Rundbrief 2020 BUND Region Hannover - Bund für Umwelt

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Rundbrief 2020 BUND Region Hannover - Bund für Umwelt
Rundbrief 2020
BUND Region Hannover
Rundbrief 2020 BUND Region Hannover - Bund für Umwelt
Editorial                                      03-04             Höversche Kippen                         30

Graue Energie                                  05-08             Weißstörche                            31-32

Begrüntes Hannover                             09-10             Naturdetektive                           33

Universum Kleingarten                          10-12             BUNDjugend / JANUN                     34-35

Gewerbeflächenentwicklung                           13           Landwirtschaft                         36-37

Permakultur                                    14-15             Moorbläuling                             38

Contra Industriehuhn Wedemark                  16-17             Einladung zur                            39
                                                                 Mitgliederversammlung 2020
Hannoversche Moorgeest                         18-20
                                                                 Veranstaltungskalender                 40-51
Zauneidechse                                   21-23
                                                                 BUND aktiv                             51-53
Volksbegehren Artenvielfalt                    24-25

AG Fledermäuse                                 26-27

AG Naturfotografie                                  28

AG Amphibien                                        29

Impressum

Herausgeber: BUND Region Hannover, Goebenstraße 3a, 30161 Hannover
Redaktion: Sabine Littkemann
Titelbild: Visualisierung des alten Postscheckamtes in Hannover
von Pia Kampkötter „Vier Linden Architekten & Ingenieure“
Rückseite: Plakat V.i.S.d.P. Philip Foth, Volksbegehren Artenvielfalt Niedersachsen
Satz und Layout: Baensch Plus GmbH, Eike-Christian Bänsch
Druck: dieUmweltDruckerei GmbH | Auflage: 5.500 Exemplare
Stand: 18. März 2020 | Erscheinungsweise: Einmal pro Jahr
Redaktionsschluss für den Rundbrief 60 ist der 22.01.2021.

Ein Nachdruck der Artikel ist mit Quellenangabe und Information der Redaktion ausdrücklich erwünscht.
Die Beiträge einschließlich der Fotos liegen in der Verantwortlichkeit der Verfasser.

Der BUND Region Hannover dankt dem Fachbereich Umwelt und Stadtgrün der Landeshauptstadt Hannover
für die jährliche institutionelle Förderung.
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03
                                                                                                       3

                                                                                                      Editorial
Liebe Freundinnen und Freunde
des BUND Region Hannover,

was sind die Aufgaben eines Natur- und Um-        Biodiversität, sondern – wie wir heute wissen
weltschutzverbandes? Eines unserer wichtigs-      – auch ein Rückschlag für den Klimaschutz!
ten Anliegen ist es, sich für gute Bedingungen    Einen ernüchternden Sachstandsbericht zum
für Tiere und Pflanzen in unserer Region ein-     Life+ Projekt Hannoversche Moorgeest gibt der
zusetzen und ihre Lebensräume und Lebens-         BUND-Moorexperte Dr. Reinhard Löhmer auf
grundlagen vor weiterer Zerstörung zu bewah-      den Seiten 18-20.
ren. Eine andere Lobby hat die Natur nicht! In
diesem Rundbrief berichten wir deshalb wieder     Keine guten Nachrichten auch beim Thema In-
über eine Vielzahl von Aktivitäten in unserer     sektensterben – der dramatische Schwund von
Kreisgruppe, die vorbildlich sind, weil sie Na-   Falter, Biene und Co. ist ungebremst, BUND-
tur vor unserer Haustür bewahren und sich für     Forderungen nach einem Pestizidverbot in
gefährdete Tiere und Pflanzen stark machen. So    Schutzgebieten und nach insektenfreundlichen
portraitiert die BUND-Expertin Ina Blanke für     Grünflächen und Gärten sind noch nicht überall
uns das Reptil des Jahres 2020, die Zauneidech-   angekommen. Obwohl die Biene zum Sympa-
se, und berichtet über den Stand der Schutz-      thieträger aufgestiegen ist, erhöht sich die Zahl
bemühungen in der Region. Der Weißstorch-         der Schottergärten sogar noch (s. dazu Vortrag
beauftragte der Region, Dr. Reinhard Löhmer,      von Dr. Olaf von Drachenfels am 14. Mai, s. Sei-
stellt die erfreuliche Entwicklung beim Nach-     te 44)! Um eine echte Trendwende einzuleiten
wuchs von Meister Adebar vor, die BUND-AG         und die Politik zum Handeln zu zwingen, un-
Fledermäuse schildert den Alltag der Fulltime-    terstützt der BUND Region Hannover das nun
Fledermausschützer*innen!                         gestartete Volksbegehren Artenvielfalt.Jetzt!
                                                  unter dem Motto „Vielfalt schützen, Zukunft
Wenig erfreulich läuft es dagegen beim Moor-      retten!“, zu dem sich rund 70 Organisationen
schutz-Großprojekt „Hannoversche Moorgeest“       aus ganz Niedersachsen zusammengeschlossen
– hier geht es nicht voran. Die Bemühungen,       haben. Alle Informationen dazu auf Seite 24-
die letzten Hochmoore in der Region mit ihrer     25.
einzigartigen Fauna und Flora großflächig zu
sichern und zu renaturieren, scheitern noch       Einen aktiven Beitrag für mehr Insektenvielfalt
immer am erbitterten Widerstand einzelner Flä-    in Kleingärten leistet unser Projekt Universum
cheneigentümer gegen die Wiedervernässung         Kleingarten. Immerhin bedecken Kleingärten
ihrer Moorflächen. Noch also können Verwal-       fünf Prozent der Stadtfläche Hannovers: Statt
lungen nicht gebaut, Gräben nicht verschlos-      monotonem Rasen und Kirschlorbeer sind hei-
sen werden, um das Wasser im Moor zurück-         mische Gehölze, Blühwiesen und Blütenvielfalt
zuhalten. Ein großer Verlust nicht nur für die    vom Frühjahr bis zum Herbst angesagt.
Rundbrief 2020 BUND Region Hannover - Bund für Umwelt
04          Unser Titel ist dem großen Thema „Bauen, Woh-       Umwelt- und Naturschützer sind gute
            nen und Umwelt“ gewidmet. Wir hinterfragen          Beobachter*innen und Entdecker*innen. Diese
Editorial

            den unkritischen Ruf nach immer mehr Neu-           detektivische Arbeit muss früh gelernt werden,
            bau zur Befriedigung der großen Nachfrage           um auch unter der Oberfläche Zusammenhänge
            nach bezahlbarem Wohnraum und schlagen in           zu erkennen. Unsere jungen Naturdetektive ha-
            diesem Heft exemplarisch einen anderen Weg          ben damit letztes Jahr begonnen und sind mit
            vor: nicht – wie geplant – der Abriss, sondern      zehn spannenden Aufgaben auch dieses Jahr
            die Umnutzung des alten Posatscheckamtes            dabei. Machen Sie es ihnen nach: Entdecken Sie
            in Hannover zu einem vollwertigen Wohn-             interessante Informationen in diesem Heft und
            haus. Um dies auch bildlich zu vermitteln, hat      gehen Sie raus in die Natur! Anregungen für
            uns das mit Revitalisierungen erfahrene Büro        Ausflüge und Exkursionen finden Sie in unse-
            „Vier Linden Architekten & Ingenieure“ eine         rem umfangreichen und abwechlslungsreichem
            tolle Visualisierung geliefert, zu sehen auf        Veranstaltungskalender ab Seite 40. Viel Spaß
            dem Titelbild. Warum eine solche Umnutzung          beim Stöbern in diesem Rundbrief und beim Be-
            schneller, klimafreundlicher und ressourcen-        obachten in der Natur wünscht
            schonender zu günstigem Wohnraum führen
            kann, erfahren Sie auf den Seiten 05 bis 08.                                          Ihr Gerd Wach
                                                                              Vorsitzender BUND Region Hannover

            Das begrünte Gebäude MA 48 der Wiener Müllabfuhr zeigt, wie aus einem unscheinbaren Gebäude eine Attrak-
            tion werden kann. Näheres dazu auf den folgenden Seiten. | Foto: Oberbichler, Dachgrün GmbH Wien
Rundbrief 2020 BUND Region Hannover - Bund für Umwelt
Vision:                                                                              05
Begrüntes Postscheckamt in Hannover

