Die europäische Entwicklungsachse Rotterdam - Mannheim - Genua
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Informationen zur Raumentwicklung Heft 7/8.2012 439 Die europäische Entwicklungsachse Jörg Saalbach Rotterdam – Mannheim – Genua 1 Einleitung weg zu einer abgestimmten integrativen, transnationalen Strategie für die Entwick- Die Schienentransversale Rotterdam–Ge- lung des Korridors 24 führen muss. nua ist Bestandteil des europäischen Unbestritten ist sowohl auf EU- als auch Hochgeschwindigkeitsnetzes und die wohl auf nationaler Ebene das Ziel, dass zukünf- wichtigste Nord-Süd-Verbindung im eu- tig speziell der Güterverkehr verstärkt von ropäischen Schienengüterverkehr. Sie der Straße auf die Schiene verlagert wer- verläuft gleichsam als Rückgrat auf rund den muss (vgl. Europäische Kommission 1 400 km durch europäische Regionen mit 2011b; BMVBS 2010). Hierbei treten jedoch höchster Wertschöpfung, mit starkem und zahlreiche Konflikte auf, die insbesondere weiter wachsendem Verkehrsaufkommen die Siedlungsentwicklung, Verkehrsimmis- und hoher Siedlungsdichte. Nahezu 70 Mio. sionen, vor allem Lärm, und konkurrie- Menschen leben in ihrem Einzugsbereich rende Trassenansprüche betreffen, die bei (Abb. 1). grundsätzlich unzureichenden Schienen- kapazitäten zwischen Güter- und Personen- Die Bedeutung des Korridors 24 fernverkehr sowie auch dem Öffentlichen Der Korridor Rotterdam–Genua, in den Schienenpersonennahverkehr vermehrt Planungen der EU als Korridor 24 geführt, auftreten. Es handelt sich also um die Lö- war über die Jahrhunderte und ist bis heu- sung komplexer Planungsaufgaben, die te eine der bedeutendsten europäischen noch zusätzlich erschwert wird durch die Transportrouten. Man geht davon aus, Lage des Korridors in verschiedenen Staa- dass hier jährlich 700 Mio. t Fracht be- ten. wegt werden, was etwa 50 % der gesamten Nord-Süd-Fracht in Europa ausmacht. Bis Korridor 24 – ein historischer Handelsweg 2020 soll das Gütertransportvolumen im Dieser europäisch sehr bedeutsame Korri- Korridor um 100 % anwachsen. Dass der dor folgt im Wesentlichen dem Verlauf des Korridor als „Railway axis Lyon/Genoa–Ba- Rheins von seiner Mündung in die Nordsee sel–Duisburg–Rotterdam/Antwerp“ auch bis zum Rheinknie bei Basel, durchquert Bestandteil des zukünftigen europäischen die Schweizer Alpen und erreicht das Mit- Eisenbahnkernnetzes sein soll (Europäi- telmeer bei Genua. Er ist somit auch histo- sche Kommission 2011a), unterstreicht die risch betrachtet seit langem ein zentraler fortbestehende Bedeutung dieses Korridors. Transportkorridor in Europa. Bereits die In diesem bedeutendsten Nord-Süd-Ver- Römer nutzten den Rhein als Transport- kehrskorridor der EU bestehen jedoch er- weg und Handelsroute. Im Mittelalter war hebliche Probleme und Engpässe. Dazu der Rhein der bedeutendste Handelsweg zählen insbesondere das Fehlen konsens- Europas in Nord-Süd-Richtung. Eine der fähiger Teilraumlösungen und deren Inte- uralten Handelsstraßen führt von Oberita- gration in ein stimmiges Gesamtkonzept, lien über die Alpenpässe nach Deutschland die mangelnde Akzeptanz der von den und in die Niederlande. Dabei spielte in Aus- und Neubauvorhaben betroffenen der Vergangenheit insbesondere die Rhein- Wohnbevölkerung vor dem Hintergrund schifffahrt eine herausragende Rolle. Bis der prognostizierten starken Zuwächse im heute stellt sie für die aktuellen Transport- Schienengüterverkehr sowie die Lärmbelas- aufgaben einen wichtigen Faktor dar, was tung.1 sich auch darin zeigt, dass die Rheinhäfen Duisburg, Köln und Mannheim/Ludwigs- Regionale Stakeholder entlang des Korri- hafen die mit Abstand größten Binnenhä- dors haben sich zusammengefunden, um fen Deutschlands sind. Jörg Saalbach sich dieser Problemstellungen anzuneh- Verband Region Rhein-Neckar men. Leitender Gedanke war dabei, dass es Schon in der Vergangenheit hemmten na- P 7, 20–21 einer überregionalen Koordinierung bedarf, tionale Grenzen den Gütertransport auf 68161 Mannheim die über Regions- und Landesgrenzen hin- dem Rhein. Dies führte schließlich im Jahr E-Mail: joerg.saalbach@vrrn.de
440 Jörg Saalbach: Die europäische Entwicklungsachse Rotterdam – Mannheim – Genua Abbildung 1 1868 dazu, dass die Rheinanlieger Preußen, Der Korridor Rotterdam – Genua Baden, Bayern, Frankreich, Hessen und die Niederlande die „Mannheimer Akte“ (Mannheimer Rhein-Schifffahrtsakte)2 un ter zeichneten; später trat auch noch die Schweiz als Signatarstaat hinzu. Mit diesem völkerrechtlichen Vertrag wurden wichtige schifffahrts- und transportrechtliche Fra- gen geklärt, was bis heute dem freien Schiff- fahrtsverkehr auf dem Rhein zugute kommt. Verkehrshindernis Alpen Aber auch natürliche geologische Gege- benheiten hinderten Handel und Transport von Nord- nach Südeuropa. Die Alpen, gern als das „größte Verkehrshindernis Europas“ bezeichnet, zu durchqueren war schon für römische Militärs und Händler ein Pro- blem. Der alpenquerende Verkehr durch die Schweiz erfuhr erst eine entscheiden- de Weichenstellung, als 1871 ein Abkom- men zwischen Deutschland, der Schweiz und Italien unterzeichnet wurde, das zum Bau des ersten Gotthardbahntunnels führ- te, der schließlich 1882 für den Güter- und Personenbahnverkehr freigegeben wurde. Es dauerte bis 1980, bevor der erste Stra- ßentunnel am Gotthard für den Verkehr freigegeben werden konnte. Zurzeit wird der Gotthard-Basistunnel