Research Collection - ETH Zürich

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Research Collection - ETH Zürich
Research Collection

 Journal Issue

 Bulletin - Magazin der ETH Zürich

 Publication Date:
 2001-01

 Permanent Link:
 https://doi.org/10.3929/ethz-a-000916359

 Rights / License:
 In Copyright - Non-Commercial Use Permitted

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ETH Library
Research Collection - ETH Zürich
IMPRESSUM:

H ER AUSGEBERI N:      Schulleitung der ETH Zürich

REDAKTION:             Lic. phil. I Martina Märki-Koepp (mm), Redaktionsleitung
                       Vanja Lichtensteiger-Cucak (vac), En bref
                       Roman Klingler, Alumni Aktuell
                       Corporate Communications der ETH Zürich
                       ETH Zentrum, 8092 Zürich
                       Tel. 01-632 42 52 Fax 01-632 35 25

FREI E MITARBEIT:      Stephanie Scholz, Fach-/Bildredaktion Schwerpunkt Universum
                       Andreas Koch, Bildbeschaffung

I NSER ATE:            Go! Uni-Werbung, Rosenheimstr. 12
                       9008 St. Gallen, Tel. 071-244 10 10

GESTALTU NG:           inform, Zürich

DRUCK:                 NZZ Fretz AG, Zürich

AU FL AGE:             Erscheint 4-mal jährlich
                       Auflage dieser Ausgabe 26 000

TITELBI LD:            Die 50 Millionen Lichtjahre entfernte Sombrero-Galaxie (M104)
                       im Sternbild Jungfrau, aufgenommen mit FORS1, dem
                       Focal Reducer/low dispersion Spectrograph, am Very Large Telescope in Chile.
                       Bild: ESO

Nachdruck mit Quellenangabe erwünscht. Die nächste Ausgabe, Nr. 291, zum Thema
«Informationsgesellschaft» erscheint im November 2003.
Bulletin ist auch abrufbar unter: http://www.cc.ethz.ch/bulletin/
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I N H A LT

6_ Entwicklung antiker Weltmodelle                           32_ Galaxien und ihre Entstehung
   D I E S U C H E N AC H D E R M I T T E                        D I E V E R WA N D T E N D E R M I LC H ST R A S S E
   D E S KO S M O S
                                                                 C. Marcella Carollo
   Alfred Stückelberger

                                                             36_ Quasare
10_ Entwicklung der Teleskope                                    LEUCHTTÜRME IM UNIVERSUM
   D E R B E WA F F N E T E B L I C K Z U M H I M M E L
                                                                 Hans Martin Schmid
   Alex Feller

                                                             38_ Leben im Universum
14_ Der Blick ins Universum                                      D I E S U C H E N AC H B E W O H N B A R E N
   EINE REISE DURCH R AUM UND ZEIT                               PLANETEN

   Simon Lilly                                                   Simon Lilly und Alex Halliday

18_ Röntgen- und Radiowellen im Universum                    42_ Neue Kosmologie
   DA S U N S I C H T B A R E U N I V E R S U M                  DA S « D I C H T E - B U D G E T » D E S U N I V E R S U M S

   Paolo Grigis und Arnold O. Benz                               Alexandre Sakharov und Hans Hofer

20_ Teilchenphysik und Kosmologie                            46_Die Zukunft des Universums
   ARCHÄOLOGI E DES U N IVERSUMS                                 Q U O VA D I S U N I V E R S U M ?

   Felicitas Pauss                                               Fred C. Adams

23_ Entstehung des Sonnensystems                             50_ S U R F T I P P S F Ü R ST E R N G U C K E R
   M E T E O R I T E N A LS Z E U G E N KO S M I S C H E R
   GESCHICHTE

   Rainer Wieler                                             52_ En bref
                                                                 EREIGNISSE AN DER ETH

26_ Sternentstehung
   A U S E I S U N D STA U B G E B O R E N
                                                             60_Alumni Aktuell
   Arnold Benz

29_ Sonnenphysik
   D I E S O N N E – U N S E R N ÄC H ST E R ST E R N

   Jan Olof Stenflo

                                                                                    B U L L E T I N E T H Z ü r i c h N r. 2 9 0 A u g u s t 2 0 0 3   3
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Deep-Field-Aufnahme im Sternbild Sextant, aufgenommen mit der Weitfeldkamera WFI am 2,2-m-Teleskop der ESO/MPG auf LaSilla, Chile. Komposit aus einer V-Aufnahme
(100 min. belichtet) und einer R-Aufnahme (290 min. belichtet). Bild: Klaus Meisenheimer, Christian Wolf, Henning Christ; MPIA
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DA S DY N A M I S C H E
UNIVERSUM
M A RT I N A M Ä R K I - KO E P P

                                    Erinnern Sie sich noch an die Nächte in Ihrer Kindheit, in denen Sie schlaflos im Bett lagen und
                                    sich fassungslos die Unendlichkeit des Universums vorzustellen versuchten? Die Frage, was ei-
                                    gentlich hinter dem Universum liegt, konnte niemand wirklich zufrieden stellend beantworten,
                                    und das Vertrauen in die Allwissenheit der Erwachsenen bekam erste Risse. Heute liegt mein
                                    jüngster Sohn gelegentlich so im Bett, und vor lauter Nachdenken wird ihm dann ganz schwin-
                                    delig. Manchmal darf ich mit ihm gemeinsam nachdenken und staunen – und seine Fragen
                                    bleiben letztlich ebenso unbeantwortet wie Ihre und meine. Aber vielleicht lernen wir gemein-
                                    sam, dass Fragen viel produktiver sind als Antworten.

                                    Als Galileo Galilei sein Fernrohr zum ersten Mal auf den Mond richtete, in einem Garten in Padua
                                    an einem klaren Herbstabend des Jahres 1609, ahnte er noch nicht, dass er das Weltbild einer
                                    Epoche erschüttern und verändern würde: Die Erde war nicht das Zentrum des Universums,
                                    sondern bewegte sich um die Sonne. Er arbeitete damals mit einem Instrument, das die Ob-
                                    jekte in 20facher Vergrösserung vors Auge holte. Es dauerte weitere Jahrhunderte, bis man er-
                                    kannte, was Teleskope wirklich waren, nämlich eigentliche Zeitmaschinen, die erlaubten, nicht
                                    nur weit entfernte Objekte zu betrachten, sondern tatsächlich in die Vergangenheit des Uni-
                                    versums zu schauen. Die Antwort auf die Frage, wo das Universum endet, lautete von nun an
                                    nicht mehr «Dort, jenseits dieser Galaxien», sondern «Damals: am Anfang der Zeit». Auf dem
                                    Weg ins 3. Jahrtausend begleitet uns schliesslich eine neue Vorstellung vom Universum: ein
                                    furioses Panorama von unablässigem Werden und Vergehen, Geburt und Tod von kosmischem
                                    Ausmass. Denkbar wurde nicht nur der Anfang, sondern auch das mögliche Ende des Weltalls.
                                    Und wir wissen, dass es uns im Zeitalter der Teleskope nur gelungen ist, einen winzigen Teil des
                                    Universums zu entdecken. 90 bis 99% des Universums dagegen, die so genannte «dunkle
                                    Materie» liegt jenseits aller Wellenlängen, unmessbar, ausser durch den Schwerkrafteinfluss der
                                    Materie.

                                    1936 schrieb Edwin Hubble: «Die Geschichte der Astronomie ist eine Geschichte der sich erwei-
                                    ternden Horizonte.» ETH Bulletin zeigt einen kleinen Ausschnitt aus dieser scheinbar unendli-
                                    chen Geschichte – und was Forscherinnen und Forscher der ETH heute dazu beitragen.

                                                                                                             Martina Märki-Koepp
                                                                                                             Redaktorin ETH-Bulletin

                                                                                            B U L L E T I N E T H Z ü r i c h N r. 2 9 0 A u g u s t 2 0 0 3   5
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E N T W I C K L U N G A N T I K E R W E LTM O D E L L E

D I E S U C H E N AC H D E R M I T T E
D E S KO S M O S
A L F R E D ST Ü C K E L B E R G E R

Schon immer wollten die Menschen wissen, wie das Universum aussieht und
welchen Platz unsere Erde darin einnimmt. Die Naturphilosophen der
griechischen Antike versuchten erstmals, diese Fragen ohne Hilfe der Mytho-
logie zu beantworten.

