Die Schweiz von 1350 bis 1850 im Spiegel archäologischer Quellen
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SPM-Koll VIII_CoverWeb_SPM VIII – KOLL 14.11.18 09:22 Seite 1 SPM Kolloquium — colloque Bern 2018 AS – Archäologie Schweiz SAM – Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit SBV – Schweizerischer Burgenverein (Herausgeber) Die Schweiz von 1350 bis 1850 im Spiegel archäologischer Quellen Die Schweiz von 1350 bis 1850 — La Suisse de 1350 à 1850 AS – Archéologie Suisse SAM – Groupe de travail suisse pour l’archéologie du Moyen Age et de l’époque moderne SBV – Association suisse Châteaux forts (éditeurs) La Suisse de 1350 à 1850 à travers les sources archéologiques Akten des Kolloquiums Actes du Colloque Bern, 25.–26.1.2018 Verlag Archäologie Schweiz SPM Basel 2018 ISBN 978-3-908006-48-0
Umschlag: Dudelsackbläser vom so genannten Holbein-Brunnen. Werk eines unbekannten Künstlers, um 1545. Sandstein mit farbiger Fassung. Höhe 91 cm. Heute Basel, Historisches Museum, Inv. 1910.132. Umzeichnung Archäologie Baselland, S. Schäfer. Schellen-Under. Schaffhauser Spielkarte. Schaffhausen, um 1800. Holzschnitt, schablonenkoloriert. Drucker David Hurter; Bearbeitung I. D. Zeder. Couverture: Joueur de cornemuse de la fontaine dite de Holbein. Oeuvre d’un artiste inconnu, ver 1545. Grès avec décor polychrome. Hauteur 91 cm. Aujourd’hui à Bâle, Musée Historique, Inv. 1910.132. Dessin Archéologie Baselland, S. Schäfer. Schellen-Under (Under de grelot). Carte à jouer de Schaffhouse. Schaffheouse, vers 1800. Gravure sur bois peinte au pochoir. Imprimeur David Hurter. Infogra- phie I. D. Zeder. Wissenschaftliche Leitung / Direction scientifique : Steuerungsgruppe SPM VIII (s. S. 7), im Auftrag der Wissenschaftlichen Kommission der Archäologie Schweiz / sur mandat de la Commission Scientifique d’Archéologie Suisse. Die Umsetzung dieser Internet-Publikation wurde unterstützt durch die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozial- wissenschaften SAGW. Der Band ist gratis online verfügbar unter www.archaeologie-schweiz ▻ Publikationen ▻ Online-Publi- kationen. La réalisation de cette publication éléctronique a été largement soutenue par l’Académie des Sciences humaines et sociales ASSH. Le volume est mis à disposition en ligne gratuitement sur www.archeologie-suisse.ch ▻ Publications ▻ Publications en ligne. Hardcopy produziert mit Unterstützung der Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit. / Version imprimée réalisée avec le soutien du Groupe de Travail pour l’Archéologie du Moyen Age et de l’Epoque moderne. Bestelladresse für die gedruckte und gebundene Version: Archäologie Schweiz, Petersgraben 51, CH-4051 Basel, admin@archaeologie-schweiz.ch Adresse de commande pour la version imprimée et reliée: Archéologie Suisse, Petersgraben 51, CH-4051 Bâle, admin@archeologie-suisse.ch Projektleitung / Direction du projet : Urs Niffeler. Redaktion / Rédaction : Catherine Leuzinger-Piccand (Beitrag Liboutet/Vanetti); Urs Niffeler (übrige Teile). Druckvorstufe / Prépresse : Isabelle D. Zeder. Copyright by Archäologie Schweiz, Basel 2018. ISBN 978-3-908006-48-0
Inhaltsverzeichnis – Table de matière – Indice Dank ....................................................7 Zur Chronologie und Typologie der Wohnbauten Graubündens im Zeitraum von 1350 bis 1850 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Mathias Seifert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .115 Alpnutzung in Spätmittelalter und Frühneuzeit 1. Siedlungen – Habitat am Beispiel Andermatt UR Brigitte Andres und Christian Auf der Maur . . . . . . . . . . . . . . .129 1.1 Städte – Villes Der Oberwalliser Wohnbau in Spätmittelalter und Basel – Transformationen einer Stadt Neuzeit. Das Bespiel Schnydrighaus in Mund, Frank Löbbecke, Martin Möhle, Gemeinde Naters Werner Bellwald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .139 Christoph Matt und Marco Bernasconi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11 Vom Lagerbau zum Stadthaus. Innerschweizer Holzbau Ulrike Gollnick und Christoph Rösch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .147 Die bauliche Entwicklung des Städtchens Werdenberg (Grabs SG) im 14. und frühen 15. Jh. Carolin Krumm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29 Bauernhäuser aus Altholzbeständen – eine Erscheinung des Taunerwesens im 18./19. Jh.? Katharina König . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .161 Städtischer Wohnbau am Beispiel Zug Anette JeanRichard und Christoph Rösch . . . . . . . . . . . . . . . . . .37 Archéologie du « village vigneron » : l’exemple Freiburg: Rue Neuveville 46, du Vignoble neuchâtelois (15e–17e siècles). ein spezieller Typ von Gerbereigebäude Comment le développement de l’économie viticole Christian Kündig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .49 du 15e au 17e siècle a durablement influencé le paysage, l’urbanisme et l’architecture de la région Christian de Reynier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .175 Murten: Ein Dachstuhltyp zu Wohnbauten ab dem frühen 16. Jh. Christian Kündig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .53 1.3 Sonderbauten und Infrastruktur – Bossonnens FR: Von der mittelalterlichen Burg Bâtiments spécialisés et infrastructures bis zur Artillerieplattform Christian Kündig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .57 Münzstätten im archäologischen Befund Rahel C. Ackermann und Christoph Ph. Matt . . . . . . . . . . . . . .189 Saint-Ursanne, premières investigations en archéologie urbaine dans le Jura Die gemeineidgenössischen, bernischen und vorder- Sébastien Saltel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .63 österreichischen Landvogteischlösser des Aargaus Peter Frey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .195 1.2 Ländliche Siedlungen – Habitat rural Baden AG: vom Wildbad zum Kurort Andrea Schaer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .197 Der städtische Einfluss auf die Haus- und Siedlungsentwicklung im Basler Untertanengebiet Bad Weissenburg und das Badewesen (Kanton Baselland ohne Laufental) im Berner Oberland Anita Springer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69 Volker Herrmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .207 Hochstudbauten im Aargau. Bauarchäologische und bauhistorische Unter- Typologische Entwicklung vom 16. Jh. bis 19. Jh. suchungen am Escher- und am Linthkanal Cecilie Gut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .79 Jakob Obrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .217 Alles unter Schutt und Asche. Das ehemalige Gasthaus Ochsen in Flüelen UR: Ofenkachelfunde des 14.