Die Feuchtgebiete der Insel Andros mit ihren Amphibien und hydrophilen Reptilien
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©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at HERPETOZOA 8 (3/4): 135 - 144 Wien, 30. Jänner 1996 Die Feuchtgebiete der Insel Andros mit ihren Amphibien und hydrophilen Reptilien (Amphibia, Reptilia; Kykladen, Griechenland) Wetlands on the island of Andros, their amphibians and hydrophilous reptiles (Amphibia, Reptilia; Cyclades, Greece) MARIO F. BROGGI ABSTRACT The island of Andros (Greece, Cyclades) is abounded in water. The wetlands of the island are described, par- ticularly the habitats of Mauremys caspica. Three threatened wetland areas - worth to be protected - were found, in- cluding a remarkable marshland with black alder trees. KURZFASSUNG Die Insel Andros (Griechenland, Kykladen) ist wasserreich. Es werden die Feuchtgebiete der Insel, im spezi- ellen jene mit Mauremys caspica - Vorkommen, beschrieben. Drei schützenswerte, bedrohte Feuchtgebiete wurden auf der Insel festgestellt, darunter eine bemerkenswerte Schwarzerlenau. KEYWORDS Greece: Andros; Natrix natrix, Vipera ammodytes, Coluber caspius, Mauremys caspica, Bufo bufo, Rana ridibunda; amphibians and reptiles in wetlands, conservation aspects EINLEITUNG Andros (Abb 1) ist die nördlichste In- von Eichen und Wacholder bedeckt, was sel der Kykladen und mit ca. 400 km2 Flä- für die Kykladen ungewöhnlich ist. Im Su- che nach Naxos die zweitgrößte Insel die- den und Norden der Insel findet sich eine ses Archipels. Sie ist durch über 30Q m ausgedehnte Poterium spinosum - Phryga- tiefes Wasser von der Insel Euböa im Nor- na. Viele Hügelflanken sind extensiv von den und durch eine nur 50 m tiefe Meeren- Schafen und Ziegen beweidet, wobei das ge von der Insel Tinos im Süden getrennt. Land mit einem faszinierenden Flechtwerk Andros ist gebirgig, seine Küsten fallen halbhoher Steinmauern, "Xirolithies" ge- größtenteils steil zum Meer ab. In ihrer nannt, eingehagt ist. Architektonisch herr- größten Ausdehnung ist die Insel 41 km sehen ziegel-gedeckte Giebeldächer wie auf lang und 16 km breit, die höchste Erhe- dem Festland vor, dies als Indiz, daß die bung ist mit 997 m ü. M. der Kouvari. Die Insel wasserreich und die Bevölkerung Gesteine sind kristallin und hauptsächlich nicht auf kubische Hausformen angewiesen schiefrig, einer regionalen Metamorphose ist, um das Regenwasser in Zisternen zu entstammend, das Substrat reagiert sauer, sammeln. Andros besitzt viele Quellen, so- Zwischen den Bergmassiven erstrecken daß alle wichtigen Orte mit Quellwasser sich einige größere Täler, von denen sich über Leitungen versorgt werden können, das größte an der Ostküste südöstlich der Die Inselbewohner sind überzeugt, daß es Hauptstadt Andros befindet. Diese tief ein- eine unterseeische Süßwasserverbindung geschnittenen Täler sind durchgehend in- zur ebenfalls wasserreichen Insel Euböa tensiv kultiviert. Die umgebenden, trocke- gibt, da die Quellen auch nach langer neren Hügel und Berge sind teils von Se- Trockenzeit sprudeln, kundärmacchien mit Erdbeerbaum (Arbu- Die Insel wurde von vier Exkursi- tus unedö) und Baumheide (Erica arbo- onsteilnehmern (Wilfried KAUFMANN, rea), lokal mit waldähnlichen Beständen Louis JÄGER, Peter GOOP, Mario F.