                                                                                     Graue Energie

                                      Ist-Zustand: Altes Postscheckamt in Hannover
                                      Foto und Visualisierung von Pia Kampkötter
                                      „Vier Linden Architekten & Ingenieure“
Rundbrief 2020 BUND Region Hannover - Bund für Umwelt
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                Graue Energie und grüne Fassaden oder warum
Graue Energie

                das alte Postscheckamt vielleicht nicht abgerissen
                werden sollte
                Fürs Bauen ist ein gewaltiger Material- und Ener-      steht, kontinuierlich zu senken. So ist vorgesehen,
                gieeinsatz nötig: Nach Angaben der Deutscher Bun-      dass 2021 Neubauten nur nach dem Niedrigenergie-
                desstiftung Umwelt (DBU) werden jährlich rund 560      standard gebaut werden dürfen. Durch Fördermaß-
                Millionen Tonnen und damit rund 90 Prozent aller in    nahmen der KfW-Bank wird aktuell beim Neubau
                Deutschland verwendeten mineralischen Rohstoffe        schon ein sehr niedriger Heizenergieverbrauch er-
                (Kalk, Kies, Mergel, Gips, Ton, Sand) zum Herstellen   reicht. Ist es aber damit gelungen, dass Neubauten
                von Baustoffen eingesetzt. Das Recycling von Beton     einen wichtigen Beitrag liefern zur Reduzierung der
                ist dagegen überwiegend bisher ein Downcycling         Treibhausgasemissionen und damit zum Erreichen
                für den Straßenbau und zum Verfüllen von Lei-          des 2-Grad-Zieles des Pariser Klimaabkommens?
                tungsgräben. Die Forderung kann also nur heißen:
                ressourcenschonender oder weniger neu bauen!           Das ist eher unwahrscheinlich, da ein wichtiger Be-
                                                                       standteil der Energiebilanz eines Gebäudes gar nicht
                Zudem führt jeder Neubau zu mehr Emission von          berücksichtigt wird: die Primärenergie, die notwen-
                Treibhausgasen wie Kohlendioxid, die die allge-        dig war, um all die Baumaterialien wie Beton, Stahl,
                mein akzeptierte Ursache des Klimawandels sind.        Dämmmaterial etc. herzustellen. Das läuft unter
                Mit der EnEV 2014 (Energieeinsparverordnung) hat       „Grauer Energie“, die sich aus Baustoff-Herstellung
                die Bundesregierung ein Instrument geschaffen, um      und Transporten, Bauarbeiten, Gebäude-Instand-
                den Energieverbrauch von Gebäuden, der vor allem       haltung sowie dem Abriss des Hauses und die Ent-
                durch die Beheizung seiner genutzten Flächen ent-      sorgung der Bauelemente ergibt. Man rechnet damit,
                                                                       dass in den nach der EnEV 2014 erstellten Gebäuden
                                                                       40 Prozent graue Energie enthalten ist, berechnet
                                                                       auf die angenommene Standzeit eines Gebäudes von
                                                                       50 Jahren. Hinsichtlich der Wirkung auf den Klima-
                                                                       wandel reicht aber auch die graue Energie (in Kilo-
                                                                       wattstunden) als Maß nicht aus, hier sind die CO2-
                                                                       Emissionen der grauen Energiepositionen relevant.
                                                                       Es sinken zum Beispiel die CO2-Emissionen, wenn
                                                                       statt Beton Holzkonstruktionen verbaut werden, da
                                                                       Holz als nachwachsendem Rohstoff letztlich keine
                                                                       Treibhausgase zugerechnet werden können.

                                                                       Die Fixierung auf den Energieverbrauch eines Hau-
                                                                       ses führt also weder in der Energiediskussion noch
                                                                       in der Klimaschutzdiskussion weiter, wenn ein wich-
                                                                       tiger Parameter nicht berücksichtigt wird. Neben
                                                                       dem vorgeschriebenen Energieausweis, der für jedes
                                                                       Haus erstellt werden muss und den Energieverbrauch
                                                                       nachweist, muss in Zukunft eine gesamte Gebäude-
                Kühlendes Grün am Lise-Meitner-Haus (Institut für      bewertung erfolgen, die Energieverbrauch, Graue
                Physik der Humboldt-Universität)                       Energie und CO2-Emissionen abbildet. Erst dann
                Foto: Marco Schmidt                                    kann fachlich darüber gestritten werden, ob eine
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                                                                                                                 Graue Energie
Die Begrünung an der Glasfassade vom Institut für Physik, ist Gebäudekühlung und aktiver Sonnenschutz
in heißen Sommern. | Foto: Marco Schmidt

Sanierung oder eine Umnutzung energetisch und             Sicherlich ist eine Umnutzung eines Bürogebäudes
klimawirksam vorteilhafter ist. Die Standardantwort       zu einem Wohnhaus eine besondere Herausforde-
von Bauträgern, dass ein Totalabriss mit abschlie-        rung – für Architekten aber keine Aufgabe, die nicht
ßendem Neubau doch günstiger sei, würde dann oft          zu lösen wäre. Gerade in so einem Fall kann die Kre-
anders aussehen. In Hannover gibt es genügend Bei-        ativität, die diesem Berufszweig zugeschrieben und
spiele für einen zweifelhaften Abriss, etwa, wenn an      von ihm selbst eingefordert wird, voll zum Tragen
gleicher Stelle ein ähnliches Gebäude mit gleicher        kommen. Eine Internetrecherche liefert dazu schnell
Nutzung wieder aufgebaut wurde, wie das Deloitte-         überzeugende Ergebnisse. Ziel muss es natürlich
Gebäude am Aegi.                                          dabei sein, die Gesamtenergiebilanz des Projektes
                                                          soweit zu senken, dass ein fast klimaneutrales Ge-
Deshalb, so die Forderung des BUND, muss bei allen        bäude geplant wird.
Bauvorhaben die Gesamtenergiebilanz geprüft
werden, also der Aufwand an grauer Energie und            Ein ausschlaggebender und für die Akzep-
der Betriebsenergie über den gesamten Gebäude-            tanz wichtiger Punkt bei einer Gebäudeum-
lebenszyklus. Das muss auch für den geplanten             nutzung kann eine gezielte Begrünung des sa-
Abriss des Postscheckamtes gelten. Ein im Auftrag         nierten Baukörpers sein. Viel Aufmerksamkeit
des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumfor-         haben die 110 und 80 Meter hohen Häuser des
schung (BBSR) durchgeführtes und vor einem Jahr           italienischen Architektenbüros von Stefano Boeri
veröffentlichtes Forschungsvorhaben kommt zu              erlangt, die er mit 900 Bäumen und anderen
folgendem Resümee: „Der Bestandserhalt mit einer          Fassadenbegrünungen hat bepflanzen lassen.
energetischen Sanierung von Mehrfamiliengebäu-            Als „Bosco verticale“ (Senkrechter Wald) ist es eine
den nimmt eine zentrale Rolle im ressourcenscho-          Attraktion in Mailand. Ähnliches ist auch bei der
nenden und kosteneffizienten Bauen ein. Aufgrund          Umnutzung von Bürogebäuden vorstellbar: Eine
des guten Kosten-/Nutzen-Verhältnisses hat eine           hässliche 70er-Jahre-Architektur kann durch Be-
Sanierung von großen Mehrfamiliengebäuden Prio-           grünungselemente plötzlich ganz anders wahrge-
rität vor einem Neubau.“ In der Quintessenz wird ein      nommen werden!
CO2-Label für alle Gebäude gefordert.
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                Besonders ansprechend wirkt es, wenn sich durch             Das vertikale Grün ist nicht nur in der Lage, die sonst
Graue Energie

