BRANDENBURG: KOMMUNAL, NACHHALTIG, INTERNATIONAL - Forum Entwicklungspolitik Brandenburg

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BRANDENBURG: KOMMUNAL, NACHHALTIG, INTERNATIONAL - Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
Ausgabe 10 (2020)

Heike Möller (Hrsg.)

BRANDENBURG: KOMMUNAL,
NACHHALTIG, INTERNATIONAL
Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
BRANDENBURG: KOMMUNAL, NACHHALTIG, INTERNATIONAL - Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
Wir alle reden von Globalisierung und erkennen doch immer nur Aus
                                                                                                              schnitte davon. Wir nehmen ihre Annehmlichkeiten als irreversib
                                                                                                              Selbstverständlichkeiten hin und glauben, uns mit Ignoranz vor ihre
                                                                                                              Unannehmlichkeiten schützen zu können. Weit gefehlt, denn Entwick
                                                                                                              lungspolitik, Nachhaltigkeit und Globalisierung sind zwei Seiten ein un
                                                                                                              derselben Medaille!

                                                                                                              Beim Thema „Kommunale Beschaffungspolitik“ geht es um Geld, genau
                                                                                                              gesagt um sehr viel Geld. Rund 260 Milliarden Euro fließen insgesam
                                                                                                              in die öffentliche Beschaffung jedes Jahr, allein in Brandenburg sind e
                                                                                                              jährlich drei Milliarden Euro. Der Gedanke der Nachhaltigkeit in Verbin
                                                                                                              dung mit kommunaler Beschaffung trifft nicht immer auf informier
                                                                                                              und vorbereitete Entscheider. Geht es doch darum, bewusst vom beque
                                                                                                              men Pfad des „so haben wir es schon immer gemacht“ abzuweichen un
                                                                                                              sich der scheinbar unlösbaren Aufgabe zu stellen, über richtig und falsc
                                                                                                              billig und teuer zu entscheiden und diese Beschlüsse gegenüber den Mi
                                                                                                              bürgern zu vertreten.

                                                                                                              Diese Broschüre soll Information und Hilfestellung für kommunale En
                                                                                                              scheider und Ausführende leisten und mit Beispielen aus der Praxis Weg
                                                                                                              aufzeigen, wie gesetzliche Vorgaben in praktisches kommunales Hande
                                                                                                              umgesetzt werden können.

Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
wird herausgeben vom Verbund Entwicklungspolitischer
Nichtregierungsorganisationen Brandenburgs e. V. (VENROB)
Tuchmacherstr. 49, 14482 Potsdam
Tel.: 0331 / 704 89 66 | Fax.: 0331 / 270 86 90
www.venrob.org                                                                                                                        ISBN 978-3-941880-79-5
                                                                                                                                      www.welttrends.de
Verantwortlich: Uwe Prüfer, pruefer@venrob.org

Ausgabe 10 (2020)
Heike Möller (Hrsg.): Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international

Das Manuskript ist urheberrechtlich geschützt.
© WeltTrends, Potsdam 2020

Satz: Max Haberstroh
Layout: Kathrin Windhorst / kwikwi.org
Druck: solid earth, Berlin
Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier.
Produziert mit 100 % Ökostrom.

Bildnachweise
Cover: © Heike Möller | S. 3/28: © Tatjana Pott | S. 5/16: © Uwe Prüfer |
S. 6: © Fotostudio Goethe (links); © Stadt Teltow / Dirk Pagels (Mitte); © Stadt Eberswalde / Ulrich Wessollek (rechts)
S. 19: © Simone Holzwarth (links); © Patryk Grudzinski (rechts) | S. 20: © Patryk Grudzinski
S. 21: © Simone Holzwarth | S. 22: © Diakonisches Werk Teltow-Fläming / Stephanie Günter (links); © Landkreis
Teltow-Fläming / Dietlind Biesterfeld (rechts) | S. 23: © Landkreis Teltow-Fläming | S. 24: © Diakonisches Werk
Teltow-Fläming / Lisa Schütze | S. 25: © Nadine Gärtner (links); © Uwe Prüfer (rechts) | S. 26: © TransFair e. V.
S. 30: © Vanessa Birnbaum | S. 32: © Marie Fechner | S. 35: © Torsten Lipp

Bestellung: info@venrob.org

Gefördert durch Mittel des Ministeriums der
Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg.
BRANDENBURG: KOMMUNAL, NACHHALTIG, INTERNATIONAL - Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
Inhalt

Otto Lilienthal und die „neuen“ preußischen Tugenden                                2
Heike Möller

Von toten Wildschweinen und der Globalisierung                                      4
Uwe Prüfer

Fünf Fragen an drei Bürgermeister brandenburgischer Städte                          6
Holger Kelch (Cottbus), Thomas Schmidt (Teltow), Friedhelm Boginski (Eberswalde)

Round Table Entwicklungspolitik in Brandenburg 2020                                11
Zusammenfassung der Inputs von der Staatskanzlei und den Ministerien

Zu einigen Schwerpunkten der brandenburgischen NGO                                 16
Uwe Prüfer

Gelebte Nachhaltigkeit, Feste und Netzwerke                                        19
Simone Holzwarth und Sebastian Wehrsig

Gelebte Partnerschaft in Pandemie-Zeiten                                           22
Stephanie Günther und Dietlind Biesterfeld

Fairtrade-Towns – Impulsgeber für Fairen Handel                                    25
in Kommunen, auch in Brandenburg
Nicole Saile und Uwe Prüfer

Die 5. Baruther Schlossgespräche für eine Nachhaltige Entwicklung in Brandenburg   28
Heike Möller

Kommunale Entwicklungspolitik in Beelitz                                           32
Marie Fechner

Neues aus der Städtepartnerschaft Potsdam – Sansibar                               34
Claudia Dombrowsky

Mustererklärung für Städte, Gemeinden und Landkreise zur Agenda 2030               36
Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten
BRANDENBURG: KOMMUNAL, NACHHALTIG, INTERNATIONAL - Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
Otto Lilienthal und die „neuen“ preußischen Tugenden

    Was hat der Flugpionier Otto Lilienthal mit brandenburgischen Kommunen gemeinsam? Auf den ers-
    ten Blick nichts, außer dass Lilienthal nicht nur in Berlin, sondern auch in Potsdam und Umgebung
    seine Flugübungen gemacht und damit den Grundstock für die weitere Entwicklung der Luftfahrt
    gelegt hat. Auf den zweiten Blick wird klar: Innovation, Initiative, Zukunftsvision, Mut und Ent-
    schlossenheit! Von alldem wünschen wir uns mehr. Innovation kommt aus der Mitte der Bevölke-
    rung, und die wird auch in Deutschland immer bunter, kulturell vielfältiger und damit kreativer.

    Einfallsreichtum, Kreativität und digitaler Sachverstand sind auch die neuen Qualitäten, derer es
    bedarf, um nicht nur beruflich halbwegs unbeschadet durch die Corona-Krise zu kommen. Diese
    bewirke – laut Aussage Gerd Landsbergs, Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebun-
    des – eine „Renaissance der kommunalen Selbstverwaltung“. Das Vertrauen in die Kommunen und ihre
    Vertreter*innen sei enorm gewachsen. Ohne diese würde man in der Pandemie-Bekämpfung keinen
    Zentimeter weiterkommen. Eigeninitiative wird gefordert und entsprechend gefördert.

    Trendforscher Eike Wenzel stellt fest, dass Bürgermeister*innen im Kopf weiter seien als viele Staats-
    chefs bei den Themen Klima, Energie- und Mobilitätswende, Wohnen und Digitalisierung. Grund: Sie
    sind näher dran am Alltag der Menschen. Es ist ja auch ihr tägliches Brot, sich mit den Anforderungen
    auseinandersetzen und dabei einen guten Job zu machen. Sich auf die großen Ziele zu fixieren ist das
    eine, die lokalen Potenziale zu kennen und diese zu stärken das andere. Bestehende Strukturen nutzen
    und innovative Konzepte in der Fläche umsetzen – sei es bei der Flüchtlingsintegration, bezahlbarem
    Wohnraum, Nachbarschaftsinitiativen, beim Vereinsleben oder im Ehrenamt – ist eine Herkulesauf-
    gabe. Damit macht man sich nicht nur Freunde. Viele Bürgermeister und Bürgermeisterinnen (nur neun
    Prozent der Städte und Gemeinden werden bundesweit von Frauen geführt) sehen sich zunehmend
    zum Teil heftigen Anfeindungen ausgesetzt. Der Ton in der Politik ist rauer geworden und das bekom-
    men die exponierten Ehren- und Hauptamtlichen oft am eigenen Leib zu spüren. Umso mehr freuen wir
    uns, drei Bürgermeister aus den brandenburgischen Städten Cottbus, Teltow und Eberswalde gewonnen
    zu haben, fünf Fragen zu zwei Themenkomplexen zu beantworten: Klimawandel, Flüchtlings- und Asyl-
    politik sowie die Auswirkungen der Covid-19-Problematik in ihren jeweiligen Kommunen.

