Die Honorierung der obersten Leitungsorgane von Nonprofit-Organisationen - Eine Situationsanalyse und Diskussionsgrundlage

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Die Honorierung der obersten Leitungsorgane von Nonprofit-Organisationen - Eine Situationsanalyse und Diskussionsgrundlage
U N I VE R S I TÄT B A S E L

                                CEPS Forschung und Praxis – Band 05

         Die Honorierung der obersten
                  Leitungsorgane von
             Nonprofit-Organisationen
          Eine Situationsanalyse und Diskussionsgrundlage
                                        Kaspar Müller, Daniel Zöbeli
Die Honorierung der obersten Leitungsorgane von Nonprofit-
Organisationen – eine Situationsanalyse und Diskussionsgrundlage
CEPS Forschung und Praxis
Band 5
Kaspar Müller, Daniel Zöbeli
Die Honorierung der obersten Leitungsorgane von Nonprofit-
Organisationen – eine Situationsanalyse und Diskussionsgrundlage
Kaspar Müller, Daniel Zöbeli

In Kooperation mit:

Für die Unterstützung bei der Drucklegung dieser Studie geht ein besonderer
Dank an die Fondation 1796.

Das Centre for Philanthropy Studies (CEPS) der Universität Basel wurde initi-
iert von SwissFoundations, dem Verband der Schweizer Förderstiftungen, und
anschubfinanziert von folgenden Organisationen: Avina Stiftung, Christoph Meri-
an Stiftung, Ernst Göhner Stiftung, GEBERT RÜF STIFTUNG, Gesellschaft für das
Gute und Gemeinnützige GGG Basel und Sophie und Karl Binding Stiftung.

                                  Impressum:    Centre for Philathropy Studies / Centrum
                                                für Philanthropie und Stiftungswesen
                                                (CEPS)
                                                Universität Basel
                                                Peter Merian-Weg 6
                                                Postfach
                                                4002 Basel
                          Umschlaggestaltung:   a+, Gregorio Caruso
                                     Layout:    Georg von Schnurbein
                                       ISBN:    978-3-9523659-4-6

                                                © Centre for Philanthropy Studies 2012.
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                                                Autoren ist unzulässig.
Die Autoren:

Kaspar Müller
Kaspar Müller, lic. rer. pol., unabhängiger Ökonom, ist seit 1991 Mitglied der
Fachkommission FER. Er war Leiter der Arbeitsgruppe Swiss GAAP FER 21. Er
übt diverse Mandate aus, u.a. ist er Präsident der Stiftung Ethos und der Ethos
Services AG, Genf und Präsident des Verwaltungsrates der responsAbility Social
Investments AG, Zürich. Kaspar Müller ist Verfasser zahlreicher Artikel in den
Bereichen Finanzmarkt, Rechnungslegung, Corporate Governance, Nachhaltig-
keit und Ethik. Während des Verschollenenverfahrens war er Beistand von Bruno
Manser, heute ist er Vertreter von dessen Erbengemeinschaft.

Daniel Zöbeli
Daniel Zöbeli, Prof. Dr. rer. pol., Leiter des Instituts für Management und Innova-
tion (IMI) der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS), ist Autor zahlreicher Publika-
tionen im Bereich Rechnungslegung/Finanzen/Steuern bei NPO. Er verfügt über
eine reiche Erfahrung als Ehrenamtlicher in verschiedenen wohltätigen Organisa-
tionen, so z.B. als Gründer und Leiter der Freizeitvereinigung IG KUBU (seit
1999) oder als langjähriges Vorstandsmitglied des reformierten Jugendverbandes
JK Schweiz. Daniel Zöbeli war sechs Jahre lang Mitglied der Primarschulbehörde
Uster und dort u.a. verantwortlich für die Einführung schulergänzender Tages-
strukturen.
INHALTSVERZEICHNIS

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................. V
Geleitwort ......................................................................................................................... VII
Management Summary ......................................................................................................... 1
Teil A: Einleitung ................................................................................................................. 2
  1 Grundsätzliches und Aufbau der Publikation ................................................................. 2
  2 Ehrenamtlichkeit ........................................................................................................... 4
     2.1 Begriff .................................................................................................................... 4
       2.2 Wirtschaftliche und gesellschaftliche Betrachtung .................................................. 4
       2.3 Normative Betrachtung und Regulierung ............................................................... 5
Teil B: Stiftungs- und Steuerrecht ......................................................................................... 6
  3 Stiftungsrecht................................................................................................................. 6
     3.1 Gesetzliche Grundlagen ......................................................................................... 6
       3.2 Praxis der Stiftungsaufsichtsbehörden .................................................................... 6
       3.3 Prüfgegenstand und alltägliche Probleme ............................................................... 7
       3.4 Entschädigungen im Einzelnen .............................................................................. 9
           3.4.1 Entschädigungen für ordentliche („strategische“) Aufgaben ............................. 9
           3.4.2 Entschädigungen für ausserordentliche („operative“) Tätigkeiten .................... 9
           3.4.3 Spesen und Aufwandsentschädigungen ..........................................................10
   4 Steuerrecht ................................................................................................................... 11
      4.1 Gesetzliche Grundlagen ........................................................................................11
       4.2 Praxis der kantonalen Steuerbehörden ..................................................................11
       4.3 Entschädigungen im Einzelnen .............................................................................13
           4.3.1 Entschädigungen für ordentliche („strategische“) Aufgaben ............................13
           4.3.2 Entschädigungen für ausserordentliche („operative“) Tätigkeiten ...................15
           4.3.3 Spesen und Aufwandsentschädigungen ..........................................................16
       4.4 Sonderregelungen für unternehmensähnliche Nonprofit-Organisationen ..............16
       4.5 Monetäre Entschädigungen und Doppelmandate..................................................17
Teil C: Private Normen, Soft Law ....................................................................................... 19
  5 Rechnungslegungsnormen ........................................................................................... 19
     5.1 Swiss GAAP FER ..................................................................................................19
           5.1.1 Rechnungslegung für gemeinnützige, soziale Nonprofit-Organisationen
           (Swiss GAAP FER 21) ............................................................................................19
           5.1.2 Transaktionen mit nahestehenden Personen (Swiss GAAP FER 15) ...............20
       5.2 Aktienrechtliche Bestimmungen als Benchmark (Art. 663bbis OR) ........................22
   6 Branchenempfehlungen ............................................................................................... 23
     6.1 Reglement über das Zewo-Gütesiegel ....................................................................23

                                                                                                                                   V
6.2 Swiss Foundation Code ........................................................................................ 24
        6.3 Swiss NPO-Code .................................................................................................. 25
        6.4 Ehrenkodex der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA) .............................. 26
TEIL D: Diskussion ........................................................................................................... 29
  7 Aspekte und Perspektiven in Thesenform .................................................................... 29
TEIL E: Entschädigungssystem ........................................................................................... 33
  8 Anforderungen an das Entschädigungssystem von Nonprofit-Organisationen .............. 33
    8.1 Bereiche eines Entschädigungs-systems ................................................................. 33
            8.1.1 Verantwortung innerhalb der Organisation ................................................... 33
            8.1.2 Transparenz und Offenlegung der monetären und nicht monetären
            Entschädigungen .................................................................................................... 34
            8.1.3 Struktur des Entschädigungssystems .............................................................. 34
            8.1.4 Höhe der Entschädigungen ............................................................................ 34
            8.1.5 Kompetenzen im Rahmen der Entschädigungspolitik .................................... 35
        8.2 Umsetzung eines Entschädigungssystems .............................................................. 35
     9 Checkliste .................................................................................................................... 36
       9.1 Für alle Organisationen relevant ........................................................................... 36
        9.2 Für Organisationen relevant, welche monetäre Entschädigungen an die
        obersten Leitungsorgane ausrichten............................................................................. 38
        9.3 Für Organisationen relevant, welche keine monetäre Entschädigungen an die
        obersten Leitungsorgane vorsehen ............................................................................... 40
     Literaturverzeichnis ......................................................................................................... 42
     Anhang ........................................................................................................................... 45
        Anhang I: Fragebogen Stiftungsaufsicht Kanton Basel-Stadt ....................................... 45
        Anhang II: Fragebogen Steuerbehörden Kanton Luzern .............................................. 45
        Anhang III: Steuerbefreiung juristischer Personen, die öffentliche oder gemein-
        nützige Zwecke oder Kultuszwecke verfolgen – Abzugsfähigkeit von Zuwendungen ... 45
        Anhang IV: Muster-Spesenreglemente für Unternehmen und für Non-Profit-
        Organisationen (Kreisschreiben 25 – vom 18. Januar 2008, Auszug) .......................... 57