                eine ausgesuchte Kombination der Pflanzen anhand            tote Fassade optisch und ökologisch zu beleben. Die
                von Blüten und Blattfarben das Gebäude monatlich            Begrünung begünstigt auch ein ausgeglichenes
                anders präsentiert. Dieser mailändische Ansatz stand        Mikroklima und spart dadurch Energie und Geld.
                Pate bei der Studie, das für den Abriss vorgesehene         Beispiel Institutsgebäude für Physik der Humboldt-
                Postscheckamt an der Goseriede als Wohnquartier             Universität in Berlin-Adlershof (Lise-Meitner-Haus):
                neu in das Stadtbild zu integrieren. Der BUND hat           Die Glasfassade des Unigebäudes ist großflächig
                dazu eine Visualisierung bei den für Revitalisierun-        begrünt – im Winter sind die Kletterpflanzen kahl,
                gen erfahrenen „Vier Linden Architekten & Ingeni-           so dass Sonnenlicht die Glasflächen ungehindert
                eure“ in Auftrag gegeben. Der gelungene Entwurf             passieren und die Heizung unterstützen kann. Im
                der jungen Vier Linden-Mitarbeiterin Pia Kamp-              Sommer dagegen schützt die begrünte Fassade vor
                kötter vom sanierten und begrünten Postscheckamt            Sonneneinstrahlung. Die Kühlungsleistung der
                wird auf der Titelseite diese Heftes präsentiert. Wir       Pflanzen beträgt demnach im Sommer pro Fassade
                meinen, dass dies eine echte Alternative zu Abriss          täglich 280 Kilowattstunden, was dem Energiever-
                und Neubau eines Gebäudes sein kann!                        brauch einer großen Klimaanlage entspricht. Selbst
                                                                            mit zusätzlichem Pflegeaufwand für die Fassaden-
                Neben diesem ästhetischen Aspekt einer Fassaden-            pflanzen rechnet sich die Begrünung!
                begrünung sind natürlich weitere positive Wirkun-
                gen zu nennen, wie Filterwirkungen für Feinstaub            Leider hat auch dieses vor fast 20 Jahren erbaute
                und Schmutz, Verbesserung des Kleinklimas durch             Haus wenig Nachahmer gefunden. Vielen Architek-
                hohe Verdunstungsleistungen und damit für die Ge-           ten sind Pflanzen offensichtlich nicht geheuer, weil
                bäudekühlung, Schutz vor UV-Strahlung und damit             nicht planbar. Aber in Hamburgs Hafencity entsteht
                Erhöhung der Lebensdauer der Gebäudehülle. Mit              gerade ein weiteres begrüntes, bewaldetes Hoch-
                dem Gebäudegrün wird überdies neuer Lebens- und             haus, das zwölfstöckige „Moringahaus“. Hannover
                Nahrungsraum für Vögel und Insekten in der Stadt            könnte mit einem zum Wohnhaus umgenutzten, kli-
                geschaffen.                                                 maneutralen und begrünten Postscheckamt eigene
                                                                            Maßstäbe setzen.

                                                                                                                       Gerd Wach

                Eine attraktive Fassadenpflanze ist der Blauregen (Wisteria sinensis) | Foto: Marco Schmidt
Rundbrief 2020 BUND Region Hannover - Bund für Umwelt
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                                                                                                                Begrüntes Hannover
      BEGRÜNTES HANNOVER                                 Geförderte Dachbegrünung. | Foto: Michael N.
      Förderprogramm für Gebäudebegrünung
      und Entsiegelung

Förderung der 100. Dachbegrünung
Die Landeshauptstadt Hannover und der BUND Re-           Förderprogramm in Zahlen
gion Hannover haben im Rahmen des gemeinsamen
Förderprogramms „Begrüntes Hannover“ die 100.            In Hannover werden bereits seit Mitte 2012 erfolg-
Dachbegrünung gefördert. Am 4. Juli 2019 wurde           reich Gebäudebegrünungen und seit 2017 auch
bei Familie Winkelmann/Gratz aus Bothfeld eine 25        Flächenentsiegelungen bezuschusst. Bis Anfang
Quadratmeter große Dachterrasse begrünt und die          2020 wurden insgesamt über 200 Förderanträge
Förderung in Höhe von rund 900 Euro ausgezahlt!          eingereicht. Dadurch wurden bislang etwa 18.000
                                                         Quadratmeter Dachfläche, 1.000 Quadratmeter ent-
Der BUND freut sich, dass immer mehr Bürger*innen        siegelte Hoffläche und diverse Fassaden begrünt.
ihr Wohnumfeld natürlich gestalten möchten. Be-          Dafür wurden bisher über 300.000 Euro Förder-
grünte Dächer sind nicht nur eine Augenweide, son-       mittel bereitgestellt. An der aktuellen Finanzierung
dern bieten auch vielen Pflanzen und Tieren – wie        sind neben der Landeshautstadt Hannover auch die
Wildbienen – einen Lebensraum. Außerdem senken           Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) und die
die Pflanzen an heißen Sommertagen die Tempera-          Sparkasse Hannover (Sparkassenbrief N+) beteiligt.
turen – auf und unter dem Dach. Dabei ist die Begrü-
nung der unterschiedlichsten Dächer möglich: von
Dachterrassen über Garagen und Ein- und Mehrfa-
milienhäuser bis hin zu Tiefgaragen und Gewerbe-
hallen mit über 1.000 Quadratmetern Fläche kann
alles begrünt werden!

Die 100. Dachbegrünung bei Familie Winkelmann in
Hannover-Bothfeld: Große Freude bei allen Beteiligten.
Foto: Jana Lübbert
Rundbrief 2020 BUND Region Hannover - Bund für Umwelt
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                        Die Nachfrage für einen finanziellen Zuschuss, be-      Um der großen Nachfrage weiterhin gerecht zu
Begrüntes Hannover

                        sonders für Gebäudebegrünungen, aber auch für           werden, stellt die Landeshauptstadt Hannover
                        Flächenentsiegelungen war noch nie so groß wie          weitere Fördermittel zur Verfügung. Wer bis zu
                        jetzt. Im letzten Jahr wurden mehr Anträge einge-       10.000 Euro für seine Begrünungsmaßnahme
                        reicht, mehr Fördermittel ausgezahlt und mehr Flä-      erhalten möchte, kann bis Ende 2020 beim BUND
                        chen begrünt als im Zeitraum vorher! Ein Umdenken       Region Hannover einen Antrag stellen.
                        zu mehr Grün in der Stadt ist überall spürbar, und so
                        wollen auch viele Hauseigentümer*innen jetzt nicht                                          Jana Lübbert
                        nur ihr Wohnumfeld aufwerten, sondern auch einen
                        Beitrag zum Arten- und Klimaschutz leisten.

                        Informationen zum Förderprogramm gibt es unter www.begruenteshannover.de

             Schaffen Sie sich eine „Blumenwiese“ auf dem eigenen Dach. | Foto: Michael N.
Universum Kleingarten

                        Gartenübergabe ist ein Riesenerfolg
                        Zachäus-Kitas haben Patenschaft für Kleingarten übernommen
                        Viele Kinder wissen nicht, wie Obst und Gemüse          „Unser Ziel ist, dass es in Zukunft viele weitere
                        wächst und waren noch nie dem Boden und seinen          Kleingärten für Kinder geben wird!“, wünschte sich
                        Lebewesen auf der Spur. Vor diesem Hintergrund          Anke Bischoff vom BUND-Projekt Universum Klein-
                        ist ein für Hannover einzigartiges Modellprojekt        garten .
                        angelaufen: eine Gartenpatenschaft, die im Stadt-
                        teil Herrenhausen-Burg mehr als 100 Kita-Kindern        Bereits im Juli 2018 legten Pädagog*innen und Kin-
                        elementare Naturerlebnisse und spielerisches Gärt-      der der beiden Zachäus-Kitas zum ersten Mal Hand
                        nern ermöglicht. Am 28. November 2019 wurde der         an im Modellgarten des BUND-Projektes Universum
                        BUND-Modellgarten im Kleingartenverein Herren-          Kleingarten. Unterstützt von Anke Bischoff und
                        hausen-Burg offiziell an die Kindertagesstätten der     Jan Heeren vom BUND-Projektteam wurden Kin-
                        Zachäus-Gemeinde übergeben. Die Leiter*innen der        derhochbeete gebaut und bemalt und mit leckerem
                        Zachäus-Kitas und Vertreter*innen des Vorstandes        Gemüse bepflanzt. Auf einer großen Fläche entstand
                        vom KGV Herrenhausen-Burg unterzeichneten fei-          ein essbarer Dschungel aus Mais, Stangenbohnen
                        erlich die Patenschaftsvereinbarung – auch unge-        und essbaren Blühpflanzen und – mit Hilfe von
                        mütliches Wetter tat der guten Stimmung im „neu-        Kindern aus den umliegenden Kleingartenverei-
                        en“ Garten keinen Abbruch.                              nen – eine Nisthilfe für Wildbienen. Dabei war al-
                                                                                len Beteiligten klar, dass das vom BUND getragene
                                                                                Pachtverhältnis des Modellgartens zum Jahresende
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                                                                                                                  Universum Kleingarten
                                      Hier gärtnern Kinder: bemalte Beetschilder im „Essbaren Dschungel“
                                      Fotos: Anke Bischoff

                                                          der Kleingärtner einen Container für den Abtrans-
                                                          port großer Mengen Giersch und Hartriegel. Der We-
                                                          gewart strich die Laube und half in Trockenphasen
                                                          beim Wässern der Rasenaussaat. Der Vereinsvor-
                                                          stand nahm sich der Laube an, professionalisierte
                                                          die gesamte Stromversorgung und richtete einen
                                                          eigenen Raum für die zukünftige Kompost-Trocken-
                                                          trenntoilette ein.

