DIE ZUKUNFT IM BLICK - SICHER. NACHHALTIG. VERBRAUCHERFREUNDLICH - Verbraucherpolitische Forderungen zur Landtagswahl Rheinland-Pfalz am 14. März ...
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DIE ZUKUNFT IM BLICK – SICHER. NACHHALTIG. VERBRAUCHERFREUNDLICH. Verbraucherpolitische Forderungen zur Landtagswahl Rheinland-Pfalz am 14. März 2021
4 | Editorial Editorial | 5 LIEBE LESERINNEN UND LESER, die Corona-Krise hat Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vor unerwartete Auf- Verbraucher wählen Zukunft gaben und immense wirtschaftliche Herausforderungen gestellt. Ebenso hat Es ist deshalb aus unserer Sicht von großer Bedeutung, die Alltagsprobleme der Verbraucher*innen sie jede einzelne Verbraucherin und jeden einzelnen Verbraucher betroffen. in den nächsten fünf Jahren in den Fokus des politischen Handelns zu rücken. Ziel muss es sein, den Wie groß die Verunsicherung war und weiterhin ist und wie viele Fragen sich durch Verbraucheralltag einfacher zu machen, die Menschen besser zu schützen und finanziell zu entlasten. die Krise ergeben, können wir an den vielen Anfragen und Beratungsgesprächen Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz ist mit ihren sechs Beratungsstellen und acht Beratungs- rund um dieses Thema erkennen. Mit vielen Informationsangeboten, einer Corona- stützpunkten sowie vielfältigen digitalen Angeboten eine wichtige Anlaufstelle für die Verbraucher*innen Hotline sowie der Rechtsberatung per Telefon und Videochat konnten und können in Rheinland-Pfalz. Aus der täglichen Beratung wissen wir, wo den Menschen der Schuh drückt, an wir die Verbraucher*innen in dieser Krise unterstützen und oftmals auch zu mehr finanzieller Sicherheit welchen Punkten es im Verbraucheralltag immer wieder knirscht bzw. zu großen Problemen kommt. In beitragen. verschiedensten Gremien vertreten wir zudem die Interessen der Verbraucher*innen und setzen uns für einen besseren Verbraucherschutz ein. Durch Bildungsangebote unterstützen wir, dass Verbraucher*innen, Vielfältige Herausforderungen angefangen bei Kindern und Jugendlichen, besser für den Konsumalltag gerüstet sind. Unter dem Slogan Doch bereits vor der Corona-Pandemie war die Liste der Aufgaben lang: Digitalisierung, Klimaschutz, „Verbraucher wählen Zukunft“ haben wir 15 zentrale verbraucherpolitische Forderungen und konkrete demografischer Wandel – das sind nur drei Stichworte für die vielen Herausforderungen, vor denen Handlungsempfehlungen zusammengestellt. Sie sollen dazu beitragen, den Verbraucheralltag sicherer, Deutschland und damit auch das Land Rheinland-Pfalz steht. Unsere Gesellschaft befindet sich in einem nachhaltiger und verbraucherfreundlicher zu gestalten. tiefgreifenden Wandel, für den die Politik Lösungen finden muss. Für Verbraucher*innen ist es wichtig, mit der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz auch weiterhin einen Die Corona-Pandemie hat uns allen in den vergangenen Monaten noch einmal deutlich gemacht, wie starken Partner an ihrer Seite zu haben. Grundlage dafür ist eine solide finanzielle Förderung. Nur dadurch wichtig die Digitalisierung inzwischen geworden ist. Der Verbraucheralltag wird immer digitaler, selbst können wir unsere niedrigschwelligen Beratungs- und Informationsangebote fortführen und ausbauen sowie Behördengänge und Services öffentlicher Einrichtungen werden zunehmend digital angeboten. Ohne Zugang uns über kollektivrechtliche Maßnahmen für mehr Verbraucherschutz einsetzen. zu einer – ausreichend schnellen – Internetverbindung und ohne eine entsprechende Medienkompetenz werden die Menschen am gesellschaftlichen Leben in Zukunft immer weniger teilnehmen können. Die Zukunft im Blick Rund 4,1 Millionen Rheinland-Pfälzer*innen vertrauen darauf, dass die Landespolitik sich den drängenden Auch der Klimawandel schreitet immens voran. Um ihn aufzuhalten, bedarf es u. a. umweltfreundlicher Herausforderungen in den nächsten Jahren stellt. Energie, innovativer Mobilitätskonzepte und einer nachhaltigen Produktion, die wiederum einen nachhaltigen Konsum erleichtert. Unser Appell an alle Kandidatinnen und Kandidaten für die Landtagswahl, an die Mitglieder des neuen Landtags sowie an die neue Landesregierung: Machen Sie sich für die Umsetzung unserer 15 Forderungen Durch die immer älter werdende Gesellschaft gibt es auch immer mehr pflegebedürftige Menschen. stark, um 4,1 Millionen Rheinland-Pfälzer*innen einen guten und sicheren Verbraucheralltag zu ermöglichen. Diese müssen unter anderem in stationären Einrichtungen immer höhere Eigenanteile zahlen, die sich viele nicht mehr leisten können. Damit auch zukünftig Pflegebedürftige gut versorgt werden können, braucht es Ihre dringend Reformen in der Pflegeversicherung. Bereits diese drei Beispiele zeigen: Es gibt viel zu tun für einen guten Verbraucherschutz. Die Liste lässt sich noch um etliche Punkte fortsetzen: Es braucht einen wirksamen Schutz vor alltäglichen Kostenfallen. Es fehlt ein kostengünstiges Standardprodukt für eine rentable private Altersvorsorge. Und die Einführung Ulrike von der Lühe eines nationalen Tierwohllabels lässt ebenfalls auf sich warten. Vorstand
6 | Inhalt INHALT I. VERBRAUCHERPOLITISCHE FORDERUNGEN IM ÜBERBLICK EDITORIAL 4 I. VERBRAUCHERPOLITISCHE FORDERUNGEN IM ÜBERBLICK 7 II. VERBRAUCHERPOLITISCHE FORDERUNGEN IM EINZELNEN 11 1. Digitale Teilhabe 12 2. Algorithmen 13 3. Cyberkriminalität 14 4. Untergeschobene Verträge 15 5. Tierwohlkennzeichen 16 6. Lebensmittelüberwachung 17 7. Nachhaltiger Konsum 18 8. Private Altersvorsorge 19 9. Unabhängige Patientenberatung 20 10. Pflegekosten 21 11. Energiewende und Klimaschutz 22 12. Energiearmut 23 13. Barrierefrei Bauen und Wohnen 24 14. Verbraucherbildung 25 15. Mobilität 26 III. ANSPRECHPARTNER*INNEN 27
