BRANDENBURG: KOMMUNAL, NACHHALTIG, INTERNATIONAL - Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Ausgabe 10 (2020) Heike Möller (Hrsg.) BRANDENBURG: KOMMUNAL, NACHHALTIG, INTERNATIONAL Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
Wir alle reden von Globalisierung und erkennen doch immer nur Aus schnitte davon. Wir nehmen ihre Annehmlichkeiten als irreversib Selbstverständlichkeiten hin und glauben, uns mit Ignoranz vor ihre Unannehmlichkeiten schützen zu können. Weit gefehlt, denn Entwick lungspolitik, Nachhaltigkeit und Globalisierung sind zwei Seiten ein un derselben Medaille! Beim Thema „Kommunale Beschaffungspolitik“ geht es um Geld, genau gesagt um sehr viel Geld. Rund 260 Milliarden Euro fließen insgesam in die öffentliche Beschaffung jedes Jahr, allein in Brandenburg sind e jährlich drei Milliarden Euro. Der Gedanke der Nachhaltigkeit in Verbin dung mit kommunaler Beschaffung trifft nicht immer auf informier und vorbereitete Entscheider. Geht es doch darum, bewusst vom beque men Pfad des „so haben wir es schon immer gemacht“ abzuweichen un sich der scheinbar unlösbaren Aufgabe zu stellen, über richtig und falsc billig und teuer zu entscheiden und diese Beschlüsse gegenüber den Mi bürgern zu vertreten. Diese Broschüre soll Information und Hilfestellung für kommunale En scheider und Ausführende leisten und mit Beispielen aus der Praxis Weg aufzeigen, wie gesetzliche Vorgaben in praktisches kommunales Hande umgesetzt werden können. Forum Entwicklungspolitik Brandenburg wird herausgeben vom Verbund Entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen Brandenburgs e. V. (VENROB) Tuchmacherstr. 49, 14482 Potsdam Tel.: 0331 / 704 89 66 | Fax.: 0331 / 270 86 90 www.venrob.org ISBN 978-3-941880-79-5 www.welttrends.de Verantwortlich: Uwe Prüfer, pruefer@venrob.org Ausgabe 10 (2020) Heike Möller (Hrsg.): Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international Das Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. © WeltTrends, Potsdam 2020 Satz: Max Haberstroh Layout: Kathrin Windhorst / kwikwi.org Druck: solid earth, Berlin Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier. Produziert mit 100 % Ökostrom. Bildnachweise Cover: © Heike Möller | S. 3/28: © Tatjana Pott | S. 5/16: © Uwe Prüfer | S. 6: © Fotostudio Goethe (links); © Stadt Teltow / Dirk Pagels (Mitte); © Stadt Eberswalde / Ulrich Wessollek (rechts) S. 19: © Simone Holzwarth (links); © Patryk Grudzinski (rechts) | S. 20: © Patryk Grudzinski S. 21: © Simone Holzwarth | S. 22: © Diakonisches Werk Teltow-Fläming / Stephanie Günter (links); © Landkreis Teltow-Fläming / Dietlind Biesterfeld (rechts) | S. 23: © Landkreis Teltow-Fläming | S. 24: © Diakonisches Werk Teltow-Fläming / Lisa Schütze | S. 25: © Nadine Gärtner (links); © Uwe Prüfer (rechts) | S. 26: © TransFair e. V. S. 30: © Vanessa Birnbaum | S. 32: © Marie Fechner | S. 35: © Torsten Lipp Bestellung: info@venrob.org Gefördert durch Mittel des Ministeriums der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg.
Inhalt Otto Lilienthal und die „neuen“ preußischen Tugenden 2 Heike Möller Von toten Wildschweinen und der Globalisierung 4 Uwe Prüfer Fünf Fragen an drei Bürgermeister brandenburgischer Städte 6 Holger Kelch (Cottbus), Thomas Schmidt (Teltow), Friedhelm Boginski (Eberswalde) Round Table Entwicklungspolitik in Brandenburg 2020 11 Zusammenfassung der Inputs von der Staatskanzlei und den Ministerien Zu einigen Schwerpunkten der brandenburgischen NGO 16 Uwe Prüfer Gelebte Nachhaltigkeit, Feste und Netzwerke 19 Simone Holzwarth und Sebastian Wehrsig Gelebte Partnerschaft in Pandemie-Zeiten 22 Stephanie Günther und Dietlind Biesterfeld Fairtrade-Towns – Impulsgeber für Fairen Handel 25 in Kommunen, auch in Brandenburg Nicole Saile und Uwe Prüfer Die 5. Baruther Schlossgespräche für eine Nachhaltige Entwicklung in Brandenburg 28 Heike Möller Kommunale Entwicklungspolitik in Beelitz 32 Marie Fechner Neues aus der Städtepartnerschaft Potsdam – Sansibar 34 Claudia Dombrowsky Mustererklärung für Städte, Gemeinden und Landkreise zur Agenda 2030 36 Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten
Otto Lilienthal und die „neuen“ preußischen Tugenden Was hat der Flugpionier Otto Lilienthal mit brandenburgischen Kommunen gemeinsam? Auf den ers- ten Blick nichts, außer dass Lilienthal nicht nur in Berlin, sondern auch in Potsdam und Umgebung seine Flugübungen gemacht und damit den Grundstock für die weitere Entwicklung der Luftfahrt gelegt hat. Auf den zweiten Blick wird klar: Innovation, Initiative, Zukunftsvision, Mut und Ent- schlossenheit! Von alldem wünschen wir uns mehr. Innovation kommt aus der Mitte der Bevölke- rung, und die wird auch in Deutschland immer bunter, kulturell vielfältiger und damit kreativer. Einfallsreichtum, Kreativität und digitaler Sachverstand sind auch die neuen Qualitäten, derer es bedarf, um nicht nur beruflich halbwegs unbeschadet durch die Corona-Krise zu kommen. Diese bewirke – laut Aussage Gerd Landsbergs, Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebun- des – eine „Renaissance der kommunalen Selbstverwaltung“. Das Vertrauen in die Kommunen und ihre Vertreter*innen sei enorm gewachsen. Ohne diese würde man in der Pandemie-Bekämpfung keinen Zentimeter weiterkommen. Eigeninitiative wird gefordert und entsprechend gefördert. Trendforscher Eike Wenzel stellt fest, dass Bürgermeister*innen im Kopf weiter seien als viele Staats- chefs bei den Themen Klima, Energie- und Mobilitätswende, Wohnen und Digitalisierung. Grund: Sie sind näher dran am Alltag der Menschen. Es ist ja auch ihr tägliches Brot, sich mit den Anforderungen auseinandersetzen und dabei einen guten Job zu machen. Sich auf die großen Ziele zu fixieren ist das eine, die lokalen Potenziale zu kennen und diese zu stärken das andere. Bestehende Strukturen nutzen und innovative Konzepte in der Fläche umsetzen – sei es bei der Flüchtlingsintegration, bezahlbarem Wohnraum, Nachbarschaftsinitiativen, beim Vereinsleben oder im Ehrenamt – ist eine Herkulesauf- gabe. Damit macht man sich nicht nur Freunde. Viele Bürgermeister und Bürgermeisterinnen (nur neun Prozent der Städte und Gemeinden werden bundesweit von Frauen geführt) sehen sich zunehmend zum Teil heftigen Anfeindungen ausgesetzt. Der Ton in der Politik ist rauer geworden und das bekom- men die exponierten Ehren- und Hauptamtlichen oft am eigenen Leib zu spüren. Umso mehr freuen wir uns, drei Bürgermeister aus den brandenburgischen Städten Cottbus, Teltow und Eberswalde gewonnen zu haben, fünf Fragen zu zwei Themenkomplexen zu beantworten: Klimawandel, Flüchtlings- und Asyl- politik sowie die Auswirkungen der Covid-19-Problematik in ihren jeweiligen Kommunen. „Opfer müssen gebracht werden“, waren Otto Lilienthals letzte Worte nach seinem letzten, weil töd- lich geendetem Flugversuch. Den Corona-Schutzbestimmungen zum Opfer gefallen sind nicht nur sämtliche großen und