DIE STECHIMMENFAUNA DER LANDESHAUPSTADT HANNOVER - LANDESHAUPTSTADT HANNOVER - Hannover.de

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Rolf Witt & Dieter Nußbaum

  DIE STECHIMMENFAUNA
  DER LANDESHAUPSTADT HANNOVER

  Berichte aus dem Tierartenhilfsprogramm

LANDESHAUPTSTADT HANNOVER
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Vorwort

                            Die Förderung der Artenvielfalt besitzt in der Landeshauptstadt Hannover einen
                            besonderen Stellenwert. Eine wesentliche Grundlage dafür ist das Programm „Mehr
                            Natur in der Stadt – Verbesserung der biologischen Vielfalt in Hannover“. In den
                            letzten Jahren wurden im Rahmen dieses Programms zahlreiche Projekte und Maß-
                            nahmen zum Schutz von Tier- und Pflanzenarten umgesetzt. Die Landeshauptstadt
                            Hannover setzt damit die nationale Biodiversitätsstrategie auf kommunaler Ebene
                            um und erfüllt im eigenen Hoheitsgebiet die Ziele des Naturschutzes.

                            Einen wichtigen Baustein bildet das Tierartenhilfsprogramm, durch welches dem
                            Artenrückgang entgegengewirkt werden soll. Aufbauend auf den Ergebnissen von
                            Kartierungen werden Biotoppflegemaßnahmen festgelegt, die die Vorkommen von
                            wertgebenden Tierarten im Stadtgebiet sichern und fördern sollen. Neben Amphibien
Sabine Tegtmeyer-Dette      oder Libellen wird auch die Stechimmenfauna bereits seit vielen Jahren im Rahmen
Wirtschafts- und            des Tierartenhilfsprogramms betrachtet. Damit stehen die Wildbienen, die wie ver-
Umweltdezernentin           schiedene Wespenfamilien zu den Stechimmen zählen, schon lange Zeit im Fokus
Landeshauptstadt Hannover   des Tierartenschutzes in Hannover.

                            Mit dieser Broschüre werden die Ergebnisse der vom Fachbereich Umwelt und
                            Stadtgrün veranlassten Felduntersuchungen zur Stechimmenfauna aus den Jahren
                            2013 – 2018 vorgestellt. Ergänzend dazu sind Daten weiterer externer Studien der
                            Autoren in die Auswertung eingeflossen. Im Ergebnis wird somit eine umfassende
                            Bearbeitung der Stechimmenfauna für die Landeshauptstadt Hannover vorgelegt, die
                            in Art und Umfang bundesweit eine Besonderheit darstellt.

                            Mit dem Beitritt zum „Insektenbündnis Hannover“ hat die Landeshauptstadt Han-
                            nover Ende 2020 eine wichtige Grundlage für einen umfassenden Insektenschutz
                            in Hannover geschaffen. Mit einem selbstverpflichtenden Maßnahmenbündel soll
                            versucht werden, die Artenzahl von Insekten und die Individuenstärke der Insekten-
                            Populationen zu erhöhen. Die vorliegende Bearbeitung der Wildbienen- und Wes-
                            penfauna stellte sich als ein wichtiger Wegbereiter heraus. In diesem Sinne ist die
                            Broschüre auch als ein fachlicher Baustein eines zukunftsweisenden Insektenschutzes
                            in Hannover zu verstehen. Durch die Umsetzung der beschriebenen Maßnahmen kann
                            ein wertvoller Beitrag gegen das Insektensterben im Rahmen des „Insektenbündnis
                            Hannover“ geleistet werden.
                            Dass Hannover in der Naturschutzarbeit so erfolgreich ist, verdankt die Stadt nicht
                            zuletzt ihren vielen Partner*innen außerhalb der Verwaltung. Ohne das vielfältige
                            Engagement wären Naturschutzziele und -projekte oft nicht umsetzbar. Wir hoffen
                            daher auch in Zukunft auf viele Mitstreiter*innen für den Schutz und die Förderung
                            von Wildbiene & Co. in Hannover.

                            Sabine Tegtmeyer-Dette
                            Wirtschafts- und Umweltdezernentin
                            Landeshauptstadt Hannover
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Inhalt

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1        Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2        Ökologische Bedeutung der Stechimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

3        Gefährdungssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

4        Historie der Stechimmenerfassung in Hannover . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 0

5        Stechimmenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2

         5.1 Methodik und Untersuchungsschwerpunkte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2

         5.2 Ergebnisüberblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 3

   5.3            Hauptuntersuchungsgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 5
		                5.3.1 Mittlere Leineaue (Stöcken) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 5
		                5.3.2 Kinderwald (Nordhafen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 9
		                5.3.3 Berggarten / Universität (Herrenhausen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1
		                5.3.4 Segelfluggelände (Sahlkamp) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 4
		                5.3.5 Fuhrbleek (Isernhagen-Süd) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 7
		                5.3.6 Alte Bult (Südstadt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1
		                5.3.7 Höversche Kippen (Wülferode) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 4
		                5.3.8 Kronsberg (Wülferode, Bemerode) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 7

         5.4 Gründächer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 0

         5.5 Sonstige Flächen in Hannover . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3

6        Bewertung der Ergebnisse im Vergleich mit anderen Städten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 0