Planisphärische Darstellung des Fixsternhimmels (Codex Bernensis 88, 10. Jh.)
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Die Frage nach der Beschaffenheit des Erd-        Von der Kristallsphäre
körpers und seiner Lage im Kosmos gehört          zu den Epizyklen
zu den zentralsten Problemkreisen, mit de-
nen sich die frühgriechische Naturphiloso-        In archaischer Zeit taucht die Vorstellung
phie befasste, aus der sie überhaupt hervor-      auf, dass die Fixsterne «wie Nägel an einer
ging. Wenn Anaximenes von Milet (6. Jh. v.        unsichtbaren kristallartigen Sphäre befes-
Chr.) die Erde mit einer «platten schweben-       tigt seien» und mit dieser den täglichen
den Scheibe» oder Anaximander von Milet           Umschwung vollzögen (Anaximenes und
(6. Jh. v. Chr.) mit einer «im unbegrenzten       Empedokles im 6./5. Jh. v. Chr.). Die mehr
Raum schwebenden Säulentrommel, drei-             volkstümliche, noch bis ins Mittelalter an-
mal so breit wie dick» vergleicht, dann ist       zutreffende Vorstellung von Kristallsphären,
daran vor allem der Wille eindrücklich, mit       die sogar harmonische Sphärenklänge er-
Verstandeskraft, ohne Zuhilfenahme my-            zeugten (im Schlussmythos von Platons
thologischer Erklärungen, ein Gesamtkon-          Staat), war allerdings bei Astronomen längst
zept des ganzen Kosmos zu entwerfen – ein         der Annahme von immateriellen, rein ma-
Bestreben, zu dem es in den umliegenden           thematischen Modellen gewichen. Dabei
Hochkulturen keine Parallelen gibt.               wurde etwa von Geminos (1. Jh. v. Chr.) so-       Abb. 1: Mit Hilfe von Epizykeln (schwarz), Kreisen, die
                                                                                                    auf Kreisen rollen, konnte Ptolemaios die Rückläufig-
                                                  gar in Erwägung gezogen, dass die einzel-         keit der Planeten erklären. Bild: St. Scholz, A. Koch
                                                  nen Fixsterne verschieden weit entfernt
Von der Scheibe zur Kugel                         sein könnten.
                                                  Von den Babyloniern her war bekannt, dass         neigten Kreis um die Sonne bewege». Da-
Erstaunlich früh hat sich bereits die Vorstel-    – neben Sonne und Mond – noch fünf wei-           mit hatte er zum ersten Mal in der Antike
lung von der Kugelgestalt der Erde ent-           tere Himmelskörper in entgegengesetzter           ein heliozentrisches Weltbild entworfen.
wickelt. Sie dürfte, vorerst noch spekulativ,     Richtung selbständige Bahnen ziehen. So-          Das heliozentrische Weltbild wurde in der
im Kreise der Pythagoreer aufgekommen             mit waren neben der Fixsternsphäre noch 7         Folgezeit in Fachkreisen gelegentlich disku-
sein. Der älteste Beleg findet sich bei Pla-      weitere anzunehmen: Das populäre Modell           tiert, hatte aber – nicht nur in der Antike –
ton, der persönliche Kontakte mit Pythago-        mit der Erde im Zentrum und den 8 um sie          gegenüber der Macht der Alltagserfahrung
reern pflegte. Er vergleicht im «Phaidon»         kreisenden Sphären war damit gegeben.             einen schweren Stand. Schliesslich spre-
(um 365 v. Chr.) die Erde mit einem Leder-        Bei näherem Zusehen stellte man jedoch            chen wir heute auch noch von Sonnenauf-
ball. Nun liessen allerdings die bekannten        fest, dass die 5 Planeten viel kompliziertere     gang statt etwa von Erdzuwendung. Beson-
Beobachtungen von Schiffen, die am Hori-          Bewegungen ausführten: Sie blieben mit-           ders folgenschwer war, dass sich Ptole-
zont verschwinden, oder von Sternen, die je       unter stehen, liefen zurück oder bildeten         maios, der grosse Astronom in der ausge-
nach Beobachtungsort ihre Höhe über dem           Schleifen. Also musste man zur Erklärung          henden Antike, in Kenntnis des Aristarch
Horizont verändern, lediglich auf eine ge-        der Planetenbahnen weitere Sphären pos-           dezidiert für das geozentrische Weltbild
krümmte Erdoberfläche schliessen. Darum           tulieren. Unter der bis Kepler unangefoch-        entschieden und damit das sog. «Ptolemäi-
ist der erste mathematisch einschlägige Be-       tenen Annahme, dass bei Himmelskörpern            sche Weltbild» für anderthalb Jahrtau-
weis für die durchgehende Kugelgestalt der        nur Kreisbewegungen möglich seien, be-            sende festgeschrieben hatte. Wenig be-
Erde von besonderer Bedeutung: Aristote-          half man sich mit sog. Epizyklen, auf denen       kannt ist der Umstand, dass er dies nicht
les argumentiert absolut schlüssig in seiner      man die Planeten rotieren liess (Abb. 1). Eu-     aus Starrsinn oder Konservativismus tat,
Schrift «De caelo» (um 350 v. Chr.), dass bei     doxos (4. Jh. v. Chr.), ein Zeitgenosse Pla-      sondern aus einer mathematisch absolut
Mondfinsternissen die Projektion des Erd-         tons, brauchte zur Erklärung aller festge-        schlüssigen Überlegung: Wenn die Erde
schattens auf den Mond immer kreisrund            stellten Anomalien 26 Sphären, Kallipos 34        eine Umlaufbahn um die Sonne machen
sei, der dazwischentretende Körper – die          und Aristoteles, diese Erklärungsmethode          sollte – seit Aristarchs Abstandsberechnun-
Erde – somit kugelförmig sein müsse.              auf die Spitze treibend, schliesslich deren 55.   gen von Sonne und Mond hatte man immer-
War die Kugelgestalt der Erde erkannt, lag                                                          hin eine gewisse Vorstellung von deren Di-
es nahe, sich Gedanken über deren Dimen-                                                            mension –, dann müssten sich doch Verän-
sionen zu machen. Die Erdumfangsberech-           Vom geozentrischen                                derungen am Fixsternhimmel einstellen,
nung des Eratosthenes (um 250 v. Chr.)            zum heliozentrischen Weltbild                     d. h., es müssten sich Parallaxen der Fix-
gehört zu den Glanzresultaten antiker Wis-                                                          sterne ergeben. Solche Parallaxen liessen
senschaften: Er mass zur Zeit des Sommer-         Mit diesen Erklärungsmodellen hatte man           sich aber nicht nachweisen.
solstitiums die Winkeldifferenz der einfal-       recht brauchbare Näherungswerte für die           Als Kopernikus das Konzept eines heliozen-
lenden Sonnenstrahlen in Syene (heute As-         Planetenbahnen gefunden: Man kannte die           trischen Weltbildes wieder aufgriff (in sei-
suan, fast genau auf dem Sommerwende-             Abstandsreihenfolge, die ungefähren Um-           nem 1543 erschienenen Werk «De revolutio-
kreis) sowie an seinem Wirkungsort Alex-          laufzeiten und die Neigung ihrer Bahnen.          nibus orbium caelestium» beruft er sich
andria. Dann multiplizierte er den gemes-         Allein vom geozentrischen Standpunkt aus          ausdrücklich auf Aristarch von Samos), war
senen Wert von 1/50 des Kreisbogens mit der       liessen sich die Planetenbewegungen, be-          die Welt noch nicht dafür bereit. Selbst der
Basisstrecke Alexandria–Syene von 5 000           sonders bei den inneren Planeten, nie wi-         grosse Astronom Tycho Brahe lehnte es ab.
Stadien. Er erhielt so einen Erdumfang von        derspruchslos erklären. Darum hatte Arist-        Erst in einem mühevollen Ablösungspro-
250 000 Stadien bzw. von etwa 39 000 km           arch von Samos, «um die Himmelsphäno-             zess konnte sich der Paradigmenwechsel
bis 41 000 km ( je nach Umrechnung) – ein         mene zu retten», um 250 v. Chr. die kühne         vollziehen. Durch die Beobachtung der Su-
Wert, der bis ins 17. Jh. nicht verbessert wor-   These aufgestellt, «dass die Erde sich um         pernovae von 1572 und 1604, durch die Ent-
den ist.                                          ihre Achse und gleichzeitig in einem ge-          deckung der Jupitermonde und der Venus-

                                                                                                         B U L L E T I N E T H Z ü r i c h N r. 2 9 0 A u g u s t 2 0 0 3   7
Research Collection - ETH Zürich
Abb. 2: Das Ptolemäische Weltsystem stark vereinfacht.                             Abb. 3: Das Weltsystem des Kopernikus, von ihm selbst vereinfacht dargestellt.
    (Kupferstich 1742, aus «Wandel des Weltbildes»                                     Die Sonne steht im Zentrum der Welt. Die Erde hat nur den Mond als
    von Prof. J.Teichmann)                                                             Trabanten behalten und kreist mit ihm um die Sonne.
                                                                                       (Holzschnitt 1543, aus «Wandel des Weltbildes» von Prof. J. Teichmann)

