Aufbruch Verbände nach der Bundestagswahl 2021 - Agentur ADVERB
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ISSN 2700-4422 | Schutzgebühr 2,50 Euro Aufbruch Verbände nach der Bundestagswahl 2021 Titelthema So geht’s nach Service Abgeordnete richtig Service Nach BTW: #99 2021 der BTW weiter anschreiben Stakeholder finden by Agentur ADVERB
5 EDITORIAL An die Stifte, fertig, los 6 T I T E LT H E M A Fraktionen, Ausschüsse, Regierung: Startschuss für die neue Legislatur 14 SERVICE Wissen, auf wen es ankommt – die politische LEA-Analyse Erster Ansprechpartner für erfolgreiche Verbandskommunikation. Agentur für Verbandskommunikation Servicemedium für Kommunikations- Forschung und Lehre im Bereich www.agentur-adverb.de verantwortliche in Verbänden Verbandskommunikation und -management www.verbandsstratege.de www.ifk-verbandsforschung.de 2Verbandsstratege
18 REFERENZ Politische Kommunikation für die Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser 22 SERVICE Anschreiben an Abgeordnete: So geht‘s 26 SERVICE Vertrauen zählt – mit Hintergrundgesprächen zum Erfolg Herausgeber: ADVERB – Agentur für Verbandskommuni- 2.500 Empfänger/innen ist der Verbandsstratege das kation, Christian H. Schuster (Inh.), Berlin. Redaktion: am weitesten verbreitete serviceorientierte PDF-Magazin Christian H. Schuster (Chefredakteur, V. i. S. d. P. und Verant- in dieser Zielgruppe. Die Mediadaten finden Sie unter Bildnachweise: S. 6: © iStock/Ales_Utovko; S. 14: © iStock/ wortlicher gemäß § 5 TMG + § 55 RfStV), Milena Stiefermann. www.mediadaten.verbandsstratege.de. Kontakt (Heraus- dstaerk; S. 22: © iStock/Geber86; S. 27: © iStock/ Satz/Layout: Nina Heyen-Roloff, David Auris. Lektorat: geber und Redaktion): Reinhardtstraße 12, 10117 Berlin, Tel.: jesadaphorn; alle weiteren: ADV Petra Thoms, Berlin. Abonnement: Der Verbandsstratege 030/30878588 – 0,E-Mail:redaktion@verbandsstratege.de, lässt sich unter www.abo-verbandsstratege.de abonnie- Web: www.verbandsstratege.de, www.agentur-adverb.de. Ausgabe #99 2021: Aufbruch ren. Anzeigen: Der Verbandsstratege erscheint monatlich Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle übernimmt der Stand: Oktober 2021 und richtet sich an Verbandsmitarbeitende, die im Bereich Herausgeber keine Haftung/Gewähr für die Richtigkeit, Fundraising, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Lobbying Vollständigkeit, Verfügbarkeit und Aktualität der gemach- ISSN: 2700-4422 sowie Mitgliederkommunikation tätig sind. Mit über ten Angaben und Leistungen. #99 Aufbruch3
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EDITORIAL An die Stifte, fertig, los » Der Wunsch der Wähler*innen nach einem echten Aufbruch scheint offensichtlich. « Die Wahlprogramme sind seit Monaten veröffent- bei der Ausgestaltung der großen Vorhaben beteiligt licht, die Wahl ist entschieden und der Wunsch der sein. Die aktuelle Zeit der Veränderung ist eine gute Wähler*innen nach einem echten Aufbruch scheint Chance, um zu überprüfen, ob die bisherigen Ansprech- offensichtlich. Von einer grünen Regierungsbetei- partner*innen den Sprung ins Parlament geschafft ligung konnte man schon lange ausgehen. Dass auch haben oder nun neue gesucht werden müssen und wie die Gelben mit auf der Regierungsbank sitzen werden, deren Know-how ist. wissen wir zumindest seit September. Insofern dürfte die Regierungsbeteiligung dieser zwei Akteure keine Wie Sie sich auf den Weg machen können, welche Überraschung sein. Wer bisher die Wahlprogramme der Fallstricke es zu beachten gilt und was Sie von anderen Königsmacher noch nicht nebeneinandergelegt hat, tut lernen können, haben wir in dieser Ausgabe zusammen- es jetzt: Mit einem roten Stift darf markiert und analy- gefasst. Und hoffen, dass Sie sich die ein oder andere siert werden, welche Differenzen und welche Gemein- Stelle