Die große Freiheit - Petzinger
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
42 EINRICHTUNG Variabilität Die große Freiheit Foto: Engelhorn, Mannheim Neue Produktgruppen und wechselnde Sortimente, temporäre Standorte, Aktionen und Instore-Events – die Gestaltung der Verkaufsfläche ist immer mehr vom kurzfristigen Wandel geprägt. Beispiele zeigen, wie vielfältig unterschiedliche Branchen eine variable Store-Gestaltung hinkriegen. von Konny Scholz Eine Verkaufsfläche muss Sortimentswechsel mehrere Facetten angereicherten Planungsum- tont, dass die Planung umfangreicher wird: „Zum „aushalten“ und jeweils stilgerecht präsentie- fang, die To-do-Liste wird länger. „Es geht nicht einen wird der Raum, also die Hülle betrachtet, ren. Kurzfristig soll sie sich in eine Aktions- mehr nur darum, ein Store-Konzept zu planen, zum Beispiel: wo befindet sich Tageslichteinfall, und Eventfläche verwandeln können – sogar es zu eröffnen und fertig. Wir müssen weiter oder: wie stellen sich die Blickachsen dar, um in ein Pop-up-Restaurant für den Abend, wenn denken: Wie sieht der Store in zwei Wochen, eine entsprechende Struktur aufbauen zu kön- es das Konzept so vorsieht. Mehr noch, ganze drei Monaten, im Sommer oder zu Weihnachten nen. Auf der anderen Seite wird das flexible Verkaufsflächen setzen sich in Bewegung und aus?“, so heißt es bei Interstore. Die Zeitachse einzelne Möbel bis ins Äußerste durchgeplant gehen auf Roadshow und Pop-up-Tour. Und mit sollte also bereits in der Planung mit ins Kalkül und durchdacht, da es größtmöglichen Nutzen ihnen ein Mobiliar, das auf die mobilen Einsatz- gezogen werden. bieten soll. Hier kommt es auch ganz stark da- zwecke ausgerichtet ist. Zu einem variablen Store-Innenleben ge- rauf an, dass das Einzelmöbel in sich elektrifi- Die Forderung nach variabler Verkaufsflä- hört die entsprechende technische Ausstattung, ziert und digitalisiert ist und somit weitgehend chengestaltung ist nicht neu. Dennoch nimmt wie Peter Fränsemeier von Ganter Interior ver- unabhängig von seiner Umgebung.“ sie weiter an Dynamik zu und zieht ihre Krei- deutlicht: „Für uns sind damit oft spannende Einen erhöhten Komplexitätsgrad sieht se auch über die Lifestyle- und Modebranche technische Herausforderungen verbunden. So auch Andreas Weidner, Head of Design bei hinaus, bei denen der Wandel ja Teil des Kon- haben wir zum Beispiel für Engelhorn ein elek- Knoblauch Design: „Ergänzend zu den bewähr- zepts ist. „Das Bedürfnis nach Flexibilität ist trifiziertes Deckenschienensystem entwickelt, ten Retail-Prinzipien und -Mechanismen muss heute überall spürbar – von Food bis Nonfood, das Warenträger und gleichzeitig Leuchtmittel eine weitere Dimension berücksichtigt werden, von Discount bis zum Premium-Store“, so die aufnehmen kann. So kann nicht nur die Ware sodass es eine langfristig funktionierende Hül- Designagentur Interstore. schnell neu arrangiert werden, sondern auch le gibt, die sowohl mit temporären, kurzfristi- das Licht im gleichen Zuge ‚mitgenommen‘ wer- gen Maßnahmen wie Events, Modenschauen Die Herausforderung den, um die Ware auch an der neuen Position oder Sportaktivitäten kompatibel ist als auch Der professionellen Ladenplanung beschert die ansprechend in Szene zu setzen.“ Auch Man- mittelfristig einen Austausch der Wand- und wachsende Variabilität auf der Fläche einen um fred Knappe von Knappe Innenarchitekten be- Mittelraummöblierung zulässt, um das Erschei- 01 2018 stores+shops