                                                          Ende gut, alles gut: „Wir haben es dank der großarti-
                                                          gen Unterstützung aller Beteiligten geschafft“, freu-
                                                          te sich Anke Bischoff. Als Gartenpaten können die
                                                          Kita-Kids nun auch in Zukunft als „Gartenkosmo-
Gemeinsame Unterzeichnung des Pachtvertrages (von         nauten“ durch ihr „Universum Kleingarten“ sausen.
links): Joachim Heyrath (Leiter der Kita Zachäus Kids),
Anke Bischoff (BUND), Yvonne Hillringhaus (stv. Lei-                                        Sabine Littkemann
tung der Kita Zachäus II) und Michael und Sabine
Wefing (Vorstand KGV Herrenhausen-Burg) bringen
das Modellprojekt auf den Weg.

2019 auslaufen würde. Daher wurde schon früh nach
einer gemeinsamen Lösung gesucht, um die gelun-
gene Kooperation fortzusetzen.

Obwohl der Kleingarten-Vereinsvorstand großes
Interesse signalisierte, waren noch etliche Hürden
zu überwinden. Vor allem die Monokulturen von
Giersch und Hartriegel in weiten Teilen des Gartens
stellten ein Riesenproblem dar. Mit tatkräftiger Un-
terstützung vieler Kita-Familien und Gärtner*innen
aus den Vereinen Herrenhausen-Burg und Burgland
konnte der Wildwuchs jedoch im Laufe des Jahres
beseitigt werden. Unterstützung gab es auch von
anderen Seiten: So finanzierte der Bezirksverband
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                        Hand in Hand: Ökologisches Obst- und Gemüsegärtnern
Universum Kleingarten

                        und die Vernetzung der Kleingärtner*innen
                                                                                 den KGV Feierabend und Krügersruh, bei der neun
                                                                                 Hochstammapfelbäume gepflanzt wurden mit Sor-
                                                                                 ten, die auch für Allergiker geeignet sind.

                                                                                 Für das „UNIVERSUM KLEINGARTEN-Paket“, das
                                                                                 wir, gefördert durch die Niedersächsische BIN-
                                                                                 GO Umweltstiftung und mit Unterstützung durch
                                                                                 den Fachbereich Umwelt und Stadtgrün der Lan-
                                                                                 deshauptstadt, erarbeitet und mit wachsendem
                                                                                 Erfolg umgesetzt haben, erhielten wir viel Lob
                                                                                 und auch Anregungen. Zum Beispiel für das Gar-
                                                                                 tenpfortenschild „UNIVERSUM KLEINGARTEN –
                                                                                 Mein Garten für Vielfalt. Wir sind dabei“, mit dem
                                                                                 Multiplikator*innen beispielhaft zeigen können,
                                                                                 wie unsere Ziele umgesetzt werden und dass sie bei
                        Ehepaar Loth mit Pfortenschild | Foto: Andrea Preißler   Bedarf auch Ansprechpartner*innen sind. Sowohl
                                                                                 bei der Entwicklung, bei der wir uns mehrfach mit
                                                                                 Vorstandsmitgliedern und Gärtner*innen der koope-
                        Waren es anfangs 34 Kleingärtner*innen, die uns          rierenden Vereine getroffen haben, als auch bei der
                        voller Enthusiasmus bei der Entwicklung des Pilot-       Vergabe der ersten Pfortenschilder im Rahmen der
                        projekts 2017 unterstützten, so sind es einige hun-      100-Jahr-Jubiläumsfeier im KGV Feierabend und im
                        dert, die sich mittlerweile beteiligten: bei unseren     KGV Vereinigte Steintormasch haben sich erstmals
                        Vorträgen, Praxisworkshops, Samen- und Pflan-            alle Akteure vereinsübergreifend vernetzt. Damit
                        zenbörsen oder gemeinschaftsstiftenden Events wie        haben wir neben der Ökologisierung des Obst- und
                        Schnippelparties. Mit unserem Angebot sprechen wir       Gemüsegärtnerns weitere wichtige Ziele unseres
                        nicht nur Mitmachende aus den mit uns „offiziell“        Projektes erreicht: die Vernetzung mit Community-
                        kooperierenden Kleingartenvereinen an wie Verei-         Building und die Verstetigung der Vision UNIVER-
                        nigte Steintormasch, Burgland, Herrenhausen-Burg,        SUM KLEINGARTEN durch Multiplikatoren. Die
                        Langefeld – und seit 2019 auch Feierabend und Krü-       hannoversche Lokalpresse hat das mit ganzseitiger
                        gersruh –, sondern ebenso viele Kleingärtner*innen       Berichterstattung gewürdigt.
                        und am Projekt Interessierte aus allen Stadtteilen.
                        Unseren Bekanntheitsgrad steigerten wir auch durch                         Andrea Preißler-Abou El Fadil
                        Auftritte bei den Pflanzentagen im Stadtpark, beim
                        Umweltforum und sehr gut besuchten Workshops
                        bei der Urban-Gardening-Aktion vor dem Haupt-            Universum Kleingarten: Neue Broschüren
                        bahnhof, wo Sibylle Maurer-Wohlatz erstmals mit
                        Carola Hahne von der Obstplantage Hahne in Glei-         •    Igel in Kleingärten – mit einer kindgerechten
                        dingen zu den Themen Apfelvielfalt als Chance für             Sprache als Leitfaden für Kinder und Eltern
                        Apfelallergiker zusammenarbeiteten. Hierzu ent-          •    Praktische Tipps für Hecken als Einfriedung,
                        stand eine kleine Broschüre, die unter www.univer-            Obstgehölze, Vogel- und Insektenschutz-
                        sum-kleingarten.de heruntergeladen werden kann.               Gehölze im Kleingarten
                                                                                 •    Hochbeetbau: Bau, Befüllung und Bepflanzung
                        Anschaulich wird dies mit der Anlage eines „Apfel-            Alte Apfelsorten im Garten –
                        sorten-Lehrpfades“ am Verbindungsweg zwischen                 Chance für Apfelallergiker
13
Gewerbeflächenentwicklung bedroht Natur-

                                                                                                          Gewerbeflächenentwicklung
und Erholungsräume in der Stadt
Um den zukünftigen Bedarf an Gewerbeflächen            Ein reduzierter Flächenverbrauch ist jedoch nur
abzudecken, sieht die Stadt Hannover in dem            durch nachhaltigere Alternativen zum weiteren
Antrag „Leitlinien zur Gewerbeflächenentwick-          Flächenfraß zu erzielen. Dafür setzt sich der
lung 2030“ sieben Gebiete mit neuen Gewer-             BUND ein. Um die Gewerbeflächenentwicklung
beflächen vor (insgesamt über 141 ha Fläche).          zu steuern, müssen Gewerbeflächen in städti-
Besonders die Standorte Schwarze Heide (14             scher Hand bleiben. Eine andere Möglichkeit
ha) und das Deurag Nerag-Gelände (78 ha) sieht         ist es, durch vertragliche Vereinbarungen si-
der BUND als sehr problematisch an. Es handelt         cherzustellen, dass vorhandene Gewerbeflä-
sich um naturschutzfachlich wertvolle Flächen.         chen auch bebaut werden und nicht als Spe-
Gerade in der Schwarzen Heide haben faunisti-          kulationsobjekte unbebaut leer stehen. Aktuell
sche und landschaftsökologische Untersuchun-           hat die Stadt auf derartige Flächen nur schwer
gen belegt, dass hier eine Bebauung ohne nach-         Zugriff, so dass großflächige Teilbereiche von
haltigen Schaden für Natur und Umwelt nicht            Gewerbegebieten bislang ungenutzt sind. Aus
möglich ist.                                           diesem Grund muss dafür gesorgt werden, dass
                                                       mit dem Kauf einer städtischen Gewerbefläche
                                                       der Eigentümer verpflichtet ist, innerhalb einer
                                                       Zeitspanne von maximal fünf Jahren die Fläche
                                                       einer entsprechenden Nutzung zuzuführen.

                                                       Außerdem fordert der BUND, dass nach dem
                                                       Vorbild Hamburgs oder Ulms stadteigene Flä-
                                                       chen nur noch in Erbpacht vergeben werden
                                                       sollen. Der Hamburger Senat hat 2020 in etli-
                                                       chen Bereichen der Boden- und Liegenschafts-
                                                       politik die Weichen neu gestellt, um die Stadt-
                                                       entwicklung nachhaltig zu gestalten und die
                                                       knappe Ressource Grund und Boden zu sichern.

