Infektionsprävention im Rahmen der Pflege und Behandlung von Patienten mit übertragbaren Krankheiten - RKI
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Bekanntmachungen - Amtliche Mitteilungen Bundesgesundheitsbl 2015 · 58:1151–1170 DOI 10.1007/s00103-015-2234-2 Online publiziert: 28. September 2015 Infektionsprävention im © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 Rahmen der Pflege und Behandlung von Patienten mit übertragbaren Krankheiten Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprä- vention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut 1 Einleitung und Hintergrund und gepflegt werden, bei denen akut In- gen zur Händehygiene [4], zur Flächen- fektionserkrankungen auftreten können. desinfektion [5], zur Aufbereitung von Maßnahmen zur Vermeidung der Wei- Allerdings kann die Umsetzung einer Medizinprodukten [6] sowie in den Emp- terverbreitung übertragbarer Krankhei- Reihe der aufgeführten Maßnahmen auch fehlungen zur Hygiene bei einzelnen me- ten dienen sowohl dem Schutz anderer in ambulanten medizinischen Einrichtun- dizinischen Maßnahmen, z. B. zur Hygi- Patienten1 als auch der Beschäftigten oder gen bzw. Einrichtungen des Gesundheits- ene bei Punktionen und Injektionen [7] Besucher. Bei jedem Patienten besteht, wesens notwendig sein, da Patienten mit aufgeführt. Auf die besondere Infektions- unabhängig von der Kenntnis des Infek- Infektionskrankheiten auch dort diagnos- gefährdung immunsupprimierter Patien- tionsstatus, die Notwendigkeit zur Umset- tiziert und behandelt werden können. In ten [8] oder von intensivmedizinisch be- zung solcher Maßnahmen. diesen Fällen sind die Empfehlungen an handelten Frühgeborenen [9] wird in den den durchgeführten medizinischen und entsprechenden Empfehlungen eingegan- 1.1 Zielgruppe der Empfehlung pflegerischen Maßnahmen auszurichten gen. und nicht an den Ort der Durchführung. Empfehlungen zur Prävention der Diese Empfehlung beschreibt Maßnah- Nicht berücksichtigt werden Maß- Übertragung multiresistenter Erreger sind men, die geeignet sind Übertragungen nahmen bei Besiedelung mit epidemio- z. B. in den Empfehlungen zur Prävention von Erregern von Infektionserkrankun- logisch relevanten Erregern, z. B. multi- und Kontrolle von Methicillin-resistenten gen zwischen Patienten und zwischen Pa- resistenten Erregern und Maßnahmen Staphylococcus aureus-Stämmen (MRSA) tienten und Personal zu verhindern. Da- bei Ausbrüchen von Infektionserkran- in Krankenhäusern und anderen medizi- für werden zunächst Maßnahmen der Ba- kungen. Erkrankungen der Schutzstufe 4 nischen Einrichtungen [10] und Hygiene- sishygiene beschrieben, die ungezielt ein- (z. B. hämorrhagisches Fieber, wie Ebo- maßnahmen bei Infektionen oder Besied- gesetzt werden, um Übertragungen vor- la-, Lassa-, Marburg-, Krim-Kongo-Hä- lung mit multiresistenten gramnegativen zubeugen. Im Weiteren werden die spe- morrhagisches-Fieber und Pocken) wer- Stäbchen (MRGN) [11] zusammengestellt. ziellen Maßnahmen beschrieben, die bei den ebenfalls nicht berücksichtigt, da Pa- Diese Empfehlungen werden durch die Verdacht auf oder Nachweis von über- tienten mit solchen Erkrankungen nur in vorliegende Empfehlung nicht ersetzt. Im tragbaren Erkrankungen zusätzlich zu Sonderisolierstationen behandelt werden Sinne einer Darstellung der Basishygiene den Maßnahmen der Basishygiene gezielt sollen [2, 3]. als Bündel und einem erleichterten Um- ergriffen werden sollen. gang mit dem Dokument werden jedoch Die Empfehlungen richten sich vor al- 1.2 Bezug zu anderen einige Maßnahmen hervorgehoben. lem an Beschäftigte und verantwortliche Empfehlungen Leitungen von medizinischen Einrich- 1.3 Kategorisierung tungen und Krankenhäusern, Heimen Viele Empfehlungen zur Infektionsprä- und Betreuungseinrichtungen, in denen vention stellen allgemeine, nicht erreger- Die Elemente der Basishygiene sind in an- Patienten oder Bewohner untergebracht spezifische, immer anzuwendende Maß- deren KRINKO-Empfehlungen (z. B. zur nahmen dar, welche die Übertragung von Händehygiene, zur Reinigung und Des- 1 In dieser Empfehlung werden zur besseren Erregern, wie sie bei allen Patientenkon- infektion von Flächen oder zur Aufbe- Lesbarkeit die Bezeichnungen Patient, Beschäf- takten auftreten können, verhindern sol- reitung von Medizinprodukten) genauer tigter oder Besucher genutzt, unabhängig len. Diese sogenannten Basishygienemaß- dargestellt. Die grundlegenden Maßnah- davon ob es sich um männliche oder weibliche nahmen werden z. B. in den Empfehlun- men werden lediglich synoptisch darge- Personen handelt. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 10 · 2015 | 1151
Bekanntmachungen - Amtliche Mitteilungen befasst sich mit der Ursache, der Vertei- Glossar lung, den Risikofaktoren und der Kontrol- Disposition Genetisch bedingte oder erworbene Anfälligkeit für die Ausbildung von le von übertragbaren Erkrankungen. Um Krankheiten infektiöse Erkrankungen kontrollieren zu können, ist das Wissen über die Ursache, Exposition Ausgesetzt sein von Lebewesen gegenüber schädigenden Umweltein- flüssen wie Krankheitserregern d. h. den Erreger und seine Eigenschaften, notwendig. Die Eigenschaften des Erre- Immunität Fähigkeit des Organismus, bestimmte Pathogene ohne Symptome zu gers beeinflussen die Wahrscheinlichkeit, eliminieren ob dieser von Mensch zu Mensch oder Infektionsdosis Anzahl an Pathogenen einer Spezies, die ein Wirt aufgenommen hat via Vektor übertragen wird und/oder so- gar stabil in der Umwelt überlebt und von Infektiosität Fähigkeit eines Pathogens, einen Wirt zu infizieren dort von seinem Wirt aufgenommen wer- Kontagiosität Übertragungsfähigkeit eines Pathogens in Abhängigkeit vom erreger- den kann. Erreger, die direkt von Mensch typischen Infektionsweg zu Mensch übertragen werden, sind häu- fig sehr viel empfindlicher gegenüber Um- Kontagionsindex Anteil einer nicht-immunen Population, bei dem es nach Kontakt mit einem Krankheitserreger zu einer Infektion kommt welteinflüssen als Erreger, die regelmäßig in der Umgebung gefunden werden. Letalität Sterblichkeit einer Erkrankung, berechnet als das Verhältnis der Todes- Grundsätzlich können verschiede- fälle zur Anzahl der an einer spezifischen Krankheit Erkrankten ne Arten von Übertragungswegen unter- Manifestationsindex Wahrscheinlichkeit mit der eine mit einem Erreger infizierte Person schieden werden (siehe Kapitel 3.1) erkennbar erkrankt 55Parenterale Übertragung 55Kontaktübertragung (direkt oder in- Minimale Infektions- Mindestanzahl an Pathogenen einer Spezies, die notwendig ist, um eine dosis Infektion auszulösen direkt) 55Tröpfchenübertragung Pathogenität grundsätzliche Fähigkeit von infektiösen Organismen, bei einem Wirt zu 55Aerogene Übertragung einer Erkrankung zu führen 55Vektorassoziierte Übertragung Vektor lebender Organismus, der Krankheitserreger von einem infizierten Tier oder einem infizierten Menschen auf einen Menschen überträgt Dabei muss bedacht werden, dass für die meisten Erreger mehrere Übertragungs- Virulenz Maß für die Pathogenität wege möglich sind [13–18]. Für weitere Definitionen wird auf das Fachwörterbuch Infektionsschutz und Infektionsepidemiologie. Fachwör- ter – Definitionen – Interpretationen verwiesen [1]. 