8 | Verbraucherpolitische Forderungen im Überblick Verbraucherpolitische Forderungen im Überblick | 9 15 VERBRAUCHERPOLITISCHE FORDERUNGEN 8 Die Extrarente als private Altersvorsorge für alle einführen | Die private Altersvorsorge in Deutsch- land funktioniert nicht – denn die bestehenden Produkte sind teuer und unrentabel. Nur ein öffent- ZUR LANDTAGSWAHL RHEINLAND-PFALZ lich organisiertes Standardprodukt für die private Altersvorsorge, das sich an den Interessen der Verbraucher*innen orientiert, sichert Verbraucher*innen fürs Alter ab. 1 Digitale Teilhabe für alle Verbraucher*innen ermöglichen | Schnelles Internet für alle rheinland- pfälzischen Haushalte ist Grundvoraussetzung für die digitale Teilhabe. Darüber hinaus brauchen 9 Die Unabhängige Patientenberatung zivilgesellschaftlich verankern | Eine unabhängige Patienten- beratung als Regelleistung für alle Versicherten ist gesetzlich vorgesehen. Sie darf jedoch nicht – wie Verbraucher*innen aller Altersstufen gute Angebote zur Förderung der Medienkompetenz. derzeit – in den Händen privatwirtschaftlicher Anbieter liegen, sondern muss wieder zivilgesellschaft- lich verankert werden. 2 Algorithmen kontrollieren und Verbraucher*innen vor Diskriminierung schützen | Algorithmen bestim- men mehr und mehr über Chancen, die Verbraucher*innen im Alltag erhalten. Verbindliche Regeln und Transparenz schützen Verbraucher*innen vor Diskriminierung durch Algorithmen und künstliche Intelli- 10 Pflegebedürftige finanziell entlasten und Pflegeversicherung zukunftsfähig machen | Pflegebedürftige, insbesondere in Pflegeheimen, müssen immer höhere Eigenanteile an den Heimkosten zahlen. Viele genz. Verbraucher*innen können sich die hohen Kosten nicht mehr leisten. Reformen in der Pflegeversiche- rung sind dringend erforderlich, damit Pflegebedürftige finanziell entlastet werden und die Pflegeversi- cherung für die Zukunft aufgestellt ist. 3 Cybercrime und Online-Abzocke konsequent bekämpfen | Abzocke im Internet ist ein Dauerärgernis für Verbraucher*innen. Online-Abzocke muss konsequent bekämpft werden. Fake-Shops können durch eine Identifikationspflicht für Domaininhaber bei der Denic verhindert werden. 11 Kosten für Energiewende und Klimaschutz gerecht verteilen | Die Kosten der Energiewende und für ein umfassendes Klimaschutzkonzept dürfen nicht zu einer einseitigen Belastung der Privathaus- halte führen. Die EEG-Umlage muss spürbar gesenkt werden und eine Rückerstattung der Einnahmen Verbraucher*innen vor untergeschobenen Verträgen schützen | Am Telefon untergeschobenen Telekom- aus der ab 2021 vorgesehenen CO2 -Bepreisung an die Verbraucher*innen muss eingeleitet werden. 4 munikations- oder Energie-Verträgen muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden. Die Bestätigungs- lösung in Textform für jegliche am Telefon abgeschlossene Verträge über Dauerschuldverhältnisse ist überfällig. 12 Verbraucher*innen vor Energiearmut schützen | Privathaushalte mit niedrigem Haushaltseinkommen haben häufig vergleichsweise hohe Energiekosten. Sie müssen mit gesetzlichen Vorgaben besser vor Energieschulden geschützt werden. Verbindliches Tierwohllabel einführen | Verbraucher*innen können bislang beim Fleischeinkauf nur 5 schwer erkennen, ob die Tiere gut gelebt haben. Ein verbindliches, staatliches Tierwohllabel hilft Verbraucher*innen, auf einen Blick zu erkennen, aus welcher Tierhaltung ein Produkt stammt. Barrierefreies Bauen konsequent und richtig umsetzen | Barrierefreiheit muss bei Bauprojekten kon- 13 sequent mitgedacht und umgesetzt werden. Barrierefrei-Konzepte für Wohn- und Nichtwohngebäude müssen von Anfang an erstellt und der Genehmigungsplanung beigelegt werden. Ihre Umsetzung muss Missstände bei der Lebensmittelüberwachung beheben | Die Lebensmittelskandale der vergangenen fachgerecht kontrolliert werden. 6 Jahre zeigen die Missstände in der Lebensmittelüberwachung auf. Die Verantwortung für die Lebensmit- telüberwachung muss statt bei den Kommunen wieder vollständig auf Länderebene liegen. Mehr Res- sourcen für häufigere und intensivere Kontrollen sind unabdingbar. 14 Werbefreie Verbraucherbildung für Kinder und Jugendliche sicherstellen | Kinder und Jugendliche müssen bereits in der Schule für den Verbrauchalltag fit gemacht werden. Damit Lehrkräfte Verbraucher- kompetenzen vermitteln können, müssen sie entsprechende Fortbildungen erhalten. Der Einfluss der Nachhaltigen Konsum einfach machen | Um einen nachhaltigen Konsum zu etablieren, sind klare und Wirtschaft an Schulen muss begrenzt und transparent gemacht werden. 7 verbindliche staatliche Mindestkriterien für eine sozial und ökologisch verantwortungsvolle Produktion in allen Branchen notwendig. Produkte müssen außerdem auf lange Nutzbarkeit ausgerichtet sein, etwa indem sie reparaturfreundlich gestaltet werden. 15 Mobilität neu denken | Es braucht neue, innovative Mobilitätskonzepte, die sich an den Bedürfnissen von Verbraucher*innen orientieren und auch Menschen im ländlichen Raum Mobilität ermöglichen (etwa durch Anrufsammeltaxis, Carsharing, Apps für Fahrgemeinschaften). Ein weiterer wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Verkehrswende ist eine bessere Ladeinfrastruktur für Elektroautos.
II. VERBRAUCHERPOLITISCHE FORDERUNGEN IM EINZELNEN #VerbraucherWählenZukunft Mehr zu unseren politischen Forderungen unter www.verbraucherzentrale-rlp.de/verbraucherpolitik-rlp Besuchen Sie uns auch auf Twitter | @VZRLP | twitter.com/vzrlp
12 | Verbraucherpolitische Forderungen Verbraucherpolitische Forderungen | 13 DIGITALE TEILHABE FÜR ALLE ALGORITHMEN KONTROLLIEREN UND VERBRAUCHER*INNEN ERMÖGLICHEN VERBRAUCHER*INNEN VOR DISKRIMINIERUNG SCHÜTZEN 1 2 Die Digitalisierung aller Lebensbereiche schreitet Neben dem weiteren Algorithmen und künstliche Intelligenz (KI) durchdrin- rungspotentiale kontrollierbar. Auch für Aufsichtsbe- seit Jahren voran – ob Einkauf, Unterhaltung, Job- Ausbau mit Breitband gen bereits heute den Alltag von Verbraucher*innen: hörden sind die Angaben unerlässlich, um ihre Kont- oder Partnersuche, zunehmend sogar Behördengän- und Glasfaser auch in Jede Recherche in einer Suchmaschine, jede Routen- rollaufgaben effektiv ausüben zu können. ge oder digitale Patientenakte: Verbraucher*innen ländlicheren Gegenden planung mit einem Navigationssystem und jede Pro- erledigen immer mehr Angelegenheiten online. Um ist daher dringend eine gesetzlich definierte Mindest- duktempfehlung eines Online-Shops stammt von ei- Je nach Risikopotential eines Algorithmus muss auch künftig am gesellschaftlichen Leben teilnehmen bandbreite notwendig, die überall in Deutschland zur nem Algorithmus. Welche Produkte Verbraucher*in- dieser einer angemessenen Kontrolle unterworfen zu können, ist die digitale Teilhabe unerlässlich. Ins- Verfügung stehen muss. Ebenso wichtig ist, dass nen zu welchen Preisen angeboten werden und wie sein, bis hin zur Möglichkeit eines Verbots algorithmi- besondere die Corona-Krise hat die Bedeutung digi- Verbraucher*innen sich gegenüber Anbietern effek- kreditwürdig jemand ist – auch hierüber bestimmen scher (selbstlernender) Anwendungen in besonders taler Dienste noch einmal verstärkt und auch gezeigt, tiv wehren können, wenn diese nicht die vertraglich Algorithmen. sensiblen Bereichen. Es liegt dabei auf der Hand, wie wichtig ein einfacher Zugang zum digitalen Leben zugesicherte Internetgeschwindigkeit liefern. Hierzu dass Kaufempfehlungen nicht das gleiche Risikopo- ist. Doch