ERKLÄRUNG UND PROGNOSE VON WOHNUNGSMIETEN BESTIMMUNG WESENTLICHER EINFLUSSFAKTOREN - MITTELS KORRELATIONSANALYSE - Empira
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ERKLÄRUNG UND PROGNOSE VON WOHNUNGSMIETEN BESTIMMUNG WESENTLICHER EINFLUSSFAKTOREN MITTELS KORRELATIONSANALYSE RESEARCHBERICHT APRIL 2018
REAL EXPERTS. REAL VALUES. Erklärung und Prognose von Wohnungsmieten. Bestimmung wesentlicher Einflussfaktoren mittels Korrelationsanalyse In Zeiten hoher Marktdynamik und steigender Wettbewerbsintensität sind leistungsfähige Systeme der Analyse und Entscheidungsunter- stützung unverzichtbar. Das Immobilien- und Markt-Research arbeitet dabei insbesondere an den Themen Informationserhebung, Kennzah- lenbewertung und Potenzialeinschätzung. Entscheidend ist dabei die Kenntnis von Einflussfaktoren bezogen auf immobilienwirtschaftliche Zielgrößen. Die vorliegende Studie zeigt Methoden und Ergebnisse ei- ner solchen Parameteranalyse bezogen auf die Zielgröße Marktmiete. Die Datengrundlage berücksichtigt die Wohnungsmärkte Deutsch- lands in Städten ab 70.000 Einwohner. 2
REAL EXPERTS. REAL VALUES. Inhaltsangabe 01 | Ausgangspunkt: Bedarf an Modellen zur Erklärung und Prognose von Wohnungsmieten 4 02 | Erkenntnisse bisheriger Studien zu Einflussfaktoren auf Wohnungsmieten 5 03 | Städtedaten und Bundesvergleich im Fokus der aktuellen Studie 11 04 | Bestimmung relevanter Einflussfaktoren mittels Korrelationsanalyse 13 05 | Bestimmung relevanter Zeitbezüge mittels Time-Lag-Analysen 15 06 | Untersuchungsergebnisse auf Ebene Deutschland 16 07 | Untersuchungsergebnisse auf der Ebene Städte 21 08 | Ergebnis der Analysen auf Städte und Bundesebene 25 09 | Fazit: Praktische Anwendung und weiterer Forschungsbedarf 26 10 | Literatur/Quellen 30 3
REAL EXPERTS. REAL VALUES. 01 | Ausgangspunkt: Bedarf an Modellen zur Erklärung und Prognose von Wohnungsmieten Die Erträge eines Immobilienportfolios resul- eine Prognose notwendig. Auch wenn diese tieren in erster Linie aus den vereinnahmten stets mit einem gewissen Maß an Unsicherheit Mieten. Mittelbar beeinflussen diese über den behaftet ist, so sind zumindest Kenntnisse zu Ertragswert auch potenzielle und tatsäch- Wachstumsraten und deren Bandbreiten für liche Veräußerungserlöse. Vorgelagert und die weitere Planung und entsprechende Ent- wesentlicher Einflussfaktor der individuellen scheidungssituationen hilfreich. Relevante Vertragsmiete ist die für den Standort, die Kennzahlen beziehen sich oftmals spezifisch Nutzungsart und die Qualität anzusetzende auf einen Teilmarkt, da sich Mieten kurz-, mit- Marktmiete. Diese ist sowohl ein Benchmark tel- und langfristig teils sehr unterschiedlich des strategischen Portfoliomanagements und entwickeln. Dies gilt nicht nur bezogen auf Controllings als auch von Interesse im opera- verschiedene Länder, sondern auch für klei- tiven und taktischen Bereich, beispielsweise nere Regionen und Nutzungsarten. bei der Bepreisung zu vermietender Flächen, der Formulierung von Verträgen und der Pla- Ein Beispiel für die Mietenentwicklung in grö- nung von Transaktionszeitpunkten. ßeren Städten Deutschlands zeigt folgende Grafik, in der drei Ergebniskonstellationen Marktmieten sind für die Vergangenheit aus – Minimum (Duisburg), Median (Oldenburg) Marktberichten, Datenbanken und eigenen und Maximum (Berlin) – hervorgehoben sind: Erhebungen zu ermitteln. Für die Zukunft ist BANDBREITE MIETENTWICKLUNG 170 Top 5 Berlin 160 Bayreuth Leipzig Ingolstadt 150 Mietentwicklung 2005–2015 (2005=100) Dresden 140 130 Oldenburg 120 Kaiserslautern 110 Gelsenkirchen Hagen 100 Remscheid Duisburg Flop 5 90 80 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Jahr Abbildung 1: Bandbreite Mietentwicklung (Wohnungsmieten in 11 deutschen Städten ab 70.000 Einwohnern, 2005=100) Quellen: Thomas Daily; eigene Berechnungen 4
REAL EXPERTS. REAL VALUES. Wie zu sehen ist, verläuft die Entwicklung Daten und Schnittstellen abzubilden. Auch uneinheitlich. Nach zehn Jahren liegen einige wenn manuelle Einschätzungen bei Immo- Standorte noch nahezu auf ihrem Ausgangs- bilieninvestments stets notwendig bleiben, niveau, während die Spitzenreiter über 60% so sollten sich aufwändige Prozesse der Da- zulegen können. Dabei variiert die Dynamik tenverarbeitung wie Kennzahlenberechnung, im betrachteten Zeitraum. In den ersten Jah- Trendextrapolation, Sortierung und Filterung ren lagen zahlreiche Städte eher im Mittelfeld, doch zukünftig weitgehend automatisieren die später dann sehr hohe Mietpreiszuwächse lassen, was entsprechend allgemeingültige aufwiesen und dadurch am Ende des Zeit- Erklärungs- und Prognosemodelle erfordert. raums ganz vorn lagen – beispielsweise die in der Grafik enthaltene Stadt Berlin. Ein erster wesentlicher Schritt in der Ent- wicklung von Marktbewertungs- und In der Einzelbetrachtung der Städte sind Marktprognosemodellen ist die Erhe- teilweise Besonderheiten erkennbar, die die bung relevanter Eingangsparameter. Die Entwicklung begründen können. Ein Beispiel darauf aufbauenden Modelle sollen sich auf ist der dominierende Brancheneinfluss der die wesentlichen, tatsächlich relevanten Va- Automobilindustrie in Wolfsburg. In anderen riablen konzentrieren. Die Komplexität und Städten und auch über die Gesamtmenge Störanfälligkeit des Gesamtmodells wird hinweg liegt dies jedoch nicht unmittelbar durch sparsame Parametrisierung ebenfalls auf der Hand. Erklärungen qualitativer Art begrenzt. Als Auswahlkriterien für verwendete sind ohnehin kaum dafür geeignet, Prozes- Parameter und Daten spielen der statistische se der Marktauswahl, der Risikoanalyse und und fachliche Erklärungsgehalt für die abhän- des Portfoliomanagements zu standardi- gige Zielgröße sowie die Modellperformance sieren und damit im Rahmen der aktuellen eine Rolle. Digitalisierungsansätze durch Algorithmen, 02 | Erkenntnisse bisheriger Studien zu Einflussfaktoren auf Wohnungsmieten Im Rahmen dieser Studie werden beispielhaft schaftlichen Zielgrößen. Eine andere Gruppe verschiedene Einflussfaktoren auf Wohnungs- bilden konzeptionelle Arbeiten, beispielsweise mieten im Neubausegment analysiert. Die zur statistisch-ökonometrischen Fundierung Auswahl potenziell relevanter Faktoren leitet von spezifischen Prognosemodellen. Auf einige sich u. a. aus bisherigen Forschungsarbeiten interessante Beispiele soll im Folgenden kurz im internationalen Immobilienmarkt-Research verwiesen werden. ab. Über Ausschlusskriterien und Datenreihen- tests wird diese dann