7        Konkurrenzsituation Wildbienen – Honigbiene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1

8        Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 5

Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 5

Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 6

Anhang Karte „Hauptuntersuchungsgebiete, Gründächer und sonstige untersuchte Flächen in der
Landeshauptstadt Hannover“
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                                                           darunter 26 bzw. 91 Arten, die vorher für die Stadt
Zusammenfassung                                            nicht bekannt waren. Damit kommen fast 47 % aller aus
                                                           Niedersachsen bekannten Wildbienenarten aktuell in
                                                           Hannover vor. Fünf Arten (Bienen: Heriades crenulatus;
Mit dieser Broschüre wird erstmals eine umfassende Be-     Grabwespen: Spilomena mocsaryi; Goldwespen: Holopyga
arbeitung der Stechimmenfauna (Hymenoptera Aculeata,       ignicollis; Plattwespen: Bethylus boops und Goniozus
ohne Ameisen) für die Landeshauptstadt Hannover vor-       distigmus) konnten erstmals in Niedersachsen nachge-
gelegt. (Stand: Ende 2018)                                 wiesen werden. Mit der Blutbiene Sphecodes scabricollis
                                                           wurde eine in Niedersachsen als verschollen geltende
Schwerpunkt sind intensive Felduntersuchungen in den       Art wiederentdeckt.
Jahren 2013–2018, die sich auf 8 Hauptuntersuchungs-
gebiete und 11 Stichprobenflächen beziehen. Ergänzend      Neben einer detaillierten Charakterisierung der ein-
dazu fließen Daten weiterer externer Studien aus diesem    zelnen Untersuchungsflächen werden in diesem Heft
Zeitraum vom Stadtfriedhof Stöcken und von 10 Grün-        Vorschläge für den Erhalt, die Optimierung und nach-
dachstandorten in die Auswertung ein.                      haltige Fördermöglichkeiten der wertgebenden Stech-
                                                           immenarten gemacht. Zur aktuellen Diskussion um den
Berücksichtigt wird zudem eine im Vorfeld durchgeführte    massiven Rückgang der Insekten wird eine grundsätz-
Recherche aller von ca. 1884 bis 2012 vorliegenden Er-     liche Betrachtung der Gefährdungsursachsen gegeben.
fassungsdaten. Eingang in die Ergebnisse finden dabei      Ergänzend werden Artenschutzmaßnahmen im urbanen
auch alle sonstigen Kartierungen, die etwa im Zusam-       Raum diskutiert und kritisch betrachtet.
menhang mit Untersuchungen im Rahmen von Bauvor-
haben erfolgt sind.                                        Kapitel 7 widmet sich dem Themenkomplex „Konkurrenz
                                                           Honigbiene – Wildbienen“, der in einer Kurzstudie exem-
Insgesamt konnten 448 Stechimmenarten in der Lan-          plarisch untersucht wurde. Bei einer oligolektischen Art,
deshauptstadt Hannover dokumentiert werden. Bis 2012       der Wildbiene Melitta haemorrhoidalis, konnten dabei In-
lagen, einschließlich der historischen Funde, Nachweise    dizien für eine Beeinträchtigung selbst bei geringen Ho-
von 371 Arten, davon 236 Wildbienen, vor. Bemerkens-       nigbienendichten gefunden werden. Grundsätzlich sind
wert ist, dass bei 53 Arten, darunter viele heutzutage     angedachte Restriktionen bei der Honigbienenhaltung,
bundesweit extrem gefährdete Arten, der letzte Nach-       die vor allem in Großstädten teilweise überhandnimmt,
weis über 70 Jahre zurückliegt.                            immer im Einzelfall zu analysieren und evidenzbasiert
Die aktuellen Felduntersuchungen zeigen mit einer Zahl     zu begründen.
von 319 Stechimmenarten die besondere Bedeutung
der Stadt Hannover, die sicherlich auch darauf zurück zu   Unter dem Aspekt, dass einzelne potentiell für Stechim-
führen ist, dass die Stadt Hannover, aufgrund ihrer geo-   men wertvolle Standorte bisher nicht bzw. nicht ausrei-
graphischen Lage an der Übergangszone zwischen dem         chend untersucht wurden, ist mit weiteren Vorkommen
Norddeutschen Flachland und den südniedersächsischen       einiger bisher nicht für das Stadtgebiet nachgewiesenen
Mittelgebirgen, über eine besonders hohe Standort- und     Stechimmenarten zur rechnen. Gleiches ist anzuneh-
Biotopvielfalt verfügt. Im Vergleich mit anderen Groß-     men, wenn auf bereits untersuchten Standorten eine
städten weist Hannover mit 263 Wildbienenarten eine        Optimierung der Flächenpflege erfolgt.
ausgesprochen hohe Gesamtartenzahl auf. Diese Ergeb-
nisse untermauern die besondere Bedeutung Hannovers        Mit den noch vorhandenen Habitaten ist in Hannover
für die gesamte norddeutsche Stechimmenfauna.              ein langfristiges, fachlich fundiertes Schutzkonzept für
                                                           Stechimmen möglich, das Vorbildcharakter haben kann
Bei Betrachtung einzelner Insektentaxa konnten bei         und von der Bevölkerung mitgetragen wird. Dazu werden
den Wildbienen seit 2013 insgesamt 168 Arten und           im Ausblick Anregungen und Ziele formuliert.
bei den Grabwespen 108 Arten nachgewiesen werden,
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                                                                 2009 schließlich wurde das Programm „Mehr Natur in          zen beruht. Darüber hinaus ist diese Artengruppe eine        Landschaftsräumen umfassende Bestandskartierungen,
    1 Einleitung                                                 der Stadt – Verbesserung der biologischen Vielfalt in       große Sympathieträgerin, deren Lebensweise zudem             die laufend (Stand 2021) fortgeführt werden.
                                                                 Hannover“ mit verschiedenen Handlungsfeldern vor-           „vor der eigenen Haustür“ beobachtet werden kann. Die
                                                                 gelegt. Zu diesen Handlungsfeldern gehört neben dem         Wespenfamilien spielen vor allem als effektive Räuber        In dem Projekt sollte es, entgegen der üblichen Anlässe,
    Seit einigen Jahrzehnten ist, sowohl weltweit als auch       Pflanzenartenhilfsprogramm auch das Tierartenhilfspro-      auch von Schadinsekten eine wichtige Rolle.                  nicht um eine Kartierung bei Planungsvorhaben oder Ein-
    auf lokaler Ebene, ein steter Rückgang von naturnahen        gramm, durch welches dem Artenrückgang entgegen-                                                                         griffen in die Natur gehen. Ziel ist die wissenschaftliche
    Freiflächen und damit einhergehend auch von vielen           gewirkt werden soll. Dieses Programm wird seitdem           Aus diesen Gründen lag es nahe, auch die Artengrup-          Erfassung der lokalen Stechimmenfauna auf Flächen,
    Tier- und Pflanzenarten zu verzeichnen. Zur Erhaltung        kontinuierlich fortgeschrieben.                             pen der Stechimmen in das Tierartenhilfsprogramm zu          die für das Habitatspektrum der Landeshauptstadt Han-
    einer möglichst großen Artenvielfalt ist es daher un-                                                                    integrieren. Den Start bildeten Auswertungen und Nach-       nover repräsentativ sind. Damit soll eine Grundlage für
    erlässlich, Tieren und Pflanzen möglichst vielfältige        Tierartenhilfsprogramm                                      bestimmungen historischer Funde des Landesmuseums            weitergehende Artenschutzmaßnahmen und Planungen
    Lebensräume bereitzustellen und diese, wenn möglich,         Das Tierartenhilfsprogramm umfasst mehrere Bausteine:       Hannover. Ab 2013 erfolgten dann in ausgewählten             geschaffen werden.
    zu verbessern. Hierzu ist im ersten Schritt die Erfassung
    vorhandener Arten erforderlich. Ziel im zweiten Schritt      Erfassung eines möglichst repräsentativen
    ist es dann, die vorgefundenen Arten durch die Pflege-       Artenbestandes
    und Entwicklung ihrer Lebensräume zu sichern und zu          Da die Erfassung aller Arten angesichts des hohen Fi-
    fördern. Im Idealfall werden die Lebensräume auch von        nanz- und Personaleinsatzes nicht leistbar ist, muss eine   2 Ökologische Bedeutung der Stechimmen
    bisher nicht vorhandenen Arten besiedelt.                    fachlich sinnvolle Beschränkung erfolgen. So orientiert
                                                                 sich die Auswahl an vorhandenen Daten und an Arten,
    Tierartenerfassung in Hannover                               deren Bestände aussagekräftige Hinweise auf das Vor-        Die Stechimmen (Aculeata) kommen mit über 1.300 Ar-          vernetzt sein müssen. Die artspezifischen Ansprüche
    Der Schutz von Arten und ihren Lebensräumen hat in           handensein von wertvollen Lebensräumen für Tiere und        ten in Deutschland vor und gehören zu der in Deutsch-        sind stark differenziert und es gibt charakteristische
    Hannover seit langem einen hohen Stellenwert. Bereits        Pflanzen im Stadtgebiet geben. Zu ihnen zählen z. B.        land artenreichsten Insektenordnung, den Hautflüglern        Arten für verschiedenste Biotoptypen bzw. Habitat-
    1984 lag für das gesamte Stadtgebiet eine erste Stadt-       Amphibien wie der Kammmolch oder der Laubfrosch             (Hymenoptera) mit ca. 10.000 Arten.                          komplexe.
    biotopkartierung vor. In den 1990er Jahren vervollstän-      und Reptilien wie die Zauneidechse und die Kreuzotter.
    digten Kartierungen einzelner gefährdeter Arten den          Aber auch andere Artengruppen wie Libellen oder Fle-        Zu den Stechimmen zählen die Wildbienen (ca. 585 Ar-         Neben ausgesprochen pionierbesiedelnden Arten oder
    Überblick über Hannovers Pflanzeninventar. Sporadisch        dermäuse werden regelmäßig im Rahmen des Tierarten-         ten), die Grabwespen s. l. (ca. 270 Arten), Faltenwespen,    schnell auf Umweltänderungen reagierende, expansive
    wurden in diesem Zusammenhang auch die Bestände              hilfsprogramms untersucht.                                  Wegwespen, Goldwespen und weitere kleinere Wespen-           Arten, gibt es gerade unter den wertgebenden, seltenen
    einzelner Tierarten, wie z. B. Libellen, Heuschrecken                                                                    familien. Dazu kommt noch die Stechimmenfamilie der          Arten „konservative“ Vertreter mit sehr geringen Aus-
    und Schmetterlinge, erfasst. Aktualisierungen bzw. Er-       Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen für die               Ameisen, die nicht Bestandteil der vorliegenden Unter-       breitungstendenzen.
    gänzungen dieser Ergebnisse fanden vorerst nur auf           erfassten Populationen                                      suchung ist. Viele Arten sind ausgesprochen wärme-
    kleinen Teilflächen des Stadtgebietes statt, so beispiels-   Aufbauend auf den Ergebnissen der Kartierungen werden       und trockenheitsliebend. Deshalb ist die Artenvielfalt       Damit können zum Beispiel auch Erkenntnisse auf lang-
    weise im Zusammenhang mit geplanten Umnutzungen              Biotoppflegemaßnahmen festgelegt, die die bisherigen        im eher kühleren Niedersachsen niedriger. Hier sind          fristige Veränderungen gewonnen werden, die über an-
    von Flächen.                                                 Vorkommen im Bestand erhalten und möglichst dauer-          rund 360 Wildbienenarten und ähnlich viele aculeate          dere Parameter schwerer zu erkennen sind. So sind erste
                                                                 haft weiterentwickeln.                                      Wespenarten bekannt. Unter dem Begriff „Wildbienen“          Hinweise auf Klimaveränderungen aufgrund sich ver-
    Die Erfassung und der Schutz von Tierarten erfuhren                                                                      versteht man alle Bienenarten mit Ausnahme der Honig-        ändernder Artenzusammensetzungen einigen Stechim-
    2002 eine europaweite Unterstützung, als der euro-           Digitale Erfassung aller Bestandsaufnahmen                  biene, die offiziell als semidomestiziertes Haustier gilt.   menforscher*innen bereits vor Jahrzehnten aufgefallen.
    päische Gerichtshof in dem wegweisenden Urteil zum           Die digitale Erfassung der Bestandsdaten erfolgt fort-      Während die Wildbienen in den letzten Jahren immer
    Umgang mit der Karettschildkröte bei Bauvorhaben in          laufend entsprechend der jeweils neuen Erkenntnisse.        stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt sind, ist    Gesicherte Nachweise über indigene Vorkommen be-
    Griechenland allgemein auf die besondere Beachtung           Sie sollen behördenintern einem möglichst großen Nut-       die Bedeutung der Wespenfamilien noch wenig bekannt          stimmter Stechimmenarten, sogenannter Indikator-
    geschützter Tierarten in Planungsprozessen aufmerk-          zer*innenkreis zugänglich sein und in alle flächenrele-     bzw. wertgeschätzt.
    sam machte. Ab diesem Zeitpunkt waren Kartierungen           vanten Planungen einfließen.
    sogenannter planungsrelevanter Arten, zumeist be-                                                                        Die Stechimmen weisen besonders faszinierende und
    sonders bzw. streng geschützte Tierarten, für alle flä-      Eine besondere Anerkennung für die Tätigkeiten im           vielfältige Lebensweisen auf. So sind sie beispielsweise
    chenwirksamen Vorhaben im Stadtgebiet von Hannover           Arten- und Naturschutz war die Ernennung der Landes-        die einzige Insektengruppe, bei der alle Lebensformty-
    obligatorischer Bestandteil aller Plan- und Genehmi-         hauptstadt Hannover zur Bundeshauptstadt der Bio-           pen von solitär (einzeln lebenden) Arten mit fließenden
    gungsunterlagen.                                             diversität im Jahr 2011. Diese Auszeichnung war und         Übergängen bis hin zu den hochsozialen Hummeln, Fal-
                                                                 ist Bestätigung und Ansporn zugleich. So war sie auch       tenwespen, einigen Wildbienen und der Honigbiene oder
    Neben den zunächst rein gesetzlich begründeten Anfor-        Grundlage für die intensive Begutachtung der Stechim-       Ameisen vorkommen. Dazu kommen noch die vielen
    derungen rückte zusehends auch der Aspekt der Arten-         menfauna in Hannover ab 2012.                               parasitischen Arten, die als sogenannte Kuckucksbienen
    vielfalt in den Blick. 2006 begannen in Hannover erste                                                                   oder -wespen ihre Eier in fremde Wildbienen- oder Wes-
    grundlegende und planungsunabhängige Untersuchun-            Stechimmen im Fokus                                         pennester schmuggeln. Auch zur obligaten parasitischen
    gen von Tierpopulationen im Rahmen des Stillgewässer-        In den vergangenen Jahren wurde ein massiver Rück-          Lebensweise gibt es Übergangsformen, die häufig sogar
    programms. Erfasst wurden insbesondere an Gewässer           gang von Stechimmen, vor allem Wildbienen, dokumen-         Anzeichen auf aktuell stattfindende Artbildungsprozesse
    gebundene Tierarten, wie Amphibien und Libellen. Auch        tiert. Der Rückgang beruht auf unterschiedlichen Ursa-      sein können.
    andere Tierarten fanden zunehmend Berücksichtigung.          chen, auf die in Kapitel 3 im Detail eingegangen wird.      Von großer ökologischer Bedeutung sind die unter-
                                                                                                                             schiedlichsten Anpassungen und Spezialisierungen,
    Es folgte das Maßnahmenprogramm zur Entwicklung              Das besondere Augenmerk der Öffentlichkeit auf die          vor allem in Bezug auf die Wahl der Nisthabitate und
    von Landschaftsräumen, das umfangreiche Maßnahmen            Wildbienen ist sicherlich auch darauf zurückzuführen,       bevorzugten Nahrungsressourcen, Baumaterialien oder
    zur Anlage und Entwicklung wertvoller Biotopstrukturen       dass die Bedeutung dieser Tiere, neben dem Natur- und       Beutetiere, die sich evolutiv innerhalb der Stechimmen
    beinhaltete (z. B. Gehölzpflanzungen, Anlage von Still-      Artenschutzaspekt, auch auf ihrem maßgeblichen Wirt-        entwickelt haben. Daraus resultiert oft eine zwingende
    gewässern).                                                  schaftsfaktor als kostenloser Bestäuber von Kulturpflan-    Nutzung verschiedener Teilhabitate, die räumlich eng         Abb. 1: Schneckenhaus-Mauerbiene (Osmia bicolor) © Rolf Witt
DIE STECHIMMENFAUNA DER LANDESHAUPSTADT HANNOVER - LANDESHAUPTSTADT HANNOVER - Hannover.de
8                                                                                                                                                                                                                                                    9