VI
GELEITWORT

Geleitwort

Der Begriff „Ehrenamt“ ist etwas aus der    ben gegenüber. Diese ergibt sich einerseits
Mode gekommen. Die Bedeutung ist aber       aus neuen gesetzlichen Vorschriften (z.B.
auch heute noch aktuell. Die Übernahme      Revisionsrecht) sowie andererseits als
einer gewählten Leistungsfunktion in        Folge der verstärkten Professionalisierung
einer Nonprofit-Organisation (NPO) ist      im Dritten Sektor. Die Anforderungen an
noch immer mit Prestige, Anerkennung        den Vorstand selbst mittelgrosser NPO
und eben Ehre verbunden.                    stehen denen eines Verwaltungsrates einer
                                            AG kaum mehr nach!
Ohne freiwilliges, unentgeltliches Enga-
gement in Vorständen und Stiftungsräten     Es ist daher gerechtfertigt, die prinzipielle
wären viele Leistungen und Angebote von     Unentgeltlichkeit des Ehrenamtes zur
NPO gar nicht zu finanzieren. Ebenso        Diskussion zu stellen. Mit Kaspar Müller
könnten sich viele NPO das in ihren Lei-    und Daniel Zöbeli haben sich zwei pro-
tungsgremien versammelte Fach- und          funde Kenner der Schweizer NPO-
Expertenwissen niemals zu Marktpreisen      Landschaft zur Aufgabe gemacht, eine
leisten. Umgekehrt ist es für viele Men-    breit abgestützte Diskussionsgrundlage zu
schen ein grosses Bedürfnis, ihr Fachwis-   diesem Thema zu erstellen. Ihnen sei an
sen auch im gesellschaftlich-sozialen Um-   dieser Stelle herzlich für Ihre umfassende
feld einzusetzen.                           und präzise Aufarbeitung des Themas
                                            gedankt.
Die Entwicklungen der letzten Jahre ge-
ben jedoch Anlass, die Beschaffenheit des   Diese Publikation ist daher keineswegs als
Ehrenamtes auf den Prüfstand zu stellen.    eine Anleitung zur Entschädigung von
Erstens gibt es heute deutlich mehr NPO     Ehrenamtlichen zu verstehen. Vielmehr
als noch vor zwanzig Jahren und zweitens    soll sie NPO helfen, Entscheidungssicher-
nehmen die Anforderungen an Vorstände       heit zu gewinnen und Gestaltungsspiel-
und Stiftungsräte zu.                       räume zu erkennen. Die Freiwilligkeit ist
                                            und bleibt eines der zentralen Wesens-
In der Schweiz gibt es aktuell ca. 12‘500   merkmale von Nonprofit-Organisationen
Stiftungen, 76‘000 Vereine und 10‘000       (NPO). Jedoch widerspricht es der Viel-
Genossenschaften, die alle von ehrenamt-    falt der NPO und der zunehmenden Ver-
lich geführten Vorständen und Stiftungs-    zahnung der Gesellschaftssektoren, wenn
räten geführt werden. Alleine bei den       ein spezifisches Gremium uniform und
Stiftungen ergibt sich dadurch ein Bedarf   kategorisch betrachtet wird.
an über 76‘000 Stiftungsräten!

Dem steigenden Bedarf an Aktiven steht      Basel im März 2012
eine zunehmende Komplexität der Aufga-      Prof. Dr. Georg von Schnurbein

                                                                                  VII
VIII
MANAGEMENT SUMMARY

Management Summary

Das Ziel des vorliegenden Beitrags soll sein,      Nach einer verbreiteten Meinung sind die
einen Beitrag zur Stärkung des Nonprofit-          Steuerbehörden besonders restriktiv bezüg-
Sektors zu leisten.                                lich der Einhaltung des Ehrenamtlichkeits-
                                                   prinzip bei den obersten NPO-
Die Diskussion über Entschädigungen an             Leitungsorganen. Eine zweite Umfrage
die obersten Leitungsorgane von NPO                zeigt jedoch, dass entsprechende Entschädi-
gewinnt seit Jahren an Bedeutung und wird          gungen selten ein entscheidendes Kriterium
kontrovers geführt. Nach dem heute gel-            bei der Steuerbefreiung sind, allerdings ist
tenden Paradigma erhalten die meisten              die Praxis in den einzelnen Kantonen sehr
Stiftungsräte und Vereinsvorstände nur             unterschiedlich.
Spesenersatz. Die Autoren kommen zum
Schluss, dass die Thematik vor allem im            Sowohl gesellschaftspolitische als auch be-
Interesse der betroffenen Institutionen            triebswirtschaftliche Überlegungen spre-
differenziert beurteilt werden muss.               chen dafür, dass differenzierte Entlohnun-
                                                   gen der obstersten Leitungsorgane vertret-
Die Entschädigungsfrage wird im gegen-             bar oder sogar erwünscht sind. Dies unter
wärtigen Stiftungs- und Vereinsrecht nicht         der Voraussetzung, dass das Entschädi-
direkt behandelt. In der juristischen Lehre        gungssystem angemessen, transparent sowie
wird teilweise noch immer die traditionelle        leistungsgerecht ist. Dafür sind organisati-
Auffassung vertreten, dass die obersten            onsintern Grundsätze und Regeln aufzustel-
Leitungsorgane grundsätzlich unentgeltlich         len, die nicht nur den betroffenen Organen,
tätig sein sollten. Demgegenüber nehmen            sondern allen wichtigen Anspruchsgruppen
die wichtigen privaten NPO-Standards               bekannt gemacht werden. Zudem gehört es
eingehender zum Thema Stellung, wobei              in den Verantwortungsbereich der leiten-
noch keine unité de doctrine festzustellen ist.    den Organe, das Entschädigungssystem
                                                   periodisch zu überprüfen und zur Diskussi-
Eine Umfrage der Verfasser bei den wich-           on zu stellen. Entscheidend ist zuletzt, dass
tigsten Stiftungsaufsichtsbehörden unter-          das gewählte Modell die Umsetzung des
streicht die Tendenz zur Professionalisie-         Organisationszwecks fördert und der indi-
rung – so gehen vor allem grosse Stiftun-          viduellen Situation der betreffenden NPO
gen vermehrt dazu über, ihre Leitungsorga-         angepasst ist. Eine jährliche und transpa-
ne durch bezahlte Geschäftsführer zu ent-          rente Berichterstattung über die Entloh-
lasten. Die Untersuchungsergebnisse zeigen         nungspolitik im Geschäftsbericht soll weiter
aber auch, dass offensichtliche Missbräuche        dafür sorgen, dass alle wichtigen NPO-
bei Stiftungsratsentschädigungen selten            Stakeholder (z.B. Spender, Stifter, Gönner,
sind.                                              Subventionsbehörden, steuerbefreiender
                                                   Staat, Öffentlichkeit) die Entschädigungen
                                                   im Einzelnen beurteilen und allfällige Kon-
                                                   sequenzen daraus ziehen können.