gebaut, der im Rahmen der eidgenössisch-schweizeri- schen „Neuen Eisenbahn-Alpentransversa- le“ (NEAT)3 auf einer Länge von 57 km die Durchquerung der Alpen vorsieht. Er wird als reiner Eisenbahntunnel ebenerdig ge- führt (Flachbahn), was auch schweren Gü- terzügen die Nutzung dieser neuen Infra struktur ermöglichen wird. Die Eröffnung ist für das Jahr 2017 geplant. Außerdem wurde bereits 2007 der Lötsch- berg-Basistunnel eröffnet, der ein weite- res wichtiges Projekt im Rahmen der NEAT darstellt und auf 34,6 km die Durchque- rung der Alpen ermöglicht. Im Korridor Rotterdam–Genua werden somit dank der Schweizer Infrastrukturausbauten im Rah- men der NEAT mit einem Finanzvolumen von rund 30 Mrd. €, die die Schweiz gleich- Quelle: Projektveröffentlichung CODE24 sam als Vorleistung in den Korridoraus- bau einbringt, wesentliche Veränderungen geschaffen. Mit diesen neu geschaffenen Kapazitäten für den transnationalen Gü- terverkehr werden sich die Entwicklungs- möglichkeiten des Korridors erheblich verbessern. Allerdings mangelt es an den entsprechenden Infrastrukturausbauten
Informationen zur Raumentwicklung Heft 7/8.2012 441 nördlich und auch südlich der Alpen, um so 2 Das Projekt CODE24 den gesamten Korridor vollends in Wert set- zen zu können. Vorbereitende Maßnahmen Mit der Inbetriebnahme der beiden Alpen- Als Bottom-up-Ansatz ist die Initiative von basistunnel in der Schweiz erfolgt somit Planungsverbänden zu verstehen, mit der ein Quantensprung in der europäischen bereits 2007 die erforderlichen Schritte in Eisenbahnentwicklung. Zusammen mit ih- die Wege geleitet wurden, um zunächst in ren Ausbauten im Zulauf wird eine Hoch- Zusammenarbeit der Regionen entlang des leistungsachse für den europäischen Nord- Rheintals von Frankfurt/Main bis Zürich Süd-Bahnverkehr entstehen. ein abgestimmtes Konzept zur Entwicklung des Schienenverkehrsnetzes zu erarbeiten. Die Betuwe-Linie Diese Zusammenarbeit mündete in ein ge- In diesem Zusammenhang ist auch auf die meinsames Positionspapier (VRRN 2008), bereits erfolgte Realisierung der sog. Betu- das sich inhaltlich mit folgenden Themen we-Linie4 in den Niederlanden hinzuweisen, auseinandersetzt: die auf 160 km von Rotterdam bis zur nie- • Harmonisierung und Koordinierung der derländisch-deutschen Grenze bei Emme- nationalen Bedarfs- und Investitionsplä- rich als ausschließlich für den Güterverkehr ne konzipierte Neubaustrecke in Betrieb ist und den Druck auf den Korridor somit auch • Erhöhung der Planungssicherheit von Norden her verstärkt. • Sicherung der Finanzierung Zukünftige Herausforderungen • Beschleunigung der Planungszeiten Dennoch bestehen weitere Ausbaubedarfe • Bereitstellung der Finanzmittel und Entwicklungserfordernisse, will man • Verbesserung der Wahrnehmung nach den zukünftigen Herausforderungen begeg- außen nen. Dabei ist allerdings nicht nur der phy- sischen Bewältigung des erhöhten Güter- • Bündelung und Koordinierung der Aktivi- und Passagieraufkommens Genüge zu tun, täten vielmehr muss man auch den Belangen des • Reduzierung des Güterverkehrslärms Umweltschutzes, der Raumordnung und sozialen Aspekten gerecht werden. Nach • Erfordernis regelmäßiger und systemati- wie vor bestehen auf dieser Achse jedoch scher Lagebeurteilungen. auch gravierende Lücken und Engpässe, Gefordert wurde darin auch der zeitge- so im Norden (Emmerich–Oberhausen), in rechte Ausbau der Schienenprojekte am der Mitte (Frankfurt–Mannheim, Karlsru- Oberrhein, der insbesondere im Hinblick he–Basel, Juradurchbruch) und im Süden auf die Vorleistungen der Schweiz mit dem (Anbindung Lugano an den Raum Mailand, Bau der neuen Alpenbasistunnel dringend 3. Durchstich Giovi). Sie limitieren die Leis- erforderlich ist. Bei diesen Arbeiten reifte tungsfähigkeit der Transversale und somit die Überzeugung, die o.g. Themen in einem auch die wirtschaftliche Entwicklung ent- gemeinsam getragenen Projekt anzugehen lang der Strecke. Angesichts der langen und (1) und hierfür einen Antrag zu formen, der Vgl. hierzu auch den Beitrag uneinheitlichen Realisierungshorizonte aus EU-Mitteln gefördert werden sollte. von Sauer i.d.H. stellen sich längs des gesamten Korridors grundsätzliche Fragen der zukünftigen Eine weitere Inspiration erfuhr die Initiative (2) Text der Mannheimer Akte Wirtschafts-, Raum- und Verkehrsentwick- durch das Positionspapier der Akademie unter http://www.transportre- lung. für Raumforschung und Landesplanung cht.de/transportrecht_con- tent/1211355367.pdf (ARL 2009). Darin wird am Beispiel der sog. Diese Ausgangslage war auch die maßgeb- (3) Nord-Süd-Transversale für Europa von Rot- liche Motivation der Projektpartner entlang Mehr Informationen zur NEAT terdam nach Genua dargelegt, „dass Infra- unter http://www.bav.admin. des Korridors, gemeinsam ein Projekt anzu- ch/alptransit/01271/index. strukturpolitik diese Probleme nur lösen gehen, das die koordinierte und integrierte html?lang=de Entwicklung des Korridors Rotterdam–Ge- kann, wenn sie verkehrsträgerübergreifend, (4) nua zum Inhalt hat. regionsübergreifend und als Verkehr und Mehr Information zur Betuwe- Raumentwicklung integrierende Politik Linie unter http://www.uni- muenster.de/NiederlandeNet/ erfolgt“ (ebd.: 1). Die zusammenfassende nl-wissen/wirtschaft/vertiefung/ Kritik an der bisher zumindest in Deutsch- betuweroute/index.html