    arten, lassen fundierte ökologische Aussagen zu. Das       Bienen ausfällt. Ausnahmen sind die wenigen in der Blü-     eine steigende Artenzahl nicht grundsätzlich positiv an-
    können Beurteilungen des ökologischen Zustandes von        tenökologie als „Wespenblumen“ bezeichneten Pflanzen,       zusehen ist, insbesondere dann nicht, wenn seltene und
    Flächen oder wichtige Hinweise für eine optimierte Na-     wie z. B. der Braunwurz. Anpassungen an Pflanzen sind       wertgebende Stechimmenarten zu Gunsten von häufigen
    turschutz- oder Stadtplanung sein. Vor allem Wildbienen    aber noch differenzierter. So werden von Blattschneider-    und weit verbreiteten Arten verschwinden.
    und den aktuell in der Öffentlichkeit noch zu wenig be-    bienen Blattstücke zum Bau der Brutzellen genutzt. Blüten
    achteten Grabwespen kommt eine hohe und erweiterte         können als Übernachtungsplatz oder als Schutzraum bei       Unabhängig von eigentlich entbehrlichen ökonomischen
    Aussagekraft zu, die über andere standardmäßig in der      schlechtem Wetter dienen. Andere Arten nutzen Blüten        Argumenten sprechen sehr viele ökologische sowie
    Umweltplanung berücksichtigte Tiergruppen kaum zu          als Rendezvous-Platz, oder einige Männchen richten auf      auch ethische Gründe für die Förderung und den Er-
    erlangen ist.                                              Blütenständen sogar ihre Reviere ein.                       halt der Stechimmenfauna. Diese Argumente sollten,
                                                                                                                           neben einer aktuell oft pauschal formulierten „Erhöhung
    Wildbienen übernehmen mit ihrer herausragenden Be-         Wespen versorgen ihren Nachwuchs mit tierischer             der Biodiversität“, eine höherwertige Berücksichtigung
    stäubungsleistung eine zentrale Rolle im Naturhaushalt.    Nahrung. Die meisten solitären Arten, vor allem die         finden. Aufgrund der Beliebtheit von Wildbienen in der
    Eine enge Bindung von Wildbienen an Nahrungspflanzen       Grabwespen (s. l.), zeichnen sich durch eine enge Spe-      Bevölkerung lassen sich ökologische Argumente und da-
    besteht primär für das Pollensammeln. Gut 30 % der Ar-     zialisierung auf bestimmte Beutetiergruppen aus. Als        rauf aufbauend weiterführende Zusammenhänge sowie
    ten gelten als oligolektisch. Das bedeutet, sie sammeln    Jäger stehen sie damit in der Nahrungspyramide eine         vernetztes Denken relativ gut vermitteln. Lebensräume
    Pollen nur von bestimmten Pflanzenfamilien, -gattungen     Trophieebene höher als die Wildbienen. Daraus ergibt        mit einer reichen Wildbienen- bzw. Stechimmenfauna
    oder in seltenen Fällen sogar Pflanzenarten. Diese Wild-   sich eine etwas anders gelagerte ökologische Bedeu-         können Indikator für eine nachhaltige qualitative Ent-
    bienen und deren Futterpflanzen weisen gegenseitige        tung. Als Beute dienen fast sämtliche Insektentaxa und      wicklung auch von großstädtischen Räumen sein, bei
    morphologische Anpassungen auf, die sich coevolutiv        Spinnen. Die sich daraus ergebenden Abhängigkeiten          der vermehrt auf ökologische Zusammenhänge geachtet           Abb. 2: Heide-Filzbiene (Epeolus cruciger) © Rolf Witt
    entwickelt haben. Diese Pflanzen sind auf eine Bestäu-     von Beutetierpopulationen sind noch ungenügend unter-       wird.
    bung durch Wildbienen angewiesen. Einige Nutzpflan-        sucht. Neben den jagenden Arten gibt es unter den zu
    zen, wie die Erdbeeren, haben bei Bestäubung durch         den Stechimmen zählenden Wespen auch diverse para-
    Wildbienen einen deutlich besseren Fruchtansatz als bei    sitische Arten, deren größte Familie die farbenprächtigen
    alleiniger Bestäubung durch die Honigbiene. Durch den      Goldwespen sind.
    massiven Rückgang von Wildbienenarten werden durch                                                                     3 Gefährdungssituation                                        Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern oder
    den Ausfall von Bestäubungsleistungen negative öko-        Jede Gartenbesitzer*in sollte sich also freuen: Wildbie-                                                                  Deutschland liegen für Niedersachsen keine Roten Lis-
    nomische und ökologische Auswirkungen prognostiziert.      nen und Wespen gehören zu den besonders nützlichen                                                                        ten für die teils artenreichen und aussagekräftigen
                                                               Tieren unserer Gärten, sorgen diese Insekten doch für       Die Diskussion zum „Bienensterben“ bezog sich zu              Familien der aculeaten Wespen vor. In Deutschland
                                                               eine gute Bestäubung diverser Wild- und Nutzpflanzen        Beginn ausschließlich auf die Honigbiene Apis mellifera.      sind von 559 Arten 46,2 % mehr oder weniger bestands-
                                                               oder Kräuter. Wespen tragen außerdem zu einer ef-           Eine bestandsbedrohende Gefährdungssituation für die          bedroht oder verschollen (Schmid-Egger et al. 2011).
                                                               fektiven Eindämmung von Schädlingen – übrigens ein          Tierart „Honigbiene“ hat dabei nie vorgelegen. Es geht
                                                               Terminus, der in ökologischen Betrachtungen eigentlich      in erster Linie um eine teils massiv erhöhte Sterblichkeit    Leider bedeutet ein hoher Rote-Liste-Status nicht, dass
                                                               nicht verwendet wird – bei.                                 (vor allem durch Pestizide) bei dieser offiziell als land-    diese Arten einen besonderen gesetzlichen Schutz er-
                                                                                                                           wirtschaftliches Nutztier eingestuften Art. Inzwischen        halten. Alle Wildbienenarten gelten zwar nach der Bun-
                                                               Viele unserer Stechimmen sind in Bezug auf ihre Nist-       wird der Begriff immer häufiger auf Wildbienen ausge-         desartenschutzverordnung (BArtSchV) als „besonders
                                                               plätze sehr wählerisch. Die Mehrzahl der Arten, darunter    weitet. Trotz der verschärften Gefährdungssituation für       geschützt“, dieser rechtliche Schutzstatus ist leider
                                                               viele gefährdete, nistet im Boden mit spezifischen An-      viele Wildbienenarten ist ein pauschalisierender Begriff      völlig unzureichend. Ein wirkungsvoller Schutz ist erst
                                                               sprüchen an Exposition, Beschaffenheit, Bodenmaterial,      wie das „Bienensterben“ fachlich leicht angreifbar und        für „streng geschützte“ Arten nach der BArtSchV und
                                                               Flächengröße oder Feuchtigkeit. Diese sogenannten           wird deshalb hier so allgemein nicht verwendet.               vor allem für nach EU-Recht geschützte FFH-Arten ge-
                                                               endogäisch nistenden Arten können durch gezielte Maß-       Die gültige Rote Liste der Wildbienen Niedersachsen           währleistet. Deshalb wird seit Jahren von Fachleuten
                                                               nahmen selbst kleinflächig gefördert werden. Leider         und Bremen (Theunert 2002) stammt aus dem Jahr                immer wieder eine Höherstufung ausgewählter Arten
                                                               werden Angebote vegetationsloser Offenbodenbereiche         2002. Von den damals 341 als indigen/heimisch ein-            in die Kategorie „streng geschützt“ in der BArtSchV ge-
                                                               bisher stark vernachlässigt. Die inzwischen weit verbrei-   gestuften Arten sind 167 einer Gefährdungskategorie           fordert, da eine Überarbeitung der FFH-Arten-Liste kaum
                                                               teten und leider vielfach immer noch unsachgemäß ge-        zugeordnet. Davon gelten 46 Arten als ausgestorben.           realistisch erscheint.
    Abb. 3: Sandwespe (Ammophila sabulosa) © Rolf Witt         bauten Nisthilfen aus angebohrtem Totholz oder hohlen       Bei weiteren 45 Arten ist eine Gefährdung anzunehmen
                                                               bzw. markhaltigen Stängeln nützen hingegen nur relativ      oder sie gelten als sehr seltene Arten mit geographischer     Gerade in den letzten Jahren hat sich der Rückgang
                                                               wenigen Arten.                                              Restriktion. Mit 62,2 % ist damit ein sehr hoher Anteil der   nicht nur der Artenvielfalt, sondern auch der Individuen-
    Wildbienen ernähren sich übrigens grundsätzlich vegan.                                                                 Wildbienen mehr oder weniger bestandsbedroht oder             zahlen nochmal drastisch verschärft. Dies können zwar
    Der Nachwuchs wird ausschließlich mit Blütenprodukten      Der Klimawandel wirkt sich auch in Niedersachen bei den     inzwischen verschollen. In der Roten Liste Deutsch-           nur sehr wenige Langzeituntersuchungen exemplarisch
    versorgt. Sie sind damit von großer Bedeutung für den      Stechimmen in einem deutlichen Zuwachs der Artenzahl        lands (Westrich et al. 2011) liegt der Anteil dieser Arten    belegen, allerdings sprechen diverse Erfahrungsberich-
    Erhalt unserer heimischen Lebensgemeinschaften.            aus. In den letzten Jahren ist eine Expansion einiger       bei 52,6 %.                                                   te von über mehrere Jahrzehnte und überregional im