©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at 136 MF. BROGGI BROGGI) aus dem Kreis der Botanisch- und April ausgesprochen windig, kühl und Zoologischen Gesellschaft Liechtenstein- regnerisch waren. Sargans-Werdenberg vom 8. bis 19. April Diese kühle Witterung war für her- 1995 besucht. petologische Abklärungen sehr ungünstig. Die mittlere Jahrestemperatur auf Die Exkursionen konzentrierten sich in der Andros beträgt ca. 18 °C, der Januar ist mit Folge auf die Erkundung der Feuchtstruk- 10,5 °C der kälteste Monat, der Juli mit turen der Insel. Hierfür wurden die größten 25,7 °C der wärmste (SCHREINER 1987). Bäche der Insel vom Oberlauf bis zu den Der Februar 1995 soll auf der Insel mild Mündungen stichprobenartig erkundet und gewesen sein, wogegen die Monate März die meisten Mündungsbereiche begangen. ZUR HYDROGRAPHIE DER INSEL ANDROS Der Wasserreichtum ist im Vergleich In den Felskolken kann sich das Wasser zu vielen anderen griechischen Inseln ein wohl bis in den Sommer halten, was das besonderes Merkmal von Andros. Überall Vorkommen des Seefrosches und der Kas- begegneten wir kleinen Wasserflächen. pischen Sumpfschildkröte ermöglicht. An Besonders durch den Straßenbau hatten den meisten dieser Fließgewässer kommt sich kleine Staubereiche, teils mit Wasser der Flußuferläufer (Arctitis hypoleucos) gefüllte Entnahmestellen, gebildet. Das vor. Die länger wasserführenden Bäche relativ verbreitete Vorkommen des Rohr- sind von weitem durch die Galerie der Pla- kolbens (Typha domingensis) signalisierte, tanen (Platanus orientalis), des Spanischen daß diese kleinen Stauwässer für eine län- Rohres und des Oleanders (Nerium olean- gere Zeit des Jahres bestehen bleiben. der) erkennbar. An den kurzen Unterläufen Die längsten Bäche der Insel sind der Bäche dominiert die konkurrenzstarke rund 6 bis 7 Ion lang und besitzen ein Ein- Platane. Weidengebüsche (Salix alba, S. zugsgebiet von maximal 25 km2. Viele purpurea) kommen vor, werden aber nie Bäche der Insel führten zur Zeit der April- dominant. Der Oleander begleitet die Über- Begehungen durchgehend von den Quellen schwemmungsbereiche der Bachstrukturen. bis zu den Mündungsbereichen Wasser, An den wenigen Stauwasserbereichen vor was für die Jahreszeit auf griechischen In- den Mündungen gedeiht die Schwarzerle seln nicht die Regel ist. Einige der Bäche (Alnus glutinosa), die sich in einem noch sollen in einigen Abschnitten sogar ganz- zu beschreibenden Fall zu einem geschlos- jährig Wasser führen. Starkregen vor unse- senen Schwarzerlenwald ausdehnt. Erst im rer Ankunft ließen sich an den Bäumen eigentlichen Mündungsbereich stoßen Ta- und ihren Schlickmarken erkennen, die mariskenbüsche (Tamarix parviflora) zur teils zwei bis drei Meter über den Boden Artengarnitur dazu. In den Fällen, wo die- reichten. Ebenso waren die dichten, fluß- se Unterläufe in Sandbuchten enden, war begleitenden Bestände des Spanischen Roh- bei einigen der besuchten Bäche die direkte res {Ar undo don ax) von der Wasserwucht Verbindung des Süßwassers zum Meer häufig stark beeinträchtigt. nicht mehr gegeben. Die auf griechischen Auf den Hochebenen auf rund 300 m Inseln häufig zu beobachtende Strandwall- ü. M. fanden sich im Norden der Insel ver- bildung (vgl. BROGGI 1994) wird durch schiedene Quellfluren. Ihre länger andau- die Meeresströmung verursacht. Der Mün- ernde Schüttung war an der Ausprägung dungsbereich der Bäche wird dabei durch der Pflanzenwelt erkennbar. Überraschend die Küstenströmung mit Sand verlegt, die war hier das isolierte Vorkommen des See- oberflächliche Verbindung zum Meer bei frosches, der in kleinen Exemplaren in den mangelndem Süßwasserdruck unterbunden. häufig zu Brunnen ausgeweiteten Boden- Vor allem in sandigen Buchten stauen sich vertiefungen beobachtet wurde. so die Bäche lagunenartig ein (Abb 2). Die- Durch ihre relativ starke Reliefener- se kleinen und kleinsten stehenden Wasser- gie sind die Bachläufe unseren montanen flächen sind von erhöhtem herpetologi- Fließwässern vergleichbar; das Bachbett schen Interesse und bilden Trittsteine für verläuft zudem häufig auf Felsuntergrund. migrierende Vogelarten.