    phasen durch Galilei («Sidereus Nuntius»                           zept des Aristoteles, das von der Stoa, vom           Dieser mehr spekulative Kenntnisstand be-
    von 1610), durch die Erkenntnis der ellipti-                       Neuplatonismus, von der Scholastik des                hielt durch das ganze Mittelalter und die
    schen Umlaufbahnen der Planeten durch                              Mittelalters übernommen wurde und bis zu              Renaissance hindurch weitgehend seine
    Kepler (1609 in seiner «Astronomia nova»)                          Galilei seine Dominanz behalten sollte: Im            Gültigkeit und erfuhr erst durch Newtons
    wurde das aristotelische Weltbild Schritt                          Zentrum liegt die Erde mit ihren vier Ele-            Entdeckung, dass diese Gravitationskräfte
    für Schritt demontiert. Dennoch blieb der                          menten, die sich in einem ständigen Verän-            auch im kosmischen Raum wirken, die ent-
    Widerstand gegen das heliozentrische                               derungsprozess befinden. Darüber wölbt                scheidende Wende («Philosophiae naturalis
    Weltbild so gross, dass Galilei seine Befür-                       sich die ewige, unveränderliche Zone der              principia mathematica 1687»).
    wortung des kopernikanischen Weltbildes                            Gestirne mit ihren vollkommenen Kreis-
    in seinem «Dialogo» (1632) bekanntlich ab-                         bewegungen, in der ganz andere Gesetze
    schwören musste; dieses Werk blieb bis                             herrschen und die notwendigerweise auch
    1835 auf dem «Index der verbotenen                                 einem anderen, «göttlicheren» Element,
    Bücher».                                                           dem «Aether» oder der später so genannten                Literatur
    Das Argument des Ptolemaios gegen das                              «Quinta Essentia», vorbehalten blieb.                    A. Stückelberger, Einführung in die anti-
    heliozentrische Weltbild, mit dem sich Gali-                       Angesichts solcher Vorstellungen ist der                 ken Naturwissenschaften, Darmstadt
    lei ausführlich auseinandersetzte, konnte                          heftige Widerstand verständlich, der auf-                1988.
    allerdings auch er nicht widerlegen. Erst                          kam, als schon Demokrit (5. Jh. v. Chr.) be-             ders., Ptolemaios und das heliozentri-
    1838, als auch die Sonne ihre zentrale Stel-                       hauptete, «es gebe viele Kosmen» und das                 sche Weltbild, in: Antike Naturwissen-
    lung im All bereits verloren hatte, gelang es                      ganze All bestehe nur aus «Atomen und                    schaft und ihre Rezeption 8, 1998, 83–99.
    Friedrich W. Bessel, bei 61 Cygni eine Fix-                        leerem Raum», oder wenn Anaxagoras (5.
    sternparallaxe vom verschwindenden Be-                             Jh. v. Chr.), angeregt durch die Beobachtung
    trag von ca. 1/3 Bogensekunde nachzuwei-                           eines Meteoritenfalls, die Sonne für einen
    sen und damit Ptolemaios endgültig zu wi-                          «feurigen Klumpen» hielt und den Mond als                Forschungsinformationen
    derlegen.                                                          ein «Gebilde aus Erde» bezeichnete: Demo-                Prof. Stückelbergers Forschungsschwer-
                                                                       krit ist des Atheismus bezichtigt und Ana-               punkte sind die antiken Naturwissen-
                                                                       xagoras sogar vor Gericht gezogen worden                 schaften und ihre Rezeptionsgeschichte;
    Astrophysikalische Ansätze                                         – der Galilei-Prozess scheint vorgespurt.                besondere Beachtung schenkt er den an-
                                                                       In dieselbe Richtung geht die einzige aus                tiken wissenschaftlichen Illustrationen.
    Weit verbreitet war – nicht nur bei den                            der Antike erhaltene «astrophysikalische»                www.kps.unibe.ch/stueckelberger3.html
    Griechen – die Vorstellung, dass die Ge-                           Schrift, der Traktat des Plutarch «Über das              www.ptolemaios.unibe.ch
    stirne göttliche Wesen seien; die 7 Plane-                         Mondgesicht» (Ende 1. Jh. n. Chr.), in wel-
    tengötter, die unseren Wochentagen die                             chem – ganz antiaristotelisch – ein Ge-
    Namen gaben, zeugen noch davon. Mit die-                           sprächspartner aus den seltsamen Flecken              Prof. Dr. Alfred Stückelberger
    ser mehr populären Vorstellung vertrug                             auf der Mondoberfläche den Schluss zieht,             Leiter der Ptolemaios-Forschungsstelle
    sich durchaus das brillante, durch seine                           dass der Mond eine ähnliche Beschaffen-               am Institut für Klassische Philologie der
    Einfachheit bestechende dualistische Kon-                          heit haben müsse wie die Erde.                        Universität Bern

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Research Collection - ETH Zürich
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Research Collection - ETH Zürich
E N T W I C K L U N G D E R T E L E S KO P E

     D E R B E WA F F N E T E B L I C K
     ZUM HIMMEL
     ALEX FELLER

     Der Astronom der Renaissance blickte auf den gleichen Sternenhimmel wie
     seine Vorgänger in der Antike. Dem blossen Auge bot sich ein nahezu
     statisches Universum. Nach Galilei sollte sich dies ändern. Die Erweiterung
     der menschlichen Wahrnehmung durch das Teleskop erlaubte es, Neues zu
     sehen, und veränderte unser Bild vom Universum vollständig. Die Entwick-
     lung der Teleskope, insbesondere der Übergang von erdgebundenen zu
     satellitengestützten Teleskopen, brachte der astrophysikalischen Forschung
     enorme Fortschritte.

     Galileo Galilei richtete im Jahr 1609 sein ers-                    Das so modifizierte Instrument hatte ein         Spiegel statt Linsen
     tes selbst gebautes Linsenfernrohr auf den                         grösseres Gesichtsfeld und man konnte
     Himmel. Diese holländische Erfindung                               Messskalen in der Bildebene des Objektivs        1663 entwarf der schottische Mathematiker
     eröffnete der Astronomie eine neue Epoche                          anbringen.                                       James Gregory ein Teleskop, bei dem er die
     mit ungeahnten Möglichkeiten. So konnte                            Im 17. Jahrhundert bestanden die Linsen aus      Objektivlinse durch zwei sphärische Konkav-
     erstmals beobachtet werden, dass andere                            einem einzigen Glas und konnten nur ku-          spiegel ersetzte. Ein paar Jahre später baute
     Planeten von Monden umwandert wurden,                              gelförmig geschliffen werden. Die Auflö-         sich Isaac Newton in Cambridge ein kleines
     die Erde somit nicht alleiniges Zentrum al-                        sung der Fernrohre war dadurch stark be-         Spiegelteleskop (Abb. 1). Seine Hauptmoti-
     ler Bewegungen sein kann. Galileos Fern-                           einträchtigt: die schlimmsten optischen          vation war die Beseitigung der chromati-
     rohre hatten ein konvexes Objektiv und ein                         Fehler waren die sphärische und die chro-        schen Aberration, die er im Rahmen sei-
     konkaves Okular. Sie vergrösserten die be-                         matische Aberration. Man half sich, indem        ner«Neuen Theorie über Licht und Farben»
     trachteten Objekte bis zu zwanzigmal (Abb. 1).                     man nur leicht gekrümmte, langbrennwei-          (1672) als Konsequenz der Lichtbrechung er-
     Nach der Veröffentlichung von Galileis                             tige Linsen verwendete und mittels Blen-         kannt hatte. Es sollten jedoch noch zwei
     «Sternenbote» (1610), einer wichtigen em-                          den das einfallende Licht auf den Zentral-       Jahrhunderte vergehen, bis das Spiegelte-
     pirischen Unterstützung des kopernikani-                           bereich der Linsen beschränkte. Dadurch          leskop zum dominierenden Instrument in
     schen Weltsystems, wurde das Teleskop                              ging jedoch viel Licht verloren, und die Fern-   der Astronomie wurde.
     zum begehrten Hilfsmittel für jeden Mit-                           rohre waren schwer zu handhaben. Johann
     streiter in der kosmologischen Debatte.                            Hevelius, ein deutscher Beobachter dieser
     Überall in Europa wuchs sowohl die Nach-                           Zeit, besass z. B. Teleskope von bis zu 50 m     Das Teleskop als Winkelmessgerät
     frage nach dem Instrument als auch das In-                         Länge.
     teresse an der Verbesserung seiner Leis-                                                                            In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts
     tung. Johannes Kepler verwendete ab 1611                                                                            begann man, mit Messskalen in der Brenn-
     in seinem Fernrohr ein konvexes Okular.                                                                             ebene des Objektivs zu experimentieren,
                                                                                                                         um die Position der Beobachtungsobjekte
                                                                                                                         im Okular präzise ablesen zu können. Bald
                                                                                                                         wurden die klassischen Winkelmessgeräte
                                                                                                                         mit Teleskopen kombiniert, um die Genau-
                                                                                                                         igkeit der Positionsmessungen zu steigern.
                                                                                                                         Ein Beispiel ist das Passageinstrument
                                                                                                                         (Abb. 3, siehe S. 12).

     Abb.1: Links: Strahlengang im galileischen und keplerschen Linsenfernrohr.
     Rechts: Strahlengang im newtonschen Spiegelteleskop.