schrittweise reduziert. Die langfristige Beziehung zwischen der Ziel ist eine Liste relevanter Einflussfaktoren Entwicklung von Hauspreisen, Pro-Kopf-Ein- auf die Entwicklung der Wohnungsmieten, kommen, Bevölkerung und weiterer die eine fachliche Grundlage für die weitere Fundamentalgrößen war Gegenstand einer Modellierung schafft. Studie von Gallin (2003). Unter Verwendung von Daten für 95 Metropolregionen der Ver- Die Suche nach und Bewertung von einigten Staaten über einen Zeitraum von 23 Einflussfaktoren auf Immobilienmarktent- Jahren wurde in dieser Arbeit aufgezeigt, wicklungen war wiederholt Gegenstand der dass eine Veränderung der Kaufpreise für immobilienökonomischen Forschung. Eine Häuser nur in begrenztem Umfang von der Vielzahl an Forschungsarbeiten widmete Entwicklung der betrachteten Kennzahlen, sich in den letzten Jahren der empirischen, insbesondere dem Einkommen, abhängig marktbezogenen Untersuchung von Zu- ist. Diese gewonnene Erkenntnis verhält sich sammenhängen zwischen determinierenden durchaus konträr zu oftmals getroffenen Variablen und bestimmten immobilienwirt- Annahmen früherer Forschungsarbeiten, de- 5
REAL EXPERTS. REAL VALUES. nen häufig ein langfristiges Gleichgewicht wie Produktivitätswachstum und Einkom- zwischen den Preisen des Wohnimmobili- men, aufgeführt. Als gegenläufiger, das heißt enmarktes und fundamentalen Kennzahlen dämpfender Effekt gilt beispielsweise eine zugrunde lag. zunehmende Steuer- und Abgabenlast. Eine These ist, dass zunehmend qualitative und Der Prognose von Mietpreisen im Einzel- regionale Differenzierungen die Wertentwick- handelssektor Großbritanniens mittels eines lung bestimmen. Regressionsansatzes widmete sich Tsolacos in seiner Studie aus dem Jahre 1995. Er kam Die Deutsche Bundesbank bewertet die Lage zu dem Ergebnis, dass insbesondere nachfra- auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt geseitige Faktoren wie die Veränderung des mittels eines eigenen Modells aus Indikato- Bruttoinlandsproduktes (BIP) sowie der Kon- ren, das sich aus finanzwirtschaftlichen (u. a. sumausgaben relevant für die Bestimmung Verschuldung der privaten Haushalte und zukünftiger Entwicklungen der Mietpreishöhe Bestand an Wohnungsbaukrediten inlän- für Einzelhandelsimmobilien sind. discher Banken), realwirtschaftlichen (z. B. Wohnungsbauinvestitionen, Auftragseingang Die Identifizierung wesentlicher Deter- im Bauhauptgewerbe bezogen auf Woh- minanten für die Wertenwicklung von nungsbau) sowie Preisindikatoren (Preise für Wohnimmobilien in Deutschland war Ge- Wohnimmobilien, Verhältnis von Kaufpreis zu genstand einer Studie von Westerheide Jahresmiete für Eigentumswohnungen, etc.) und Dick (2010). Die Autoren stellen Ein- zusammensetzt. flussfaktoren heraus, die sich langfristig auf die Wertentwicklung von Wohnimmobili- Maurer, Pitzer und Sebastian (2001) konst- en auswirken könnten. Als wertsteigernde ruierten einen hedonischen Preisindex auf Faktoren werden direkte und indirekte so- Basis von Transaktionsdaten für den Pariser ziodemographische Effekte genannt, wie Wohnimmobilienmarkt. Mit Hilfe der hedoni- beispielsweise eine steigende Anzahl privater schen Bewertung soll der Heterogenität von Haushalte oder die Zunahme der individu- Immobilienmärkten Rechnung getragen wer- ellen Altersvorsorge mittels Immobilien, als den. Analysen im Investmentprozess könnten auch volkswirtschaftliche Entwicklungen, entsprechend konstruierte Indizes optimieren. 6
REAL EXPERTS. REAL VALUES. Jedoch stellt ein solches Modell hohe Anfor- züglich der Miete aufweisen. Die untersuchten derungen an die Datengrundlage, was eine Lagevariablen (Anteil Minderjähriger, Anteil flächendeckende Umsetzung erschwert. Rentner, Anteil sozialversicherungspflichtig Beschäftigter, Ausländeranteil, Arbeitslosen- Bohl, Michels und Oelgemöller (2011) bedien- quote) zeigten hingegen kaum erklärende ten sich ebenfalls eines hedonischen Ansatzes, Effekte. Für den separierten Markt der Sozi- um am Beispiel der Stadt Münster unter An- alwohnungen ließen sich zudem ebenso auf wendung eines Regressionsverfahrens den Seiten der Wohnungseigenschaften nahezu Beitrag verschiedener Charakteristika von keine signifikanten Effekte zur Preisbildung Wohnimmobilien an deren Preisen zu schät- ausmachen. zen. Dabei kristallisierten sich neben dem Alter die Lagekriterien sowie Größenkenn- Fritzsche und Kluge (2014) widmeten zahlen der Immobilien als relevante Faktoren sich ebenfalls der Bestimmung von Miet- zur Erklärung des Preises heraus. preisdeterminanten, insbesondere mit der Unterscheidung von Ost- und West- Auf dem Gebiet der Wohnungsmieten deutschland. Angebotsseitige Faktoren mit konnten Blaas und Wieser (2004) für den Erklärungsgehalt sind demnach der Leer- Immobilienmarkt in Österreich zeigen, dass stand, die ausgewiesene Wohnfläche im die Wohnungsbauförderung einen negativen Verhältnis zur Siedlungs- und Verkehrsfläche Einfluss auf die Entwicklung der realen Markt- sowie auch das Baujahr der betrachteten mieten ausübt und dabei kurz- sowie auch Immobilie. Auf der Nachfrageseite haben langfristige Effekte entfaltet. Zudem haben das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen, die die Autoren basierend auf einer ökonome- Zuzüge sowie verschiedene Altersvariablen trischen Analyse feststellen können, dass Einfluss auf den Mietpreis. Interessant ist, kurzfristig vor allem das Haushaltswachstum dass die betrachteten Variablen je nach ost- und langfristig in erster Linie Baukosten auf oder westdeutscher Beobachtung durchaus die Marktmieten einwirken. Daneben kamen unterschiedliche Wirkung entfalten. So sie zu dem Schluss, dass Einkommenseffekte wirkt beispielsweise ein höheres verfüg- im Kontext der Entwicklung realer Marktmie- bares Einkommen in Westdeutschland ten vernachlässigbar sind. mietpreissteigernd, wohingegen dieser Ef- fekt im Rahmen der Studie für die neuen Möbert, Kortmann und Nemeth (2008) Bundesländer nicht verifiziert werden kann. testeten mit einem hedonischen Regressions- Überdies weisen Leerstandsquoten zwar in verfahren, inwiefern Wohnungseigenschaften beiden Gebieten eine negative Korrelation sowie auch soziodemografische bzw. mak- zum Mietpreis auf; diese ist in Ostdeutschland roökonomische Lagevariablen Einfluss auf allerdings wesentlich stärker ausgeprägt. Die den Mietpreis haben. Ihrer Analyse lagen Autoren schlussfolgern, dass Leerstandsquo- mehr als 27.000 Wohnungen in zehn Städten ten keine lineare Beziehung mit dem Mietpreis des Ruhrgebietes zugrunde. Es zeigte sich, haben, sondern sich erst ab einer gewissen dass Variablen zu Wohnungseigenschaften Höhe stärker auswirken. vielfach den erwarteten Erklärungsgehalt be- 7