1.6 Präventionsmaßnahmen Auch asymptomatische Personen können stellt und wurden bereits in anderen be- 1.4 Epidemiologischer Hintergrund mit von Mensch zu Mensch übertragba- stehenden Empfehlungen ausführlich ren Infektionserregern besiedelt oder in- kommentiert und ggf. kategorisiert. Da- Pro Jahr werden laut statistischem Bun- fiziert sein. Daher müssen im Behand- her wurde in dieser Empfehlung auf eine desamt mehrere Millionen Patienten in lungsalltag stets im Umgang mit allen Pa- Kategorisierung verzichtet. deutschen Krankenhäusern behandelt tienten bestimmte grundlegende Präven- Über die Basishygiene hinaus werden (über 18 Mio. Fälle im Jahr 2012) [12]. Auf tionsmaßnahmen eingehalten werden, konkrete Maßnahmen in der Tabelle zu- Basis der Deutschen Kodierrichtlinien die sowohl dem Schutz anderer Patien- sammengefasst, in der die bei den jewei- wird in 4,5 % der Fälle eine Hauptdiag- ten als auch dem Schutz des Personals vor ligen Infektionen gebotenen, über die Ba- nose angegeben, die eine infektiöse Ge- einer Übertragung dienen. Diese immer sishygiene hinausgehenden Präventions- nese aufweist. Zu den häufigsten erreger- einzuhaltenden Maßnahmen werden als maßnahmen in einer Übersicht dargestellt bedingten Krankheiten gehören die Pneu- Maßnahmen der Basishygiene bezeich- werden. Die dort aufgeführten Maßnah- monie, Darminfektionen, Sepsis, Erysipel net und sind nachfolgend für die einzel- men leiten sich nicht aus klinischen Stu- (Wundrose), Varizellen und Herpes zos- nen Schutzmaßnahmen zusammenfas- dien, sondern primär aus den Transmis- ter, Influenza, infektiöse Mononukleose, send aufgeführt. Im Zusammenhang mit sionswegen und Eigenschaften der jewei- Tuberkulose, Virushepatitis und Keuch- medizinischen Maßnahmen dient die Ba- ligen Erreger ab. Diese Informationen fin- husten. sishygiene der Prävention nosokomialer den sich jeweils in den Ratgebern für Ärz- Infektionen. te, herausgegeben vom Robert Koch-Ins- 1.5 Übertragungswege von titut (RKI) und abrufbar auf der Home- infektiösen Erkrankungen page des RKI (www.rki.de). Die Epidemiologie von infektiösen Er- krankungen (Infektionsepidemiologie) 1152 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 10 · 2015
2 Basishygiene 2.2.1 Einmalhandschuhe miniert werden. Weitere Einzelheiten zum Als nicht-sterile Einmalhandschuhe die- Umgang mit nicht-sterilen Einmalhand- 2.1 Händehygiene nen mindestens medizinische Handschu- schuhen sind der KRINKO-Empfehlung he, die entsprechend TRBA 250 nach DIN zur Händehygiene zu entnehmen [4]. Die meisten Krankheitserreger können EN 455 „Medizinische Handschuhe zum über kontaminierte Hände übertragen einmaligen Gebrauch“ hinsichtlich der 2.2.2 Schürzen und Schutzkittel werden. Die nicht desinfizierten Hän- Dichtheit ein akzeptiertes Qualitätsniveau Arbeitskleidung ist eine Kleidung, die an- de der Beschäftigten und ggf. der Patien- (AQL) von < 1,5 aufweisen [2, 20]. Da im stelle oder in Ergänzung der Privatklei- ten sind ein wichtiges Übertragungsve- medizinischen Bereich häufiger Kontakt dung bei der Arbeit getragen wird. Zur hikel der meisten Krankheitserreger von zu Chemikalien wie Desinfektionsmitteln Arbeitskleidung zählt auch Berufs- bzw. einem Patienten auf den anderen. Die besteht, kann es sinnvoll sein Schutzhand- Bereichskleidung. Die Rolle der Kleidung Händedesinfektion dient daher nicht nur schuhe zu verwenden, die zunächst den bei der Übertragung von Infektionserre- dem Schutz der Beschäftigten, sondern allgemeinen Anforderungen der DIN EN gern wird kontrovers diskutiert. Einige sie ist eine der wichtigsten Maßnahmen 420 (Schutzhandschuhe) entsprechen und Mikroorganismen sind in der Lage in der zur Verhütung von nosokomialen Infek- zudem nach DIN EN 374 Teil 1 „Schutz- unbelebten Umgebung (auch auf textilen tionen. Indikationen für die Händedes- handschuhe gegen Chemikalien und Mik- Oberflächen) zu überleben [29–31]. Vor infektion entstehen vor und nach direk- roorganismen“ Chemikalienbeständigkeit allem Handkontaktstellen der Kleidung tem Kontakt mit dem Patienten, vor asep- aufweisen [21, 22]. haben sich als kontaminiert erwiesen tischen Tätigkeiten, nach Kontamination Nicht-sterile Einmalhandschuhe wer- [32]. Der Nachweis einer Kontamination (Kontakt mit Blut, Sekreten oder Exkre- den zur Vermeidung der Kontamination der Bereichs-/Arbeitskleidung von Mit- ten), nach Kontakt mit der Patientenum- der Hände des Personals verwendet, wenn arbeitern in der direkten Patientenbetreu- gebung, sowie nach Ablegen von Einmal- direkter Kontakt mit Blut, Sekreten, Ex- ung und der ‚weißen Kittel‘ von Ärztin- handschuhen. Einzelheiten hierzu sind kreten, Schleimhäuten, oder nicht intakter nen und Ärzten mit Krankheitserregern, der KRINKO-Empfehlung zur Händehy- Haut zu erwarten ist. Hierzu gehört auch beweist nicht die nosokomiale Übertra- giene zu entnehmen [4]. der Handkontakt zu Geräten, Instrumen- gung pathogener (zum Teil multiresisten- ten oder Oberflächen, die sichtbar oder ter) Infektionserreger auf weitere Patien- 2.2 Barrieremaßnahmen wahrscheinlich mit bestimmten Krank- ten [33]. Wiener-Well et al. untersuch- heitserregern kontaminiert sind. Einmal- ten anhand von 238 Proben die bakte- Die persönliche Schutzausrüstung (PSA) handschuhe haben sich als effektiv erwie- rielle Kontamination der Arbeitskleidung bildet eine mechanische Barriere zwi- sen, die Übertragung von Erregern, die von Ärzten (n = 60) und Pflegepersonal schen dem Träger und seiner Umge- durch Kontakt weiterverbreitet werden, (n = 75) (abdominelle Zone, Ärmelenden bung. Daher dient ihr Einsatz nicht nur zu reduzieren [23, 24]. Einmalhandschuhe und Kitteltaschen) [32]. Von den Teilneh- dem Schutz des Personals sondern auch stellen aber nur eine relative und keine ab- menden gaben 58 % an, die Arbeits- bzw. dazu (bei sachgerechter Anwendung und solute Barriere für Krankheitserreger dar. Bereichskleidung täglich zu wechseln; Entsorgung), die Weiterverbreitung von Das Tragen von Einmalhandschuhen er- 77 % empfanden ihren Kittel als ziemlich Krankheitserregern zu verhindern [19]. setzt nicht die Notwendigkeit zur Hände- oder sehr sauber. Bei 85 Teilnehmenden Als zentrales Element des Arbeitsschut- desinfektion [25]. Nach Ablegen der Ein- (63 % n = 135) wurden in den Proben pa- zes wurde bereits am 30. November 1989 malhandschuhe ist stets eine Händedesin- thogene Bakterien nachgewiesen (50 % al- die europäische Richtlinie über die Min- fektion erforderlich, da es durch Leckagen ler entnommenen Proben waren positiv, destvorschriften für Sicherheit und Ge- und beim Prozess des Ablegens der Hand- n = 238). Beim Pflegepersonal ließen sich sundheitsschutz bei Benutzung persönli- schuhe zur Kontamination der Hände in 14 % aller Proben Erreger mit speziel- cher Schutzausrüstung durch Arbeitneh- kommen kann. Einmalhandschuhe wer- len Antibiotikaresistenzen nachweisen, mer bei der Arbeit erlassen (ABI. EG Nr. L den somit nicht anstelle, sondern zusätz- der entsprechende Anteil bei den Ärz- 393 S. 18). In nationales Recht wurde die- lich zur Händedesinfektion eingesetzt [26]. ten lag bei 6 %. Diese Untersuchung von se Richtlinie umgesetzt durch die PSA- Einige Studien haben untersucht, ob Wiener-Well et al. [32] steht in einer Reihe Benutzungsverordnung vom 4. Dezem- das generelle Tragen von keimarmen Ein- von methodisch gut ausgeführten Arbei- ber 1996 (BGBl. I S. 1841). malhandschuhen bei jedem Patientenkon- ten, in denen die Kontamination von Be- Mit dieser Vorbemerkung ist der Hin- takt (‚universal gloving‘) einen Einfluss auf reichskleidung durch potentiell pathoge- weis verbunden, dass die nachfolgenden nosokomiale Infektionsraten hat [25–28]. ne, teils auch multiresistente Infektions- Aussagen und Empfehlungen auch auf Diese Studien sind methodisch sehr hete- erreger während der Arbeit am Patien- den Schutz der Patienten abzielen, wegen rogen und ihre Ergebnisse uneinheitlich. ten beschrieben wird [34–40]. Diese Be- des fachlichen Bezugs und je nach Frage- Beim Umgang mit nicht-sterilen Ein- funde sollten auch in Überlegungen zum stellung aber primär der betriebsärztliche malhandschuhen ist darauf zu achten, dass Ablauf der hygienischen Händedesinfek- Dienst Ansprechpartner zur sachgerech- sie so gelagert und aus der Verpackung ent- tion vor Patientenkontakt einfließen. So ten Anwendung von PSA sein sollte. nommen werden, dass sie nicht mit poten- macht es wenig Sinn, sich erst die Hände tiell pathogenen Mikroorganismen konta- zu desinfizieren und dann das Stethoskop Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 10 · 2015 | 1153
Bekanntmachungen - Amtliche Mitteilungen zur Untersuchung des Patienten aus der ung vom Arbeitgeber in ausreichender 2.3 Flächendesinfektion (möglicherweise kontaminierten) Kittel- Stückzahl gestellt werden muss. Arbeits- tasche zu ziehen [39, 41–45]. kleidung von Beschäftigten in der direk- Oberflächen in der Patientenumgebung Wiener-Well et al. [32] schlagen vor, ten Patientenversorgung ist wie oben aus- müssen so behandelt werden, dass von dass Beschäftigte, die eng am Patienten geführt, häufig mikrobiologisch kontami- ihnen kein Infektionsrisiko ausgehen arbeiten, ihre Arbeits-/Bereichskleidung niert. Sofern sie kontaminiert ist, muss sie kann. Dafür hat es sich als sinnvoll er- täglich wechseln und situationsbedingt mit einem desinfizierenden Verfahren mit wiesen, die Flächen in der Umgebung des zusätzlich patientenbezogene Schutzkittel/ nachgewiesener Wirksamkeit aufbereitet Patienten nach dem möglichen Übertra- Schürzen über der Bereichskleidung tra- werden [2]. Es hat sich daher als praktika- gungsrisiko zu klassifizieren und laufen- gen. Kurzärmelige Kasaks ohne Knopfleis- bel erwiesen, Beschäftigten in der direk- de Desinfektions- und Reinigungsmaß- ten sind auch für Ärztinnen und Ärzte mit ten Patientenversorgung Arbeitskleidung nahmen entsprechend im Hygieneplan engem Patientenkontakt als Bereichsklei- in ausreichender Stückzahl, z. B. für den festzulegen [5]. Flächen, die als Risikoflä- dung besonders praktikabel, da sie nicht täglichen Wechsel zur Verfügung zu stel- chen mit häufigem Hand- oder Hautkon- auf- und zugeknöpft werden müssen und len, und diese generell mit einem desinfi- takt klassifiziert sind, müssen mindestens es keine Ärmel oder Bündchen gibt, die zierenden Verfahren mit nachgewiesener einmal täglich, bei sichtbarer Kontamina- man kontaminieren könnte. Das National Wirksamkeit aufzubereiten. tion sofort, desinfizierend aufbereitet wer- Institute for Health and Care Excellence den. Bei diesen Flächen ist die sogenannte (NICE, Großbritannien) hat in seinen 2.2.3 Mund-Nasen-Schutz „Sichtreinigung“, d. h. die alleinige Besei- Empfehlungen (Prevention and control of und Augenschutz tigung sichtbarer Verschmutzungen, nicht healthcare-associated infections in prima- Im Rahmen des Schutzes der Patienten ausreichend. ry and community care [46]) die „bare be- kann ein Mund-Nasen-Schutz während low elbows“-Empfehlung herausgegeben, bestimmter aseptischer Prozeduren den Die Kommission empfiehlt nach der neben Verzicht auf Schmuck an Patienten vor Mikroorganismen aus dem 55Risikoflächen mit häufigem Hand- Händen und Unterarmen das Tragen kurz- Mund-Rachen-Raum der Beschäftigten und Hautkontakt mindestens täglich ärmeliger Kleidung empfohlen wird. schützen, die beim Sprechen und Husten so aufzubereiten, dass keine Übertra- Auswirkungen der Art der Kleidung abgegeben werden. gungsgefahr davon ausgeht. Bei sicht- mit langen oder kurzen Ärmeln auf die Die Schleimhäute von Augen, Mund barer Kontamination muss die Aufbe- Qualität der Händedesinfektion konn- und Nase sind potentielle Eintrittspforten reitung sofort erfolgen. ten nicht gezeigt werden [47–50]. Zusam- für Krankheitserreger [52–55]. Ein Mund- menfassend sind die vorliegenden Daten Nasen-Schutz kann Beschäftigte bei en- 2.4 Aufbereitung von hinsichtlich des Zieles der Vermeidung gen Patientenkontakten vor verspritztem Medizinprodukten von Infektionen jedoch nicht ausreichend Blut oder Spritzern anderer Körpersekrete für eine Empfehlung. schützen und ist ein wirksamer Schutz vor Zur Prävention der Übertragung von Mi- Patientenbezogene Schürzen oder Berührung von Mund und Nase mit kon- kroorganismen durch Medizinprodukte Schutzkittel werden über und zusätz- taminierten Händen. Um auch die Augen sind die Empfehlungen der KRINKO und lich zur Bereichs-/Arbeitskleidung getra- zu schützen müssen in den genannten des BfArM „Anforderungen an die Hygi- gen, wenn im Kontakt zu einem Patienten Fällen zusätzlich Schutzbrillen oder ggf. ene bei der Aufbereitung von Medizinpro- oder zu seiner unmittelbaren Umgebung Gesichtsmasken getragen werden [56, 57]. dukten“ zu berücksichtigen [6]. eine Kontamination der Kleidung mit In- fektionserregern wahrscheinlich ist. Wäh- Die Kommission empfiehlt 2.5 Abfallentsorgung rend Schürzen ärmellos und hinten offen 55nicht-sterile Einmalhandschuhe zu sind, sind Schutzkittel langärmelig (mit tragen, wenn die Wahrscheinlichkeit Für die Abfallentsorgung wird auf die Bündchen) und rückenbedeckend. Die des Kontaktes mit Blut, Sekreten, Ex- Vollzugshilfe zur Entsorgung von Ab- Auswahl geeigneter Schutzkittel/Schür- kreten oder wahrscheinlich kontami- fällen aus Einrichtungen des Gesund- zen richtet sich nach der vorgesehen Tä- nierten Flächen besteht. heitsdienstes der Bund/Länder-Arbeits- tigkeit, dem erwarteten Kontaminations- 55das Tragen einer Schürze oder eines gemeinschaft Abfall (LAGA) verwiesen risiko und dem Risiko der Durchfeuch- Schutzkittels, um Arbeitskleidung bei [58]. tung. Im medizinischen Bereich sollten Eingriffen oder Pflegemaßnahmen nur Schürzen und Schutzkittel zum Ein- vor direktem Kontakt mit Blut, Sekre- 2.6 Umgang mit Wäsche satz kommen, die den Anforderungen an ten, Exkreten oder mit anderen kon- Medizinprodukte und Schutzkleidung ge- taminierten Materialien zu schützen. Über Wäsche können Infektionserreger nügen (z. B. CE Kennzeichnung (Gruppe 55das Tragen von Mund-Nasen-Schutz sowohl auf Patienten als auch auf Perso- 3) oder DIN EN 14126 [51]). und Schutzbrille oder eines Gesichts- nal übertragen werden [59]. In diesem Zusammenhang wird darauf schutzschildes, wenn mit Verspritzen hingewiesen, dass Schutzkleidung für Mit- von Blut, Sekreten oder Exkreten zu arbeiter in der direkten Patientenbetreu- rechnen ist. 1154 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 10 · 2015