442 Jörg Saalbach: Die europäische Entwicklungsachse Rotterdam – Mannheim – Genua land praktizierten Verkehrspolitik benennt Antragstellung und Bewilligung als Defizite insbesondere die „fehlende Ge- Der unter den 15 Partnern abgestimmte samtsicht, ungenügende Koordination und Projektantrag wurde im Oktober 2009 als Schwerpunktbildung“, die „Dominanz der „strategische Initiative“ beim zuständigen Investition vor den Fragen des Betriebs“ so- Programmsekretariat in Lille/Frankreich wie „sektorale Betrachtungsweise“ (ebd.: 8). eingereicht. Das als Projekttitel gewählte Schließlich wird in diesem Positionspapier Akronym CODE24 steht für den Kern des gefordert, „dass Gebietskörperschaften und Projekts, nämlich COrridor DEvelopment regionale Akteure die Initiative ergreifen für den Korridor Nr. 24.5 müssen, um zur notwendigen Gesamtsicht zu gelangen“ (ebd.). Gestützt darauf wurde Im Februar 2010 wurden die beantragten sodann systematisch damit begonnen, ein Mittel in Höhe von 3,2 Mio. € bewilligt. Da transnationales Konsortium zusammenzu- das Projekt als strategische Initiative aner- stellen, um so auch der europäischen Be- kannt worden ist, ist in dieser Summe auch deutung dieser Achse gerecht zu werden. die damit verbundene Zusatzförderung in Höhe von einem Prozent bezogen auf die Das INTERREG IVB-Programm Gesamtprojektkosten enthalten. Nordwesteuropa Das Projektkonsortium für CODE24 Mit dem EU-Programm INTERREG IVB Nordwesteuropa existiert ein passendes Unter Federführung des Verbands Region EU-Förderinstrument, mit dem gezielt die Rhein-Neckar haben sich insgesamt 15 Pro- transnationale Zusammenarbeit auch im jektpartner in einer Partnerschaftsverein- Verkehrsbereich und der Raumentwick- barung verpflichtet, das Projekt CODE24 lung angeregt und ermöglicht werden soll gemeinsam umzusetzen. Zusammenfas- (BMVBS 2011). Die Absicht bestand darin, send lässt sich sagen, dass sich die Partner- mit diesem Konsortium einen Antrag auf schaft aus Organisationen aus vier Berei- Förderung im Rahmen des für die trans- chen zusammensetzt, nämlich regionalen nationale territoriale Zusammenarbeit in Planungsträgern und kommunalen Ge- Nordwesteuropa (NWE) aufgelegten Ope- bietskörperschaften, Hochschulen und For- rationellen Programms 2007–2013 zu stel- schungseinrichtungen, Hafengesellschaften len. Inhaltliches Ziel war dabei, gemeinsam und privaten Ingenieurbüros (Abb. 2). eine koordinierte Entwicklung des Korri- Auffällig ist, dass auch drei Projektpartner dors Rotterdam–Genua sowie eine Bün- aus Italien beteiligt sind, obwohl Nordita- delung und Koordinierung der regionalen lien nicht mehr im Programmgebiet Nord- Aktivitäten zu erreichen. Dieses Förder- westeuropa liegt. Dort stößt das Projekt auf programm war aufgrund seiner Ausrich- großes Interesse (Fontanili 2011: 6-7). Die- tungen sehr gut geeignet, die angestrebten se Ausnahme bei der Gebietserweiterung Arbeiten mit finanzieller Förderung der EU war aufgrund der Flexibilitätsregel möglich, zu realisieren. Insbesondere enthielt der die die EU-Verordnung und das Förderpro- thematische Schwerpunkt 3 „Verbesserung gramm vorsieht, wenn triftige Gründe es er- der Konnektivität in NWE durch die Förde- fordern. Dies betrifft insbesondere EU-weit rung intelligenter und nachhaltiger Trans- ausgewiesene Korridore, die über einzelne port- und ICT-Lösungen“ des Operationel- Förderprogrammgebiete hinausgehen. Wei- len Programms Aussagen, die sehr genau terhin ist auch ein Partner aus der Schweiz den beabsichtigten Projektinhalten des beteiligt, also einem sog. Drittstaat. Die Ko- Konsortiums entsprachen. Unter anderem finanzierung des Schweizer Partners ETH wird dort als Beispiel für mögliche Maßnah- konnte über Schweizer Bundesmittel si- men “die Entwicklung von strategischen chergestellt werden. Maßnahmen zur interregionalen territori- alen Entwicklung zur Förderung effektiver Strategische Einordnung des Projekts Transport- und Handelsströme und zur Maximierung des damit verbundenen Wirt- Das Projekt CODE24 versteht sich als eine (5) schaftswachstumspotenzials transnationa- von drei wesentlichen Säulen, die für die Umfassende Informationen zum Projekt CODE24 unter ler Entwicklungskorridore“ genannt (NWE/ Entwicklung des Korridors maßgeblich sind. www.code-24.eu INTERREG IVB o. J.). (Abb. 3). Die erste Säule bilden die auf na-
Informationen zur Raumentwicklung Heft 7/8.2012 443 Abbildung 2 Standorte der Projektpartner Port of Rotterdam University Utrecht University Duisburg-Essen Region Ruhr TransCare Regional Authority FrankfurtRheinMain Verband Region Rhein-Neckar City of Mannheim PTV Karlsruhe TechnologyRegion (IHK, RVMO, City of Karlsruhe) University of Applied Sciences Kehl ETH Zurich Uniontrasporti (clustering Italian Chambers of SiTI Torino Commerce, Ports and Associations) Port of Genova Quelle: Projektveröffentlichung CODE24 tionaler Ebene im Korridorraum tätigen Verkehrsminister der Alpenländer zu verste- nationalen Netzbetreiber, die sich in der hen.6 (6) Siehe auch unter http:// Rechtsform einer Europäischen wirtschaft- www.bav.admin.ch/ Die zweite Säule fasst die europäische Ebe- lichen Interessenvereinigung (EWIV, engl. glossar/index.html? ne mit dem Koordinator für Management lang=de&action=id&id=153 EEIG) zusammengefunden haben, um ihre und Steuerung des Eisenbahnverkehrs (7) Planungen zur Beseitigung der Flaschen- (European Rail Traffic Management Sys- http://ec.europa.eu/transport/ hälse zu koordinieren und insbesondere infrastructure/ten-t-implemen- tem – ERMTS-Koordinator)7 und der für die Hemmnisse aufgrund mangelnder Intero- tation/priority-projects/euro- Transeuropäischen Verkehrsnetze zuständi- pean-coordinators/european- perabilität (technische und betriebliche Ab- coordinators_en.htm gen Agentur (TEN-T Agency)8 zusammen. läufe) und unzureichender Serviceleistun- (8) gen (z. B. beim Grenzübergang) abzubauen. Die dritte Säule schließlich umfasst die re- Organisations- und Aufgaben- Zu dieser Säule ist auch die als „Suivi de gionale Ebene, die im Wesentlichen von beschreibung der TEN-T Agentur unter http://tentea. Zurich“ bestehende Zusammenarbeit der ec.europa.eu/