REAL EXPERTS. REAL VALUES. Eine Übersicht bisheriger Studien zeigt folgende Tabelle: STUDIE / AUFSATZ UNTERSUCHTE ZUSAMMENHÄNGE Blaas, Wieser, Einfluss von Wohnbauförderung und Wohnungsmieten, Wohnungsbauförderung, div. Richtwertsystem auf die Mietenentwicklung, 2004 weitere Faktoren (Österreich) Bohl, Michels, Oelgemöller, Determinanten von Wohnimmobilienpreise Münster, Standort, Alter u. a. Wohnimmobilienpreisen: Das Beispiel der Stadt (Deutschland) Münster, 2011 Deutsche Bundesbank, Indikatorensystem Wohn- Lage auf dem Wohnungsmarkt, div. Indikatoren immobilienmarkt, Abruf 2018 (Deutschland) Fritzsche, Kluge, Wodurch werden die Mietpreise Mietpreise nach Landesteil, Leerstand, bestimmt? Unterschiede in den Mieten in Ost- und Wohndichte, Baujahr, verfügbares Einkommen u. a. Westdeutschland, 2014 (Deutschland) Gallin, The Long-Run Relationship between House Hauspreise, Pro-Kopf-Einkommen, Bevölkerung, etc. Prices and Income, 2003 (Metropolregionen USA) Gallin, The Long-Run Relationship between House Hauspreise und Mieten (USA) Prices and Rents, 2004 Henger, Mieten und Einkommen gehen meist Hand Wohnungsmieten, Einkommen (Deutschland) in Hand, 2016 Maurer, Pitzer, Sebastian, Konstruktion transaktions- Hedonischer Preisindex, Wohnimmobilien Paris, basierter Immobilienindizes, 2001 charakteristische Parameter wie z. B. Lage, Fläche, Ausstattung (Frankreich) Möbert, Kortmann, Nemeth, Hedonische Regression Mietpreise Ruhrgebiet, Wohnungsmerkmale, sozio- der Wohnungsmietpreise unter Berücksichtigung demographische, makroökonomische Variablen von Lagevariablen am Beispiel eines Bestandes im (Deutschland) Ruhrgebiet, 2008 OECD, Recent House Price Developments: Häuserpreise, div. Faktoren, u. a. Entwicklung The Role of Fundamentals, 2005 Einwohner und Zinsen / 18 OECD-Staaten Sirmans, MacDonald, Macpherson, Zietz, The Value Häuserpreise, charakteristische Austattungs- of Housing Characteristics: A Meta Analysis, 2006 merkmale (USA) Taltavull de la Paz, Determinants of housing prices Häuserpreise, Einwohnerentwicklung, Wirtschafts- in Spanish cities, 2003 struktur, u. a. (Spanien) Tsolacos, An Econometric Model of Retail Rents in Einzelhandelsmieten, BIP, Konsum (UK) the United Kingdom, 1995 Westerheide, Dick, Determinanten für die langfris- Wohnimmobilienwerte, Demographie, Vertei- tige Wertentwicklung von Wohnimmobilien, 2010 lungseffekte, u. a. (Deutschland) Wheaton, Nechayev, The 1998–2005 Housing ‘‘Bub- Häuserpreise, diverse Fundamentalgrößen wie z. B. ble’’ and the Current ‘‘Correction’’: What’s Different Einwohner- und Einkommensentwicklung (USA) This Time?, 2008 Abbildung 2: Auswahl bisheriger Studien zu Einflussfaktoren auf Preise bzw. Mieten Quelle: Eigene stichpunktartige Erhebung in Literaturdatenbanken und -archiven 8
REAL EXPERTS. REAL VALUES. Das Empira-Research beschäftigte sich in Grundsätzlich konnte ein Zusammenhang bisherigen Arbeiten ebenfalls mit Faktoren- von BIP und Miete bestätigt werden (Abbil- analysen. So widmete sich eine vorherige dung 3). Auffällig waren einige statistische Studie (Q4/2017) der Priorisierung von Wohn- Ausreißer wie Wolfsburg (Miete ca. 9 €/m²; immobilienmärkten anhand des Faktors BIP pro Kopf ca. 110 T€) oder Ludwigshafen Wirtschaftskraft. Analysiert wurde der Zu- am Rhein (9 €/m²; 82 T€), die gemessen am sammenhang zwischen dem regionalen BIP jeweiligen BIP pro Kopf recht preiswerte Mie- pro Kopf und dem Mietpreis im Neubauseg- ten zeigen. Dagegen sind München (>15€/ ment einer Stadt. m²; 72 T€) und Berlin (>10€/m²; 35 T€), in Relation zum BIP/Kopf, außerordentlich teure Ausgangspunkt der Empira-Studie waren The- Städte im Wohnungsmarkt, zumindest im sen zum Zusammenhang von ökonomischer Segment der Neubaumieten. Auffällig war Stärke einer Stadt und ihrem Mietniveau. Das ferner, dass nicht alle strukturschwachen untersuchte Daten-Sample umfasste 80 deut- Standorte gleichzeitig auch ein signifikant sche Städte mit mehr als 75.000 Einwohnern. niedriges Mietenniveau aufwiesen. MIETE NEUBAU | ERSTBEZUG 18,00 € 17,00 € 16,00 € 15,00 € München Miete Neubau pro m 2 p. m. 14,00 € Berlin 13,00 € Leipzig 12,00 € Frankfurt Bottrop 11,00 € Ingolstadt 10,00 € Erlangen 9,00 € Wolfsburg Ludwigshafen 8,00 € 7,00 € 6,00 € 5,00 € 20.000 € 35.000 € 50.000 € 65.000 € 80.000 € 95.000 € 110.000 € 125.000 € 140.000 € BIP pro Kopf p. a. Abbildung 3: Relation von BIP und Mieten (ab Bj. 2000, gehoben), Städte in Deutschland, Daten 2015 Quellen: Statistisches Bundesamt, Statistische Landesämter, Thomas Daily Die Analyseschritte beinhalteten Filterungen Ranking ändert sich durch die Umrechnung und Sortierungen des Untersuchungsfeldes. nichts, jedoch erlaubten diese synthetischen Eine erste Auswertung der verschiedenen Kennzahlen eine bessere Interpretation der Standorte für das Preisniveau erfolgte mit- Relation aus Angebots- und Nachfragesicht. tels einer entsprechenden Relation von Miete Die ermittelte Rangfolge ist ausschnittsweise (umgerechnet auf die Pro-Kopf-Fläche und Abbildung 4 zu entnehmen. deren Jahresmiete) zu Wirtschaftsstärke. Am 9
REAL EXPERTS. REAL VALUES. STANDORT KENNZAHLEN 2005 KENNZAHLEN 2015 ÄNDERUNG 2005–2015 BIP MIETE RELATION BIP MIETE RELATION BIP MIETE RELATION €/KOPF P. A. €/M² P. M. BIP/MIETE €/KOPF P. A. €/M² P. M. BIP/MIETE €/KOPF P. A. €/M² P. M. BIP/MIETE Ingolstadt 65.214 7,56 15,97 131.569 11,33 21,50 +102 % +50 % +35 % Dessau– 20.329 5,46 6,89 28.482 5,92 8,91 +40 % +8 % +29 % Roßlau Remscheid 27.779 7,01 7,34 34.519 7,28 8,78 +24 % +4 % +20 % Kaisers 35.352 6,27 10,44 45.310 6,72 12,49 +28 % +7 % +20 % lautern Aachen 26.898 7,56 6,59 35.248 8,31 7,85 +31 % +10 % +19 % Bremer- 29.174 5,42 9,97 33.902 7,59 8,27 +16 % +40 % –17 % haven Hannover 49.780 6,52 14,14 57.084 9,04 11,69 +15 % +39 % –17 % Berlin 26.761 6,58 7,53 35.428 10,73 6,11 +32 % +63 % –19 % Dresden 32.168 5,96 10,00 37.153 8,79 7,83 +15 % +47 % –22 % Offenbach 37.214 7,90 8,72 37.493 10,51 6,61 +1 % +33 % –24 % am Main Abbildung 4: Relation von BIP und Miete (ab Bj. 2000, gehoben), größere Städte in Deutschland, Daten 2005–2015 Quellen: Statistisches Bundesamt, Statistische Landesämter, Thomas Daily Es zeigte sich, dass es teils erhebliche Un- Nicht nur aus dem generellen wirtschaftlichen terschiede in der Entwicklung der Relation