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Abb. 2: Das HST in seiner Umlaufbahn während einer Wartungsmission. Astronauten befinden sich ausserhalb des Shuttles, um neue Instrumente zu installieren.
Unsere Erde bietet einen spektakulären Hintergrund. Eine neue Wartungsmission im Jahr 2004 soll das HST mit einer empfindlicheren Kamera, der Wide-Field-Camera 3,
ausstatten, welche vom ultravioletten bis zum nah-infraroten Wellenlängenbereich arbeitet. Bild: NASA

Optische Teleskope im 19. und                            ser an das Yerkes Observatory der Univer-                sern, um eine vergleichbare Abbildungs-
20. Jahrhundert                                          sität Chicago für das grösste je gebaute                 qualität wie bei Linsen zu erhalten? Die
                                                         Linsenteleskop.                                          ersten Spiegel des 17. Jahrhunderts wurden
Im 19. Jahrhundert konzentrierten sich die               Mit der Einführung der Photographie und                  aus einer Kupfer-Zinn-Legierung gefertigt –
Teleskopbauer auf die Linsenfernrohre. Man               der Spektroskopie in die Astronomie zeig-                eine wenig zufrieden stellende Lösung. Das
machte grosse Fortschritte in der Herstel-               ten die ausgereiften Linsenteleskope wieder              Metall war schwer zu formen, beschlug
lung optisch hochwertiger Glassorten. Das                eine alte Schwäche. Die achromatischen Lin-              schnell und musste daher ständig neu po-
wachsende Know-how der Optikfirmen                       sen waren für visuelle Beobachtungen ent-                liert werden, wobei wiederum die Gefahr
beim Schleifen von Linsenoberflächen und                 worfen worden, die Photoplatten waren je-                bestand, die Spiegelform zu verändern. Um
die Verwendung von achromatischen Linsen                 doch über den sichtbaren Spektralbereich                 1853 entwickelte der deutsche Chemiker Jus-
reduzierten die störenden optischen Fehler               hinaus empfindlich. Die Konsequenzen wa-                 tus von Liebig ein Verfahren, um eine sehr
der Linsenfernrohre erheblich. Unter den                 ren z. B. unscharfe Weisslichtbilder oder de-            dünne Silberschicht auf einer Glasober-
Linsenherstellern ist besonders der Deut-                fokussierte Abschnitte von Sternspektren.                fläche aufzubringen. Nun konnten die Op-
sche Joseph Fraunhofer zu nennen. Seine                  Das Interesse an den farbfehlerfreien Spie-              tikhersteller ihr Können beim Schleifen von
Nachfolger, Merz und Mahler, lieferten 1846              gelteleskopen wurde wieder geweckt.                      Glasoberflächen auch in der Spiegelherstel-
eine Objektivlinse von etwa 1 m Durchmes-                Wie aber konnte man die Spiegel verbes-                  lung einsetzen. Das neue Verfahren brachte

                                                                                                                        B U L L E T I N E T H Z ü r i c h N r. 2 9 0 A u g u s t 2 0 0 3   11
Teleskope ausserhalb der
                                                                                                                      Erdatmosphäre

                                                                                                                      Beobachtungen ausserhalb der Lufthülle
                                                                                                                      der Erde erschlossen der Astronomie die
                                                                                                                      Spektralgebiete, die von der Erdatmosphäre
                                                                                                                      vollständig absorbiert werden. Die Welt-
                                                                                                                      raumastronomie begann um 1946: mithilfe
                                                                                                                      von V2-Raketen aus deutschen Rüstungsbe-
                                                                                                                      ständen gewann man erste Ultraviolett-
                                                                                                                      und Röntgenaufnahmen der Sonne. Nach
                                                                                                                      dem erfolgreichen Flug des ersten künstli-
                                                                                                                      chen Erdsatelliten Sputnik I begann 1957
                                                                                                                      eine rasante Entwicklung von Raumsonden
                                                                                                                      zur Erkundung des Sonnensystems (z. B.
                                                                                                                      Voyager, 1977) und von satellitengestützten
                                                                                                                      Beobachtungsinstrumenten. Röntgen- und
                                                                                                                      gammaempfindliche Satelliten gibt es seit
                                                                                                                      1970. Ein aktuelles Beispiel ist HESSI (Abb. 4).
                                                                                                                      Im infraroten Wellenlängenbereich musste
     Abb.3: Passageinstrument (19. Jh.) aus der ETH-Sammlung Sternwarte. Das Fernrohr kann in der Nord-Süd-           man erst die Eindämmung der Wärmestrah-
     Ebene (Meridian) gedreht werden. Die Koordinate auf dem Himmelsäquator, die Rektaszension, wird aus der Zeit
     des Durchgangs des Sterns durch den Meridian bestimmt.
                                                                                                                      lung durch die Instrumente in den Griff be-
                                                                                                                      kommen. Der erste Infrarotsatellit IRAS
                                                                                                                      führte ab 1983 Beobachtungen aus. Im Be-
     wichtige Vorteile gegenüber der Herstel-                           Radioteleskope                                reich der Mikrowellen stand ab 1989 mit
     lung von Linsen. Erstens musste das Licht                                                                        COBE der erste Satellit für Langzeitmessun-
     nicht durch das Glas hindurch. Man konnte                          Sichtbares Licht ist nur eines der beiden     gen der kosmischen Hintergrundstrahlung
     also Glasblöcke von geringerer optischer                           Spektralbänder, welche die Erdatmosphäre      zur Verfügung.
     Qualität verwenden und so grössere Öff-                            durchlässt. Das andere Band liegt im Be-      Weltraumgestützte Beobachtungen im vi-
     nungen fertigen. Zweitens musste nur eine                          reich der Radiowellen mit Wellenlängen        suellen Bereich haben vor allem den Vorteil,
     Oberfläche geschliffen werden anstelle der                         zwischen etwa 1 mm und 30 m. Obwohl           dass die Bilder nicht durch Luftunruhe ver-
     vier für eine achromatische Linse.                                 Heinrich Hertz bereits 1888 die Ausbreitung   schlechtert werden. Das 1990 gestartete
     In der Folgezeit wurde das Spiegelteleskop                         von Radiowellen im freien Raum entdeckte,     2,4-m-Hubble-Weltraumteleskop brachte
     zum bevorzugten Instrument. In der ersten                          waren die Empfänger für Radioastronomie       eine Steigerung der Winkelauflösung um
     Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Spiegel                         noch lange Zeit zu unempfindlich. Erst 1932   etwa einen Faktor 10 gegenüber erdgebun-
     in einem Stück von 2,5 m bis 5 m Durchmes-                         konnte Karl Jansky die Radiostrahlung der     denen Teleskopen (Abb. 2, siehe S. 11). Die
     ser angefertigt. Die Teleskope waren nun                           Milchstrasse im Meterwellenbereich nach-      Bildstörungen durch die Luftunruhe können
     leistungsfähig genug, um z. B. Sternspek-                          weisen. Die Entdeckung der 21-cm-Linie des    zwar heutzutage durch eine so genannte
     tren aufzunehmen oder sehr schwache ex-                            Wasserstoffs 1951 machte die Radioastrono-    «adaptive Optik» kompensiert werden. Bis
     tragalaktische Lichtquellen zu untersuchen.                        mie zu einem attraktiven Hilfsmittel beim     jetzt gelingt diese Korrektur jedoch meis-
     Ein weiterer Leistungssprung gelang in den                         Studium der Bewegung der interstellaren       tens nur in einem kleinen Bereich des Ge-
     90ern mit einer neuen Generation von                               Materie in unserer Milchstrasse und ande-     sichtsfeldes.
     Grossteleskopen, die aus mehreren Segmen-                          ren Sternsystemen. Ein ernstes Problem war
     ten zusammengesetzt sind und deren kom-                            die Winkelauflösung der Radioteleskope.
     binierte Spiegelflächen Durchmessern von                           Diese ist proportional zum Durchmesser
     10 m bis 20 m entsprechen.                                         des Teleskopes und invers proportional zur
     Diese Entwicklung ging einher mit einer                            Wellenlänge der Strahlung. Radioteleskope
     Entprivatisierung der Observatorien. Waren                         müssen also einen viel grösseren Durch-
     führende Beobachter des 19. Jahrhunderts,                          messer haben, um vergleichbare Auflösun-
     wie z. B. Herschel oder Rosse, noch zugleich                       gen zu erreichen wie im visuellen Bereich.
     Erbauer und Eigentümer ihrer Teleskope, so                         Abhilfe schaffte das Prinzip der Interfero-
     werden Bau und Betrieb von professionel-                           metrie um 1950. Ein Beispiel für den Erfolg
     len Observatorien im 20. Jahrhundert zu                            der Radioastronomie ist die Entdeckung der
     einer nationalen oder auch internationalen                         kosmischen Hintergrundstrahlung, eine
     Angelegenheit. Beispiele sind die staatlich                        wichtige Informationsquelle für unser heu-    Abb. 4: In den 90er-Jahren ist HESSI (High Energy Solar
                                                                                                                      Spectroscopic Imager) in Zusammenarbeit mit dem
     finanzierte AURA (Association of Universi-                         tiges Bild von der Entstehung des Univer-     Paul Scherrer Institut entwickelt und gebaut worden.
     ties for Research in Astronomy) in den USA                         sums.                                         Mit HESSI kann erstmals eine hochaufgelöste
                                                                                                                      Abbildung im harten Röntgen- und Gammabereich
     oder die ESO (European Southern Observa-                                                                         mit hochauflösender Spektroskopie kombiniert
     tory), ein Konsortium von europäischen                                                                           werden. Somit kann von jedem Bildpunkt ein detail-
                                                                                                                      liertes Energiespektrum erstellt werden. Bild: NASA
     Staaten, welches die beiden Südsternwar-
     ten in Chile sponsert.

12   B U L L E T I N E T H Z ü r i c h N r. 2 9 0 A u g u s t 2 0 0 3
Abb. 5: McMath-Pierce-Sonnenteleskop auf Kitt Peak, Arizona. Mit einem Spiegeldurchmesser von etwa 1,5 m und einer Brennweite von rund 80 m ist es das grösste
Sonnenteleskop der Welt. Das Institut für Astronomie der ETH Zürich führt hier mit seinem ZIMPOL-System regelmässig Beobachtungen durch.