kleinen kulturellen, gesellschaftlichen und sonstigen Präsenzveranstaltungen. Auch der jährlich vom VENROB e. V. und derzeit dem Ministerium für Finanzen und Europa abge- haltene „Round Table Entwicklungspolitik“ war davon betroffen. Die damit verbundenen Informa- tionen der Input-Gebenden und teilnehmenden Akteur*innen sind aber nicht ersatzlos gestrichen: Vertreter*innen der Staatskanzlei, in der in dieser Legislation die Koordinierung der brandenbur- gischen Nachhaltigkeitsstrategie angesiedelt ist, und einiger Ministerien und brandenburgischen Nichtregierungsorganisationen haben ihre Statements verschriftlich und informieren über den gegenwärtigen Stand der Entwicklung. So sieht die derzeitige Koalitionsvereinbarung keinen vollständigen Kurswechsel, sondern eine Fort- schreibung der noch gültigen Landesnachhaltigkeitsstrategie vor, ausgerichtet an der Agenda 2030, unterstützt von einem noch einzurichtenden Nachhaltigkeitsbeirat. Auch dieses Rad musste gottlob nicht neu erfunden werden. Aus dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport wird vermeldet, dass sich die Auswirkungen der Corona-Schutzmaßnahmen im Bildungsbereich besonders deutlich gezeigt haben. Schulschließungen ab dem 18. März führten zum teilweisen Abbruch oder Ende aller Projekte. Aus dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz kommt der Hinweis 2 Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020)
auf die im Frühjahr 2020 erschienene Publikation „natürlich. nachhaltig. Wir in Brandenburg – Ziele und Aktivitäten verständlich erklärt“. Darin wird kurz und in einfacher Sprache die weiterhin gültige Nachhaltigkeitsstrategie erklärt – ein potenzieller Publikationsbestseller. Krisen wirken wie Katalysatoren: Hat 2015 die „Flüchtlingskrise“ Probleme des Polizei- und Verwal- tungswesens bundesweit offenbart, beschleunigt Corona 2020 in unvorhergesehenem Ausmaß die Digitalisierung in wirklich allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens. Über die Folgen für die Kommunikationsarbeit in der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit wird aus dem Ministerium für Finanzen und für Europa berichtet. Eine Arbeitsgruppe unter Federführung der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) soll Handlungsmöglichkeiten und Maßnahmen identifizieren, um Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) im Bewusstsein aller Hochschulmitglieder nachdrücklich zu verankern. Ein recht ausführlicher Bericht zu den Schwerpunkten brandenburgischer Nichtregierungsorganisa- tionen verschafft einen guten Überblick über die vielfältigen Aktivitäten unterschiedlicher Gruppie- rungen. Neben vielen anderen seien hier exemplarisch die BREBIT, die am IASS angesiedelte Nach- haltigkeitsplattform und der Veranstaltungskalender anlässlich der Einheitsexpo in Potsdam genannt. „Gelebte Nachhaltigkeit“ haben sich die Mitglieder von Stadt-Land.move und des Bildungshauses Villa Fohrde auf die Fahnen geschrieben. Mit ihrem Konzept der Gewinnung öffentlicher Aufmerk- samkeit, der Stärkung und des Coachings von Nachhaltigkeitsinitiativen, dem Aufbau eines regio- nalen Netzwerkes sowie dem Vorleben von Nachhaltigkeit im Alltag zeigen sie auf, wie sie zu einer zukunftsfähigen und global gerechten Entwicklung beitragen können. „Gelebte Partnerschaften“ stellen die Promotorin des Diakonischen Werkes Teltow-Fläming e. V. und die Beigeordnete des Landkreises Teltow-Fläming im Rahmen der Klimapartnerschaft mit der nami- bischen Kommune Katima Mulilo vor. Den Titel „Fairtrade-Town“ gibt es seit 20 Jahren zu erlangen. Während sich deutschlandweit bereits über 700 Kommunen um diese Auszeichnung verdient gemacht haben, ist das Engagement in Branden- burg mit Eberswalde, Neuruppin und Beelitz noch recht überschaubar. Dafür aber umso eindringlicher! Das Format der Baruther Schlossgespräche hat sich im fünften Jahr seines Bestehens erfolgreich etabliert. Was zunächst noch „Neuland“ war, ist mittlerweile in allgemeines Grundverständnis über- gegangen und sucht nach weiteren Ausrichtern im Norden Brandenburgs. Über die zahlreichen Initiativen und Projekte wird aus der Spargelstadt und Fairtrade-Town Beelitz berichtet mit dem Ziel, die Nachhaltigkeit in der Region zu fördern. „Gelebte Städtepartnerschaft“ zeigt sich am Beispiel Potsdam-Sansibar, eine mit verschiedenen Inhalten wie Kooperationen, Spendenaktionen, Schulpartnerschaft und anderen Aktivitäten gelebte Beziehung mit dem Globalen Süden. Und im Anhang finden Sie eine Mustererklärung, die Sie in Ihrer Kommune zur Diskussion stellen können, um die Agenda 2030 und die 17 Nachhaltigkeitsziele aktiv voranzubringen. Potsdam im Corona-Dezember 2020 Heike Möller Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international 3
Von toten Wildschweinen und der Globalisierung Sie kennen vermutlich den in die Jahre gekommenen Vergleich von etwas als unbedeutend Angese- henem mit einem Reissack, der in China umgefallen ist? Nein, ich möchte jetzt nicht auf den zuge- spitzten Satz eines früheren brandenburgischen Ministerpräsidenten hinaus: „Ob wir in Brandenburg unsere beiden Kraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe schließen, hat auf das Weltklima unge- fähr so viel Auswirkungen, als ob in China ein Sack Reis umfällt.“1 Obwohl das natürlich auch zum Themenkreis dieses Heftes gehört. Im September 2020 fällt in Schenkendöbern (Spree-Neiße) ein Wildschwein um: mit Afrikanischer Schweinepest – und die Volksrepublik China als der größte Abnehmer für Schweinefleisch aus Deutschland außerhalb der EU stoppt sofort dessen Import! Nicht nur für die deutschen Schweine- halter ein großes Problem. Durch die Einrichtung der Sperrzone mit Restriktionen in einem bis zu 25 Kilometer großem Radius, dem Nutzungsverbot von land- und forstwirtschaftlichen Flächen und dem Zutrittsverbot in der Kernzone wird zeitweise massiv in das kommunale Geschehen der betrof- fenen drei Landkreise eingegriffen. Ein anschauliches Beispiel für die Reichweite und Durchdrin- gungsmacht der Globalisierung. Es ist grundsätzlich angezeigt, auch die kommunale Ebene deutlich stärker einzubeziehen bei der Suche nach zukunftsfähigem Umgang mit der Globalisierung, nach Wegen einer nachhaltigen Ent- wicklung, den entsprechenden politischen Entscheidungen, die von der Gesellschaft mitgetragen werden sollten und vor allem deren Umsetzung. Dies kann auch für unser Bundesland als ausbaufä- hig angesehen werden. Bereits die im Nachhaltigkeitskontext vielzitierte UN-Konferenz Umwelt und Entwicklung von 1992 in Rio de Janeiro hatte dies mit ihrer Agenda 21 im Kapitel 28 „Kommunale Initiativen zur Unter- stützung der Agenda 21“ beschlossen. So beispielsweise „28.3. Jede Kommunalverwaltung sollte in einen Dialog mit ihren Bürgern, örtlichen Organisationen und der Privatwirtschaft eintreten und eine ‚lokale Agenda 21‘ beschließen“. Für brandenburgische Kommunen liegt dazu meines Wissens