–18. Jh. in Brandhorizonten Gasthof, Kaufhaus und Sust an der Gotthardroute. von Fricktaler Bauerndörfern Ein stattlicher Bau am Übergang zwischen Land David Wälchli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .93 und See Ulrike Gollnick und Christian Auf der Maur . . . . . . . . . . . . . .229 Bohlenständerbau im Kanton St. Gallen Moritz Flury-Rova . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .107 3
Le pavillon de chasse de Guillaume de La Baume : 3. Glaubenswelt – Croyances une source d’inspiration pour le Canton de Fribourg Rocco Tettamanti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .237 3.1 Bauten und Zeichen – Pour une relecture du statut économique du Canton Bâtiments et symboles de Vaud à l’époque moderne : les cas du fer et des fours à chaux du Jura-Nord vaudois Die Mikwe von Lengnau AG Peter Frey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .397 Alice Vanetti et Marion Liboutet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .239 Das «Cappeli» im Berner Stockental Volker Herrmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .399 2. Materielle Kultur – Culture matérielle Ermitages religieux des environs de la ville de Fribourg Laufenburg-Siechebifang – ein aussergewöhnlicher (15e–19e siècles) : un patrimoine à redécouvrir Fundkomplex aus dem 15. Jh. Ludovic Bender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .407 Ein Einblick in das Inventar des ehemaligen Laufenburger Siechenhauses Aménager un temple réformé en terres neuchâteloises Reto Bucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .255 (1530–1850). Apports de l’archéologie Jacques Bujard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .417 Bunte Schüsseln, schlichte Tassen. Gefässkeramik- entwicklung in der Nordostschweiz (1350–1850) An Holzbauten beobachtete Zeichen Valentin Homberger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .271 von Praktiken der Volksfrömmigkeit Ulrike Gollnick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .427 Ein geschlossenes Geschirrensemble des 18. Jh. aus Winterthur Annamaria Matter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .283 3.2 Bestattungen – Sépultures Alles im grünen Bereich. Die Haushaltskeramik Grabbeigaben im Gebiet der Deutschschweiz vom Bauschänzli in Zürich, datiert vor 1662 Martina Kaelin-Gisler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .431 Jonathan Frey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .297 Die Bestattungen im Kanton Bern im Wandel der Zeit. Spätmittelalterliche und neuzeitliche Keramik- Interdisziplinäre Betrachtungen zu den Gräbern und komplexe im Kanton Zug Verstorbenen Eva Roth Heege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .309 Amelie Alterauge und Sandra Lösch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .441 Reperti ceramici in Ticino dal 1350 al 1850: Evolution des ensembles funéraires de la fin du prime considerazioni Moyen-Âge au début du 20e siècle. Quelques exemples Maria-Isabella Angelino . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .325 de fouilles récentes dans les cantons de Vaud et de Neuchâtel L’atelier de potiers de Bulle-rue de la Poterne Lucie Steiner et Sophie Thorimbert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .457 (1765–1895). Etat de la recherche Gilles Bourgarel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .337 Temple de Daillens VD : sépultures découvertes dans le chœur désaffecté – un cas d’école L’évolution du vaisselier genevois entre 1350 et 1850 Anna Pedrucci . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .469 Michelle Joguin Regelin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .361 Tabak und Tabakpfeifen in der Schweiz Andreas Heege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .371 4. Umwelt und Naturressourcen – Environnement et ressources naturelles Konjunkturen und Kleingeldwanderung. Kirchenfunde des 16.–19. Jh. Klima und extreme Naturereignisse in der Schweiz, Benedikt Zäch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .383 1350–1850. Nutzen und Potenziale historischer und naturwissenschaftlicher Klimaforschung für die Plomben und Marken Archäologie Rahel C. Ackermann und Benedikt Zäch . . . . . . . . . . . . . . . . . .391 Christian Rohr und Chantal Camenisch . . . . . . . . . . . . . . . . . .479 Landwirtschaft und Umwelt im Spiegel archäobiologischer Funde – Materialvorlage Marlu Kühn, Sabine Deschler-Erb und Simone Häberle . . . . .489 4
Abkürzungen – Abréviations – Abbreviazioni AAS Annuaire d’Archéologie Suisse AS et al. 2011 AS et al. (Hrsg.; 2011) Archäologie Schweiz AS/ ABBS Archäologische Bodenforschung des Kantons Basel- Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Archäo- Stadt logie des Mittelalters und der Neuzeit SAM/ ADSO Archäologie und Denkmalpflege im Kanton Solo- Schweizerischer Burgenverein SBV (Hrsg.; 2011) thurn SPM – Siedlungsbefunde und Fundkomplexe der AF Archéologie Fribourgeoise Zeit zwischen 800 und 1350. Akten des Kollo- AiZ Archäologie im Kanton Zürich quiums zur Mittelalterarchäologie in der Schweiz, AKBE Archäologie im Kanton Bern Frauenfeld, 28.–29.10.2010. Basel. – Archéologie AM Archeologia Medievale Suisse AS/Groupe de travail suisse pour l’archéolo- ArchBE Archäologie Bern – Archéologie bernoise. Jahrbuch gie du Moyen Âge et de l’époque moderne SAM/ des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern Association suisse Châteaux forts SBV (éds.; 2011) as. archäologie schweiz – archéologie suisse – archeo- SPM – Habitat et mobilier archéologiques de la logia svizzera période entre 800 et 1350. Actes du colloque ASA Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde «Archéologie du Moyen Âge en Suisse», Frauen- ASSPA Annuaire de la Société Suisse de Préhistoire et feld, 28.