    „Opfer müssen gebracht werden“, waren Otto Lilienthals letzte Worte nach seinem letzten, weil töd-
    lich geendetem Flugversuch. Den Corona-Schutzbestimmungen zum Opfer gefallen sind nicht nur
    sämtliche großen und kleinen kulturellen, gesellschaftlichen und sonstigen Präsenzveranstaltungen.
    Auch der jährlich vom VENROB e. V. und derzeit dem Ministerium für Finanzen und Europa abge-
    haltene „Round Table Entwicklungspolitik“ war davon betroffen. Die damit verbundenen Informa-
    tionen der Input-Gebenden und teilnehmenden Akteur*innen sind aber nicht ersatzlos gestrichen:
    Vertreter*innen der Staatskanzlei, in der in dieser Legislation die Koordinierung der brandenbur-
    gischen Nachhaltigkeitsstrategie angesiedelt ist, und einiger Ministerien und brandenburgischen
    Nichtregierungsorganisationen haben ihre Statements verschriftlich und informieren über den
    gegenwärtigen Stand der Entwicklung.

    So sieht die derzeitige Koalitionsvereinbarung keinen vollständigen Kurswechsel, sondern eine Fort-
    schreibung der noch gültigen Landesnachhaltigkeitsstrategie vor, ausgerichtet an der Agenda 2030,
    unterstützt von einem noch einzurichtenden Nachhaltigkeitsbeirat. Auch dieses Rad musste gottlob
    nicht neu erfunden werden. Aus dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport wird vermeldet,
    dass sich die Auswirkungen der Corona-Schutzmaßnahmen im Bildungsbereich besonders deutlich
    gezeigt haben. Schulschließungen ab dem 18. März führten zum teilweisen Abbruch oder Ende aller
    Projekte. Aus dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz kommt der Hinweis

2   Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020)
BRANDENBURG: KOMMUNAL, NACHHALTIG, INTERNATIONAL - Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
auf die im Frühjahr 2020 erschienene Publikation „natürlich. nachhaltig. Wir in Brandenburg – Ziele
und Aktivitäten verständlich erklärt“. Darin wird kurz und in einfacher Sprache die weiterhin gültige
Nachhaltigkeitsstrategie erklärt – ein potenzieller Publikationsbestseller.

Krisen wirken wie Katalysatoren: Hat 2015 die „Flüchtlingskrise“ Probleme des Polizei- und Verwal-
tungswesens bundesweit offenbart, beschleunigt Corona 2020 in unvorhergesehenem Ausmaß die
Digitalisierung in wirklich allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens. Über die Folgen für
die Kommunikationsarbeit in der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit wird aus dem Ministerium
für Finanzen und für Europa berichtet.

Eine Arbeitsgruppe unter Federführung der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde
(HNEE) soll Handlungsmöglichkeiten und Maßnahmen identifizieren, um Bildung für Nachhaltige
Entwicklung (BNE) im Bewusstsein aller Hochschulmitglieder nachdrücklich zu verankern.

Ein recht ausführlicher Bericht zu den Schwerpunkten brandenburgischer Nichtregierungsorganisa-
tionen verschafft einen guten Überblick über die vielfältigen Aktivitäten unterschiedlicher Gruppie-
rungen. Neben vielen anderen seien hier exemplarisch die BREBIT, die am IASS angesiedelte Nach-
haltigkeitsplattform und der Veranstaltungskalender anlässlich der Einheitsexpo in Potsdam genannt.

„Gelebte Nachhaltigkeit“ haben sich die Mitglieder von Stadt-Land.move und des Bildungshauses
Villa Fohrde auf die Fahnen geschrieben. Mit ihrem Konzept der Gewinnung öffentlicher Aufmerk-
samkeit, der Stärkung und des Coachings von Nachhaltigkeitsinitiativen, dem Aufbau eines regio-
nalen Netzwerkes sowie dem Vorleben von Nachhaltigkeit im Alltag zeigen sie auf, wie sie zu einer
zukunftsfähigen und global gerechten Entwicklung beitragen können.

„Gelebte Partnerschaften“ stellen die Promotorin des Diakonischen Werkes Teltow-Fläming e. V. und
die Beigeordnete des Landkreises Teltow-Fläming im Rahmen der Klimapartnerschaft mit der nami-
bischen Kommune Katima Mulilo vor.

Den Titel „Fairtrade-Town“ gibt es seit 20 Jahren zu erlangen. Während sich deutschlandweit bereits
über 700 Kommunen um diese Auszeichnung verdient gemacht haben, ist das Engagement in Branden-
burg mit Eberswalde, Neuruppin und Beelitz noch recht überschaubar. Dafür aber umso eindringlicher!

Das Format der Baruther Schlossgespräche hat sich im fünften Jahr seines Bestehens erfolgreich
etabliert. Was zunächst noch „Neuland“ war, ist mittlerweile in allgemeines Grundverständnis über-
gegangen und sucht nach weiteren Ausrichtern im Norden Brandenburgs.

Über die zahlreichen Initiativen und Projekte wird aus der Spargelstadt und Fairtrade-Town Beelitz
berichtet mit dem Ziel, die Nachhaltigkeit in der Region zu fördern.

„Gelebte Städtepartnerschaft“ zeigt sich am Beispiel Potsdam-Sansibar, eine mit verschiedenen
Inhalten wie Kooperationen, Spendenaktionen, Schulpartnerschaft und anderen Aktivitäten gelebte
Beziehung mit dem Globalen Süden.

Und im Anhang finden Sie eine Mustererklärung, die Sie in Ihrer Kommune zur Diskussion stellen
können, um die Agenda 2030 und die 17 Nachhaltigkeitsziele aktiv voranzubringen.

Potsdam im Corona-Dezember 2020                                                          Heike Möller

                                                       Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international   3
BRANDENBURG: KOMMUNAL, NACHHALTIG, INTERNATIONAL - Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
Von toten Wildschweinen und der Globalisierung

    Sie kennen vermutlich den in die Jahre gekommenen Vergleich von etwas als unbedeutend Angese-
    henem mit einem Reissack, der in China umgefallen ist? Nein, ich möchte jetzt nicht auf den zuge-
    spitzten Satz eines früheren brandenburgischen Ministerpräsidenten hinaus: „Ob wir in Brandenburg
    unsere beiden Kraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe schließen, hat auf das Weltklima unge-
    fähr so viel Auswirkungen, als ob in China ein Sack Reis umfällt.“1 Obwohl das natürlich auch zum
    Themenkreis dieses Heftes gehört.

    Im September 2020 fällt in Schenkendöbern (Spree-Neiße) ein Wildschwein um: mit Afrikanischer
    Schweinepest – und die Volksrepublik China als der größte Abnehmer für Schweinefleisch aus
    Deutschland außerhalb der EU stoppt sofort dessen Import! Nicht nur für die deutschen Schweine-
    halter ein großes Problem. Durch die Einrichtung der Sperrzone mit Restriktionen in einem bis zu
    25 Kilometer großem Radius, dem Nutzungsverbot von land- und forstwirtschaftlichen Flächen und
    dem Zutrittsverbot in der Kernzone wird zeitweise massiv in das kommunale Geschehen der betrof-
    fenen drei Landkreise eingegriffen. Ein anschauliches Beispiel für die Reichweite und Durchdrin-
    gungsmacht der Globalisierung.

    Es ist grundsätzlich angezeigt, auch die kommunale Ebene deutlich stärker einzubeziehen bei der
    Suche nach zukunftsfähigem Umgang mit der Globalisierung, nach Wegen einer nachhaltigen Ent-
    wicklung, den entsprechenden politischen Entscheidungen, die von der Gesellschaft mitgetragen
    werden sollten und vor allem deren Umsetzung. Dies kann auch für unser Bundesland als ausbaufä-
    hig angesehen werden.

    Bereits die im Nachhaltigkeitskontext vielzitierte UN-Konferenz Umwelt und Entwicklung von 1992
    in Rio de Janeiro hatte dies mit ihrer Agenda 21 im Kapitel 28 „Kommunale Initiativen zur Unter-
    stützung der Agenda 21“ beschlossen. So beispielsweise „28.3. Jede Kommunalverwaltung sollte in
    einen Dialog mit ihren Bürgern, örtlichen Organisationen und der Privatwirtschaft eintreten und eine
    ‚lokale Agenda 21‘ beschließen“. Für brandenburgische Kommunen liegt dazu meines Wissens keine
    gesicherte Statistik vor. Sicher ist jedoch, dass von den ohnehin wenigen Vorreiter*innen damals mit
    entsprechenden LA-21-Prozessen und Beschlüssen manche wieder eingeschlafen sind.