keine gesicherte Statistik vor. Sicher ist jedoch, dass von den ohnehin wenigen Vorreiter*innen damals mit entsprechenden LA-21-Prozessen und Beschlüssen manche wieder eingeschlafen sind. Wie auch in früheren Heften der FEB-Reihe bereits behandelt, gibt es bekanntlich inzwischen mit den 17 Nachhaltigkeitszielen (SDG) der Vereinen Nationen, vereinbart auf deren Vollversammlung 2015, einen Kern für die 2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung. Ziel 11, „Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten“, sieht sich immensen Herausforderungen gegenüber. Es wird prognostiziert, dass sich die rasante Tendenz zur Urbanität fortsetzt und um 2050 nur noch ca. 30 Prozent der Weltbevölkerung auf dem Land leben werden und sich bereits 2030 in mehr als 40 Megacities jeweils mehr als 10 Millionen Einwohner*innen drängen werden. Bereits jetzt stammen rund 70 Prozent aller CO²-Emissionen aus Städten. In Brandenburg wird es darauf ankommen, den ländlichen Raum zu stärken und lebenswert zu halten bzw. zu gestalten, nicht zuletzt orientiert an den SDG. Denn dem berechtigten Anspruch „Brandenburgs Grundlage sind starke Städte und Gemeinden“2 erwachsen auch diesbezügliche Verpflichtungen. Die 2019 fortgeschriebene Nachhaltigkeitsstrategie des Landes – u. a. mit einem 1 www.super-illu.de, (Memento vom 12. Mai 2008 im Internet Archive). 2 „Brandenburgs Grundlage sind starke Städte und Gemeinden“. Beschlossen vom Präsidium des StGB Branden- burg am 8.10.2018 in Falkensee. 4 Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020)
Handlungsschwerpunkt „Lebenswerte Dörfer und Städte“ bietet Voraussetzungen, diese als leben- dig, familienfreundlich, „grün“, als weltoffen für Menschen, Jobs, Kulturen etc. zu entwickeln. Dazu kann z. B. auch der Austausch mit Kommunen des Globalen Südens beitragen, den einige Städte in Brandenburg bereits nutzen. In dieser Hinsicht sind die Baruther Schlossgespräche ein kleines, aber feines Format, das nunmehr seit fünf Jahren die Engagierten immer wieder mit neuen Erfahrungen, Impulsen und Ermutigungen ausstattet. Falls Sie an dieser Stelle einen interessanten Absatz zu so etwas wie „Corona/Covid-19 von global bis kommunal“ vermissen sollten – entwerfen Sie bitte selbst einen … Uwe Prüfer, 2. Sprecher VENROB e. V. Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international 5
Fünf Fragen an drei Bürgermeister brandenburgischer Städte Oberbürgermeister Holger Kelch Bürgermeister Thomas Schmidt Bürgermeister Friedhelm Boginski Cottbus Teltow Eberswalde Die Aufgaben eines Bürgermeisters sind sehr ren, die weltweit Fluchtbewegungen auslösen. vielschichtig. Dabei gilt es nicht nur, die unmit- Mit deren Folgen sind auch wir in Brandenburg telbaren Interessen der Kommune zu vertreten. auf unterschiedlichen Ebenen konfrontiert. In Es hilft auch, das globale Geschehen im Auge den Klimazielen der Weltgemeinschaft wurden zu behalten, um die Auswirkungen auf der 2015 die 17 Nachhaltigen Entwicklungsziele Mikroebene zu verstehen. Die Corona-Krise (SDG) mit ihren 169 Unterzielen vereinbart. Die entwickelt eine zusätzliche kritische Dynamik. brandenburgische Landesregierung anerkennt Dort, wo es zuvor schon Probleme gab, haben in ihrer Koalitionsvereinbarung die Notwendig- sich diese verstärkt. Mehrausgaben treffen auf keit zu mehr breit aufgestellter Nachhaltigkeit, wegbrechende Einnahmen. Hilfsprogramme um den Klimazielen gerecht zu werden. verlangen bürokratische Vorarbeit, zusätzlich zum administrativen Alltag. Was verlangt es den Kommunen ab, sich umweltgerechten und klimaneutralen Konzep- Begleitet werden die Geschehnisse vor Ort dabei ten für Verkehr, Energie, Landwirtschaft, etc. von den Auswirkungen des Klimawandels. So ist zuzuwenden? Wie wirkt sich die Flüchtlings- bekannt, dass klimatische Veränderungen regi- und Asylpolitik auf ein friedliches Miteinander onal zu Dürren und Verteilungskämpfen füh- in den Kommunen aus? 6 Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020)
Oberbürgermeister Wo sind die Auswirkungen der Klima- und Holger Kelch (Cottbus) Corona-Krise in Ihrer Kommune besonders drastisch sichtbar? Die Stadt Cottbus/Chósebuz hat durch die Teil- Klima: nahme am Wettbewerb „Kommune bewegt • Wassermenge in Flüssen und Seen Welt“ und dem Gewinn des Newcomer-Preises • Dürre im Sommer (Trockenheit) den wichtigen Impuls bekommen, sich neben • Baumbestand insbesondere im Branitzer der schon gut funktionierenden Integrationsar- Park beit auch über die weitreichenderen Themenfel- der der nachhaltigen Entwicklung in einer glo- Corona: balen Welt weitere Gedanken zu machen. Hier • Kinder mit herkunftsbedingter Bildungs- gehen wir erste Schritte, die benannten The- benachteiligung (Migration, sozioökono- menfelder kommunaler Entwicklungs-, Klima-, mische Lage, Milieuzugehörigkeit, Kin- Bildungs- und Integrationsarbeit zusammen- derarmut) sind die Bildungsverlierer in der zudenken und uns detailliert mit den 17 Nach- Corona-Krise haltigkeitszielen der Agenda 2030 auseinander- • Digitalisierung Schulen/Verwaltung zusetzen. Eine abgestimmte und auf die lokalen Besonderheiten achtende Strategie soll dafür Welche Maßnahmen ergreifen Sie dagegen? entwickelt werden. Dazu wird es notwendig sein, zunächst die 17 Ziele bekannt zu machen Vieles ist lokal nur schwer umsetzbar. So liegt und sich mit den Indikatoren zu beschäftigen, das Wassermanagement in Flüssen etc. als Schwerpunkte für Cottbus festzulegen und in Aufgabe und Kompetenz länderübergreifend allen zu erstellenden Konzepten, Visionen und in Brandenburg und Sachsen. Zugleich hat Plänen diese mitzudenken und zu implemen- die Stadt Cottbus/Chósebuz u. a. mit einem tieren. Dies ist die größte Herausforderung, Entnahmeverbot aus Oberflächengewässern um politische Entscheidungsträger genauso zu reagiert. Im Rahmen des Strukturwandels wird überzeugen, wie handelnde Akteure in Wirt- der Cottbuser Ostsee entstehen; dazu wird schaft, Verwaltung und Bildung. der frühere Tagebau Cottbus-Nord geflutet. Das Hafenquartier auf Cottbuser Seite soll Die größte Herausforderung bleibt demnach CO2-neutral gebaut und betrieben werden die politische Aushandlung im lokalen Kontext und gleichzeitig ein Eckpunkt neuer Stadtent- zu den Themen, die Position als Kommune mit wicklung zwischen Altstadt-Zentrum und See Haushaltssicherungskonzept in der Abstim- werden. Von dieser Verbindung sollen weitere mung und ggf. Auseinandersetzung mit der klimagerechte Impulse ausgehen. Kommunalaufsicht über notwendige und frei- willige Aufgaben und das koordinierende und Beteiligung am Digitalpakt Schule mit ent- systematische Zusammenführen und Bündeln sprechenden Förderanträgen sowie den Kon- von Prozessen an einer Stelle, letztlich also die zepten der einzelnen Schulen Finanzierung von Kommune insgesamt. Dies ist uns explizit gelungen bei der Integration von Worin sehen Sie die größte Herausforderung, Geflüchteten, wie wir in der Wirkungsanalyse die Ihrer Kommune bevorstehen könnte? zur Migrationssozialarbeit nachweisen konn- ten: https://www.cottbus.de/verwaltung/ob/ Die größte Herausforderung derzeit ist der buero_ob/bildung_integration/ mehr als 30 Jahre andauernde Transforma- tionsprozess seit dem politischen Umbruch Öffentliche Beschaffung unter den Stichpunk- 1989/1990, der sich in wiederkehrenden Pro- ten Nachhaltigkeit, faire Beschaffung und blemlagen manifestiert. Hierzu zählen ins- Klimaneutralität ist als weitere große Heraus- besondere der regionale Strukturwandel seit forderung anzusehen. 1989 (Kohle, Energie, Textilindustrie, Agrar- Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international 7