Wachstum, sondern auch aus den geän- von BIP pro Kopf zur Miete gibt. Während in derten Relationen zwischen BIP und Mieten Ingolstadt mit +35% das stärkste Wachstum konnten erste Aussagen zu Überhitzungser- dieser Kennzahl innerhalb von zehn Jah- scheinungen, Rückständen und Potenzialen ren zu beobachten war, bildete Offenbach abgeleitet werden. Insbesondere für Städte, am Main das Schlusslicht dieser Stichpro- die ein Anwachsen der BIP-Miete-Relation be ab. Hier ergab sich im selben Zeitraum aufwiesen, wurde ein gewisses Aufholpoten- durch einen Anstieg der zugrundeliegenden zial der Mietpreise angenommen. Standorte, Mietpreise von 33% bei nahezu gleichblei- in denen der Anstieg der Mietpreise nicht mit bender Wirtschaftsleistung ein Rückgang dem Wirtschaftswachstum Schritt gehalten der BIP-Miete-Relation um 24%. Auffällig hatte, sollten von Investoren gezielt angese- war ferner, dass an Standorten, in denen sich hen und hinsichtlich Ursachen und Chancen die Relation von BIP pro Kopf zur Miete im weitergehend analysiert werden. betrachteten Zeitraum teilweise drastisch verringert hatte, keineswegs eine schwache Diese und weitere Research-Studien stehen wirtschaftliche Entwicklung als allgemeine auf der Empira-Homepage (www.empira.ch) Begründung dienen konnte. zum Download bereit. 10
REAL EXPERTS. REAL VALUES. 03 | Städtedaten und Bundesvergleich im Fokus der aktuellen Studie Die erwähnten Forschungsarbeiten sind Die Auswahl der dieser Studie zugrunde- vielseitig, dabei aber auch sehr spezifisch. liegenden Daten erfolgte sowohl auf Basis Sie identifizieren für die jeweils betrach- theoretischer Überlegungen zu potenziellen teten Teilmärkte relevante Einflussgrößen. Einflüssen auf die Mietentwicklung als auch Dabei fällt auf, dass sich die Ergebnisse je anhand der Ausführungen bereits vorhan- nach regionaler, zeitlicher und typologischer dener Forschungsarbeiten. Die endgültige Fokussierung unterscheiden. Übergreifen- Auswahl der Kennzahlen und insbesondere de Untersuchungen zu Einflussfaktoren auf die Länge der für die Analyse zur Verfügung Wohnungsmietpreise in deutschen Städten stehenden Reihen ist durch die Verfügbarkeit sind nach unserem Kenntnisstand aktuell des interessierenden Datenmaterials teilweise kaum verfügbar. Das Empira-Research möch- beschränkt. Um eine konsistente Datenbasis te hierfür einen weiterführenden Beitrag nutzen zu können, wurde größtenteils auf leisten. Gesucht werden Faktoren, die eine die amtliche Statistik zurückgegriffen, die (statistisch) nachweisbare Einflussstärke auf allerdings am aktuellen Rand häufig Verzö- die Mietpreisentwicklung besitzen. gerungen in der Bereitstellung (potenziell) relevanter Größen aufweist. Die vorgenann- Die aktuelle Untersuchung basiert auf ten Überlegungen und Einschränkungen unterschiedlichen Datenreihen von korres- haben zur Auswahl der in Abbildung 5 auf- pondierenden Kennzahlen, die als potenzielle gelisteten angebots- sowie nachfrageseitigen Einflussfaktoren des Immobilienmarktes gelten Kennzahlen geführt, deren Einfluss auf die bzw. mit diesem in Wechselwirkung stehen. Er- Entwicklung der Mietpreise Gegenstand die- mittelt werden soll hierbei die Korrelation mit ser Studie ist. dem Mietpreis. Dazu wurden neben Kennzah- len auf Bundesebene auch diverse Datenreihen In die Stichprobe der 80 größeren Städte wur- von insgesamt 80 deutschen Städten mit über den überwiegend Zeitreihen ab dem Jahr 70.000 Einwohnern analysiert. 2003 in die Analyse inkludiert. Es wurden 11
REAL EXPERTS. REAL VALUES. dabei jeweils Wachstumsraten im Zehnjahres- Baujahr ab 2000, gehobene Ausstattung) in vergleich auf ihre Korrelation hin untersucht das Untersuchungsdesign ein. (Beispiel: Einwohnerentwicklung von 2005 bis 2015 zu Mietentwicklung von 2005 bis Auf Bundesebene konnten längere Reihen, 2015). Dieses Vorgehen begründet sich einer- die meist Daten ab 1995 beinhalten, genutzt seits auf der Annahme, dass dieser Zeitraum werden. Hier wurden jeweils die Wachstums- einen typischen Investitionshorizont am Im- raten zum Vorjahr gebildet und die daraus mobilienmarkt abdeckt und andererseits auf resultierenden Datenreihen der Korrelations- diese Weise ausreichend Datenpunkte für eine analyse unterzogen. Die endogene Größe Korrelationsanalyse der Stichprobe auf Stadte- stellt hierbei das jährliche Wachstum des vom bene generiert werden können. Als abhängige Statistischen Bundesamt bereitgestellten Variable flossen Mietpreise im Neubauseg- Mietenindex (2010=100) dar. ment (Euro je m², 60–80 m² Wohnungen, KENNZAHL QUELLE DATENREIHEN Anzahl Einwohner Statistisches Bundesamt, Statistische Bund: 1995–2015 Landesämter/VGR der Länder Stadt: 2003–2015 BIP (in jeweiligen Preisen) Statistisches Bundesamt, Statistische Bund: 1995–2015 Landesämter/VGR der Länder Stadt: 2003–2015 BIP je Einwohner Statistisches Bundesamt, Statistische Bund: 1995–2015 Landesämter/VGR der Länder Stadt: 2003–2015 Verfügbares Einkommen privater Haushalte Statistisches Bundesamt, Statistische Bund: 1995–2015 je Einwohner Landesämter/VGR der Länder Stadt: 2003–2015 Bruttolöhne und –gehälter je Arbeitnehmer Statistisches Bundesamt, Statistische Bund: 2000–2015 (Inlandskonzept) Landesämter/VGR der Länder Stadt: 2003–2015 Anzahl Erwerbstätige (Wohnortprinzip) Statistisches Bundesamt, Statistische Bund: 1995–2015 Landesämter/VGR der Länder Stadt: 2003–2015 Arbeitslosenquote (bezogen auf alle zivilen Statistisches Bundesamt, Statistische Bund: 1995–2015 Erwerbspersonen, Jahresdurchschnittswerte) Landesämter/VGR der Länder, Bundesagentur Stadt: 2003–2015 für Arbeit Anzahl Baugenehmigungen von Wohnungen Statistisches Bundesamt, Statistische Landes- Bund: 1995-2015 in Wohngebäuden (auf Ebene der Städte auf ämter/VGR der Länder Stadt: 2003-2015 1.000 Einwohner normiert) Fertigstellungen von Wohnungen in Statistisches Bundesamt, Statistische Landes- Bund: 1995–2015 Wohngebäuden (auf Ebene der Städte auf ämter/VGR der Länder Stadt: 2003–2015 1.000 Einwohner normiert) Fertigstellungen von Wohnfläche in Statistische Landesämter/VGR der Länder Stadt: 2003–2015 Wohngebäuden (auf 1.000 Einwohner normiert) Stadt: 2003–2015 Kaufpreise für Eigentumswohnungen (60-80 m², Thomas Daily Stadt: 2004–2015 Baujahr ab 2000, gehobene Ausstattung) Leerstandsquote von Wohnungen Statista Bund: 2001–2015 Häuserpreisindex (2015=100) Statistisches Bundesamt Bund: 2000–2015 Verbraucherpreisindex (2010=100) Statistisches Bundesamt Bund: 1995–2015 Mietpreis im Neubausegment (60-80 m², Thomas Daily Stadt: 2005–2016 Baujahr ab 2000, gehobene Ausstattung) Mietpreisindex (2010=100) Statistisches Bundesamt Bund: 1995–2017 Abbildung 5: Darstellung der ausgewählten Kennzahlen Quelle: Eigene Erhebung 12