Detektoren                                                 Glossar                                                  Forschungsinformationen
                                                                                                                    Alex Feller gehört zur Arbeitsgruppe
Anders als in den meisten Disziplinen der                  Chromatische Aberration: Die verschie-                   von Prof. Stenflo. Seine Forschungs-
Physik kann der Astrophysiker keine direk-                 denen Farben des Lichts brechen sich in                  schwerpunkte liegen in der solaren
ten Experimente an seinen Forschungsob-                    einer Linse aus einem Glas unterschied-                  Astrophysik; speziell doktoriert er über
jekten durchführen. Die einzige Möglich-                   lich stark. Das Bild bekommt einen                       die Instrumentierung für solare Polari-
keit, an Information über kosmische Objekte                Farbsaum. In einer achromatischen Linse                  metrie.
zu gelangen, ist der Nachweis und die Ana-                 (Hall und Dollond, 1758) kombiniert                      http://www.astro.phys.ethz.ch/instru-
lyse ihrer Strahlung. Ebenso wichtig wie die               man zwei Gläser mit verschiedenen                        ment/zimpol/zimpol_nf.html
Teleskope sind dabei die Detektoren. Be-                   Brechungseigenschaften, sodass sich                      http://www.astro.phys.ethz.ch/home_
schränkt man sich inmitten der Vielfalt der                ihre Farbfehler gegenseitig aufheben.                    nf.html
Detektoren nur auf den Nachweis des sicht-                 Interferometrie: Bringt man das Licht
baren Lichts und die angrenzenden Berei-                   von zwei Teleskopen in einer Entfer-
che (UV, nahes Infrarot), so geht die Ent-                 nung D zur kohärenten Überlagerung,
wicklung über die Photoplatten (um 1880),                  so erhält man entlang ihrer Verbin-
die «Photomultiplier» (um 1950) bis hin zu                 dungslinie die Winkelauflösung eines
den Halbleiterdetektoren wie z. B. den                     Teleskops mit Durchmesser D. Dieser
«Charge Coupled Devices» (CCDs, seit 1980),                kann sehr gross gewählt werden. Ver-
um nur die wichtigsten zu nennen. Auch die                 bindet man nun auf eine bestimmte
ETH Zürich ist an der Entwicklung von De-                  Weise mehrere Teleskope miteinander,
tektoren beteiligt: ZIMPOL (Zurich Imaging                 so kann man ein zweidimensionales
POLarimeter), ein Instrument zur Polarisa-                 Bild des beobachteten Objekts rekons-
tionsanalyse von Licht, wird seit den 90ern                truieren: die Winkelauflösung ist viel
erfolgreich an Grossteleskopen in den USA                  höher als mit einem Teleskop allein.
(Abb. 5) und Spanien eingesetzt.                           Sphärische Aberration: Parallele Licht-
                                                           strahlen werden von einer kugelförmi-
                                                           gen Linse nicht zu einem einzigen Brenn-              Alex Feller
                                                           punkt gebündelt.                                      Doktorand am Institut für Astronomie
                                                                                                                 der ETH Zürich

                                                                                                                       B U L L E T I N E T H Z ü r i c h N r. 2 9 0 A u g u s t 2 0 0 3   13
DER BLICK INS UNIVERSUM

     EINE REISE DURCH R AUM
     UND ZEIT
     S I M O N L I L LY

     Heutzutage können wir Strahlung von zahlreichen verschiedenen Objekten
     im Universum empfangen und untersuchen. Aufgrund der endlichen
     Lichtgeschwindigkeit schauen wir jedoch immer in die Vergangenheit. Das
     Teleskop wird zur Zeitmaschine. Mittlerweile haben Beobachtungen
     Galaxien aufgedeckt, die ihr Licht aussandten, als das Universum noch in
     den Kinderschuhen steckte.

     Ausschnitt aus dem Sternbild Hydra (Wasserschlange) mit der Spiralgalaxie ESO 510-13. Bild: ESO

     Die endliche Geschwindigkeit des Lichts be-                        oder Stunden, aber die Reise des Lichts von   Die Ausdehnung des Universums führt
     wirkt, dass wir astronomische Objekte nicht                        den nächsten Sternen bis zu uns dauert        dazu, dass das Licht entfernter Galaxien zu
     so wahrnehmen, wie sie «jetzt» sind, son-                          Jahre (siehe Sequenz S. 16 und 17).           längeren Wellenlängen hin verschoben wird
     dern wie sie zu dem Zeitpunkt waren, als                           Wenn wir uns über die Grenzen unserer         (Doppler-Effekt). Die sogenannte Rotver-
     das Licht, das wir heute empfangen, seine                          eigenen Galaxie hinausbewegen, wachsen        schiebung z einer Galaxie kann von Astro-
     Reise zu uns antrat. Dieser Effekt wurde be-                       die Rückschauzeiten beträchtlich: auf Mil-    nomen durch den Vergleich der beobachte-
     reits 1670 von Ole Römer genutzt, um die                           lionen oder sogar Milliarden von Jahren.      ten Wellenlänge von bestimmten spektra-
     Lichtgeschwindigkeit aus Beobachtungen                             Das eröffnet die Möglichkeit, das Teleskop    len Merkmalen, wie zum Beispiel den Emis-
     von Verdunklungen bei den Jupitermonden                            als Zeitmaschine für eine Reise in die Ver-   sionslinien angeregter Gase, deren Wellen-
     mit bemerkenswerter Genauigkeit abzulei-                           gangenheit zu benutzen und das Univer-        länge bekannt ist, leicht gemessen werden.
     ten. Die Zeitverzögerungen in unserem Son-                         sum so zu betrachten, wie es in früheren      Wir definieren die Grösse (1+z) als das Ver-
     nensystem belaufen sich nur auf Minuten                            Zeiten aussah.                                hältnis der beobachteten Wellenlänge zur

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emittierten Wellenlänge. In einem expan-        sehen, sehr ähnlich sah. Wir fanden unge-                 ihrem Leben betrachten, da schwere Ele-
dierenden Universum gibt diese Grösse ge-       fähr dieselbe Anzahl grosser Galaxien, viele              mente mit der Zeit durch die sukzessive Bil-
nau das Verhältnis zwischen der relativen       davon mit denselben Spiralstrukturen, die                 dung von Sternen aufgebaut werden.
Ausdehnung des Universums zum Zeit-             man heute in Scheibengalaxien sieht. Die                  Jenseits von z ≈ 3 wird es viel schwieriger,
punkt, als das Licht ausgesendet wurde,         Zahl inaktiver Galaxien, die nicht aktiv Sterne           Galaxien zu finden und zu studieren. Mit
und seiner jetzigen Ausdehnung an.              bildeten, war ebenfalls ungefähr gleich. Die              zunehmender Rotverschiebung werden sie
Hauptziel der Astrophysik und eine der          Ansammlungen von Galaxien, wie wir sie                    nicht nur viel leuchtschwächer, sondern ihr
Hauptmotivationen für die Konstruktion          heute sehen, waren also zu dieser Zeit be-                Licht wird auch zu immer grösseren Wellen-
der nächsten Generation von Beobachtungs-       reits vorhanden. Andererseits beobachte-                  längen verschoben. Innerhalb des letzten
anlagen ist, zu verstehen, wann und wie         ten wir deutliche Hinweise auf sich ent-                  Jahres wurden von verschiedenen For-
sich mit unserer Milchstrasse vergleichbare     wickelnde Galaxienpopulationen. Wir schätz-               schungsteams – darunter unser eigenes –
Galaxien gebildet und welche physikali-         ten zudem, dass die Sternenbildungsrate im                Galaxien mit der sehr hohen Rotverschie-
schen Prozesse ihre weitere Entwicklung be-     Universum insgesamt um den Faktor 6–10                    bung von z ≈ 6,5 gefunden. Diese Galaxien
stimmt haben. Galaxien waren mit grosser        höher war als heute.                                      sieht man zu einem Zeitpunkt, an dem das
Wahrscheinlichkeit das Resultat von kleinen     Wenig später konnten Charles Steidel und                  Universum weniger als eine Milliarde Jahre
Dichtefluktuationen im sehr frühen Univer-      seine Mitarbeiter in den USA das neu in Be-               alt war – wir schauen zu ihnen über 95 Pro-
sum, welche durch die Gravitationsinstabi-      trieb genommene 10-m-Keck-Teleskop, das                   zent der bisher verstrichenen Zeit zurück.
lität zunahmen. Diese anfänglichen Dichte-      erste einer neuen Generation sehr grosser                 Die Wellenlängen des Lichtes dieser äus-
fluktuationen stellt man sich als das Resul-    optischer Teleskope, zum Isolieren einer gros-            serst weit entfernten Galaxien wurden um
tat von Quantenfluktuationen während ei-        sen Zahl von Galaxien mit z ≈ 3 benutzen,                 den Faktor 7,5 verschoben, sodass sie in opti-
ner anfänglichen «inflationären» Phase in       indem sie ein deutliches spektrales Merk-                 schen Bildern wie zum Beispiel dem Hub-
der Ausdehnung des Universums zu einem          mal verwendeten: Man erwartet, dass Gala-                 ble-Feld vollkommen unsichtbar sind, da
unvorstellbar frühen Zeitpunkt (10-35 s) vor.   xien wegen der Lichtabsorption durch Was-                 das Licht der Sterne aus dem optischen
Während wir ein erfolgreiches Paradigma         serstoffgas in den Galaxien selbst und im                 Wellenlängenbereich ins Infrarote verscho-
für die Entwicklung der Dichtefluktuatio-       umgebenden intergalaktischen Medium bei                   ben wurde.
nen in der zugrunde liegenden Dunklen           Wellenlängen unterhalb vom 100 nm dun-
Materie haben, sind die Interaktionen der       kel erscheinen. Man sieht diese Galaxien
baryonischen Materie hoch komplex und           mit z ≈ 3 zu einer Zeit, als das Universum                Die Suche nach jüngsten Galaxien
nur schlecht verstanden. Wenn wir dieses        erst etwa 20 Prozent seines heutigen Alters
Phänomen verstehen, wird das unzweifel-         hatte. Die Galaxien, die bis zu diesem Zeit-              An der ETH Zürich haben wir einen neuen
haft Auswirkungen auf fast alle Bereiche        punkt entdeckt wurden, erscheinen deut-                   und effizienteren Weg gefunden, um nach
der Astrophysik haben und einen wichtigen       lich als «junge» Galaxien. Ihnen fehlt die                diesen Galaxien zu suchen. Erste Beobach-
Schritt zum Verständnis des Universums          entwickelte morphologische Struktur von                   tungen zur Überprüfung unseres Konzepts
und unseres Platzes darin darstellen.           Scheibe und Bulge. Ausserdem weisen sie                   mit dem 3,6-m-Canada-France-Hawaii-Te-
                                                eine hohe Sternentstehungsrate auf. Sie ha-               leskop haben bereits ein Multi-Galaxien-
                                                ben nur etwa ein Drittel so viel schwere Ele-             system mit einer wahrscheinlichen Rotver-
Blick in die Frühphase des Universums           mente, z. B. C, N und O, wie die Sonne. Dies              schiebung von z = 6,43 zum Vorschein ge-
                                                deutet darauf hin, dass wir sie sehr früh in              bracht. Wir warten im Moment mit Span-
Eine der bemerkenswerten Entwicklungen
der beobachtenden Astrophysik während
des letzten Jahrzehnts war, mit der Milch-
strasse vergleichbare Galaxien über einen
riesigen Bereich in der Rotverschiebung zu
finden und zu studieren. Dies bedeutet
«Rückschauzeiten» von bis zu etwa 95 Pro-
zent des gegenwärtigen Alters des Univer-
sums. Unsere am weitesten zurückreichen-
den Bilder, wie das Hubble-Feld (Hubble
Deep Field, Abb. 1), breiten die Geschichte
des Universums vor unseren Augen aus und
ermöglichen uns einen bemerkenswerten
Blick auf die Physik im grössten Massstab.
Eine der ersten bedeutenderen Untersu-
chungen des entfernten Universums wurde
von mir und einer Gruppe französischer
und kanadischer Astronomen in den frühen
90ern durchgeführt. Die Canada-France-
Redshift-Survey untersuchte ungefähr 1000       Abb. 1.: Das Hubble-Feld, gegenwärtig das am weitesten zurückreichende Bild des Universums, das je mit optischen
                                                Wellenlängen gemacht wurde. Es gibt ungefähr 2000 Galaxien in diesem kleinen Fleck Himmel (ungefähr
Galaxien zurück bis zu z ≈ 1, als das Univer-   1% der Fläche des Vollmondes). Der gemessene Bereich der Rotverschiebung für viele von ihnen reicht von tiefen
sum etwa 40 Prozent seines gegenwärtigen        Verschiebungen von Galaxien in der heutigen Epoche bis zu den am weitesten entfernten Galaxien mit z ≈ 5,7.
                                                Ausgewählte Galaxien sind hervorgehoben und ihre Rotverschiebung und die Zeit, in der das Licht zu uns reiste,
Alters hatte. Zu jenem Zeitpunkt fanden wir     (als Bruchteil des Alters des Universums) angegeben.
ein Universum vor, das dem, das wir heute