2.6.1 Bettenhygiene und und gelagert werden, dass eine Rekonta- nehmen [65]. Entsprechende Schulungs- Bettwäsche mination vermieden wird. programme können Bewusstsein und Jeder Patient muss im Krankenhaus ein Verhalten der Patienten zur Hygiene ver- aufbereitetes, desinfiziertes Bett erhalten, Die Kommission empfiehlt ändern und damit zur Infektionspräven- welches mit desinfizierten Inletts (Bettde- 55jedem Patienten bei stationärer Auf- tion beitragen [66]. cke und Kopfkissen), bezogen mit saube- nahme ein desinfizierend aufberei- rer Wäsche versehen ist [60]. Nach Risi- tetes, mit desinfizierten Inletts und Die Kommission empfiehlt kobewertung kann ggf. auf die desinfizie- sauberer Wäsche bezogenes Bett zur 55Patienten und deren Besucher zu per- rende Aufbereitung der Inletts zwischen Verfügung zu stellen. sönlichen Maßnahmen der Hygiene zwei Patienten verzichtet werden. 55die Wäsche bei sichtbarer Verunreini- aufzuklären. Untersuchungen zur notwendigen Fre- gung sofort zu wechseln. quenz des Wäschewechsels liegen nicht 55gebrauchte und kontaminierte Wä- 2.9 Art der Unterbringung vor. Die Wäsche muss bei sichtbarer Ver- sche so zu sammeln und zu transpor- schmutzung sofort gewechselt werden, tieren, dass von ihr keine Infektions- Die meisten medizinischen oder Pflege- ansonsten hat sich ein mindestens ein- oder Kontaminationsgefahr ausgeht. einrichtungen haben nur einen begrenz- mal wöchentlicher Wechsel der Bettwä- 55Wäsche so aufzubereiten und zu la- ten Anteil an Einzelzimmern, so dass ver- sche bewährt. gern, dass sie dem Patienten sauber, schiedene konkurrierende Bedürfnisse keimarm und frei von Rückständen bei der Unterbringung der Patienten be- 2.6.2 Wäscheentsorgung, zur Verfügung gestellt wird. rücksichtigt werden müssen. In Einzel- -aufbereitung und 55jegliche Aufbereitung von Wäsche zimmern sollten vor allem solche Patien- -versorgung aus medizinischen Einrichtungen mit ten behandelt werden, von denen ein er- Gebrauchte und kontaminierte Wäsche desinfizierenden, regelmäßig über- höhtes Übertragungsrisiko ausgeht, z. B. muss in der medizinischen Einrichtung so prüften Verfahren mit nachgewiese- auch Patienten, denen adäquates hygieni- gesammelt und transportiert werden, dass ner Wirksamkeit durchzuführen. sches Verhalten nicht möglich ist. In sol- von ihr keine Infektions- oder Kontamina- chen Fällen sollen die Einzelzimmer über tionsgefahr ausgeht. Sie soll unmittelbar im 2.7 Umgang mit Geschirr ein eigenes Patientenbad verfügen. Arbeitsbereich in ausreichend widerstands- fähigen und dichten sowie eindeutig gekenn- Beschreibungen von Ausbrüchen oder Zu den Maßnahmen der Basis- zeichneten Behältnissen gesammelt werden. Übertragungen nosokomialer Infektionen hygiene gehören zusammen- Eine Abstimmung zwischen den Arbeitsbe- durch Patienten-Geschirr konnten durch gefasst reichen, in denen die Wäsche anfällt, und der Medline-Abfragen [62] nicht identifiziert Wäscherei, ist zur richtigen Sammlung und werden. Dennoch steht außer Frage, dass je- Händehygiene: Kennzeichnung erforderlich [2]. der Patient Speisen und Getränke auf bzw. 55Durchführung der Händedesinfektion vor Saubere Wäsche muss frei von Krank- in sauberem und keimarmem Geschirr er- und nach direktem Kontakt mit dem Pa- heitserregern und keimarm sein. Dies ist hält. Die Aufbereitung von Geschirr soll tienten, vor aseptischen Tätigkeiten, nach durch Anwendung von entsprechenden bevorzugt maschinell erfolgen. Es sind die Kontamination (Kontakt mit Blut, Sekre- desinfizierenden Waschverfahren mit entsprechenden lebensmittelhygienischen ten oder Exkreten), nach Kontakt mit der nachgewiesener Wirksamkeit zu gewähr- Vorgaben [63] zu berücksichtigen. Patientenumgebung, sowie nach Able- leisten, unabhängig davon, ob die Wä- Bei Umgang mit und Transport von gen von Einmalhandschuhen (siehe auch sche innerhalb oder außerhalb des Kran- benutztem Geschirr muss darauf geach- entsprechende Empfehlung der KRINKO) kenhauses aufbereitet wird [61]. Die Wä- tet werden, dass von dem Geschirr keine Barrieremaßnahmen: sche muss so behandelt werden, dass die Kontaminationsgefahr ausgeht. 55Tragen nicht-steriler Einmalhandschu- Patienten nicht gegenüber Waschmittel- he, wenn die Wahrscheinlichkeit des Kon- rückständen exponiert werden. 2.8 Aufklärung und Schulung taktes mit Blut, Sekreten, Exkreten oder von Patienten und wahrscheinlich kontaminierten Flächen 2.6.3 Bekleidung für Personal deren Besuchern besteht und Patienten 55Tragen einer Schürze oder eines Schutz- Wird Bekleidung (für Personal oder Pa- Bisher gibt es nur wenige Untersuchun- kittels, um Arbeitskleidung bei Eingrif- tienten) im Krankenhaus aufbereitet, so gen inwieweit Patienten selbst zur Über- fen oder Pflegemaßnahmen vor direktem müssen auch hierfür geeignete Wasch- tragung von Erregern in medizinischen Kontakt mit Blut, Sekreten, Exkreten oder verfahren verwendet werden, mit denen Einrichtungen beitragen [64]. Dennoch mit anderen kontaminierten Materia- sichergestellt ist, dass die Bekleidung an- möchte zum Beispiel die Mehrzahl der lien zu schützenTragen von Mund-Nasen- schließend keimarm und frei von Krank- Patienten, die mit multiresistenten Erre- Schutz und Schutzbrille oder eines Ge- heitserregern ist. gern besiedelt sind, über Infektionsrisiken sichtsschutzschildes, wenn mit Versprit- Nach Abschluss des Waschvorganges informiert werden und selbst Verantwor- zen von Blut oder Sekreten zu rechnen ist muss die saubere Wäsche so transportiert tung für die Infektionsprävention über- Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 10 · 2015 | 1155
Bekanntmachungen - Amtliche Mitteilungen Flächendesinfektion: 3 Erweiterte, über die nachvollziehbar sein (siehe auch Emp- 55Aufbereitung von Risikoflächen mit häu- Basishygiene hinausgehende fehlung „Personelle und organisatorische figem Hand- und Hautkontakt mindes- Maßnahmen Voraussetzungen zur Prävention nosoko- tens täglich so, dass keine Übertragungs- mialer Infektionen“ [68]). Dabei erfolgt gefahr davon ausgeht; bei sichtbarer Kon- Bereits bei begründetem Verdacht auf eine eine Bewertung von Risiken vor allem im tamination muss die Aufbereitung sofort übertragbare Erkrankung sollen entspre- Hinblick auf die angestrebten Schutzzie- erfolgen (siehe auch entsprechende Emp- chend der Verdachtsdiagnose angepass- le. Diese sollten sowohl für Patienten als fehlung der KRINKO) te Schutzmaßnahmen eingeleitet werden. auch für Personal immer die Vermeidung Aufbereitung von Medizinprodukten: Bei der Festlegung von über die Basis- einer Infektion und/oder einer (schweren) 55Aufbereitung von Medizinprodukten ent- hygiene hinausgehenden Schutzmaßnah- Erkrankung sein. Hierbei sind Personal- sprechend den Empfehlungen der KRIN- men für Personal einschließlich Trans- schutz und Patientenschutz gleichrangig KO und des BfArM „Anforderungen an die portpersonal, Mitpatienten und Besu- zu bewerten. Auf die Risikobewertung Hygiene bei der Aufbereitung von Me- chern, ist vorab eine Einschätzung