                                                                                           1
A

Teil A: Einleitung

1 Grundsätzliches und Aufbau der                 gungen verlassen kann, die ihm dauerhaft
Publikation                                      ein erfolgreiches Wirken erlauben. Dazu
                                                 gehören neben einem förderlichen Steuer-
Ohne Nonprofit-Organisationen (NPO)              regime ausreichende finanzielle Ressourcen,
kann eine soziale Marktwirtschaft nicht          Schulungs- und Weiterbildungsmöglichkei-
funktionieren. Der sog. „Dritte Sektor“ ist      ten sowie genügend motivierte und qualifi-
für jede Volkswirtschaft ein äusserst wichti-    zierte Personen, die sich als Organmitglied
ger Wirtschaftszweig und trägt massgeblich       zur Verfügung stellen. Wenn der dritte
zum Funktionieren des gesellschaftlich-          Sektor seine wichtigen Funktionen auch in
wirtschaftlichen Systems bei. Er übernimmt       Zukunft wahrnehmen will, müssen weiter-
viele Aufgaben, die aufgrund der Externali-      hin sehr viele Personen bereit sein, sich in
sierung von Kosten durch gewinnorientier-        einer verbindlichen Form gemeinnützig zu
te Unternehmen oder Konsumenten ent-             engagieren und dabei ein Grossteil der Ver-
stehen. Dazu gehören besonders ökologi-          antwortung zu übernehmen.
sche, soziale und kulturelle Kosten. NPO
übernehmen also einen bedeutenden Teil           Ziel dieses Exposés ist es, einen Beitrag zur
jener gesellschaftlichen Lasten, für die an-     Stärkung des Nonprofit-Sektors zu leisten.
sonsten niemand die Verantwortung über-          Im Mittelpunkt der Überlegungen stehen
nehmen will. Sie sind wichtige Arbeitgeber,      die obersten Führungsorgane wie Stiftungs-
die in der Schweiz rund 180'000 Arbeits-         räte, Vereinsvorstände oder Verwaltungsrä-
plätze anbieten (umgerechnet in Vollzeit-        te gemeinnütziger Aktiengesellschaften, die
stellen) – dies entspricht ca. 4.5 Prozent des   meist ehrenamtlich tätig sind. Es ist zu
nationalen Arbeitsvolumens. Ehrenamtliche        diskutieren, inwiefern finanzielle Entschä-
und Freiwillige erbringen zusätzliche Ar-        digungen dort vertretbar oder sogar not-
beitsleistungen, die rund 80'000 Vollzeit-       wendig sind. In diesem Zusammenhang ist
stellen entsprechen. 1
                    F
                                                 zu berücksichtigen, dass unsystematische
                                                 oder intransparente Entlohnungssysteme zu
An zukünftigen Aufgaben, in der betriebs-        negativen Folgen für die NPO führen. Die
wirtschaftlichen Terminologie würde man          Autoren sind sich zudem bewusst, dass die
am ehesten von „Marktpotenzial“ sprechen,        meisten NPO mangels ausreichendem
wird es den Nonprofit-Organisationen             Vermögen keine (grossen) Entschädigungen
nicht fehlen. Im Gegenteil, es kommen            ausrichten könnten.
laufend neue dazu – dies besonders in jenen
Bereichen, aus denen sich der Staat aus          Die Anforderungen können auf zwei Ebe-
Spargründen zurückziehen muss. Es ist            nen behandelt werden. Erstens steht die
deshalb von grosser Bedeutung, dass sich         Frage im Zentrum, ob Ehrenamtlichkeit
der Nonprofit-Sektor auf Rahmenbedin-            zwingend mit einem Entschädigungsver-
                                                 zicht verknüpft sein muss (Governance-
1
 Quelle: Helmig/ Lichsteiner/ Gmür, 2010,        Perspektive). Aus diesem Blickwinkel ist das
S. 147 (Indikatoren für das Jahr 2005).          Entschädigungssystem insbesondere für

2
EINLEITUNG

jene Personen von grossem Interesse, die       Standards. Deshalb werden nach den all-
substanzielle Opfer in Form von Spenden,       gemeinen Betrachtungen zur Ehrenamt-
Stiftungen oder Zustiftungen erbringen,        lichkeit (Kapitel 2) auch die gesetzlichen
ohne dass sie dafür eine adäquate Gegen-       Grundlagen („hard law“) sowie die gegen-
leistung verlangen. Dabei ist zu berücksich-   wärtige Praxis von Stiftungsaufsichts- und
tigen, dass angemessene Entschädigungen        Steuerbehörden (Kapitel 3 und 4) erläutert.
auch im Interesse von NPO und Spender          Anschliessend werden die privaten Normen
sind, solange die Gegenleistung Sinn macht     und Empfehlungen („soft law“) wie Swiss
und zu attraktiven Bedingungen erbracht        GAAP FER 21, Zewo-Gütesiegelreglement,
wird. Zur zweiten Ebene gehören Fragen         Swiss Foundation Code, NPO-Code sowie
bezüglich der Struktur des Entschädigungs-     SEA-Ehrenkodex besprochen (Kapitel 5
systems sowie der nötigen Transparenz.         und 6). Kapitel 7 und 8 fassen die wichtigs-
                                               ten Aspekte in Thesenform zusammen und
Zur Entschädigung der obersten NPO-            beschreiben die Anforderungen an ein Ent-
Führungsorgane gibt es in der Schweiz          schädigungssystem. Im Kapitel 9 wird das
bereits einige Vorschriften, sie decken aber   Wichtigste in Form einer Checkliste zu-
bei Weitem nicht die ganze Problematik ab.     sammengefasst.
Gleiches gilt für die ergänzenden privaten

                                                                                      3
A

2 Ehrenamtlichkeit                                dest gefordert, dass die gemeinnützige Tä-
                                                  tigkeit nicht zentral auf ein Entgelt ausge-
2.1 Begriff                                       richtet sei. Dabei geht oft vergessen, dass es
                                                  in der Praxis diverse weitere Möglichkeiten
Die Motivation, neben der Erwerbsarbeit
                                                  gibt, den Ehrenamtlichen geldwerte Ent-
auch ehrenamtlich tätig zu sein, entspringt                                             4
                                                  schädigungen zukommen zu lassen, so z.B.
dem freien Willen und widerspiegelt eine
                                                                                              F   F

                                                  in Form von Warengeschenken, speziellen
persönliche Grundhaltung gegenüber der
                                                  Rabatten, besonderen Vorteilen (z.B. Gra-
Gesellschaft. Schon der Begriff macht klar,
                                                  tisferien im Clubhaus) oder sonstigen un-
dass es eine Ehre ist, für die Öffentlichkeit
                                                  entgeltlichen Dienstleistungen (z.B. bezahl-
tätig zu sein, und dass diese Ehre nicht je-
                                                  te Weiterbildung). Auch aus motivations-
dermann zuteilwird. Die Gesellschaft wird
                                                  psychologischer Sicht handeln Freiwillige
solche Ämter nur jenen Personen anver-
                                                  nicht grundsätzlich selbstlos. Die erwarte-
trauen, denen sie Vertrauen entgegenbringt,
                                                  ten Belohnungen, gelegentlich auch als sog.
und die Entschädigung für die geleistete
                                                  „Lohnsurrogate“ bezeichnet, sind einfach
Arbeit ist primär die „erlangte Ehre“.
                                                  komplexer, individueller und für Aussen-
                                                                                      5
                                                  stehende oftmals nicht erkennbar. Als
Der Duden bezeichnet das Ehrenamt als
                                                                                      F   F

                                                  Gründe, sich nichtmonetär zu engagieren,
„ein ehrenvolles, besonders öffentliches
                                                  kommen in erster Linie intrinsische Motive
Amt, das überwiegend unentgeltlich ausge-
                                                  (interessante, selbstverwirklichende Arbeit),
übt wird“. 2 Die reine Ehrenamtlichkeit, die
           F   F