                                                                                                                B U L L E T I N E T H Z ü r i c h N r. 2 9 0 A u g u s t 2 0 0 3   15
Abb. 2.: Das Very Large Telescope (VLT) der ESO befindet sich auf dem 2600 m hohen Cerro Paranal in der chilenischen Atacama Wüste, wo ausgezeichnete Sichtverhältnisse
     herrschen. Die gesamte Anlage, die aus vier 8,2-m-Hauptteleskopen sowie mehreren auf Schienen beweglichen 1,8-m-Hilfsteleskopen besteht, stellt zurzeit das grösste
     optische Teleskopsystem der Erde dar. Neben exzellenten Einzelbeobachtungen mit jedem individuellen Teleskop, besteht die Möglichkeit, das Licht aller Komponenten mit
     Hilfe der kleineren Teleskope zu interferieren. Dadurch lassen sich Bildqualitäten erzielen, die denen eines einzigen virtuellen Teleskopes mit einem Spiegeldurchmesser
     von 200 m entsprechen. Dieses erfordert eine mechanische Stabilität des Systems von weniger als 1 µm, eine der herausragendsten Leistungen moderner Beobachtungstechnik.
     Bild: ESO

     Mars                                                               Saturn                                          Alpha Centauri
     13 Lichtminuten entfernt                                           80 Lichtminuten entfernt                        4,3 Lichtjahre entfernt
     das entspricht 230 Mio. km                                         das entspricht 1432 · 106 km                    das entspricht 40,7 · 1012 km
     Bild: NASA                                                         Bild: ESO                                       Bild: ESO

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nung auf weitere Beobachtungen mit dem          eine Teleskopanlage aus einem Netzwerk          schen Ariane-Rakete in den Weltraum ge-
Very Large Telescope (VLT) auf dem Cerro        von 64 12-m-Antennen für den Millimeter-        schossen werden. Das JWST besitzt einen
Paranal in Chile (Abb. 2). Wir erwarten, dass   Wellenlängenbereich.                            Hauptspiegel von 6,5 m Durchmesser. Es
diese Beobachtungen eine noch viel grös-                                                        wird zum L2-Punkt, einem Punkt eine Mil-
sere Anzahl von Galaxien mit dieser Rotver-                                                     lion Kilometer von der Erde entfernt, ge-
schiebung zum Vorschein bringen werden.         Mit dem JWST zur Grenze des                     schossen. Das ist 4-mal weiter entfernt als
Beinahe alle beobachtenden Untersuchun-         Universums                                      der Mond. Dort wird das ganze Teleskop bis
gen von Galaxien mit sehr hoher Rotver-                                                         zu einer Temperatur von ca. 50 K abgekühlt,
schiebung wurden mit Hilfe von Beobach-         Wenn wir zu immer höheren Rotverschie-          sodass es aussergewöhnlich empfindlich
tungen im optischen und nahen Infrarot-         bungen vorstossen, immer weiter hinaus in       im Infraroten wird. Es ist etwa 105-mal so
Wellenlängenbereich bei ca. 1 µm durchge-       den Weltraum und weiter zurück in der Zeit,     empfindlich wie das grösste Teleskop auf
führt. Jedoch weist ungefähr die Hälfte der     was wird unsere Sicht begrenzen? Wir wis-       dem Erdboden. Dies sollte es ermöglichen,
gesamten Strahlungsenergie, die je von Ob-      sen, dass es eine endgültige Grenze gibt, die   extrem rotverschobenes Sternenlicht zu
jekten im Universum emittiert wurde, viel       durch die Strecke festgelegt wird, die das      entdecken, das wir von Objekten erwarten,
grössere Wellenlängen auf, und zwar im          Licht seit dem Urknall zurückgelegt haben       die dieses «erste Licht» ausgesendet haben.
fernen Infrarot und Submillimeter-Wellen-       kann. Tatsächlich stossen wir schon vor die-    Mit der Entwicklung von JWST und ALMA
längenbereich um 100 µm. Diese Emission         ser endgültigen Grenze auf eine praktisch       wird es Astronomen innerhalb eines Jahr-
wurde zuerst in den Daten des NASA-Satel-       bedingte. In den ersten 350 000 Jahren nach     zehntes ermöglicht, Beobachtungen aus
liten COBE (Cosmic Background Imager,           dem Urknall war das Universum ein undurch-      der ganzen Geschichte von Sternen und Ga-
1995) als diffuser Hintergrund von ausser-      sichtiges Plasma, in dem wir einzelne Ob-       laxien im Universum zu machen, indem wir
halb unserer Galaxie wahrgenommen. Die-         jekte auch dann nicht sehen könnten, wenn       die bemerkenswerte Fähigkeit unserer Tele-
ser Hintergrund stammt von Staubkörnern,        sie tatsächlich existierten. In Wirklichkeit    skope nutzen, uns in die Vergangenheit zu
die Sternenlicht absorbiert haben, das wir      dürften sich die ersten leuchtenden Ob-         transportieren, um dort unser Universum
andernfalls im optischen Wellenbereich          jekte erst einige Zeit später gebildet haben:   direkt zu beobachten.
entdeckt hätten. Diese Staubpartikel sind       Die ersten Sterne und prägalaktischen Ob-
bis auf Temperaturen von ca. 50 K aufge-        jekte bildeten sich bei Rotverschiebungen
heizt und strahlen diese Energie im fernen      um z ≈ 20–30, was einem Zeitpunkt unge-
Infrarot und im Submillimeterbereich wie-       fähr 200 Millionen Jahre nach dem Urknall
der ab.                                         entspricht. Würden wir über dieses «erste          Forschungsinformationen
Während solche Galaxien heute weniger           Licht» hinausgehen, würden wir nur einem           Prof. Dr. Simon J. Lilly wurde letztes Jahr
als 0,3 Prozent aller von Galaxien emittier-    dunklen Universum begegnen. Möglicher-             als Interdisziplinär-Wissenschaftler für
ten Energie beisteuern, produzierten ähn-       weise können wir dieses prägalaktische Gas         das JWST ausgewählt und wird nach
liche Objekte zum erwähnten Zeitpunkt           mit der Hilfe der nächsten oder übernächs-         dem Start einige der ersten Beobach-
ungefähr 20 Prozent des gesamten Ener-          ten Generation von Radioteleskopen ent-            tungen mit dem Teleskop machen. Er
gieausstosses des Universums. Wir vermu-        decken. Aber von diesen Beobachtungen              ist ebenfalls Schweizer Mitglied des
ten, dass diese extrem leuchtstarken Gala-      sind wir noch weit entfernt.                       europäischen ALMA-Ausschusses.
xien den Schlüssel zum Rätsel um die Bil-       Die Entdeckung des «ersten Lichts» selbst,
dung und frühe Entwicklung von Galaxien         d. h. der ersten Sterne und der prägalakti-
darstellen. Um diese Fragen zu beantwor-        schen Objekte, die das Universum bildeten,
ten, wird in der Atacama-Wüste in Chile in      ist das Ziel bei der Entwicklung des James-     Simon Lilly
5000 m Höhe mit dem Bau des europäi-            Webb-Weltraum-Teleskops (JWST). JWST,           Professor für experimentelle Astrophysik
schen und nordamerikanischen Atacama-           der Nachfolger des Hubble-Weltraum-Teles-       am Institut für Astronomie des
Large-Millimeter-Arrays (ALMA) begonnen –       kopes (HST), soll 2011 mit einer europäi-       Departements Physik der ETH Zürich