–29.10. 2010. Bâle. d’Archéologie – Annuario della Società Svizzera di SPM VII Urs Niffeler (Projektleitung u. Red.), Reto Marti et Preistoria e di Archeologia al. (wissenschaftl. Leitung) SPM VII, Archäologie BSSI Bollettino Storico della Svizzera Italiana der Zeit von 800 bis 1350 – L’archéologie de la BZ Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertums- période entre 800 et 1350 – L’archeologia del kunde periodo tra l’800 ed il 1350. Basel 2014. CAF Cahiers d’Archéologie Fribourgeoise, Fribourg CAR Cahiers d’Archéologie Romande, Lausanne ENr. Ereignisnummer Kantone – Cantons – Cantoni FA Freiburger Archäologie FHA Freiburger Hefte für Archäologie AG Aargau HLS Historisches Lexikon der Schweiz AI Appenzell Innerrhoden HS Helvetia Sacra AR Appenzell Ausserrhoden ISOS Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der BE Bern Schweiz von nationaler Bedeutung BL Basel-Landschaft JbAB Jahresbericht der Archäologischen Bodenforschung BS Basel-Stadt Basel-Stadt FR Fribourg JbADG Jahresbericht des Archäologischen Dienstes Grau- GE Genève bünden und der Denkmalpflege Graubünden GL Glarus JbAS Jahrbuch der Archäologie Schweiz GR Graubünden JbHGL Jahrbuch der Historischen Gesellschaft Luzern JU Jura (1983–2001); Historische Gesellschaft Luzern, Ar- LU Luzern chäologie, Denkmalpflege, Geschichte (seit 2002) NE Neuchâtel JbHVFL Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürsten- NW Nidwalden tum Liechtenstein OW Obwalden JbSGUF Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für Ur- SG St. Gallen und Frühgeschichte SH Schaffhausen KA Kantonsarchäologie SO Solothurn KDM Die Kunstdenkmäler des Kantons … SZ Schwyz KdS Die Kunstdenkmäler der Schweiz TG Thurgau RHV Revue historique vaudoise TI Ticino SBKAM Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Ar- UR Uri chäologie des Mittelalters VD Vaud SAEF/AAKF Service archéologique de l’Etat de Fribourg/Amt VS Valais für Archäologie des Kantons Freiburg ZG Zug SCA Service Cantonal d’Archéologie ZH Zürich SPM Die Schweiz vom Paläolithikum bis zum Mittelalter – La Suisse du Paléolithique au Moyen-Age – La Sviz- FL Fürstentum Liechtenstein zera dal Paleolitico al Medioevo ZA Zürcher Archäologie ZD Zürcher Denkmalpflege, Stadt Zürich, Bericht ZAK Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte ZAM Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters 5
Baden AG: vom Wildbad zum Kurort Andrea Schaer 1. Einleitung ren. Ihre Archetypen sind in Bergschluchten gelegene Bade- orte, wie Bad Pfäfers (Kanton St. Gallen) Leukerbad (Kanton 1.1 Heilquellen als raison d’être Wallis) oder Bad Gastein (Österreich). Diese Orte, die sich zwar in der Wildnis befanden, vermittelten aber mit ihrer Das Vorhandensein einer Heilquelle ist die Grundvoraus- Architektur und mehr noch durch die dort verkehrenden setzung zum Entstehen eines Heilbadeorts. Die Lage der Gäste durchaus ein urbanes, «zivilisiertes» Lebensgefühl.7 Quelle bzw. die Möglichkeiten zu deren Fassung und die Mit dem Begriff der «wilden Wasser» wurde auch natürlich Topografie – das Quellwasser muss über natürliche Gefälle warmes Wasser, also Thermalwasser bezeichnet.8 zu den Bädern transportiert und von dort wieder abgeleitet werden können – waren daher entscheidend dafür, wo und in welchen Dimensionen die Badeeinrichtungen und erstellt 1.3 Heilbäder mit antikem Ursprung wurden.1 Demensprechend sind die Lage und die räumliche als besondere Orte der Repräsentation Ordnung von Badeorten von der Antike bis in die Moderne stets von der Lage der Heilquellen und den topografischen Besondere Reputation kam im Spätmittelalter und der frühen Eigenheiten des Quellgebiets bestimmt.2 Neuzeit insbesondere Heilbädern zu, die bereits von den Primäre und wichtigste Infrastruktur eines Badeortes sind Römern genutzt worden waren. Dass Karl der Grosse mit die Einrichtungen zur Fassung des Quellwassers und dessen Aachen – dem antiken Aquae Granni – eine alte römische Nutzung, insbesondere natürlich die Bäder. In deren Bau- Bäderstadt zu seiner Residenz machte und dort, schenkt weise widerspiegelt sich nicht nur das technische Können man seinem Chronisten Einhard Glauben, viel Zeit in den der Baumeister, sondern auch die Art und der Stellenwert Thermalbädern verbrachte, ist kein Zufall.9 Neben der Ab- des Badens und der damit verbundenen medizinischen Mög- wesenheit anderer weltlicher und kirchlicher Herrscher und lichkeiten und Erwartungen der jeweiligen Epoche. der günstigen Verkehrslage im Norden seines Reiches wird Im Gegensatz zu gewöhnlichen Bädern, für deren Betrieb es auch das antike Erbe Aachens gewesen sein, welches Karl Wasser einer beliebigen Quelle ausreicht, liegen Heilbäder zu seiner Entscheidung bewog. Hier, in römischen Ruinen stets unmittelbar bei den entsprechenden Quellen, denn nur und, wie Einhard lebendig beschreibt, bei ausgiebigen Be- dort entfaltet das Wasser uneingeschränkt seine Wirkung. Der suchen des hofeigenen Thermalbades wird Karl eine seinem Besuch eines Heilbades war und ist für die Menschen meist Selbstverständnis als Nachfolger der römischen Kaiser ent- mit einer Reise verbunden. Oftmals bleiben die Besucher sprechende Umgebung und Bühne für seine Selbstinszenie- mehrere Tage oder Wochen im Quellort, weshalb neben den rung gefunden haben.10 Badeeinrichtungen den Unterkünften grosse Bedeutung zu- kommt.3 Die Architektur der Herbergen und damit des Bade- orts unterschied sich daher bis ins 18. oder frühe 19. Jh. kaum 2. Die Bäder von Baden zwischen von derjenigen einer «gewöhnlicher» mittelalterlichen oder Spätmittelalter und Moderne frühneuzeitlichen Kleinstadt.4 Erst im 18. und namentlich im 19. Jh. entwickelte sich eine eigentliche Kurarchitektur, die In Baden, 25 km nördlich von Zürich an der Limmat gelegen, nicht nur neue Gebäudetypen – Hotels im heutigen Sinne, entspringen seit Jahrtausenden schwefelhaltige Thermalquel- Kurhäuser, Trinkhallen – umfasste, sondern auch Parks und len.11 Seit der Römerzeit wurde dort das (heute) im Mittel die Erschliessung der den Kurort umgebenden Landschaft.5 47°C heisse Wasser gefasst und zu Heilzwecken genutzt.12 Es ist davon auszugehen, dass zwischen Antike und Mittelal- ter eine Thermalbadetradition bestehen blieb und die heissen 1.2 Der Topos des Wildbads: Quellen nicht nur von der regionalen Bevölkerung, sondern städtisches Leben und warmes Wasser auch von Durchreisenden aller Stände aufgesucht wurden.13 Ob die Nähe Badens zur karolingischen Pfalz in Zürich be- in feindlicher Natur reits in dieser Zeit dem Badeort an der Limmat zu gekröntem Besuch verhalf, muss offen bleiben. Im Hoch- und Spätmittelalter wurde für Thermalbäder die Es dürfte aber kein Zufall sein, dass die neue Siedlung um die Bezeichnung «Wildbad» gebräuchlich.6 Der Begriff bezieht heutige Stadtkirche (die heutige Altstadt) im 11. Jh. ebenfalls sich darauf, dass viele Thermalbäder ausserhalb der als «zivili- den programmatischen Namen Baden trägt.14 Die Lage der siert» und sicher geltenden Städte und oftmals weit von jenen neuen Siedlung ca. 1 km südlich des Quellgebiets (Abb. 1) entfernt lagen, zudem nur sehr beschwerlich zugänglich wa- dürfte nicht alleine der strategischen Lage geschuldet sein, A. Schaer, Baden AG: vom Wildbad zum Kurort 197
Abb. 1. Baden im Aargau zu Beginn des 17. Jh. Im Hintergrund die eigentlich jüngere Altstadt, im Vordergrund die Bäder, der ursprüngliche Kern der Stadt. Kupferstich von Matthäus Merian (gestochen zwischen 1621 und 1632). Grafische Sammlung Historisches Museum Baden 8917. sondern es ist anzunehmen, dass bei der Siedlungsgründung Bäder vom Hochmittelalter bis in die Moderne anhand der durchaus Rücksicht auf bereits wesentlich ältere herrschaft- materiellen Hinterlassenschaft zu rekonstruieren (Abb. 2). liche Besitzansprüche im Gebiet der Bäder und der einstigen Die archäologischen Befunde ergänzen damit die ausgespro- römischen Siedlung genommen werden musste.15 chen reiche schriftliche Überlieferung.18 Im hier behandelten Zeitabschnitt vom Spätmittelalter bis in die beginnende Moderne durchlebt der Baden zunächst Jahrhunderte grosser Blüte: bis ins beginnende 17. Jh. ist 2.1 Situation und Ausbau der Bäder der Kurort der wichtigste Badeort im Deutschen Reich.16 im Hochmittelalter Ab dem 16. Jh. brachten Seuchen und neue Krankheiten wie die Syphilis auch die Thermalbäder in Bedrängnis. Die Im Bereich der unmittelbar in der Limmatbiegung gelegenen neumodische Trinkkur und Ereignisse wie die Kriege des 17. römischen Thermenanlagen entstand wohl bereits im Früh- und 18. Jh. führten zu einem markanten Bedeutungsverlust mittelalter, sicher aber im Hochmittelalter ein erster Bade- der Thermalbäder, dem sich Baden ebenso wenig entziehen gasthof: der ab dem 14. Jh. überlieferte «Hof nid dem Rain» konnte wie andere Orte.17 Erst im Kurboom des 19. und be- (der spätere «Staadhof»).19 Im Bereich des heutigen Kurplatzes ginnenden 20. Jh. blühte der Kurort an der Limmat wieder wurden zwei vermutlich römische Becken bis ins 19. Jh. als auf, jedoch kam es hier nie zu einer so rasanten Entwicklung, öffentliche Bäder genutzt.20 wie sie in anderen Kurorten wie z. B. Baden-Baden fassbar Ein gezielter Ausbau der Bäder im 11. Jh. lässt sich archäolo- ist – wir werden darauf zurückkommen. gisch fassen. Im zentralen Bereich der Bäder (den heutigen Die im Vorfeld der Neugestaltung und Revitalisierung des Hotels Verenahof, Ochsen und Bären) liegende Quellen Bäderbezirks zwischen 2009 und 2012 ergrabenen und in den wurden mit grossem Aufwand neu gefasst und das Areal des historischen Hotels Bären und Ochsen freigelegten Befunde späteren Gasthofs Hinterhof mit Thermalwasser erschlossen. erlauben es nun erstmals, die Entwicklung der Badener Im selben Zug wurde mit der Dreikönigskapelle ein Sakral- 198 A. Schaer, Baden AG: vom Wildbad zum Kurort
Abb. 2. Baden AG, Gasthof Hinterhof. Abfolge mehrerer ineinander geschachtelter Badebassins aus dem 14. bis 19. Jh. Foto Kantonsarchäologie Aargau. bau errichtet, dessen Grösse identisch ist mit der damals Im Gasthof Hinterhof wurden mit dem «Kesselbad» (Abb. 3) noch bestehenden karolingischen Saalkirche in der Stadt und und dem «4. Bad» zwei Gemeinschaftsbassins integral ar- der den Machtanspruch der in den Bädern aktiven Herr- chäologisch untersucht und ihre Bauweise und Entwicklung schaft manifestiert.21 Neben der Dreikönigskapelle wurde ein dokumentiert.26 Die Böden der nur 70–100 cm tiefen Bade- herrschaftlicher Badegasthof22, der Hinterhof, erbaut. Über becken waren mit grossen Steinplatten (Dolomit) belegt. Die den Thermalquellen und im Gasthof Hinterhof wurden gemauerten Bassinwände wiesen einen sehr feinen Verputz Badebecken erstellt, die von einfachen, Pavillon- oder Loggia- aus Terrazzomörtel auf. Die umlaufenden Sitzbänke von zwi- artigen Badehäusern vor Wetterunbill geschützt waren. Der schen 20 und 30 cm Höhe waren teils gemauert, teils aus Unterbringung der Badegäste dienten erste Gasthäuser. Dolomitblöcken gefügt. Zapflöcher weisen darauf hin, dass die Sitzbänke mit Holzplanken verschalt waren. Den auf den Sitzbänken sitzenden Badegästen reichte das Wasser also 2.2 Die Badeinfrastruktur gerade einmal bis in die Höhe des Bauches; ein richtiges Ein- im Hoch- und Spätmittelalter tauchen oder gar Schwimmen war in diesen Becken nicht möglich – und auch nicht erwünscht. Bei den ältesten im archäologischen Befund fassbaren Bäder Für beide genannten Bäder lässt sich im 14. oder 15. Jh. der handelt es sich um grosse Gemeinschaftsbecken.23 Sie fassten Einbau von steinernen Trennwänden fassen, welche die gemäss zeitgenössischen Beschreibungen bis zu 100 Kurgäste. grossen Becken in zwei Hälften unterteilten. Damit wurden Charakteristisch für die Funktionsweise der Becken war der Frauen und Männer voneinander getrennt, wie dies 1416 stete Wasserdurchfluss.24 Installationen der beschriebenen Art Giovanni Francesco Poggio Bracciolini in seinem berühmten fanden sich sowohl als nur den Hausgästen offene Privatbäder Brief über die Badener Bäder beschrieb.27 in den Gasthöfen und Gasthäusern als auch als öffentliche An- Die Bäder des Gasthofs Hinterhof lagen, damit sie mit Ther- lagen unter freiem Himmel (St. Verenabad und Freibad).25 malwasser versorgt werden konnten, 1–2 m tiefer als der In- A. Schaer, Baden AG: vom Wildbad zum Kurort 199
