Die kopernikanische Revolution: Wie ein neues Weltbild entstand Montagsforum Dornbirn
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Montagsforum Dornbirn Montag, 9. Oktober, 2017 Die kopernikanische Revolution: Wie ein neues Weltbild entstand Harry Nussbaumer Institut für Teilchen- und Astrophysik ETH Zürich
Das Weltbild des Mittelalters Der Mensch als Mittelpunkt des Universums. (Vision der Das wissenschaftliche Modell Astrologie als Teil Hildegard von Bingen.) der Antike und des Mittelalters der Kosmologie Mystische Verbundenheit Intellektuelles Verstehen Glaube an kosmische Mächte
Das Weltbild der Platon 428-347 B.C. Aristoteles 384-322 B.C. Antike Ptolemaios ca. 100 - 170 Tag und Nacht: Die Erde steht ruhend in der Mitte des Universums. Das ganze Himmelsgewölbe dreht sich täglich einmal um die Erde. Das erzeugt Tag und Nacht. Das platonische Ideal: Alle Himmelskörper bewegen sich gleichmässig auf Kreisbahnen, geführt von Kugelschalen. Himmlische gegen irdische Qualitäten: Erde : veränderlich, vergänglich Himmel : fundamental verschieden., besteht aus Äther, ist unveränderlich. Bewegende Kraft: Aristoteles: Unbewegter Beweger (Primum Mobile) Ursprung der Welt: Die Materie gab es schon immer. Ein Demiurg (männlich oder weiblich) quilt hervor, schafft Ordnung und Götter.
Das astronomische Weltbild des Mittelalters Astronomisches Modell: Das geozentrische Universum der Antike als Schöpfung Gottes. Gestirne, Tag und Nacht Dieselbe Erklärung wie die Antike. Bewegende Kraft Unbewegter Beweger → Gott oder seine Engel Das platonische Ideal: Alle Himmelskörper bewegen sich gleichmässig auf Kreisbahnen. Der Grundgedanke Platons bleibt gültig. Himmlisches-Irdisches Erde: veränderlich, vergänglich Himmel: fundamental verschieden. Ursprung der Welt: Antike: Chaos → Ordnung (Demiurg) Christentum: Gottes Schöpfung eines geordneten Universums aus dem Nichts.
Astronomie der Antike und des Mittelalters Berechnung der Planetenbahnen → Astrologie Mars bewegt sich gegen den Modell des Ptolemaios Hintergrund der Fixsterne. im Almagest ca. +150.
Copernicus: De Revolutionibus 1543 Die Sonne steht in der Mitte des Universums, die Erde kreist jährlich einmal um die Sonne, die Erde dreht sich täglich einmal um sich selbst → Tag und Nacht. Nicolaus Copernicus (1473-1543) Achtung: De Revolutionibus widerspricht der Bibel !
Copernicus: De Revolutionibus 1543 Zurück zu Platon: Weg vom Äquanten. Neue Erklärung der Schleifenbahnen der Planeten. Allerdings: Keine Vereinfachung gegenüber Ptolemaios Achtung: De Revolutionibus widerspricht der Bibel ! Ptolemaios (Almagest ca.+150) Copernicus (De Revolutionibus 1543)
Reformation und Gegenreformation ab 1517 ab ≈ 1545 Aufgabe und Kompetenz der Kirche: Konzil und Papst interpretieren wissenschaftliche Entdeckungen, wenn diese die Religion betreffen. Luther 1517 Zwingli 1519 Calvin 1533 Das Konzil von Trient 1545-1563
Giordano Bruno, 1600 in Rom als Ketzer verbrannt Das Universum ist unendlich. Himmel und Erde sind aus demselben Stoff. Giordano Bruno (1548-1600). 1600 lebendig auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Seine Verurteilung wirkte stark abschreckend auf die Verbreitung von Ideen, die der Kirche nicht genehm waren.
Erneuerung der beobachtenden Astronomie ab ≈1560 Wilhelm IV. (1532-1592, Hessen-Kassel) ab ≈1570 Tycho Brahe (1546-1601) Tycho Brahe war der bedeutendste Beobachter seit der Antike. Zeigte, dass gewisse aristotelische Himmelsdogmen falsch waren. Tycho Brahe Observatorium auf der Insel Hven 1580.
Tycho Brahes Weltsystem Tycho lehnt Copernicus ab: Widerspricht der Bibel. Gegen den gesunden Menschenverstand. Keine parallaktische Bewegung der Sterne. Tychonisches Weltmodell: Die Erde steht unbewegt in der Mitte. Sonne und Sterne kreisen um die Erde. Die Planeten kreisen um die Sonne. Wird zum bevorzugten Weltmodell der Jesuiten.
Theorie um 1600: Drei Weltsysteme Ptolemaios von der Copernicus 1543: Tycho Brahe 1598 Scholastik adoptiert. Kepler und Galileo bis anfangs 18. Jh. 1637 letzte Auflage von Sacroboscos De Sphaera.
Die beiden Grossen der kopernikanische Wende Neuer Gedanke, Konflikt mit dem alten Weltbild neue Beobachtung Die Planeten bewegen sich auf Die aristotelisch-platonische Ideen der Kepler Ellipsen. In Sonnenähe sind sie Himmelsdynamik sind falsch. (1571-1630) schneller als in Sonnenferne. Die Sonne treibt die Planeten Kein Primum Mobile. (neue Physik). Der Glaube, die Himmelskörper Galileo Der Mond ist von gleicher bestünden aus ganz anderem Stoff als (1564-1642) Beschaffenheit wie die Erde. die Erde, ist falsch. Um Jupiter kreisen vier Monde. Der Glaube, die Erde sei das alleinige Die Milchstrasse ist eine riesige Zentrum aller kosmischen Ansammlung einzelner Sterne. Kreisbahnen, ist falsch. Venus kreist um die Sonne. Venus kreist nicht um die Erde.