Galaktisches Zentrum                            Andromeda-Galaxie                               Deep Field
27 000 Lichtjahre entfernt                      2,2 · 106 Lichtjahre entfernt                   Teils 16,3 · 109 Lichtjahre entfernt
das entspricht 2,6 · 1017 km                    das entspricht 2,1 · 1019 km                    das entspricht 1,5 · 1023 km
Bild: NOAO; AURA; NSF                           Bild: MPIA                                      Bild: MPIA

                                                                                                      B U L L E T I N E T H Z ü r i c h N r. 2 9 0 A u g u s t 2 0 0 3   17
R Ö N TG E N - U N D R A D I O W E L L E N I M U N I V E R S U M

     DA S U N S I C H T B A R E
     UNIVERSUM
     PA O L O G R I G I S U N D A R N O L D O. B E N Z

     Röntgenwellen unterscheiden sich von sichtbarem Licht durch ihre tausendfach
     höhere Frequenz und Energie pro Photo; Radiowellen weisen hingegen eine
     tausendfach kleinere Frequenz und Energie auf. Viele Himmelskörper strahlen
     in allen Wellenlängenbereichen vom Röntgen- bis zum Radiobereich.
     Sind Röntgen- und Radiostrahlung besonders intensiv, ist dies immer ein Indiz für
     hochenergetische Vorgänge.

     Farbkodierte Röntgenaufnahme des Zentrums der Milchstrasse, gewonnen mit dem Satelliten CHANDRA. Der Ausschnitt umfasst 2 x 0,8 Grad, entsprechend 900 x 360 Lj.
     Bild: NASA

     Röntgen- und Radiowellen beinhalten kom-                           chemische Entwicklung. Hochenergiepro-             nen und Protonen beschleunigt, deren to-
     plementäre Informationen und werden oft                            zesse sind die Ursache für die heissen Hül-        tale Energie das Millionenfache des jährli-
     zur Fernerkundung von Teilchen mit hoher                           len von Sternen, und in der Folge für Schock-      chen Schweizer Stromverbrauchs beträgt.
     Energie gemeinsam beobachtet. Die hoch-                            wellen und Sternwinde. Einzelne kosmische          Die Ausgangsenergie liegt im Magnetfeld
     energetischen Vorgänge im Universum sind                           Hochenergieteilchen erreichen Energien             und in elektrischen Strömen. Sie wird ver-
     allgemein von Interesse, da sie mit ihren un-                      von 1020 eV und übertreffen damit die Pro-         mutlich zunächst in turbulente Wellen um-
     vorstellbaren Energien seine Entwicklung                           dukte von irdischen Teilchenbeschleunigern         gewandelt, die ihre Energie den Teilchen
     mitprägen. Hochenergetische Teilchen durch-                        um viele Zehnerpotenzen. Für die kosmi-            der Sonnenkorona weitergeben. Andere Vor-
     dringen zum Beispiel selbst Dunkelwolken,                          schen Beschleunigungsprozesse scheint zu           gänge wie Schockwellen und elektrische
     in denen Sterne entstehen, und ionisieren                          gelten, dass sie umso weniger verstanden           Felder spielen energetisch eine untergeord-
     sowohl Moleküle als auch Atome. Dies hat                           werden, je näher sie bei der Erde stattfin-        nete Rolle.
     entscheidende Auswirkungen auf die Stern-                          den. In Sonneneruptionen werden in weni-
     entstehung im Allgemeinen sowie auf die                            gen Sekunden grosse Mengen von Elektro-

     Abb. 1: Das Spektrogramm von Röntgen- und Radiowellen der Sonneneruption vom 24. April 2003, beobachtet mit RHESSI und
     dem Spektrometer Phoenix-2 der ETH. Die Intensität der beiden Wellen wird für jedes Energie- bzw. Frequenzintervall
     (vertikale Achse) und jedes Zeitintervall (horizontale Achse) in Bildform aufgetragen. Die Darstellung erlaubt einen Überblick
     über die verschiedenen Emissionsprozesse hochenergetischer Elektronen.

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Entwicklung der Radio- und
Röntgenbeobachtungen

Röntgenstrahlen erreichen die Erdoberfläche
nicht und müssen im Weltraum beobachtet
werden. Das macht Röntgenteleskope teuer
und limitiert ihre Grösse. In den 1960er-Jah-
ren wurden von Raketen aus kosmische Rönt-
genstrahlen entdeckt. Seither haben die Be-
obachtungsmöglichkeiten beachtlich zuge-
nommen, doch sind sie immer noch durch
den kleinen Fluss der beobachteten kosmi-
schen Röntgenphotonen begrenzt. Radio-
wellen hingegen können auf der Erdober-
fläche seit gut 50 Jahren mit viel grösseren
Teleskopen gemessen werden. Sie haben
ebenfalls von der technischen Entwicklung
profitiert. Es gibt heute Interferometer mit
zusammengeschalteten Teleskopen über                                                 Abb. 2: Die aktive Sonnenkorona in den Wellenlängen des extremen
                                                                                     Ultravioletts (blau), Röntgenstrahlen (gelb) und Radiowellen (rot).
ganze Kontinente, welche selbst von relativ                                          Der Bildausschnitt zeigt einen Zehntel des Sonnenradius nahe der
kleinen kosmischen Quellen scharfe Bilder                                            Mitte der Sonnenscheibe am 1. Oktober 2002.
machen können.
                                                später wird von 2000 MHz bis 4000 MHz             erscheint. Diese Struktur scheint der Ort zu
                                                die intensive Synchrotronstrahlung ener-          sein, wo die Koronaaktivität Energie frei-
Sonnenbeobachtungen mit RHESSI                  giereicher Elektronen sichtbar (rot). Zwi-        setzt. Die mehrere hunderttausend Kilome-
                                                schen 1000 und 2000 MHz wurden Pulsa-             ter lange Struktur ist wahrscheinlich zu
Die Teilchenbeschleunigung in der Sonnen-       tionen (rot) registriert, die direkt dem Be-      heiss für TRACE. Die beschleunigten Elek-
korona hinterlässt Spuren in Röntgen- und       schleunigungsprozess zugeschrieben wer-           tronen gelangen zum Bogen, wo sie ihre
Radiowellen. Abb. 1 zeigt das Spektrum ei-      den. Eine Schockwelle macht sich als drif-        Energie durch Stösse unter Abstrahlung
ner Sonneneruption in beiden Bereichen.         tende Struktur von 600 bis 100 MHz be-            von Röntgenwellen verlieren.
Verschiedene Energien und Frequenzen sind       merkbar (gelb). Bei etwas höheren Frequen-        Die Entdeckung von Aktivitätszonen ist nur
vertikal gegen den zeitlichen Verlauf (hori-    zen zeigt sich vermutlich eine sekundäre Be-      möglich, indem Röntgen- und Radiowellen
zontal) aufgetragen. Je intensiver eine Emis-   schleunigungsregion, die sich in der Korona       kombiniert werden. Noch ist dies nur in
sion, desto heller wird sie als Bildpunkt im    nach aussen bewegt (gelb-grün).                   speziellen Fällen möglich, wenn verschie-
so genannten Spektrogramm eingetragen.                                                            dene Instrumente gleichzeitig beobachten.
Die Röntgenbeobachtungen stammen vom                                                              An Abb. 2 waren vier Teleskope beteiligt.
NASA-Satelliten RHESSI (Ramaty High Energy      Strukturen in der Sonnenkorona                    Ihre Kombination ist wie ein Puzzle, das erst
Solar Spectroscopic Imager), der mit Detek-                                                       dann einen Sinn gibt, wenn genügend Ele-
toren aus Germanium ausgerüstet ist und         Der RHESSI-Satellit kann erstmals die ener-       mente zusammengefügt sind.
die Energie jedes einfallenden Röntgen-         giereiche Röntgenstrahlung abbilden mit-
quants genau messen kann. Die ETH war an        tels eines neuen bildgebenden Verfahrens.
der Software-Entwicklung für den Satelli-       Zum ersten Mal können Astrophysiker die
ten beteiligt und besitzt ein Datenzentrum,     Sonnenkorona gleichzeitig in den wichtigs-          Forschungsinformationen
in dem alle Messungen vorverarbeitet und        ten Wellenlängen studieren. In Abb. 2 ist die       Paolo Grigis gehört zur Arbeitsgruppe
gespeichert werden. Die Radiowellen in          Quelle der Röntgenstrahlung auf einem               von Prof. Dr. A. Benz. Der Forschungs-
Abb. 1 hat das ETH-Spektrometer Phoenix-2       Bild des TRACE-Satelliten (Transition Region        schwerpunkt dieser Arbeitsgruppe ist
in Bleien bei Gränichen (AG) empfangen. Es      And Coronal Explorer) eingezeichnet, der            die Plasmaphysik. P. Grigis arbeitet im
ist das breitbandigste Radioteleskop der        die ruhige Korona in einer Spektrallinie des        Rahmen seiner Doktorarbeit auf dem
Erde und speziell für spektrale Übersichts-     achtfach ionisierten Eisens beobachtete             Gebiet der koronalen Heizungsvorgänge,
messungen geeignet. Die Röntgenphoto-           (Temperatur etwa 1,5 Millionen K). Die Ra-          Mikroflares sowie Beschleunigungspro-
nen unter 20 keV in Abb. 1 stammen vor al-      diostrahlung wurde mit dem ETH-Spektro-             zesse in Sonneneruptionen.
lem aus dem über 20 Millionen Grad heis-        meter identifiziert und auf der Frequenz            http://hesperia.gsfc.nasa.gov/hessi/,
sen Plasma der Eruption. Photonen mit           von 327 MHz mit dem Very Large Array in             http://www.hessi.ethz.ch/pop/
höherer Energie wurden durch Hochener-          New Mexico (USA) lokalisiert. Die roten
gie-Elektronen verursacht. Um 12.50 Uhr         Kreise zeigen ihre Position und Stärke.
am 24. April 2003 bewegte RHESSI eine Ab-       Im räumlichen Vergleich von Röntgen- und         Paolo Grigis
sorberplatte vor die Detektoren, um sie vor     Radiowellen (Abb. 2) zeigen sich überra-         Doktorand am Institut für Astronomie
Sättigung zu schützen. Die Radiostrahlun-       schende Unterschiede. Während die Rönt-          der ETH Zürich
gen beginnen um 12.48 Uhr bei 800 MHz           genstrahlung aus dem oberen Teil eines
(etwas unterhalb der Frequenz von Mobil-        Magnetbogens stammt, sind die Radioquel-         Arnold Benz
telefonen). Sie werden von Elektronenstrah-     len entlang einer höher liegenden Struktur       Professor am Institut für Astronomie
len in der Sonnenkorona verursacht. Etwas       angeordnet, welche im TRACE-Bild dunkel          der ETH Zürich