wirtschaft), der aktuelle europäische/globale Unterstützung in Form von infrastruktureller Industrie- und Arbeitsumbruch (Deindustriali- und finanzieller Art beim Land kämpfen, um die sierung, Digitalisierung, Dienstleistungsmajori- Herausforderungen der Integration bewältigen tät), die intra- und internationalen Migrations- zu können. Eine gleichmäßige und solidarische bewegungen seit 1989/2015 (Abwanderung, Verteilung von Verantwortung bei der Auf- Fachkräftemangel, Einwanderung), die demo- nahme und Versorgung im Flächenstaat Bran- grafische und soziale Entwicklung (Überalte- denburg scheint daher dringend geboten. rung, soziale Armut, vorschulische Defizite) sowie die Metropolisierung (Sogwirkung Ber- Woran denken Sie, wenn Sie an Ihrem Lieb- lin/Dresden) und Mikro-Wanderungen (länd- lingsort in Ihrer Stadt sind, und was wünschen liche Entvölkerung) im Oberzentrum Cottbus/ Sie sich dabei? Chósebuz. Ich wünsche mir, dass man unserer Stadt Die Gestaltung des neuesten Strukturwan- unvoreingenommen begegnet, uns besucht dels (Ausstieg aus der Kohle) ist Herausforde- und sich ein eigenes Bild von Cottbus/Chóse- rung und Chance zugleich. Konkret zu nennen buz, ihren Problemen und Chancen bspw. im sind u. a. der Umbau und die Profilierung des Strukturwandel macht und dabei gern den Instandsetzungswerkes der Bahn sowie der Blick über den entstehenden Cottbuser Ostsee Aufbau einer universitären Medizinerausbil- schweifen lässt. Dazu lade ich herzlich ein. dung. Der Strukturwandel muss dabei nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial, kul- turell und generationengerecht bewältigt und Bürgermeister Thomas gestaltet werden. Schmidt (Teltow) Bundesweit haben sich einige Kommunen dafür ausgesprochen, Geflüchtete in ihrer Kommune Wo sind die Auswirkungen der Klima- und aufzunehmen. Wie beurteilen Sie die Stim- Corona-Krise in Ihrer Kommune besonders mungslage in Ihrer Kommune dazu? drastisch sichtbar? Die Stadt Cottbus teilt bei der Beantwortung Klimatische Veränderungen wirken sich durch- dieser Frage die geflüchteten Menschen in zwei aus auch kleinteilig in Kommunen aus – oft Gruppen: 1) Personen im Asylverfahren und mit auf den ersten Blick nicht erkennbar und doch Duldung und 2) Personen mit Asylanerkennung mit aller Nachhaltigkeit! So ist zum Beispiel und Bleiberecht. Für die Personengruppe 1 hat das Versanden von kleineren Gewässern im die Stadt Cottbus seit Jahren die Quote mehr als gesamten Land Brandenburg nichts Unübli- übererfüllt (+170 Personen). Bei der Gruppe 2 ches und gilt als deutliches Signal für Klima- gab es ab Sommer 2016 einen großen Zuzug veränderungen. Auch die Tatsache, dass sich (von knapp 3.000) nach Cottbus. Kommunen immer mehr mit dem gegenüber- stehenden Problem von Starkregenereignissen Damit war Cottbus die Hauptzuzugsstadt in im Wasser- und Abwasserbereich auseinan- Brandenburg. Die Hauptschwerpunkte der dersetzen müssen, ist Folge von klimatischen Stadt Cottbus liegen daher bei der Versorgung Veränderungen. Konkret müssen wir uns als und nachhaltigen Integration der Geflüch- Kommune mit finanziellen Auswirkungen aus- teten in die Stadtgesellschaft sowie bei der einandersetzen, die im Ergebnis das Resultat Sicherstellung eines gedeihlichen Zusammen- solcher Entwicklungen sind. lebens. Grundsätzlich lehnt die Stadt Cottbus eine zusätzliche Aufnahme von Geflüchteten Welche Maßnahmen ergreifen Sie dagegen? nicht ab. Dazu gab es einen entsprechenden Stadtratsbeschluss. Aber in den Jahren 2016 Für uns heißt es konkret, die Entwicklung der bis 2018 musste die Stadt sehr vehement um Stadt in einem gesunden Maß voranzutreiben 8 Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020)
und dabei die ökologische Bilanz nicht außer Woran denken Sie, wenn Sie an Ihrem Lieb- Acht zu lassen. Dies alles, verbunden mit einer lingsort in Ihrer Stadt sind, und was wünschen intensiven Form der Bürgerbeteiligung, ist eine Sie sich dabei? Herausforderung, der man sich landesweit stellen muss. Ein Weniger an Versiegelungen, Der Aufenthalt an meinem Lieblingsort gestal- ein Mehr an Grünzonen und eine städtebauli- tet sich tatsächlich oft mit dem Gedanken che Entwicklung, die nachhaltig orientiert ist: an die Zukunft: Mögen sich zum einen die Das sind die perspektivisch zu ergreifenden unterschiedlichen Generationen aber auch der Maßnahmen vor Ort. Bevölkerungsmix in einem Miteinander üben, das die Gesellschaft auch durch schwere Zei- Worin sehen Sie die größte Herausforderung, ten trägt. Dieses Miteinander betrachte ich die Ihrer Kommune bevorstehen könnte? als tragende Säule unserer Gesellschaft und es stellt sich somit als mein Wunsch für die Vielerorts ist der sogenannte Strukturwandel, Zukunft dar. gerade in den neuen Bundesländern, mehr oder weniger abgeschlossen. Damit einherge- hende, infrastrukturelle Änderungen müssen Bürgermeister Friedhelm von den Kommunen oft mühselig abgefedert Boginski (Eberswalde) werden. Soziale Infrastrukturen, die letztlich oft auch der Schlüssel zu sozialem Frieden sind, müssen sich in kommunalen Haushalten Wo sind die Auswirkungen der Klima- und widerspiegeln. Wenn Kommunen hier in Not- Corona-Krise in Ihrer Kommune besonders lagen geraten, heißt es oft mit emotionalen drastisch sichtbar? Schieflagen umzugehen, die das gemeindliche Miteinander infrage stellen können. Städte erleben durch Krisen einen ständigen Strukturwandel, der den Menschen enorme Bundesweit haben sich einige Kommunen dafür Anpassungsleistungen abverlangt. Neben den ausgesprochen, Geflüchtete in ihrer Kommune Herausforderungen des klimatischen Wandels aufzunehmen. Wie beurteilen Sie die Stim- (z. B. Waldschäden durch Trockenheit) und der mungslage in Ihrer Kommune dazu? Flüchtlingskrise (u. a. Integration, inbesondere in Schulen und Kitas) hat auch die Corona- Die Aufnahme von Geflüchteten ist in unse- Krise vielschichtige Auswirkungen auf die Stadt rer Kommune eine Selbstverständlichkeit und Eberswalde (u. a. auf Handel, Wirtschaft, das gehört auch für die Bürgerinnen und Bür- soziale Miteinander, Sport und Kultur). ger der Stadt zum völlig normalen Umgang. Es wird sich allseits bemüht, Integration so Welche Maßnahmen ergreifen Sie dagegen? leicht und