                                                  Selbsterfahrung, Macht, Karriere, Gesellig-
ohne jegliche finanzielle Anreize auskommt,                                                  6
                                                  keit sowie Karriereüberlegungen infrage.
hat sich im Laufe der Zeit aber stark vom
                                                                                                      F   F

politischen Amt in den Nonprofit-Bereich          2.2 Wirtschaftliche und gesellschaftliche
verlagert. Heutzutage werden Milizbehör-          Betrachtung
den in politischen sowie in Schul- und
                                                  In einer zusehends ökonomisierten Welt
Kirchgemeinden, wenn auch nicht fürst-
                                                  suchen immer mehr Leute nach einer Tä-
lich, so doch entschädigt. Diese Entwick-
                                                  tigkeit, bei der sie ihre gesellschaftliche
lung wird dadurch verstärkt, dass politische
                                                  Verantwortung einbringen und einen tiefe-
Nebenämter vermehrt reguliert, vereinheit-        ren Sinn erfahren können. Ehrenamtliche
licht sowie zentralisiert werden (so z.B.         Tätigkeiten in den Leitungsorganen von
aktuell in den kommunalen Bereichen Kin-          Nonprofit-Organisationen bieten viele
derschutz, Fürsorge und Soziales).                unterschiedliche Möglichkeiten an. Manche
                                                  werden sich das leisten wollen, aber immer
In der ökonomischen Literatur wird das            weniger Leute werden sich dies in Zukunft
Ehrenamt oft mit dem grundsätzlichen              leisten können. Der Anteil des Arbeitsein-
Fehlen einer monetären Vergütung in Ver-          kommens im Vergleich zum Kapitalein-
                 3                                kommen ist entscheidend. Ein gesellschaft-
bindung gebracht. Oder es wird zumin-
                   F   F

2
  Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6.        4
                                                    Vgl. z.B. Krönes, 2008, S. 13.
überarbeitete Auflage, Mannheim/ Leipzig/         5
                                                    Vgl. Güntert/ Gentile/ Wehner, 2007,
Wien/ Zürich 2006.                                S. 78ff.; oder Krönes, 2004, S. 33.
3
  Vgl. z.B. Grötker, 2009, S. 122; oder Wehner/   6
                                                    Vgl. dazu z.B. Güntert/ Gentile/ Wehner,
Mieg/ Güntert, 2006, S. 1ff.                      2007, S. 79.

4
EINLEITUNG

liches System, wie es früher ausgeprägter      NPO „beteiligt“ ist. Bei allen NPO-
der Fall gewesen war und bei dem einige        Stakeholdern ist Ehrenamtlichkeit ein zent-
ihren Lebensunterhalt vor allem aus dem        rales Thema und wird dementsprechend oft
Kapitaleinkommen bestritten haben und          gefordert, allerdings in unterschiedlicher
andere aus dem Arbeitseinkommen, ermög-        Ausprägung. Sie pochen zu Recht auf die
licht es primär der ersten Gruppe, unent-      Einhaltung gewisser Kriterien bezüglich der
geltlich tätig zu sein. Ohne Entschädigung     Ehrenamtlichkeit als Bedingung für ihre
zu arbeiten, wird jedoch für viele Interes-    eigene Leistung
sierte immer unerschwinglicher. Das hängt
                                               Können oder wollen?
damit zusammen, dass die individuelle
                                               Empfehlung 7 des „Swiss Foundation
Einbindung in die Erwerbsarbeit aufgrund
                                               Code“: Die Frage, ob sich genügend Eh-
des wirtschaftlichen Wandels und der zu-
                                               renamtliche zur Verfügung stellen können,
nehmenden Alterung der Bevölkerung um-
                                               zeigt sich sehr gut in der Entwicklung der
fassender geworden ist. Infolge steigender
                                               Empfehlung 7 des „Swiss Foundation Co-
Lebensarbeitszeiten bei gleichzeitig sinken-
                                               de“, die sich zur Honorierung der obersten
den Renten und stagnierenden Einkommen
                                               Führungsorgane wie folgt äussert:
werden sich künftig wahrscheinlich weniger
                                               „Die Mitglieder des Stiftungsrates sind ange-
Ehrenamtliche zur Verfügung stellen kön-
                                               messen zu honorieren, sofern die Mittel der
nen. Es gibt also eine Diskrepanz zwischen
                                               Stiftung dies erlauben und die Mitglieder des
dem individuellen Wunsch zum unbezahl-
                                               Stiftungsrates nicht ehrenamtlich tätig sein
ten Engagement und der situativen öko-
                                               können.“ 7     F   F

nomischer Realität (siehe Kasten).
                                               Mit „können“ ist in erster Linie das öko-
                                               nomische Umfeld gemeint. Damit genü-
2.3 Normative Betrachtung und
                                               gend Kandidatinnen und Kandidaten zur
Regulierung
                                               Verfügung stehen, eben „können“, kann die
Darf man Ehrenamtlichkeit überhaupt            Ehrenamtlichkeit mit einer Honorierung
vorschreiben oder regulieren? Wer freiwillig   verbunden werden, wenn diese den Interes-
arbeitet, sollte dies doch bezüglich Inhalt,   sierten sonst nicht möglich wäre. In seiner
Zeitaufwand und Entschädigung so tun           ersten Fassung aus dem Jahre 2005 macht
können, wie er es für richtig erachtet. Ist    der Swiss Foundation Code die Honorie-
der Versuch, Freiwilligkeit zu regeln, nicht   rung noch davon abhängig, ob die Mitglie-
ein Widerspruch in sich? In der Tat            der „ehrenamtlich tätig sein wollen oder
schränkt dies die persönliche Handlungsau-     nicht“. 8 Im Wechsel vom „wollen“ zum
                                                      F   F

tonomie ein und strapaziert die Motivation     „können“ kommt die neue Dimension der
der Freiwilligen. Allerdings gilt es, nicht    Entschädigungsdebatte für Nonprofit-
nur die Perspektive der Ehrenamtlichen zu      Organisationen zum Ausdruck (vgl. Kap.
berücksichtigen. Freiwilligenarbeit muss       6.2).
auch im Einklang mit den Governance-
Anforderungen an NPO stehen. Diese er-         7
                                                 Swiss Foundation Code 2009, Empfehlung 7,
geben sich aus den mannigfaltigen gesetzli-    S. 58.
chen Vorschriften sowie den Anforderun-        8
                                                 Swiss Foundation Code 2005; Empfehlung 7,
gen von privaten Zuwendern und öffentli-       S. 22: „Die Mitglieder des Stiftungsrates sind
chen Leistungsfinanzierern. Nicht vergessen    angemessen zu honorieren, sofern die Mittel der
                                               Stiftung dies erlauben und die Mitglieder des
werden darf die Bevölkerung, die zumin-
                                               Stiftungsrates nicht ehrenamtlich tätig sein
dest indirekt an sämtlichen steuerbefreiten
                                               wollen.“

                                                                                         5
B

Teil B: Stiftungs- und Steuerrecht

3 Stiftungsrecht                                      Befürwortern einer massvollen Entschädi-
                                                      gung scheint sich der Konsens durchgesetzt
3.1 Gesetzliche Grundlagen                            zu haben, dass allfällige Entschädigungen
                                                      „aufgrund sachlich nachvollziehbarer, will-
Die Entschädigungsfrage wird im gegen-
                                                      kürfreier und transparenter Bemessungskri-
wärtigen Stiftungsrecht, d.h. in den Art.
                                                      terien“ 14 zu erfolgen haben. Nach Alex
80ff. ZGB, nicht direkt behandelt. Teilwei-
                                                             F   F

                                                      Fischer versteht es sich „dabei von selbst,
se wird in der Lehre noch immer die tradi-
                                                      dass das Stiftungsratsmitglied einer ge-
tionelle Auffassung vertreten, dass Stif-
                                                      meinnützigen Stiftung seine Zeit und seine
tungsräte grundsätzlich ehrenamtlich tätig
                                                      Fähigkeiten teilweise unentgeltlich, in je-
sein sollten. 9 Allerdings ist „das Ehrenamt“
             F   F