Variabilität EINRICHTUNG 43 Bild linke Seite: Bei Engelhorn in Mannheim sorgt ein elektrifiziertes Deckenschienensystem dafür, dass das Licht an eine andere Position auf der Fläche „mitgenommen“ werden kann nungsbild aufzufrischen, ohne in die Strukturen einem separaten Möbelprogramm auf den wach- des Raums komplett einzugreifen.“ senden Bedarf an mobiler Ladenausstattung ein. Die Produktlinie „LL-Pop-Up!“ besteht aus Footwear & Fashion einem Ensemble aus zu-, an- und ineinander Nach dem Prinzip der „Raumhülle“ konzipiert passenden Einzelmodulen, die speziell für va- das Schuhhaus Ludwig Görtz seine großflächi- riable Ladeneinrichtungen oder Aktionsflächen gen Flagshipstores, von denen einer im Herbst konzipiert sind. letzten Jahres in Berlin in Kudamm-Nähe eröff- Basiselement ist ein aufklappbarer, pul- nete und ein weiterer in München gerade um- verbeschichteter Stahlrahmen, der mit einer gebaut wird mit angepeilter Eröffnung im Mai. ganzen Reihe verschiedener Displays, Paneele Langlebige Materialien in klassisch-moderner und Poster, Fachböden und Möbel-Korpussen Ausrichtung und zeitloser Farbigkeit kamen im zum vollwertigen Möbelstück wird. Je nach Si- Berliner Flagshipstore für Wände, Decken und tuation kann der Einzelhändler oder Visual Mer- Böden zum Einsatz, die 10-15 Jahre oder län- chandiser mit wenigen Handgriffen und ohne ger an Ort und Stelle ihren Zweck erfüllen sol- Werkzeug das passende Möbel zusammenset- len. Einzelne Mittelraummöbel und dekorative zen und aufstellen. Das Modul, in leicht indus- Elemente darin werden aktualisiert, wenn es triellem Look auch optisch anpassungsfähig, Zeitgeist und Trend erfordern. kann als Mittelraummöbel mit ein- oder beid- Es ist durchaus auch ein Programm zur seitig bestückbarem Display zum Einsatz kom- Entschleunigung, das sich gegen immer kür- men, als Warentisch oder auch als mobiler Kas- zere Ladenbau-Zyklen mit hohem Rohstoffver- sentresen. Um neben dem Augenoptik-Handel brauch richtet. Diesen positiven Zusatzeffekt auch Juweliere, den Schmuck- und Modehan- unterstreicht Elmar Janik, stellvertretender Lei- del oder auch andere Branchen erreichen zu ter der Architekturabteilung von Görtz: „Es ist können, entwickelte Concept-s zusätzliche, auf nachhaltiger, wir sparen so Material und Roh- den jeweiligen Bedarf zugeschnittene Elemen- stoffe. Es ist ja Wahnsinn, was im Ladenbau te für dasselbe Basismodul. üblicherweise ausgemustert und weggeworfen wird, nur weil es nicht mehr State-of-the-Art ist.“ Bioläden Auch die Branche der Bio-Ladner sollte deutlich Optiker mehr Flexibilität an den Tag legen, um sich gegen- Der Ladenbauer Concept-s Ladenbau & Ob- über den Bio-Angeboten des LEH zu profilieren, jektdesign, der auf den Optiker-Fachhandel und meint Daniel Kükenhöhner, Büroleiter des Be- angrenzende Sparten spezialisiert ist, geht mit raters und Ladenplaners Petzinger, der auf Bio- Peek & Cloppenburg Themenbasierte Pop-up-Flächen „Pop Impression by Peek & Cloppenburg“ nennt P&C sein neues Flächenkonzept. Dabei prä- sentiert das Modeunternehmen auf Pop-up- Flächen im Store ein exklusives Sortiment, das so bisher nicht in den Verkaufshäusern erhält- lich ist. Das temporäre Angebot ist auf ein ak- Foto: Peek & Cloppenburg tuelles Trendthema abgestimmt und wird durch branchenfremde Lifestyle-Produkte ergänzt. Den Auftakt macht „Now Life!“, bei dem sich alles um „Lifestyle & Balance” für die trendige jun- ge Frau dreht. Vom 7. März bis 14. April laden P&C Weltstadthaus in Düsseldorf 6 „Weltstadthäuser“ von P&C ein, den Mix aus bekannten Labels und Nischenmarken zu ent- für wechselnde Pop-up-Flächen und eine krea- decken. Für die nötige Aufmerksamkeit bei den tive Schaufenstergestaltung sorgen. Pro Halb- Kunden sollen u. a. ein individuelles Möbelsystem jahr sind jeweils 3 saisonale Themen geplant. 01 2018 stores+shops