leider gibt es immer noch Hürden, die Ver- fehlt es bislang an ausreichenden gesetzlichen Ge- Spätestens beim Thema Kreditwürdigkeit wird deut- tential haben wie Entscheidungen über die Kredit- braucher*innen daran hindern, am digitalen Gesche- währleistungsregelungen. lich, welches Diskriminierungspotential die auf algo- würdigkeit oder die Auswahl von Bewerber*innen hen teilnehmen zu können. rithmischen Bewertungen basierenden Entscheidun- für Vorstellungsgespräche. Eine weitere Grundvoraussetzung für digitale Teilhabe gen haben. Ein Grundproblem besteht bereits darin, Zukünftige selbstlernende Grundvoraussetzung für die digitale Teilhabe ist ist die Medienkompetenz: Für Verbraucher*innen dass Anbieter nur unzureichend über den Einsatz Systeme, die in der Pflege schnelles Internet. Dieses wiederum setzt einen müssen Angebote zur Verfügung stehen, damit sie derartiger Systeme informieren – hier braucht es oder im autonomen Fahren Ausbau der entsprechenden Infrastruktur voraus. In sich über Chancen und Risiken im Internet informie- weitere Transparenz. Aus Verbrauchersicht ist außer- eingesetzt werden, müs- einem stichprobenartigen Marktcheck der Verbrau- ren können. Nur mit ausreichender Medienkompe- dem erforderlich, dass die Menschen wissen, welche sen noch strikteren Vor- cherzentrale Rheinland-Pfalz von Anfang 2020 er- tenz können sich Verbraucher*innen sicher im Netz Systeme zum Einsatz kommen und welche Daten in abkontrollen unterworfen reichten nur 20 Prozent der 185 teilnehmenden Haus- bewegen, um ihre Daten zu schützen und nicht auf welcher Gewichtung verwendet werden. Nur so sind werden. halte die vertraglich vereinbarte Internetgeschwin- Online-Abzocke hereinzufallen. die Ergebnisse nachvollziehbar und Diskriminie- digkeit. Bei rund 47 Prozent stand weniger als die Hälfte der gebuchten Leistung zur Verfügung. Übrigens: Digitale Teilhabe darf nicht vom Einkom- men abhängig sein. Gerade auch einkommensschwa- FORDERUNGEN DER VERBRAUCHERZENTRALE: Doch gerade in Zeiten der Corona-Pandemie sind che Haushalte müssen eine Chance haben, am digita- Millionen Menschen im Homeoffice oder beim Home- len Leben teilnehmen zu können. l Verwender von Algorithmen und KI-Systemen sollten gesetzlich verpflichtet werden, sich an klare schooling auf eine stabile und leistungsfähige Inter- Transparenz- und Protokollierungsvorgaben zu halten. netverbindung angewiesen. Eine Grundversorgung l Die Vorgaben sollten im Rahmen eines staatlich legitimierten Kontrollsystems bestimmt werden, bei mit Breitband bzw. Glasfaser ist heutzutage genauso dem Aufsichtsbehörden und Betreiber zur Sicherstellung einer angemessenen Kontrolle zusammenwirken. essenziell wie der Wasser- oder Stromanschluss – l Entsprechend der Analyse der Datenethikkommission sollte ein mehrstufiges System zur Algorithmen- sie ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Kontrolle eingerichtet werden, das fallspezifisch umso strenger und schärfer kontrolliert, je größer das Risikopotential des Algorithmus ist. FORDERUNGEN DER VERBRAUCHERZENTRALE: l Ein flächendeckender Breitbandausbau in Rheinland-Pfalz muss zügig erfolgen. l Bessere Gewährleistungsregelungen bei mangelhaft gelieferter Internetgeschwindigkeit sind notwendig. l Der Zugang zum stationären und mobilen Internet muss auch für Empfänger von Arbeitslosengeld II Teil der Regelleistung werden. l Ein breites Spektrum an Informations- und Bildungsangeboten, um Verbraucher*innen in ihrer Medien- kompetenz zu stärken, muss sichergestellt sein.
14 | Verbraucherpolitische Forderungen Verbraucherpolitische Forderungen | 15 CYBERKRIMINALITÄT UND ONLINE-ABZOCKE KONSEQUENT BEKÄMPFEN VERBRAUCHER*INNEN VOR UNTERGESCHOBENEN VERTRÄGEN SCHÜTZEN 3 4 Verbraucher*innen haben sich fast schon daran ge- Besonders ärgerlich dabei Am Telefon untergeschobene Verträge für Telekom- Verbraucher*innen. Rechtlich müsste in diesen Fällen wöhnt, dass im Internet an jeder Ecke und hinter jedem ist: Für Kriminelle ist es ein munikationsdienstleistungen oder Energieversor- das jeweilige Unternehmen beweisen, dass der Ver- Angebot Abzocke lauern kann. Seit Jahren steigen leichtes, neue Fake-Shops gung sind seit vielen Jahren ein Dauerärgernis für trag geschlossen wurde. De facto setzen Anbieter Be- die Zahlen der Cybercrime-Delikte kontinuierlich an und Fake-Webseiten zu er- Verbraucher*innen. troffene häufig mittels Inkassodiensten unter Druck. und die Maschen werden immer professioneller. Wie stellen und zu registrieren, da niemand kontrolliert, Da das am Telefon gesprochene Wort nur schwer zu breit das Spektrum der Internetkriminalität ist, lässt wer der Seitenbetreiber ist. Wird eine freie Domain Damit sind Verträge gemeint, die Verbraucher*innen belegen ist, kommen die Betroffenen in Beweisnot, sich auch gut an den Fällen erkennen, mit denen registriert, findet keine Überprüfung statt, ob es sich gar nicht abschließen wollten bzw. bei denen ihnen wenn sie gegen den untergeschobenen Vertrag vor- Verbraucher*innen zur Verbraucherzentrale kommen. um eine seriöse Seite handelt oder nicht. Auch die per- nicht bewusst ist, dass sie sie geschlossen haben gehen wollen. Abhilfe ist hier nur zu erreichen, wenn Neben Datenklau und Identitätsdiebstählen (durch sönlichen Daten des Seitenbetreibers werden nicht sollen. Ein Klassiker hierbei sind die Kundenrück- rechtlich vorgeschrieben wird, dass alle telefonisch z.B. Phishing) und Betrug durch vermeintliche Micro- überprüft. Die Betreiber von Fake-Webseiten können gewinnungsanrufe unseriöser Vertriebsmitarbeiter* angebahnten Verträge über Dauerschuldverhältnisse soft-Anrufe sind Fake-Shops ein massives Problem. daher gefahrlos falsche Angaben machen und sind innen von Telekommunikations- oder Pay-TV-Unter- schriftlich bestätigt werden müssen. Mit diesen gefälschten Online-Shops zocken Krimi- nicht ermittelbar. Mehr noch: Häufig werden gestoh- nehmen. Diese melden sich nach einer ausgesproche- nelle Verbraucher*innen ab: Sie bieten dort vermeint- lene Adressdaten von Verbraucher*innen dort ange- nen Kündigung telefonisch, um die Verbraucher*innen Generell fordern die Verbraucherzentralen in Sachen liche Ware gegen Vorkasse an, die nie geliefert wird. geben, die mit dem Fake-Shop nichts zu tun haben. doch noch zur Fortführung des Vertrags zu überreden. Verträgen bereits seit längerem verkürzte Vertragslauf- Zunehmend sind auch gefälschte Online-Dienste, etwa Im schlimmsten Fall bekommen die Angerufenen hier- zeiten und vereinfachte Kündigungsmöglichkeiten. für Film- und Musik-Streaming oder E-Books, anzutref- Dass es auch anders geht, zeigen andere europäische