                                                      dem Fall aber nicht zu Marktpreisen ver-
ein unbestimmter Rechtsbegriff: Weder ist
                                                      rechnen kann“. 15
im Gesetz ein unentgeltliches Wirken für
                                                                      F   F

die obersten Leitungsorgane generell vorge-
                                                      In der Lehre ist unbestritten, dass Boni
schrieben, noch findet man in der juristi-
                                                      (z.B. aufgrund guter Sammelergebnisse),
schen Literatur eine allgemeingültige Defi-
                                                      Vermittlerprovisionen (z.B. in der Vermö-
nition.
                                                      gensverwaltung) oder ungerechtfertigt hohe
                                                      Funktionspauschalen (z.B. für Stiftungs-
Im Zuge der fortschreitenden Professionali-
                                                      ratspräsidenten) abzulehnen sind. 16 Spesen
sierung des schweizerischen Stiftungswesens
                                                                                         F   F

                                                      und Barauslagen, soweit diese im Sinne des
werden in der Lehre auch Stimmen laut,
                                                      Stiftungszwecks sind, sind demgegenüber
die eine massvolle Entschädigung für ge-
                                                      allgemein akzeptiert. 17
rechtfertigt halten. 10 So wird argumentiert,
                                                                              F   F

                             F   F

dass es ansonsten schwierig sei, genügend             3.2 Praxis der Stiftungsaufsichts-
kompetente Stiftungsräte zu finden. 11 Zu-
                                      F   F

                                                      behörden
dem setze man sich mit der Mandatsan-
nahme auch persönlichen Risiken aus. 12       F   F
                                                      Grundsätzlich müssen die Aufsichtsbehör-
Auch wenn es letztlich viel braucht, bis              den dafür sorgen, dass das Stiftungsvermö-
Stiftungsorgane zivil- oder strafrechtlich            gen dem gemeinnützigen Zweck entspre-
belangt werden, 13 können mögliche Repu-
                     F   F
                                                      chend verwendet wird (Art. 84 Abs. 2
tationsschäden gross sein, so z.B. bei Insti-         ZGB) und dass dafür eine geeignete Orga-
tutionen im öffentlichen Fokus. Bei den               nisation aufgebaut wird (Art. 83d ZGB).
                                                      Eine sachgerechte Organisation verursacht
                                                      naturgemäss Verwaltungsaufwand. Dieser
9
  Vgl. dazu insbesondere Baumann Lorant,              steigt mit der Grösse der Institution und
2010, S. 3.
10
   Vgl. Baumann Lorant, 2010, S. 3; Degen,
2010, S. 112f.; oder Grüninger, 2010, S. 575.         14
                                                         Schmid/ Hauser, 2007, S. 49. (Quervergleich
11
   Vgl. Purtschert/ von Schnurbein/ Bayard,           zu Genossenschaften)
2006, S. 6ff.                                         15
                                                         Fischer, 2006, S. 667.
12
   Vgl. z.B. Fischer, 2006, S. 668ff.                 16
                                                         Vgl. Fischer, 2006, S. 666.
13
   Vgl. z.B. Fischer, 2006, S. 668ff.                 17
                                                         Vgl. dazu Baumann Lorant, 2010, S. 3.

6
STIFTUNGS- UND STEUERRECHT

Komplexität der Verhältnisse. Gerade bei            erfolgt. Ausgenommen hiervon sind der Ersatz
kleineren Stiftungen ist der Stiftungsrat in        von effektiven Aufwendungen, von Spesen
grossem Masse selbst operativ tätig, womit          oder Barauslagen. Es ist allerdings nicht zu
es speziell bei diesen zu einem Zielkonflikt        verkennen, dass im heutigen Umfeld und
zwischen Ehrenamtlichkeit, der notwendi-            abhängig von der Grösse und vom Tätigkeits-
gen Professionalität und einer sachgerech-          bereich die Führung von Stiftungen den Ein-
ten Organisation kommen kann.                       satz von professionellen Kräften verlangt. Vor
                                                    diesem Hintergrund kann auf Grund einer
Damit eine (massvolle) Entlohnung von               reglementarischen Grundlage auch ein mode-
Stiftungsräten zulässig ist, verlangen die          rates, das übliche Mass nicht übersteigendes
Behörden mangels gesetzlicher Bestimmung            Sitzungsgeld festgelegt werden. Sind im Ein-
eine Rechtsgrundlage in der Stiftungsur-            zelfall Fachkenntnisse und besonders zeitauf-
kunde oder in einem Reglement. 18 Falls
                                    F   F           wendige Arbeitsleistungen gefordert, die ein-
keine solche besteht, kommt das Auftrags-           zelne Mitglieder eines Stiftungsrates über die
recht analog zur Anwendung, das eine Ent-           reine Sitzungsarbeit hinaus für die Stiftung
schädigung nur bei Verabredung oder Üb-             erbringen und welche sonst bei Dritten einge-
lichkeit vorsieht (Art. 394 Abs. 3 OR). 19  F   F   kauft werden müssten, so können entspre-
Generell scheinen die Aufsichtsbehörden in          chende Aufträge zu marktüblichen Konditio-
den letzten Jahren gegenüber Stiftungsrats-         nen auch an Mitglieder des Stiftungsrats er-
entschädigungen offener geworden zu sein,           teilt werden. Dabei ist indessen sehr sorgfältig
was eine entsprechende Stellungnahme aus            auf die Vermeidung von Interessenkonflikten
dem Kanton Basel-Stadt illustriert:                 zu achten.“
Entschädigung aus „moderner“ Sicht der              3.3 Prüfgegenstand und alltägliche
Aufsichtsbehörde                                    Probleme
Basel-Stadt: 20 „Die Entschädigung bzw. die
             F   F

Honorierung des Stiftungsrats ist ein Thema,        Die Ausführungen in den folgenden Kapi-
welches in jüngerer Zeit vermehrt zu Bemer-         teln stützen sich auf eine qualitative schrift-
kungen bzw. Diskussionen Anlass gibt. Wir           liche Befragung, die Daniel Zöbeli in der
benutzen deshalb die Gelegenheit, auf den           ersten Hälfte des Jahres 2011 an der Fern-
Grundsatz der Angemessenheit solcher Ent-           fachhochschule Schweiz (FFHS) bei den
schädigungen einzugehen und den Stand-              Deutschschweizer Stiftungsaufsichtsbehör-
punkt der Stiftungsaufsicht darzulegen: Im          den durchgeführt hat (vgl. Anhang I). 21 F

Grundsatz ist davon auszugehen, dass die
Tätigkeit in einem Stiftungsrat ehrenamtlich        Die behördliche Plausibilisierung der Stif-
                                                    tungsratshonorare erfolgt in der Regel bei
                                                    der Sichtung der eingereichten Jahresrech-
18
   Vgl. Baumann Lorant, 2010, S. 5.
19
   Vgl. Baumann Lorant, 2010, S. 2.
20
   Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kan-      21
                                                      Es haben sich die Aufsichtsbehörden folgen-
tons Basel-Stadt, Aufsichtsbehörde BVG und          der Regionen daran beteiligt: Aargau, Basel-
Stiftungsaufsicht, Informationsschreiben betref-    Land, Basel-Stadt, Bern, Graubünden, Ost-
fend die Berichterstattung 2010 an die Auf-         schweiz, Schaffhausen, Solothurn, Waadt, Zent-
sichtsbehörde und gesetzliche Neuerungen,           ralschweiz (ZSBA), Zürich sowie die eidgenössi-
Basel, Februar 2011.                                schen Stiftungsaufsicht.