    Wie auch in früheren Heften der FEB-Reihe bereits behandelt, gibt es bekanntlich inzwischen mit
    den 17 Nachhaltigkeitszielen (SDG) der Vereinen Nationen, vereinbart auf deren Vollversammlung
    2015, einen Kern für die 2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung. Ziel 11, „Städte und Siedlungen
    inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten“, sieht sich immensen Herausforderungen
    gegenüber. Es wird prognostiziert, dass sich die rasante Tendenz zur Urbanität fortsetzt und um 2050
    nur noch ca. 30 Prozent der Weltbevölkerung auf dem Land leben werden und sich bereits 2030 in
    mehr als 40 Megacities jeweils mehr als 10 Millionen Einwohner*innen drängen werden. Bereits jetzt
    stammen rund 70 Prozent aller CO²-Emissionen aus Städten.

    In Brandenburg wird es darauf ankommen, den ländlichen Raum zu stärken und lebenswert zu
    halten bzw. zu gestalten, nicht zuletzt orientiert an den SDG. Denn dem berechtigten Anspruch
    „Brandenburgs Grundlage sind starke Städte und Gemeinden“2 erwachsen auch diesbezügliche
    Verpflichtungen. Die 2019 fortgeschriebene Nachhaltigkeitsstrategie des Landes – u. a. mit einem

    1   www.super-illu.de, (Memento vom 12. Mai 2008 im Internet Archive).
    2   „Brandenburgs Grundlage sind starke Städte und Gemeinden“. Beschlossen vom Präsidium des StGB Branden-
        burg am 8.10.2018 in Falkensee.

4   Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020)
BRANDENBURG: KOMMUNAL, NACHHALTIG, INTERNATIONAL - Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
Handlungsschwerpunkt „Lebenswerte Dörfer und Städte“ bietet Voraussetzungen, diese als leben-
dig, familienfreundlich, „grün“, als weltoffen für Menschen, Jobs, Kulturen etc. zu entwickeln. Dazu
kann z. B. auch der Austausch mit Kommunen des Globalen Südens beitragen, den einige Städte in
Brandenburg bereits nutzen. In dieser Hinsicht sind die Baruther Schlossgespräche ein kleines, aber
feines Format, das nunmehr seit fünf Jahren die Engagierten immer wieder mit neuen Erfahrungen,
Impulsen und Ermutigungen ausstattet.

Falls Sie an dieser Stelle einen interessanten Absatz zu so etwas wie „Corona/Covid-19 von global
bis kommunal“ vermissen sollten – entwerfen Sie bitte selbst einen …

                                                               Uwe Prüfer, 2. Sprecher VENROB e. V.

                                                      Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international   5
BRANDENBURG: KOMMUNAL, NACHHALTIG, INTERNATIONAL - Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
Fünf Fragen an
    drei Bürgermeister
    brandenburgischer
    Städte

    Oberbürgermeister Holger Kelch        Bürgermeister Thomas Schmidt        Bürgermeister Friedhelm Boginski
    Cottbus                               Teltow                              Eberswalde

    Die Aufgaben eines Bürgermeisters sind sehr             ren, die weltweit Fluchtbewegungen auslösen.
    vielschichtig. Dabei gilt es nicht nur, die unmit-      Mit deren Folgen sind auch wir in Brandenburg
    telbaren Interessen der Kommune zu vertreten.           auf unterschiedlichen Ebenen konfrontiert. In
    Es hilft auch, das globale Geschehen im Auge            den Klimazielen der Weltgemeinschaft wurden
    zu behalten, um die Auswirkungen auf der                2015 die 17 Nachhaltigen Entwicklungsziele
    Mikroebene zu verstehen. Die Corona-Krise               (SDG) mit ihren 169 Unterzielen vereinbart. Die
    entwickelt eine zusätzliche kritische Dynamik.          brandenburgische Landesregierung anerkennt
    Dort, wo es zuvor schon Probleme gab, haben             in ihrer Koalitionsvereinbarung die Notwendig-
    sich diese verstärkt. Mehrausgaben treffen auf          keit zu mehr breit aufgestellter Nachhaltigkeit,
    wegbrechende Einnahmen. Hilfsprogramme                  um den Klimazielen gerecht zu werden.
    verlangen bürokratische Vorarbeit, zusätzlich
    zum administrativen Alltag.                             Was verlangt es den Kommunen ab, sich
                                                            umweltgerechten und klimaneutralen Konzep-
    Begleitet werden die Geschehnisse vor Ort dabei         ten für Verkehr, Energie, Landwirtschaft, etc.
    von den Auswirkungen des Klimawandels. So ist           zuzuwenden? Wie wirkt sich die Flüchtlings-
    bekannt, dass klimatische Veränderungen regi-           und Asylpolitik auf ein friedliches Miteinander
    onal zu Dürren und Verteilungskämpfen füh-              in den Kommunen aus?

6   Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020)
BRANDENBURG: KOMMUNAL, NACHHALTIG, INTERNATIONAL - Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
Oberbürgermeister                                   Wo sind die Auswirkungen der Klima- und
Holger Kelch (Cottbus)                              Corona-Krise in Ihrer Kommune besonders
                                                    drastisch sichtbar?

Die Stadt Cottbus/Chósebuz hat durch die Teil-      Klima:
nahme am Wettbewerb „Kommune bewegt                    • Wassermenge in Flüssen und Seen

Welt“ und dem Gewinn des Newcomer-Preises              • Dürre im Sommer (Trockenheit)

den wichtigen Impuls bekommen, sich neben              • Baumbestand insbesondere im Branitzer

der schon gut funktionierenden Integrationsar-           Park
beit auch über die weitreichenderen Themenfel-
der der nachhaltigen Entwicklung in einer glo-      Corona:
balen Welt weitere Gedanken zu machen. Hier           • Kinder mit herkunftsbedingter Bildungs-

gehen wir erste Schritte, die benannten The-            benachteiligung (Migration, sozioökono-
menfelder kommunaler Entwicklungs-, Klima-,             mische Lage, Milieuzugehörigkeit, Kin-
Bildungs- und Integrationsarbeit zusammen-              derarmut) sind die Bildungsverlierer in der
zudenken und uns detailliert mit den 17 Nach-           Corona-Krise
haltigkeitszielen der Agenda 2030 auseinander-        • Digitalisierung Schulen/Verwaltung

zusetzen. Eine abgestimmte und auf die lokalen
Besonderheiten achtende Strategie soll dafür        Welche Maßnahmen ergreifen Sie dagegen?
entwickelt werden. Dazu wird es notwendig
sein, zunächst die 17 Ziele bekannt zu machen       Vieles ist lokal nur schwer umsetzbar. So liegt
und sich mit den Indikatoren zu beschäftigen,       das Wassermanagement in Flüssen etc. als
Schwerpunkte für Cottbus festzulegen und in         Aufgabe und Kompetenz länderübergreifend
allen zu erstellenden Konzepten, Visionen und       in Brandenburg und Sachsen. Zugleich hat
Plänen diese mitzudenken und zu implemen-           die Stadt Cottbus/Chósebuz u. a. mit einem
tieren. Dies ist die größte Herausforderung,        Entnahmeverbot aus Oberflächengewässern
um politische Entscheidungsträger genauso zu        reagiert. Im Rahmen des Strukturwandels wird
überzeugen, wie handelnde Akteure in Wirt-          der Cottbuser Ostsee entstehen; dazu wird
schaft, Verwaltung und Bildung.                     der frühere Tagebau Cottbus-Nord geflutet.
                                                    Das Hafenquartier auf Cottbuser Seite soll
Die größte Herausforderung bleibt demnach           CO2-neutral gebaut und betrieben werden
die politische Aushandlung im lokalen Kontext       und gleichzeitig ein Eckpunkt neuer Stadtent-
zu den Themen, die Position als Kommune mit         wicklung zwischen Altstadt-Zentrum und See
Haushaltssicherungskonzept in der Abstim-           werden. Von dieser Verbindung sollen weitere
mung und ggf. Auseinandersetzung mit der            klimagerechte Impulse ausgehen.
Kommunalaufsicht über notwendige und frei-
willige Aufgaben und das koordinierende und         Beteiligung am Digitalpakt Schule mit ent-
systematische Zusammenführen und Bündeln            sprechenden Förderanträgen sowie den Kon-
von Prozessen an einer Stelle, letztlich also die   zepten der einzelnen Schulen
Finanzierung von Kommune insgesamt. Dies ist
uns explizit gelungen bei der Integration von       Worin sehen Sie die größte Herausforderung,
Geflüchteten, wie wir in der Wirkungsanalyse        die Ihrer Kommune bevorstehen könnte?
zur Migrationssozialarbeit nachweisen konn-
ten: https://www.cottbus.de/verwaltung/ob/          Die größte Herausforderung derzeit ist der
buero_ob/bildung_integration/                       mehr als 30 Jahre andauernde Transforma-
                                                    tionsprozess seit dem politischen Umbruch
Öffentliche Beschaffung unter den Stichpunk-        1989/1990, der sich in wiederkehrenden Pro-
ten Nachhaltigkeit, faire Beschaffung und           blemlagen manifestiert. Hierzu zählen ins-
Klima­neutralität ist als weitere große Heraus-     besondere der regionale Strukturwandel seit
forderung anzusehen.                                1989 (Kohle, Energie, Textilindustrie, Agrar-