444 Jörg Saalbach: Die europäische Entwicklungsachse Rotterdam – Mannheim – Genua Abbildung 3 wie für die Siedlungs- und Raumentwick- Strategische Einordnung des Projekts lung im Einzugsbereich der Trassen gene- rieren und die damit verbundenen Zusam- menhänge und Konsequenzen aufzeigen. Grundlegend sind hierbei auch die räum- lichen und betrieblichen Anforderungen der verschiedenen Akteure, die in einem liberalisierten Eisenbahnsystem immer be- deutsamer werden. Dazu gehören aus Sicht der Regionen Qualität und Quantität der für erforderlich gehaltenen Regionalverkehre, aus Sicht der Fracht- und Logistikunterneh- men Anforderungen an die Betriebsqualität, Mengen und Routen des Güterverkehrs und schließlich Relationen und Quantitäten der Fernverkehre. Darauf basierend lassen sich die entscheidenden strategischen Räume entlang der Strecke herausarbeiten sowie Hemmnisse und Stärken darstellen. Der Netzwerkcharakter eines solchen Pro- jekts hilft, die entscheidenden Partner zu- sammenzubringen sowie Prozesse und gemeinsame Initiativen in Gang zu setzen. Das Projekt trägt zur besseren Vernetzung von Wirtschaftentwicklung, Verkehrs- und Quelle: Projektveröffentlichung CODE24 Raumplanung bei. Konkrete Investitionen in innovative Lösungen in den Bereichen Lärmschutz sowie Vernetzung und Abstim- den CODE24-Projektpartnern repräsentiert mung von Logistikeinrichtungen und regio wird. nalen Verkehrsangeboten sollen vorberei- tet werden. Hierbei sollen unter anderem Die Projektziele problem- und anwendungsbezogene Pla- „Ein Korridor – eine Strategie“, so lautet nungswerkzeuge und Argumentationshil- kurz gefasst das Hauptziel des EU-geförder- fen zum Einsatz kommen. ten Projekts zur koordinierten Entwicklung Schließlich wird angestrebt, das Projekt so- des Nord-Süd-Korridors zwischen Nordsee wohl Fachkreisen als auch der interessier- und Mittelmeer (Saalbach 2011: 34-37). ten Bevölkerung zu vermitteln. Übergeordnetes Ziel ist es, den Ausbau der Zur Sicherstellung der nachhaltigen Zusam- gesamten Transversale und insbesondere menarbeit im Korridorraum soll erreicht der nördlichen und südlichen Zulaufstre- werden, eine rechtliche Form der Koopera- cken zur Alpenquerung sicherzustellen und tion über die Laufzeit des Projekts CODE24 wenn möglich zu beschleunigen. Dabei hinaus zu schaffen. Dazu soll die Gründung gilt es in allen Phasen die wirtschaftliche eines Europäischen Verbunds für territori- Leistungsfähigkeit gerade im Hinblick auf ale Zusammenarbeit (EVTZ) erfolgen, wie Frachttransport und Logistiknetze zu stei- die EU-Verordnung 1082/20069 es ermög- gern und dabei die negativen Auswirkungen licht (BMVBS 2011: 11). auf Umwelt und Bevölkerung zu minimie- ren. Dies wird dazu führen, ein Verkehrs- Zu erwartende Projektergebnisse und Lärmmanagement auf der Schiene zu etablieren, das sowohl der Entwicklung des Im Rahmen des Projekts sind folgende kon- Eisenbahnsystems als auch einer nachhalti- krete Ergebnisse zu erwarten: (9) Siehe auch unter http://eur- gen Raumentwicklung Rechnung trägt. lex.europa.eu/smartapi/cgi/ • Schaffung und Aktualisierung von Über- sga_doc?smartapi!celexplu Das Projekt soll grenzüberschreitend räum- sichtsdarstellungen des Sachstands ent- s!prod!DocNumber&lg=de& lang der Trasse als Basis für die gegensei- type_doc=Regulation&an_ liche und zeitliche Übersichten für den doc=2006&nu_doc=1082 Ausbau und zukünftigen Betrieb ebenso tige Information und Koordination
Informationen zur Raumentwicklung Heft 7/8.2012 445 • Aufbau eines Korridor-Netzwerks unter Arbeitspakete und Teilprojekte von CODE24 Beteiligung der betroffenen Städte, Regio- nalplanungsbehörden, Hafen- und Logis- Arbeitspaket 1: Koordinierte Raum- und Infrastrukturentwicklung tikbetreibern, Interessenvertretungen der Teilprojekte: Wirtschaft, Nahverkehrsgesellschaften, 1. Internet-basiertes Informationssystem zur Schaffung Forschungsinstitute und Dienstleister der Übersicht10 • Beschreibung von Betriebsszenarien und 2. Modellierung zukünftiger räumlicher Entwicklungen -konzepten sowie deren Auswirkungen 3. Gemeinsame Beurteilung der Lage und Priorisierung auf die Leistungsfähigkeit der Trassen für der weiteren Ausbauschritte Personen- und Güterverkehr sowie der 4. Durchführung von Testplanungen an Schlüsselstellen. Vertaktung mit regionalen Verkehrsnet- Arbeitspaket 2: Umweltaspekte und Lärmreduzierung zen und Logistikeinrichtungen Teilprojekte: • Investitionsvorbereitende Maßnahmen 5. Management naturschutzrechtlicher insbesondere im Bereich Logistik und der Kompensationsmaßnahmen für wichtige Infrastrukturprojekte Organisation der Hinterlandverkehre der 6. Planungsleitfaden für innovative Lärmschutzsysteme