des folgt die Ableitung risikominimierender dizinprodukten“ (siehe entsprechende Übertragungsrisikos von Infektionserre- Maßnahmen (Präventionsmaßnahmen) Empfehlung) gern sinnvoll. Hierbei ist, neben Viru- auf der Basis der Faktoren der Risikoana- Abfallentsorgung: lenz und Infektionsdosis von Erregern, lyse, der Eigenschaften des Erregers (bzw. 55Abfallentsorgung entsprechend der Voll- die Kenntnis des Übertragungsweges und des Erregerspektrums) und der Übertra- zugshilfe zur Entsorgung von Abfällen der Exposition sowie der Disposition und gungswege. aus Einrichtungen des Gesundheitsdiens- Immunität des zu Schützenden von ent- Basierend auf diesen Überlegungen tes der Bund/Länder-Arbeitsgemein- scheidender Bedeutung. kann die Risikoanalyse mit Ableitung der schaft Abfall (LAGA) Verschiedene Risikofaktoren beein- erforderlichen Maßnahmen auf 4 Fakto- Bettenhygiene und Bettwäsche: flussen die Wahrscheinlichkeit eine In- ren aufgebaut werden (siehe . Tab. 1): 55Jedem Patienten bei stationärer Aufnah- fektionskrankheit zu erleiden. Das Aus- 55Transmissionsweg me ein desinfizierend aufbereitetes, mit maß der Gefährdung wird durch das In- 55Möglichkeit einer Impfung und be- desinfizierten Inletts und sauberer Wä- fektionsrisiko (Exposition und Konta- sonderes Gefährdungs-/Transmis- sche bezogenes Bett zur Verfügung zu gionsindex), den Manifestationsindex und sionspotential für Risikogruppen stellen die Schwere der Erkrankung (z. B. Letali- 55Räumliche Unterbringung 55Die Wäsche bei sichtbarer Verunreinigung tät) bestimmt. Es gibt Risikofaktoren, die 55Persönliche Schutzausrüstung sofort zu wechseln die Wahrscheinlichkeit der Übertragung Wäscheentsorgung, -aufbereitung und -ver- und der anschließenden Manifestation 3.1 Transmissionswege sorgung und Bekleidung für Personal und Pa- einer Infektionskrankheit erhöhen und es tienten: gibt andere Risikofaktoren, die die Wahr- Es wird unterschieden zwischen einer 55Gebrauchte und kontaminierte Wäsche scheinlichkeit eher senken. Risiko erhö- Übertragung durch direkten oder indirek- so zu sammeln und zu transportieren, hend wirken z. B. eine hohe Anzahl von ten Kontakt, durch Tröpfchen oder Aero- dass von ihr keine Infektions- oder Konta- infizierten und symptomatischen Patien- sole sowie durch eine parenterale Exposi- minationsgefahr ausgeht ten in einem relevanten Bereich, eine lan- tion. Hinzu kommt bei einigen Erregern 55Wäsche so aufzubereiten und zu lagern, ge Aufenthaltsdauer mit infizierten Patien- die an bestimmte Vektoren gebundene dass sie dem Patienten sauber, keimarm ten in einem umgrenzten Raum, ein ge- Transmission. Nicht zuletzt müssen ggf. und frei von Rückständen zur Verfügung ringer Luftwechsel, eine lange Dauer des auch über die Basishygiene hinausgehen- gestellt wird Kontaktes zu einem infektiösen Patienten, de Maßnahmen mit den für die Kranken- 55Jegliche Aufbereitung von Wäsche aus me- eine hohe Virulenz des Erregers oder eine haushygiene Zuständigen (Hygieneteam) dizinischen Einrichtungen mit desinfizieren- hohe Suszeptibilität (Empfänglichkeit) des abgestimmt werden, wenn der Übertra- den, regelmäßig überprüften Verfahren mit Exponierten. Andererseits können eine gungsweg eines Infektionserregers noch nachgewiesener Wirksamkeit durchzuführen große interindividuelle Distanz, eine hohe nicht genau bekannt ist. Umgang mit Geschirr: Effektivität von Schutzmaßnahmen (z. B. Auch wenn in der Regel ein bestimm- 55Jedem Patienten Speisen und Geträn- Atemschutz, Händehygiene) oder eine Im- ter Übertragungsweg der bedeutendste ke auf bzw. in sauberem und keimarmen munität der Exponierten (z. B. Schutzimp- ist, kann in den meisten Fällen ein und (desinfiziertem) Geschirr zu reichen fung) das Risiko der Manifestation einer derselbe Erreger auf verschiedene Weise Aufklärung und Schulung von Patienten und Infektionserkrankung senken. Hinzu übertragen werden (zum Beispiel durch deren Besuchern: kommt die Möglichkeit eine Erkrankung Kontakt und durch Tröpfchen). Einige 55Patienten und deren Besucher zu persönli- zu therapieren, wodurch ggf. die Dauer Erreger von Infektionskrankheiten sind chen Maßnahmen der Hygiene aufzuklären der Ausscheidung eines Mikroorganismus nicht von Mensch zu Mensch übertragbar. Art der Unterbringung: begrenzt werden kann [67]. 55Patienten, von denen ein erhöhtes Über- Die Ableitung von Schutzmaßnah- 3.1.1 Kontaktübertragung tragungsrisiko ausgeht in Einzelzimmern men sollte auf der Basis einer Risikoana- Kontaktübertragungen können in zwei zu behandeln lyse bzw. Gefahrenanalyse erfolgen und wesentliche Untergruppen unterschieden 1156 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 10 · 2015
werden: direkte und indirekte Übertra- ches direkt über einen kurzen Weg auf der chen Zeiten im gleichen Raum aufhalten gungsereignisse. Bei ersteren geschieht die Schleimhaut des Rezipienten auftrifft. Sol- [81–83]. Beispiel für aerogen übertrag- Übertragung direkt von Person zu Person. che Sekrete entstehen z. B. beim Sprechen, bare Infektionen sind Masern, Varizel- Beispiele hierfür können sein: Husten oder Niesen, aber auch bei medi- len und die offene Tuberkulose der Atem- a. die Übertragung von Ektoparasiten zinischen Interventionen (endotrachea- wege. Bei der Influenza sind die meisten (z. B. Kopfläusen, Krätzmilben) von le Intubation, Absaugen aus den Atemwe- Übertragungen durch Kontakt und durch Kind zu Kind in entsprechenden Be- gen etc.). In der Regel beträgt die o. a. kur- Tröpfchen, jedoch nicht durch aerosol-ge- treuungseinrichtungen; ze Distanz ca. 1–2 m [57, 73–76], jedoch ist bundene Viren bedingt, obwohl ein sol- b. die Übertragung von Shigellen oder die Entfernung, die von Tröpfchen tatsäch- cher Übertragungsweg unter bestimmten Rotaviren von Patienten auf Klinik- lich zurückgelegt wird, abhängig von pa- Umgebungsbedingungen möglich ist [76]. personal bei Kontakt mit den Exkre- tienteneigenen Faktoren wie Tröpfchen- ten (z. B. Stuhl) solcher Patienten. durchmesser und Ausstoßgeschwindig- 3.1.4 Parenterale Übertragung Früher wurde dieser Übertragungs- keit, andererseits auch von diversen phy- Bei der parenteralen Übertragung gelangt weg als ‚fäkal-orale‘ Übertragung be- sikalischen Umgebungsvariablen wie Strö- der Erreger über die nicht intakte Haut zeichnet. Indirekt ist diese z. B. auch mungsgeschwindigkeit und Turbulenzen, oder Schleimhaut bzw. durch Injektionen durch die Kontamination von Le- Luftdruck und -feuchtigkeit, Temperatur oder Punktionen, z. B. über Gefäßkathe- bensmitteln möglich. und kann unter entsprechenden Bedin- ter oder Verwendung von kontaminierten gungen bis zu 3 m betragen. Es muss be- Spritzen in den Körper [2]. Die indirekte Übertragung erfolgt unter rücksichtigt werden, dass Tröpfchen auch Einbeziehung der Umwelt oder einer drit- durch Beatmungsgeräte oder bei nicht-in- 3.1.5 Vektorassoziierte ten Person. Hierbei ist die Bedeutung der vasiver Beatmung austreten können, wenn Übertragung möglichen Infektionskette Patient A → me- die Ausatemluft bzw. die Abluft aus dem Einige Infektionserkrankungen werden dizinisches Personal (Hände!) → Patient B Beatmungsgerät nicht gefiltert ist [77–79]. über