik Meyer & Co. GmbH-Klijsen Handel BV, ÖBl 1999, 305. 83 EuGH 06. 03. 2014, C-409/12, Backaldrin Österreich The Kornspitz Company GmbH-Pfahnl Backmittel GmbH, ÖBl 2014, 28. Jennifer Lampl 28/42
Lizenzen Dritten zu übertragen, wie dies unter anderen von Werbeagenturen häufig praktiziert wird. Eine Anmeldung darf jedoch nicht nur zu dem Zweck erfolgen, andere Unternehmen, die idente oder ähnliche Zeichen verwenden, gerichtlich mit Unterlassungs- und Schadenersatzklagen zu belangen. Eine derartige missbräuchliche Anmeldung sieht die Rsp indiziert, wenn viele Marken für komplett unterschiedliche Waren/Dienstleistungen verwendet werden, keine ordentliche Planung zur Benutzung oder Lizenzierung der Marke vorliegt, oder bei der Anschaffung von Vorratsmarken zu Spekulations- und Abmahnzwecken. 84 § 34 MSchG normiert, dass im Falle einer bösgläubigen Anmeldung jedermann die Löschung dieser Marke begehren kann. Wird das Verletzungsverfahren vom Beklagten angestrebt, ist die Bösgläubigkeit als Vorfrage zu klären. Nach Ansicht des EuGH, der auch die öRsp folgt, ist die Frage der Bösgläubigkeit umfassend, dh durch Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, zu beurteilen. Der OGH bejahte die rechtsmissbräuchliche Anmeldung zB bei der Registrierung der Marken "Löwen-Zähne", "Krone vom Löwen", "Ihre Dritten vom Löwen". 85 Grund dafür war die Ankündigung eines langjährig etablierten Inhabers einer Handelskette, die als „Löwe“ bekannt war, dass der Geschäftsbereich künftig auf Zahntechnik und Zahnmedizin ausgedehnt werden würde. Bösgläubigkeit im Sinne des § 34 MSchG liegt auch vor, wenn vertragliche oder vorvertragliche Interessenwahrnehmungspflichten durch die Anmeldung verletzt werden. 86 Wird eine GesbR aufgelöst, hat man hinsichtlich einer etwaigen früheren gemeinsamen Bezeichnung eines Unternehmens ebenso Interessenswahrnehmungspflichten. 87 7.1.3. Markenpiraterie Der Unterschied zwischen der Markenpiraterie und der Produktpiraterie - auf welche in dieser Arbeit nicht näher eingegangen wird - besteht darin, dass bei der Markenpiraterie die verbotene Verwendung der Marke an sich stattfindet, zB das Anbringen eines Markenzeichens auf einem Produkt, welches aber eigens hergestellt 84 OGH 14. 09. 2014, 4 Ob 98/14m. 85 OGH 17. 09. 2012, 4 Ob 152/03m. 86 Vgl Nauta, Sittenwidriger Markenrechtserwerb, ecolex 2003, 250. 87 Vgl Nauta, Sittenwidriger Markenrechtserwerb, ecolex 2003, 250. Jennifer Lampl 29/42
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