                                                     Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international   7
BRANDENBURG: KOMMUNAL, NACHHALTIG, INTERNATIONAL - Forum Entwicklungspolitik Brandenburg
wirtschaft), der aktuelle europäische/globale      Unterstützung in Form von infrastruktureller
    Industrie- und Arbeitsumbruch (Deindustriali-      und finanzieller Art beim Land kämpfen, um die
    sierung, Digitalisierung, Dienstleistungsmajori-   Herausforderungen der Integration bewältigen
    tät), die intra- und internationalen Migrations-   zu können. Eine gleichmäßige und solidarische
    bewegungen seit 1989/2015 (Abwanderung,            Verteilung von Verantwortung bei der Auf-
    Fachkräftemangel, Einwanderung), die demo-         nahme und Versorgung im Flächenstaat Bran-
    grafische und soziale Entwicklung (Überalte-       denburg scheint daher dringend geboten.
    rung, soziale Armut, vorschulische Defizite)
    sowie die Metropolisierung (Sogwirkung Ber-        Woran denken Sie, wenn Sie an Ihrem Lieb-
    lin/Dresden) und Mikro-Wanderungen (länd-          lingsort in Ihrer Stadt sind, und was wünschen
    liche Entvölkerung) im Oberzentrum Cottbus/        Sie sich dabei?
    Chósebuz.
                                                       Ich wünsche mir, dass man unserer Stadt
    Die Gestaltung des neuesten Strukturwan-           unvoreingenommen begegnet, uns besucht
    dels (Ausstieg aus der Kohle) ist Herausforde-     und sich ein eigenes Bild von Cottbus/Chóse-
    rung und Chance zugleich. Konkret zu nennen        buz, ihren Problemen und Chancen bspw. im
    sind u. a. der Umbau und die Profilierung des      Strukturwandel macht und dabei gern den
    Instandsetzungswerkes der Bahn sowie der           Blick über den entstehenden Cottbuser Ostsee
    Aufbau einer universitären Medizinerausbil-        schweifen lässt. Dazu lade ich herzlich ein.
    dung. Der Strukturwandel muss dabei nicht
    nur wirtschaftlich, sondern auch sozial, kul-
    turell und generationengerecht bewältigt und       Bürgermeister Thomas
    gestaltet werden.                                  Schmidt (Teltow)
    Bundesweit haben sich einige Kommunen dafür
    ausgesprochen, Geflüchtete in ihrer Kommune        Wo sind die Auswirkungen der Klima- und
    aufzunehmen. Wie beurteilen Sie die Stim-          Corona-Krise in Ihrer Kommune besonders
    mungslage in Ihrer Kommune dazu?                   drastisch sichtbar?

    Die Stadt Cottbus teilt bei der Beantwortung       Klimatische Veränderungen wirken sich durch-
    dieser Frage die geflüchteten Menschen in zwei     aus auch kleinteilig in Kommunen aus – oft
    Gruppen: 1) Personen im Asylverfahren und mit      auf den ersten Blick nicht erkennbar und doch
    Duldung und 2) Personen mit Asylanerkennung        mit aller Nachhaltigkeit! So ist zum Beispiel
    und Bleiberecht. Für die Personengruppe 1 hat      das Versanden von kleineren Gewässern im
    die Stadt Cottbus seit Jahren die Quote mehr als   gesamten Land Brandenburg nichts Unübli-
    übererfüllt (+170 Personen). Bei der Gruppe 2      ches und gilt als deutliches Signal für Klima-
    gab es ab Sommer 2016 einen großen Zuzug           veränderungen. Auch die Tatsache, dass sich
    (von knapp 3.000) nach Cottbus.                    Kommunen immer mehr mit dem gegenüber-
                                                       stehenden Problem von Starkregenereignissen
    Damit war Cottbus die Hauptzuzugsstadt in          im Wasser- und Abwasserbereich auseinan-
    Brandenburg. Die Hauptschwerpunkte der             dersetzen müssen, ist Folge von klimatischen
    Stadt Cottbus liegen daher bei der Versorgung      Veränderungen. Konkret müssen wir uns als
    und nachhaltigen Integration der Geflüch-          Kommune mit finanziellen Auswirkungen aus-
    teten in die Stadtgesellschaft sowie bei der       einandersetzen, die im Ergebnis das Resultat
    Sicherstellung eines gedeihlichen Zusammen-        solcher Entwicklungen sind.
    lebens. Grundsätzlich lehnt die Stadt Cottbus
    eine zusätzliche Aufnahme von Geflüchteten         Welche Maßnahmen ergreifen Sie dagegen?
    nicht ab. Dazu gab es einen entsprechenden
    Stadtratsbeschluss. Aber in den Jahren 2016        Für uns heißt es konkret, die Entwicklung der
    bis 2018 musste die Stadt sehr vehement um         Stadt in einem gesunden Maß voranzutreiben

8   Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020)
und dabei die ökologische Bilanz nicht außer      Woran denken Sie, wenn Sie an Ihrem Lieb-
Acht zu lassen. Dies alles, verbunden mit einer   lingsort in Ihrer Stadt sind, und was wünschen
intensiven Form der Bürgerbeteiligung, ist eine   Sie sich dabei?
Herausforderung, der man sich landesweit
stellen muss. Ein Weniger an Versiegelungen,      Der Aufenthalt an meinem Lieblingsort gestal-
ein Mehr an Grünzonen und eine städtebauli-       tet sich tatsächlich oft mit dem Gedanken
che Entwicklung, die nachhaltig orientiert ist:   an die Zukunft: Mögen sich zum einen die
Das sind die perspektivisch zu ergreifenden       unterschiedlichen Generationen aber auch der
Maßnahmen vor Ort.                                Bevölkerungsmix in einem Miteinander üben,
                                                  das die Gesellschaft auch durch schwere Zei-
Worin sehen Sie die größte Herausforderung,       ten trägt. Dieses Miteinander betrachte ich
die Ihrer Kommune bevorstehen könnte?             als tragende Säule unserer Gesellschaft und
                                                  es stellt sich somit als mein Wunsch für die
Vielerorts ist der sogenannte Strukturwandel,     Zukunft dar.
gerade in den neuen Bundesländern, mehr
oder weniger abgeschlossen. Damit einherge-
hende, infrastrukturelle Änderungen müssen        Bürgermeister Friedhelm
von den Kommunen oft mühselig abgefedert          Boginski (Eberswalde)
werden. Soziale Infrastrukturen, die letztlich
oft auch der Schlüssel zu sozialem Frieden
sind, müssen sich in kommunalen Haushalten        Wo sind die Auswirkungen der Klima- und
widerspiegeln. Wenn Kommunen hier in Not-         Corona-Krise in Ihrer Kommune besonders
lagen geraten, heißt es oft mit emotionalen       drastisch sichtbar?
Schieflagen umzugehen, die das gemeindliche
Miteinander infrage stellen können.               Städte erleben durch Krisen einen ständigen
                                                  Strukturwandel, der den Menschen enorme
Bundesweit haben sich einige Kommunen dafür       Anpassungsleistungen abverlangt. Neben den
ausgesprochen, Geflüchtete in ihrer Kommune       Herausforderungen des klimatischen Wandels
aufzunehmen. Wie beurteilen Sie die Stim-         (z. B. Waldschäden durch Trockenheit) und der
mungslage in Ihrer Kommune dazu?                  Flüchtlingskrise (u. a. Integration, inbesondere
                                                  in Schulen und Kitas) hat auch die Corona-
Die Aufnahme von Geflüchteten ist in unse-        Krise vielschichtige Auswirkungen auf die Stadt
rer Kommune eine Selbstverständlichkeit und       Eberswalde (u. a. auf Handel, Wirtschaft, das
gehört auch für die Bürgerinnen und Bür-          soziale Miteinander, Sport und Kultur).
ger der Stadt zum völlig normalen Umgang.
Es wird sich allseits bemüht, Integration so      Welche Maßnahmen ergreifen Sie dagegen?
leicht und einfach wie möglich zu gestalten
und gleichzeitig das soziale Miteinander in der   Erstens hat die Stadt Eberswalde Maßnahmen
Stadt zu befördern.                               zur finanziellen Abfederung getroffen.