sogenannte Vektoren übertragen. Es nicht zu unterschätzen. Ebenso können Respiratorische Tröpfchen sind im Re- handelt sich hierbei um lebende Organis- unbelebte Gegenstände (kontaminier- gelfall deutlich größer als 5 µm im Durch- men, zumeist Insekten, die Mikroorganis- te Oberflächen, Instrumente, etc.) diese messer und gelangen daher im Unter- men übertragen, jedoch nicht selbst erkran- Mittlerfunktion übernehmen. Insbeson- schied zu Aerosolen (s. u.) nicht direkt mit ken. Diese Art der Übertragung spielt in dere bei Erregern mit hoher Umweltper- der Atemluft in die terminalen Bronchioli medizinischen Einrichtungen in Deutsch- sistenz (Tenazität) stellt die Übertragung bzw. in die Alveolen. land nur eine untergeordnete Rolle. durch indirekten Kontakt ein ernstzuneh- mendes Problem dar [69]. Die meisten Er- 3.1.3 Aerogene Übertragung 3.1.6 Unbekannter reger nosokomialer Infektionen können Im Gegensatz zur Tröpfchenübertragung Übertragungsweg in der Umgebung des Patienten überleben findet die aerogene Übertragung durch Bei neu auftretenden Krankheitserre- und infektiös bleiben [31]. Beispiele hier- Tröpfchenkerne statt, deren Durchmes- gern müssen – bis genaue Kenntnisse zu für sind Noro-, Rota- oder RS-Viren aber ser weniger als 5 µm beträgt. Die World den Übertragungswegen vorhanden sind auch S. aureus, Acinetobacter baumannii Health Organization unterscheidet Par- – ggf. maximale Maßnahmen zur Prä- und Clostridium difficile [31]. tikelgrößen größer oder kleiner als 5 µm, vention der weiteren Verbreitung ergrif- Auch die in Kliniken benutzte Berufs- um die Tröpfchenübertragung (> 5 µm) fen werden. Durch Vergleich mit Erre- kleidung (Arztkittel) sowie die Werkzeuge von der aerogenen Übertragung durch gern mit ähnlichem biologischen Verhal- und Utensilien der täglichen Arbeit (Ste- Tröpfchenkerne (≤ 5 µm; Aerosole) ab- ten und Krankheitsmanifestationen soll- thoskope, Thermometer, Blutdruckman- zugrenzen [80]. Aerosole ≤ 5 µm gelan- ten entsprechende Hygienemaßnahmen schetten etc.) können mit Erregern kon- gen mit der Atemluft in die tiefen Atem- eingeleitet werden, bis der Übertragungs- taminiert sein und zu Übertragungen im wege und umgehen damit wichtige physi- weg genauer beschrieben ist. Ein Bei- Sinne einer indirekten Kontakttransmis- kalische und immunologische Barrieren. spiel hierfür sind humane Bocaviren, die sion führen [70–72]. Aufgrund ihrer geringen Größe sedi- Atemwegsinfektionen auslösen und sich mentieren Tröpfchenkerne wenn über- in Bezug auf ihre Tenazität wahrschein- 3.1.2 Tröpfchenübertragung haupt nur sehr langsam und können da- lich ähnlich wie das humane Parvovirus Streng genommen stellt der Übertragungs- mit in der Luft schwebend über größe- B19 verhalten [84]. weg durch Tröpfchen eine distinkte Varian- re Distanzen verbreitet werden. Eine Vo- te der Kontaktinfektion dar. Erreger, die raussetzung für aerogene Übertragung 3.2 Impfung und besonderes über Tröpfchen übertragen werden, sind ist, dass die entsprechenden Mikroorga- Gefährdungs- oder auch über direkte und indirekte Kontak- nismen unter diesen Bedingungen über Transmissionspotential te übertragbar. Der entscheidende Faktor längere Zeit infektiös bleiben. Dann sind für Risikogruppen für die Klassifizierung zur Tröpfcheninfek- Übertragungen auch auf Personen mög- tion ist die Übertragung durch ein Sekret/ lich, die sich in unterschiedlichen Räumen Eine aktive oder passive Immunisierung Exkret aus dem Respirationstrakt, wel- befinden oder die sich zu unterschiedli- kann bei nicht immunen Menschen das Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 10 · 2015 | 1157
Bekanntmachungen - Amtliche Mitteilungen Risiko einer Erkrankung durch bestimm- de Schutzmaßnahmen anzuwenden [2]. talen Infektion des Kindes. Daher sind te Erreger reduzieren. Bei der aktiven Im- Bevor auf Schutzmaßnahmen verzich- für geburtshilfliche Abteilungen bzw. für munisierung kann die Impfantwort durch tet wird, muss sichergestellt sein, dass schwangere, nicht-immune Beschäftig- eine Immundefizienz oder Immunsup- eine entsprechende Immunität vorliegt. te besondere Schutzmaßnahmen zu er- pression des Geimpften beeinträchtigt Details erläutern die Empfehlungen der greifen. So müssen schwangere Mitarbei- sein. Bei hochgradiger Immunsuppres- STIKO. terinnen von der Behandlung kontagiö- sion sind Impfungen mit Lebendimpf- ser Patienten (Art der Infektionen siehe stoffen kontraindiziert [85]. Bei einigen 3.2.2 Besonderes . Tab. 1) ausgeschlossen werden [94, 95]. Erkrankungen wird eine postexpositio- Transmissionsrisiko für nelle Impfung empfohlen [86]. Von ent- Immunsupprimierte 3.3 Räumliche Unterbringung scheidender Bedeutung zur Vermeidung Angeborene oder erworbene Immun- nosokomialer Übertragungen bestimm- suppression kann zu besonderer Suszep- 3.3.1 Standardunterbringung ter impfpräventabler Erkrankungen ist tibilität für Infektionserkrankungen füh- Bei Erkrankungen, die nicht von Mensch die Impfung des medizinischen Perso- ren. Die Ausprägung des Defektes be- zu Mensch, parenteral oder durch Vek- nals [86–89]. Diesen Überlegungen wird einflusst dabei den Verlauf der Infektio- toren übertragen werden, ist eine Unter- durch die Kategorie ‚Impfung‘ in . Tab. 1 nen für die eine besondere Empfindlich- bringung im Einzelzimmer nicht erfor- Rechnung getragen. Berücksichtigt wer- keit besteht, z. B. virale Infektionen bei derlich. Auch bei kontagiösen Erkrankun- den muss auch, dass bei bestimmten Er- T-Zell-Defekten, bakterielle und invasi- gen, zu deren Übertragung eine hohe In- regern auch die Immunität (sei es durch ve Pilzinfektionen bei Neutropenie oder fektionsdosis erforderlich ist, kann auf die eine Impfung oder eine durchgemach- Defekten der Granulozyten-/Makropha- Unterbringung im Einzelzimmer verzich- te Erkrankung) nicht vor einer vorüber- genfunktion. Auch Patienten mit auto- tet werden, wenn bei dem Patienten eine gehenden Besiedlung mit dem Erreger immunologischen Erkrankungen, die gute Compliance vorliegt, d. h. der Patient schützt (z. B. Pertussis). außerhalb onkologischer Zentren behan- muss in der Lage sein, die empfohlenen delt werden, erhalten inzwischen zuneh- Verhaltensweisen zu befolgen. 