REAL EXPERTS. REAL VALUES. 04 | Bestimmung relevanter Einflussfaktoren mittels Korrelationsanalyse Mit Hilfe statistischer Untersuchungen zur (metrisch skalierten) Merkmalen, kann je- Korrelation (ferner auch Kovarianz und Re- doch einen weit größeren, nicht begrenzten gression) können Wirkungszusammenhänge Wertebereich annehmen. Rechnerisch wird zwischen zwei bzw. auch mehreren Merkmalen die Kovarianz auf Grundlage empirischer bestimmt werden. Der Korrelationskoeffizient Beobachtungen, z. B. aus zwei Zeitreihen, kennzeichnet dabei die Art und die Stärke des ermittelt. Notwendig sind dabei gleiche Ein- Zusammenhangs im Wertebereich von -1 bis +1. heiten (z. B. Geldeinheiten, Renditeprozent). Die Kovarianz repräsentiert den arithme- Eine vorgelagerte Kennzahl ist die Kovari- tischen Mittelwert der aufsummierten, anz. Auch diese zeigt die Ausprägung des multiplizierten Abweichungen vom jeweili- linearen Zusammenhangs zwischen zwei gen Durchschnitt der betrachteten Größen. ∑(x –x) (y –y) T cov (x,y) = 1 T– 1 t t t =1 mit: cov (x, y) = Kovarianz der Variablen x und y xt , yt = div. Ausprägungen von x bzw. y x, y = Mittelwerte der Merkmalswerte von x bzw. y T = Anzahl der Merkmalswerte/Ausprägungen Abbildung 6: Berechnung der Kovarianz Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an von Auer, Ökonometrie, 2007, S. 44 Da Kovarianzen schwierig zu interpretieren unabhängig von der jeweiligen Maßeinheit sind, erfolgt die Darstellung des Wir- der Beobachtungsgrößen. Der Korrelati- kungszusammenhangs zumeist über den onskoeffizient ergibt sich aus der Kovarianz Korrelationskoeffizienten. Dieser ist aufgrund durch Berücksichtigung der Standardabwei- seines normierten Wertebereichs (-1 bis +1) chungen der jeweiligen Messgrößen. cov (x,y) cor (x,y) = σ (x) * σ (y) mit: cor (x,y) = Korrelationskoeffizient der Variablen x und y cov (x,y) = Kovarianz der Variablen x und y σ (x), σ (y) = Standardabweichung von x bzw. y Abbildung 7: Berechnung des Korrelationskoeffizienten Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an von Auer, Ökonometrie, 2007, S. 45 13
REAL EXPERTS. REAL VALUES. Bei beiden statistischen Kennziffern deuten zeigt die jeweilige Stärke und Beziehung – stark positive Werte auf einen gleichartig gleichgerichtet oder entgegengesetzt – des verlaufenden Wirkungszusammenhang der Zusammenhangs, ohne dabei jedoch Aussa- Beobachtungsgrößen hin, während signifikant gen darüber zuzulassen, ob tatsächlich ein negative Werte einen entgegengesetzten Wir- kausaler Effekt zwischen den Variablen be- kungszusammenhang kennzeichnen. Besteht steht. Werte nahe +1 stehen für einen (nahezu) zwischen den Merkmalen eine weitgehende perfekten gleichförmigen Zusammenhang, Unabhängigkeit, so nehmen sowohl die Kovari- Werte bei -1 für einen (nahezu) perfekten anz als auch die Korrelation Werte nahe Null an. gegensätzlichen Zusammenhang. Grafisch lassen sich die vorgenannten Konstellationen Die Ausprägung des Korrelationskoeffizienten wie folgt darstellen: PERFEKT POSITIV PERFEKT NEGATIV NICHT KORRELIERENDE GRÖSSEN KORRELIERENDE GRÖSSEN KORRELIERENDE GRÖSSEN KOR(X,Y) = +1 KOR(X,Y) = -1 KOR(X,Y) = 0 Miete Miete Miete Größe x Größe x Größe x Abbildung 8: Zusammenhang zweier Merkmale für unterschiedliche Korrelationskoeffizienten Quelle: Eigene Darstellung Je mehr sich der Korrelationskoeffizient also Hypothesentests bewertet. Die hierfür ge- der Grenze des jeweiligen Wertebereichs nutzte „Nullhypothese“ sagt aus, dass kein annähert, desto wahrscheinlicher ist ein sta- Zusammenhang zwischen Miethöhe und tistisch signifikanter Zusammenhang beider Einflussgröße besteht. Zur Überprüfung der Merkmale. Ein Korrelationskoeffizient gleich Nullhypothese wird der „p-Wert“ berechnet. bzw. nahe 0 steht hingegen für nicht linear Liegt dieser p-Wert unter einem festgelegten miteinander korrelierte Merkmale oder sol- Signifikanzniveau, kann die Nullhypothese che, die lediglich einen äußerst schwachen verworfen werden. Im Umkehrschluss besteht (nicht signifikanten) linearen Zusammenhang dann also ein statistischer Zusammenhang aufweisen (Wooldridge, 2003, S. 712ff). zwischen Miethöhe und Einflussgröße („Alternativhypothese“). Das jeweilige Sig- Die Korrelationsanalyse wird durch Be- nifikanzlevel ist dabei von unterschiedlichen rechnung der statistischen Signifikanz Faktoren wie z. B. der Stichprobengröße ab- abgesichert. Bei diesem Verfahren wird der hängig (Verbeek, 2000, S. 30). vorläufig ermittelte Zusammenhang durch 14
REAL EXPERTS. REAL VALUES. 05 | Bestimmung relevanter Zeitbezüge mittels Time-Lag-Analysen Neben einer gleichlaufenden Betrachtung Mietpreise nach sich zieht, da mit steigender der jeweiligen Wachstumsraten wurden Kaufkraft ein stärkerer Wettbewerb auf der ebenfalls zeitliche Verschiebungen (Ebene Nachfrageseite einsetzt. Die genannten Effek- Stadt: maximal 2 Jahre, Ebene Bund: maxi- te setzen aufgrund von laufenden Verträgen, mal 4 Jahre) auf ihren Einfluss getestet, um Suchzeiten und zu treffenden Entscheidungen mögliche vorlaufende Effekte zu identifizie- der Marktteilnehmer meist verzögert ein, eine ren, die sich erst mit zeitlicher Verzögerung unmittelbare Wirkung in der gleichen Periode in der Entwicklung des Mietpreises nieder- ist nicht anzunehmen. schlagen (Beispiel: Änderungsrate BIP je Einwohner 2013 zu 2003 gegen Mietent- Auch bei Einflüssen der Angebotsseite sind ver- wicklung von 2015 zu 2005 > Verschiebung zögerte Effekte bei den Mieten markttypisch. um 2 Jahre). Grundsätzlich sollte ein signifikant höheres An- gebot an Wohnraum die Preisentwicklung auf Hintergrund ist, dass eine positive wirtschaftli- dem Wohnungsmarkt dämpfen. Indikatoren wie che Entwicklung eines Standortes (Wachstum Baugenehmigungen und auch Fertigstellungen BIP bzw. BIP je EW) in der Regel mit einer Zu- haben jedoch stets einen gewissen Vorlauf zur nahme von Erwerbstätigkeit und Einkommen Kennzahl Miethöhe, da die Marktteilnehmer erst verbunden ist. Eine These dazu ist, dass ein verzögert die geänderte Marktsituation wahr- besseres ökonomisches Umfeld meist höhere nehmen und sich darauf einstellen. Entwicklung Miete / Einflussfaktor Time-Lag t1 t2 t3 t4 t5 t6 Zeitverlauf / Periode Einflussfaktor Miete Abbildung 9: Time-Lag Quelle: Eigene Darstellung 15