Das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kul-     Zweitens haben wir uns bemüht, Kulturveran-
turen will behutsam begleitet werden! Die         staltungen nicht abzusagen, sondern – soweit
dafür geschaffenen Angebote, auch generati-       möglich – in anderer Form digital, dezentral
onsübergreifend, sind auch von den politisch      oder auch zu einem späteren Zeitpunkt durch-
Verantwortlichen vor Ort immer positiv beglei-    zuführen. Dabei wurden insbesondere neue For-
tet worden und ließen keinen Raum für Zwie-       mate für Kultur, Bildung und Sport entwickelt.
tracht. Insofern kann die Stimmungslage vor
Ort als ausgesprochen gut betrachtet werden,      Drittens ist es auch in der Krise wichtig, die
auch wenn sich eine hohe Anzahl von Migran-       Zukunftsplanungen für die Stadtentwick-
tinnen und Mirganten im Ort befindet.             lung fortzuführen: Mit einem „Mobilitätsplan

                                                   Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international   9
2030+“ werden z. B. derzeit Verkehrsent-                                        dafür neue Formate entwickelt, z. B. eine digi-
        wicklungs-, Lärmaktions- und Luftreinhalte-                                     tale Bürgermeistersprechstunde und digitale
        planung sowie das Mobilitätsmanagement                                          Einwohnerversammlungen.
        zusammengefasst. Ebenso wurde im Jahr 2020
        unter dem Motto „Eberswalde 2035“ ein Dis-                                      Worin sehen Sie die größte Herausforderung,
        kussionsprozess zur Entwicklung unserer Stadt                                   die Ihrer Kommune bevorstehen könnte?
        angestoßen, unter anderen unter den folgen-
        den Gesichtspunkten:                                                            Die größte Herausforderung ist, das sozialen
                                                                                        Miteinander der Stadtgesellschaft aufrechtzu-
        •   die lebendige Stadt (Wohnen, Stadtstruktur,                                 erhalten und dabei Spaltungen zu vermeiden
            Tourismus, Kultur …),                                                       sowie Gruppendifferenzen abzubauen.
        •   die kluge Stadt (Bildung, lebenslanges Ler-
            nen …),                                                                     Bundesweit haben sich einige Kommunen dafür
        •   die klimagerechte Stadt (Klimaschutz, Kli-                                  ausgesprochen, Geflüchtete in ihrer Kommune
            maanpassung, Mobilität, Grün …),                                            aufzunehmen. Wie beurteilen Sie die Stim-
        •   die wirtschaftlich starke Stadt (Arbeiten,                                  mungslage in Ihrer Kommune dazu?
            Digitalisierung, Stadtmarketing …),
        •   die solidarische Stadt (Beteiligung, Stadt                                  Dies wäre möglich, aber die anstehenden Pro-
            gemeinsam gestalten, gesellschaftlicher                                     bleme sind ausreichend.
            Zusammenhalt, Inklusion, lokale Demokra-
            tie …) und                                                                  Woran denken Sie, wenn Sie an Ihrem Lieb-
        •   die kooperative Stadt (Daseinsvorsorge, Mit-                                lingsort in Ihrer Stadt sind, und was wünschen
            telzentrum, regionale Kooperation …).                                       Sie sich dabei?

          Dabei ist mir die Partizipation der Bürgerinnen                               Meine Lieblingsorte: Natur, Rathaus, Garten,
          und Bürgern schon immer ein großes Anlie-                                     Stadtmitte. Ich denke an Frieden, an Dankbar-
     Prignitz                                                                                    Uckermark
          gen gewesen. In der Corona-Krise musste und                                   keit für das  Leben und an die Zukunft meiner
          muss man Partizipation neu denken. Wir haben                                  Kinder und Enkelkinder.

                              Ostprignitz-Ruppin

                                                             Oberhavel

                                                                                         Barnim

                                                                                                  Eberswalde

                         Havelland
                                                                                                                 Märkisch-Oderland

                     Brandenburg                   Potsdam
                     an der Havel                                Teltow

                                                                                                                           Oder-Spree         Frankfurt
                                                                                                                                              (Oder)

                          Potsdam-Mittelmark

                                                                Teltow-Fläming

                                                                                              Dahme-Spreewald

                                                                                                                                        Cottbus

                                                                                                          Oberspreewald-
                                                                                                              Lausitz
10      Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020)                                                                                       Spree-Neiße
                                                                          Elbe-Elster
Round Table
Entwicklungspolitik in
Brandenburg 2020
Schriftliche Beiträge zum 11. Round Table Entwick-
lungspolitik am 13. November 2020. Eine Alternativ-
variante zur üblicherweise veröffentlichten Dokumen-
tation der Präsenzveranstaltung

Die Steuerungsgruppe des Round Table Ent­              Klar ist schon jetzt, dass es keinen vollständi-
wicklungs­po­li­tik Land Brandenburg musste            gen Kurswechsel gegeben muss. Denn schon
sich bekanntlich mit großem Bedauern zu ei-            die Fortschreibung der Landesnachhaltig-
ner Absage des als Präsenzveranstaltung am             keitsstrategie im Jahr 2019 folgte mit der
13.11.2020 geplanten 11. Treffens entschei-            Ausrichtung an den „Zielen für nachhaltige
den. Sie hat sich darauf verständigt, dafür am         Entwicklung“ der dann später in der Koali-
13.11.2020 einige relevante Beiträge zu unseren        tionsvereinbarung festgehaltenen Leitlinie.
Themen per Mail an die Stakeholder zu senden.          Insofern besteht die bisherige Nachhaltig-
                                                       keitsstrategie fort. Es wird aber konzeptionelle
                                                       Änderungen und Ergänzungen geben. Was das
Zum Monitoring der                                     genau sein wird, ist im Einzelnen noch zu erör-
Entwicklungspolitischen                                tern und abzustimmen. Viel spricht dafür, dass
                                                       ein Schwerpunkt auf innovativer Regionalent-
Leitlinien                                             wicklung liegen wird.

Staatskanzlei, Dr. Georg Dybe                          Ein Expert*innengremium, der Nachhaltig-
                                                       keitsbeirat, soll die Landesregierung u. a. in
In der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD,            Sachen Nachhaltigkeitsstrategie beraten. Zum
CDU und Bündnis 90 / Die Grünen von Ende               Nachhaltigkeitsbeirat läuft gegenwärtig das
2019 wurde festgehalten, dass die Nachhal-             Kabinettverfahren.
tigkeitsstrategie des Landes überarbeitet und
an der Agenda 2030 der Vereinten Nationen
(„Ziele für nachhaltige Entwicklung“) aus-             Ministerium für Bildung, Jugend und Sport,
gerichtet werden soll. Aufgrund der Corona-            Ramona Krautz
Pandemie konnte zur Umsetzung dieser Festle-
gung aus der Koalitionsvereinbarung noch kein          Dieses Jahr hat die Corona-Pandemie allen
förmlicher Kabinettsbeschluss herbeigeführt            „einen Strich durch die Rechnung gemacht“:
werden. Es wurde aber im August 2020 eine              Schulschließungen ab dem 18.3.2020. Da-
interministerielle Arbeitsgruppe innerhalb der         durch konnten zunächst alle Projekte nicht
Landesregierung eingerichtet, die unter Feder-         bzw. nicht weiter durchgeführt werden. Ex-
führung der Staatskanzlei u. a. die Nachhaltig-        terne Partner*innen haben ihre Angebote um-
keitsstrategie voranbringt.                            gestellt; stellenweise auf digitale Angebote