                                                       Weiterhin ist zu prüfen, ob die meist einstöcki-
Schwarze Heide: Bauland oder kleinbäuerliche Kultur-   gen Gewerbehallen durch mehrstöckige Bauten
landschaft? Dieses Kleinod für Mensch und Natur ist    flächenschonender genutzt werden können.
durch Baupläne in Gefahr! | Foto: Sabine Littkemann    Denkbar sind auch Kooperationsvereinbarun-
                                                       gen mit umliegenden Städten und Gemeinden.
Der BUND sieht es als nicht hinnehmbar an,             Stehen freie Gewerbeflächen im Umland zur
dass in diesem Ausmaß neue Flächen in Gewer-           Verfügung, sollten diese auch genutzt werden.
begebiete umgewandelt werden sollen. Setzt             Durch diese Maßnahmen kann die Gewerbeflä-
man diese Entwicklung fort, hat das weitrei-           chenentwicklung in eine effektivere und auch
chende und negative Folgen für die Biodiver-           nachhaltigere Zukunft gesteuert werden.
sität und für das Stadtklima. Um derartigen
Fehlentwicklungen gegenzusteuern, sieht da-                                              René Hertwig
her auch die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie
der Bundesregierung und die niedersächsische
Nachhaltigkeitsstrategie eine deutliche Redu-
zierung des Flächenverbrauchs vor.
14
Permakultur

                                                                                                                     Fotos: Dr. Bernd Alt
              Wasser, Sonne, Schatten, Gemüse, Obst, Düngepflanzen und Kräuter…

              Permakulturfarm – Regionaler Gemüse- und
              Obstanbau in Bio-Spitzenqualität
              Der BUND Region Hannover plant die Grün-               Ein Permakulturbetrieb besteht daher nicht
              dung einer Permakulturfarm als Beitrag zur             nur aus Anbaufläche für Gemüse und Obst,
              Verbesserung der Agrar-Ökologie und der                sondern er enthält auch Flächen, auf denen
              ganzjährigen Lebensmittelversorgung aus                die Natur weitgehend sich selbst überlassen
              regionalem Anbau – in der Stadt oder am                wird, und das in unterschiedlich gestalteter
              Stadtrand, zum Beispiel am Kronsberg. Bio-             Umgebung: Grünland, Hecken, Waldgarten,
              Landwirtschaft kennen inzwischen fast alle,            Trockenmauern, Hügel, Teiche, halbschattige
              aber „Was ist denn Permakultur?“ fragen                Feuchtgebiete usw.
              viele, wenn das Gespräch darauf kommt. Die
              Methode ist noch nicht sehr bekannt, ver-              Durch diese Kombination stellen sich Tier-,
              dient aber weit mehr Beachtung und vor al-             Pflanzen- und Insektengesellschaften ein, die
              lem Nachahmung:                                        in ihrer Vielfalt und ihren Wechselwirkungen
                                                                     dafür sorgen, dass nicht einzelne Spezies wie
              Bei der Permakultur geht es um bewusstes               zum Beispiel Schädlinge an Kulturpflanzen
              Gestalten und Erhalten landwirtschaftlich              überhandnehmen können. Darüber hinaus
              produktiver Ökosysteme mit den Zielen                  werden die wild wachsenden Pflanzen, die
                                                                     Areale zur Verfügung gestellt bekommen,
              •    Vielfalt,                                         wie Malven, Beinwell oder Brennnesseln
                                                                     zyklisch zusammen mit Grünabfällen aus
              •    Dauerhaftigkeit (Nachhaltigkeit) durch            der Gemüseproduktion und mit Pferdemist
                   Kreislaufwirtschaft,                              kompostiert, womit der Kulturboden auf na-
                                                                     türliche Weise mit Nährstoffen versorgt wird
              •    Fähigkeit zu Selbstregulierung und                und viel Humus aufbauen kann, was auch
                   Selbsterhalt, dadurch zeitlich unbe-              zu einer zusätzlichen Speicherung von CO2
                   grenztes Funktionieren ohne Zufuhr                und Wasser führt. Wo die Bodenverhältnisse
                   von künstlichen Dünger, Giften und                etwa durch Vernässung ungünstig sind, kann
                   ohne Maschinen.                                   man Hügel- und Hochbeete aufbauen, die
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                                                                                                         Permakultur
…Permakultur bedeutet größtmögliche Vielfalt auf kleinstem Raum als Erfolgsgrundlage.

das Problem beseitigen, indem das Kultur-                  Nachwuchs Nahrung bieten. Daher werden
niveau oberhalb der Problemzone zu liegen                  Wildkräuter auch weithin toleriert.
kommt. Außerdem erwärmt sich im Frühjahr
in Hügelbeeten die Erde schneller, was sich                Mit dem Projekt möchten wir einerseits
ertragssteigernd auswirkt.                                 Permakultur bekannter machen und zur
                                                           Nachahmung        ermuntern.  Andererseits
Durch geschickte Ausnutzung von Gelän-                     möchten wir durch Verzahnung mit den
deform und Bodengegebenheiten, durch                       angrenzenden Stadtteilen über eine Reihe
Windschutz-Anpflanzungen, durch Aus-                       sozialer Gemeinschaftsaktivitäten neues,
formung von Mulden und Erdhügeln und                       in die Zukunft gerichtetes Leben in die
durch Anlage von Teichen werden Zonen mit                  Wohnquartiere bringen. Noch hoffen wir auf
unterschiedlichem Mikroklima geschaffen,                   Unterstützung durch die Stadt Hannover,
was jeweils für optimale Verhältnisse für be-              indem sie uns die benötigte Fläche zur
stimmte Kulturen sorgt. Das ist am Anfang                  Verfügung stellt.
viel Arbeit, aber wenn das Gelände einmal
entsprechend eingerichtet ist, bleibt alles                                              Dr. Bernd Alt
Weitere relativ einfach.

Zusätzlich lässt man die Natur für sich
arbeiten: Pflanzen wie Maulbeerbäume und
diverse Sträucher sorgen für Anfall von
Früchten und Samen, von denen sich Hühner
ernähren: Hühnerhaltung ohne zugekauftes
Futter. Hühner liefern Dung mit ihren
Exkrementen, sie sorgen für zuverlässige
Entfernung vieler Schadinsekten und
unerwünschten        Wildkräutern,     wobei
andererseits aber viele Wildkräuter wertvolle
und geschmacksintensive Zutaten für
sehr leckere Salate liefern und vielen im
Ökosystem nützlichen Insekten und ihrem
16
                                Baustopp für Hühnermäster in der Wedemark –
Contra Industriehuhn Wedemark

                                Erster Erfolg für Maststallgegner*innen
                                 Das Verwaltungsgericht Hannover hat am 18. De-                 Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts unter
                                 zember 2019 dem Eilantrag des NABU Niedersach-                 Vorsitz des Richters Andreas Kleine-Tebbe be-
                                 sen stattgegeben. Damit ist der sofortige Vollzug              gründete ihr Urteil mit der Futtergrundlage. Zum
                                 der von der Region Hannover erteilten Baugeneh-                Hintergrund: Ein Landwirt darf nach geltendem
                                 migung für zwei beantragte Hähnchenmastställe                  Recht eine Tierhaltungsanlage im Außenbereich
                                 im Trinkwasserschutzgebiert Fuhrberger Feld in                 nur dann bauen (die so genannte Privilegierung),
                                 der Wedemark wieder aufgehoben worden. Für                     wenn sein Betrieb das Futter für den beantragten
                                 den Landwirt aus Elze bedeutet das vorerst einen               Tierstall überwiegend selbst produzieren kann –
                                 Baustopp: Er darf seine bereits bestehende Hähn-               zumindest aber genügend Flächen aufweist, um
                                 chenmast nicht wie geplant von derzeit 79.000                  das Futter für die Tiere anbauen zu können. Das
                                 Tieren auf 164.000 Tiere um mehr als das Doppelte              sah das Gericht in diesem Fall als nicht zweifels-
                                 vergrößern. Das ist ein wichtiger erster Etappen-              frei gegeben an. „Eine hinreichende und dauer-
                                 sieg für die Bürgerinitiative Contra Industriehuhn             hafte Sicherung einer überwiegend eigenen Fut-
                                 Wedemark (CIW) und freut die Vertreter*innen.                  terproduktion“ sei im Fall des Elzer Landwirtes
                                 „Der NABU und die Bürgerinitiative sehen sich in               nicht gegeben, heißt es in einer Pressemitteilung
                                 ihrer Auffassung bestätigt, dass die Genehmigung               des Gerichtes. Nach Auffassung der Richter reiche
                                 zum sofortigen Vollzug des Stallbaus rechtswidrig              auch die Laufzeit der Pachtverträge des Landwirts
                                 war,“ sagt CIW-Vorsitzende Claudia Preuß-Ue-                   nicht aus, die zu einem erheblichen Teil maximal
                                 berschär. Der Eilantrag sei gestellt worden, damit             zehn Jahre laufen würden. Dass der Elzer Land-
                                 keine vollendeten Tatsachen geschaffen würden.                 wirt einen großen Teil seiner Flächen als Pachtflä-