einfach wie möglich zu gestalten und gleichzeitig das soziale Miteinander in der Erstens hat die Stadt Eberswalde Maßnahmen Stadt zu befördern. zur finanziellen Abfederung getroffen. Das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kul- Zweitens haben wir uns bemüht, Kulturveran- turen will behutsam begleitet werden! Die staltungen nicht abzusagen, sondern – soweit dafür geschaffenen Angebote, auch generati- möglich – in anderer Form digital, dezentral onsübergreifend, sind auch von den politisch oder auch zu einem späteren Zeitpunkt durch- Verantwortlichen vor Ort immer positiv beglei- zuführen. Dabei wurden insbesondere neue For- tet worden und ließen keinen Raum für Zwie- mate für Kultur, Bildung und Sport entwickelt. tracht. Insofern kann die Stimmungslage vor Ort als ausgesprochen gut betrachtet werden, Drittens ist es auch in der Krise wichtig, die auch wenn sich eine hohe Anzahl von Migran- Zukunftsplanungen für die Stadtentwick- tinnen und Mirganten im Ort befindet. lung fortzuführen: Mit einem „Mobilitätsplan Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international 9
2030+“ werden z. B. derzeit Verkehrsent- dafür neue Formate entwickelt, z. B. eine digi- wicklungs-, Lärmaktions- und Luftreinhalte- tale Bürgermeistersprechstunde und digitale planung sowie das Mobilitätsmanagement Einwohnerversammlungen. zusammengefasst. Ebenso wurde im Jahr 2020 unter dem Motto „Eberswalde 2035“ ein Dis- Worin sehen Sie die größte Herausforderung, kussionsprozess zur Entwicklung unserer Stadt die Ihrer Kommune bevorstehen könnte? angestoßen, unter anderen unter den folgen- den Gesichtspunkten: Die größte Herausforderung ist, das sozialen Miteinander der Stadtgesellschaft aufrechtzu- • die lebendige Stadt (Wohnen, Stadtstruktur, erhalten und dabei Spaltungen zu vermeiden Tourismus, Kultur …), sowie Gruppendifferenzen abzubauen. • die kluge Stadt (Bildung, lebenslanges Ler- nen …), Bundesweit haben sich einige Kommunen dafür • die klimagerechte Stadt (Klimaschutz, Kli- ausgesprochen, Geflüchtete in ihrer Kommune maanpassung, Mobilität, Grün …), aufzunehmen. Wie beurteilen Sie die Stim- • die wirtschaftlich starke Stadt (Arbeiten, mungslage in Ihrer Kommune dazu? Digitalisierung, Stadtmarketing …), • die solidarische Stadt (Beteiligung, Stadt Dies wäre möglich, aber die anstehenden Pro- gemeinsam gestalten, gesellschaftlicher bleme sind ausreichend. Zusammenhalt, Inklusion, lokale Demokra- tie …) und Woran denken Sie, wenn Sie an Ihrem Lieb- • die kooperative Stadt (Daseinsvorsorge, Mit- lingsort in Ihrer Stadt sind, und was wünschen telzentrum, regionale Kooperation …). Sie sich dabei? Dabei ist mir die Partizipation der Bürgerinnen Meine Lieblingsorte: Natur, Rathaus, Garten, und Bürgern schon immer ein großes Anlie- Stadtmitte. Ich denke an Frieden, an Dankbar- Prignitz Uckermark gen gewesen. In der Corona-Krise musste und keit für das Leben und an die Zukunft meiner muss man Partizipation neu denken. Wir haben Kinder und Enkelkinder. Ostprignitz-Ruppin Oberhavel Barnim Eberswalde Havelland Märkisch-Oderland Brandenburg Potsdam an der Havel Teltow Oder-Spree Frankfurt (Oder) Potsdam-Mittelmark Teltow-Fläming Dahme-Spreewald Cottbus Oberspreewald- Lausitz 10 Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020) Spree-Neiße Elbe-Elster
Round Table Entwicklungspolitik in Brandenburg 2020 Schriftliche Beiträge zum 11. Round Table Entwick- lungspolitik am 13. November 2020. Eine Alternativ- variante zur üblicherweise veröffentlichten Dokumen- tation der Präsenzveranstaltung Die Steuerungsgruppe des Round Table Ent Klar ist schon jetzt, dass es keinen vollständi- wicklungspolitik Land Brandenburg musste gen Kurswechsel gegeben muss. Denn schon sich bekanntlich mit großem Bedauern zu ei- die Fortschreibung der Landesnachhaltig- ner Absage des als Präsenzveranstaltung am keitsstrategie im Jahr 2019 folgte mit der 13.11.2020 geplanten 11. Treffens entschei- Ausrichtung an den „Zielen für nachhaltige den. Sie hat sich darauf verständigt, dafür am Entwicklung“ der dann später in der Koali- 13.11.2020 einige relevante Beiträge zu unseren tionsvereinbarung festgehaltenen Leitlinie. Themen per Mail an die Stakeholder zu senden. Insofern besteht die bisherige Nachhaltig- keitsstrategie fort. Es wird aber konzeptionelle Änderungen und Ergänzungen geben. Was das Zum Monitoring der genau sein wird, ist im Einzelnen noch zu erör- Entwicklungspolitischen tern und abzustimmen. Viel spricht dafür, dass ein Schwerpunkt auf innovativer Regionalent- Leitlinien wicklung liegen wird. Staatskanzlei, Dr. Georg Dybe Ein Expert*innengremium, der Nachhaltig- keitsbeirat, soll die Landesregierung u. a. in In der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD, Sachen Nachhaltigkeitsstrategie beraten. Zum CDU und Bündnis 90 / Die Grünen von Ende Nachhaltigkeitsbeirat läuft gegenwärtig das 2019 wurde festgehalten, dass die Nachhal- Kabinettverfahren. tigkeitsstrategie des Landes überarbeitet und an der Agenda 2030 der Vereinten Nationen („Ziele für nachhaltige Entwicklung“) aus- Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, gerichtet werden soll. Aufgrund der Corona- Ramona Krautz Pandemie konnte zur Umsetzung dieser Festle- gung aus der Koalitionsvereinbarung noch kein Dieses Jahr hat die Corona-Pandemie allen förmlicher Kabinettsbeschluss herbeigeführt „einen Strich durch die Rechnung gemacht“: werden. Es wurde aber im August 2020 eine Schulschließungen ab dem 18.3.2020. Da- interministerielle Arbeitsgruppe innerhalb der durch konnten zunächst alle Projekte nicht Landesregierung eingerichtet, die unter Feder- bzw. nicht weiter durchgeführt werden. Ex- führung der Staatskanzlei u. a. die Nachhaltig- terne Partner*innen haben ihre Angebote um- keitsstrategie voranbringt. gestellt; stellenweise auf digitale Angebote Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international 11