                                                        Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international   11
bzw. so, dass diese mit weniger Schülerinnen         die dann über die Webseite des Trägers für alle
     und Schülern vor Ort durchführbar waren.             Brandenburger Schulen verfügbar sind.
     Nachfolgend einige Angebote:
                                                          GEKO: 80 Schul-Doppelstunden „30 Jahre Wie-
     GEKO: „Bildung zur Demokratie am praktischen         dervereinigung 2020“ (Laufzeit 15.8.2020 bis
     Beispiel: Entscheidungsprozesse zum Klima-           28.2.2021, Förderung MBJS)
     schutz“ (Laufzeit 1.9.2019 bis 30.6.2020, För-
     derung MBJS)                                         Das Projektkonzept ermöglicht die vertiefte
                                                          Auseinandersetzung mit verschiedenen The-
     An weiterführenden und beruflichen Schulen           men rund um die Wiedervereinigung (z. B.
     in verschiedenen Regionen Brandenburgs wur-          Alltagswelt in Ost- und Westdeutschland,
     den Projekttage oder Doppelstunden zu demo-          Besonderheiten der friedlichen Revolution,
     kratischen Prozessen am Beispiel Klimaschutz         innen- und außenpolitische Faktoren) in klei-
     durchgeführt. An den Projekttagen wurden             neren Lernsettings. Zentral sind dabei die
     dazu vom Träger weiterentwickelte Planspiele         Auswirkungen der Veränderungsprozesse seit
     bzw. Simulationen eingesetzt. In den Doppel-         1989/90 und welche Bedeutung sie konkret
     stunden fand in Vorabsprache zu den Bedarfen         noch heute auch für jüngere Menschen haben.
     der jeweiligen Schule ein Mix aus einführen-         Zur ansprechenden Umsetzung wird beglei-
     den Informationen und interaktiver Gruppen-          tend ein dynamisches Präsentationsprogramm
     arbeit statt.                                        eingesetzt, das interessengeleitet die einzelnen
                                                          Schwerpunkte mit Grafiken, Hintergrundinfor-
     Das Projekt wirkt als Angebot, welches die           mationen, Filmeinspielungen oder Ähnlichem
     übergreifenden Themen des Rahmenlehr-                illustriert. Dabei kann die Grundkonzeption
     plans Globales Lernen / BNE, Demokratie- und         bedarfs- und altersgerecht angepasst wer-
     Europabildung auf innovative, lebenswelt-            den. Zielgruppe sind alle weiterführenden und
     nahe Weise verbindet. Das Thema Klimaschutz          beruflichen Schulen ab Jahrgangstufe 9.
     beschäftigt junge Menschen sehr, wie bspw.
     die Fridays-for-Future-Bewegung zeigt. Das           Stiftung für Engagement und Bildung „Heimat
     Projekt ermöglicht die Auseinandersetzung mit        2.0 – vom Verlassen, neu Anfangen und Zusam-
     dem Thema innerhalb der Schule anhand eines          menleben“ (Laufzeit 1.2.2020 bis 31.12.2020)
     methodisch-didaktisch fundierten Konzepts,
     das individuelle Bedarfe der jeweiligen Schule       Das Projekt besteht aus zwei Säulen: Durchfüh-
     berücksichtigt.                                      rung von Schulprojekttagen und Erstellung einer
                                                          digitalen Lern- und Lehrplattform zur Vermitt-
     Deutsche Gesellschaft e. V.: „Deutschland            lung pädagogischer Module zum Thema „Flucht,
     in Europa. Europa in Deutschland – schuli-           Migration, Integration und Zusammenleben“.
     sche Zukunftswerkstätten zur EU“ (Laufzeit           Ein Schwerpunkt soll darin liegen, Jugendlichen
     15.9.2020 bis 28.2.2021, gemeinsame Förde-           Fachwissen zur aktuellen gesellschaftlichen und
     rung MdFE und MBJS)                                  politischen Debatte zum Thema Migration und
                                                          Integration zu vermitteln. Darüber hinaus sol-
     Die Deutsche Gesellschaft e. V. sensibilisiert mit   len Werte des interkulturellen Zusammenlebens
     dem Projekt für den europäischen Einigungs-          und einer offenen und toleranten Willkom-
     prozess, mit Fokus auf 1989/90. Hierzu wird          mensgesellschaft vermittelt werden. Die Schü-
     ein interaktives und niedrigschwelliges Format       lerinnen und Schüler werden in ihrer kritischen
     gewählt, um das Thema Wiedervereinigung in           Auseinandersetzung mit politisch motivierten
     die Diskussion über europäische Zukunftsfragen       Aussagen und den Umgang mit Falsch- und
     zu integrieren. Das Angebot richtet sich an alle     fremdenfeindlichen Aussagen geschult. Sie ent-
     weiterführenden und beruflichen Schulen ab           wickeln schließlich Handlungsoptionen, wie sie
     Jahrgangstufe 9. Im Ergebnis entstehen von den       selbst zu einer offenen und toleranten Gesell-
     Jugendlichen gestaltete „digitale Pinnwände“,        schaft beitragen können.

12   Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020)
Carpus e. V. „Handbuch Globales Lernen – eine       Demokratie und Integration Brandenburg e. V.
Anleitung für die Bildungspraxis“ (Laufzeit         (RAA Brandenburg) „17. BREBIT 2020 (Bran-
15.1.2020 bis 31.12.2020)                           denburger Entwicklungspolitische Bildungs-
                                                    und Informationstage)“ (Laufzeit 1.1.2020 bis
Im Rahmenlehrplan ist das übergreifende             31.12.2020)
Thema Nachhaltige Entwicklung / Lernen
in globalen Zusammenhängen verankert.               Die BREBIT greifen globale / entwicklungspoliti-
Für den überwiegenden Teil der Lehrkräfte           sche Themen auf und laden Schülerinnen und
sind diese Themen neu und es fehlt ihnen            Schüler, aber auch Lehrkräfte zum Mitmachen
an Erfahrung in der pädagogischen Umset-            ein. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wer-
zung der Inhalte. Den Lehrkräften soll mit          den in Projekttagen, Fortbildungen, Workshops,
dem Handbuch Hilfestellungen an die Hand            Ausstellungen, Lesungen oder Filmvorführun-
gegeben werden, um ihre Arbeit bestmöglich          gen zum Nachdenken angeregt und zum soli-
auszuführen. Einige Schulbücher enthalten           darischen Handeln motiviert. Im Jahr 2020 ist
bereits in ihren Neuauflagen Unterrichtsbau-        das Thema: „Vernetzen, verändern, gestalten!
steine zu Themen des Globalen Lernens. Auch         Digitalisierung und globale Gerechtigkeit“.
der von der KMK verabschiedete Orientie-            Gemeinsam mit den Teilnehmenden wird nach
rungsrahmen „Globale Entwicklung“ wurde             Antworten auf die Frage „Wo und warum wir
mit Praxisbeispielen erweitert und viele NGO        Teil globaler Ungerechtigkeiten sind“ und nach
haben eigene Lernmaterialien entwickelt, die        Wegen zur global gerechten Gestaltung der
sie den Lehrkräften zur Verfügung stellen. Da       Gesellschaft in Brandenburg gesucht. Es fin-
es aber weiterhin an Literatur fehlt, die sich      det interkulturelle, verbindende Arbeit im Land
mit den Stolpersteinen der pädagogischen            Brandenburg statt und gleichzeitig stellen
Vermittlung von entwicklungsbezogenen               rechtspopulistische Tendenzen ein Problem dar.
Inhalten beschäftigt, soll ein Handbuch Glo-        Struktureller Rassismus, fehlende aktive Begeg-
bales Lernen erstellt werden. Bei der Erstel-       nungen miteinander sowie offene rassistische
lung werden Brandenburger Lehrkräfte mit            Haltungen in einigen Teilen der Brandenburger
einbezogen. Somit wird sichergestellt, dass         Bevölkerung beeinflussen die gesellschaftliche
die Arbeitshilfe so gestaltet ist, dass sie Lehr-   Dynamik. In diesem Spannungsfeld gilt es, die
kräften von Nutzen ist.                             Bildungsarbeit der BREBIT so zu verorten, dass
                                                    sie globale Fragen in den Blick nehmen und in
World University Service (WUS) e. V. „Grenzen-      ihrer lokalen Relevanz überzeugend vermitteln.
los – Globales Lernen in der beruflichen Bil-
dung“ (Laufzeit 10.1.2020 bis 31.12.2020)           Darüber hinaus hat die KMK in der 42. KW die
                                                    überarbeitete Empfehlung „Europabildung in
Mit dem Projekt soll das Ziel, Themen der           der Schule“ verabschiedet.
Nachhaltigkeit sowie entwicklungspolitische,
Umwelt- und Globalisierungsthemen stärker
in die berufliche Bildung zu tragen, umgesetzt      Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt
werden. Es ist wichtig, diese Themen auch           und Klimaschutz, Dr. Martin Pohlmann
in der beruflichen Bildung zu stärken, damit
junge Menschen in Deutschland befähigt wer-         Im Frühjahr 2020 erschien die Publikation
den, globale Entwicklungen auch beruflich           „natürlich. nachhaltig. Wir in Brandenburg
und im beruflichen Umwelt mitzugestalten.           – Ziele und Aktivitäten verständlich erklärt“.
Dieses Ziel wird auch in der Neuauflage des         Darin erklärt das Ministerium für Landwirt-
Orientierungsrahmens für den Lernbereich            schaft, Umwelt und Klimaschutz kurz und in
Globale Entwicklung sowie durch das Weltak-         einfacher Sprache die weiterhin gültige Nach-
tionsprogramm BNE hervorgehoben. Das Pro-           haltigkeitsstrategie aus dem Jahr 2014 und
jekt ist in vier Hauptmaßnahmen mit jeweils         deren Fortschreibung aus dem Jahr 2019. Es
vier Zielen gegliedert.                             wird darin beschrieben, was unter einer Nach-