bei trotz klar kommunizierter Ablehnung eine angeb- fen. Häufig sind derartige Seiten nur sehr schwer als Länder wie etwa Dänemark. Dort macht die Registry liche Vertragsbestätigung. Gleiches passiert häufig Wenn sich nicht mehr gewollte Verträ- Fälschung zu erkennen, denn sie sind oft professio- es durch eine rechtlich verpflichtete Identitätsprüfung im Zusammenhang mit Energieverträgen. Ein Anruf ge automatisch um ein ganzes Jahr ver- nell gestaltet und vermitteln einen seriösen Eindruck. am schwersten, eine Domain für einen Fake-Shop zu und plötzlich haben Verbraucher*innen den Energie- längern, ist dies nicht nur ärgerlich für Ist das Geld bereits geflossen, ist es in den aller- registrieren. Lag im November 2017 der Anteil von be- anbieter gewechselt, ohne dass sie dies beabsichtigt Verbraucher*innen, sondern es meisten Fällen unwiederbringlich verloren, da die Täter trügerischen Web-Shops an allen dänischen Websei- hatten. bindet auch Geld, das sie an im Ausland sitzen und Zahlungen bewusst so steu- ten noch bei 6,7 Prozent, so sank er nach Einführung anderer Stelle gebrauchen ern, dass sie nicht zurückgebucht werden können. der verschärften Identitätsprüfung auf 1 Prozent.1 Den Aufwand, einen solchen Vertrag wieder aus könnten. Die Kündigung von der Welt zu schaffen und dabei nicht auf zusätz- Verträgen darf zudem nicht ab- lichen Kosten sitzen zu bleiben, haben einzig die sichtlich erschwert werden. FORDERUNGEN DER VERBRAUCHERZENTRALE: l Für Webseiten sollte es eine Identifikationspflicht geben, bevor diese bei der Denic registriert werden. FORDERUNGEN DER VERBRAUCHERZENTRALE: l Online-Abzocke muss konsequent bekämpft werden. Dafür müssen Polizei und Staatsanwaltschaften im Kampf gegen Cyberkriminalität mit den nötigen Ressourcen ausgestattet werden. l Eine Bestätigungslösung bei allen telefonisch angebahnten Verträgen über Dauerschuldverhältnisse muss eingeführt werden. Verbraucher*innen müssten Verträge dann erst in Textform bestätigen, bevor sie wirk- sam werden. l Verkürzte Fristen für Kündigungen und kürzere Laufzeiten bei Vertragsverlängerungen müssen gesetzlich festgelegt werden, um ungewollte Verträge schneller beenden zu können. 1 https://www.verbraucherzentrale.de/marktbeobachtung/fakeshops-relevantes-verbraucherproblem-in-deutschland-40267
16 | Verbraucherpolitische Forderungen Verbraucherpolitische Forderungen | 17 VERBINDLICHES TIERWOHLLABEL EINFÜHREN MISSSTÄNDE BEI DER LEBENSMITTELÜBERWACHUNG BEHEBEN 5 6 Bislang können Verbraucher*innen beim Fleischein- Mai und Juni 2019 fanden die Ver- Der Skandal in 2019 um mit Listerien belastete Wurst ihre Aufgaben schon jetzt kaum bewältigen. Gleich- kauf nur schwer erkennen, ob die Tiere gut gelebt braucherzentralen in Supermärk- bei der Firma Wilke legte erneut die Schwachstellen in zeitig werden die gesetzlich vorgeschriebenen Auf- haben. Dabei ist es laut Umfragen2 der Mehrheit der ten und Discountern überwiegend Fleischprodukte der Lebensmittelüberwachung offen. Die Aufklärung gaben immer vielfältiger. So soll sich die Lebens- Verbraucher*innen wichtig, dass Lebensmittel aus aus Haltung nach gesetzlichem Mindeststandard. durch die Behörden dauerte zu lang, es bestanden mittelüberwachung künftig auch stärker auf Lebens- tiergerechterer Haltung stammen. Danach würden sie Nicht einmal zehn Prozent des Angebots stammten konkurrierende Interessen bezüglich der Lebens- mittelkriminalität und Betrugsfälle sowie Tierschutz für mehr Tierschutz auch mehr Geld fürs Fleisch aus- aus Haltungsformen mit deutlich mehr Tierschutz.3 mittelsicherheit einerseits und dem Erhalt von Ar- fokussieren. geben. Es fehlen ihnen aber Informationen und Trans- beitsplätzen andererseits (vor allem auf kommunaler parenz über die Tierhaltung. So wissen sie nicht, wie Ein unabhängiges, staatliches Tierwohlkennzeichen Ebene) und die Informationen für Verbraucher*innen Mit der Globalisierung steigt zudem die Zahl der sie Fleisch aus artgerechter Tierhaltung an der Laden- kann hier für mehr Orientierung sorgen. Zwar gibt waren dürftig. international agierenden Betriebe. Dadurch wird das theke erkennen können. es seit Anfang 2019 die Kriterien für ein dreistufiges Aufgabenfeld der Kontrolleure zunehmend komple- freiwilliges staatliches Label für die Schweinemast, Ausstattung und Strukturen der kommunal angesie- xer. Betriebe sollten im digitalen Zeitalter jederzeit Derzeit vorhandene Label sind mit Ausnahme der eine entsprechende Verordnung wurde bislang aber delten Lebensmittelüberwachung reichen nicht aus, ihre Lieferketten nachvollziehbar belegen können. Bio-Kennzeichnung wenig bekannt. Wer Fleisch aus noch nicht veröffentlicht. Es braucht ein verbindli- um Missstände in Lebensmittelbetrieben zeitnah zu Der Zugriff der Kontrolleure auf dieses System muss deutlich verbesserter Tierhaltung kaufen möchte, ches, staatliches Tierwohllabel, das auf einen Blick erkennen, zu beheben und die Sicherheit von Ver- gewährleistet sein. hat in den Geschäften zudem nur eine sehr geringe erkennen lässt, aus welcher Tierhaltung das Produkt braucher*innen zu gewährleisten. In Rheinland-Pfalz Auswahl. Bei einem bundesweiten Marktcheck im stammt. arbeiteten in 2018 rund 130 Kontrolleur*innen der Zudem müssen endlich Vorschläge auf den Tisch, Kommunen und etwa zwei Dutzend Weinkontrol- wie die Lebensmittelüberwachung reformiert werden leur*innen. Bei etwa jedem sechsten kontrollierten kann, um Verbraucher*innen FORDERUNGEN DER VERBRAUCHERZENTRALE: Betrieb stellten sie Verstöße wie mangelnde Hygiene tatsächlich flächendeckend fest. Verbraucher*innen erfahren davon nichts. vor Gesundheitsrisiken, Be- l Das Tierwohlkennzeichen für Schweine muss zügig bundesweit eingeführt und auf alle Nutztierarten trug sowie Irreführung und ausgeweitet werden. Die Lebensmittelüberwachungsbehörden in Rhein- Täuschung zu schützen. l Mittelfristiges Ziel muss eine EU-weite verbindliche Tierwohlkennzeichnung sein. land-Pfalz haben viel zu wenig Personal und können l Die Überwachung der Tiergesundheit und des Tierwohls über ein Monitoring muss künftig bereits auf der Weide oder im Stall erfolgen und nicht erst im Schlachthof am toten Tier. l Eine finanzielle Förderung muss an ein betriebsgenaues Tierwohl- und Tiergesundheitsmonitoring FORDERUNGEN DER VERBRAUCHERZENTRALE: geknüpft werden. l Es fehlen detaillierte Haltungsstandards etwa bei Milchkühen und Puten. l Die Zuständigkeit für die Lebensmittelüberwachung muss ausschließlich auf Länderebene liegen statt in Gesetzliche Mindeststandards sind für alle Nutztiere verbindlich festzulegen. kommunaler Selbstverwaltung. l Lieferketten müssen schneller nachvollziehbar sein, zum Beispiel durch ein digitales System, auf das die Lebensmittelüberwachung Zugriff hat. l Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung müssen transparent und zugänglich sein, zum Beispiel durch ein „Kontrollbarometer“ oder einen „Smiley“. l Anzahl und Häufigkeit der Kontrollen müssen durch mehr Personal sichergestellt werden. 2 Umfrage der Marketingberatung Zühlsdorf + Partner GbR im Auftrag des vzbv, Januar 2018 3 https://www.verbraucherzentrale-rlp.de/wissen/lebensmittel/lebensmittelproduktion/erst-ein-staatliches-label-bringt-durchblick-beim-einkauf-von-fleisch-25484