nenhof der Anlage, auf einer künstlichen Geländestufe gegen den Ehgraben hin. Die zugehörigen Befunde deuten an, dass die Gemeinschaftsbäder hier zunächst in einfachen Pavillon- oder Loggia-artigen Bauten untergebracht waren.28 Die im Hotel Ochsen dokumentierten Reste des so genann- ten «Beschlossenen Bades»29 mit seinen 5 m hohen Arkaden aus Tuffstein belegen, dass einzelne dieser Badepavillons im Laufe des 13. und 14. Jh. zu überaus repräsentativen Bade- häusern ausgebaut wurden (Abb. 4–6). Wie zahlreiche historische Quellen belegen, waren im Hoch- und Spätmittelalter die Gemeinschaftsbäder das Herz des ge- sellschaftlichen Lebens in den Bädern. Bereits der Gang ins Bad über die offenen Hofplätze war ein öffentlicher Akt. Eben- so war es das Baden selbst. Während den täglich 6–8 Stun- den, welche die Badenden im Wasser verbrachten, wurde ge- spielt, gegessen, getrunken, musiziert, geschäkert und sogar Abb. 3. Baden AG, Gasthof Hinterhof. «Kesselbad» im Zustand des 15. Jh. Das über Vergehen gegen die Badesitten Gericht gehalten.30 leicht trapezförmige 6.6 × 7 m grosse Becken wurde über den so genannten Kessel eine brunnenartige Vertiefung mit Thermalwasser versorgt. Der «Kessel» sollte im grössten Bad des Hauses eine sich direkt ins Becken ergiessende Thermalquelle simulieren. Die später eingebaute steinerne Trennwand diente der Separierung von 2.3 Vom Badehaus zum Badekeller Männern und Frauen. Foto Kantonsarchäologie Aargau. Für das 16. Jh. ist im archäologischen und im Baubefund ein Zusammenwachsen der Badehäuser mit den benachbarten Unterkünften zu beobachten. Die halboffenen Baderäume wurden zunächst mit massiven Mauern umfasst und teilweise neu unterteilt. Die Badhäuser erhielten offenkundig Ober- Hotel Ochsen geschosse. Gleichzeitig wurden die grossen Becken schritt- M. 1:200 weise in kleinere Bassins unterteilt (Abb. 7). Gegen Ende des 16. Jh. beschrieb Heinrich Pantaleon ein Nebeneinander von nach Geschlechtern getrennten Gemeinschaftsbädern und kleineren Privatbädern.31 Ab dem 17. Jh. waren Privatbäder von üblicherweise 4–8 m2 Grundfläche die Norm, geeignet für Familien oder grössere und kleinere Gesellschaften. Wo immer die Versorgung mit Thermalwasser möglich war, DG wurden neue Bäder eingebaut. Aufwendig gebaute, teilweise begehbare Leitungsstollen erlaubten es nun, auch entlegene Gebäude mit Thermalwasser zu versorgen. 2. OG In den kleineren Bädern konnte das Wasser nun, ganz nach Bedarf, in jedes Bad frisch eingelassen und danach wieder abgelassen werden. Dies, zusammen mit den ersten Puffer- 1. OG resevoirs, vereinfachte zum einen die Temperaturregulierung; zum anderen stand ausreichend Wasser zur Verfügung, um EG die Bassins regelmässig zu reinigen und damit die hygieni- schen Verhältnisse deutlich zu verbessern.32 Mit der Verwendung von (unglasierten) Tonplatten zur Aus- kleidung der Becken sowie der systematischen Verschalung der Sitzbänke mit Holzplanken wird eine weitere Materiali- sierung fassbar. Die mit weisser Farbe getünchten Badekeller UG waren nun mit Kreuzgratgewölben aus Tuffstein überspannt. Ornamentale und figürlichen Malereien im Grisaille-Stil zier- Quelle ten Wände und Decken. 0 5m Die Badegäste gelangten über hausinterne Treppen direkt von den Gemächern in die Baderäume. Der Gang vor den Augen Aller über die offenen und der Witterung ausgesetzten Abb. 4. Baden AG, heutiges Hotel Ochsen. Schnitt durch den nördlichen Teil. Im Innenhöfe blieb den Badenden nun erspart. Kellerraum über der «Paradiesquelle» sind die Arkaden erkennbar, die einst die Schauseite des im 13. und 14. Jh. mehrfach urkundlich belegten «Beschlossenen Anlass für den markanten Umbau der Badeinfrastruktur im Bades» bildeten. Zeichnung Kantonsarchäologie Aargau, S. Dietiker/Bearbeitung späteren 16. und frühen 17. Jh. waren einerseits die wachsen- Archäologischer Dienst Bern, E. Schranz. de Angst vor Seuchen und Krankheiten, deren Übertragung 200 A. Schaer, Baden AG: vom Wildbad zum Kurort
Abb. 5. Baden AG, Gasthof Hinterhof. Rekonstruktionsvorschlag der ersten Bade- Abb. 6. Baden AG. Um 1300 dürfte der zentrale Bäderplatz (der heutige Kurplatz) häuser über den Gemeinschaftsbädern. Skizze A. Schaer. noch einiges grösser gewesen sein als heute. Die Gasthäuser Löwen und Halbmond bestanden noch nicht. Die Badehäuser, namentlich das «Beschlossene Bad» über der Paradiesquelle mit den Arkaden, wandten dem Platz ihre Schauseite zu. Skizze A. Schaer. Abb. 7. Baden AG, Gasthof Hinterhof. Das Gemeinschaftsbecken des «4. Bades» unterteilte man im 17. Jh. mit einer Mauer in zwei Räume und richtete darin je zwei kleinere Familienbassins ein. Diese Baderäume bestanden bis zum Abbruch des Gasthofs 1870. Die Bassins – hier ist der Zustand des 18. Jh. freigelegt – wurden mehrfach erneuert und weiter verkleinert. Foto Kantonsarchäologie Aargau. A. Schaer, Baden AG: vom Wildbad zum Kurort 201
Grösse der Bassins m2 max. Grösse min. Grösse 2.4 Kaum Ausbauten und zunehmende 45 Normierung der Badeinfrastruktur im 18. Jh. 40 35 Im 17. Jh. erwuchs der traditionellen Badekur in heissen 30 Schwefelthermen neue Konkurrenz durch die Trinkkur.36 25 Gleichzeitig verunmöglichten die grossen europäischen Reli- 20 gionskriege vielen Menschen die Bäderreisen. Auch Baden, 15 welches von den kriegerischen Ereignissen zwar verschont 10 bleibt, verzeichnete einen markanten Rückgang an internatio- nalen Kurgästen. Der Ort lebte nun von seinen Stammgästen, 5 die sich aus der Bevölkerung der näheren Umgebung sowie aus 0 1300 1400 1500 1600 1700 1800 1900 dem nahen Zürich und der Eidgenossenschaft rekrutierten.37 n. Chr. In den historischen Quellen ebenso wie in den archäologi- Anzahl Bäder schen und den Baubefunden lässt sich für diese Zeit tatsäch- n Anzahl Bäder 700 lich eine gewisse Stagnation fassen.38 Die Bauaktivitäten be- 600 schränkten sich vor allem auf Anpassungen der Becken sowie die Erneuerung von Fussböden und Malereien. Nun wurden 500 annähernd quadratische Bassins mit einer Grundfläche von 400 2–4 m2 üblich, die man mit Tonplatten ausgekleidete (Abb. 9). 