Johannes Kepler (1571-1630): Von der esotherischen Spekulation zur genauen Analyse von Beobachtungen. Von magischen Seelenkräften zur Astrophysik. Mysterium Cosmographicum 1596 Astronomia Nova 1609 Tetraeder, Würfel, Oktaeder, Dodekaeder (12 Fünfecke) Ikosaeder (20 Dreiecke).
Keplers drei Gesetze und die Suche nach den Kräften Radikale Abkehr von platonischen Dogmen von Kreis und Gleichförmigkeit. 1. Die Planeten bewegen sich auf Ellipsenbahnen um die Sonne. 2. Die Verbindungslinie Sonne-Planet überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen. 3. Die Quadrate der Umlaufszeiten zweier Planeten verhalten sich wie die dritten Potenzen der grossen Halbachsen ihrer Bahnen. Viel genauere Voraussage der Planetenbahnen. Wechselnde Geschwindigkeit entlang der Bahn verlangt nach Kräften. Keplers Gesetze helfen Newton bei der Herleitung des Gravitationsgesetzes
Galileo Galilei Sidereus Nuncius 1610 Kulturelle Bombe Beobachtung als Grundlage jeder Wissenschaft
1610: Teleskopische Beobachtung eliminiert Ptolemäus Die Phasen der Venus Galileo machte diese Entdeckung im Herbst 1610. Aristoteles Copernicus Die Phasen der Venus beweisen, dass Venus um die Sonne kreist. (225 Tage)
Theorie nach 1610: Noch zwei Weltsysteme Pro Kopernikus: Pro Tycho Brahe: Falls die Himmelskörper aus derselben Materie Die Bibel. bestehen wie die Erde, so ist es physikalisch Der "gesunde Menschenverstand". ungeheuerlich, dass sich das Universum um die Keine sichtbare parallaktische Bewegung. Erde dreht. Die Planeten umfliegen die Sonne und nicht die Erde, das zeigt: Die Sonne ist der zentrale Körper.
De Revolutionibus auf dem Index Galilei: Die Bibel irrt nicht, wir müssen sie nur richtig interpretieren. Bellarmin: Die Interpretation ist Sache der Kirche. 1616: Ein Dekret der Hl. Kongregation des Index setzt De Revolutionibus „donec corrigatur“ auf den Index der verbotenen Bücher. Die verlangten Korrekturen wurden 1620 publiziert. Kardinal Roberto Bellarmin (1542-1621). 1576 wurde er Professor am Collegium Romanum. Seligsprechung 1923, 1930 heilig gesprochen.
1632: Galileo publiziert den Dialogo Salviati (Copernicus) Simplicio (Aristoteles) Sagredo (neutral) Diskutieren während 4 Tagen über die beiden Weltsysteme: Aristoteles - Copernicus Provokation des Papstes, dem Galileo ein das alte Weltbild rechtfertigendes Werk versprochen hatte.
Der Prozess gegen Galileo Galilei 1633 Cristiano Banti's 1857 1633: Prozess gegen Galileo in Rom. Kniend muss er der kopernikanischen Lehre abschwören. Papst Urban VIII. Hausarrest bis zum Lebensende (1642). Für damalige Verhältnisse mildes Urteil: Der Papst will keinen Märtyrer kreieren.
Descartes sprengt das heliozentrische Weltbild René Descartes (1596-1650) Ein fundamental neues Konzept: Die Sonne ist ein Stern unter andern Sternen. Das Universum entwickelt sich! Ob das Universum endlich oder unendlich ist, wissen wir nicht. Descartes trennt Religion und Wissenschaft
1687: Die Gravitationskraft dominiert das Universum Newton: Principia Hooke (1635-1702) Newton (1642-1727) 1687 Hooke gab vermutlich den Anstoss: Gravitative Anziehung als Eigenschaft der Materie. Wie bewegen sich zwei Körper unter dem Einfluss gegenseitiger Anziehung und der Zentrifugalkraft. Gravitationskraft = Magie?
Die wesentlichen Inhalte der kopernikanischen Wende 1. 1543 Nicolaus Copernicus: De Revolutionibus. Initialzündung 2. Tycho Brahe erneuert die Beobachtungstechnik. Er zeigt um 1580, dass platonisch-aristotelische Ideale und Naturbeschreibungen nicht zutreffen. 3. Mit Galilei wird 1610 das Teleskop zum Hauptinstrument der Astronomie. Er zeigt, dass die Venus um die Sonne kreist und dass die Himmelskörper von gleicher Natur wie die Erde sein könnten. 4. Kepler zeigt 1609, wie sich die Planeten bewegen. Er bricht grundsätzlich mit der alten Himmelsmechanik und sucht nach den bewegenden Kräften. 5. Kepler und Galilei: Die Bibel vermittelt kein astronomisches Wissen. 1633 Pyrrhussieg der Inquisition im Prozess gegen Galileo Galilei.. 6. Descartes 1644. Vom heliozentrischen zum eventuell unendlichen Universum. Das Universum ist das Resultat einer Entwicklung die weiterläuft. Entfernt Gott aus der Kosmologie. 7. Newton: 1687 Die Gravitationskraft beherrscht das Universum. 8. Die Astronomie trennt sich von der Astrologie
Die Geschichte von der Was weiss die heutige Die kopernikanische Wende Entdeckung des Astronomie? und expandierenden Universums der Prozess gegen Galilei. publiziert 2005. published 2009/2010, 2. Ausgabe 2007 publiziert 2011 Cambridge University Press In englischer Sprache
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