44 EINRICHTUNG Variabilität Foto: Ganter Interior/Joachim Grothus Foto: Concept-s Bild oben: Ein Möbel für alle Fälle: Der mobile, klappbare Stahlrahmen kann zum Display, Kleiderständer, Kassentre- sen und vielem mehr umgerüstet werden Bild oben rechts: Viel Raum für Sortimentswechsel und Fashion-Highlights bei Kaiser in Freiburg Bild rechts: Der Schreibwarenhändler Ortloff in Köln nutzt ein individuell entwickeltes Stecksystem für die Mittelraum-Gondeln, bei dem der mittlere Fachboden Foto: Hoffmann Ladenbau/Maurice Cox „unsichtbar“ versetzt werden kann, ohne dass die Vorbohrungen zu sehen sind und Hofläden, Weinhandel und Gastro-Konzepte Merchandising gelöst sowie mit Tischdecken tät auf der Fläche führt leicht zu „Wildwuchs“, spezialisiert ist. Zu wenige Bio-Händler agier- und Tischdekorationen.“ Unordnung und Durcheinander. „Die Gefahr, die ten am Puls der Zeit und kümmerten sich ak- Flexibilisierung zu überdrehen, besteht durch- tiv um mehr Abwechslung im Verkaufsraum. Lebensmittelhandel aus. Hier sollte sensibel vorgegangen werden, Dabei sei das oft gar nicht so schwer, zeigt Rollbare Bedientheken, die sich mit wenigen denn die Seele einer Marke, eines Verkaufs- er an Beispielen auf: „Ein Münchner Bioladner Handgriffen in Warentische für die Selbstbe- raums kann schnell verloren gehen“, warnt erneuert mehrmals wöchentlich sein Erschei- dienung an weniger frequentierten Nachmitta- Manfred Knappe. nungsbild, indem er in den Gängen mehrere gen umbauen lassen; autarke, vollausgestattete Und schränkt die „mobile Denke“ viel- Produktplatzierungen – immer andere – auf- Manufakturmodule, an denen ein handwerk- leicht das Storytelling ein? „Storytelling be- stellt. Um den Aufwand dafür zu reduzieren, licher Bäcker seine Brote aus dem Ofen dem dingt sich nicht dadurch, dass alles fest ver- haben wir ihm rollbare Module mit Rollkäs- Kunden über die Theke reicht; nebenan der baut ist oder ein hoher Anteil flexibler Möbel ten und Schütten angefertigt, die es gestat- Metzger, der zwischendurch vor den Augen vorherrscht. Ob mobil oder fix – mit beiden ten, sie mit einfachen, schnellen Handgriffen der Kunden ein paar Kostproben brutzelt – Konzepten, wenn sie denn gut gemacht sind, täglich neu zu befüllen, in Höhe, Füllkapazität solche Stationen mit steckerfertiger Technik lassen sich Geschichten erzählen“, sagt Peter und Größe durch Kombinationen zu variieren und wandlungsfähigen, rollbaren Theken und Fränsemeier von Ganter Interior. Fränsemei- und an Ort und Stelle zu platzieren.“ Möbeln zeigte die Schweitzer Group in einem er: „Unser Ansinnen ist es, unserem Kunden Kükenhöhner nennt ein weiteres Beispiel: Supermarkt-Modell der Zukunft auf der Euro- das gesamte Leistungsspektrum im Innenaus- „Ein anderer Einzelhändler mit Gastro-Zone im Shop. In einem Carrefour-Markt in Paris baut bau, also auch Boden, Decke, Wand, Licht und Store, in der viele Verkostungen, Events und Schweitzer die rollbaren Module gerade ein. technische Gebäudeausrüstung anzubieten und Vorträge stattfinden, stand vor der Heraus- ihm Sonderelemente aus dem Kulissenbau zu forderung, den loftigen Look von tagsüber in Risiken und Nebenwirkungen beschaffen sowie in Projekten zu denken an- eine wertige Restaurant-Stimmung am Abend Stabilität und Sicherheit müssen bei aller Va- statt in reinen Ladenbau-Möbeln.“ zu verwandeln. Wir haben das mit einer alter- riabilität auch auf hochfrequentierten Flächen nativen Beleuchtung und geschicktem Visual stets gewährleistet sein. Und: Erhöhte Flexibili- redaktion@ehi.org 01 2018 stores+shops
Sie können auch lesen