auch markieren werden. samkeiten sich aus Verbandssicht zwischen den beiden und der SPD ergeben könnten. Wer auf Nummer sicher gehen will, nimmt auch noch den schwarzen Stift für Gisa Wörlein die CDU dazu – auch wenn es derzeit nicht nach einer Jamaika-Koalition aussieht. Gisa Wörlein ADVERB – Agentur für Verbandskommunikation Für die Koalitionsverhandlungen braucht es dann auf die Verhandlungspartner*innen zugeschnittene Papiere PS: Sollten Sie Unterstützung bei der Formulierung und Hintergründe mit den Verbandspositionen und oder Platzierung Ihrer politischen Forderungen haben, einer Einschätzung zu den Auswirkungen der politi- kommen Sie gerne auf mich zu. Sie erreichen mich und schen Vorhaben. Die dürfen dann auch gleich für die mein Team unter der Nummer 030 / 30 87 85 88 – 54. Kontaktpflege und „Erstbetankung“ der Abgeordneten Im Editorial berichten Mitarbeitende von ADVERB – passend zur jeweiligen Ausgabe – im Bundestag genutzt werden. Neben den über 454 alten von ihren Erlebnissen in der Verbandsberatung. Die Texte können sich auf weit zurücklie- Hasen kommen auch 281 Neue dazu. Sie alle werden gende Ereignisse beziehen und sind meist verfremdet, um Diskretion zu sichern. #99 Aufbruch5
T I T E LT H E M A Fraktionen, Ausschüsse, Regierung: Startschuss für die neue Legislatur Interview mit David Denne, geführt von Denise Carstensen 6Verbandsstratege
Die Ergebnisse der Bundestagswahl und die Machtverschiebungen im größten deutschen Parlament sorgen für turbulente Wochen und Monate im politischen Berlin. Als Teil der Beratung bei ADVERB sorgt David Denne dafür, dass Verbände erfolgreich mit der Politik kommunizieren. Im Verbandsstrategen-Interview spricht er mit unserer Redakteurin Denise Carstensen darüber, was in den nächsten Wochen im Bundestag passiert, welche Personen dabei eine besondere Rolle spielen und wie die Koalitionsverhandlungen aussehen werden. Die Wahl ist entschieden, wie geht es in den nächsten Wochen weiter? Was wir jetzt unmittelbar nach dem Wahlsonntag in Berlin sehen, sind vor allem die politischen Machtspielchen und ein „In-Position-Bringen“ für die Sondierungs- und Koalitionsgespräche. Natürlich sprechen die Parteien schon seit Wochen intern über ihre strategische Herangehens- weise für die möglichen Koalitionsverhandlungen. Jetzt werden sie auch darüber sprechen, was aus den Wahlergebnissen geschlussfolgert werden kann und welche Konsequenzen es geben wird. Und auch zwischen den Parteispitzen gibt es jetzt ein Abtasten – FDP und die Grünen haben es am Wahlabend ja bereits deutlich gemacht. Parallel passieren aber auch viele spannende Dinge im Bundestag. Die Parteivorstände beraten über wichtige Personalfragen, und auch die Bundestagsfraktionen kommen zusammen – und legen den Grundstein für die nächsten vier Jahre. Sie wählen beispielsweise ihre Fraktionsvor- sitzenden und die Parlamentarischen Geschäftsführer*innen. Diese spielen eine entscheidende Rolle dabei, wie der Bundestag in der Legislaturperiode arbeiten wird. Welche Aufgaben übernehmen die Fraktionsvorsitzenden und die Parlamentarischen Geschäftsführer*innen denn? Sie müssen ihre Fraktionen in den nächsten Wochen quasi komplett durchorganisieren – bei 206 Abgeordneten, wie beispielsweise in der SPD-Fraktion, ist das gar nicht so einfach. Die Fraktionsvorsitzenden leiten dabei die Geschäfte der Fraktion. Sie organisieren zum Beispiel die Fraktionssitzungen und kommunizieren mit den Fraktionsmitgliedern sowie den Vertretenden der anderen Parteien. Der Ältestenrat Der Ältestenrat unterstützt den oder die Bundestagspräsident*in bei der Führung des Bundestags. Der Ältestenrat besteht aus dem Bundestagspräsidium sowie 23 Abge- ordneten, die von den Fraktionen bestimmt werden. Aufgabe des Ältestenrats ist die Unterstützung des Präsidiums und die interfraktionelle