See- und Binnenhäfen mit der Schiene Arbeitspaket 3: Gütertransport und Logistik • Erarbeitung von Handlungskonzepten zum Lärmschutz Teilprojekte: 7. Logistikcluster und ihre Wirkungen auf die räumliche • Zusammenstellung einer Toolbox mit ef- Entwicklung fektiven Planungsinstrumenten und Best 8. Anbindung der Seehäfen Rotterdam und Genua Practice-Beispielen für Kompensations- an ihr „Hinterland“ maßnahmen für den Flächenverbrauch 9. Kosten von Güterverkehrsengpässen für die Regionen • Darstellung der Konsequenzen von Ver- entlang des Korridors 24 zögerungen in der Realisierung und 10. Online-Börse für Transportleistungen „Bottlenecks“ unter ökonomischen und im Schienengüterverkehr raumplanerischen Gesichtspunkten Arbeitspaket 4: Kommunikation, Akzeptanz und Fortsetzung der • Erarbeitung von Argumentationshilfen interregionalen Kooperation zur Schaffung von Akzeptanz bei den Be- Teilprojekte: troffenen 11. Allgemeine Projektkommunikation • Schaffung einer ständigen Organisations- 12. Projektbezogene Veranstaltungen, Konferenzen, Seminare form zur Fortsetzung der Zusammenar- 13. Regionale Runde Tische beit. 14. CODE24 Mobile Ausstellung 15. Vorbereitung eines Europäischen Verbunds für territoriale Zusam- Inhaltliche Strukturierung des Projekts: menarbeit (EVTZ). Arbeitspakete und Teilprojekte Die definierten Arbeitspakte spiegeln den integrativen Ansatz wider, der von den Pro- Im Folgenden werden die Arbeitspakete jektpartnern angestrebt wird und deutlich und Teilprojekte sowie deren Herausforde- werden lässt, dass es sich bei CODE24 um rungen detaillierter dargestellt: mehr als ein Güterverkehrsprojekt handelt. • Arbeitspaket 1: koordinierte Raum- und Auch andere wichtige Themenfelder, die es Infrastrukturentwicklung bei der Planung großer Infrastrukturpro- jekte zu beachten gilt, werden gleichwertig Die Planung großer Infrastrukturprojekte behandelt. Das Projekt umfasst daher vier setzt eine integrierte Betrachtungsweise Arbeitspakte, die sich wiederum in einzelne voraus, die auch die frühzeitige Einbindung Teilprojekte (Actions) untergliedern (siehe Betroffener und die Anwendung geeigne- Übersicht). Die einzelnen Teilprojekte wer- ter partizipativer Methoden umfasst. Ohne den arbeitsteilig von den jeweils zuständi- breite Akzeptanz der Bevölkerung und fun- gen Projektpartnern realisiert. dierte fachliche Abwägungen sind solche Vorhaben nicht mehr realisierbar. Sie stel- (10) Siehe unter http://www.code- len damit eine komplexe raumplanerische 24.eu/activities/work-pack- Herausforderung dar. age-1/corridor-info-system/
446 Jörg Saalbach: Die europäische Entwicklungsachse Rotterdam – Mannheim – Genua Dabei spielt die Tatsache, dass unzurei- zitäten (intermodal) sowie räumlich rele- chende Finanzmittel für die Realisierung vante Entwicklungsprojekte erhoben. Die- konkurrierender Verkehrsprojekte zur Ver- se Übersicht erlaubt es, Konfliktpotenziale fügung stehen und deshalb rationale und zu erkennen und mögliche Spielräume zu fundierte Entscheidungen für die Priorisie- identifizieren. rung der Projekte und den bestmöglichen In Kenntnis dieser Gegebenheiten wurden Mitteleinsatz erforderlich sind, eine zentra- sodann Entwicklungsszenarien definiert. le Rolle. Addiert man alle Neu- und Ausbau- Diese wiederum dienen dazu, Entschei- projekte entlang des Korridors, ergibt sich dungen über die für den gesamten Korri- eine Summe von rund 30 Mrd. € (Scholl dorraum relevanten prioritären Projekte zu 2012: 117). Angesichts der Kassenlage wird treffen. in Zukunft jedoch zunächst die Erhaltung des Bestands und dessen Verfügbarkeit im Unterstützt werden diese Entscheidungs- Vordergrund stehen. Zudem wird die Er- prozesse und Prioritätenfestlegungen durch höhung der Kapazitäten speziell in den computergestützte Simulationen der jewei- Verkehrsknoten Priorität haben, die maß- ligen Auswirkungen. Dazu kann das „Test geblich die Zugänge zum Netz ermöglichen Lab“ an der ETH Zürich genutzt werden. Es und die wesentlichen Engpässe darstellen. verfügt über die erforderliche technische Auch die Erhöhung der Geschwindigkeiten Ausstattung, um solche Entscheidungen zu kann an geeigneten Abschnitten zum Nut- simulieren und anschließend auch zu visu- zen des Gesamtsystems beitragen. alisieren. Bei alldem ist die Betrachtung des Gesamt- • Arbeitspaket 2: Umweltaspekte systems nötig. Das heißt: Es müssen nicht und Lärmreduzierung nur Linien und Achsen, sondern das Netz, nicht nur die Eisenbahninfrastruktur, son- Insbesondere bei der Planung von Ver- dern auch die Umschlagseinrichtungen wie kehrsinfrastrukturen sind die Themen Lärm Güterverkehrszentren, nicht nur die Bahn, und Flächenverbrauch sowie ästhetische sondern auch andere Verkehrsarten, ins- Aspekte sorgfältig zu betrachten. Im Ar- besondere die Binnenschifffahrt, nicht nur beitspaket 2 des Projekts CODE24 werden Güter-, sondern auch Personenfern- und daher die wesentlichen umweltrelevanten -nahverkehr in die Überlegungen einbezo- Fragen im Zusammenhang mit der Kor- gen werden, da gerade hier die Gefahr der ridorentwicklung behandelt. Dabei ste- Einschränkungen beim Regional- und Nah- hen zwei Fragestellungen im Vordergrund: verkehr besteht. Kompensationsmanagement und Lärmre- duzierung. Beim Teilprojekt „Management Als weitere Rahmenbedingungen sind zu naturschutzrechtlicher Kompensations- beachten, dass Engpässe, Lücken und Fla- maßnahmen“ geht