                                Mitglieder der Bürgerinititative und Vertreter*innen anderer Organisationen versammelten sich am 27. November 2019 zu einer
                                Kundgebung vor dem Verwaltungsgericht Hannover, das an diesem Tag über den Eilantrag des NABU verhandelte. | Foto: Sven
                                Warnecke/HAZ (Artikel unter www.haz.de/Umland/Wedemark/Wedemark-Protest-gegen-Haehnchenmast-in-Elze)
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                                                                                                                                                Contra Industriehuhn Wedemark
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                                      chen hat, wird als kritisch angesehen. Das Verwal-   für die Erweiterung des Mastbetriebs fertigge-
                                      tungsgericht Hannover bezieht sich auf ein Urteil    stellt. Für CIW ist das nicht nachvollziehbar: „Es
                                      des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts        war klar, dass das Gericht bei der Frage der Fut-
                                      in Lüneburg vom 16.11.2019, bei dem es um ei-        terflächen nachfassen würde“, sagt CIW-Grün-
                                      nen ähnlich gelagerten Fall geht. Darin haben die    dungsmitglied Christiane Hussels. „Wenn NABU
                                      Richter konkrete Aussagen getroffen, ab wann         und CIW gewinnen, werden sich Landwirte sehr
                                      die Voraussetzungen für eine überwiegend eige-       genau überlegen, ob sie Stallerweiterungen in die-
                                      ne Futterproduktion gegeben sind. Eine Laufzeit      ser industriellen Dimension beantragen wollen.“
                                      von zehn Jahren wird hier nicht als hinreichend
                                      angesehen.                                           Wie geht es weiter in dem Verfahren? Die letzte
                                                                                           Meldung bei Redaktionsschluss: Der Landwirt hat
                                      Fakten sind trotz der Niederlage in der ersten In-   am 5. Februar 2019 beim Oberverwaltungsgericht
                                      stanz vom Landwirt bereits geschaffen worden:        Lüneburg Beschwerde gegen den Beschluss des
                                      Nachdem im Sommer 2019 Vorarbeiten auf der           Verwaltungsgerichts Hannover eingelegt. Das Eil-
                                      Baustelle in der Gemarkung bei Elze stattfanden,     verfahren geht also in die zweite Instanz.
                                      wurden im November und Dezember beide Hallen
                                                                                                                          Sabine Littkemann

                                                                                           Für das Eilverfahren in der zweiten Instanz
                                                                                           werden dringend Spenden benötigt!

                                                                                           NABU Niedersachsen
                                                                                           IBAN: DE47 2512 0510 0008 4448 00
                                                                                           BIC: BFSWDE33HAN (Bank für Sozialwirtschaft)
                                                                                           Verwendungszweck: HMA Wedemark (nicht vergessen!)

                                                                                           Informationen unter:
                                                                                           www.contraindustriehuhnwedemark.jimdofree.com

                                      Hühnerschar | Otto Scheuerer (1862-1934)
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Hannoversche Moorgeest

                         Fruchtstände des Scheiden-Wollgrases (Eriophorum vaginatum) | Foto: Dr. Reinhard Löhmer

                         Moorschutzprojekt segelt in schwerer See
                         Der „Aktionskreis Hannoversche Moorgeest“,                  nun erst frühestens in Spätsommer 2020 die
                         ein Zusammenschluss von ehrenamtlichen                      ersten Baumaßnahmen beginnen können.
                         Naturschützern, zieht nach acht Jahren
                         Projektlaufzeit eine ernüchternde Bilanz:              •    Ob die Vernässung der übrigen Moore nach
                                                                                     Plan ausgeführt werden kann, bleibt unge-
                         •    Die Flurbereinigung mit der komplexen                  wiss. Neben den bisherigen Planungen muss
                              Wertermittlung und den Verhandlungen mit               später noch sehr viel (Zeit-)Aufwand in die
                              mehr als 800 Flächeneigentümern ist stark in           Ausführungsplanungen und in die Baube-
                              Verzug geraten, die Verhandlungen sind äu-             gleitung investiert werden. Offen ist, ob bei
                              ßerst schwierg. Mehr als 500 Hektar, das sind          dem Bauvolumen dann auch genügend Bau-
                              etwa 23 Prozent der Gebietsfläche, müssen              firmen zur Verfügung stehen werden, um die
                              immer noch per Kauf, Tausch oder Gestat-               nicht ganz einfache Arbeit auf Torf sachge-
                              tung bearbeitet werden.                                recht ausführen zu können.

                         •    Einzelne Eigentümer lehnen das Projekt ab         Das Projekt ist in der Abwicklung schon jetzt
                              oder sind mit der Wertermittlung nicht ein-       drei Jahre im Verzug. Eine Verlängerung muss
                              verstanden. Gerichtsverfahren durch alle          in absehbarer Zeit bei der EU beantragt und dort
                              Instanzen sind die Folge und haben zu er-         dann auch genehmigt werden. Schon jetzt ist klar,
                              heblichen Verzögerungen geführt. Bisher           dass die eingeplanten Mittel nicht ausreichen
                              haben alle Gerichtsinstanzen das Projekt mit      werden. Zusätzliche Kosten müssen das Land
                              geringfügigen Korrekturen durchgewunken.          Niedersachsen und die Region aus Steuergeldern
                                                                                tragen, denn die EU erhöht in solchen Verfahren
                         •    Erste Dammbaumaßnahmen waren für das              ihren Anteil nicht. Nicht nur deshalb muss es
                              Jahresende 2019 im Schwarzen Moor ge-             jetzt rasch Fortschritte bei der Projektumsetzung
                              plant. Sie konnten nicht begonnen werden,         geben. Für den Lebensraum Hochmoor mit
                              weil von einigen wenigen (!) Eigentümern          seiner einzigartigen Fauna und Flora wird die
                              nochmals ein Eilverfahren auf Unterlassung        Vernässung der Torfkörper in den vier Mooren der
                              beantragt worden war mit der Folge, dass          Hannoverschen Mooorgeest höchste Zeit!
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                                                                                                               Hannoversche Moorgeest
Rötliches Torfmoos (Sphagnum rubellum) | Foto: Heiko Köster

Nasse Moore sind Kohlenstoffspeicher und               brand gestochen haben, nach Aufgabe der Nutzung
praktizierter Klimaschutz                              die Entwässerungsgräben nicht verschlossen. Die
                                                       Moore sind daher jahrzehntelang „ausgeblutet“ mit
Bei dem Projekt Hannoversche Moorgeest geht es         schwerwiegenden Folgen für die Fauna und Flora
nicht nur um Natur- und Artenschutz, sondern im-       und das Klima – wie wir heute wissen. Aus entwäs-
mer mehr auch um Klimaschutz: Nasse Torfkörper         serten Handtorfstich-Mooren entweichen 20 Ton-
speichern enorme Mengen an Kohlenstoff – deutlich      nen CO2 pro Jahr und Hektar in die Luft, verbunden
mehr als alle anderen Landflächen wie etwa Wald.       mit einem Torfschwund von bis zu zwei Zentimetern
Solange die Torfkörper Oberkante-Unterlippe unter      pro Jahr. Das muss absolut nicht sein!
Wasser liegen, fungieren sie als Kohlenstoffsen-
ken im globalen Naturhaushalt. Kommt aber durch        Der BUND wird sich deshalb gemeinsam mit ande-
Entwässerung und Nutzung Sauerstoff an den Torf,       ren Naturschutzverbänden weiterhin für den Schutz
beginnen Zersetzung und Oxidation mit der Folge,       und die Wiedervernässung der alten Handtorfstich-
dass Kohlendioxid freigesetzt wird und in die Atmo-    Moore vor den Toren Hannovers und für eine er-
sphäre entweicht.                                      folgreiche Umsetzung des Projektes Hannoversche
                                                       Moorgeest einsetzen!
In Niedersachsen gehen immerhin pro Jahr zwölf
Prozent aller Treibhausgase auf die Zersetzung von                                   Dr. Reinhard Löhmer
Hoch- und Niedermoortorfen zurück. Leider haben                                Sprecher der Faunistischen
die „Altvorderen“ in den Handtorfstich-Mooren, in                              Arbeitsgemeinschaft Moore
denen sie bis in die 1950er Jahre Torf zum Haus-
                                                       Ehrenamtliche Entkusselung