bzw. so, dass diese mit weniger Schülerinnen die dann über die Webseite des Trägers für alle und Schülern vor Ort durchführbar waren. Brandenburger Schulen verfügbar sind. Nachfolgend einige Angebote: GEKO: 80 Schul-Doppelstunden „30 Jahre Wie- GEKO: „Bildung zur Demokratie am praktischen dervereinigung 2020“ (Laufzeit 15.8.2020 bis Beispiel: Entscheidungsprozesse zum Klima- 28.2.2021, Förderung MBJS) schutz“ (Laufzeit 1.9.2019 bis 30.6.2020, För- derung MBJS) Das Projektkonzept ermöglicht die vertiefte Auseinandersetzung mit verschiedenen The- An weiterführenden und beruflichen Schulen men rund um die Wiedervereinigung (z. B. in verschiedenen Regionen Brandenburgs wur- Alltagswelt in Ost- und Westdeutschland, den Projekttage oder Doppelstunden zu demo- Besonderheiten der friedlichen Revolution, kratischen Prozessen am Beispiel Klimaschutz innen- und außenpolitische Faktoren) in klei- durchgeführt. An den Projekttagen wurden neren Lernsettings. Zentral sind dabei die dazu vom Träger weiterentwickelte Planspiele Auswirkungen der Veränderungsprozesse seit bzw. Simulationen eingesetzt. In den Doppel- 1989/90 und welche Bedeutung sie konkret stunden fand in Vorabsprache zu den Bedarfen noch heute auch für jüngere Menschen haben. der jeweiligen Schule ein Mix aus einführen- Zur ansprechenden Umsetzung wird beglei- den Informationen und interaktiver Gruppen- tend ein dynamisches Präsentationsprogramm arbeit statt. eingesetzt, das interessengeleitet die einzelnen Schwerpunkte mit Grafiken, Hintergrundinfor- Das Projekt wirkt als Angebot, welches die mationen, Filmeinspielungen oder Ähnlichem übergreifenden Themen des Rahmenlehr- illustriert. Dabei kann die Grundkonzeption plans Globales Lernen / BNE, Demokratie- und bedarfs- und altersgerecht angepasst wer- Europabildung auf innovative, lebenswelt- den. Zielgruppe sind alle weiterführenden und nahe Weise verbindet. Das Thema Klimaschutz beruflichen Schulen ab Jahrgangstufe 9. beschäftigt junge Menschen sehr, wie bspw. die Fridays-for-Future-Bewegung zeigt. Das Stiftung für Engagement und Bildung „Heimat Projekt ermöglicht die Auseinandersetzung mit 2.0 – vom Verlassen, neu Anfangen und Zusam- dem Thema innerhalb der Schule anhand eines menleben“ (Laufzeit 1.2.2020 bis 31.12.2020) methodisch-didaktisch fundierten Konzepts, das individuelle Bedarfe der jeweiligen Schule Das Projekt besteht aus zwei Säulen: Durchfüh- berücksichtigt. rung von Schulprojekttagen und Erstellung einer digitalen Lern- und Lehrplattform zur Vermitt- Deutsche Gesellschaft e. V.: „Deutschland lung pädagogischer Module zum Thema „Flucht, in Europa. Europa in Deutschland – schuli- Migration, Integration und Zusammenleben“. sche Zukunftswerkstätten zur EU“ (Laufzeit Ein Schwerpunkt soll darin liegen, Jugendlichen 15.9.2020 bis 28.2.2021, gemeinsame Förde- Fachwissen zur aktuellen gesellschaftlichen und rung MdFE und MBJS) politischen Debatte zum Thema Migration und Integration zu vermitteln. Darüber hinaus sol- Die Deutsche Gesellschaft e. V. sensibilisiert mit len Werte des interkulturellen Zusammenlebens dem Projekt für den europäischen Einigungs- und einer offenen und toleranten Willkom- prozess, mit Fokus auf 1989/90. Hierzu wird mensgesellschaft vermittelt werden. Die Schü- ein interaktives und niedrigschwelliges Format lerinnen und Schüler werden in ihrer kritischen gewählt, um das Thema Wiedervereinigung in Auseinandersetzung mit politisch motivierten die Diskussion über europäische Zukunftsfragen Aussagen und den Umgang mit Falsch- und zu integrieren. Das Angebot richtet sich an alle fremdenfeindlichen Aussagen geschult. Sie ent- weiterführenden und beruflichen Schulen ab wickeln schließlich Handlungsoptionen, wie sie Jahrgangstufe 9. Im Ergebnis entstehen von den selbst zu einer offenen und toleranten Gesell- Jugendlichen gestaltete „digitale Pinnwände“, schaft beitragen können. 12 Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020)
Carpus e. V. „Handbuch Globales Lernen – eine Demokratie und Integration Brandenburg e. V. Anleitung für die Bildungspraxis“ (Laufzeit (RAA Brandenburg) „17. BREBIT 2020 (Bran- 15.1.2020 bis 31.12.2020) denburger Entwicklungspolitische Bildungs- und Informationstage)“ (Laufzeit 1.1.2020 bis Im Rahmenlehrplan ist das übergreifende 31.12.2020) Thema Nachhaltige Entwicklung / Lernen in globalen Zusammenhängen verankert. Die BREBIT greifen globale / entwicklungspoliti- Für den überwiegenden Teil der Lehrkräfte sche Themen auf und laden Schülerinnen und sind diese Themen neu und es fehlt ihnen Schüler, aber auch Lehrkräfte zum Mitmachen an Erfahrung in der pädagogischen Umset- ein. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wer- zung der Inhalte. Den Lehrkräften soll mit den in Projekttagen, Fortbildungen, Workshops, dem Handbuch Hilfestellungen an die Hand Ausstellungen, Lesungen oder Filmvorführun- gegeben werden, um ihre Arbeit bestmöglich gen zum Nachdenken angeregt und zum soli- auszuführen. Einige Schulbücher enthalten darischen Handeln motiviert. Im Jahr 2020 ist bereits in ihren Neuauflagen Unterrichtsbau- das Thema: „Vernetzen, verändern, gestalten! steine zu Themen des Globalen Lernens. Auch Digitalisierung und globale Gerechtigkeit“. der von der KMK verabschiedete Orientie- Gemeinsam mit den Teilnehmenden wird nach rungsrahmen „Globale Entwicklung“ wurde Antworten auf die Frage „Wo und warum wir mit Praxisbeispielen erweitert und viele NGO Teil globaler Ungerechtigkeiten sind“ und nach haben eigene Lernmaterialien entwickelt, die Wegen zur global gerechten Gestaltung der sie den Lehrkräften zur Verfügung stellen. Da Gesellschaft in Brandenburg gesucht. Es fin- es aber weiterhin an Literatur fehlt, die sich det interkulturelle, verbindende Arbeit im Land mit den Stolpersteinen der pädagogischen Brandenburg statt und gleichzeitig stellen Vermittlung von entwicklungsbezogenen rechtspopulistische Tendenzen ein Problem dar. Inhalten beschäftigt, soll ein Handbuch Glo- Struktureller Rassismus, fehlende aktive Begeg- bales Lernen erstellt werden. Bei der Erstel- nungen miteinander sowie offene rassistische lung werden Brandenburger Lehrkräfte mit Haltungen in einigen Teilen der Brandenburger einbezogen. Somit wird sichergestellt, dass Bevölkerung beeinflussen die gesellschaftliche die Arbeitshilfe so gestaltet ist, dass sie Lehr- Dynamik. In diesem Spannungsfeld gilt es, die kräften von Nutzen ist. Bildungsarbeit der BREBIT so zu verorten, dass sie globale Fragen in den Blick nehmen und in World University Service (WUS) e. V. „Grenzen- ihrer lokalen Relevanz überzeugend vermitteln. los – Globales Lernen in der beruflichen Bil- dung“ (Laufzeit 10.1.2020 bis 31.12.2020) Darüber hinaus hat die KMK in der 42. KW die überarbeitete Empfehlung „Europabildung in Mit dem Projekt soll das Ziel, Themen der der Schule“ verabschiedet. Nachhaltigkeit sowie entwicklungspolitische, Umwelt- und Globalisierungsthemen stärker in die berufliche Bildung zu tragen, umgesetzt Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt werden. Es ist wichtig, diese Themen auch und Klimaschutz, Dr. Martin Pohlmann in der beruflichen Bildung zu stärken, damit junge Menschen in Deutschland befähigt wer- Im Frühjahr 2020 erschien die Publikation den, globale Entwicklungen auch beruflich „natürlich. nachhaltig. Wir in Brandenburg und im beruflichen Umwelt mitzugestalten. – Ziele und Aktivitäten verständlich erklärt“. Dieses Ziel wird auch in der Neuauflage des Darin erklärt das Ministerium für Landwirt- Orientierungsrahmens für den Lernbereich schaft, Umwelt und Klimaschutz kurz und in Globale Entwicklung sowie durch das Weltak- einfacher Sprache die weiterhin gültige Nach- tionsprogramm BNE hervorgehoben. Das Pro- haltigkeitsstrategie aus dem Jahr 2014 und jekt ist in vier Hauptmaßnahmen mit jeweils deren Fortschreibung aus dem Jahr 2019. Es vier Zielen gegliedert. wird darin beschrieben, was unter einer Nach- Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international 13