                                                               Arten nach Norden festzustellen. Dies betrifft vor allem                                                                  Freiland tätigen Expert*innen eine eindeutige Sprache.
    Bei der Nektarsuche sind Wildbienen und andere Stech-      sogenannte xerothermophile Arten, die trockene und          Da die vorliegende niedersächsische Rote Liste der Wild-      Immer wieder wird davon berichtet, dass, trotz guter
    immen meist wenig wählerisch. Die kurzrüsseligen Arten,    warme Lebensräume bevorzugen. Somit gelten Stech-           bienen inzwischen als veraltet angesehen werden muss          Ressourcenangebote, die Populationsstärken früherer
    darunter die meisten Wespen und viele Kuckucksbienen-      immen, in Bezug auf die Biodiversität, als Profiteure       und einer Überarbeitung bedarf, wird in dieser Arbeit         Jahre nicht mehr erreicht werden.
    arten, sind allerdings auf Pflanzen mit offenliegenden     wärmerer Klimaverhältnisse. Das darf nicht als positives    bei ausgewählten Arten in den Gebietsbeschreibungen
    Nektarien angewiesen. Wespen benötigen den zucker-         Argument für die aktuellen Klimaänderungen miss-            auf die potentielle aktuelle Gefährdungssituation ein-        Zwar sind viele Details noch ungenügend erforscht, aber
    haltigen Nektar als „Flugbenzin“ zur Eigenversorgung.      verstanden werden. Es gibt auch heimische Arten, die        gegangen.                                                     die entscheidenden Gefährdungsursachen werden von
    Beim Blütenbesuch sorgen so auch Wespen für eine           kühlere, boreale Klimate bevorzugen und im Rückgang                                                                       Fachleuten ähnlich eingeschätzt und sind im Folgenden
    Bestäubung, die im Umfang aber kleiner als bei den         begriffen sind. Wichtig ist es daher zu verstehen, dass                                                                   aufgelistet.
DIE STECHIMMENFAUNA DER LANDESHAUPSTADT HANNOVER - LANDESHAUPTSTADT HANNOVER - Hannover.de
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     Hauptgefährdungsursachen für Stechimmen                   steigenden Begehrlichkeiten wächst der Druck auf für         In der Region aktive Entomolog*innen und Hobby-                    Ergebnisse
     in Niedersachsen                                          die Natur wertvolle, unbebaute Flächen.                      sammler*innen wurden bezüglich der Aufsammlung                     Bis einschließlich 2012 wurden für die Stadt Hannover
        massiver Rückgang an Lebensräumen und Habitat-                                                                      von Stechimmen angefragt. Im Einzelfall wurden unbe-               371 Stechimmenarten erfasst (Tab. 1).
        vielfalt                                               Dabei bieten Lebensräume in Städten heutzutage gegen-        stimmte Tiere determiniert bzw. kontrolliert (Sammlung
        intensive Land- und Flächennutzung bzw. Freiflächen-   über einem weitgehend intensiv genutzten Umland              K. Jürgens und L. Schmidt). Alle Fundortangaben wurden             Davon gelten aktuell nach den Roten Listen Deutsch-
        verbrauch                                              Standortvorteile, die für Artenschutzprojekte auch für       auf ihre Zuordnung zum heutigen Stadtgebiet überprüft.             lands bzw. Niedersachsens 1 bzw. 17 Arten als „aus-
        zu geringe Flächengröße von Nist- oder Nahrungsha-     die Stechimmenfauna genutzt werden könnten. Auf viele                                                                           gestorben/verschollen“, 3 bzw. 22 Arten als „vom Aus-
        bitaten                                                dieser Areale ist oft noch ein relativ kostengünstiger und   In die Auswertung wurden auch die veröffentlichten                 sterben bedroht“, 17 bzw. 22 Arten als „stark gefährdet“
        fehlendes, vernetztes Blüten- und Nistplatzangebot     auch leichter durchsetzbarer Zugriff möglich.                Arten nach den Punktverbreitungskarten aus Theu-                   sowie 25 bzw. 16 Arten als „gefährdet“.
        Vegetationsveränderungen durch massiven Nährstoff-                                                                  nert (2003, 2008) einbezogen. Berücksichtigt wurden                Bemerkenswert ist, dass 53 Arten ausschließlich vor
        eintrag im Boden                                       Hervorzuheben sind                                           Nachweise aus den Messtischblattquadranten 3523/4,                 1940 nachgewiesen werden konnten. Darunter ist ein
        Pestizidbelastung                                        große, teils natürliche Strukturvielfalt auf engem Raum    3524/3, 3524/4, 3624 / alle Quadranten und 3625/1.                 erheblicher Anteil an Arten, die aktuell in Deutschland
        Verhinderung von dynamischen Flächenentwicklungen        nährstoffarme, warme und trockene Biotope (den             Hier sind wohl auch Einzelfunde verschiedener Pri-                 und/oder in Niedersachsen als „ausgestorbenen/ver-
        (z. B. Bodenaufrisse durch Sturm oder Flutschäden)       höchsten naturschutzfachlichen Wert haben aufge-           vatsammler*innen berücksichtigt. Genauere Angaben                  schollenen“ oder „stark gefährdet“ gelten (Tab. 2).
        Nahrungskonkurrenz mit Honigbienen oder auch Be-         gebene Flächen wie Industrie- und Ruderalbrachen)          zu den Fundorten oder Funddaten sind in den beiden
        stäubungshummeln                                         sichere, vor Zugriff geschützte Flächen                    Arbeiten nicht enthalten und konnten auch nicht er-                Ergänzend ist zu erwähnen, dass die alten Erfassun-
        (neue) Krankheiten und Parasiten                         partiell relativ gutes Pollen- und Nektarangebot           mittelt werden.                                                    gen sich auf Wildbienen beschränkt haben und somit
        nur im Einzelfall: klimatische Änderungen                relativ geringer Einsatz von Pestiziden und Dünger                                                                            keine historischen Daten aus anderen Stechimmen-
                                                                 vergleichbar warmes Mikroklima und damit poten-            Ab ca. 1940 bis zum Beginn der vorliegenden Untersu-               familien, wie z. B. die artenreichen Echten Grabwespen
                                                                 tieller Lebensraum für besonders wärmeliebende Arten       chungen im Jahr 2013 liegen fast keine Aufsammlungen               (Crabronidae), vorliegen.
     Ergänzende, mittelbare Gefährdungsursachen                                                                             oder gar systematische Erfassungen hannoverscher
       fehlender rechtlicher Schutz                            Grenzen gibt es innerhalb von Städten vor allem bei der      Sammler*innen mehr vor. Von 1992 bis zum Beginn der                Die seit 1992 bis zum Beginn der vorliegenden Untersu-
       Wissenslücken im speziellen Artenschutz                 Förderung von Arten, die auf großflächige Primärlebens-      vorliegenden Untersuchungen wurden nur 127 Bienen-                 chungen nachgewiesene Zahl von 127 Bienenarten zeigt
       fehlende ausgewiesene Fachleute und Forschungs-         räume angewiesen sind und die im Siedlungsraum in der        arten vor allem aus den wenigen Gutachten auswärti-                gegenüber den 204 bis 1991 bekannten Arten einen sehr
       programme                                               Regel fehlen. Zu nennen sind z. B. Hochmoore, totholz-       ger Spezialisten (Theunert 2001, 2004, 2006, von der               stark rückläufigen Bestandstrend auf. Dieser ist nicht nur
       fehlende landesweite staatliche Artenschutzpro-         reiche Naturwälder mit Windwurfflächen, Binnendünen          Heide 1995, Witt 1999) bekannt.                                    auf eine geringe Erfassungstätigkeit zurückzuführen,
       gramme in Niedersachsen                                 mit Sandheiden, Felsen, große Schilfröhrichte oder Pio-                                                                         sondern in den vielfach dokumentierten Umweltver-
       kontraproduktiven Maßnahmen durch andere Arten-/        nierflächen mit Möglichkeit zur ungelenkten Sukzession.      In Hannover sind seit dem Wirken von C. Gehrs bis zum              änderungen begründet. Die historischen Daten belegen,
       Naturschutzprojekte                                     Entsprechende Lebensräume finden sich in Hannover            heutigen Tage keine Wildbienen- oder Stechimmen-                   dass in der Stadt Hannover eine ehemals sehr arten-
                                                               aber in den angrenzenden Landschaftsräumen. Der              spezialisten*innen ansässig. So wurde an der Leibniz               reiche Wildbienenfauna vorhanden war. Die Vorkommen
     Für Ballungsräume und Großstädte wie auch Hannover        Erhalt und die naturnahe Entwicklung der Landschafts-        Universität oder anderen Hochschulen über Stechimmen               einzelner Arten weisen eine sicherlich überregionale
     ergeben sich aktuell verschärfende Interessenskonflikte   räume stellen daher wichtige Ziele für den Schutz der        keine eigene Forschung betrieben. Aktuell finden auch              Bedeutung auf.
     zwischen Artenschutzbelangen und dem begründeten          Stechimmen dar.                                              aufgrund des allgemein stark gestiegenen Interesses
     Bedarf an bezahlbaren Wohnraum und Baugebieten. Mit                                                                    an Wildbienen wenige kleine, fundierte Projekte unter
                                                                                                                            Beteiligung auswärtiger Fachleute statt.