300 Von der Holzverschalung zeugen Nuten in den gemauerten umlaufenden Sitzbänken. Für Wassereinlass und -ablauf ver- 200 wendete man einen annähernd quadratischen Kalksteinblock, 100 den man mit einer zentralen, mit einem Holzstöpsel ver- schliessbaren Öffnung von ca. 10 cm versah (Abb. 10). Ab- 0 1300 1400 1500 1600 1700 1800 1900 drücke von Textilien im Innern der Öffnung belegen, dass die n. Chr. Zapfen zur besseren Abdichtung bisweilen mit Stoff umwi- Typ 1 Typ 2 ckelt waren. Reservoirs gewährleisteten die stete Versorgung Typ 3 Typ 4 der Becken mit Thermalwasser. Als Bodenbeläge dienten in den Baderäumen und Gängen Abb. 8a. Entwicklung der Bassingrössen im Bädergasthof Hinterhof zwischen dem weiterhin unglasierte Tonplatten. Die geweisselten Räume Spätmittelalter und dem 19. Jh. Der orange Balken unterlegt den Zeitabschnitt des waren entlang der Sockelzonen der Wände, der Ecken und markanten Wechsels von den Gemeinschaftsbädern zu den Gruppen- und Einzel- Gewölberippen mit ockergelben Bändern mit rotem Begleit- bäder im späteren 16. Und beginnenden 17. Jh. Grafik A. Schaer/Archäologischer strich bemalt. Dienst Bern, E. Schranz. Abb. 8b. Entwicklung der Anzahl Badegelegenheiten zwischen dem 14. und Ende des 19. Jh. Grafik A. Schaer/Archäologischer Dienst Bern, E. Schranz. 2.5 Der «Neue Bau»: ein spätbarockes Logierhaus 1778 wurde im Gasthof Hinterhof mit dem so genannten «Neuen Bau»39, ein spätbarockes Logierhaus erbaut.40 Der beim gemeinsamen Bad drohte. Zudem führte der gesell- Neubau ersetzte ein mittelalterliches Gebäude, was einem schaftliche Wandel im Zuge von Reformation und Gegen- ersten Schritt hin zu einer Modernisierung des Gasthofs reformation zu einer Veränderung der Badesitten.33 Mit der gleichkam.41 Badeinfrastruktur wandelte sich das gesellschaftliche Leben Bereits anlässlich der Grabung «Baden-Hinterhof» 2009–2011 im Badeort: es wurde nur noch wenige Stunden im kleinen war zu erkennen, dass der «Neue Bau» auf den Grundmauern Kreis gebadet, gesellschaftliche Treffpunkte waren nun Sa- des mittelalterlichen Vorgängerbaus (des so genannten «Zeit- lons, Spielzimmer oder Gärten und Promenaden.34 hauses») errichtet worden war. Das Gebäude wurde im Das Zusammenwachsen von Badehäusern und Unterkünf- Februar 2017 komplett abgebrochen.42 Dabei wurden die ten war gleichbedeutend mit einer Verdichtung der Anlagen. Badekeller des «Neuen Hauses» im Schnellverfahren doku- Der Kurort wurde durch den Bau der beiden im 16. Jh. erst- mentiert (Abb. 11).43 Wie sich zeigte, wiesen vier der lim- mals erwähnten Gasthäuser «Löwe» und «Halbmond» auf matseitigen Badekeller noch die Ausstattung aus der Zeit seine heutigen Dimensionen verkleinert.35 Mit den beiden ihrer Einrichtung zwischen 1600 und 1610 auf; lediglich die Anlagen erhielten die Bäder das auf dem Kupferstich von Auskleidung der Badebecken und der Wandverputz waren Matthäus Merian überlieferte Aussehen (Abb. 1). Die Neu- im 19. und 20. Jh. erneuert worden.44 gründungen und Erweiterungen im 16. und frühen 17. Jh. belegen die anhaltende Blüte des Badebetriebs in jener Zeit (Abb. 8). 202 A. Schaer, Baden AG: vom Wildbad zum Kurort
Abb. 9. Entwicklung der Bädertypen vom mittelalterlichen Gesellschaftsbad zur Einzelwanne des 19. Jh. am Beispiel des «Kesselbades» im Gasthof Hinterhof und seiner Nach- folgebäder. Grafik Kantonsarchäologie Aargau, S. Dietiker/Bearbeitung Archäologischer Dienst Bern, E. Schranz. Abb. 10. Baden AG, Gasthof Hinterhof. Für die Bäder des 17. und 18. Jh. charakte- Abb. 11. Baden AG. Der «Neue Bau» (oder Dorerhaus). Foto von 2009. Das Ge- ristisches Bauelement sind die annähernd quadratischen Kalksteinblöcke mit bäude wurde 2017 abgebrochen. Foto Kantonsarchäologie Aargau. zentralem, mit Holzstöpsel verschliessbarem Loch. Die Steine dienten als Wasserein- oder -abläufe. Foto Kantonsarchäologie Aargau. A. Schaer, Baden AG: vom Wildbad zum Kurort 203
in Kurorten üblichen Hotelpaläste. Zugleich wurden die öffentlichen Bäder unter freiem Himmel abgebrochen. Den Armen und Bedürftigen stand mit dem neuen Armenbad ab 1838 eine zeitgemässe Kureinrichtung zur Verfügung – was zugleich dazu führte, dass dieser weniger attraktive (und lukrative) Gästekreis aus dem Strassenbild verschwand. Der Kurort wuchs erstmals über seine mittelalterliche Stadtmauer hinaus. Promenaden und Wanderwege erschlossen die Um- gebung. Neue Strassenachsen und erstmals seit Jahrhunderten eine Frischwasserleitung vereinfachten den Betrieb der Bade- hotels.48 Mit dem Anschluss an das Eisenbahnnetz – als erstes an die 1847 eröffnete «Spanischbrötlibahn»! – wurde Baden für Kurgäste aus dem In- und Ausland schnell erreichbar.49 Eine zweite Ausbauwelle erlebten die Bäder in den 1870er- Jahren, als verschiedene Hotels erweitert wurden und mit dem «Grand Hôtel» ein Haus ganz im Stil der Belle Epoque errichtet wurde.50 In derselben Zeit wurden mit dem 1875 er- öffneten Kurhaus mit zugehörigem Park weitere zeitgemässe Infrastrukturanlagen erstellt.51 Die ganz grossen Namen der Zeit indes bevorzugten andere Badeorte. Entsprechend wur- de in Baden nie im selben Stil in die Infrastruktur investiert, wie dies z. B. in Baden-Baden der Fall war.52 Im archäologischen Befund in den beiden Gasthöfe Hinter- hof und Staadhof und in den Baubefunden zeigt sich, wie im 19. Jh. die Normierung der Bäder weiter fortschritt: Die Ein- zelpiszinen wiesen nun sogar weniger als 2 m2 Grundfläche Abb. 12. Baden AG, Gasthof Hinterhof. Um 1870 eingebautes Bassin mit einer auf (Abb. 12).53 Im Zuge des wachsenden Hygienebewusst- Verkleidung aus in eine Schablone gegossenem Zement. Foto Kantonsarchäologie Aargau. seins kamen neue Materialien zum Einsatz. So sind für die Zeit ab der Mitte des 19. Jh. erste Versuche mit Beckenaus- kleidungen und Böden aus Keramikfliesen überliefert. Für das mittlere Drittel des 19. Jh. sind mit Schablonen gegossene Wannen aus Zement belegt. Erst gegen die Wende zum 20. Jh. 2.6 Die Entwicklung der Bäder setzten sich glasierte Fliesen aus Steinzeug und Klinker während des Kurbooms des 