3.2.1 Impfpräventable mend eine immunsuppressive Therapie, Erkrankungen die sich unter Umständen langfristig auf 3.3.2 Isolierzimmer Das Risiko der Infektion und der Über- die Suszeptibilität gegenüber bestimmten Das Isolierzimmer ist ein zur Einzelunter- tragung von Erkrankungen in Einrichtun- Infektionskrankheiten auswirkt. Speziel- bringung nutzbares Zimmer mit einem gen des Gesundheitssystems sowohl für le Maßnahmen zur Infektionsprävention eigenen Bad und einer Toilette mit ent- die Beschäftigten als auch für die von ih- bei immunsupprimierten Patienten sind sprechenden Händedesinfektionsmittel- nen betreuten Patienten kann durch Imp- in den Empfehlungen der KRINKO „An- spendern und einem ausreichend groß di- fungen reduziert werden. Entsprechend forderungen an die Hygiene bei der medi- mensionierten Eingangsbereich, in dem werden von der Ständigen Impfkommis- zinischen Versorgung von immunsuppri- Schutzkleidung so abgelegt und vor Ver- sion beim Robert Koch-Institut (STIKO) mierten Patienten“ zusammengestellt [8]. lassen des Zimmers entsorgt werden kann, [86] Impfungen gegen Hepatitis A, Hepa- Diese Maßnahmen können von Maßnah- dass es nicht zur Kontamination kommt. titis B, Influenza, Masern, Mumps, Pertus- men, die für Immunkompetente notwen- Der Patient darf dieses Zimmer nur nach sis, Poliomyelitis, Röteln und Varizellen dig sind, abweichen. Rücksprache mit dem Personal verlassen. als Impfungen auf Grund eines erhöhten Wichtig ist z. B., dass Patienten, die zu Ein Zusammenhang zwischen bauli- beruflichen Risikos empfohlen z. B. nach Beginn der intensiven Chemotherapie se- chen Gegebenheiten, z. B. der Zahl der Gefährdungsbeurteilung gemäß Arbeits- ropositiv sind, ihre Immunität unter der Einzelzimmer und dem Auftreten von schutzgesetz/Biostoffverordnung/Verord- anhaltenden Immunsuppression verlie- nosokomialen Infektionen, konnte bis- nung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge ren können; bei diesen Patienten kann es her nicht eindeutig nachgewiesen werden (ArbMedVV) und dem G 42 (Berufsge- zu Durchbruchsinfektionen z. B. durch [96–98]. Dennoch ist ein wichtiges Prin- nossenschaftlicher Grundsatz G 42 „Tä- Varizella-Zoster-Virus kommen [90, 91]. zip der Prävention der Erkrankungsüber- tigkeiten mit Infektionsgefährdung“). Die Außerdem können ‚klassische Infektions- tragung Distanz zwischen infektiösen und Details der Empfehlungen können den je- krankheiten‘ atypisch verlaufen, wie z. B. empfänglichen Personen zu schaffen. weils aktuellen Publikationen der STIKO eine disseminierte Varizelleninfektion oh- Eine Einzelunterbringung ist erforder- entnommen werden. ne Exanthem [92, 93]. lich, wenn die Übertragung des Erregers Bei bekannter Immunität kann nach auf dem Luftweg/aerogen oder über res- TRBA 250 ggf. auf spezielle, über die 3.2.3 Besondere Risiken bei piratorische Sekrete (Tröpfcheninfektio- Basishygiene hinausgehende Schutz- Transmission in der nen) erfolgen kann. Die Empfehlung zur maßnahmen im Krankenhaus verzich- Schwangerschaft Einzelunterbringung kann auch begrün- tet werden. Der Impfstatus des Perso- Bei Schwangeren besteht das Risiko eines det sein in der Besonderheit einzelner Er- nals sollte den Beschäftigten selbst und komplizierten Verlaufs bestimmter Infek- krankungen oder einzelner Erkrankungs- dem Betriebsarzt bekannt sein. Im Zwei- tionen (z. B. Influenza). Hinzu kommt phasen (profuse Durchfälle), bei schwer fel über den Impfstatus sind entsprechen- das Risiko einer konnatalen oder peripar- kontrollierbarem Übertragungsweg (z. B. 1158 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 10 · 2015
55die mit bestimmten multiresisten- Eine mögliche Anordnung der Räume ten Krankheitserregern besiedelt sind für künftige Bauvorhaben ist in . Abb. 1 und daher in einem Einzelzimmer schematisch dargestellt. Patient isoliert werden müssen [70] Eine spezielle Belüftung von Vorräu- 55die protektiv (zu ihrem eigenen men ist in der Regel nicht erforderlich. Schutz) isoliert werden müssen. Durch wechselseitiges Schließen der Tü- ren des Vorraumes ist eine ausreichende Beispielsweise wird in der Empfehlung Abgrenzung des Patientenzimmers vom zur Infektionsprävention bei Immunsup- Flur zu gewährleisten. Ist aus baulichen primierten [8] darauf hingewiesen, dass Gründen eine RLT-Anlage notwendig, mindestens 40 % (besser 50 %) der Zim- z. B. aufgrund der erforderlichen Be- bzw. Vorraum mer zur Isolierung (als Einzelzimmer Entlüftung innenliegender Räume, so ist unreine Seite nutzbares Zimmer mit eigenem Bad und es empfehlenswert durch entsprechende reine Seite Nasszelle / Entsorgung Toilette mit entsprechenden Händedesin- Regelung der Abluft einen Unterdruck im fektionsmittelspendern und einem ausrei- Vorraum herzustellen. Patienten mit Ma- chend groß dimensionierten Eingangs- sern, Windpocken oder multiresistenter bereich, in dem Kittel, Handschuhe und Tuberkulose sollen bevorzugt in Isolier- Mund-Nasen-Schutz angelegt und vor zimmern mit Vorräumen isoliert werden. Abb. 1 8 Schematische Darstellung einer mög- Verlassen des Zimmers entsorgt werden lichen Anordnung von Vorraum und Nasszelle können) genutzt werden können. 3.3.4 Isolierstationen bzw. Entsorgungsraum Auch in den britischen National Health Einheiten/Stationen zur Isolierung infek- Service Empfehlungen wird für neu zu er- tiöser Patienten mit mehreren Isolierzim- Ektoparasiten), oder bei Patienten, die richtende medizinische Einrichtungen ein mern bieten sich im Allgemeinen nur in nicht in der Lage sind, Maßnahmen der Anteil von 50 % Einzelzimmern gefordert Krankenhäusern mit Fachdisziplinen an, Basishygiene einzuhalten. [100]. die häufig kontagiöse Patienten stationär Eine gemeinsame Isolierung mehre- Da bereits derzeit etwa 1,5 bis 4 % der behandeln (z. B. Tuberkulose in der in- rer Patienten (Kohortenisolierung) kann Patienten mit MRSA besiedelt sind [10] ternistischen Pneumologie, virale Atem- durchgeführt werden, wenn bei mehreren und der Anteil multiresistenter Erreger wegsinfektionen oder Gastroenteritiden Patienten die gleichen Erreger nachgewie- eher zunimmt, sollte allein deshalb bei in der Pädiatrie). Bei der Planung ist die sen wurden und wenn nicht andere Grün- Neuplanungen oder Sanierungen auf Nor- geeignete Abtrennung der Zimmer unter- de (z. B. Immunsuppression, Möglichkeit malpflegestationen ein Anteil von Einzel- einander und zu anderen Bereichen des der Superinfektion oder Kolonisierung zimmerbetten an der Gesamtbettenzahl Krankenhauses unter Vermeidung von durch ein anderes Isolat oder einen ande- von 10–20 % nicht unterschritten werden. Durchgangsverkehr zu berücksichtigen. ren Stamm der gleichen oder einer ver- Der genau erforderliche Anteil an Ein- Neben den Isolierzimmern mit aus- wandten Erregerspezies mit anderen Re- zelzimmern in Krankhäusern sollte von reichend großen Vorräumen und Sani- sistenz- oder Pathogenitätseigenschaften) der ärztlichen Leitung und der Kranken- täreinrichtungen bevorzugt mit Steckbe- dagegen sprechen. hausadministration in Zusammenarbeit ckenspülen, müssen folgende Räumlich- Damit Patienten mit kontagiösen Er- mit dem zuständigen Krankenhaushygie- keiten in ausreichender Größe auf der Sta- krankungen ggf. in einem Einzelzimmer niker (bzw. der Hygienekommission) ab- tion vorhanden sein: isoliert werden können, müssen als Ein- teilungsbezogen festgelegt und damit an 55Besucherraum zelzimmer nutzbare Räumlichkeiten in den tatsächlichen Bedarf angepasst wer- 55reiner Pflege-Arbeitsraum angemessener Zahl verfügbar sein. Eine den. 55unreiner Pflege-Arbeitsraum/räume sehr häufige Rückmeldung aus der klini- mit Steckbeckenspüle, sofern diese schen Praxis ist, dass die Zahl der verfüg- 3.3.3 Isolierzimmer mit Vorraum nicht den Zimmern zugeordnet sind baren Einzelzimmer nicht dem medizi- Ein Vorraum dient als Trennungszone 55Dienstraum oder -platz für Pflege- nisch begründeten Bedarf entspricht [99]. zwischen dem kontaminierten Patienten- kräfte Aus der Perspektive der Infektionsprä- zimmer und dem nicht kontaminierten 55Arztdienstraum vention richtet sich der Bedarf an Einzel- Außenbereich. Um diese Funktion zu er- 55Verteiler-, Stations- oder Teeküche zimmern der jeweiligen Station nach dem füllen, muss sie groß genug sein, um sie 55Geräte- und Lagerräume Anteil der Patienten in eine reine und eine unreine Seite tren- 55Raum für die Bettenaufbereitung 55von denen ein erhöhtes Übertra- nen zu können. Es ist nicht sinnvoll, Vor- und/oder die Bereitstellung aufberei- gungsrisiko ausgeht räume als schmalen Flurbereich zwischen teter Betten außerhalb der Dienstzei- 55mit kontagiösen Erkrankungen, die Patientenzimmer und Nasszelle bzw. Pa- ten einer Bettenzentrale eine Einzelzimmerisolierung erfor- tientenzimmer und Entsorgungsraum 55Entsorgungsraum, bevorzugt mit Zu- dern anzulegen. Die Nasszelle soll direkt vom gang von außerhalb Patientenzimmer aus zugänglich sein. 55Personalaufenthaltsraum Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 10 · 2015 | 1159