     4 Historie der Stechimmenerfassung in Hannover

     Im Vorfeld der 2013 begonnenen Untersuchungen der         (Oldenburg) konnte dankenswerterweise berücksichtigt
     Stechimmen der Stadt Hannover wurde 2012 eine Re-         werden (von der Heide 1995). Ergänzend wurden nicht
     cherche zu allen bis dahin vorliegenden Erfassungsdaten   bearbeitete Tiere, die potentiell aus der Stadt Hannover
     durchgeführt (Witt 2012). Ziel war es, eine möglichst     stammen, gesichtet, überprüft und ggf. nachbestimmt.
     vollständige und verifizierte Gesamtartenliste zusam-     Eine vollständige Revision der Sammlung steht aber
     menzustellen. Auf einer solchen Datenbasis lassen sich    immer noch aus. Im Einzelfall war eine Abgrenzung der
     deutlich erweiterte und aussagekräftigere Analysen der    alten Fundortbezeichnungen zum heutigen Verwaltungs-
     aktuellen Ergebnisse erarbeiten.                          gebiet der Stadt Hannover und der Region schwierig.
                                                               Daten wurden nur berücksichtigt, wenn sie der Stadt
     Die bedeutendste Grundlage der hannoverschen Regio-       Hannover eindeutig zuzuordnen waren.
     nalfauna stellt die Sammlung von Clemens Gehrs dar, die
     sich im Landesmuseum Hannover befindet. Die Tiere, die    Im Landesmuseum befinden sich auch Teile der Samm-
     seit 1884 bis Anfang des 20. Jahrhunderts gesammelt       lungen W. Nowotschyn und Fichtner. Da Stechimmen
     wurden, stammen nur zum kleinen Teil aus der Stadt        nicht deren Interessensschwerpunkt waren, liegen nur
     Hannover. Viele Arten sind in Gehrs (1910) veröffent-     relativ wenige und markante Tiere aus den 1950er und
     licht. Aufgrund möglicher Fehlbestimmungen, vieler        60er Jahren vor, die alle erstmals bestimmt wurden. An
     Änderungen in der Nomenklatur oder des Art­status,        anderen naturwissenschaftlichen Museen konnten keine
     war eine kritische Überprüfung notwendig. Eine unver-     Tiere aus Hannover ermittelt werden.
     öffentlichte Teilrevision durch Andreas von der Heide                                                                  Abb. 4: Insektenkasten (Sammlung C. Gehrs) aus der Sammlung des Landesmuseums Hannover © Rolf Witt
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     Tab. 1: Anzahl der bis einschließlich 2012 in Hannover festgestellten Stechimmenarten innerhalb verschiedener Gruppen                      Einsatz von Fallensystemen (z. B. Malaisefalle, Farb-       fanden auf vielen weiteren potentiell relevanten Flächen
                                                                                                                                                schalen) verzichtet. Denn durch die unselektive, auto-      vorerst stichprobenartige Untersuchungen statt. In den
                                                                                        vor 1991           1992–2012            Gesamt          matische, aber auch aus Personal- und Kostengründen         6 Jahren von 2013 bis 2018 wurden durch den Autor Er-
       Apiformes                                                                                                                                vermehrt eingesetzte Methode besteht ein hohes Risi-        fassungen an 65 Geländetagen durchgeführt.
                                                                                            204                 127                236
       Bienen                                                                                                                                   ko, individuenarme lokale Populationen seltener Arten       Zusätzlich zu den von der Stadt beauftragten Bestands-
       Sphecidae                                                                                                                                komplett auszurotten. Zudem wird nur ein begrenztes         erhebungen wurden bei den Ergebnisdarstellungen auch
                                                                                             1                   4                   4
       Langstiel-Grabwespen                                                                                                                     Artenspektrum gefangen und es findet keine fachliche        alle weiteren vorliegenden Untersuchungen oder Privat-
       Crabronidae                                                                                                                              Kontrolle von indigenen Vorkommen im Gelände statt.         aufsammlungen aus dem Zeitraum 2013–2018 berück-
                                                                                             5                   75                 76
       Echte Grabwespen                                                                                                                         Die Untersuchungsschwerpunkte wurden durch den              sichtigt. Dazu zählt auch die durch die Stadt Hannover
       Pompilidae                                                                                                                               Fachbereich Umwelt und Stadtgrün in enger Zusammen-         unterstützte Kartierung von Gründächern durch den
                                                                                             0                   16                 16
       Wegwespen                                                                                                                                arbeit mit dem Auftragnehmer ausgewählt. Ziel war es,       Autor im Auftrag des BUND Hannover.
       Vespidae                                                                                                                                 einen möglichst repräsentativen Querschnitt der in der
                                                                                             7                   22                 22
       Faltenwespen
                                                                                                                                                Stadt Hannover für wertgebende Stechimmen relevan-          Die Veröffentlichung der Gesamtartenliste würde den
       Chrysididae                                                                                                                              ten Lebensräume zu bearbeiten. In den Hauptunter-           Rahmen dieser Broschüre sprengen. Eine unkommen-
                                                                                             1                   11                 12
       Goldwespen
                                                                                                                                                suchungsgebieten fanden intensive, teils zweijährige        tierte Auflistung der Artnamen, abgesehen vom Platz-
       Sonstige
                                                                                             0                   5                   5          repräsentative Erhebungen statt. Bei diesen Flächen         bedarf, würde dem Anspruch einer fachlichen und nach-
       Wespenfamilien
                                                                                                                                                handelte es sich überwiegend um laufende Biotop-            vollziehbaren Auswertung nicht gerecht werden. Des-
       Summen                                                                               217                 260                371
                                                                                                                                                schutzprojekte, auf denen somit gleichzeitig eine erste     wegen ist geplant, eine detaillierte Artenliste inklusiv
                                                                                                                                                Monitoringuntersuchung stattfand. Da nicht alle bedeut-     einer ökologischen Analyse in einer Fachzeitschrift zu
                                                                                                                                                samen Flächen intensiv untersucht werden konnten,           veröffentlichen.
     Tab. 2: Auswahl von aktuell in Deutschland und Niedersachsen als „ausgestorben/verschollen“, „vom Aussterben bedroht“, „stark gefährdet“
     bzw. „Daten unzureichend“ oder „Gefährdung unbekannten Ausmaßes“ geltenden Wildbienenarten, die seit Beginn des 20. Jahrhunderts in
     Hannover nicht mehr festgestellt wurden.