19. Jh. durch.54 Dieselben Materialien dominierten nun auch in den Baderäumen.55 Um 1883 gab es in Baden über 600 solcher Befördert von den Fortschritten der Naturwissenschaften Einzelbäder, die in verschiedenen Bäderhotels teilweise noch und der Medizin und begünstigt durch die gesellschaftliche bis zur Jahrtausendwende den «state of the art» darstellten.56 Öffnung und den Wirtschaftsaufschwung setzte in den ersten Jahrzehnten des 19. Jh. in ganz Europa ein eigentlicher Kur- boom ein.45 Von dieser Entwicklung wurden auch die in den 3. Die Bedeutung der archäologischen vorangehenden zwei Jahrhunderten eher etwas an den Rand Substanz und Forschung in Baden gedrängten Thermalbäder ergriffen. Mit dem neuen Bürger- tum fand ein breiteres Publikum Gefallen am einstigen adli- Die zwischen 2009 und 2012 bzw. 2018 in Baden untersuch- gen und städtischen Privileg der Sommerfrische im Badeort. ten archäologischen Befunde und die Baureste in den Hotels Bei der nun vermehrt staatlich geförderten medizinischen Ochsen und Bären brachten erstmals umfassende bauliche Versorgung der Bedürftigen und Kranken kam den Heil- Zeugen der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bäder zu bädern ebenfalls grosse Bedeutung zu.46 Tage. Insbesondere die Relikte im mittelalterlichen und neu- In Baden setzte der Wandel zum modernen Kurort sanft ein: zeitlichen Bädergasthof Hinterhof sowie in den historischen 1815–1817 wurde mit dem Teilneubau des Gasthofs Staadhof Hotels Bären und Ochsen geben erstmals ein handfestes ein erster Schritt in Richtung einer zeitgemässen Hotellerie Bild der Entwicklung der Infrastruktur des Heilbades. Sie unternommen. Die anderen Gasthöfe und Gasthäuser – seit ergänzen damit die umfangreichen historischen und literari- Jahrhunderten in einem komplizierten Geflecht von gegen- schen Quellen.57 seitigen Wasserrechten und erbrechtlichen Abhängigkeiten ge- Es erweist sich dabei für die Forschung als Glück, dass der fangen – verharrten noch im Zustand des 17. und 18. Jh.47 Kurort Baden im Kurboom des 19. Jh. keine vergleichbar Erst als der junge Kanton Aargau im Winter 1828/ 29 die zu- umfassende Erneuerung erfuhr, wie dies in anderen Kur- vor frei in die Limmat auslaufende Limmatquelle fassen liess, orten geschah. Das Fehlen eines investitionsfreudigen Sou- war ein Ausbau der Infrastruktur möglich. In den 1830er- veräns, Staats oder eines Mäzens und dadurch eine weniger und 1840er-Jahren entstanden erste Hotels im Stil der damals exzessive bauliche Entwicklung des Kurortes bewahrte erheb- 204 A. Schaer, Baden AG: vom Wildbad zum Kurort
liche Teile der historischen Bausubstanz und die im Boden Baden im Aargau – im Rahmen einer seriellen Kandidatur vorhandenen archäologischen Strukturen vor massiver Ver- um das prestigeträchtige Label als Welterbe der UNESCO.60 änderung und Zerstörung.58 Auch das Scheitern zahlreicher Im Fokus der Kandidatur steht dabei insbesondere das städ- grosser Bauvorhaben in der 2. H. des 20. Jh. darf aus Sicht tebauliche und architektonische Erbe dieser durch die Ent- der Archäologie als glückhaft gelten, wären doch noch bis vor wicklung im 18. und insbesondere im 19. Jh. geprägten Kur- wenigen Jahrzehnten die mittelalterlichen und neuzeitlichen orte. Die römischen, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Reste der Badeinfrastruktur kaum Gegenstand archäologi- Wurzeln und Formen der Badeorte werden dabei aus den in scher Untersuchungen gewesen und daher undokumentiert Kapitel 3 dargestellten Gründen weitestgehend ausgeblen- zerstört worden, wie dies noch anlässlich der Neubauten der det. Ebenso findet in den genannten Orten neben der für die 1960er-Jahre der Fall war.59 Kandidatur notwendigen, zumeist historischen oder archi- Die seit 2009 in Baden erarbeiteten archäologischen Grund- tekturgeschichtlichen und kulturgeografischen Archivarbeit lagen erlauben es nun erstmals, die Entwicklung des während keine umfassendere Grundlagenforschung statt. beinahe zwei Jahrtausenden bedeutendsten Thermalbade- Baden im Aargau, das im Mittelalter und bis ins 16. Jh. der ortes der Schweiz und des ersten Tourismusmagnets unseres wohl bedeutendste Thermalbadeort im Deutschen Reich Landes anhand der materiellen Hinterlassenschaften und war – und wo, wie dargestellt, noch zahlreiche und einzig- der Bausubstanz zu illustrieren. Neu und fundamental ist da- artige bauliche Zeugen aus dieser Zeit erhalten sind – war bei der Nachweis des Ausbaus der Bäder bereits im 11. Jh. – nie im Dunstkreis der Kandidatenstädte. Vor dem Hinter- eine Entwicklung, die anhand der historischen Quellen ge- grund der erwähnten Welterbekandidatur bekommt die seit meinhin erst für das 13. Jh. angenommen wurde. Bislang in 2009 in Baden laufende Forschung zusätzliche Bedeutung. dieser Form und Kontinuität nicht und in keinem anderen Was wir derzeit in Baden erforschen, wäre in ähnlicher Form Badeort am Objekt in vergleichbar umfassend dokumentiert in den genannten Welterbekandidatenstädten gar nicht mehr ist auch die Entwicklung der Badeeinrichtungen zwischen vorhanden (gewesen). Die Arbeiten in und zu Baden liefern Mittelalter und Neuzeit. damit weit über die Schweiz hinaus bedeutende Grundlagen zum Verständnis der Entwicklung des Europäischen Kultur- phänomens der Badekur vom Mittelalter bis in die Moderne. 4. Epilog Andrea Schaer Derzeit bewerben sich die elf Kurorte – Baden-Baden, Bad Archaeokontor GmbH Ems und Bad Kissingen (alle D), Montecatini Terme (I), Wangenhubelstrasse 17 Vichy (F), Spa (B), Bath (GB), Karlsbad, Franzensbad und 3173 Oberwangen bei Bern Marienbad (alle CZ) sowie Baden bei Wien (A), nicht aber Andrea.schaer@archaeokontor.ch Anmerkungen 1 Artesische, d. h. natürlich aufsteigende Thermalquellen stehen in Abhän- 18 Die Auswertung der Grabungen 2009–2012 durch die Verfasserin ist gigkeit vom natürlichen Grundwasserspiegel. Je höher ihr Quellspiegel derzeit im Gang. Die Publikation ist 2020/2021 vorgesehen. Bislang bei der Fassung angehoben wird, desto geringer wird die Schüttung erschienen verschiedene Vorberichte und Synthesen (u. a. Schaer 2013; einer Quelle. Je tiefer und näher an der natürlichen Austrittstelle das 2015). Der vorliegende Text gibt den Forschungsstand im Januar 2018 Wasser genutzt werden kann, desto höher ist die Schüttung (Michel wider. 