REAL EXPERTS. REAL VALUES. 06 | Untersuchungsergebnisse auf Ebene Deutschland Die Korrelationsanalyse auf Bundesebene Bestandteil des allgemeinen Verbraucher- verwendet den vom Statistischen Bundes- preisindex (VPI) sind. Der Zusammenhang amt erhobenen Mietenindex für Deutschland. zwischen VPI und Mieten wurde daher zuerst Dieser Index umfasst Nettokaltmieten von untersucht. Dabei überrascht, dass dieser Alt- und Neubauwohnungen, jedoch kei- tatsächlich nur relativ gering mit dem Mie- ne Nebenkosten. Dem gegenübergestellt tenindex korreliert. Eventuelle Abweichungen werden Zeitreihen von potenziellen Einfluss- in der Datengrundlage oder Berechnungs- faktoren auf die Wohnungsmiete. methodik sind hierfür keine Erklärung, da beide Indizes vom Statistischen Bundesamt Naheliegend ist die Überlegung, dass die berechnet und publiziert werden. Abbildung Entwicklung der Mieten mit der Änderung 10 zeigt den entsprechenden Verlauf beider des allgemeinen Preisniveaus einhergeht. Indizes (Linien, linke Skala, Basisjahr 2010) Dies ergibt sich nicht nur aus den gesamt- sowie deren Wachstumsraten im Vergleich wirtschaftlichen Zusammenhängen, sondern zum Vorjahr (Säulen, rechte Skala). allein schon statistisch daraus, dass die Mieten 115 3,5 110 3 Wachstum Indizes zum Vorjahr in % Werte Indizes (2010=100) 105 2,5 100 2 95 1,5 90 1 85 0,5 80 0 4 95 14 5 96 15 6 97 16 07 98 17 8 99 9 0 10 01 11 02 12 03 13 0 0 0 0 0 20 0 20 20 20 20 20 20 20 20 19 19 19 20 19 20 19 20 20 20 20 20 20 20 Wachstum Mietindex zum Vorjahr Mietindex Wachstum Verbraucherpreisindex zum Vorjahr Verbraucherpreisindex Abbildung 10: Verlauf/Wachstum Mietenindex und Verbraucherpreisindex Quellen: Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen Im Gesamtverlauf sind mehrere Phasen zu der 2000er Jahre zeichnete sich das Wachs- unterscheiden. Vor Beginn der Finanzkrise in tum der deutschen Wirtschaft durch eine 2007 blieb der VPI ca. zehn Jahre hinter dem sehr geringe Dynamik aus. In dieser Phase fiel Mietenindex zurück. Bis Ende der 1990er Jah- auch das Mietenwachstum geringer als die re lagen die jährlichen Wachstumsraten der allgemeine Preissteigerung aus. Der VPI wur- Mieten teils deutlich über dem Anstieg des de zudem vom sinkenden Zinsniveau sowie allgemeinen Preisniveaus. Anfang bis Mitte von steigenden Rohstoffpreisen getrieben. In 16
REAL EXPERTS. REAL VALUES. den letzten Jahren (in der Grafik sichtbar ab zu einer gewissen Glättung, die die Preisent- 2014) übertraf das Wachstum des Mietenin- wicklung bei Neuvermietungen nur anteilig dex wieder regelmäßig (mit Ausnahme des berücksichtigt. Jahres 2017) die Veränderungsrate des VPI – gleichlaufend im Zeitraum eines robusten Neben dem VPI wurden zahlreiche weite- Wirtschaftswachstums verbunden mit einem re Zusammenhänge für Variablen und Time signifikanten Anstieg der Beschäftigung. Lags getestet. Von den insgesamt 60 unter- suchten Beziehungen (zwölf Kennzahlen, je In der Gesamtbetrachtung fällt auf, dass die fünf Zeitpunkte) ergeben sich 18 statistisch Mietentwicklung eine deutlich geringere Va- signifikante Zusammenhänge; die Hälfte da- rianz als die allgemeine Preisentwicklung von mindestens zu einem vergleichsweise aufweist. Begründbar ist dies durch die Ein- guten 5%-Signifikanzniveau (p-Wert
REAL EXPERTS. REAL VALUES. BETRACHTETER LAG/ KORRELATIONS- P-WERT ZUSAMMENHANG VERSCHIEBUNG KOEFFIZIENT Mietenindex vs. Erwerbstätige gleichlaufend -0,012 0,9620 1 Jahr 0,056 0,8164 2 Jahre 0,500 0,0246** 3 Jahre 0,419 0,0745* 4 Jahre -0,004 0,9871 Mietenindex vs. Arbeitslosenquote gleichlaufend 0,056 0,8164 1 Jahr -0,060 0,8016 2 Jahre -0,331 0,1539 3 Jahre -0,300 0,2125 4 Jahre -0,100 0,6944 Mietenindex vs. Baugenehmigungen gleichlaufend 0,229 0,3309 für Wohnungen in Wohngebäuden 1 Jahr 0,129 0,5856 2 Jahre 0,388 0,0910* 3 Jahre 0,438 0,0608* 4 Jahre 0,471 0,0416** Mietenindex vs. Fertigstellungen gleichlaufend 0,244 0,2993 Wohnungen in Wohngebäuden 1 Jahr 0,208 0,3783 2 Jahre 0,304 0,1925 3 Jahre 0,588 0,0063*** 4 Jahre 0,426 0,0610* Mietenindex vs. Leerstandsquote gleichlaufend -0,502 0,0673* 1 Jahr -0,577 0,0309** 2 Jahre -0,272 0,3475 3 Jahre -0,712 0,0064*** 4 Jahre -0,493 0,1031 Mietenindex vs. Häuserpreisindex gleichlaufend 0,489 0,0641* 1 Jahr 0,386 0,1584 2 Jahre 0,796 0,0004*** 3 Jahre 0,646 0,0125** 4 Jahre 0,292 0,3326 Mietenindex vs. Verbraucher- gleichlaufend 0,140 0,5551 preisindex 1 Jahr -0,017 0,9468 2 Jahre -0,278 0,2358 3 Jahre 0,035 0,8841 4 Lags -0,087 0,7148 ***1%-Signifikanzniveau; **5%-Signifikanzniveau; *10%-Signifikanzniveau Abbildung 11: Übersicht Korrelationsanalyse Deutschland (fett: Korrelationskoeffizienten >=0,5 bzw
REAL EXPERTS. REAL VALUES. Den höchsten Korrelationskoeffizienten immer noch positive) Mietwachstum gilt. (0,796) zeigt der Häuserpreisindex mit einem zeitlichen Vorlauf zur Mietenentwicklung Der Mietenindex korreliert ebenfalls deutlich von zwei Jahren, was einen starken Zusam- mit den Bruttolöhnen und -gehältern (Platz menhang zwischen beiden Größen vermuten 2 für die gleichlaufende Reihe) und der Leer- lässt. Mietpreise scheinen sich mit zeitlicher standsquote (Platz 3 mit Time Lag von drei Verzögerung in Richtung der Häuserprei- Jahren). se anzupassen. Die Entwicklung erfolgt in gleicher Richtung. Steigenden Hauspreisen Abbildung 12 stellt die Entwicklungen gegen- folgen verzögert um etwa zwei Jahre auch über. Dabei ist zu beachten, dass die negativ steigende Mieten, was analog auch für fallen- korrelierende Änderung der Leerstandsquo- de Preise und das dann stagnierende (aber te gespiegelt (invers) dargestellt wird. 6,50 % 1,65 % 5,50 % Bruttolöhne und -gehälter / Leerstandsquote 1,55 % 4,50 % 1,45 % Entwicklung Häuspreisindex / 3,50 % Entwicklung Mietindex 2,50 % 1,35 % 1,50 % 1,25 % 0,50 % -1,50 % 1,15 % -2,50 % 1,05 % -3,50 % 0,95 % -4,50 % -5,50 % 0,85 % Änderung Mietindex Änderung Häuserpreisindex 2 Lags Änderung Bruttolöhne und -gehälter gleichlaufend Änderung Leerstandsquote 3 Lags (Invers) Abbildung 12: Entwicklung Häuserpreisindex (Lag: 2 Jahre), Bruttolöhne und -gehälter (gleichlaufend) und Leerstandsquote (Lag: 3 Jahre, invers) zum Mietenindex Quellen: Statistisches Bundesamt, Statistische Landesämter, Statista; eigene Berechnungen Wenngleich die Resultate für das BIP (no- Der Korrelationskoeffizient der Bruttolöh- minal und pro Kopf) sowie das verfügbare ne und -gehälter weist wie beschrieben bei Einkommen im Rahmen dieser Untersuchung zeitlich gleichlaufender Betrachtung zum keinerlei Einfluss signalisieren, so gilt die- Mietenindex den zweithöchsten Wert aller se Feststellung nicht grundsätzlich für getesteten Beziehungen auf. Erst tatsächli- sozio-ökonomische Faktoren. So zeigt die che Steigerungen im Lohnniveau scheinen Veränderung der Erwerbstätigen mit einem sich somit auf die Preise im Mietwohnungs- Vorlauf von zwei und drei Jahren Signifi- markt auszuwirken, nicht jedoch schon ein kanzen auf, die für eine positiv gerichtete positiver Konjunkturverlauf, der im BIP abge- Korrelation mit dem Mietniveau sprechen. bildet wird. 19