                                                                                                 7
B

nung, insbesondere bei der Beurteilung der         Missverhältnis der Entschädigungen zu den
administrativen Aufwendungen. Dabei                oben erwähnten Bezugsgrössen besteht,
wirkt bereits die überschlagsmässige Prü-          wird in der Regel ein detaillierter Nachweis
fung als wirksames Präventionsmittel –             über die erbrachten Leistungen, den Zweck
dementsprechend selten muss die Eskalati-          sowie die Angemessenheit verlangt. Einige
onsstufe der repressiven Aufsichtsmittel           Aufsichtsbehörden orientieren sich mangels
(Einforderungen von Zusatzunterlagen,              stiftungsrechtlicher Grundlagen auch am
Ermahnungen, Vorladungen, Abberufung               entsprechenden Rundschreiben der Schwei-
von Stiftungsräten und Beauftragung von            zerischen Steuerkonferenz (vgl. Kap. 4.2),
Sachwaltern, Aufhebung der Stiftung) be-           was unseres Erachtens als kritisch zu be-
schritten werden. 22
                   F                               trachten ist.
Da die Stiftungsratshonorare gemäss gel-
tendem Gesetz in der Jahresrechnung nicht          Die Umfrageergebnisse lassen den Schluss
als eigene Position ausgewiesen werden             zu, dass schwerwiegende Missbräuche bei
müssen, 23 verlangen einige Aufsichtsbehör-
        F   F                                      Entschädigungen selten sind. So wurde nur
den, diese im Anhang anzugeben und spe-            ein besonders gravierender Fall geschildert,
ziell zu erläutern (z.B. Kategorisierung von       bei dem sich ein Präsident als Autor einer
Entschädigungsarten und -empfängern,               Stiftungsfestschrift CHF 100‘000.– auszah-
Begründung von Sonderaufwand). Grund-              len liess. Wenn überhaupt, dann seien in
sätzlich müsse transparent gemacht werden,         erster Linie vermögende Stiftungen von
inwiefern mittels Pauschale, Zeiterfassung         negativen Vorkommnissen betroffen, wobei
oder speziellem Auftrag abgerechnet wird.          Interessenskonflikte, Ämterkumulation
In der Regel klären die Behörden stichpro-         sowie ein fehlendes internes Kontrollsystem
benweise ab, ob die entsprechenden stif-           (IKS) die jeweiligen Probleme verschärften.
tungsinternen Rechtsgrundlagen vorliegen.          Auf behördlicher Seite ist man doppelt
Die Angemessenheit der Entschädigungen             gefordert. Einerseits ist weder im Gesetz
wird v.a. in Relation zur statutarischen           noch in den Ausführungserlassen der Auf-
Tätigkeit, den Stiftungsmitteln, dem Ge-           sichtsregionen definiert, wo die Grenze
samtaufwand und zur Grösse der Stiftung            zum Missbrauch liegt (Definitionsprob-
beurteilt, wobei auch die Höhe der gesam-          lem). Andererseits ist es für die Aufsichts-
ten administrativen Kosten eine Rolle              behörde aufgrund fehlender Daten und
spielt. So wurde exemplarisch darauf hin-          knapper Ressourcen in der Regel schwierig,
gewiesen, dass es sicherlich nicht verhält-        Ungereimtheiten zu entdecken (Informati-
nismässig sei, wenn einem jährlichen Aus-          onsproblem). In der Praxis kann man da-
schüttungsvolumen der gleiche Betrag an            von ausgehen, dass die schwerwiegenden
Verwaltungsaufwendungen gegenüberste-              Fälle von Entschädigungsmissbrauch in der
hen würde. Wenn ein offensichtliches               Regel ausserhalb der Geschäftsbücher statt-
                                                   finden und daher erst im Rahmen von
22
   Vgl. z.B. Zentralschweizer BVG- und Stif-       Strafuntersuchungen aufgedeckt werden.
tungsaufsicht (ZBSA): Ausführungsbestimmun-
gen betreffend die Aufsicht über die Stiftungen,
16. September 2005, § 6: Aufsichtsmittel.
23
   Vgl. Zöbeli/Neubert, 2009, S. 97f.

8
STIFTUNGS- UND STEUERRECHT

3.4 Entschädigungen im Einzelnen                  (noch) keine stiftungsinterne Rechtsgrund-
                                                  lage existiert.
3.4.1 Entschädigungen für ordentliche
(„strategische“) Aufgaben
                                                  Sieht das Stiftungsreglement Sitzungsgelder
Grundsätzlich sind die Aufsichtsbehörden          sowie nach Verantwortlichkeit abgestufte
gegenüber (fixen) Funktionsentschädigun-          Pauschalentschädigungen vor, dürfen diese
gen und Sitzungsgeldern umso kritischer, je       nicht im Widerspruch zur Stiftungsurkun-
höher diese sind. Im Allgemeinen ist man          de stehen. Ein Blick hin zu Stiftungen der
der Meinung, dass bei den üblichen Stif-          beruflichen Vorsorge lässt vermuten, dass
tungsratstätigkeiten der Grundsatz der Eh-        die Aufsichtsbehörden in dieser Beziehung
renamtlichkeit besonders hoch zu gewich-          auch bei den gemeinnützigen Stiftungen
ten sei, ausser das Stiftungsstatut bestimme      nicht unnötig restriktiv sind. So sind im
explizit etwas anderes. Gelegentlich verweist     BVG-Bereich moderate Funktionsentschä-
man auf die Praxis der Steuerbehörden, die        digungen von Stiftungsräten sowie Sit-
diesbezüglich eher strenger sei. 24 Die letzte-
                                F   F

                                                  zungsgelder durchaus üblich. 25F   F

re Aussage ist aufgrund der uneinheitlichen
Steuerpraxis in den einzelnen Kantonen            3.4.2 Entschädigungen für ausserordentli-
(vgl. Kap. 4.2ff.) allerdings heikel.             che („operative“) Tätigkeiten
                                                  Im Allgemeinen lassen Aufsichtsbehörden
Besondere Entschädigungen aufgrund von            spezielle Entschädigungen für besonders
speziellen Funktionen oder höherer Ver-           arbeitsintensive Aufgaben zu, wobei stets
antwortung werden in der Regel nicht ak-          der Einzelfall betrachtet wird. Typische
zeptiert, falls die statutarische oder regle-     Beispiele dafür sind Buchführung und Er-
mentarische Grundlage dazu fehlt – ausser         stellung des Jahresabschlusses, Anlagebera-
es handelt sich um symbolische Beträge.           tung oder anwaltliche Tätigkeiten. In vielen
Führen demgegenüber einmalige Faktoren            Fällen ist es allerdings schwierig, die or-
zu einer erheblichen zeitlichen Mehrbelas-        dentliche Tätigkeit des Stiftungsrates von
tung einzelner Stiftungsräte und kann diese       den „speziellen“ Aufgaben zu trennen. So
gegenüber der Behörde ausreichend plausi-         wird eine höhere Verantwortung als Recht-
bilisiert werden, gelten die untenstehenden       fertigung zusätzlicher Entschädigungen in
Ausführungen zu den „ausserordentlichen,          der Regel nur akzeptiert, falls die zeitliche
operativen Tätigkeiten“ sinngemäss (vgl.          Mehrbelastung betriebswirtschaftlich be-
Kap. 3.4.2). In solchen Fällen wird eine
moderate Entschädigung vermehrt auch              25
                                                    Vgl. Neue Zürcher Zeitung (NZZ),
dann als zulässig erachtet, wenn dafür            23.10.2006: Stiftungsrat als Ehrenamt – geringe
                                                  Entschädigungen in den Schweizer Pensionskas-
                                                  sen; sowie Hohler, Kaspar: Die Crux der Bezah-
24
  Vgl. z.B. Eidgenössische Stiftungsaufsicht,     lung, in: Schweizer Personalvorsorge, 4/2011, S.
Leitfaden für Stiftungen gemäss Art. 80ff. ZGB,   51: Immerhin rund ein Drittel der schweizeri-
S. 5: „Hingegen lässt die heutige Praxis der      schen BVG-Institutionen richtet ihren Stif-
Steuerbehörden normalerweise keine von vorn-      tungsratsmitgliedern eine erfolgsunabhängige
herein generell festgelegten Entschädigungen in   Entschädigung von durchschnittlich CHF
Form von Pauschalen, Honoraren oder Sit-          4000.– aus, wobei ein Stiftungsratspräsident
zungsgelder für Organe zu.“                       jährlich manchmal CHF 20‘000.– oder mehr
(www.edi.admin.ch/esv).                           verdient.