Vermittlung zum Zeitplan, zur Festlegung von Tagesordnungen und zur Gestaltung von Debatten. Unterstützt werden die Fraktionsvorsitzenden durch ihre Stellvertreter*innen, aber auch durch die Parlamentarischen Geschäftsführer*innen. Diese bereiten personelle Entscheidungen vor, strukturieren die Fraktionsarbeit und bestimmen im Ältestenrat über die Geschäftsführung im Bundestag mit. In den nächsten Wochen verhandeln sie zudem mit dem bisherigen Bundes- tagspräsidenten, in diesem Fall Dr. Wolfgang Schäuble, und dem bzw. der neuen Altersprä- sident*in den Zeitpunkt der konstituierenden Bundestagssitzung. Diese darf maximal einen Monat nach dem Wahlabend stattfinden, dieses Mal also bis zum 26. Oktober. Außerdem verhandeln sie mit ihren Amtskolleg*innen in den anderen Fraktionen und mit dem Bundes- tagspräsidium darüber, ob die bestehende Geschäftsordnung des Bundestags auch für die kommende Legislaturperiode gültig sein soll. #99 Aufbruch7
Die Fraktionsvorsitzenden und Parlamentarischen Geschäftsführer*innen vereinigen also viel politische Macht in sich. Wer ist sonst noch Teil eines Fraktionsvorstands? Sowohl die Fraktionsvorsitzenden als auch die Parlamentarischen Geschäftsführer*innen haben Stellvertretende, die Teil des Vorstands sind. Darüber hinaus lässt sich das aber nicht pauschal sagen. Es gibt starke Unterschiede zwischen den Parteien. Bei der Unionsfraktion kommen beispielsweise noch die Sprecher*innen der CDU-Landesgruppen oder die Sprecher*innen der Arbeitskreise dazu. Bei der SPD werden demgegenüber 25 Mitglieder aus der Fraktion in den Fraktionsvorstand gewählt. Bei den kleineren Parteien ist auch der Fraktionsvorstand kleiner. Ganz allgemein ist die hohe politische Macht der Fraktionsvorsitzenden und Parlamentarischen Geschäftsführer*innen auch notwendig, besonders in dieser frühen Phase. Denn sie spielen bei der Besetzung der Fachausschüsse eine große Rolle – und in einem Arbeitsparlament wie dem Deutschen Bundestag ist das eine elementare Aufgabe. Bei der Besetzung der Ausschüsse stoßen viele Interessen aufeinander. » Die Parlamentarischen Geschäftsführer*innen müssen Schwerstarbeit leisten. « Die Fraktionsvorstände bestimmen also, wer in den Ausschüssen sitzt. Aber wie läuft dieser Entscheidungsprozess genau ab? Genau, sie entscheiden am Ende, wer in welchem Ausschuss sitzt. Die Parlamentarischen Geschäftsführer*innen müssen Schwerstarbeit leisten. Denn sie vermitteln zwischen den Fraktionsmitgliedern und ihren Interessen. Einige Ausschüsse versprechen Abgeordneten gute Möglichkeiten, um sich selbst zu positionieren und innerhalb der Fraktion aufzusteigen. Da kommt es auch zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Parteifreund*innen. Klar ist eigentlich nur, dass die Ausschüsse die Kraftverhältnisse im Plenum widerspiegeln sollten. Der Prozess selbst ist durch viele informelle Regelungen geprägt. Die Parlamentarischen Geschäftsführer*innen befragen die Abgeordneten nach ihren Wunsch-Ausschüssen und verschaffen sich so einen Überblick. Anschließend beginnen die fraktionsinternen Verhand- lungsrunden. Bei SPD, Grünen, FDP und der Linken sind auch dafür die Parlamentarischen Geschäftsführer*innen verantwortlich. Bei der Union kommt die sogenannte „Teppichhändler- runde“ zusammen. Das ist ein informelles Gremium aus den Vorsitzenden der CDU-Landes- gruppen, dem bzw. der Parlamentarischen Geschäftsführer*in und den Vorsitzenden der sogenannten „soziologischen Gruppen“, also beispielsweise dem „Parlamentskreis Mittel- stand“ oder der „Gruppe der Frauen“. Welche Kriterien fließen in die Verhandlungen zur Besetzung der Ausschüsse ein? Mitglieder des Bundestags, die bereits in der vergangenen Legislaturperiode Teil des Parla- ments waren, können in der Regel im gleichen Ausschuss bleiben. Abgeordnete, die in einen Ausschuss