18 | Verbraucherpolitische Forderungen Verbraucherpolitische Forderungen | 19 NACHHALTIGEN KONSUM EINFACH MACHEN DIE EXTRARENTE ALS PRIVATE ALTERSVORSORGE FÜR ALLE EINFÜHREN 7 8 Immer mehr Verbraucher*innen wollen nachhaltig Da diese Geräte ohne funktionie- Die Hoffnung auf ein sorgloses Leben im Ruhestand eine Rente, die fair und einfach ist und ihnen mehr konsumieren. Sie legen Wert auf Produkte, die res- rendes oder nur mit eingeschränkt kann schnell zur Illusion werden. Die zu erwartende Geld im Alter bringt. Durch die Einführung eines öf- sourcenschonend, unter Einhaltung von Arbeits- laufendem Betriebssystem nicht mehr sicher nutzbar gesetzliche Rente allein wird meist nicht ausreichen, fentlich-rechtlich organisierten Standardproduktes schutzstandards und nicht zu Lasten kommender sind, ist es erforderlich, für die einzelnen Produkt- um den gewohnten Lebensstandard auch im Ruhe- – der Extrarente – könnten Verbraucher*innen in Generationen produziert wurden. Der Dschungel von gruppen festzulegen, wie lange Software-Updates stand zu halten. Damit das Geld im Alter nicht knapp Deutschland deutlich günstiger und besser fürs Alter unzähligen Labels und unterschiedlichen Standards, zur Verfügung gestellt werden müssen. Das Design wird, sind viele Verbraucher*innen auf eine private vorsorgen als bisher. Bei dem Modell der Extrarente die Nachhaltigkeit ausloben, bietet dabei wenig Ori- von Produkten muss außerdem auf lange Nutzbarkeit Zusatzvorsorge angewiesen. werden sie automatisch über ihren Arbeitgeber ein- entierung. Zudem kommen die Unternehmen ihrem ausgerichtet sein, etwa indem sie reparaturfreund- bezogen. Selbstständige können in die Extrarente Versprechen nicht nach, freiwillig für die Einhaltung lich gestaltet werden. Dabei gibt es jedoch ein Problem: Die Riester-Rente proaktiv einzahlen. Die Extrarente wird über die öf- von Menschenrechten und Umweltstandards bei im funktioniert nicht gut. Denn meist werden teure, fentliche Hand durch Ausschreibungen statt über ge- Ausland produzierten Waren zu sorgen. Auch der Die Verantwortung für nachhaltigen Konsum darf kaum rentable und unflexible Rentenversicherungen winnorientierte Unternehmen organisiert. So sinken Begriff „nachhaltig produziert“ ist nicht einheitlich nicht weiter einseitig auf die Verbraucher*innen angeboten, von denen vor allem die Versicherungs- die Kosten für die Verwaltung deutlich, Kosten für den geregelt. abgeschoben werden. Hersteller und Handel wirtschaft und deren Vertriebe profitieren. Und auch Vertrieb entfallen ganz. Allein durch die geringeren müssen ein Angebot schaffen, das nachhaltiges bei Banken, Sparkassen und Finanzvermittlern erhal- Kosten fällt die spätere Rente für Verbraucher*innen Vor allem Geräte aus dem Bereich der Informations- Konsumieren ermöglicht. Die Politik muss hierfür ten Verbraucher*innen keine unabhängige Beratung, deutlich höher aus als bei den heute üblichen An- und Kommunikationstechnologie wie Smartphones, Regeln festlegen. Es braucht klare und verbindliche sondern die Berater*innen verdienen über Provisio- geboten. Die Extrarente legt vor allem in Aktien an Tablets und Computer sind ressourcenintensiv in der staatliche Mindestkriterien für eine sozial und öko- nen am Verkauf der Produkte mit. Im schlimmsten Fall und erzielt damit langfristig eine höhere Rendite, Produktion, haben aber oft nur eine begrenzte Le- logisch verantwortungsvolle Produktion und Gestal- bekommen Verbraucher*innen nicht das Produkt, das als viele private Vorsorgeverträge. Ab dem Renten- bens- und Nutzungsdauer. Ihre Wertschöpfungskette tung von Produkten in allen Branchen. am besten zu ihnen passt – sondern das, mit dem die eintritt können Verbraucher*innen flexibel über ihr muss vorrangig verbessert werden. Berater*innen am meisten verdienen. Da verwundert Geld verfügen und entscheiden, ob sie weiterhin am es auch nicht, dass laut einer repräsentativen Befra- Kapitalmarkt anlegen wollen oder eine lebenslange, gung im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesver- klassische Rente wählen möchten. Knapp drei Vier- FORDERUNGEN DER VERBRAUCHERZENTRALE: bandes (vzbv) 58 Prozent aller Verbraucher*innen in tel der Verbraucher*innen befürworten ein solches, Deutschland gern mehr privat für das Alter vorsorgen vom Staat organisiertes l Ein Lieferkettengesetz, das alle Bereiche und die gesamte Wertschöpfungskette umfasst, ist dringend würden, aber mangelndes Vertrauen in die Angebote Standardprodukt, in das sie erforderlich. Die Einhaltung des Gesetzes muss kontrolliert und Verstöße müssen sanktioniert am Markt als Hinderungsgrund nennen. 4 Zudem führt zusätzlich zur gesetzlichen werden. die anhaltende Niedrigzinsphase dazu, dass viele Rente einzahlen können. l Notwendig sind gesetzliche Anforderungen an das Design von Produkten und Gütern, damit diese sich fragen, ob sich private Altersvorsorge überhaupt Von den 14- bis 29-jähri- langlebig, reparaturfähig und letztlich recyclingfähig sind. Gerade auch für digitale Produkte müssen noch lohnt. gen Verbraucher*innen in solche Standards etabliert werden. Deutschland wünschen sich l Es braucht einen gesetzlichen Mindestzeitraum, in dem Hersteller verpflichtet sind, Software-Updates Eine Reform der privaten Altersvorsorge ist daher sogar 88 Prozent ein staatli- für auf Software basierende elektronische Geräte zur Verfügung zu stellen. zwingend erforderlich. Verbraucher*innen wollen ches Angebot.5 l Es darf keine Subventionen für nicht nachhaltige Produkte und Dienstleistungen geben. FORDERUNGEN DER VERBRAUCHERZENTRALE: l Einführung der „Extrarente“ als öffentlich-rechtlich organisiertes Standardprodukt zur privaten Altersvor- sorge. l Private Altersvorsorgeprodukte müssen sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. Sie dürfen nicht provisionsorientiert verkauft werden. 4 Kantar Emnid, repräsentative Befragung im Auftrag des vzbv, April 2019. Siehe: https://www.vzbv.de/pressemitteilung/vzbv-stellt-extrarente-vor 5 Ebd.