                                                                                             9
B

gründet ist. Dies kann beispielsweise in       3.4.3 Spesen und Aufwands-
Krisensituationen (z.B. plötzlicher Aderlass   entschädigungen
im Stiftungsrat, fristlose Kündigung des       Spesen dürfen grundsätzlich nur notwendi-
Geschäftsführers) oder bei Umstrukturie-       ge und belegbare Ausgaben abdecken. Da-
rungen (Schliessung von Teilbetrieben) der     her werden Kostenvorschüsse und (über-
Fall sein.                                     höhte) Spesenpauschalen umso kritischer
                                               betrachtet, je höher diese sind. Gerechtfer-
Mehrheitlich ist man bei der Aufsicht der      tigte Spesen können grundsätzlich immer
Meinung, dass die Entschädigungen für          der Stiftungsrechnung belastet werden,
zeitlichen Mehraufwand moderat sein müs-       ausser der Berechtigte verzichte freiwillig
sen, denn in einem gewissen Masse sollten      darauf. 26 Grössere Stiftungen, z.B. mit
                                                      F   F

auch für ausserordentliche Tätigkeiten alt-    Reiseaktivitäten der Stiftungsräte, verfügen
ruistische Massstäbe gelten. Demzufolge        meistens über ein spezielles Reglement.
dienten branchenübliche Sätze zwar als         Zwar sind Stiftungen nicht generell zu
Richtschnur, sie seien gewöhnlicherweise       einem solchen verpflichtet, bei dessen Exis-
aber zu hoch. In der Tat ist zu beachten,      tenz wird dieses von der Aufsichtsbehörde
dass für intern vergebene Aufträge kein        in der Regel aber geprüft. Dabei werden
Akquisitionsaufwand entsteht und mögli-        Ansätze, die sich in der Bandbreite des
cherweise auf Stiftungsressourcen zurück-      Muster-Spesenreglements der Schweizeri-
gegriffen werden kann (z.B. Geschäftsräum-     schen Steuerkonferenz (vgl. Anhang IV)
lichkeiten, EDV, Büromaterial, Haft-           bewegen, problemlos akzeptiert
pflichtversicherung, Sekretariat). Um Inte-
ressenkonflikte zu vermeiden, müssen ins-
besondere die einmaligen Sonderaufwen-
dungen in der Regel genau dokumentiert
werden. Da die Honorierungsfrage zudem
steuerlich heikel ist, kommt es in gewissen
Fällen zu Absprachen mit den Steuerbehör-
den, was sich angesichts einer drohenden
Einbusse der Steuerbefreiung jeweils sofort
mässigend auswirkt.

                                               26
                                                 Vgl. Amt für Sozialversicherung und Stif-
                                               tungsaufsicht des Kantons Bern, Entschädigung
                                               von Stiftungsorganen, Dez. 2007, S. 1.

10
STIFTUNGS- UND STEUERRECHT

4 Steuerrecht                                      dehnt, indem dort das Fehlen von Erwerbs-
                                                   zwecken und Eigeninteressen verlangt
4.1 Gesetzliche Grundlagen                         wird. 30 So solle im Prinzip „der Leistung
                                                        F   F

                                                   keine Gegenleistung gegenüberstehen“, 31
Auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1 lit. f
                                                                                              F   F

                                                   wobei unter „Gegenleistung“ primär eine
StHG sowie Art. 56 lit. g DBG können
                                                   monetäre Entlohnung gemeint ist. Aller-
„juristische Personen, die öffentliche oder
                                                   dings wird diese Entschädigungsproblema-
gemeinnützige Zwecke verfolgen“, von den
                                                   tik in den gängigen Kommentaren nicht
direkten Steuern befreit werden. Das Kreis-
                                                   vertieft behandelt. Damit bleibt die oftmals
schreiben Nr. 12 nennt als wichtigste Vor-
                                                   zitierte Opfertheorie letztlich viel zu wenig
aussetzungen zur Steuerbefreiung zusam-
                                                   konkret und schliesst unserer Einschätzung
menfassend Folgendes: 27 F

                                                   nach Entschädigungen an Stiftungsräte und
ƒ juristische Person (z.B. Verein, Stif-
                                                   Vereinsvorstände nicht kategorisch aus.
     tung, gemeinnützige AG)
ƒ uneigennütziges Handeln zum Wohl
                                                   Es gilt der Grundsatz, dass eine gemeinnüt-
     der Allgemeinheit
                                                   zige Organisation so lange steuerpflichtig
ƒ Ausschliesslichkeit der Mittelverwen-
                                                   ist, bis ein entsprechendes Befreiungsgesuch
     dung für gemeinnützige Aufgaben
                                                   bewilligt ist. Gemäss geltenden Tarifen ist
ƒ unwiderrufliche Bindung für steuerbe-
                                                   die Steuerbelastung bei Vereinen und Stif-
     freiten Zweck
                                                   tungen relativ moderat. So liegt der Freibe-
ƒ tatsächliche Tätigkeit (Mittel dürfen
                                                   trag im kantonalen Mittel bei der Ge-
     nicht bloss thesauriert werden)
                                                   winnsteuer zwischen CHF 10‘000.– und
ƒ keine Ausschüttung von Reserven
                                                   50‘000.–; und bei den Kapitalsteuern zwi-
ƒ Fehlen von Erwerbs- oder Selbsthilfe-
                                                   schen CHF 20‘000.– und 100‘000.–. Aus
     zwecken
                                                   Marketinggründen ist die Steuerbefreiung
                                                   für die NPO dennoch sehr wichtig, weil
Nach der Rechtsprechung des Bundesge-
                                                   ansonsten Spender und Stifter ihre Zuwen-
richts bedingt die vom Kreisschreiben Nr.
                                                   dungen steuerlich nicht abziehen können. 32
12 geforderte Uneigennützigkeit nicht nur,
                                                                                                      F

dass von der Institution und den Körper-           4.2 Praxis der kantonalen
schaftsmitgliedern, sondern auch von (na-          Steuerbehörden
hestehenden) Dritten gewisse Opfer er-
bracht werden. 28 Somit fällt die Steuerbe-
                F   F
                                                   Im Sommer des Jahres 2011 führte Daniel
freiung für mitgliederorientierte Vereine          Zöbeli eine Umfrage bei sämtlichen Steuer-
und Selbsthilfeinstitutionen ausser Be-            verwaltungen der 20 Deutschschweizer und
tracht. 29 Nach einem grossen Teil der Lehre
       F   F
                                                   mehrsprachigen Kantone 33 durch (vgl.
                                                                               F   F

wird diese „Opfertheorie“ mehr oder weni-
                                                   30
                                                      Vgl. z.B. Locher, 2004, S. 181; oder Richner/
ger auf die obersten Leitungsorgane ausge-
                                                   Frei/ Kaufmann/ Meuter, 2006, S. 702.
                                                   31
                                                      Blum/ Klöti-Weber, 2004, S. 109; ähnlich
27
   Vgl. dazu auch Stählin/ Nyffenegger, 2008, S.   auch Reich, 1990, S. 472.
235f.                                              32
                                                      Vgl. dazu z.B. Zöbeli/ Degen/ Baumann
28
   Zur Erläuterung von BGE 113 lb 7 E. 2b S.       Lorant, 2011, S. 1060ff.
9ff.; vgl. insbes. Baumann Lorant, 2010, S. 2.     33
                                                      Es haben sich die Steuerbehörden folgender
29
   Ausführlich dazu: Locher, 2004, S. 182ff.       Kantone daran beteiligt: Aargau, Appenzell