                                                       Die Arbeitssaison in den Mooren der Hannover-
                                                       schen Moorgeest ist beendet. An insgesamt elf Ter-
                                                       minen fanden im Bissendorfer und Helstorfer Moor
                                                       Pflegeeinsätze statt. Dabei wurde viel für den Schutz
                                                       unserer wertvollen Moore getan. Einen herzlichen
                                                       Dank an alle fleißigen Helfer! Die Termine für die
                                                       Saison 2020/2021 werden ab September auf der
                                                       Internetseite des BUND Region Hannover oder
                                                       beim MoorIZ in Resse zu finden sein. Als Ansprech-
                                                       partner steht Heiko Köster von der Ökologischen
                                                       Schutzstation Steinhuder Meer gerne zur Verfügung.
Helstorfer Moor nach Gehölzentfernung im               E-Mail: koester@oessm.org
Februar 2019 | Foto: Heiko Köster
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Hannoversche Moorgeest

                         Muswillensee im Bissendorfer Moor | Foto: Heiko Köster

                         Steckbrief: EU-LIFE+ Projekt „Hannoversche Moorgeest“
                         Die so genannten „Handtorfstich“-Moore im Nor-           schließlich über einen Antrag des Landes beim
                         den von Hannover sind von besonderem ökologi-            EU-LIFE+ Natur-Programm im September 2012:
                         schen Wert. Das hatte bereits eine in den 1970er         Die Europäische Komission bewilligte das Projekt
                         Jahren durchgeführte naturschutzfachliche Be-            mit einer Laufzeit von elf Jahren und einem Fi-
                         wertung von 88 Hochmooren in Niedersachsen               nanzvolumen von 11,6 Millionen Euro unter der
                         ergeben, die als Grundlage für das 1. Moorschutz-        Federführung des Niedersächsischen Landesbe-
                         programm dienen sollte. Platz 1 belegte damals           triebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Natur-
                         das Bissendorfer Moor, Otternhagen folgte auf            schutz, kurz NLWKN. Bis zum Jahr 2023 muss das
                         Platz 3 und Helstorf auf Platz 10. Um diese Wer-         Projekt umgesetzt sein. Das Kerngebiet umfasst
                         tigkeit zu erhalten und zu verbessern, wurden ab         2.919 Hektar in den drei Teilbereichen Schwarzes
                         Mitte der 70er Jahre Pflegemaßnahmen durch die           Moor (168 ha), Otternhagener / Helstorfer Moor
                         Faunistische Arbeitsgemeinschaft Moore (FAM)             (1.765 ha) und Bissendorfer Moor (986 ha).
                         in Kooperation mit dem amtlichen Naturschutz
                         durchgeführt. In Handarbeit werden dabei – bis           Mit 8,5 Millionen Euro trägt die EU rund 75 Pro-
                         heute! – Gräben gestaut und aufkommende Birken           zent der Gesamtkosten, das Land Niedersachsen
                         und Kiefern entkusselt, um die offenen Bereiche,         trägt 20 Prozent und die Region Hannover fünf
                         in den drei Mooren zu sichern.                           Prozent der Kosten. Das LIFE+ Projekt setzt vo-
                                                                                  raus, dass die Moorflächen im Eigentum des
                         Seit den 1990er Jahren ist dennoch klar, dass die        Landes Niedersachsen sind, um sie überhaupt
                         Verbuschung der verbliebenen Hochmoorflächen             wiedervernässen zu können. Über ein Flurberei-
                         ohne eine Wiedervernässung nicht aufzuhalten             nigungsverfahren muss das Land die Moorflächen
                         ist. Die guten Wuchsbedingungen der Bäume                durch Kauf, Tausch oder Gestattungsverträge er-
                         können nur durch umfassende Staumaßnahmen                werben, bei Letzterem erklären sich die Eigentü-
                         mit dem Einsatz von Maschinen eingeschränkt              mer mit den Maßnahmen einverstanden. Neben
                         werden. Für solche Maßnahmen mussten Mittel              privaten Grundstückseigentümern haben auch
                         aus größeren Schutzprogrammen rekrutiert wer-            Verbände, Kirchen und Kommunen Grundeigen-
                         den. Langjährige Bemühungen führten schließlich          tum in der Hannoverschen Moorgeest. Auch dem
                         dazu, dass die genannten Moore ab 2007 in einem          BUND Niedersachsen gehören rund 12 Hektar
                         Großschutzprojekt des Bundesamtes für Natur-             Moor – der Landesverband muss wie andere öf-
                         schutz gefördert werden konnten. 2011 scheiterte         fentliche Organisationen die Maßnahmen ohne
                         das Projekt am Widerstand der Landwirtschaft im          Ausgleich gestatten.
                         Umfeld der Moore und nicht zuletzt am damali-
                         gen Umweltminister Hans-Heinrich Sander. Ein                                        Dr. Reinhard Löhmer
                         Neuanfang der Hochmoorrenaturierung gelang
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                                                                                                                        Zauneidechse
Kuscheln am Zaun | Foto: Real6String auf https://commons.wikimedia.org

Die Zauneidechse – Reptil des Jahres 2020
Zauneidechsen sind taffe kleine Tiere, die mit vie-           Offenbiotopen bewohnt. Die Weibchen legen ihre Eier
len Widrigkeiten klarkommen und eigentlich gar                zwischen Ende Mai und Anfang August in spärlich be-
keine hohen Ansprüche an ihre Lebensräume stel-               wachsenem und magerem Boden ab. Die weitere Ent-
len. Doch die einstige Kulturfolgerin verschwindet            wicklung der Eier wird maßgeblich vom Witterungsver-
aus der Landschaft. In Teilen der Region fehlt sie            lauf bestimmt, nachteilig sind sowohl zu kalte als auch
aufgrund der dortigen Böden aus natürlichen Grün-             sehr trockene und heiße Sommer. In günstigen Jahren
den, in anderen ist sie noch halbwegs gut vertre-             können ab Mitte/Ende Juli die ersten Jungtiere beobach-
ten, wird aber rapide seltener. Im Stadtgebiet Han-           tet werden, der Hauptschlupf erfolgt meist im August.
nover wird die Situation zunehmend dramatisch.
                                                              Für mehr Infos über die Zauneidechse siehe Links auf
Die Zauneidechse (Lacerta agilis) ist die kleinste Vertre-    S. 23.
terin der Smaragdeidechsen – die Flanken erwachsener
Männchen sind zur Paarungszeit oft leuchtend smaragd-         Zauneidechsen: Winterschläfer – auch schon im
grün. Zauneidechsen besiedeln ein riesiges Areal, das         Sommer
von Mittelschweden im Norden bis Zentralgriechenland
im Süden, von Südengland im Westen bis zum Baikalsee          Gesunde Zauneidechsen sind bei normalen Wit-
im Osten reicht. In Deutschland ist die Art noch weit ver-    terungsverläufen etwa die Hälfte des Jahres aktiv.
breitet, im Nordwesten (also bei uns) ist sie auf besonders   Männchen verlassen die Winterquartiere oft im
günstige Standorte angewiesen. Die Zahl und Größe der         März/April und beenden ihre Aktivität meist im
Populationen nimmt bundesweit rapide ab.                      August. Weibchen werden meist im April aktiv, am
                                                              längsten sind die Schlüpflinge zu beobachten, sie
Zauneidechsen sind typische Bewohner von Saum- und            ziehen sich typischerweise im September zurück. Ein
Übergangsbereichen und in sich strukturreichen Flächen.       früher Rückzug bei „schönstem“ Wetter ist dabei ein
Unter anderem werden Waldränder und Saumbiotope               gutes Zeichen. „Spätlinge“ sind dagegen oft auffal-
entlang von Verkehrswegen, Sandgruben, Gärten und             lend dünn oder verletzt (und haben z. B. mit ihrem
natürlich auch Naturschutzgebiete mit strukturreichen         Schwanz auch Fettvorräte verloren).
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               Zum Aufwärmen suchen Zauneidechsen gut be-             In ihren natürlichen Lebensräumen sind diese Tiere
Zauneidechse

               sonnte und daher eher offene Bereiche auf. Bei ho-     streng geschützt. Aber nur dort! Die EU-Kommissi-
               hen Temperaturen bewegen sie sich im Schutze der       on weist ausdrücklich darauf hin, dass der strenge
               Vegetation oder in feuchten Bereichen, sofern sie      Schutz der FFH-Richtlinie nur im natürlichen Ver-
               nicht in ihren Bauen bleiben.                          breitungsgebiet gilt. Auch das Bundesnaturschutz-
                                                                      gesetz erlaubt die Betrachtung von Unterarten.
               Es wundert also nicht, dass man bei Hitze-Som-         Fachleute fordern daher schon lange, zum Schutz
               merwetter kaum „Zaunis“ sieht. Es ist ihnen dann       der heimischen Tierwelt diese unerwünschten Neo-
               schlichtweg zu warm. Hinzu kommt ihre perfekte         zoen bei Eingriffen nicht zu schützen, sondern statt-
               Tarnung.                                               dessen Kompensationsmaßnahmen für heimische
                                                                      Eidechsen zu nutzen.