20 | Verbraucherpolitische Forderungen Verbraucherpolitische Forderungen | 21 DIE UNABHÄNGIGE PATIENTENBERATUNG ZIVILGESELLSCHAFTLICH PFLEGEBEDÜRFTIGE FINANZIELL ENTLASTEN UND PFLEGEVERSICHERUNG VERANKERN ZUKUNFTSFÄHIG MACHEN 9 10 Das Sozialgesetzbuch sieht eine unabhängige Patien- Unter diesen Bedingungen ist frag- Anders als die gesetzliche Krankenversicherung deckt und 895 Euro für Unterkunft und Verpflegung zusam- tenberatung als Regelleistung für alle Versicherten in lich, ob die derzeitige UPD ihre ge- die soziale Pflegeversicherung nur einen Teil der tat- men, zuzüglich 437 Euro für die nicht geförderten In- Deutschland vor, die die Interessen der Patient*innen setzlich verankerte Unabhängigkeit sächlich anfallenden Kosten ab. In einer repräsenta- vestitionskosten. vertritt. Ursprünglich wurde die Unabhängige Patien- bewahren und gute Hilfe leisten kann. tiven Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesver- tenberatung (UPD) bundesweit durch gemeinnützige bands (vzbv) vom November 201810 gaben mehr als Die durchschnittliche Rente bei mindestens 35 Ver- Verbände getragen, u.a. durch den Verbraucherzen- Die Verbraucherzentralen und der Verbraucherzen- drei Viertel der befragten Teilnehmer*innen (77 Pro- sicherungsjahren betrug demgegenüber in West- trale Bundesverband (vzbv) und den Sozialverband trale Bundesverband (vzbv) könnten die Wahr- zent) an, dass sie sich im Ernstfall nicht ausreichend Deutschland im Jahr 201912 1.249 Euro. Dies bedeu- VdK. nehmung der UPD in der Öffentlichkeit durch ihren finanziell abgesichert fühlen – Tendenz steigend. tet: Auch Durchschnittsverdiener*innen, die nicht hohen Bekanntheits- und Vertrauensgrad massiv auf eine ordentliche Betriebsrente und sonstige Seit 2016 ist der private Gesundheitsdienstleister stärken. So haben 75 Prozent der Wahlberechtigten Die demografische Entwicklung und die spätestens Einkünfte zurückgreifen können, werden schnell zu Sanvartis, der für Krankenkassen und Pharmafirmen in Deutschland laut einer Umfrage im Auftrag des seit der Corona-Pandemie erwünschten steigenden Sozialhilfeempfänger*innen. Die im Oktober 2020 Callcenter betreibt, Träger der UPD. In 2018 ging WDR8 sehr großes bis großes Vertrauen in die Ver- Lohnkosten in der Pflege führen zu einem erheblichen vorgestellten Eckpunkte zur Pflege- Sanvartis in den Besitz einer Holding unter Führung braucherzentralen. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt zusätzlichen Finanzbedarf in der Pflegeversicherung. reform mit einer Deckelung der reinen des Pharma-Hegdefonds Careforce über. Die zahl- auch der Verbraucherreport 2020.9 Bereits heute müssen Pflegebedürftige, insbesonde- Pflegekosten auf 700 Euro pro Monat reichen vertraglichen Verflechtungen zwischen UPD, re, wenn sie im Heim leben, einen erheblichen Eigen- und deren Wegfall erst nach drei Sanvartis GmbH sowie weiteren Unternehmen werden Die Unabhängige Patientenberatung muss den Ver- anteil leisten. Dieser liegt im Bundesdurchschnitt Jahren Heimaufenthalt sind nicht aus- dazu führen, dass bis zum Ende der Förderperiode braucher*innen dienen und daher allein den Inter- bei 2.015 Euro, in Rheinland-Pfalz mit 2.119 Euro pro reichend, weil die meisten Bewoh- in 2021 etwa ein Drittel der gesamten Fördersumme essen der Patient*innen verpflichtet sein. Eine wirk- Monat sogar noch deutlich darüber.11 Diese Summe ner*innen bereits vorher sterben. an diese Unternehmensallianz geflossen sein wird.6 lich unabhängige Patientenberatung muss frei von setzt sich aus 787 Euro für die reinen Pflegekosten Gleichzeitig bleibt die derzeitige UPD trotz erheblich wirtschaftlichen Interessen oder anderen Abhängig- verbesserter finanzieller Ausstattung deutlich hinter keiten sein. den von ihr angekündigten Beratungszahlen zurück.7 FORDERUNGEN DER VERBRAUCHERZENTRALE: l Ein Steuerzuschuss zur Pflegeversicherung muss so ausgestaltet sein, dass Heimbewohner*innen bereits FORDERUNGEN DER VERBRAUCHERZENTRALE: vor Ablauf von drei Jahren spürbar entlastet werden. l Die Kosten der medizinischen Behandlungspflege in der stationären Pflege müssen von den Kranken- l Die derzeitige Rechtsgrundlage der Unabhängigen Patientenberatung muss so geändert werden, kassen bezahlt werden. dass die Trägerentscheidung nicht länger beim GKV-Spitzenverband liegt. l Die Investitionskosten in der Pflege sollten nicht mehr von den Pflegebedürftigen finanziert werden; l Die bestehenden Aufgaben der Patientenberatung in Deutschland müssen langfristig sichergestellt diese Kosten sollte das Land Rheinland-Pfalz übernehmen, eventuell ergänzt durch Bundeszuschüsse. und institutionalisiert werden. l Die Leistungen der Pflegeversicherung müssen dynamisiert werden und dabei nicht nur die Inflationsrate, l Die Unabhängige Patientenberatung muss wieder direkt an die Zivilgesellschaft in Deutschland sondern auch die steigenden Personalkosten berücksichtigen. angebunden werden. l Mittelfristig sollte ein Finanzausgleich zwischen sozialer und privater Pflegepflichtversicherung angestrebt werden mit dem Ziel einer solidarisch und paritätisch finanzierten Pflegeversicherung. 6 https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/bundesrechnungshof-patientenberatung-101.html 10 https://www.vzbv.de/sites/default/files/downloads/2019/01/22/190122-vzbv-umfrage_pflegefinanzierung.pdf 7 https://www.sueddeutsche.de/wissen/patientenberatung-bundesrechnungshof-geldverschwendung-1.4937946 11 https://www.vdek.com/presse/daten/f_pflegeversicherung.html 8 https://www1.wdr.de/unternehmen/der-wdr/unternehmen/studie-glaubwuerdigkeit-102.html 12 Durchschnittliche Rente nach Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, siehe Flyer „Altersrenten im Zeitablauf 2020“, 9 https://www.vzbv.de/sites/default/files/downloads/2020/09/22/verbraucherreport_2020_ergebnispraesentation.pdf abrufbar unter: https://www.deutsche-rentenversicherung.de.