©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at Die Feuchtgebiete der Insel Andros mit ihren Amphibien und hydrophilen Reptilien 137 Bei gehäuftem Vorkommen von ließ sich überdies ein größeres Stauwerk Quellaustritten wurden im kultivierten Be- feststellen. In einer waalähnlichen Form reich einige offene Zisternen angelegt, so z. (wie bei den Bewässerungsanlagen in B. im Tal von Andros, Ormos Korthiou Südtirol) wird einem Bach Wasser abge- und bei Kato Aprovato südlich von Vatsi. zapft und über einen längeren Bewässer- Diese offenen, eingefriedeten Wasserflä- ungskanal einem Wasserrückhaltebecken chen sind teils für Amphibien zugänglich zugeführt. Die wasserführenden Fließsyste- und werden als Laichplätze von Erdkröte me und der Teich sind vom Seefrosch und und Seefrosch genutzt. Im Tal von Gides der Kaspischen Sumpfschildkröte besiedelt. DIE HERPETOFAUNA DER FEUCHTSTRUKTUREN VON ANDROS (Abb. 1) BEUTLER & FROR (1980) unter- Erdkröte, suchten die Amphibien und Reptilien der Bufo bufo (LINNAEUS, 1758) Nordkykladen auf sechs Forschungsreisen, wobei sie im Herbst 1974 und Frühling BOETTGER (1888) weist die Erdkrö- 1977 Andros besammelten. Sie geben für te erstmals für Andros (bei Kouwari - wohl die Insel das Vorkommen von zwei Am- nördlich von Gavrion) nach, BIRD (1935) phibien- und elf Reptilienarten an. Danach sammelte zwei Exemplare, WERNER umfaßt die Herpetofauna von Andros als (1737, 1938) und WETTSTEIN (1957) ge- hydrophile Elemente die Erdkröte, den ben sie ohne genauen Fundort an. BEUT- Seefrosch, die Kaspische Sumpfschildkröte LER & FROR (1980) berichten von 10 und die Ringelnatter. Exemplaren bei Menites, gesammelt am 8. Für Andros ist die in der Ägais sonst und 9. 5. 1977, und einem Fundort zwi- häufige Wechselkröte nicht nachgewiesen. schen Stavropeda und Paleopolis. Sie stel- Nach BEUTLER & FROR (1980) ist sie für len die Vorkommen in der Region zur No- die Nordkykladen nur von Syros belegt. minatrasse (vergi, aber auch WETTSTEIN Ebenso fehlen Nachweise des Laubfro- 1957). sches, der Europäischen Sumpfschildkröte Die Erdkröte dürfte auf dem wasser- und der Würfelnatter, die auf dem benach- reichen Andros sowohl im Bereich der barten Tinos sowie auf Euböa vorkommen, Mündungen wie auch in den höheren La- das alle diese Arten und die Wechselkrö- gen verbreitet vorkommen, wie unsere Be- te beherbergt (BOETTGER 1888; BIRD obachtungen andeuten (Abb 1): 1935, WERNER 1938). - westliche Einfahrt nach Gavrion, entlang der Landstraße, Graben und Bach, der innerhalb der Ort- Ringelnatter, Natrix natrix schaft zum Meer fuhrt: Kaulquappen (9. April 1995), (LINNAEUS, 1758) - Südeinfahrt von Ormos Korthiou, nahe dem Mündungsbereich des Hauptbaches: Oberfahrene Erd- kröte (10. April 1995), Die Ringelnatter, von BIRD (1935) - Zisterne entlang der Landstraße bei Kapparia ohne genauen Fundort für die Insel ange- im oberen Tal vor Ormos Korthiou: Kaulquappen (17. geben und von BEUTLER & FROR (1980) April 1995), bei Menites gesammelt, konnte von uns - bei Ano Aprovato, in quellreichem Gebiet: frisch überfahrene Erdkröte (sehr