       Artname                                                                                                        Gefährdungsgrad           5.2 Ergebnisüberblick                                       drei obersten Rote Liste-Gefährdungskategorien 0, 1 und
       Andrena chrysopyga Schenck, 1853                                                                                RL-D: 2, RL-N: 0                                                                     2 (ausgestorbenen/verschollenen, vom Aussterben be-
       Andrena floricola Eversmann, 1852                                                                               RL-D: 2, RL-N: 0                                                                     droht, stark gefährdet). Von den bundesweit bedrohten
                                                                                                                                                Inklusive aller aktualisierten historischen Daten konnten   Arten dieser Gefährdungsstufen konnte aktuell keine ein-
       Andrena marginata Fabricius, 1776                                                                               RL-D: 2, RL-N: 1
                                                                                                                                                448 Stechimmenarten (ohne Ameisen) in der Landes-           zige Art mehr nachgewiesen werden (Tab. 4). Trotzdem
       Andrena simillima Smith, 1851                                                                                   RL-D: 1, RL-N: 0         hauptstadt Hannover nachgewiesen werden. Seit dem           kommen noch einige in Niedersachsen hochgefährdete
       Andrena tarsata Nylander, 1848                                                                                  RL-D: 2, RL-N: 0         Beginn des Erfassungsprojektes im Jahr 2013 wurden          Arten vor oder sind sogar nach langer Zeit erstmals
       Andrena thoracica (Fabricius, 1775)                                                                             RL-D: 2, RL-N: 0         noch 320 Stechimmenarten nachgewiesen.                      wiedergefunden worden. Damit ist der massive Rück-
                                                                                                                                                                                                            gang gerade vieler wertgebender und anspruchsvoller
       Anthophora borealis Morawitz, 1864                                                                              RL-D: 0, RL-N: 0
                                                                                                                                                Mit diesen Ergebnissen wird die spezielle und überre-       Wildbienenarten gut dokumentiert.
       Bombus confusus Schenck, 1861                                                                                   RL-D: 1, RL-N: 0         gionale Bedeutung der Landeshauptstadt Hannover für
       Bombus pomorum (Panzer, 1805)                                                                                   RL-D: 2, RL-N: 0         die Stechimmenfauna schon deutlich. Hannover bietet         Von den beiden Familien der artenreichen Grabwespen
       Bombus quadricolor (Lepeletier, 1832)                                                                           RL-D: 2, RL-N: 0         aufgrund seiner geographischen Lage an der Übergangs-       wurden insgesamt 108 Arten nachgewiesen. Das ent-
       Bombus ruderatus (Fabricius, 1775)                                                                              RL-D: D, RL-N: 1         zone zwischen dem Norddeutschen Flachland und den           spricht einem Anteil von 57,2 % aller niedersächsischen
                                                                                                                                                südniedersächsischen Mittelgebirgen eine vergleichbar       Arten. Dabei muss berücksichtigt werden, dass nennens-
       Megachile analis Nylander, 1852                                                                                 RL-D: 2, RL-N: 1
                                                                                                                                                große Vielfalt an Landschaftselementen und Biotop-          werte historische Aufsammlungen von Grabwespen
       Megachile lagopoda (Linnaeus, 1761)                                                                             RL-D: 2, RL-N: 1         typen. Diese oft eng verzahnten Lebensräume können          sowie den anderen aculeaten Wespenfamilien nicht vor-
       Nomada argentata Herrich-Schäffer, 1839                                                                         RL-D: 2, RL-N: 0         potentiell sehr artenreiche Vorkommen von Stechimmen        liegen. Seit 2013 wurden noch 89 Arten festgestellt. Dies
       Nomada obtusifrons Nylander, 1848                                                                               RL-D: 2, RL-N: 1         beherbergen.                                                entspricht einem Anteil von ca. 50 % der niedersächsi-
                                                                                                                                                                                                            schen Arten. Bei den Grabwespen ist der geringe Anteil
       Osmia papaveris Latreille, 1799                                                                                 RL-D: 1, RL-N: 0
                                                                                                                                                Aufgrund der historischen Erfassungsergebnisse ist die      besonders xerothermophiler Arten auffällig. Neben der
       Osmia pilicornis Smith, 1846                                                                                    RL-D: G, RL-N: 0         Datenlage bei den Wildbienen besonders gut und gut          Biotopstruktur kann dies auch mit nicht ausreichenden
                                                                                                                                                vergleichbar. Mit 263 nachgewiesenen Bienenarten er-        Beutetierpopulationen zusammenhängen.
                                                                                                                                                reicht Hannover eine beachtliche Gesamtartenzahl, die       In der folgenden Tabelle 3 sind neben den Gesamtarten-
                                                                                                                                                einem Anteil von rund 73,2 % aller in Niedersachsen vor-    zahlen auch die Ergebnisse der Hauptuntersuchungs-
                                                                                                                                                kommenden Arten entspricht. Seit 2013 konnten noch          gebiete aufgeführt. Die Gebiete mit der höchsten Arten-
     5 Stechimmenerfassung                                                                                                                      168 Wildbienenarten nachgewiesen werden, darunter           vielfalt sind die Höverschen Kippen, der Berggarten mit
                                                                                                                                                26 Arten, die vorher für die Stadt nicht bekannt waren.     angrenzenden Uniflächen, der Kronsberg, die ehemalige
                                                                                                                                                Der Anteil an der niedersächsischen Wildbienenfauna         Segelflugplatz und die Alte Bult. Die reine Artenzahl ist
     5.1 Methodik und Untersuchungsschwerpunkte                                                                                                 sinkt damit auf rund 46,8 %.                                nur eines von vielen Qualitätsmerkmalen. Wichtigster
                                                                                                                                                                                                            Parameter sind die Populationen an wertgebenden Ar-
                                                                                                                                                Hervorzuheben sind die vielen alten Nachweise von in        ten, die in den jeweiligen Beschreibungen in Kapitel 5.3
     Die Erfassungen erfolgten bestandsschonend mittels                     wurden präpariert und mit einem Stereomikroskop be-                 Deutschland oder Niedersachsen bedrohten Arten der          genannt werden.
     Sichtbeobachtungen sowie durch Streif- und Sichtfänge                  stimmt. Die Erfassung wurde ausschließlich durch einen
     mit dem Insektennetz. Im Gelände bestimmbare Arten                     erfahrenen Experten durchgeführt. Bewusst wurde auf
     wurden direkt notiert und freigelassen. Die übrigen Tiere              den heute immer häufiger angewandten kontinuierlichen
DIE STECHIMMENFAUNA DER LANDESHAUPSTADT HANNOVER - LANDESHAUPTSTADT HANNOVER - Hannover.de
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     Tab. 3: Stechimmen in Hannover – Gesamtartenzahlen [Hges = Nachweise ab 2013 Gesamt, Hab2013 =Hannover ab 2013, Bu = Alte Bult,                   Tab. 4: Übersicht über den Gefährdungsgrad nach den vorliegenden Roten Listen Deutschlands und Niedersachsens (Westrich et al. 2011, Schmid-
     Bg = Berggarten/Universität, Fu = Fuhrbleek, Ga = Garten Döhren; Gd = Gründächer, Hö = Höversche Kippen, Kw = Kinderwald, Kro =                   Egger et al. 2011, Theunert 2002, 2009) aller in Hannover nachgewiesenen Stechimmen (Gefährdungskategorien: 0 = ausgestorben/verschollen,
     Kronsberg, Lei = Mittlere Leineauen, Se = Segelflugplatz, St = Stöckener Friedhof; n. b. = nicht bearbeitet]                                      1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, G = Gefährdung anzunehmen, V = Art der Vorwarnliste, R = extrem selten,
                                                                                                                                                       D = Daten unzureichend, # = neu für das Gebiet, *= ungefährdet; n.v.: keine Rote Liste vorhanden)
                                       H       H       Bu       Bg       Fu      Ga       Gd      Hö       Kw      Kro      Lei      Se       St
                                      ges   ab 2013
                                                                                                                                                                                                        Deutschland                                               Niedersachsen
       Apiformes                                                                                                                                                                       0    1    2    3     G    V    R    D     *    ∑     0     1     2     3     G    V     R     D    #      *    ∑
                                      263     168      71       75       55      51       28       81      47       80      63       70       67
       Bienen
                                                                                                                                                         Apiformes
       Sphecidae                                                                                                                                                                       1    3    17 35 11 30          1    2 163 263 18 26 30 38 23 16                         –     4     4 104 263
                                       4        2       –        –       2        –        –       1        1       1        –        1      n. b.       Bienen
       Langstiel-Grabwespen
                                                                                                                                                         Daten ab 2013                 –    –    –    12    1   17    –    1 137 168 1            5    16 26        9    10    –     3     4    94 168
       Crabronidae
                                      104      89      26       34       17      21        9       27      25       16      19       25      n. b.       Sphecidae
       Echte Grabwespen                                                                                                                                                                –    –    –    –     –    –    –    –     4     4 n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v.