22 | Verbraucherpolitische Forderungen Verbraucherpolitische Forderungen | 23 KOSTEN FÜR ENERGIEWENDE UND KLIMASCHUTZ GERECHT VERTEILEN VERBRAUCHER*INNEN VOR ENERGIEARMUT SCHÜTZEN 11 12 Die Energiewende ist eines der wichtigsten Infrastruk- Die Bundesregierung hat mit Privathaushalte mit niedrigem Einkommen geben ei- mit Strom sorgen für hohe Verbrauchskosten und er- turprojekte in Deutschland und geht Hand in Hand dem Ende 2019 beschlosse- nen großen Teil ihrer Einnahmen für Energie aus. Das höhen das Risiko für Zahlungsprobleme oder gar eine mit dringend erforderlichen Maßnahmen gegen den nen Klimapaket die Einführung liegt an der Höhe der Strompreise, an ihrer Geräte- Energiesperre. Klimawandel. Genauso wie die große Mehrheit der eines CO2 -Preises für fossile ausstattung, aber auch an den rechtlichen Bedingun- Privathaushalte steht die Verbraucherzentrale hinter Energieträger ab 2021 vorgese- gen rund um die Belieferung mit Energie, die für diese Die Energieversorger bieten nur in begrenztem Rah- den Zielen, die in beiden Feldern bis 2050 erreicht hen, der in den nächsten Jahren Kunden häufig nachteilig sind und zusätzliche Kosten men Ratenzahlungsvereinbarungen an. Häufiger sind werden sollen. Allerdings müssen die umfangreichen kontinuierlich steigen wird. Die Einnahmen aus dieser verursachen. Einkommensschwache Haushalte sind die geforderten Monatsraten zu hoch oder es wird kein Kosten für diese großen Transformationsprozesse Bepreisung sollen unter anderem zur Senkung des häufig im teuersten Grundversorgungstarif, da sie Ratenplan über offenstehende Abschläge gewährt. gerecht verteilt werden, so dass Verbraucher*innen Strompreises genutzt werden. Das konkrete Ausmaß aus verschiedenen Gründen den Anbieter oder Tarif Zusätzliche Gebühren entstehen durch Sperr- und nicht übermäßig belastet werden. Aktuell haben der Senkung der EEG-Umlage soll zu einem späteren nicht wechseln. Sie haben zudem weniger Kostenkon- Entsperrkosten, Forderungen von Inkassobüros, Zäh- Verbraucher*innen in Deutschland einen Anteil am Zeitpunkt durch den Haushaltsgesetzgeber festge- trolle, da die Zähler in großen Mietshäusern oft nicht lerausbauten und Kautionen, deren Zahlung Versor- Gesamtstromverbrauch von knapp 25 Prozent, ihr An- setzt werden. Gleichzeitig hat die Bundesregierung ohne Weiteres zugänglich sind. Sie sind zudem damit ger zur Bedingung einer Wiederbelieferung machen. teil an den zu tragenden Kosten für das Erneuerbare- im Rahmen ihres Konjunkturpakets als Reaktion auf überfordert, ihre Energiekosten richtig einzuschät- Jobcenter in Rheinland-Pfalz Energien-Gesetz (EEG) liegt jedoch bei 35 Prozent. die Corona-Pandemie eine Deckelung der EEG-Umlage zen und haben keine Rücklagen, wenn es zu hohen haben unterschiedliche Vor- Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass in 2021 auf 6,5 Cent per kWh und auf 6 Cent in 2022 Nachzahlungen bei der Jahresabrechnung kommt. gaben, ab wann sie Darlehen die Entlastung stromintensiver Industriebetriebe von beschlossen. Offen ist bisher, wie beide Ziele gemein- Gleichzeitig fehlen ihnen die Mittel, in energieeffizi- genehmigen oder in welcher allen anderen EEG-Zahlern getragen wird. sam umgesetzt werden sollen. entere Wohnungen zu ziehen und in stromsparende Höhe sie Heizkosten noch Haushaltsgeräte zu investieren. Insbesondere eine als angemessen bewerten. elektrische Warmwasserbereitung oder Beheizung FORDERUNGEN DER VERBRAUCHERZENTRALE: l Die Höhe der EEG-Umlage muss rasch festgelegt werden, damit sich Verbraucher*innen frühzeitig darauf FORDERUNGEN DER VERBRAUCHERZENTRALE: einstellen können, wie sich die Kosten für die CO2 -Bepreisung von fossilen Heiz- und Kraftstoffen einer- seits und die Entlastungen insbesondere beim Strompreis andererseits zueinander verhalten werden. l Versorger müssen verpflichtet werden, vor einer Versorgungssperre bezahlbare Ratenpläne anzubieten. l Die EEG-Umlage für private Haushalte muss deutlich gesenkt werden. Sowohl besondere Ausgleichsrege- Sperr- und Folgekosten sollten einheitlich gedeckelt und Zählerausbauten nur unter festgelegten Bedin- lungen bei der EEG-Umlage für stromintensive Industriebetriebe als auch die Deckelung der EEG-Umlage gungen erlaubt sein. im Rahmen des Konjunkturpakets müssen aus dem Steueraufkommen finanziert werden. l Die Verhältnismäßigkeitsprüfung vor der Durchführung von Versorgungssperren muss als konkret definier- l Bei der Zahlung des CO2 -Preises muss es eine vollständige Transparenz beim Anteil der Privathaushalte ter Prozess gesetzlich festgelegt werden. am Gesamtaufkommen und bei der Höhe der gleichzeitigen Entlastung beim Strompreis geben. Mögliche l Bei Zahlungsproblemen ist eine monatliche Verbrauchsinformation nötig mit Warnhinweisen, wenn der Ausnahmen für Unternehmen sind aus dem Staatshaushalt zu finanzieren. Verbrauch den Monatsabschlag übersteigt. l Die Stromsteuer muss auf das von der EU geforderte Minimum gesenkt werden. l Die Vorgänge bei Sozialbehörden zur Gewährung von Darlehen und die Bewertung der Angemessenheit von Heizkosten sollten landesweit vereinheitlicht werden. l Strom, der für eine elektrische Warmwasserbereitung erforderlich ist, sollte verbindlich separat erfasst werden, damit die Kosten der Warmwasserbereitung beim Leistungsbezug Berücksichtigung finden. Ener- getische Mindeststandards sind notwendig, dazu gehört der Verzicht auf elektrische Beheizung in schlecht gedämmten Wohnungen. l Einkommensschwache Haushalte können keine Rücklagen bilden. Ein von neutraler Stelle verwalteter Rücklagenfonds oder ein kommunaler Nothilfefonds könnten Notfallsituationen lindern.
24 | Verbraucherpolitische Forderungen Verbraucherpolitische Forderungen | 25 BARRIEREFREIES BAUEN KONSEQUENT UND RICHTIG UMSETZEN WERBEFREIE VERBRAUCHERBILDUNG FÜR KINDER UND JUGENDLICHE SICHERSTELLEN 13 14 Die Baubranche boomt – niedrige Zinsen, günstige tigkeiten sind vorprogrammiert. Jede und jeder von uns ist Verbraucher*in. Doch um Doch gerade die Verbraucherbildung birgt auch das Kredite sowie zusätzliche Darlehens- und Förder- Ein weiteres Problem stellt die oft fit zu sein für den Verbraucheralltag, bedarf es be- Risiko, Einfallstor für Angebote und Unterrichtsma- programme erleichtern die Entscheidung, neue Bau- nicht durchgeführte Kontrolle der stimmter Kompetenzen, etwa im Umgang mit digita- terialien aus der Wirtschaft zu sein. Dies können im projekte im ganzen Land anzugehen. Viele dieser barrierefreien Umsetzung nach Fertigstellung eines len Medien, für das wirtschaftliche Handeln, für eine Auftrag von Unternehmen erstellte Unterrichtsma- Bauprojekte müssen barrierefrei umgesetzt werden Gebäudes dar. Um eine gewissenhafte Prüfung bei gesunde Ernährung oder für einen nachhaltigen Kon- terialien sein, Schulkooperationen, Wettbewerbe und unterliegen hierbei unter anderem dem Grund- rheinland-pfälzischen Baubehörden oder auch bei sum. Auch ein kritisches Reflexionsvermögen im Um- oder technische Ausstattung und Fortbildungsan- gesetz, der UN-Behindertenrechtskonvention und Förderinstitutionen zu gewährleisten, fehlt es meist gang mit Werbung und Angeboten von Unternehmen gebote für Lehrkräfte. Im Jahr 2017 boten 22 von 30 der rheinland-pfälzischen Landesbauordnung oder an ausreichendem Personal. ist wichtig. Kinder und Jugendliche müssen derartige DAX-Unternehmen Unterrichtsmaterialien an.16 Bei auch den entsprechenden aktuellen Förderprogram- Verbraucherkompetenzen bereits in ihrer Schulzeit genauerer