REAL EXPERTS. REAL VALUES. Auch die Entwicklung der Einwohnerzahlen die Bautätigkeit ersetzt lediglich nicht mehr stellt sich mit drei signifikanten Werten als re- nutzbare Altbestände. Dies spricht jedoch levant heraus. Dies ist aus theoretischer Sicht noch immer nicht für eine positive Korrela- sowie auch hinsichtlich des festgestellten tion. Zu vermuten ist ein Qualitätseffekt, der gleichgerichteten Zusammenhangs plausibel. sich auf die hier verwendete marktbreite Ziel- größe auswirkt. Neu geschaffener Wohnraum Die Interpretation des gleichgerichteten Zu- wird in der Regel signifikant teurer vermietet sammenhangs von Baugenehmigungen und als Altbestände in gleicher Größe und Lage. Fertigstellungen (jeweils mit zwei bis vier In dynamischen Märkten mit anteilig hoher Jahren Vorlauf zur Mietenentwicklung) ist Neubautätigkeit könnte der Mietenindex ent- hingegen vage. Rein vom Mengeneffekt aus- sprechend – bereits antizipierend – reagieren. gehend, müsste eine Angebotserweiterung Dieser hier vermutete Zusammenhang ist zur eigentlich die Mietenentwicklung dämpfen, Erklärung und Prognose von Wohnungsmie- da ein Nachfrageüberhang abgebaut wird ten relativ unsicher. Baugenehmigungen und bzw. mehr Wettbewerb unter den Anbie- Fertigstellungen sind in diesem Sinne wohl tern entsteht. Die berechnete Korrelation eher ein Kriterium für die generelle Marktdy- ist jedoch nicht negativ. Gegenläufig könn- namik, deren Ausprägung differenzierter zu te ein hoher Ersatzbedarf wirken, das heißt untersuchen ist. 20
REAL EXPERTS. REAL VALUES. 07 | Untersuchungsergebnisse auf der Ebene Städte In einem weiteren Schritt werden Korrela- Die eingangs auf der Bundesebene vorge- tionsanalysen auf der Ebene von Städten nommene Korrelationsanalyse für komplette durchgeführt. Die Daten umfassen 80 größere Zeitreihen wird nicht für jede Stadt gesondert Städte über 70.000 Einwohner. Diese Teilmen- wiederholt. Statt Abhängigkeiten bei jährlichen ge der ersten Analyse, die nach Einwohnern Datenpunkten soll ein mittelfristiger Investiti- ca. 30 Prozent Deutschlands entspricht, onshorizont insgesamt erfasst werden. Dafür klammert bewusst Standorte aus, die ohne- werden für jede Stadt aus den Zeitreihen bzw. hin nicht im Fokus institutioneller Investoren Einzeldaten die jeweiligen Änderungsraten stehen und jeweils sehr kleine Segmente mit über zehn Jahre berechnet. Für die statisti- Mietwohnungen aufweisen. Dabei spielt auch sche Stichprobe resultiert daraus gleichzeitig die Transparenz, insbesondere die Verfügbar- eine höhere Anzahl an Datenpunkten (nun keit von statistischem Datenmaterial zu Mieten 80 pro Einflussgröße), womit die Aussagen und Einflussfaktoren, eine Rolle. Kleinere Städ- der Korrelationsanalyse besser unterlegt wer- te und Gemeinden dominieren – gemessen den. Die untersuchte Mietentwicklung wurde an der Einwohnerzahl – die bundesweite Be- spezifiziert auf das Neubausegment (in Euro trachtung; die jeweiligen Wohnungsmärkte je m², 60–80 m², Baujahr ab 2000, gehobe- sind jedoch nicht unbedingt mit den größeren ne Ausstattung), wodurch Reaktionen des Städten vergleichbar. Höhere Eigentumsquo- Mietmarktes besser herausgestellt werden. ten und anteilig häufigere Privatvermietungen Diese Justierungen bei Methodik und Daten sind in ländlich geprägten Regionen typische führen dazu, dass die Ergebnisse zwischen Merkmale, die die Entwicklungen der betrach- den Ebenen Bund und Stadt nicht unmittelbar teten Kennzahlen beeinflussen und zu anderen voneinander abzuleiten sind. Dennoch ist inte- Ergebnissen als in Mietwohnungsmärkten grö- ressant, ob beide Ansätze zumindest teilweise ßerer Städte führen können. Die Städteauswahl gleiche Einflussfaktoren aufzeigen. konzentriert sich somit auf die Entwicklungen in den für Investoren besonders interessanten Die Ergebnisse der Korrelationsanalyse auf der Wohnungsmärkten. Ebene Stadt sind Abbildung 13 zu entnehmen: BETRACHTETER LAG/ KORRELATIONS- P-WERT ZUSAMMENHANG VERSCHIEBUNG KOEFFIZIENT Miete vs. Einwohner gleichlaufend 0,357 0,0012*** 1 Jahr 0,316 0,0043*** 2 Jahre 0,306 0,0057*** Miete vs. BIP nominal gleichlaufend 0,350 0,0015*** 1 Jahr 0,201 0,0739* 2 Jahre 0,203 0,0716* Miete vs. BIP je Einwohner gleichlaufend 0,170 0,1322 1 Jahr 0,078 0,4908 2 Jahre 0,082 0,4678 Miete vs. Verfügbares Einkommen gleichlaufend -0,051 0,6560 privater Haushalte je Einwohner 1 Jahr 0,228 0,0418** 2 Jahre 0,269 0,0158** Miete vs. Bruttolöhne und -gehälter gleichlaufend 0,210 0,0614* je Arbeitnehmer 1 Jahr 0,040 0,7257 2 Jahre 0,114 0,3144 21
REAL EXPERTS. REAL VALUES. BETRACHTETER LAG/ KORRELATIONS- P-WERT ZUSAMMENHANG VERSCHIEBUNG KOEFFIZIENT Miete vs. Erwerbstätige gleichlaufend 0,351 0,0014*** 1 Jahr 0,365 0,0009*** 2 Jahre 0,335 0,0024*** Miete vs. Arbeitslosenquote gleichlaufend -0,548 0,0000*** 1 Jahr -0,539 0,0000*** 2 Jahre -0,554 0,0000*** Miete vs. Baugenehmigungen gleichlaufend 0,292 0,0085*** für Wohnungen in Wohngebäuden 1 Jahr 0,272 0,0146** 2 Jahre 0,218 0,0525* Miete vs. Fertigstellungen gleichlaufend 0,184 0,1016 von Wohnungen in Wohngebäuden 1 Jahr 0,156 0,1658 2 Jahre 0,137 0,2254 Miete vs. Fertigstellungen gleichlaufend 0,137 0,2261 Wohnfläche in Wohngebäuden 1 Jahr 0,103 0,3618 2 Jahre 0,110 0,3310 Miete vs. Kaufpreise gleichlaufend 0,396 0,0003*** Eigentumswohnungen 1 Jahr 0,412 0,0001*** 2 Jahre 0,439 0,0000*** ***1%-Signifikanzniveau; **5%-Signifikanzniveau; *10%-Signifikanzniveau Abbildung 13: Übersicht Korrelationsanalyse für deutsche Städte (n=80, ab 70.000 Einwohnern, fett: alle Korrelationskoeffizienten mit Signifikanz zum 1%-Niveau; alle p-Werte, die auf Signifikanz hinweisen) Quellen: Thomas Daily, Statistisches Bundesamt, Statistische Landesämter, Bundesagentur für Arbeit; eigene Berechnungen Auf der Seite der Nachfrage kristallisieren bare Einkommen bestätigen dies (hier mit sich bestimmte Größen des Arbeitsmarktes einem Vorlauf von ein und zwei Jahren sig- heraus. So ergeben die Erwerbstätigenzah- nifikant). Neben diesen Größen beeinflusst len und Arbeitslosenquoten (jeweils in ihrer die Einwohnerentwicklung ebenfalls die Ge- Entwicklung) die höchsten Korrelationskoef- samtnachfrage. Zusammenhänge zwischen fizienten und zeigen über alle betrachteten Bevölkerung und Mietpreisänderung waren Zeiträume eine hohe Signifikanz. Eine sich bereits auf der Bundesebene erkennbar. ändernde Erwerbslage dürfte die Nachfrage entsprechend beeinflussen. Eine steigende Abbildung 14 bietet einen grafischen Vergleich Kaufkraft bzw. optimistischere Einschätzun- des stärksten ermittelten Zusammenhangs gen dazu werden sich im Regelfall auf die (oben, Arbeitslosenquote, Lag: 2 Jahre) mit Mietpreise im Neubausegment auswirken. dem schwächsten Zusammenhang (unten, Andere Nachfragefaktoren wie das verfüg- Bruttolöhne und -gehälter, Lag: 1 Jahr). 22