                                                                                                                                                         Langstiel-Grabwespen
       Vespidae
                                      26       20       7       11       8       11        4       11       8       12       8        7      n. b.       Daten ab 2013                 –    –    –     –    –    –    –    –     2     2
       Faltenwespen
       Pompilidae                                                                                                                                        Crabronidae
                                      25       18       –        4       6        2      n. b.     5        4        3       5        3      n. b.                                     –    –    –     7    1    4    –     1   91 104 n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v.
       Wegwespen                                                                                                                                         Echte Grabwespen
       Sapygidae                                                                                                                                         Daten ab 2013                 –    –    –     6    –    3    –     1   79 89
                                       2        2       –        1       1        1      n. b.     –        0        1       –        1      n. b.
       Keulenwespen                                                                                                                                      Vespidae
                                                                                                                                                                                       –    –    –     2    –    –    –    –    24 26       –     1     –     1     4    –     –     2     –    18 26
       Mutillidae                                                                                                                                        Faltenwespen
                                       2        2       2        –       1        –      n. b.     –        1       –        –        –      n. b.
       Spinnenameisen                                                                                                                                    Daten ab 2013                 –    –    –     –    –    –               20 20      –     –     –     1     2    –     –     –     –    17 20
       Tiphiidae                                                                                                                                         Pompilidae
                                       1        1       1        –       1        –      n. b.     1        1        1       –        1      n. b.                                     –    –    –     2    1    1    –     –    21 25 n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v.
       Rollwespen                                                                                                                                        Faltenwespen
       Bethylidae                                                                                                                                         Daten ab 2013                –    –    –     1    1    –    –     –    16 18
                                       3        3       –        1       1        –      n. b.     –        0       –        –        –      n. b.
       Plattwespen
                                                                                                                                                          Chrysididae
                                                                                                                                                                                       –    –    –     3    1    –    –     –    13 17 n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v.
       Chrysididae                                                                                                                                        Goldwespen
                                      17       15       4        3       6        3      n. b.     4        5        2       3        4      n. b.
       Goldwespen                                                                                                                                         Daten ab 2013                –    –    –     –    –    –    –     –    11 15
       Dryinidae                                                                                                                                          Sapygidae
                                       1        –       –        –       –        –      n. b.     –        –       –        –        –      n. b.                                     –    –    –     –    –    –    –     –    2     2 n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v.
       Zikadenwespen                                                                                                                                      Keulenwespen
       Summe                         448      320      111     129       97      89       41      130      93      116      98      112      67           Daten ab 2013                –    –    –     –    –    –    –     –    2     2
     Anmerkungen: Die Honigbiene Apis mellifera wird aufgrund ihres offiziellen Status als semidomestifiziertes Nutztier in der Artenliste nicht be-      Mutillidae
                                                                                                                                                                                       –    –     –    –    –    –    –     –    2     2 n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v.
     rücksichtigt. Ebenso findet eine Meldung der sehr schwer zu bestimmenden Bombus cryptarum aus dem Gutachten zur Mäuseburg (1999 keinen               Spinnenameisen
     Eingang in die Liste. Eine Nachkontrolle des Tieres war nicht möglich. Die Art ist grundsätzlich in Hannover zu erwarten, aber wohl nur mittels      Daten ab 2013                –    –     –    –    –    –    –     –    2     2
     aufwendiger Bestimmungsarbeit (Barcoding, Vermessung) sicher zu identifizieren.                                                                      Tiphiidae
                                                                                                                                                                                       –    –     –    –    –    –    –     –    1     1 n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v.
                                                                                                                                                          Rollwespen
                                                                                                                                                          Daten ab 2013                –    –     –    –    –    –    –     –    1     1
     Nachfolgend werden einige Arten hervorgehoben, die                           Echte Grabwespen: Astata minor, Cerceris interrupta,
                                                                                                                                                         Summen                        1    3   17 49 14 35           1    3 321 444
     ab 2013 festgestellt werden konnten. Neben einigen                           Dryudella pinguis, Ectemnius confinis, Lestica alata,
                                                                                                                                                         Summen ab 2013                –    –    –    22    3   20    –    2 268 317
     überregionalen Besonderheiten werden auch Arten auf-                         Mimesa bruxellensis, Tachysphex psammobius
     gelistet, die für das norddeutsche Flachland bzw. Nie-                       Faltenwespen: Polistes nimpha                                        Anmerkungen: Für die Stechimmenfamilien Bethylidae (Plattwespen) und Dryinidae (Zikadenwespen) existieren keine Roten Listen. Für Nieder-
     dersachsen bemerkenswert sind, selbst wenn sie in                            Wegwespen: Anoplius alpinobalticus,                                  sachsen/Bremen existiert neben der offiziellen Roten Liste der Wildbienen nur eine vorläufige Rote Liste der Faltenwespen.
     anderen Regionen Deutschlands weniger Beachtung                              Arachnospila minutula, A. wesmaeli
     finden dürften.                                                              Goldwespen: Chrysis bicolor, C. fulgida, C. splendidula
                                                                                  Plattwespen: Laelius femoralis
     Erstnachweise für Niedersachsen:
       Bienen: Heriades crenulatus                                            Mit den erst seit kurzem in Niedersachsen vorkommen-                     5.3 Hauptuntersuchungsgebiete
       Echte Grabwespen: Spilomena mocsaryi                                   den Arten Halictus scabiosae (Gelbbindige Furchenbiene)
       Goldwespen: Holopyga ignicollis                                        und Xylocopa violacea (Blauschwarze Holzbiene) traten                    5.3.1       Mittlere Leineaue (Stöcken)                                  sandigen Uferbereiche eröffnen immer wieder neue Be-
       Plattwespen: Bethylus boops, Goniozus distigmus                        auch charakteristische Arten auf, die im Zuge der Kli-                                                                                            siedlungsmöglichkeiten für Tiere und Pflanzen.
                                                                              maerwärmung ein expansives Ausbreitungsverhalten                         Das Landschaftsschutzgebiet Mittlere Leine erstreckt
     Bemerkenswerte Arten für Hannover:                                       aufweisen und aufgrund ihres markanten Erscheinungs-                     sich von den Herrenhäuser Gärten bis zur Stadtgrenze                     Die Stechimmenfauna wurde 2013 und 2014 an 5 bzw.
       Bienen: Andrena florea, A. mitis, A. nigrospina,                       bildes häufig auch von Naturliebhabern entdeckt werden                   westlich von Seelze. Die vielfältige und kleinräumig                     7 Un­tersuchungstagen jeweils über mehrere Stun-
       A. pandellei, Anthidium punctatum, Anthophora furcata,                 können.                                                                  wechselnde Auenlandschaft ist gekennzeichnet von                         den erfasst. Aufgrund eines extremen Sommer-
       Bombus ruderarius, Coelioxys conoidea,                                                                                                          häufigen Hochwassern im Frühjahr und angrenzenden –                      hochwassers konnten 2013 von Mai bis Mitte Juli
       Halictus subauratus, Hylaeus sinuatus,                                                                                                          inzwischen bewachsenen – Sanddünen, z. B. im Bereich                     keine Kartierungen durchgeführt werden, so dass
       Lasioglossum lativentre, L. minutulum, L. quadrinotatum,                                                                                        des Hinüberschen Gartens. Auch der Biber hat diesen                      2014 Nachuntersuchungen angesetzt wurden.
       L. sexnotatum, Nomada obscura, N. zonata,                                                                                                       Bereich inzwischen erfolgreich besiedelt und sorgt
       Osmia spinulosa, O. tridenata, Sphecodes rubicundus,                                                                                            dauerhafte für landschaftliche Veränderungen. Auch                       In den mittleren Leineauen kamen 99 Arten vor, darunter
       S. scabricollis, Stelis odontopyga                                                                                                              gelegentliche Erosionen der z. T. tief eingeschnittenen                  64 Bienen- und 19 Grabwespenarten (s. l.).
DIE STECHIMMENFAUNA DER LANDESHAUPSTADT HANNOVER - LANDESHAUPTSTADT HANNOVER - Hannover.de
16                                                                                                                                                                                                                                                                                17