es darum, in Gebieten schenhälse die Leistungsfähigkeit des ge- mit hoher Rauminanspruchnahme durch samten Korridors erheblich einschränken Siedlungs-, Verkehrs- und sonstige Infra- und infrastrukturelle sowie betriebliche De- strukturentwicklung intelligente und zu- fizite dessen Funktion limitieren. Beides hat kunftsweisende Ansätze und Methoden zur negative Auswirkungen sowohl auf die öko- Wahrung der Balance zwischen den wirt- nomische als auch auf die siedlungsstruk- schaftlichen, sozialen, ökologischen und turelle und ökologische Entwicklung. kulturellen Erfordernissen zu konzipieren. Entscheidende Grundlage für eine koor- Es wird dabei untersucht, wie mit Blick auf dinierte und integrative Korridorentwick- naturschutzfachliche Kompensationserfor- lung ist zunächst die Verbesserung der In- dernisse (Ausgleichs- und Ersatzmaßnah- formationslage über die Situation und die men) Infrastrukturplanungen unter Beach- bekannten Entwicklungsprojekte im Kor- tung raumplanerischer und administrativer ridorraum. Erstaunlicherweise war ein sol- Gesichtspunkte effektiver organisiert und cher Überblick nicht verfügbar. Ein erster umgesetzt werden können. Die inhaltliche Schritt im Rahmen der Projektarbeiten be- Analyse soll Planungs- und Naturschutz- stand also darin, eine solche Übersicht zu strategien in den beteiligten Staaten ein- erarbeiten. Dabei wurden in allen Regionen beziehen und planerische, rechtlich-admi- des Korridorraums die Entwicklungsmuster, nistrative und operative Methoden in den der Stand der Infrastrukturausstattung, die Ländern des Korridors 24 aufzeigen. Die vorhandenen und geplanten Verkehrskapa- Übertragbarkeit der Erfahrungen zwischen
Informationen zur Raumentwicklung Heft 7/8.2012 447 den Regionen im Korridorraum sowie die Raumentwicklung auftreten. Die Analyse Ausarbeitung von Vorschlägen für eventu- der Logistikbranche entlang des Korridors elle Änderungen und Weiterentwicklungen soll zunächst aufzeigen, wo bereits rele- der einschlägigen nationalen Rechtsrah- vante Schwerpunkte dieser Branche oder men, unter Beachtung der rechtlichen EU- sogar Logistik-Cluster existieren. Auf dieser Vorgaben, werden angestrebt. Grundlage werden auch entwicklungsfähi- ge Ansätze für Logistikcluster identifiziert, Im Teilprojekt „Innovative Maßnahmen die systematisch ausgebaut werden sollten. beim Lärmschutz an Schienenstrecken“ die- ses Arbeitspakets werden solche Maßnah- Anbindung der Seehäfen Rotterdam und men zunächst zusammengetragen und Genua an ihr Hinterland: Für die Seehäfen, bewertet. Durch Simulationen können ver- im vorliegenden Fall Genua und Rotterdam, schiedene schienenbezogene Lärmereig- stellt die Anbindung an das jeweilige Hin- nisse und Lärmschutzmaßnahmen zudem terland einen limitierenden Faktor dar. Die visualisiert und auralisiert und damit kon- Leistungsfähigkeit der intermodalen An- kret nachvollziehbar gemacht werden. Die bindungen von den Seehäfen in das Hinter- Ergebnisse werden in einer praxisgerecht land sowie dessen räumliche Abgrenzung aufbereiteten „Planner‘s Toolbox“ zusam- sind entscheidende Faktoren für deren menfassend dargestellt. Wettbewerbsfähigkeit. Dabei kommt dem Management der Hinterlandanbindung, • Arbeitspaket 3: Gütertransport auch mittels informationstechnologischer und Logistik Hilfsmittel, eine große Bedeutung zu. Im Im Arbeitspaket 3 stehen die ökonomischen Vergleich der beiden Häfen Rotterdam und Aspekte der Korridorentwicklung im Vor- Genua sollen diese Parameter untersucht dergrund. Welche Bedeutung die Wirtschaft und Optimierungsvorschläge unterbreitet diesem Korridor und seiner weiteren Ent- werden. wicklung beimisst, wurde durch die „Karls- Kosten und Auswirkungen von „Bottlenecks“: ruher Erklärung“ von 2007 sichtbar (IHK Zur Optimierung der Transportqualität Karlsruhe 2007). Die verschiedenen Facet- im Korridor 24 ist eine Analyse bestehen- ten dieses Arbeitspakets werden in einem der „Bottlenecks“ erforderlich. Dabei wird Bündel von Teilprojekten von unterschied- „Bottleneck“ im weiteren Sinn nicht nur als lichen Projektpartnern bearbeitet. physischer Flaschenhals verstanden, wie er Online-Frachtenbörse: Der Inhalt dieses durch Infrastrukturengpässe zum Beispiel Teilprojekts besteht in Entwicklung, Test durch mangelnde Überhol- oder Abstell- und Markteinführung einer internetbasier- gleise bestehen kann. Vielmehr umfasst der ten Abstimmung (Matching) zwischen An- erweiterte Begriff auch andere Hindernisse, gebot und Nachfrage von Gütertransporten Engpässe und Defizite, wie zum Beispiel im Schienengüterverkehr. Dabei geht es der Mangel an geeigneten Logistikdienstlei- zunächst um die Entwicklung der notwen- tungen, unbefriedigende Transportqualität- digen Software, die dazu dient, zu transpor- und -zuverlässigkeit, hohe Transportkosten tierende Frachten und vakante Transport- und Zölle sowie Verspätungen und Staus. kapazitäten gegenüberzustellen, so dass Die Analyse der vorhandenen „Bottlenecks“ eine Art Frachtenbörse entsteht. Mit dieser erfolgt im Wesentlichen durch direkte Be- Maßnahme lässt sich ein Beitrag zur effizi- fragungen der verladenden Wirtschaft und enteren Nutzung und Auslastung vorhan- anderer Experten, beispielsweise der Indus- dener Transportkapazitäten erzielen. trie- und Handelskammern. Logistikcluster und ihre Wirkungen auf die räumliche Entwicklung: Vor dem Hin- Organisations- und Kommunikations struktur des Projekts tergrund der Bedeutung von Clustern in der aktuellen regionalen Wirtschafts- und Im Arbeitspaket 4 des Projekts CODE 24 Strukturpolitik sind im Zusammenhang werden die grundlegenden Organisations- mit dem Projekt CODE24 speziell Logistik- und Kommunikationsstrukturen des Pro- Cluster von Interesse. Dabei wird davon jekts bearbeitet. ausgegangen, dass durch die vernetzte und • Interne Kommunikation organisierte Kooperation in branchenbezo- genen Wertschöpfungsketten positive Effek- Frühzeitig wurde die Bedeutung einer geeig- te auf die jeweilige Gesamtwirtschaft und neten Organisationsstruktur für die Projekt-