großes, warziges Ex- nicht beobachtet werden. Insgesamt kamen emplar, KRL 16 cm) (18. April 1995). nur drei Schlangenbeobachtungen zustan- de, und zwar mit einer Sandotter [Vipera Seefrosch, Rana ridibunda ammodytes (LINNAEUS, 1758)] beim Klo- PALLAS, 1771 ster Agios Nikolaos und mit einer Pfeil- natter [Coluber caspius GMELIN, 1789] Die Zuordnung der Grünfrösche von auf der Halbinsel Akr. Kourouni bei Kypri; Andros zu R. ridibunda erfolgt in der vor- eine dritte verblieb ohne Arterkennung. liegenden Arbeit mangels besseren Wis- Wegen der mißlichen Wetterlage waren die sens, erscheint aber seit der Abtrennung Schlangen-Aktivitäten wohl minimal, da- von R. balcanica (SCHNEIDER & al., mit entfielen die sonst häufigen Nachweise 1993) und R. levantina (SCHNEIDER & von überfahrenen Exemplaren. al., 1992) höchst zweifelhaft.
©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at 138 MF. BROGGI ERHARD (1858) erwähnt den See- Auf Andros kommt die Kaspische frosch erstmalig für Andros, BOETTGER Sumpfschildkröte in den größeren Strand- (1888) gibt den ersten präzisen Fundort lagunen vor, hier allerdings in meist klei- (bei Phellos) an, BIRD (1935) bezeichnet nen Populationen. Erstaunlicherweise wan- den Seefrosch ohne neue Fundortangaben dert sie aber - wie auf den größeren klein- als "extremly abundant on Andros". Es asiatischen Inseln auch - weit in die Bäche überrascht deshalb, daß BEUTLER & hinauf (BROGGI 1994). So konnte sie bei FROR (1980) den Seefrosch selbst nicht Aladino, im Tal von Andros, etwa fünf feststellen konnten und sich auf eine An- Kilometer von der Mündung entfernt beob- gabe aus dem Nachlaß von K. F. BUCH- achtet werden (Abb. 3, 4). Der Wasser- HOLZ beziehen. reichtum der Insel im allgemeinen und die Tatsächlich erwies sich der Seefrosch abgedichteten Kolke der Bäche im speziel- als verbreitet und nicht selten und war vom len, ermöglichen ihr hier offenbar in doch Mündungsbereich der Bäche in den Rück- eher suboptimalen Lebensräumen ein Fort- staulagunen über die zahlreichen Bäche, kommen, während zahlreiche Kleinpopu- wenigen Zisternen bis hinauf auf die Hoch- lationen in der griechischen Inselwelt sonst ebenen auf der ganzen Insel nachweisbar. sehr gefährdet erscheinen BROGGI (1994). Es wird angenommen, daß er an wärmeren Die Sumpfschildkröten finden im kla- Tagen noch weitaus häufiger auch über sei- ren Wasser und in den felsigen Bachstruk- nen Ruf festgestellt werden könnte. Das turen kaum Unterschlüpfe und konnten wasserreiche Andros bietet ihm mehr Le- leicht aufgelesen werden. Die Tiere wurden bensraum als sonst auf griechischen Inseln wegen der Möglichkeit des Vorkommens möglich. Es konnten folgende Fundorte der Europäischen Sumpfschildkröte {Emys festgehalten werden (Abb. 1): orbicularis), die von Euböa nachgewiesen, für Tinos wahrscheinlich aber irrtümlich - Westliche Straßeneinfahrt von Gavrion, auf- angegeben ist (ERHARD 1858; BEDRIA- gestautes Gelände, Bach sowie Wassergraben im Sied- lungsbereich (9. April 1995), GA 1882; BOETTGER 1888; BEUTLER - Quellstandort und Brunnenvertiefungen auf & FROR 