                                                                      Die fremdländischen Mauereidechsen verdrän-
                                                                      gen heimische Eidechsen (in der Region Hannover
                                                                      sind dies Zaun- und Waldeidechse) oftmals binnen
                                                                      kürzester Zeit. Es scheint daher dringend nötig,
                                                                      absichtliche (bei Eingriffen) und unabsichtliche
                                                                      Förderungen (z. B. durch Steinkörbe, Steingärten
                                                                      oder Abrissmaterial) zu unterlassen. Möglichst gute
                                                                      Kenntnisse von Verbreitung und Ausbreitung sind
                                                                      dabei hilfreich. Wir bitten, die Augen offen zu halten
                                                                      und uns Fundpunkte mitzuteilen.

                                                                      Strenger Schutz - Besonderheiten in der Region
                                                                      Hannover

                                                                      Wir vom BUND pflegen Lebensräume und setzen
               Bahndamm in Hannover: Ein typischer Lebensraum der     uns im Rahmen der Verbandsbeteiligung für den
               Zauneidechse – noch (?) nicht gefährdet durch          Schutz der Zauneidechsen und anderer schutzwür-
               gebietsfremde Mauereidechsen.                          diger Arten ein. Mit Hilfe der Presse konnten wir so
                                                                      schon manches Getier schützen. Regelmäßig halten
               Mauereidechsen: Sonnenanbeter in Hannover              wir gemeinsam mit Förstern die Reptilienhabitate
                                                                      offen. Das Jahr der Zauneidechse 2020 gibt hierfür
               Im Stadtgebiet Hannover leben an verschieden Stel-     nochmal neuen Schwung. So weit so gut. Und wirk-
               len nicht-heimische Mauereidechsen unterschiedli-      lich gut!
               cher Herkünfte (Südalpen-, Venetien- und ostfran-
               zösische Linie). Hitzesommer tun ihnen gut, sie sind   Die Region Hannover lässt Lebensräume der Zaun-
               sehr konkurrenzstark und innerartlich aggressiv und    eidechse regelmäßig pflegen und aufwerten. Ange-
               können sich daher schnell ausbreiten.                  strebt wird teilweise auch ein Kauf von hochwertigen
                                                                      Lebensräumen. Die Abarbeitung des Artenschutzes
               In Hannover leben die Exoten vor allem an Bahn-        bei Eingriffsvorhaben ist teilweise vorbildlich.
               anlagen, aber auch in Klein- und „Steingärten“. Sie
               wurden wohl auch innerstädtisch bei Bauarbeiten        Leider kommt es bei Bauprojekten häufig zu unwirk-
               mit Abrissmaterial verschleppt. Es scheint daher       samen „Alibi-Schutzmaßnahmen“ – diese gelten
               nur eine Frage der Zeit, bis sie an weiteren Stellen   mittlerweile als wesentlich für die bundesweit star-
               im Stadtgebiet und auch im Umland auftauchen (in       ken Rückgänge. Geltendes Recht und die Biologie
               Springe gab es zumindest zeitweise ein Vorkom-         der Zauneidechse sind eigentlich gut bekannt. Bei-
               men).                                                  des lässt sich nicht mit jedem Vorhaben in Einklang
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Ein junges Zauneidechsen-Männchen | Fotos: Ina Blanke

bringen. Aber die EU möchte eben nicht, dass streng     •    „Konflikte mit dem Artenschutz sind auszu-
geschützte Arten in ihrem natürlichen Areal für “Al-         schließen“ scheint ohnehin eine fahrlässige
lerweltsprojekte“ getötet werden!                            Aussage. Diese wurde aber für einen der Ver-
                                                             waltung bekannten Lebensraum der Zaun-
Bei frühzeitiger Berücksichtigung von Artenschutz-           eidechsen gemacht! Auf die schutzwürdigen
belangen lassen sich die Planungen oft tierfreund-           Reptilien mussten stattdessen Landesforst und
lich ändern – auch dafür gibt es aus der Region gute         BUND hinweisen.
Beispiele. Schlechte Beispiele gibt es aus der Region
aber leider auch:                                       •    Schutzmaßnahmen, die nur auf dem Papier be-
                                                             stehen. Obwohl sie vor oder gleich nach dem
•    „Absammeln“ einzelner Tiere statt Umsiedeln             Bauvorhaben umgesetzt werden sollten (und
     eines großen Teils der Population (bei Kartie-          das die Grundlage für die Genehmigung von
     rungen werden i. d. R. nur einzelne Tiere gese-         Baumaßnahmen etc. war).
     hen – bei seriösen Umsiedlungen anschließend
     regelmäßig deutlich mehr als 100 gefangen)         Zauneidechsen versuchen manchmal, Ponys und an-
                                                        dere Tiere durch Fauchen zu vertreiben. Gegen Bull-
•    „Absammeln“ im September, also wenn die            dozer und Co. haben sie aber keine Chance. Dafür
     Mehrzahl ohnehin im Winterquartier ist statt       brauchen sie die Unterstützung von Menschen! Man-
     Fang über mindestens eine Saison                   ches läuft schon gut, anderes muss dringend besser
                                                        werden. Es geschieht nichts Gutes, außer man tut es.
•    Zusetzen der Tiere in andere Populationen, das
     führt nicht nur zum Netto-Verlust von Lebens-      Das Jahr der Zauneidechse 2020 scheint perfekt
     räumen, sondern gefährdet zusätzlich den Be-       dafür!
     stand am Zielort
                                                                                                 Ina Blanke

Mehr Infos von unserer Biologin und Eidechsen-Expertin unter:
www.reptilien-brauchen-freunde.de/zauneidechse2020
www.reptilien-brauchen-freunde.de/lacagi.html
IM

                                                                                                                    !
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Volksbegehren Artenvielfalt

                                                                                                          BEHALTEN

                                                                                                                                               Foto: Naturgucker, Hubert Gerweck
                                                                                                          VIELFALT SCHÜTZEN,
                                                                                                          ZUKUNFT RETTEN

                              Feuersalamander retten! An seinem leuchtend-gelb gefleckten Muster ist der Feuersalamander gut zu er-
                              kennen. Er lebt vor allem in feuchten Laubmischwäldern der Mittelgebirge und fühlt sich an sauberen und kühlen
                              Quellbächen wohl.

                              Volksbegehren Artenvielfalt.Jetzt!
                              Nach dem mit rund 1,8 Millionen Unterschriften           rungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz,
                              bisher einzigartig erfolgreichen Volksbegehren           des Niedersächsischen Wasser- und des Nieder-
                              „Rettet die Biene“ in Bayern ist auch in Nieder-         sächsischen Waldgesetzes. Um erfolgreich zu
                              sachsen ein Volksbegehren zur Rettung der Ar-            sein, müssen zehn Prozent der Wahlberechtigten
                              tenvielfalt in Vorbereitung. Ein breites gesell-         – rund 610.000 Menschen – das Volksbegehren
                              schaftliches Bündnis will sich damit für strengere       unterschreiben. Der Landtag hat dann die Mög-
                              gesetzliche Vorgaben für den Artenschutz einset-         lichkeit, das Gesetz anzunehmen, oder es kommt
                              zen – allein in Niedersachsen sind rund 11.000           zum Volksentscheid, bei dem alle Wahlberechtig-
                              Tier- und Pflanzenarten gefährdet oder bedroht,          ten – wie bei einer Landtagswahl – aufgerufen
                              Insekten genauso wie Wirbeltiere und heimi-              sind, über das Gesetz abzustimmen.
                              sche Wildpflanzen. Der BUND ist einer von rund           Bereits im August 2019 hatten BUND und NABU
                              70 Unterstützern des Volksbegehrens, das durch           einen umfassenden Forderungskatalog für In-
                              einen Trägerkreis aus Bündnis 90/ Die Grünen,            sektenschutz und Artenvielfalt an die Landesre-
                              NABU und dem Deutschen Berufs- und Erwerb-               gierung übergeben. Heiner Baumgarten, Vorsit-
                              simkerbund (DBIB) initiiert wurde.                       zender des BUND Niedersachsen, fordert darin
                              Gegenstand eines Volksbegehrens auf Landes-              die Landesregierung auf, endlich konkrete Maß-
                              ebene ist ein Landesgesetz – konkret ein Gesetz          nahmen zu ergreifen, um den massiven Arten-
                              zur Änderung des Niedersächsischen Ausfüh-               schwund in Niedersachsen zu stoppen: „Immer
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