                                                                                             11
B

Anhang II). Ziel war es, zu erfahren, wie die       digung für die geleistete Arbeit hervor. Die
zum Teil sehr detaillierten Empfehlungen            von den Verantwortlichen der Institution
der Schweizerischen Steuerkonferenz SSK             bezogenen Beträge können demnach fallweise
(vgl. Anhang III) in der kantonalen Praxis          den alleinigen Ersatz von Barauslagen oder
interpretiert und umgesetzt werden. 34 Ge- F   F    von Sitzungsgeldern überschreiten und eigent-
wisse Reaktionen auf die Umfrage und                liche Entschädigungen begründen. Die Aus-
unsystematische telefonische Rückfragen             zahlung solcher Entschädigungen kann indes
lassen vermuten, dass diese SSK Empfeh-             in Widerspruch stehen mit der Bedingung,
lungen nicht allen Steuerverwaltungen               dass eine wegen öffentlicher oder gemeinnützi-
bekannt sind. Auf den ersten Blick scheint          ger Zwecksetzung steuerbefreite Institution
die Grundhaltung der Schweizerischen                keine Erwerbs- oder Selbsthilfezwecke verfol-
Steuerkonferenz zumindest bei monetären             gen darf. Die Verwendung von Mitteln der
Entschädigungen für operative, nicht zum            Institution stimmt so lange mit deren Zweck-
„Kerngeschäft“ gehörende Tätigkeiten von            setzung überein, als die Mittel direkt für die
Vereinsvorständen und Stiftungsräten rela-          Erfüllung von öffentlichen oder gemeinnützi-
tiv aufgeschlossen zu sein:                         gen Zwecken eingesetzt werden oder wenn die
                                                    Institution anstelle der eingesetzten Mittel
Grundsätzliches zu NPO-Entschädigungen
                                                    zumindest eine gleichwertige Gegenleistung
aus SSK-Sicht
                                                    erhält.“
Schweizerische Steuerkonferenz: 35 „Bei der
                                   F   F

Überprüfung der Steuerbefreiung einer Stif-
                                                    Obiger Empfehlung ist beizufügen, dass
tung oder einer Institution, welche einen
                                                    eine angemessene Entschädigung für eine
gemeinnützigen oder öffentlichen Zweck ver-
                                                    nützliche Leistung keinen Verstoss gegen
folgt, wird zuweilen festgestellt, dass die durch
                                                    die beiden als zentral erwähnten Bedingun-
die Organe geleistete Arbeit, namentlich im
                                                    gen zur Steuerbefreiung (keine Erwerbs-
Bereich der Buchführung, das übliche Aus-
                                                    oder Selbsthilfezwecke/ Gemeinnützigkeit)
mass einer derartigen Geschäftstätigkeit über-
                                                    darstellt, dies in Analogie zum Kreisschrei-
schreitet. Dieser Umstand ruft eine Entschä-
                                                    ben Nr. 12 (vgl. Kap. 4.1). Die von der
                                                    SSK ausgeschlossene „Selbsthilfe“ bezieht
Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, Basel-         sich in erster Linie auf die Finanzgeber
Land, Basel-Stadt, Bern, Freiburg, Graubünden,      (Spender, Stifter, Gönner) sowie allfällige
Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schaffhausen,
                                                    Mitglieder der Institution. Demnach soll-
Schwyz, Solothurn, St. Gallen, Thurgau, Uri,
Wallis, Zug und Zürich.                             ten nicht jene im Zentrum des Wirkens der
34
   Schweizerische Steuerkonferenz (SSK): Pra-       NPO stehen, sondern bedürftige Dritte
xishinweise zuhanden der Kantonalen Steuer-         oder die Allgemeinheit. Eine ähnliche Ver-
verwaltungen zur Steuerbefreiung juristischer       wechslung gilt es bei der geforderten Unei-
Personen, die öffentliche oder gemeinnützige        gennützigkeit zu vermeiden: Grundsätzlich
Zwecke oder Kultuszwecke verfolgen, 18. Janu-
                                                    muss die steuerbefreite Institution uneigen-
ar 2008, Kapitel 10: Entschädigungen an lei-
tende Organe von Stiftungen und von Instituti-      nützig handeln und nicht deren Organe. 36 F   F

onen mit öffentlicher oder gemeinnütziger           So sollte das von Vereinsvorständen und
Zwecksetzung, S. 39ff. In der Folge in den
Fussnoten als „SSK, 2008“ bezeichnet.
35
   SSK, 2008, Ziff. I, S. 39.                       36
                                                         Vgl. Degen, 2010, S. 112f.

12
STIFTUNGS- UND STEUERRECHT

Stiftungsräten verlangte Opfer unseres Er-       ertrags. Stiftungsratspauschalen von deut-
achtens bereits dann erbracht sein, wenn         lich über CHF 10‘000.– kommen also auch
ein allfälliges Entgelt leistungsgerecht sowie   bei steuerbefreiten Institutionen vor (bei
moderat ist. Dieser Meinung kann man             Präsidien bis zu CHF 50‘000.– und dar-
entgegenhalten, dass die Entlohnung umso         über). Eine Minderheit v.a. kleinerer Kan-
bescheidener sein muss, je grösser das fi-       tone gibt demgegenüber an, dass Entschä-
nanzielle Opfer privater Zuwender ist – so       digungen an oberste Führungsorgane in der
z.B. bei Spenden sammelnden NPO.                 Praxis kaum existent seien, was eine beson-
                                                 ders restriktive Haltung erahnen lässt.
In der Umfrage wird die Honorarfrage von
den Kantonen mehrheitlich als ein wichti-        4.3 Entschädigungen im Einzelnen
ges, aber nicht allein entscheidendes Krite-     4.3.1 Entschädigungen für ordentliche
rium zur Steuerbefreiung genannt. Die            („strategische“) Aufgaben
postulierte Wichtigkeit reicht allerdings von    Die sog. „üblichen Tätigkeiten“ der obers-
nebensächlich („La condition du désinteres-      ten Leitungsorgane sollten nach Ansicht der
sement est à examiner au cas par cas“ /          Schweizerischen Steuerkonferenz nicht
„kein überwiegendes Indiz“ / „eher unter-        entschädigt werden, weil ansonsten gegen
geordneter Natur ausser bei Exzessen“) bis       den Grundsatz des uneigennützigen Han-
entscheidend („die Entschädigungsfrage           delns verstossen werde. 37 Zunächst davon
                                                                             F   F

wird relativ restriktiv gehandhabt“ / „an-       betroffen seien die strategischen Leitungs-
sonsten droht der Verlust der Steuerbefrei-      aufgaben, aber nicht nur. Zudem ist die
ung“). Einige Kantone verlangen, dass die        Unterscheidung zwischen üblichen und
Ehrenamtlichkeit der obersten Leitungsor-        ausserordentlichen Tätigkeiten in der Praxis
gane in den Statuten oder in einem inter-        genauso schwierig wie jene zwischen strate-
nen Reglement explizit festgehalten wird –       gischen und operativen Aufgaben (vgl. Kap.
wobei dies nicht zwingendermassen alle           4.3.2). Auf die Frage hin, was unter „übli-
monetären Entschädigungen ausschliesst, so       chen Tätigkeiten“ zu verstehen sei, nennt
insbesondere nicht für die ausserordentli-       die Mehrheit der Befragten v.a. solche, die
chen Tätigkeiten (vgl. Kap. 4.3.2). In der       für die Ausübung des Institutszwecks unter
Praxis dominiert eine unterschiedlich re-        gewöhnlichen Bedingungen zwingend not-
striktive Einzelfallbetrachtung, wobei in        wendig seien: Organisation/ Teilnahme/
Zweifelsfällen auch der Kontakt mit der          Durchführung/ Nachbearbeitung von Sit-
zuständigen Stiftungsaufsicht gesucht wird:      zungen und Anlässen, Organisations- und
Vor allem grössere Kantone betonen, dass         Strategieentwicklung, Jahresplanung, Rep-
überhöhte Entschädigungen unter einer            räsentationspflichten, strategische Führung,
Gesamtwürdigung der in Kap. 4.1 erwähn-          Personalfragen oder nötige administrative
ten Voraussetzungen nicht zwingendermas-         Aufwendungen (z.B. Fundraising, Bearbei-
sen zum Verlust der Steuerbefreiung füh-         ten von Spendengesuchen, Mitgliederver-
ren. Genauso wichtig seien der gemeinnüt-        waltung). Zwei Kantone nennen eine
zige Zweck, der offene Rahmen der Be-            Grenze von 5 respektive 10 Stellenprozen-
günstigten sowie die zweckentsprechende
Verwendung eines allfälligen Liquidations-
                                                 37
                                                      Vgl. SSK, 2008, Ziff. II, Abs. A, S. 39.

                                                                                                 13
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