REAL EXPERTS. REAL VALUES. ZUSAMMENHANG ARBEITSLOSENQUOTE-MIETE (2 LAGS) 70 % 60 % Entwicklung Miete 2005–2015 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% -60 % -50 % -40 % -30 % -20 % -10 % 0% 10 % 20 % Entwicklung Arbeitslosenquote 2003–2013 ZUSAMMENHANG BRUTTOLÖHNE UND -GEHÄLTER-MIETE (1 LAG) 70 % 60 % Entwicklung Miete 2005–2015 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% 0% 5% 10 % 15 % 20 % 25 % 30 % 35 % 40 % Entwicklung Bruttolöhne und -gehälter 2004–2014 Abbildung 14: Streudiagramme, Kennzahlen mit höchstem (oben) und niedrigstem Korrelationskoeffizienten (unten) für 80 deutsche Städte ab 70.000 Einwohnern Quellen: Thomas Daily, Statistisches Bundesamt, Statistische Landesämter, Bundesagentur für Arbeit; eigene Berechnungen Die Analyse dieser Stichprobe zeigt auch Kennziffer daneben. Es wird deutlich, dass die den Einfluss der regionalen wirtschaftlichen Standorte mit hohen BIP-Wachstumsraten Entwicklung (nominales BIP) auf die Mieten. auch vergleichsweise hohe Steigerungen des Abbildung 15 zeigt exemplarisch jeweils vier Mietpreises aufweisen, die zudem über dem Städte mit einem sehr starken und einem Medianwert (gestrichelte Linie) des Miet- sehr schwachen BIP-Wachstum und stellt die wachstums für die gesamte Stichprobe im Entwicklung der Mieten als vergleichende betrachteten Zeitraum liegen. Für die exem- 23
REAL EXPERTS. REAL VALUES. plarisch dargestellten Städte mit geringerer Steigerung des Mietniveaus hinter der des Dynamik hinsichtlich des BIP-Wachstums Untersuchungssamples zurückbleibt. ergibt sich dagegen, dass zumeist auch die VERGLEICH BIP- UND MIET-WACHSTUM 2005-2015 140 % BIP-Wachstum 120 % Mietwachstum Median Miet-Wachstum 100 % Wachstum in % 80 % 60 % 40 % 20 % 0% M h dt na er en en g d n c i l ai am ba tt pz fe ta Je ks ng gi re ls en i r Le la ve lz go K ff Er Sa Le O In Abbildung 15: Vergleich BIP- und Miet-Wachstum 2005-2015, Top 4 und Flop 4 Quellen: Thomas Daily, Statistische Landesämter; eigene Berechnungen Insgesamt scheint den Nachfragefaktoren Ebene der größeren Städte spielen Kaufpreise durchaus Bedeutung für die untersuchten (hier: Eigentumswohnungen) eine gewichtige Städte ab 70.000 Einwohnern zuzukommen. Rolle bei der Erklärung der Mietentwicklung Die Mietpreise im Neubausegment reagieren (hohe Signifikanzen, zum Mietpreis gleichge- gemäß den Resultaten merklich sowohl auf eine richtete Korrelationen). Steigen also die Preise allgemeine quantitative Nachfrageänderung für Eigentumswohnungen an, so ist – mit zeit- als Folge der Einwohnerentwicklung als auch licher Verzögerung – auch eine Zunahme der auf Veränderungen im qualitativen Nachfrage- Wohnungsmieten wahrscheinlich. verhalten, zum Beispiel aufgrund verbesserter/ verschlechterter Erwerbsaussichten (Arbeits- Die Fertigstellungen (Wohnungen bzw. Wohn- marktindikatoren) in Kombination mit sich flächen) weisen nur geringe Koeffizienten auf ergebenden Konsumoptionen (Änderung des und sind statistisch nicht signifikant. Die Bau- verfügbaren Einkommens). genehmigungen dagegen zeigen eine gewisse Signifikanz. Insgesamt sind diese baubezoge- Ein signifikanter Einfluss bzw. Zusammenhang nen Parameter der Angebotsseite wenig zur ist zudem in den Kaufpreisen für Eigentums- Erklärung und Prognose des Marktes verwend- wohnungen zu sehen. Hier kann nicht einfach bar. Dies gilt zumindest im hier betrachteten der Kaufpreis als Folge der Mieten gesehen mittelfristigen Zeitraum von ca. zehn Jahren. werden (was sich aus dem Ertragswert er- Hier werden die Mietpreise im Neubauseg- gäbe), sondern die Kaufpreise laufen in ihrer ment der größeren Städte vor allem durch Entwicklung teils auch den Mieten voraus. Auf Parameter der Nachfrageseite getrieben. 24
REAL EXPERTS. REAL VALUES. 08 | Ergebnis der Analysen auf Städte- und Bundesebene In Abbildung 16 sind die Resultate der ben, die sich im Rahmen der Untersuchung Korrelationsanalyse noch einmal zusammen- als signifikant (mindestens 10%-Niveau) her- fassend dargestellt. Dabei werden lediglich ausgestellt haben. jene Kennzahlen und Zeiträume wiedergege- BETRACHTETE GRÖSSE STÄDTE DEUTSCHLAND Lag/Verschiebung Korrelationskoeffizient Lag/Verschiebung Korrelationskoeffizient Einwohner gleichlaufend 0,357*** gleichlaufend 0,574*** 1 Jahr 0,316*** 1 Jahr 0,398* 2 Jahre 0,306*** 2 Jahre 0,406* BIP nominal gleichlaufend 0,350*** - - 1 Jahr 0,201* - - 2 Jahre 0,203* - - Verfügbares Einkommen privater 1 Jahr 0,228** - - Haushalte je EW 2 Jahre 0,269** - - Bruttolöhne und –gehälter gleichlaufend 0,210* gleichlaufend 0,751*** je Arbeitnehmer - - 3 Jahre 0,485* Erwerbstätige gleichlaufend 0,351*** 2 Jahre 0,500** 1 Jahr 0,365*** 3 Jahre 0,419* 2 Jahre 0,335*** - - Arbeitslosenquote gleichlaufend -0,548*** - - 1 Jahr -0,539*** - - 2 Jahre -0,554*** - - Baugenehmigungen für Wohnun- gleichlaufend 0,292*** 2 Jahre 0,388* gen in Wohngebäuden 1 Jahr 0,272** 3 Jahre 0,438* 2 Jahre 0,218* 4 Jahre 0,471** Fertigstellungen Wohnungen in - - 3 Jahre 0,588*** Wohngebäuden - - 4 Jahre 0,426* Kaufpreise gleichlaufend 0,396*** Eigentumswohnungen 1 Jahr 0,412*** 2 Jahre 0,439*** Leerstandsquote gleichlaufend -0,502* 1 Jahr -0,577** 3 Jahre -0,712*** Häuserpreisindex gleichlaufend 0,489* 2 Jahre 0,796*** 3 Jahre 0,646** ***1%-Signifikanzniveau; **5%-Signifikanzniveau; *10%-Signifikanzniveau Abbildung 16: Ergebnisübersicht Korrelationsanalyse Städte (n=80, ab 70. 000 Einwohnern) und Deutschland, signifikante Größen Quellen: Thomas Daily, Statistisches Bundesamt, Statistische Landesämter, Bundesagentur für Arbeit, Statista; eigene Berechnungen 25
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