Betrachtung verstecken sich unter dem men von Bund und Land. Barrierefrei-Konzepte für Wohn- und Nicht-Wohn- vermittelt bekommen. Deckmantel der unterstützenden Zusammenarbeit gebäude müssen von Anfang konzipiert und der Ge- von Unternehmen, wirtschaftsnahen Verbänden und Die geforderte barrierefreie Ausführung wird oft nur nehmigungsplanung beigelegt werden und ihre Um- Es ist erfreulich, dass die aktuelle Landesregierung Stiftungen häufig Ziele wie Imagepflege, Kunden- teilweise, falsch, konzeptlos oder gar nicht umge- setzung muss fachgerecht kontrolliert werden. Bun- eine Neufassung der Richtlinie zur Verbraucherbil- akquise, Agenda-Setting, verkaufsfördernde Wer- setzt. Bauliche, technische, aber auch organisato- desländer wie Hessen13 und Nordrhein-Westfalen,14 dung in allgemeinbildenden Schulen15 in Rheinland- bung oder gar die Etablierung eines direkten Ver- rische Punkte im Hinblick auf die Barrierefreiheit die bereits Barrierefrei-Konzepte gesetzlich fordern, Pfalz erarbeitet hat und dabei verschiedene Akteure, triebskanals. Es braucht werden nicht von Anfang an mitgedacht und nach- sind Rheinland-Pfalz hier ein Stück voraus. darunter auch die Verbraucherzentrale, bei der Über- deshalb Maßnahmen, die vollziehbar abgebildet. Spätestens bei der Genehmi- arbeitung von Anfang an einbezogen hat. Nun gilt es, den Einfluss von Wirt- gungsphase zeigt sich, dass Genehmigungsbehör- Ein Barrierefrei-Konzept benötigt einen umfassenden, diese Richtlinie auch in der Praxis umzusetzen. Da- schaft in Schulen begrenzt. den bei der Prüfung der Vorgaben zur Barrierefreiheit schriftlichen Erläuterungsbericht, entsprechend den für braucht es Fortbildungsangebote für Lehrkräfte, erhebliche Schwierigkeiten haben können, da die ein- Vorgaben zur baulichen Barrierefreiheit, die durch die diese befähigen, Verbraucherkompetenzen in ver- gereichten Unterlagen bereits fehlerhaft sind. Strei- Zeichnungen und Pläne sinnvoll ergänzt werden. schiedenen Themenbereichen zu vermitteln. Auch in den Ausbildungsplänen angehender Lehrer*innen muss dies verankert werden. FORDERUNGEN DER VERBRAUCHERZENTRALE: l Bauherren müssen im Zuge der Baugenehmigung für neu zu errichtende Wohn- und Nicht-Wohngebäude FORDERUNGEN DER VERBRAUCHERZENTRALE: zur Vorlage eines Barrierefrei-Konzeptes verpflichtet werden. l Die Umsetzung der Barrierefreiheit während und nach Abschluss der Bauphase muss durch die Baubehör- l Die Vermittlung von Verbraucherkompetenzen muss in den Ausbildungscurricula angehender Lehrkräfte den kontrolliert werden. Dies muss durch mehr Personal in den Baubehörden sichergestellt werden. verankert werden; für Lehrer*innen bedarf es verpflichtender Fortbildungsangebote. In beiden Fällen muss l Entsprechende Fördermittel müssen langfristig sichergestellt und ihr sachgerechter Einsatz muss geprüft auch ein kritischer Umgang mit Wirtschaft und Werbung in Schulen vermittelt werden. werden. l Es braucht ein generelles Werbeverbot an Schulen, das Kinder und Jugendliche vor wirtschaftlicher Ein- flussnahme im Schulalltag schützt. l Stärkere Transparenz und Kontrollmöglichkeiten sind notwendig. Es sollte jederzeit nachvollziehbar sein, welche Unternehmen, wirtschaftsnahen Verbände und Stiftungen in Schulen aktiv sind und was sie dort tun. Dies lässt sich durch ein Transparenzregister und zuständige Ansprechpartner im Bildungsministeri- um sicherstellen. 15 Die Richtlinie legt fest, dass Schüler*innen Kompetenzen in den Themenfeldern Finanzen, Marktgeschehen und Verbraucherrecht, Ernährung und Gesundheit, Medien und Information sowie nachhaltiger Konsum und Globalisierung vermittelt werden müssen. 13 https://www.bfb-barrierefrei-bauen.de/barrierefrei-konzept-wird-pflicht/ 15 Lobbycontrol (2018): Lobbyismus an Schulen. Köln, S. 9., https://www.lobbycontrol.de/produkt/lobbyismus-an-schulen-broschuere/, 14 https://www.aknw.de/nc/aktuell/meldungen/detailansicht/artikel/das-barrierefrei-konzept-als-neue-bauvorlage/ abgerufen am 28.08.2020.
26 | Verbraucherpolitische Forderungen III. ANSPRECHPARTNER*INNEN MOBILITÄT NEU DENKEN 15 Volle Straßen, Staus und Lärm, Feinstaubbelastung Ziel muss es sein, allen Ver- und CO2 -Ausstoß, hohe Stickoxid-Werte in Innen- braucher*innen in Rhein- städten sowie knapper werdende Rohstoffe – dies land-Pfalz einen Anschluss an den ÖPNV oder andere sind nur einige der Gründe, warum in Deutschland ein öffentlich zugängliche Verkehrsmittel zu ermög- Wandel vom Individualverkehr mit Verbrennungsmo- lichen. Dafür braucht es neue Mobilitätskonzepte, tor hin zu nachhaltigeren und umweltfreundlicheren die den bestehenden ÖPNV ausbauen und erweitern: Mobilitätslösungen gefunden werden muss. Rhein- Anrufsammeltaxis, Mieträder, Car-Sharing und land-Pfalz ist ein Flächenland mit großen ländlichen andere Angebote müssen als Teil eines Gesamt- Gebieten. Dort ist die Anbindung an den öffentlichen konzeptes für Mobilität verstanden werden. Angebote Nahverkehr nicht oder nur unzureichend sicherge- müssen von der Nachfrageseite her gedacht werden. stellt und zwingt die Bewohner*innen solcher Regio- Dies beinhaltet auch verbraucherfreundliche Ticket- nen, das eigene Auto zu nutzen. Wer sich dies nicht systeme, die den Kauf von Tickets digital oder am leisten kann bzw. möchte oder aus anderen Gründen Automaten problemlos über Verkehrsverbünde hin- kein Auto besitzt oder wer nicht selbst fahren kann, weg ermöglichen sowie barrierefreie Zugänge zu allen ist in seiner Mobilität stark eingeschränkt. öffentlichen Verkehrsmitteln. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) hat nicht Wer dennoch auf ein Auto angewiesen ist, kann mit nur ökologische Vorteile. Er trägt auch dazu bei, dass einem E-Auto einen Beitrag zu Klimaschutz und gerin- Menschen ohne Auto am gesellschaftlichen Leben gerer Schadstoffbelastung in der Luft leisten. Doch teilhaben und wichtige Orte wie Arbeitsplatz, Schu- derzeit gibt es noch zu wenige öffentliche Lademög- le, Geschäfte sowie Arztpraxen, Krankenhäuser und lichkeiten für E-Autos in Rheinland-Pfalz, die Preise Pflegeheime erreichen können. Er ist somit zugleich für die Kilowattstunde sind häufig nicht einfach zu eine tragende Säule der Daseinsvorsorge im Land ermitteln. Um E-Mobilität als weiteren Baustein einer und das Rückgrat einer zukunftsorientierten und Verkehrswende attraktiver zu machen, bedarf es einer nachhaltigen Mobilität. besseren Ladeinfrastruktur für Autos und transparen- ter Preise. Auch eine Förderung privater Ladestationen würde die Akzeptanz der E-Mobilität weiter erhöhen. FORDERUNGEN DER VERBRAUCHERZENTRALE: l Es braucht ein nachhaltiges Mobilitätskonzept für ganz Rheinland-Pfalz. l Neben klassischen Fahrplan-Angeboten müssen weitere Mobilitätsformen wie Anrufsammeltaxis, Apps für Car-Sharing, Mietfahrräder usw. mit einbezogen werden, um eine bessere Anbindung auch in ländlichen Gebieten zu ermöglichen. l Ticketsysteme müssen verständlich und verbraucherfreundlich sein, ein Kauf von Tickets auch über Verkehrsverbünde hinweg muss digital und am Automaten problemlos möglich sein. l Der öffentliche Nahverkehr muss barrierefrei sein und somit auch für Menschen mit körperlicher Beein- trächtigung und Rollstuhlfahrer*innen problemlos nutzbar sein. l Für eine Stärkung der E-Mobilität braucht es zudem eine bessere Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Preise für den Strom müssen transparent, nachvollziehbar und vergleichbar sein.
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