                                                                                                       B U L L E T I N E T H Z ü r i c h N r. 2 9 0 A u g u s t 2 0 0 3   19
T E I LC H E N P H Y S I K U N D KO S M O L O G I E

     ARCHÄOLOGI E DES
     UNIVERSUMS
     F E L I C I TA S PAU S S

     Allnächtlich fasziniert uns die Pracht des Sternenhimmels. Jedoch ruft der Blick
     in die unermessliche Ferne auch Fragen auf: «Woraus besteht unser Uni-
     versum? Wie gross ist es? Hatte es immer diese Form? Wird es immer so bleiben?»
     Was wissen wir heute über die Entstehung und Entwicklung unseres Universums?
     Wichtige Thesen dazu können mit Hilfe der Teilchenphysik überprüft werden.

     30 Doradus, eine Sternentstehungsregion in der Grossen Magellanschen Wolke im Sternbild Doradus (Schwertfisch). Bild: NASA

     Ein Zitat von Einstein lautet: «Das Unver-                         Die Welt der Elementarteilchen                  Der Ursprung der Teilchenmassen:
     ständlichste am Universum ist, dass wir es                                                                         Was ist die Ursache für die mehrere Zehner-
     verstehen!» Was hat Einstein mit dieser                            Mit immer komplexeren Experimenten bei          potenzen auseinanderliegenden Teilchen-
     Aussage gemeint? Von Einsteins ursprüng-                           höchsten zur Verfügung stehenden Teil-          massen? Wie erhalten Teilchen ihre Masse?
     licher Annahme, dass das Weltall statisch                          chenstrahlenergien ist es in den vergange-      Der so genannte Higgs-Mechanismus ist im
     ist, bis zum heutigen, scheinbar schneller                         nen Jahrzehnten gelungen, die Grundbau-         Standardmodell für die Erzeugung der Teil-
     expandierenden Weltraum gab es viele Ent-                          steine der Materie und ihre Wechselwirkun-      chenmassen verantwortlich. Sein experi-
     wicklungen und Erkenntnisse, zu denen                              gen zu erforschen. Seit 1989, dem Beginn        menteller Nachweis oder das Aufdecken al-
     auch die Welt des Mikrokosmos – die Welt                           der Datennahme am Large-Electron-Po-            ternativer Möglichkeiten ist eine zentrale
     der Teilchenphysik – wesentlich beigetra-                          sitron Collider (LEP), dem Beschleuniger am     Aufgabe am zukünftigen Large Hadron Col-
     gen hat. Gerade diese Verbindung zeigt                             CERN in Genf, wissen wir, dass es zwölf         lider (LHC) des CERN (vgl. Kasten S. 22).
     eine der faszinierendsten Entwicklungen                            Grundbausteine der Materie gibt: sechs
     der vergangenen Jahre, nämlich die zuneh-                          Quarks und sechs Leptonen. Neben diesen         Die Vereinigung der fundamentalen Kräfte
     mende Symbiose zwischen Teilchenphysik                             Grundbausteinen gibt es auch noch weitere       in einer einheitlichen Theorie:
     und Kosmologie. Gemeinsames Ziel ist es,                           Teilchen. Diese sind für die Kräfte, die zwi-   Gibt es eine Kraft als gemeinsamen Ursprung
     ein einheitliches Bild der Welt zu erhalten,                       schen den Grundbausteinen wirken, verant-       der bekannten fundamentalen Kräfte? Die
     das von den kleinsten Abständen zur Zeit                           wortlich. Die als «Standardmodell der Teil-     am LEP sehr genau vermessenen Stärken
     des Urknalls bis zu kosmischen Dimensio-                           chenphysik» bezeichnete Theorie beschreibt      der Kräfte (elektromagnetische, schwache
     nen, d. h. der Grösse unseres sichtbaren                           die verschiedenen Wechselwirkungen zwi-         und starke Wechselwirkung) deuten auf
     Weltalls, gültig ist (Abb. 1). Ein solches Bild,                   schen den Grundbausteinen und gehört            eine Vereinheitlichung der fundamentalen
     welches die Entwicklung des Universums                             wegen ihrer genauen, von Experimenten           Kräfte hin, die sich bei sehr hohen Energien
     vom Urknall bis heute zeigt, muss die in den                       bestätigten Vorhersagen zu den grossen Er-      manifestieren, wie sie in den ersten Augen-
     unterschiedlichen Bereichen beobachteten                           rungenschaften der modernen Teilchen-           blicken nach dem Urknall existierten. Die
     Phänomene durch dieselben Gesetzmässig-                            physik. Insbesondere haben die am LEP er-       supersymmetrische Erweiterung des Stan-
     keiten miteinander verbinden. Wichtige                             haltenen Ergebnisse, welche auf einer           dardmodells sagt eine solche Vereinheitli-
     Voraussagen zur Entstehung des Weltalls                            zwölfjährigen Datennahme und Analyse            chung voraus und stellt auch eine Symme-
     können mit Experimenten in der Teilchen-                           der e+e--Kollisionen bei Schwerpunktener-       triebeziehung zwischen den Grundbaustei-
     physik überprüft werden. Andererseits hat                          gien bis zu 209 GeV beruhen, einen wesent-      nen der Materie und den Trägerteilchen der
     die Kosmologie einen bedeutenden Einfluss                          lichen Beitrag dazu geleistet.                  Wechselwirkungen her. Als Konsequenz
     auf teilchenphysikalische Aspekte, wie z. B.                                                                       dieser Theorie müsste es auch eine neue Art
     die Frage nach der Existenz und Natur                                                                              von Materie geben, die gleichzeitig mit der
     neuartiger Materieformen, der offensichtli-                        Fundamentale offene Fragen                      uns bekannten Materie existieren kann.
     chen Asymmetrie zwischen Materie und                                                                               Diese neue Welt des Mikrokosmos zu ent-
     Antimaterie oder der Struktur von Raum                             Trotz des bisher enormen Erfolges des Stan-     decken und ihre Gesetzmässigkeiten zu
     und Zeit.                                                          dardmodells lässt es einige fundamentale        studieren, gehört mit zu den wichtigsten
                                                                        Fragen unbeantwortet. Für die weitere Ent-      Zielsetzungen am LHC.
                                                                        wicklung und somit für ein besseres Ver-
                                                                        ständnis der Physik des Mikrokosmos soll-
                                                                        ten in der Zukunft Antworten auf folgende
                                                                        Fragen gefunden werden:

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