1980), genauer beobachtet. Dabei dem Plateau bei Kalivari und Varidi, weitab von anderen zeigte sich, daß bei älteren Exemplaren die Feuchtgebietsstrukturen (9. April 1995), - Quellstandort an der Landstraße bei Chartes Längsstreifung allmählich verblaßt und im Nordwesten der Insel (9. April 1995), dann dieses leicht erkennbare Unterschei- - Ormos Vitaliou mit drei Bachmündungen, dungsmerkmal gegenüber Emys verschwin- dort in einem Schilf-Rieselfeld, in den Bachunterläufen, det. Es wurden folgende Beobachtungen aber auch in die höheren Lagen dieser Bäche hinauf- wandemd, so auch bei Agia Marina rund 3 km oberhalb gemacht (Abb. 1): des Mündungsbereiches (12. April 1995), - Ormos Ateni, großes Arundo donax-Fe\d mit - Unterlauf des Baches bei Steni, ein Exemplar größeren Wasserflächen (14. April 1995), (8. April 1995). - Mittellauf des Baches südlich von Ateni, • Ormos Zorkos, unterhalb eines starken Mä- Bach und Bewässerungsgraben zu einem Stauteich (14. anders im Bach, ca. 1 km von der Mündung: 5 Exem- April 1995), plare, semiadult bis adult (9. April 1995), - Ormos Vori im Bereich der Schwarzerlenau - Bach bei Gides, 3-4 km von der Mündung (14. April 1995), entfernt: 4 Exemplare bei Agia Marina, auf einem Ab- - Zaganiaris, Oberlauf des Baches, der nach schnitt von ca. 100 m Länge. Dort auch Süßwasserkrab- Andros fließt (15. April 1995), ben und Seefrösche (11. April 1995), - Resttümpel in einem ausgetrockneten Bach - Ormos Fellou, in einem ca. 30 m langen be- südlich von Kypri (16. April 1995), netzten Rest eines Bach-Unterlaufes, kurz vor dem - Tümpel in Ormos Moni am Südende der Insel Meer: 11 Exemplare beieinander, sich sonnend. (12. (17. April 1995), April 1995), - in Zisternen von Ano Aprovato, ca. 300 m. ü. - Ormos Pissolimionas, westlich von Vassamia, M. (18. April 1995). 30-40 m lange Restwasserfläche im Bachunterlauf vor dem Meer: 4 Exemplare, ( 12. April 1995), • Aufgestauter Bach südlich Andros, nahe dem Kaspische Sumpfschildkröte untersten Brückchen: 4 Exemplare sich sonnend (13. (Mauremys caspica rivulata April 1995), VALENCIENNES, 1833) - Der gleiche Bach, ca. 5 km oberhalb seiner Mündung bei Aladino, nahe einer mittelalterlichen WERNER (1937) gibt die Flußmün- Rundbrücke: 12 Exemplare (15. April 1995), - Ormos Ateni, breiteres Mündungstal mit gro- dung südlich von Andros als Fundort an, ßer Wasserfläche: viele Exemplare (14. April 1995), BEUTLER & FROR (1980) sahen 4 Ex- - Bach südlich von Ateni, rund 4 km oberhalb emplare im benachbarten Steni. der Mündung: viele Sumpfschildkröten, an einem Kolk
©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at Die Feuchtgebiete der Insel Andros mit ihren Amphibien und hydrophilen Reptilien 139 ANDROS Ormos PissoUmionas OrmosFellou Legende: O Kaspische Sumpfschildkröte A Seefrosch Q Erdkrote 5km Abb. 1: Die Insel Andros (Griechenland, Kykladen) mit den Fundorten von Mauremys caspica (O), Rana ridibunda (A) und Bufo bufo (D). Fig. 1 : The island of Andros (Greece, Cyclades) including locality records of Mauremys caspica (O), Rana ridibunda (A) and Bufo bufo (D).