1998, 21). 19 Schaer 2015, 39. 2 Lorenz 1949, 243f.; Fuhs 1992, 17. 20 Anm. 19. 3 Schaer 2015, 39. 21 Meier 2015, 94–96. 4 Bothe 1984, 13; Coenen 2008, 135. 22 In Baden können seitdem Mittelalter zwei Badegasthöfe sowie Bade- 5 Fuhs 1992, 97; Eidloth 2013, 135f.; Schaer 2015, 67. gasthäuser unterschieden werden. Die beiden Gasthöfe «Hof nid dem 6 Studt 2001, 33f. Rain» und «Hinterhof» waren grossflächige, mit einer Mauer umfriedete 7 Fuhs 1992, 22f; Lotz-Heumann 2003; Studt 2001, 33; 2010, 83f. Anlagen, bestehend aus verschiedenen Badehäusern, Unterkunftsge- 8 Studt 2001, 33; 2010, 83f. bäuden sowie Ökonomiebauten. Die Gasthäuser können ein oder 9 Bredekamp 2014, 28–32. mehrere Gebäude bzw. Hofstätten umfassen. Sie sind jedoch deutlich 10 Bredekamp 2014, 33.39f. kleiner als die beiden Höfe. Die Gasthäuser scheinen zunächst von den 11 Die heute 18 gefassten Thermalquellen liefern täglich ca. 900 000– Badehäusern getrennt entstanden zu sein. Zwischen dem 14. und 1 000 000 l 47°C warmes Thermalwasser. Wie viele Quellen in der 16. Jh. verschmelzen sowohl in den Gasthöfen wie auch bei den Gast- Antike und im Hochmittelalter gefasst und genutzt wurden, ist nicht häusern die Badehäuser und Unterkunftstrakte: Schaer 2013, 204. bekannt: Schaer 2015, 10–12. 23 Grabungsdokumentation B.009.1 Baden-Hinterhof; Schaer 2015, 42. 12 Schaer 2015, 13–35. 24 Studierende der Fachhochschule Nordwestschweiz, Abteilung Energie- 13 Schaer 2015, 36. und Umwelttechnik, erarbeiten gegenwärtig ein thermodynamisches 14 Schaer 2015, 36; Meier 2015, 94. Modell dieses Bassintyps. 15 Anm. 14. Die Parzellen im Bereich der römischen Siedlung auf dem 25 Mit der Unterscheidung von einerseits nur den Hausgästen vorbehal- Haselfeld gehören bis ins 19. und 20. Jh. traditionell zu den Badegast- tenen Bädern der Badegasthöfe und Gasthäuser und andererseits der höfen und Badegasthäusern. Laufkundschaft, den Bürgern der nahen Stadt und den Armen zugäng- 16 Coenen 2008, 134; Studt 2012, 84f.; Eidloth 2012, 16. lichen öffentlichen Bädern zeigt sich bereits im Hochmittelalter die 17 Schaer 2015, 39; a. a. O. Anm. 104. ständische Segregation der Badenden. A. Schaer, Baden AG: vom Wildbad zum Kurort 205
26 Es werden die Bezeichnungen nach Pantaleon 1578, LXXXIIII ver- 44 Das Einrichten der Badekeller ist durch einen Eintrag im Hausbuch der wendet. Familien Amberg und Falck, 89, genau datierbar. 27 Poggio Bracciolini 1416. 45 Schaer 2015, 59–63. 28 Anm. 23. 46 Das Nebeneinander von Badegästen der gehobenen Schichten und 29 Das «beschossene Bad» wird urkundlich Ende des 13. Jh. erstmals als armen Menschen ist ein Charakteristikum aller Badeorte und insbeson- habsburgisches Erblehen erwähnt. Es dürfte im heutigen Hotel «Och- dere der traditionellen Thermalbäder, wenn dann vor Ort die Besucher- sen» zu lokalisieren sein: Schaer 2015, 42. gruppen auch räumlich fein säuberlich getrennt wurden. Für Baden mit 30 Schaer 2015, 42.51. Wichtigste Schriftquellen sind Poggio Bracciolini allgemeinen Verweisen Schaer 2015, 62. 1416 und Pantaleon 1578. 47 Schaer 2015, 63–65. 31 zum Nebeneinander von Gemeinschafts- und Privatbädern: Pantaleon 48 Anm. 47. 1578. Die schrittweise Entwicklung ist anhand der Befunde im Gasthof 49 Schaer 2015, 67; Meier 2015, 142. Hinterhof archäologisch fass- und datierbar. 50 Schaer 67–75; Müller 2016. 32 Die Frage der Temperierung und Durchmischung des Wassers ist Ge- 51 Schaer 2015, 79; Furter 2015, 251. genstand des in Anm. 24 erwähnten Forschungsprojekts der Fachhoch- 52 Schaer 2015, 79; Schaer/ Förderer 2018, 52. schule Nordwestschweiz. 53 Grabungsdokumentationen B.009.1 Baden-Hinterhof und B.010.1 33 Schaer 2015, 54 – 56. Baden-Limmatknie. 34 Anm. 33. 54 Befunde B.009.1 Baden-Hinterhof und B.010.1 Baden-Limmatknie; 35 Schaer 2015, 41, Abb. 35. Münzel 1947, 230–232. 36 Schaer 2015, 54–57. 55 Münzel 1947, 238–241. 37 Schaer 2015, 57. 56 Schaer 2015, 77, Abb. 66. 38 Schaer 2015, 58, Abb. 46. 57 als umfassendste Zusammenstellung zur Entwicklung und Bauweise 39 Der Bau wurde erstmals von Maurer 1790, 29 erwähnt. Ab dem 20. Jh., der Bäder in historischer Zeit bis in die 1940er-Jahre: Münzel 1947. ebenso in den Dokumentationen der Kantonsarchäologie, wird das 58 Nach wissenschaftlichen Kriterien erstellte Dokumentationen mittel- Gebäude nach dem Erbauer auch «Dorerhaus» genannt. alterlicher und frühneuzeitlicher Badeeinrichtungen liegen kaum vor. 40 Schaer 2015, 59. Zumeist standen, gleich wie in Baden, lange, die römischen Thermen 41 Maurer 1790, 28f. und Hess 1818, 25–29 beschrieben die kaum mehr im Fokus der jeweiligen Forscher. zeitgemässen Anlagen des Gasthofs Hinterhof an der Wende zum 19. Jh. 59 Bei den Bauarbeiten für das Thermalbad 1963/ 64 und den neuen 42 Der Abbruchentscheid für das Gebäude wurde auf politischer Ebene Staadhof sowie die Trinkhalle 1967–69 lag der Fokus der Archäologie und bevor dessen kulturgeschichtliche Bedeutung erkannt wurde ge- ausschliesslich auf den römischen Befunden. fällt. Mit dem Neuen Haus oder Dorerhaus ging das letzte neben dem 60 http://whc.unesco.org/en/tentativelists/5934/; https://www.baden- Alten Bad in Bad Pfäfers (Bad Ragaz) noch bestehende barocke Bade- baden.de/stadtportrait/stadt/welterbe/antrag-als-unesco-welterbe/; haus der Schweiz verloren. Unpublizierte Grabungsdokumentation https://www.denkmalpflege-bw.de/denkmale/unesco-welterbe/in- B.017.4 Baden-Dorerhaus. vorbereitung-great-spas-of-europe/(alle aufgerufen am 11.2.2018). 43 Da die Räume völlig mit Schutt und Abfall aufgefüllt waren, war vor dem Abbruch eine Baudokumentation unmöglich. Bibliografie Bredekamp, H. (2014) Der schwimmende Souverän. Karl der Grosse und Michel, G. (1997) Mineral- und Thermalwässer – Allgemeine Balneogeolo- die Bildpolitik des Körpers. Berlin. gie. Lehrbuch der Hydrogeologie 7. Berlin/ Stuttgart. Coenen, U. (2008) Von Aquae bis Baden-Baden. Die Baugeschichte der Müller, F. (2016) Das vergessene Grand Hotel. 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