448 Jörg Saalbach: Die europäische Entwicklungsachse Rotterdam – Mannheim – Genua begleitung und -realisierung erkannt. Zur Group“ zweimal jährlich tagen; zum an- Sicherstellung einer stringenten internen deren trifft man sich auf Arbeitsebene als Organisationsstruktur zwischen den einzel- „Transnational Co-ordination Group“. Die nen Projektpartnern und der Einbindung Treffen sind von strategischer Bedeutung, da externer Stakeholder wurde das in Abbil- sie dem Austausch und der Diskussion der dung 4 dargestellte Schema umgesetzt. Zum in den 15 Teilprojekten erarbeiteten Resul- einen ist die Zusammenarbeit zwischen den tate bzw. Zwischenergebnisse dienen, somit eigentlichen Projektpartnern, die sich auch eine komplette gegenseitige Information si- finanziell am Projekt beteiligen, geregelt, in- cherstellen und allen Akteuren einen jeweils dem die politischen Repräsentanten der 15 aktuellen Gesamtüberblick über das kom- Projektpartner als „Interregional Steering plexe Projekt ermöglichen. Abbildung 4 Organisations- und Kommunikationsstruktur des Projekts CODE24 Project management Interregional Steering Group (ISG) Members of project steering group include Stakeholder Group members of co-ordination team (political promotion) plus one political representative of each partner (stakeholders and level political actors, not involved as Lead Partner (LP) with finance manager+co-ordinator project partners) Transnational Co-ordination Group (TCG): - each partner one responsible representative - WP leaders Transnational co-operation COMMUNICATION WP 1 WP 2 level WP 3 WP 4 Advisory board (co-operating institutions which do not contribute Pilot action 1 Pilot action 2 financially to the project) Pilot action 3 Pilot action 4 Partner level Partner 1 Partner 4 Partner 2 Partner 5 Associated Partner 1 Partner 3 Partner 6 Associated Partner 2 Associated Partner 3 Quelle: Projektveröffentlichung CODE24
Informationen zur Raumentwicklung Heft 7/8.2012 449 • Externe Kommunikation 3 Perspektiven für die Entwicklung Zur Einbindung externer Stakeholder wur- des Korridors 24 de zusätzlich als politisches Begleitgremi- um das Political Advisory Board (PAB) ins- Der Korridor 24 Rotterdam – Mann- talliert, das einmal jährlich tagt. Ziel seiner heim – Genua ist auch im Entwurf des neu- Gründung war es, frühzeitig und regelmä- en Kernnetzes der EU-Kommission (Euro- ßig mit Länder- und nationalen Ministerien, päische Kommission 2011b) enthalten.17 Infrastrukturträgern und Netzbetreibern Dies war angesichts seiner historischen, sowie der EU-Ebene Informationen auszu- aktuellen und zukünftigen Bedeutung zu tauschen und Projektergebnisse zu beraten. erwarten. Dennoch wird sich die Zukunft Auf regionaler Ebene wurde entlang des dieses Korridors nicht zwangsläufig günstig Korridors in einer Vielzahl von regionalen entwickeln. Angesichts der erwähnten Risi- runden Tischen der Dialog mit regionalen ken und bestehenden Unzulänglichkeiten und kommunalen Stakeholdern gesucht, ist es erforderlich, den Korridor systema- die zum Beispiel aus Nichtregierungsorga- tisch und konzertiert weiterzuentwickeln. nisationen, ÖPNV-Verkehrsverbünden und Im Hinblick auf die Wettbewerbssituation Unternehmen stammen. mit anderen Korridoren ist die Ausgangsla- ge jedoch vorteilhaft. Die gemeinsame Formulierung eines Posi tionspapiers zu CODE24 soll schließlich Einen Meilenstein auf diesem Weg stellt die dazu dienen, in nationalen Spitzengesprä- im Rahmen des EU-geförderten Projekts chen mit Entscheidungsträgern aus Politik CODE24 erfolgreich begonnene Zusam- und Netzbetreibern in einen Dialog zu tre- menarbeit der regionalen Ebene und ande- ten. Dabei sollen die Zwischenergebnisse rer Stakeholder dar. der Projektarbeit und die daraus resultie- Mit der Fazilität „Connecting Europe“ (Eu- renden konkreten Konsequenzen für Ent- ropean Union 2011) werden Projekte finan- scheidungen über Korridorvarianten disku- ziert, mit denen ab 2014 die Lücken in den tiert werden. europäischen Verkehrs- und Energietrassen Schließlich ist auch die Präsentation des sowie digitalen Netzen geschlossen werden (11) Projekts und seiner Ergebnisse auf europä- sollen. Im Rahmen der Entwürfe zu „Con- Flyer als Download über http:// ischer Ebene in Brüssel vorgesehen, wozu necting Europe“ ist vorgesehen, 21,7 Mrd. € www.code-24.eu/fileadmin/ code24/flyer/Code24_Flyer_ Räumlichkeiten des Europäischen Parla- (außer den 10 Mrd. €, die im Rahmen des Deutsch_Neu.pdf ments genutzt werden können. Kohäsionsfonds für Verkehrsprojekte in den (12) sog. Kohäsionsländern zusätzlich konzi- Newsletter als Download über Öffentlichkeitsarbeit piert sind) in die Modernisierung der euro- http://www.code-24.eu/filead- min/code24/flyer/CODE24%20 päischen