haltigen Entwicklung zu verstehen ist und und Zivilgesellschaft, Europafähigkeit der Lan- welche 33 Ziele sich das Land zur Umsetzung desverwaltung“ eingerichtet. Grundsätzlich der 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele gesetzt wurden die bisherigen Maßnahmen der Kom- hat. Zu jedem Ziel werden die geplanten Maß- munikationsarbeit zu internationalen Themen nahmen und zumeist ein gutes Beispiel aus hier übernommen. dem Land beschrieben. Die Agentur Capito Berlin hat den Text abschließend einer ziel- Im laufenden Jahr wurden so auch weiterhin gruppenspezifischen Prüfung unterzogen und Projekte von Vereinen in den genannten The- die daraus gewonnenen Erkenntnisse eingear- menbereichen unterstützt. beitet. Die Broschüre lässt sich unter https:// mluk.brandenburg.de/mluk/de/ueber-uns/ Beispiele oeffentlichkeitsarbeit/veroeffentlichungen/ detail/~01-08-2020-nachhaltigkeit-in-bran- • In Zusammenarbeit mit dem MBJS wurden denburg-ziele-und-aktivitaeten-verstaend- die „Brandenburgischen entwicklungspo- lich-erklaert bestellen oder als barrierefreie litischen Bildungs- und Informationstage“ PDF-Datei downloaden. (BREBIT) unterstützt. Mit der Strategiefortschreibung 2019 wurde • In Kooperation mit dem „Bundesministerium auch eine offline und online arbeitende Aus- für wirtschaftliche Zusammenarbeit und tauschplattform ins Leben gerufen. Während Entwicklung“ (BMZ) wurde das sogenannte der ca. eineinhalbjährigen Pilotphase fand Promotor*innenprogramm gefördert. unter anderem im November 2019 eine Ple- numsveranstaltung zum Thema „Zukunft Flä- • Die Dialogserie „GlobaLokal“ wurde in chenland Brandenburg: Herausforderung für Zusammenarbeit mit dem MLUK und in Regionalentwicklung und Nachhaltigkeit“ Kooperation mit der „Servicestelle Kommu- statt, an der über 100 Personen teilnahmen. nen in der Einen Welt“ (Organisation der Auf dieser wurden Arbeitsgruppen eingerich- „Engagement Global / BMZ“) geplant. tet, die ihre Ergebnisse auf der Abschlussver- anstaltung im September 2020 dem MLUK und Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben weiteren Vertreter*innen der Landesverwal- allerdings dazu geführt, dass nicht alle Maß- tung vortrugen. Aufgrund der erfolgreichen nahmen oder Projekte wie geplant durchge- Pilotphase soll die Nachhaltigkeitsplattform führt werden konnten oder sogar abgesagt für vier weitere Jahre fortgesetzt werden. werden mussten. Das betrifft insbesondere Veranstaltungen, die Ministerium der Finanzen und für Europa, bisher vom direkten Austausch (sogenannte Detlev Groß Präsenzveranstaltungen) profitierten, wie zum Beispiel die genannte Dialogserie in Zusam- In der neuen Landesregierung liegt die feder- menarbeit mit zehn verschiedenen branden- führende Zuständigkeit für Nachhaltige Ent- burgischen Kommunen. wicklung in der Staatskanzlei. Die Kommuni- kationsarbeit zu Themen der Internationalität, Angesichts der Corona-Pandemie hat die Inan- EU- und Entwicklungspolitik, die in der letz- spruchnahme digitaler Formate in der Kommu- ten Legislatur im damaligen Ministerium der nikationsarbeit 2020 deutlich zugenommen. Justiz und für Europa und Verbraucherschutz Auf einige Erfahrungen der vergangenen Jahre verortet war, wird mit Wechsel der zuständi- konnte zurückgegriffen werden (zum Beispiel gen Abteilung nunmehr im Ministerium der Durchführung von Videokonferenzen / Webse- Finanzen und für Europa wahrgenommen. Hier minaren etc.). Allerdings zeichnet sich das Jahr wiederum wurde eine Stabsstelle „Internatio- 2020 dadurch aus, dass die vermehrte Nut- nalisierung, europapolitische Kommunikation zung der zur Verfügung stehenden Technologie 14 Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020)
doch eher als „Testphase“ zu sehen ist. 2021 gabe, relevante Handlungsfelder, Gelegen- wird eine weitergehende Professionalität der heiten und Maßnahmen zu identifizieren, die zukünftig vermehrt „digitalen Kommunikati- dabei behilflich sind, das Thema „Bildung für onsarbeit“ seitens Landesregierung und Pro- nachhaltige Entwicklung“ im Bewusstsein aller jektträgern erwartet. Hochschulmitglieder zu verankern. Dabei sind alle Maßnahmen einerseits hochschulübergrei- fend, andererseits aber auch -spezifisch. Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde, Dr. Jennifer Maria Krah Die gemeinsame Arbeitsgruppe ist aus 22, von den Präsident*innen der 8 Hochschulen, Die Zielsetzungen für eine wirkungsvolle BNE benannten Vertreter*innen gebildet worden. sind in den derzeit geltenden Brandenburger Hochschulverträgen für die Jahre 2019–2023 Sie ist dabei wie folgt strukturiert: vereinbart. Diese zwischen dem MWFK und den acht staatlichen Hochschulen geschlosse- • (Vize-)Präsidien nen Hochschulverträge 2019–2023, Abs. III.12 • zentrale Einrichtungen Bildung für nachhaltige Entwicklung, gelten • Fachbereiche für alle der rund 11.000 Mitarbeitenden und • Koordinationsstelle (HNEE Eberswalde) 50.000 Studierenden. Die fachliche Leitung hat Prof. Dr. Heike Moli- Die wichtigste Maßnahme für die Umset- tor. Die Leitung der Koordinationsstelle liegt zung der Ziele der Vereinbarungen lassen sich bei Dr. Jennifer Maria Krah. Mitarbeiter: Julian wie folgt zusammenfassen: Die Brandenbur- Reimann und Wissenschaftliche Hilfskräfte ger Hochschulen haben unter Federführung der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Weitere Informationen: Eberswalde (HNEE) eine gemeinsame Arbeits- http://NaHoBB.de | gruppe gegründet. Es ist deren zentrale Auf- https://www.hnee.de/K6952.htm Round Table Seit 2010 ist VENROB e. V. der Partner des Ministeriums für Wirtschaft und Europaangelegenheiten (seit 2014 des Ministeriums der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz) des Landes Brandenburg bei der Durchführung des Round Table Entwicklungspolitik Brandenburg. Mit der 1. Veranstaltung des Gremiums am 3. Dezember 2010 wurde der Grundstein zu Am Round Table Entwicklungspolitik einem kontinuierlichen Austausch zwischen wird der gesellschaftliche Dialog zur entwicklungspolitischen Stakeholdern weiteren Umsetzung der am 30.5.2012 und der Landesregierung gelegt. beschlossenen Entwicklungspolitischen Leitlinien der Landesregierung fortgesetzt. Die Entwicklungspolitischen Leitlinien der Landesregierung sind am 1. Juni 2012 nach Zielstellung der jährlichen Treffen ist es, Mitarbeit des Round Table veröffentlicht worden • ein Monitoring vorzunehmen bzgl. der und werden von diesem bei den jährlichen bisherigen Umsetzung der Leitlinien. Treffen einem Monitoring unterzogen. • die Komplementarität der Leitlinien mit der Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung zu verstärken unter besonderer Berücksichtigung der entwicklungspolitischen Aspekte. • je nach aktueller Situation bestimmte Schwerpunktsetzungen zu diskutieren • weitere Koordinierung und Planung entwicklungspolitik-brandenburg.de Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international vorzunehmen. 15