Bekanntmachungen - Amtliche Mitteilungen 55Personalumkleideraum mit Schrän- Kontakt auch nur möglich ist. Dies kann Im Gegensatz zum Mund-Nasen- ken für Bereichskleidung oder Dop- in der Praxis bedeuten, dass die Einmal- Schutz (MNS), der bestimmungsgemäß pelschränken (Trennung von Dienst- handschuhe bereits vor Betreten des Zim- die Umgebung vor der Nasen-Rachenflo- und Privatkleidung) mers angelegt werden, insbesondere wenn ra des Trägers schützen soll, hat der Atem- 55Personaltoiletten eine erhebliche Kontamination der Ober- schutz die Aufgabe, den Träger selbst vor 55Raum für Putzutensilien bzw. die flächen des Patientenzimmers zu erwar- Schadstoffen aus der Umgebung zu schüt- Ausrüstung der Reinigungskräfte ten ist. Nach Ablegen der Einmalhand- zen, welche durch die Luft übertragen schuhe ist stets eine Händedesinfektion werden (Gase und Mikroorganismen). Bei Planung von Untersuchungs- und Be- erforderlich. Einmalhandschuhe werden Der Atemschutz ist somit eine Maß- handlungsräumen müssen Zugangswege, somit nicht anstelle sondern zusätzlich nahme des Arbeitsschutzes. Als geeig- Ausstattung (leicht desinfizierbare Ober- zur Händedesinfektion eingesetzt [4]. net werden in medizinischen Einrichtun- flächen) und ggf. Zugangsbeschränkun- gen partikelfiltrierende Atemschutzmas- gen besonders berücksichtigt werden. 3.4.2 Schutzkittel ken, sog. Filtering Face Pieces –FFP an- Wenn in Isoliereinheiten Patienten ver- Schutzkittel haben die Aufgabe zu ver- gesehen, die eine Reduktion infektiöser schiedener Fachdisziplinen zusammenge- hindern, dass die Arbeitskleidung der Be- Aerosole in der eingeatmeten Luft bewir- fasst werden sollen, so ist zu gewährleis- schäftigten mit Mikroorganismen konta- ken. Nach DIN EN 149 wird die Gesamtle- ten, dass sich die Versorgung der Patien- miniert wird und dadurch die Beschäftig- ckage dieser Atemschutzmasken geprüft, ten dadurch nicht verschlechtert. Perso- ten direkt oder andere Patienten indirekt die sich aus Filterdurchlass und der soge- nal, das nur zeitweilig in diesem Bereich gefährdet werden. Geeignet sind lang- nannten Verpassungsleckage (Undichtig- tätig ist, muss besonders geschult werden. ärmelige, mindestens flüssigkeitsabwei- keiten zwischen der Dichtlinie der Maske Die Schulung ist zu dokumentieren [2]. sende Kittel mit Rückenschluss und Ab- und dem Gesicht des Trägers) zusammen- schlussbündchen an den Armen (z. B. setzt. Entsprechend der sich daraus erge- 3.4 Persönliche Schutzausrüstung nach DIN EN 14126:2004-01), die entwe- benden Gesamtleckage werden die Filter- der desinfizierbar sind oder als Einmalkit- masken in drei Klassen unterteilt, mit je- Das Tragen persönlicher Schutzausrüs- tel entsorgt werden. Bei Durchfeuchtung weils einer zulässigen Leckage von: tung ist in vielen Fällen Bestandteil der ist der Kittel zu wechseln. Bei zu erwar- 55FFP1 max. 22 % Basishygiene, da Infektionen auch un- tender Durchfeuchtung sind ggf. Plastik- 55FFP2 max. 8 % erkannt vorliegen können. schürzen anzulegen. 55FFP3 max. 2 %. Dabei wird die Schutzausrüstung in Ab- hängigkeit von der mit hoher Wahrschein- 3.4.3 Atemschutz Entscheidend für die Wirksamkeit der lichkeit zu erwartenden (vorhersehbaren) In medizinischen Einrichtungen wird FFP-Maske ist neben den Filtereigen- Exposition getragen. Liegt bei einem Pa- bei Atemschutz in erster Linie an den schaften vor allem der Dichtsitz (Pass- tienten eine nachgewiesene Infektion vor Mund-Nasen-Schutz (MNS) gedacht. form), weshalb die angegebenen Re- oder ist eine Infektion hochwahrschein- Der Mund-Nasen-Schutz ist ein Medi- duktionswerte nur bei optimal angeleg- lich, so wird die Schutzausrüstung bereits zinprodukt, das, vom Beschäftigten getra- ter Maske erreicht werden können. Bart- angelegt, wenn die Möglichkeit eines Kon- gen, wirkungsvoll die Übertragung mak- haare im Bereich der Dichtlinie zwischen taktes besteht. Dies kann bedeuten, dass roskopischer Tröpfchen aus dem Respi- Atemschutzmaske und Gesichtshaut kön- die Ausrüstung bereits vor Zutritt zum Pa- rationstrakt von Patienten auf die Mund- nen die Schutzwirkung der Schutzmaske tientenzimmer angelegt wird. und Nasenschleimhaut des Trägers ver- beeinträchtigen. Darauf sollten Bartträger hindern kann. Zudem werden Mund und hingewiesen werden. In der Regel stellt 3.4.1 Schutzhandschuhe Nase des Trägers vor Berührungen durch das Tragen einer gut angepassten FFP2- Bereits im Rahmen der Basishygiene wird kontaminierte Hände geschützt [101]. Ge- Maske aber einen geeigneten Schutz vor empfohlen, nicht-sterile Einmalhand- meinsam mit anderen Präventionsmaß- infektiösen Aerosolen, einschließlich Vi- schuhe zu tragen, wenn direkter Kontakt nahmen (schnelle Diagnose, gezielte The- ren dar, da davon ausgegangen werden mit Blut, Urin, Sekreten, Exkreten (Stuhl, rapie, Schutzkittel, Handschuhe und ggf. kann, dass diese an kleinste Tröpfchen Eiter), Schleimhäuten, nicht intakter Haut räumliche Isolierung) hat sich der MNS oder Tröpfchenkerne gebunden sind [2]. oder anderem potentiell infektiösem Ma- als wirksamer Bestandteil von Präven- Ab FFP 2 kann je nach Tätigkeit eine terial zu erwarten ist. Um einen ausrei- tionsmaßnahmen bewährt [102]. Der arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersu- chenden Personalschutz beim Umgang MNS gehört jedoch nicht zum klassischen chung nach ArbMedVV (G26) in Verbin- mit Patienten, die an bestimmten Infek- Atemschutz im Sinne des Arbeitsschutzes, dung mit der Arbeitsmedizinischen Regel tionserkrankungen erkrankt sind, zu ge- weil er nicht über den erforderlichen Sitz AMR 14.2 „Einteilung von Atemschutzge- währleisten, sollen Schutzhandschu- und in der Regel nicht über das erforder- räten in Gruppen“ erforderlich sein [103]. he (entsprechend DIN EN 420 (Schutz- liche Rückhaltevermögen gegenüber Ae- Auf jeden Fall ist die Einbeziehung des handschuhe) und DIN EN 374 Teil 1) ge- rosolen verfügt und deshalb nicht hinrei- Betriebsarztes und eine Gefährdungs- tragen werden [21, 22]. Die Handschuhe chend vor dem Einatmen von Aerosolen beurteilung nach Arbeitsschutzgesetz zu sollen bereits angelegt werden, wenn der schützen kann. empfehlen [104]. Die arbeitsmedizinische 1160 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 10 · 2015
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