Verkehrsinfrastruktur, die Schaf- NEWS%200211.pdf erhältlich Für die Information der Öffentlichkeit und fung fehlender Verkehrsverbindungen und (13) die Verbreitung der Projektergebnisse wur- die Beseitigung von Engpässen zu investie- DVD über http://www.code-24. den neben einem Projekt-Flyer11, News- eu/multimedia/ ren. lettern12 und einer eigenen Website (www. (14) code-24.eu) auch eine DVD mit einem Die EU-Kommission geht davon aus, dass Abbildungen des „Cody“ auf Film über den Korridor13 erarbeitet und bis 2020 500 Mrd. € erforderlich sein wer- http://www.code-24.eu/multi- media/cartoons/ eine Symbolfigur – „Cody“14 – geschaffen. den, um ein europäisches Verkehrsnetz (15) Weiterhin wurden eine CODE24 „Mobile zu schaffen, wobei allein die Hälfte für die Informationen über die Wan- Exhibition“ (Wanderausstelllung)15 sowie Beseitigung von Engpässen und die Ergän- derausstellung und die Ausstel- mehrere Projekt-Events und -Konferen- lungsorte http://www.code-24. zung fehlender Verbindungen im Kernnetz, eu/mobile-exhibition/ zen durchgeführt, z. B. der Projekt-Kick-off also auch im Korridor 24 benötigt wird. (16) als „Internationale Korridor-Konferenz“ in Wie oben erwähnt, sind in diesem Korridor Konferenzprogramm unter Mannheim (Mai 201016). Die Abschlusskon- rund 30 Mrd. € nötig, um die Neu- und Aus- http://www.code-24.eu/filead- ferenz wird voraussichtlich im Herbst 2013 min/code24/programm/Pro- bauprojekte zu finanzieren. gramm_low__30_3.pdf in Zürich stattfinden. Maßgeblich für die EU-Finanzierung der (17) Vgl. Beitrag von Adelsberger Infrastrukturprojekte im Kernnetz ist die i.d.H. Erzielung eines europäischen Mehrwerts. (18) Es wird darauf ankommen aufzuzeigen, Vgl. dazu die Abbildung 2 zum dass die Investition in neuralgische Punkte Entwurf des künftigen europäis- chen Kernnetzes und den prior- eines Korridors im Vergleich zu konkurrie- itären Projekten im Beitrag von renden Maßnahmen auch aus europäischer Korzhenevych i.d.H.
450 Jörg Saalbach: Die europäische Entwicklungsachse Rotterdam – Mannheim – Genua Perspektive einen sehr hohen Nutzen er- Korridors 24 gegenüber nationalen und eu- reicht. Dass mit CODE24 ein weitgehend ropäischen Stellen zu vertreten. abgestimmter Konsens über die Priorität Der Vorschlag, dazu als Rechtsform einen der Investitionen vorliegen wird, stellt eine Europäischen Verbund für territoriale Zu- hilfreiche Basis für Entscheidungen auf eu- sammenarbeit (EVTZ ) zu gründen, wie ropäischer Ebene dar. es die EU-Verordnung 1028/2006 (Euro- In Zukunft wird es wichtig sein, die bewähr- päische Union 2006) ermöglicht, ist daher te Kooperation im Korridor 24 fortzuset- vorausschauend bereits im Projektantrag zen, so wie sie während der Umsetzung des CODE24 enthalten. Eine solche „Allianz für INTERREG-Projekts CODE24 entstanden den Korridor 24“ gewährleistet, dass dieser ist. Die Schaffung einer nachhaltigen Or- Korridor sichtbarer wird und seine abge- ganisationsform für die Zusammenarbeit stimmten Interessen mit einer Stimme ver- interessierter Partner ist daher ein wichtiger treten werden. Schritt, um in Zukunft die Interessen des Literatur Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Europäische Union, 2006: Verordnung (EG) Nr. 2009: Künftige Herausforderungen der großräumi- 1082/2006 des Europäischen Parlaments und des gen Verkehrsentwicklung. ARL-Positionspapier, Nr. Rates vom 5. Juli 2006 über den Europäischen Ver- 49. Hannover. bund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ), Amts- blatt Nr. L 210 vom 31.07.2006, S. 0019-0024. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwick- lung (Hrsg.), 2010: Aktionsplan Güterverkehr und European Union, 2011: Proposal for a Regulation of the Logistik. Berlin, www.bmvbs.de/cae/servlet/cont- European Parliament and of the Council establishing entblob/61432/publicationFile/30825/aktionsplan- the Connecting Europe Facility. COM (2011) 665 gueterverkehr-logistik.pdf. vom 19.10.2011. Brussels. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwick- Fontanili, A., 2011: Code24: Un Progetto per L’Europa. lung (Hrsg.), 2011: Beispielhaft! Projekte zur transna- Trail Informa 3.2011. Milano, S. 6-7. tionalen Zusammenarbeit in Europa. Berlin. IHK Karlsruhe, 2007: Karlsruher Erklärung vom Europäische Kommission, 2011a: Ein Wachstumspaket 15.11.2007, www.karlsruhe.ihk.de/servicemarken/ für integrierte Infrastrukturen in Europa. Mitteilung branchen/Verkehrswirtschaft/Verborgene_Dateien_ der Kommission vom 19.10.2011, http://eur-lex.eu- Verkehr/Resolution_Karlsruher_Erklaerung.pdf. ropa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011:0 NWE/INTERREG IVB, o.J.: Operationelles Programm 676:FIN:DE:PDF. Nordwesteuropa 2007 – 2013. Lille. Europäische Kommission, 2011b: Weißbuch Fahrplan Saalbach, J., 2011: CODE24: One corridor – one stra- zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum tegy!. European Railway Review, 2/2011, S. 34-37. – Hin zu einem wettbewerbsorientierten und res- Scholl, B. (Hrsg.), 2012: SAPON (Spaces and Projects of sourcenschonenden Verkehrssystem http://eur-lex. National Importance). Zürich. europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2011 :0144:FIN:DE:PDF. VRRN Verband Region Rhein-Neckar, 2008: Positions- papier der Regionalverbände zur Nord-Süd-Trans- versale Rotterdam–Genua. Mannheim.
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