©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at 140 M. F. BROGGI auf Fels 13 Exemplare sich sonnend, auf 100 m Länge rungsgraben sowie im Stauteich. Im Entwässerungsgra- rund 20 Exemplare. Sumpfschildkröten finden sich auch ben wurde ein juveniles Exemplar mit einer Carapaxlän- im nahen, rund 20 Meter höher liegenden Entwässe- ge von 2,5 cm gefunden (14. April 1995). DREI BEMERKENSWERTE FEUCHTGEBIETE Es werden nachfolgend die drei be- Feuchtgebiet von Ormos Ateni merkenswertesten Feuchgebiete auf Andros (Abb. 6) mit indikatorischer Beschreibung ihrer Na- turwerte dargestellt. Die Situation für Fluß- Diese Feuchtstruktur im Nordosten auen wird in Griechenland ganz allgemein der Insel befindet sich im Mündungsbe- als dramatisch erachtet (JERRENTRUP & reich des Baches, welcher bei der kleinen LOSING 1991). Feuchtstrukturen sind auf Ortschaft Ateni vorbeifließt und der Bucht den griechischen Inseln von Natur aus sel- ihren Namen gibt. Das Tal öffnet sich ten, aus herpetologischer Sicht wie für die gegen den Mündungsbereich und ist von migrierende Vogelwelt sind sie von hervor- extensiv genutztem Grünland mit Orchis ragender Bedeutung. Selbst kleinste Struk- laxiflora - Wiesen (insgesamt fünf Bestän- turen erweisen sich meist als reichhaltig. de von je 30-50 Exemplaren) und Arundo donax - Feldern geprägt. Eine massive Feuchtwiesen bei Gavrion Strandwallbildung mit einer ausgeprägten (Abb. 5) Stranddünenflora staut das Bachwasser zu- rück. In ihm lebt eine Sumpfschildköten- Nahe dem nordwestlichen Ortsrand Population und der Seefrosch. von Gavrion staut die nach Norden füh- Am 14. April 1995 konnten der rende Landstraße das Wasser und ermög- Grünschenkel, der Flußuferläufer und wei- licht im Frühling die Existenz einer Flach- tere Limikolen, im unteren Talbereich ab- wasserzone von ca. 600 m2 Fläche. Die wechselnd je eine männliche und weibliche während des Aufenthaltes leicht schwin- Rohrweihe beobachtet werden. dende Flachwasserzone beherbergte zahl- Die Feuchtgebietsabfolgen sind hier reiche wandernde Wasservögel, vor allem äußerst vielfaltig und mit ca. 25 ha relativ Limikolen. großflächig. Nahe dem Mündungsbereich In der Beobachtungszeit wurden so u. werden bereits Ferienhäuser gebaut, womit a. festgestellt: Teichhuhn, Grünschenkel, sich eine Gefährdung des Feuchtgebietes Teich- und Waldwasserläufer, Flußuferläu- abzeichnet. fer, Silber-, Grau- und Seidenreiher (ca. 30 Exemplare), zehn Sichler, Kleines Sumpf- Schwarzerlenau von Ormos Von huhn, Flußregenpfeifer und Bekassine. (Abb. 7) In der abgrenzenden Trockenmauer fanden sich zahlreiche Ägäische Nacktfin- Vom zentralen Inselteil bei Arnas gergeckos, Cyrtodactyluskotschyi (STEIN- führt eine schlechte Piste in das Gebiet von DACHNER, 1870) und Kykladeneidech- Neratzia in die im Nordosten der Insel sen, Podarcis erhardü (BEDRIAGA, 1882). liegende Bucht von Vori. Das