                                                     Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international   13
haltigen Entwicklung zu verstehen ist und         und Zivilgesellschaft, Europafähigkeit der Lan-
     welche 33 Ziele sich das Land zur Umsetzung       desverwaltung“ eingerichtet. Grundsätzlich
     der 17 Globalen Nachhaltigkeitsziele gesetzt      wurden die bisherigen Maßnahmen der Kom-
     hat. Zu jedem Ziel werden die geplanten Maß-      munikationsarbeit zu internationalen Themen
     nahmen und zumeist ein gutes Beispiel aus         hier übernommen.
     dem Land beschrieben. Die Agentur Capito
     Berlin hat den Text abschließend einer ziel-      Im laufenden Jahr wurden so auch weiterhin
     gruppenspezifischen Prüfung unterzogen und        Projekte von Vereinen in den genannten The-
     die daraus gewonnenen Erkenntnisse eingear-       menbereichen unterstützt.
     beitet. Die Broschüre lässt sich unter https://
     mluk.brandenburg.de/mluk/de/ueber-uns/            Beispiele
     oeffentlichkeitsarbeit/veroeffentlichungen/
     detail/~01-08-2020-nachhaltigkeit-in-bran-        •   In Zusammenarbeit mit dem MBJS wurden
     denburg-ziele-und-aktivitaeten-verstaend-             die „Brandenburgischen entwicklungspo-
     lich-erklaert bestellen oder als barrierefreie        litischen Bildungs- und Informationstage“
     PDF-Datei downloaden.                                 (BREBIT) unterstützt.

     Mit der Strategiefortschreibung 2019 wurde        •   In Kooperation mit dem „Bundesministerium
     auch eine offline und online arbeitende Aus-          für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
     tauschplattform ins Leben gerufen. Während            Entwicklung“ (BMZ) wurde das sogenannte
     der ca. eineinhalbjährigen Pilotphase fand            Promotor*innenprogramm gefördert.
     unter anderem im November 2019 eine Ple-
     numsveranstaltung zum Thema „Zukunft Flä-         •   Die Dialogserie „GlobaLokal“ wurde in
     chenland Brandenburg: Herausforderung für             Zusammenarbeit mit dem MLUK und in
     Regionalentwicklung und Nachhaltigkeit“               Kooperation mit der „Servicestelle Kommu-
     statt, an der über 100 Personen teilnahmen.           nen in der Einen Welt“ (Organisation der
     Auf dieser wurden Arbeitsgruppen eingerich-           „Engagement Global / BMZ“) geplant.
     tet, die ihre Ergebnisse auf der Abschlussver-
     anstaltung im September 2020 dem MLUK und         Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben
     weiteren Vertreter*innen der Landesverwal-        allerdings dazu geführt, dass nicht alle Maß-
     tung vortrugen. Aufgrund der erfolgreichen        nahmen oder Projekte wie geplant durchge-
     Pilotphase soll die Nachhaltigkeitsplattform      führt werden konnten oder sogar abgesagt
     für vier weitere Jahre fortgesetzt werden.        werden mussten.

                                                       Das betrifft insbesondere Veranstaltungen, die
     Ministerium der Finanzen und für Europa,          bisher vom direkten Austausch (sogenannte
     Detlev Groß                                       Präsenzveranstaltungen) profitierten, wie zum
                                                       Beispiel die genannte Dialogserie in Zusam-
     In der neuen Landesregierung liegt die feder-     menarbeit mit zehn verschiedenen branden-
     führende Zuständigkeit für Nachhaltige Ent-       burgischen Kommunen.
     wicklung in der Staatskanzlei. Die Kommuni-
     kationsarbeit zu Themen der Internationalität,    Angesichts der Corona-Pandemie hat die Inan-
     EU- und Entwicklungspolitik, die in der letz-     spruchnahme digitaler Formate in der Kommu-
     ten Legislatur im damaligen Ministerium der       nikationsarbeit 2020 deutlich zugenommen.
     Justiz und für Europa und Verbraucherschutz       Auf einige Erfahrungen der vergangenen Jahre
     verortet war, wird mit Wechsel der zuständi-      konnte zurückgegriffen werden (zum Beispiel
     gen Abteilung nunmehr im Ministerium der          Durchführung von Videokonferenzen / Webse-
     Finanzen und für Europa wahrgenommen. Hier        minaren etc.). Allerdings zeichnet sich das Jahr
     wiederum wurde eine Stabsstelle „Internatio-      2020 dadurch aus, dass die vermehrte Nut-
     nalisierung, europapolitische Kommunikation       zung der zur Verfügung stehenden Technologie

14   Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020)
doch eher als „Testphase“ zu sehen ist. 2021      gabe, relevante Handlungsfelder, Gelegen-
wird eine weitergehende Professionalität der      heiten und Maßnahmen zu identifizieren, die
zukünftig vermehrt „digitalen Kommunikati-        dabei behilflich sind, das Thema „Bildung für
onsarbeit“ seitens Landesregierung und Pro-       nachhaltige Entwicklung“ im Bewusstsein aller
jektträgern erwartet.                             Hochschulmitglieder zu verankern. Dabei sind
                                                  alle Maßnahmen einerseits hochschulübergrei-
                                                  fend, andererseits aber auch -spezifisch.
Hochschule für Nachhaltige Entwicklung
Eberswalde, Dr. Jennifer Maria Krah               Die gemeinsame Arbeitsgruppe ist aus 22,
                                                  von den Präsident*innen der 8 Hochschulen,
Die Zielsetzungen für eine wirkungsvolle BNE      benannten Vertreter*innen gebildet worden.
sind in den derzeit geltenden Brandenburger
Hochschulverträgen für die Jahre 2019–2023        Sie ist dabei wie folgt strukturiert:
vereinbart. Diese zwischen dem MWFK und
den acht staatlichen Hochschulen geschlosse-      •   (Vize-)Präsidien
nen Hochschulverträge 2019–2023, Abs. III.12      •   zentrale Einrichtungen
Bildung für nachhaltige Entwicklung, gelten       •   Fachbereiche
für alle der rund 11.000 Mitarbeitenden und       •   Koordinationsstelle (HNEE Eberswalde)
50.000 Studierenden.
                                                  Die fachliche Leitung hat Prof. Dr. Heike Moli-
Die wichtigste Maßnahme für die Umset-            tor. Die Leitung der Koordinationsstelle liegt
zung der Ziele der Vereinbarungen lassen sich     bei Dr. Jennifer Maria Krah. Mitarbeiter: Julian
wie folgt zusammenfassen: Die Brandenbur-         Reimann und Wissenschaftliche Hilfskräfte
ger Hochschulen haben unter Federführung
der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung        Weitere Informationen:
Eberswalde (HNEE) eine gemeinsame Arbeits-        http://NaHoBB.de |
gruppe gegründet. Es ist deren zentrale Auf-      https://www.hnee.de/K6952.htm

Round Table
Seit 2010 ist VENROB e. V. der Partner
des Ministeriums für Wirtschaft und
Europaangelegenheiten (seit 2014 des
Ministeriums der Justiz und für Europa und
Verbraucherschutz) des Landes Brandenburg
bei der Durchführung des Round Table
Entwicklungspolitik Brandenburg.

Mit der 1. Veranstaltung des Gremiums am
3. Dezember 2010 wurde der Grundstein zu                          Am Round Table Entwicklungspolitik
einem kontinuierlichen Austausch zwischen                         wird der gesellschaftliche Dialog zur
entwicklungspolitischen Stakeholdern                              weiteren Umsetzung der am 30.5.2012
und der Landesregierung gelegt.                                   beschlossenen Entwicklungspolitischen
                                                                  Leitlinien der Landesregierung fortgesetzt.
Die Entwicklungspolitischen Leitlinien der
Landesregierung sind am 1. Juni 2012 nach                         Zielstellung der jährlichen Treffen ist es,
Mitarbeit des Round Table veröffentlicht worden                   • ein Monitoring vorzunehmen bzgl. der
und werden von diesem bei den jährlichen                            bisherigen Umsetzung der Leitlinien.
Treffen einem Monitoring unterzogen.                              • die Komplementarität der Leitlinien mit der
                                                                    Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung zu
                                                                    verstärken unter besonderer Berücksichtigung
                                                                    der entwicklungspolitischen Aspekte.
                                                                  • je nach aktueller Situation bestimmte
                                                                    Schwerpunktsetzungen
                                                                    zu diskutieren
                                                                   • weitere Koordinierung und Planung
            entwicklungspolitik-brandenburg.de        Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international
                                                                     vorzunehmen.                      15
Zu einigen
     Schwerpunkten der
     brandenburgischen NGO
     Zusammengestellt von Uwe Prüfer
     (VENROB e. V.)