Zu einigen Schwerpunkten der brandenburgischen NGO Zusammengestellt von Uwe Prüfer (VENROB e. V.) Als Ergebnis der Landtagswahlen im Septem- darisch.Dialogisch“ ist die Stabilisierung und ber 2019 hat sich bekanntlich eine Regie- Erweiterung der thematischen und strukturel- rungskoalition aus SPD, CDU und Bündnis len Vernetzungen verbunden. Dadurch haben 90 / Die Grünen gebildet und Ende 2019 eine unsere Themen und Angebote mehr Sichtbar- neue Landesregierung formiert. Ihr Koaliti- keit und Kraft erhalten. Mehrere dieser Akti- onsvertrag hat in puncto Entwicklungspolitik/ vitäten wurden zum Kristallisationspunkt von Nachhaltigkeit wesentliche Punkte des am regionaler Kooperation und Engagementsför- 6.4.19 am 10. Round Table Entwicklungspolitik derung, so in Potsdam-Mittelmark und Bran- Brandenburg verabschiedeten Strategiepapiers denburg an der Havel, wo u. a. Stadt-Land. „Austausch fördern – Akzente setzen – Men- move – Werkstatt für sozial-ökologischen schen begeistern. Nachhaltige Entwicklung im Wandel e. V. aus Werder (Havel), das Lehni- Land Brandenburg mitgestalten“ aufgegriffen. ner Institut für Kunst und Kultur e. V. sowie Entwicklungspolitische NGO begrüßen des- die Berlin-Brandenburgische Auslandsgesell- halb, dass der Koalitionsvertrag u. a. vorsieht: schaft (BBAG) e. V. zusammenarbeiten. In und Fortsetzung des Dialogs mit Zivilgesellschaft, um Neuruppin wird dies vor allem vom starken Weiterentwicklung der Entwicklungspoliti- ESTAruppin e. V. geleistet. schen Leitlinien und der Nachhaltigkeitsstra- tegie des Landes. Daneben gibt es einzelne weitere Stellen bei wenigen Vereinen und ähnlichen Strukturen. Das vom BMZ und den Ländern gemeinsam Damit sind zivilgesellschaftliche Akteur*innen finanzierte Eine-Welt-Promotor*innen-Pro- zwar inzwischen besser aufgestellt, jedoch gramm war zum 1. Januar 2019 in eine neue reicht dies nicht für eine zufriedenstelle Prä- Runde gegangen. In Brandenburg arbeiten senzarbeit in allen Regionen des Flächenlan- zurzeit insgesamt sieben bei verschiedenen des aus. NGO angestellte Kolleg*innen (4,7 Vollzeit äquivalente), auch dank eines Aufwuchses Auch aus diesem Grund versucht das Landes- der eingebrachten Landesmittel. In enger und netzwerk verstärkt, die Verbesserung der Bil- erfolgreicher Kooperation mit dem Programm dungs- und Öffentlichkeitsarbeit von NGO zu „Stärkung der entwicklungspolitischen Bil- unterstützen, insbesondere die Nutzung virtu- dungs- und Inlandsarbeit in Brandenburg eller Möglichkeiten und der sozialen Medien. durch kirchliche Eine-Welt-Arbeit“ sowie mit Dafür werden intensiv zwei kleinere Bera- zwei Kollegen im Vorhaben „Weltoffen.Soli- tungsprogramme, gezielte Kooperationsmög- 16 Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020)
lichkeiten mit Promotor*innen sowie mit der Die Einheitsfeier ist vorbei, der Veranstal- neuen Fachstelle der Arbeitsgemeinschaft der tungskalender wird weitergeführt. Eine Welt-Landesnetzwerke (agl) genutzt. Die Corona-Pandemie und ihre Konsequenzen für Mehrere entwicklungspolitische NGO arbei- die entwicklungspolitische Arbeit von NGO – ten in der 2019 neugegründeten und beim vor allem die weitere – verdeutlichen deren Institut für transformative Nachhaltigkeits- Notwendigkeit. forschung e. V. (IASS) angesiedelten Steue- rungsgruppe der Nachhaltigkeitsplattform Es gab die Fortsetzung des erfolgreichen For- Brandenburg mit. Gleiches gilt für Prozesse mats der Brandenburger Entwicklungspoliti- und Strukturen des Brandenburger Landesak- schen Bildungs- und Informationstage (BRE- tionsplans Bildung für Nachhaltige Entwick- BIT). Mit der 16. BREBIT 2019 „Es geht auch lung (BNE) mit der Zielstellung, eine stärkere anders. Weltweit gerecht wirtschaften“ sowie thematisch-strategische Zusammenführung 2020 als 17. BREBIT unter dem Motto „Mehr von BNE und Globalem Lernen zu unterstüt- als Smartboards, Likes und Influenzer #Digi- zen. Dabei geht es um Basisarbeit für die talisierung und globale Gerechtigkeit“ konn- Qualitätsentwicklung sowie um Begleitung ten wieder attraktive, qualitativ gute und einer landeseinheitlichen BNE-Zertifizierung, vielfältige Bildungsangebote umgesetzt wer- neben Koordinationsfragen auf praktischer den (vgl. Beitrag von Ramona Krautz, MBJS, Ebene. Eine Trägergemeinschaft der Arbeits- S. 11–13). Dies nicht nur jeweils im Herbst, gemeinschaft Natur und Umweltbildung sondern im Prinzip ganzjährig, wobei die Aus- (ANU) Brandenburg, der Hochschule für und Fortbildung weiterer Referent*innen für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde und des Globales Lernen einen Schwerpunkt bildet. VENROB kann seit April 2019 eine auf fünf Die Aktion Faire Schule (vor allem Diako- Jahre ausgelegte Servicestelle Qualitätssiche- nisches Werk Teltow-Fläming) und Ange- rung BNE betreiben. bote von Globales Lernen an Oder und Spree (GLOS) einer Einrichtung von Jugendhilfe und Als weiteres Kooperationsformat zur Nutzung Sozialarbeit e. V. laufen ebenfalls das gesamte strategischer Synergiepotenziale verschiedener Jahr über. Akteur*innen werden seit August 2019 BNE- Werkstattgespräche veranstaltet. 30 Jahre Deutsche Einheit – es sollte ein Fest für alle sein. Die Vorbereitungen für Aus der Sicht der NGO bleibt kommuna- das Wochenende vom 3. bis 4. Oktober 2020 les entwicklungspolitisches Engagement ein kamen gerade richtig in Schwung, da machte schwieriges Thema. Nur in wenigen Kommu- die Covid-19-Pandemie dem Ganzen einen nen Brandenburgs ist ein Zuwachs an eige- Strich durch die Rechnung. Keine Chance nen Aktivitäten durch Kommunalpolitik und mehr auf gelebte Vielfalt, Mitmachen, Anfas- -verwaltung zu konstatieren. Der sich seit sen, Stehenbleiben und Diskutieren bei einem 2016 als „Baruther Schlossgespräche“ eta- riesigen Bürgerfest! Im Auftrag der Steue- blierende kommunalpolitische Dialog, der rungsgruppe des RTEP und in Absprache mit auch NGO einschließt, ist die Ausnahme. den Brandenburger Akteuren der nachhal- Beelitz konnte als 3. Fair-Trade-Town unse- tigen Entwicklung, der Europapolitik sowie res Bundeslandes und als 600. in Deutschland migrantischen Initiativen stellte VENROB ab ausgezeichnet werden. Teltow strebt diese September deshalb kurzfristig einen digita- Auszeichnung ebenfalls an. In der Landes- len Veranstaltungskalender zur Verfügung, hauptstadt kommen die Städtepartnerschaft der u. a. mit dem offiziellen Programmka- und die Klimapartnerschaft mit Sansibar- lender der Stadt Potsdam gekoppelt wurde. Town weiter gut voran. Hoffnungsvolle Zei- Dieser wurde intensiv genutzt, um in vielen chen gibt es im Landkreis Teltow-Fläming, Initiativen und Veranstaltungen die Arbeit auch aufgrund der guten Kooperation unserer vorzustellen und vor allem Vielfalt zu zeigen. drei Kolleginnen beim Diakonischen Werk Tel- Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international 17
Sie können auch lesen