                                                                                                                                                                                                            selber in relativ morsches, aber trockenes, besonn-
                                                                                                                                                                                                            tes Totholz. Die enge Verzahnung mit entsprechenden
                                                                                                                                                                                                            Nisthabitaten in den angrenzenden totholzreichen Au-
                                                                                                                                                                                                            waldresten, bieten der Art sehr gute Bedingungen.
                                                                                                                                                                                                            Solche Totholzelemente fallen leider viel zu schnell
                                                                                                                                                                                                            „Aufräumaktionen“ zum Opfer. In den Auewaldberei-
                                                                                                                                                                                                            chen konnten weitere holznistende Arten nachgewiesen
                                                                                                                                                                                                            werden, darunter z. B. die charakteristische Grabwespe
                                                                                                                                                                                                            Ectemnius rubicola. Insgesamt konnten diese Strukturen
                                                                                                                                                                                                            nur eingeschränkt untersucht werden, so dass hier noch
                                                                                                                                                                                                            mehr typische Arten zu erwarten sind.

                                                                                                                                                                                                            Auffällig ist der mit 6 Arten geringe Anteil oligolektisch
                                                                                                                                                                                                            sammelnder Bienenarten sowie weiteren drei polylekti-
                                                                                                                                                 Abb. 6: Ufer-Steilwand, Frühjahrsaspekt 2014 © Rolf Witt   sche Arten mit Pflanzenpräferenzen. Darunter befinden
                                                                                                                                                                                                            sich nur 3 gefährdete Arten. Die höchsten Dominanzen
                                                                                                                                                                                                            weisen die Weidenspezialisten auf, die im Frühjahr das
                                                                                                                                                 Jahrzehnten einen massiven Bestandseinbruch in Nie-        reiche Pollenangebot der vielen blühenden Weiden
                                                                                                                                                 dersachsen hinnehmen. Die Nester werden bevorzugt          entlang der Leine nutzen. Neben 12 Sandbienen-Ar-
                                                                                                                                                 dicht über dem Boden in der verfilzten Krautschicht        ten konnten auch 11 Schmalbienen-Arten angetroffen
                                                                                                                                                 angelegt und sind durch eine verfrühte Mahd sehr stark     werden. Beide Gattungen nisten endogäisch. Diese öko-
                                                                                                                                                 bedroht. Im Sommer und Spätsommer bevorzugt die            logische Gruppe kommt insgesamt auf einen Anteil von
                                                                                                                                                 Grashummel größere Rotkleebestände zur Pollen- und         60 %. Damit wird auch die Bedeutung von kleinen Offen-
                                                                                                                                                 Nektarsuche. Um mögliche Nist- und Nahrungsbiotope         bodenbereichen deutlich.
                                                                                                                                                 dieser auf extensives Grünland angewiesen Offenlandart
                                                                                                                                                 zu finden, wurde eine leider erfolglose Suchexkursion
                                                                                                                                                 in den nördlichen Leineauen um Marienwerder durch-
                                                                                                                                                 geführt. Es handelt sich um den einzigen aktuellen
                                                                                                                                                 Nachweis einer seltenen Hummelart in Hannover. Damit
                                                                                                                                                 gehört die Gattung mit ihren vielen anspruchsvollen
     Abb. 5: Untersuchungsflächen Mittlere Leineaue (gestrichelte Linie = Stichprobenfläche) © Karte: Landeshauptstadt Hannover, FB Planen und   Offenlandarten zu den am stärksten vom Rückgang be-
     Stadtentwicklung, Bereich Geoinformation, Grafik: Rolf Witt                                                                                 troffenen Wildbienen.

                                                                                                                                                 Eine weitere Besonderheit ist die bevorzugt an Kreuz-
     Als Hotspots wertgebender und charakteristischer Ar-                   waren nur eingeschränkt vorzufinden. Trotzdem konnten                blütlern sammelnde Sandbiene Andrena nigrospina. Sie
     ten kristallisierten sich vor allem kleine Teile extensiv              mehrere wertgebende Arten nachgewiesen werden, die                   ist eine der wenigen Wildbienenarten, die eine zweite
     bewirtschafteter Grünlandflächen, Auwaldreste sowie                    für das große Potential für den Artenschutz bei einer                Generation ausbilden kann. Diese Art ist auch ein Bei-
     die sandigen Uferzonen und Steilhänge direkt an der                    Optimierung der Grünlandhabitate stehen.                             spiel für die teils immer noch unklare Systematik inner-
     Leine heraus. Hier trat ein vielfältiges Artenspektrum                                                                                      halb der Wildbienen. Der Artstatus wird unterschiedlich
     auf. An den offensandigen Abbruchkanten konnten,                       Ein grundlegendes Problem ist die Beweidung im Som-                  diskutiert. Manche Kolleg*innen synonymisieren die Art     Abb. 7: Grünland mit Sumpf-Ziest (Stachys palustris) und im Hinter-
     neben häufigeren Arten mit der gefährdeten Schmal-                     mer. So wurde 2014 durch eine kurze, aber intensive                  noch mit Andrena pilipes.                                  grund Blutweiderich (Lythrum salicaria) (August 2014) © Rolf Witt
     biene Lasioglossum nitidusculum, der stark gefährdeten                 Beweidung des Grünlandes unmittelbar oberhalb der
     Grabwespe Tachysphex psammobius, der Weißen Zungen-                    Steilwandbereiche Ende Juli das gesamte Blütenangebot                Eng vernetzte Lebensräume benötigt die Wald-Pelzbiene
     zwergwespe Passaloecus pictus und mehreren typischen                   vernichtet. Selbst eine schon stark ruderalisierte Wiese             (Anthophora furcata), von der aus dem niedersächsischen
     Wegwespen-Arten (z. B. Anoplius concinnus), eine be-                   wurde im Sommer trotz sehr kurzer Standzeit schon                    Flachland nur wenige Nachweise vorliegen. Die oligo-
     sonders schützenswerte Stechimmenfauna festgestellt                    durch wenige Rinder massiv degeneriert. Für die Zukunft              lektische Pelzbiene sammelt Pollen auf Lippenblütlern
     werden. Die bis vor kurzen aus Niedersachsen nicht                     wäre es notwendig, wichtige Nist- und Blütenstandor-                 und besonders gerne an Ziest-Arten (Stachys spec.). So
     bekannte Maskenbiene Hylaeus styriacus wurde erstmals                  te unbedingt auszuzäunen. Ähnliche Artenschutzmaß-                   konnten einige Weibchen auf einer Wiese an Sumpf-
     in Hannover nachgewiesen.                                              nahmen werden bei Wiesenvogelnestern schon lange                     Ziest (Stachys palustris) beim Blütenbesuch beobach-
                                                                            umgesetzt. Für die Wiesenflächen gilt es, die Mahdzeit-              tet werden. Zum Erhalt der Population ist eine Mahd
     Die hier vorkommenden Arten müssen in der Lage sein,                   punkte zu optimieren. Eine einschürige Mahd, möglichst               während der Blütezeit unbedingt zu vermeiden. Eine
     auch temporäre Überflutungen zu tolerieren. Damit ver-                 im Spätsommer/Herbst, wäre optimal. Zweischürige                     Lösung bieten kleinflächige, temporäre Auszäunungen
     bunden sind immer wieder stark schwankende Popula-                     Flächen sollten z. B. sukzessive in Abschnitten gemäht               in Absprache mit dem Landwirt. Ein Problem bereitet das
     tionsdichten möglich. Für den Erhalt dieser für Hannover               werden. Ideal wären mit Fachleuten abgestimmte Ma-                   invasive Aufwachsen des Drüsigen Springkrautes in der
     einmaligen Lebensgemeinschaft ist es unabdingbar, die                  nagementpläne, die die jeweiligen Wildbienenarten                    Leineaue, da diese zwar pollen- und nektarreiche Pflanze
     offenen Uferbereiche zu erhalten und vor allem deren                   berücksichtigen.                                                     z. B. den Sumpf-Ziest verdrängen kann. Pelzbienen ver-
     Neuentstehung zuzulassen.                                                                                                                   schmähen im Gegensatz zu Honigbienen und häufigen
                                                                            Hervorzuheben ist der Nachweis einer Grashummel-Kö-                  Hummelarten den Pollen des Springkrautes leider.
     Wildbienenfreundliche Grünlandbereiche mit einem                       nigin (Bombus ruderarius) bei der Nestsuche im Frühjahr.             Ein weiterer limitierender Faktor für die Art sind ihre
     bis zum Spätsommer kontinuierlichem Blütenangebot                      Die früher weit verbreitete Art musste in den letzten                Nistplatzansprüche. Die Weibchen nagen ihre Nestgänge      Abb. 8: Anthophora furcata-Weibchen (August 2014) © Rolf Witt
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