     Als Ergebnis der Landtagswahlen im Septem-         darisch.Dialogisch“ ist die Stabilisierung und
     ber 2019 hat sich bekanntlich eine Regie-          Erweiterung der thematischen und strukturel-
     rungskoalition aus SPD, CDU und Bündnis            len Vernetzungen verbunden. Dadurch haben
     90 / Die Grünen gebildet und Ende 2019 eine        unsere Themen und Angebote mehr Sichtbar-
     neue Landesregierung formiert. Ihr Koaliti-        keit und Kraft erhalten. Mehrere dieser Akti-
     onsvertrag hat in puncto Entwicklungspolitik/      vitäten wurden zum Kristallisationspunkt von
     Nachhaltigkeit wesentliche Punkte des am           regionaler Kooperation und Engagementsför-
     6.4.19 am 10. Round Table Entwicklungspolitik      derung, so in Potsdam-Mittelmark und Bran-
     Brandenburg verabschiedeten Strategiepapiers       denburg an der Havel, wo u. a. Stadt-Land.
     „Austausch fördern – Akzente setzen – Men-         move – Werkstatt für sozial-ökologischen
     schen begeistern. Nachhaltige Entwicklung im       Wandel e. V. aus Werder (Havel), das Lehni-
     Land Brandenburg mitgestalten“ aufgegriffen.       ner Institut für Kunst und Kultur e. V. sowie
     Entwicklungspolitische NGO begrüßen des-           die Berlin-Brandenburgische Auslandsgesell-
     halb, dass der Koalitionsvertrag u. a. vorsieht:   schaft (BBAG) e. V. zusammenarbeiten. In und
     Fortsetzung des Dialogs mit Zivilgesellschaft,     um Neuruppin wird dies vor allem vom starken
     Weiterentwicklung der Entwicklungspoliti-          ESTAruppin e. V. geleistet.
     schen Leitlinien und der Nachhaltigkeitsstra-
     tegie des Landes.                                  Daneben gibt es einzelne weitere Stellen bei
                                                        wenigen Vereinen und ähnlichen Strukturen.
     Das vom BMZ und den Ländern gemeinsam              Damit sind zivilgesellschaftliche Akteur*innen
     finanzierte    Eine-Welt-Promotor*innen-Pro-       zwar inzwischen besser aufgestellt, jedoch
     gramm war zum 1. Januar 2019 in eine neue          reicht dies nicht für eine zufriedenstelle Prä-
     Runde gegangen. In Brandenburg arbeiten            senzarbeit in allen Regionen des Flächenlan-
     zurzeit insgesamt sieben bei verschiedenen         des aus.
     NGO angestellte Kolleg*innen (4,7 Vollzeit­
     äquivalente), auch dank eines Aufwuchses           Auch aus diesem Grund versucht das Landes-
     der eingebrachten Landesmittel. In enger und       netzwerk verstärkt, die Verbesserung der Bil-
     erfolgreicher Kooperation mit dem Programm         dungs- und Öffentlichkeitsarbeit von NGO zu
     „Stärkung der entwicklungspolitischen Bil-         unterstützen, insbesondere die Nutzung virtu-
     dungs- und Inlandsarbeit in Brandenburg            eller Möglichkeiten und der sozialen Medien.
     durch kirchliche Eine-Welt-Arbeit“ sowie mit       Dafür werden intensiv zwei kleinere Bera-
     zwei Kollegen im Vorhaben „Weltoffen.Soli-         tungsprogramme, gezielte Kooperationsmög-

16   Forum Entwicklungspolitik Brandenburg 10 (2020)
lichkeiten mit Promotor*innen sowie mit der       Die Einheitsfeier ist vorbei, der Veranstal-
neuen Fachstelle der Arbeitsgemeinschaft der      tungskalender wird weitergeführt.
Eine Welt-Landesnetzwerke (agl) genutzt. Die
Corona-Pandemie und ihre Konsequenzen für         Mehrere entwicklungspolitische NGO arbei-
die entwicklungspolitische Arbeit von NGO –       ten in der 2019 neugegründeten und beim
vor allem die weitere – verdeutlichen deren       Institut für transformative Nachhaltigkeits-
Notwendigkeit.                                    forschung e. V. (IASS) angesiedelten Steue-
                                                  rungsgruppe der Nachhaltigkeitsplattform
Es gab die Fortsetzung des erfolgreichen For-     Brandenburg mit. Gleiches gilt für Prozesse
mats der Brandenburger Entwicklungspoliti-        und Strukturen des Brandenburger Landesak-
schen Bildungs- und Informationstage (BRE-        tionsplans Bildung für Nachhaltige Entwick-
BIT). Mit der 16. BREBIT 2019 „Es geht auch       lung (BNE) mit der Zielstellung, eine stärkere
anders. Weltweit gerecht wirtschaften“ sowie      thematisch-strategische Zusammenführung
2020 als 17. BREBIT unter dem Motto „Mehr         von BNE und Globalem Lernen zu unterstüt-
als Smartboards, Likes und Influenzer #Digi-      zen. Dabei geht es um Basisarbeit für die
talisierung und globale Gerechtigkeit“ konn-      Qualitätsentwicklung sowie um Begleitung
ten wieder attraktive, qualitativ gute und        einer landeseinheitlichen BNE-Zertifizierung,
vielfältige Bildungsangebote umgesetzt wer-       neben Koordinationsfragen auf praktischer
den (vgl. Beitrag von Ramona Krautz, MBJS,        Ebene. Eine Trägergemeinschaft der Arbeits-
S. 11–13). Dies nicht nur jeweils im Herbst,      gemeinschaft Natur und Umweltbildung
sondern im Prinzip ganzjährig, wobei die Aus-     (ANU) Brandenburg, der Hochschule für
und Fortbildung weiterer Referent*innen für       Nachhaltige Entwicklung Eberswalde und des
Globales Lernen einen Schwerpunkt bildet.         VENROB kann seit April 2019 eine auf fünf
Die Aktion Faire Schule (vor allem Diako-         Jahre ausgelegte Servicestelle Qualitätssiche-
nisches Werk Teltow-Fläming) und Ange-            rung BNE betreiben.
bote von Globales Lernen an Oder und Spree
(GLOS) einer Einrichtung von Jugendhilfe und      Als weiteres Kooperationsformat zur Nutzung
Sozialarbeit e. V. laufen ebenfalls das gesamte   strategischer Synergiepotenziale verschiedener
Jahr über.                                        Akteur*innen werden seit August 2019 BNE-
                                                  Werkstattgespräche veranstaltet.
30 Jahre Deutsche Einheit – es sollte ein
Fest für alle sein. Die Vorbereitungen für        Aus der Sicht der NGO bleibt kommuna-
das Wochenende vom 3. bis 4. Oktober 2020         les entwicklungspolitisches Engagement ein
kamen gerade richtig in Schwung, da machte        schwieriges Thema. Nur in wenigen Kommu-
die Covid-19-Pandemie dem Ganzen einen            nen Brandenburgs ist ein Zuwachs an eige-
Strich durch die Rechnung. Keine Chance           nen Aktivitäten durch Kommunalpolitik und
mehr auf gelebte Vielfalt, Mitmachen, Anfas-      -verwaltung zu konstatieren. Der sich seit
sen, Stehenbleiben und Diskutieren bei einem      2016 als „Baruther Schlossgespräche“ eta-
riesigen Bürgerfest! Im Auftrag der Steue-        blierende kommunalpolitische Dialog, der
rungsgruppe des RTEP und in Absprache mit         auch NGO einschließt, ist die Ausnahme.
den Brandenburger Akteuren der nachhal-           Beelitz konnte als 3. Fair-Trade-Town unse-
tigen Entwicklung, der Europapolitik sowie        res Bundeslandes und als 600. in Deutschland
migrantischen Initiativen stellte VENROB ab       ausgezeichnet werden. Teltow strebt diese
September deshalb kurzfristig einen digita-       Auszeichnung ebenfalls an. In der Landes-
len Veranstaltungskalender zur Verfügung,         hauptstadt kommen die Städtepartnerschaft
der u. a. mit dem offiziellen Programmka-         und die Klimapartnerschaft mit Sansibar-
lender der Stadt Potsdam gekoppelt wurde.         Town weiter gut voran. Hoffnungsvolle Zei-
Dieser wurde intensiv genutzt, um in vielen       chen gibt es im Landkreis Teltow-Fläming,
Initiativen und Veranstaltungen die Arbeit        auch aufgrund der guten Kooperation unserer
vorzustellen und vor allem Vielfalt zu zeigen.    drei Kolleginnen beim Diakonischen Werk Tel-

                                                   Brandenburg: kommunal, nachhaltig, international   17
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