entlegene Am Rande der Flachwasserzone konnte die Tal ist kaum kultiviert und nur extensiv Johannisechse, Ablepharus kitaibelii (BEB- genutzt. Der Talbach wird von Platanen RON & BORY, 1833) beobachtet werden. flankiert. Erst knapp einen Kilometer vor Im Wasser fanden sich zahlreiche Seefrö- dem Meer erweitert sich das Tal und wird sche. größtenteils von einer Baumbestockung Die umgebenden Flächen werden als eingenommen. Diese besteht zum dominie- Rinderweiden genutzt. Südlich der Land- renden Anteil von rund 90 Prozent aus straße erstreckt sich eine Feuchtwiese mit Schwarzerlen (Alnus glutinosa). Die über- Orchis laxißora. Die Drainage der Feucht- flutete Au besitzt eine Länge von knapp struktur wäre hier leicht möglich und da- einem Kilometer und weitet sich trichter- mit der zumindest saisonal hohe Naturwert förmig gegen den Mündungsbereich bis zerstört. rund 200 Meter auf. Die ganze Waldbe-
©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at Die Feuchtgebiete der Insel Andros mit ihren Amphibien und hydrophilen Reptilien 141 Abb. 2: Ormos Zorkos (Griechenland, Kykladen, Andros). Bach mit Strandwallbildung. Der Süßwasserrückstau wird von der hydrophilen Herpetofauna genutzt. Fig. 2: Ormos Zorkos (Greece, Cyclades, Andros). Brook with estuary bank. The backwater reservoir is utilized by amphibians and hydrophilous reptiles. Abb. 3: Bach bei Aladino (Griechenland, Kykladen, Andros), 4 bis S km vor seiner Mündung bei Andros. Fig. 3: Brook at Aladino (Greece, Cyclades, Andros), 4 to 5 km from its mouth near Andros.
©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at 142 M. F. BROGGI Abb. 4: Bach bei Aladino (Griechenland, Kykladen, Andros) mit sonnenden Mauremys caspica rivulata. Fig. 4: Brook near Aladino (Greece, Cyclades, Andros) with basking Mauremys caspica rivulata. Abb. 5: Feuchtgebiet nordwestlich von Gavrion (Griechenland, Kykladen, Andros) mit Seidenreiher {Egretta garzettä), Braunem Sichler {Plegadis falcinellus) und Stelzenläufer {Himantopus himantopus). Fig. 5: Wetland north-west of Gavrion (Greece, Cyclades.Andros) with Little Egret {Egretta garzettä), Glossy Ibis {Plegadis falcinellus) and Black-winged Stilt {Himantopus himantopus).
©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at Die Feuchtgebiete der Insel Andros mit ihren Amphibien und hydrophilen Reptilien 143 Abb. 6: Ormos Ateni (Griechenland, Kykladen, Andros) mit Stranddünen, Lagunen und weiteren Feuchtgebietsabfolgen. Fig. 6: Ormos Ateni (Greece, Cyclades, Andros) with estuary bank, backwater reservoirs and other wetland structures. Abb. 7: Ormos Von (Griechenland, Kykladen, Andros). Feuchtgebietsabfolge mit lagunenartigem Rückstau; Sumpfwiesen und Erlenau im Hintergrund. Fig. 7: Ormos Vori (Greece, Cyclades, Andros). Succession of dififerent wetland types with lacunary backwater, swampy meadows and black alder marshes in the background.
©Österreichische Gesellschaft für Herpetologie e.V., Wien, Austria, download unter www.biologiezentrum.at 144 M. F. BROGGI Stockung dürfte rund 10 ha ausmachen. laxiflora [in den Verbreitungskarten von Die nähere Begehung zeigte, daß es DELFORGE (1994) nicht angegeben]. Im sich um eine echte, durchgängig überflu- Sumpfgebiet ließen sich der Nachtreiher tete Au handelt, wie wir sie noch auf keiner und mehrere Limikolenarten beobachten. griechischen Insel antrafen. Im flächigen Für ziehende Vogelarten ist von Bedeu- Uberflutungsbereich wird die Platane von tung, daß die Vori-Au nur rund 300 km der Schwarzerle abgelöst, ihr beigemischt vom Nestos-Delta entfernt liegt (JERREN- finden sich Weidengebüsche sowie Röh- TRUP & RESCH 1989). richte mit Spanischem Rohr und Schilf. In Die Schwarzerlenau vor Ormos Vori der Krautschicht kommen Equisetum ma- stellt ein Juwel dar, deren aktuelle Existenz ximum, Sparganium erectum sowie Iris wohl in der Abgeschiedenheit begründet pseudacorus vor, die sonst auf der Insel liegt. Eine bessere Erschließung müßte die- nicht gesehen wurden. Dem Haupttal fließt se Naturwerte gefährden. Schon heute wird kurz vor der Mündung auf der linken Seite beidseits des Mündungsbereiches Land- ein weiterer Bach zu, der den untersten wirtschaft betrieben (Planierungen auf der Talabschnitt versumpfen läßt. Diese Ebene orographisch linken Seite, Großviehweide ist mit Tümpeln (u. a. mit Potamogeton mit Stall auf der rechten Seite im Seiten- natans) und Tamariskenbeständen über- tal). Diese Au sollte vegetationskundlich säht. Im Gebiet rufen die Nachtigall und wie auch hinsichtlich ihrer Tierwelt noch der Blaßspötter, im vorliegenden feuchten genauer untersucht und als solche erhalten Wiesengelände wachsen hunderte Orchis werden. LITERATUR BEDRIAGA, J. v., (1882): Die Amphibien und Theil. Die Wirbeltiere der Cykladen. Nebst einem An- Reptilien Griechenlands.- Bull. Soc. Imp. Nat. Moscou; hang über deren Pflanzendecke. Leipzig (Voigt & Gün- 61(1/11): 242-310, (II/III): 43-103, 278-344. ther), 117 S., 1 Karte. BEUTLER, A & FROR, E. (1980): Die Am- JERRENTRUP, H. & RESCH, J. (1989): Der phibien und Reptilien der Nordkykladen (Griechen- Nestos - Leben zwischen Fluß und Meer, Radolfszell (J. land).- Mitt. Zool. Ges. Braunau; 3: 255-290. Resch), 127 S. BOETTGER, O. (1888): Verzeichnis der von JERRENTRUP, H. & LOSING, J. (1991): Si- Hrn. von OERTZEN aus Griechenland und Kleinasien tuation der Flußauen in Griechenland.- Laufener Se- mitgebrachten Batrachier und Reptilien.- Sitz.-ber. kgl. minarbeiträge Akad. Natursch. Landschaftspfl. (ANL) - preuss. Akad. Wiss., Berlin; 5: 139-186. Laufen/Salzach; 4: 86-92. BIRD, C. G. (1935): Reptiles and Amphibians of SCHREINER, K. (1987): Kykladen.- Köln (Du the Cyclades.- Ann. mag. Nat. Hist., London; (N. H. Ser. Mont), 263 S. 10.) 16 (1935): 274-284. WERNER, F. (1937): Ergebnisse der vierten BROGGI, M. F. (1994): Feldherpetologische zoologischen Forschungsreise in die Ägäis (1936). II. Beobachtungen und Bemerkungen zu schützenswerten Reptilien und Amphibien.- Sitz.-Ber. Akad. Wiss., ma- Biotopen auf griechischen Inseln.- Herpetozoa, 7 (1/2): them.-naturwiss. Kl. Abt. I, Wien; 146 (1+2): 93-104. 29-34. WERNER, F. (1938): Die Amphibien und Rep- DELFORGE, P. (1994): Les Orchidées des îles tilien Griechenlands.-Zoologica, Stuttgart; 35 (94): 1- d'Andros et de Tinos (Cyclades, Grèce).- Les Natura- 117. listes belges; 75 (4 - spécial "Orchidées" no. 7): 109- WETTSTEIN, O., (1957): Herpetologia aegaea.- 170. Sitz.-Ber. Akad. Wiss., mathem.-naturwiss. Kl. Abt. I, ERHARD (1858): Fauna der Cykladen. Erster Wien; 162 (9-10): 651-833. EINGANGSDATUM: 26. Juni 1995 Verantwortlicher Schriftleiter: Heinz Grillitsch AUTOR: Dr. Ing. Mario F. BROGGI, Broggi und Partner AG, Ingenieure und Planer, im Bretscha 22, FL- 9494 Schaan, Fürstentum Liechtenstein.
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