wechseln wollen, in dem sie zuvor stellvertretendes Mitglied waren, haben auch Priorität. Ansonsten gelten, neben den Präferenzen der Abgeordneten, auch ihre regionale Herkunft, ihr beruflicher Werdegang oder die Zugehörigkeit zu innerparteilichen Gruppen als wichtige Kriterien. Ein MdB aus einem stark landwirtschaftlich geprägten Wahlkreis wird deshalb vermutlich eher im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft landen als ein MdB aus Berlin, München oder Hamburg. Im Justizausschuss finden sich demgegenüber meist Abgeordnete, die eine juristische Ausbildung oder ein solches Studium genossen haben. Weiter auf Seite 10. 8Verbandsstratege
AUS- UND WEITERBILDUNG MASTERSTUDIUM UNABHÄNGIGE PRÜFUNG Deutsche Akademie für Public Relations DAPR- INTENSIVTRAINING DIGITAL INTENSIVTRAINING GRUNDAUSBILDUNG INTERNE STRATEGIST TEXT-EXPERT*IN KOMMUNIKATIONS- KOMMUNIKATION BERATER*IN / -REFERENT*IN 4 Tage 3 x 3 Tage 4 Tage mit Prüfungsoption mit Prüfungsoption 4 x 3 Tage oder 2 Wochen Blockseminar mit Prüfungsoption dapr.de/grundausbildung dapr.de/ik dapr.de/digital-strategist dapr.de/text-expertin INTENSIVTRAINING INTENSIVTRAINING INTENSIVTRAINING INTENSIVTRAINING KRISEN- STORYTELLING KONZEPTIONS- SOCIAL MEDIA KOMMUNIKATION EXPERT*IN 5 Tage 3 Tage oder 4 interaktive 4 Tage 4 Tage mit Prüfungsoption Online-Live-Sessions mit Prüfungsoption dapr.de/krise dapr.de/storytelling dapr.de/konzeption ddapr.de/social-media INTENSIVTRAINING INTENSIVTRAINING INTENSIVTRAINING INTENSIVTRAINING PRESSESPRECHER*IN 4.0 DATA EXPERT BEWEGTBILD- EMPLOYER BRANDING COMMUNICATIONS EXPERT*IN EXPERT*IN 4 Tage 4 Tage 4 Tage 4 Tage mit Prüfungsoption mit Prüfungsoption dapr.de/pressesprecherin dapr.de/data dapr.de/bewegtbild dapr.de/employer-branding INTENSIVTRAINING INTENSIVTRAINING MASTER- MASTER CHANGE- INNOVATIONS- STUDIUM IM ONLINE-STUDIUM KOMMUNIKATION MANAGER*IN STRATEGISCHE CROSSMEDIALE 4 Tage 4 Tage KOMMUNIKATION MARKETING- mit Prüfungsoption UND PR (MSc) KOMMUNIKATION DIGITALE EVENTMANAGEMENT & dapr.de/change dapr.de/innovation KOMMUNIKATION (MSc) MARKETING- KOMMUNIKATION Berufsbegleitende Masterlehr- gänge mit Präsenzmodulen 100% E-Learning = INTENSIVTRAINING UNABHÄNGIGE 100% flexibel EXPERT*IN PRÜFUNGEN AN dapr.de/master dapr.de/e-master NACHHALTIGKEITS- DER DAPR KOMMUNIKATION Düsseldorf 4 Tage 07./ 08./ 09.12. 2021 dapr.de 08./09./10.02.2022 T 0211 17607060 #99 Aufbruch9 E kontakt@dapr.de dapr.de/nachhaltigkeit dapr.de/pruefung
Und wie werden die Vorsitzenden in den Ausschüssen festgelegt? Die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag bestimmen auch die Verteilung der Ausschussvor- sitzenden unter den Fraktionen. Die Stellvertretenden gehören zudem immer einer anderen Fraktion an als die Ausschussvorsitzenden. Welche Fraktion welchen Ausschussvorsitz innehat, machen die Fraktionen untereinander aus – entweder in interfraktionellen Verhandlungen oder im Ältestenrat. Klar ist: Der Vorsitz im Haushaltsausschuss geht an eine Oppositionspartei. Mit Blick auf die Geschichte hat sich zudem herausgestellt, dass die Union oder die FDP in der Regel dem Wirtschaftsausschuss vorsitzen, die SPD stellt hingegen häufig den Ausschuss für Arbeit und Soziales. Die personelle Besetzung des Ausschusses regeln die Fraktionen intern. Gibt es in den Ausschüssen noch weitere Positionen, die besetzt werden müssen? Ja! Um der Komplexität gerecht zu werden, setzten die Fraktionen intern auf Berichterstattende. Diese kümmern sich um bestimmte Themen und Sachgebiete innerhalb der Ausschüsse und auch im Plenum. Bevor ein Ausschuss sich mit einer Vorlage oder einem Thema befasst, bereiten die Berichterstattenden die Themen vor und führen Gespräche mit relevanten Akteuren innerhalb und außerhalb des Bundestags. Sie sind somit die Spezialist*innen für die bestimmten Themen- gebiete in den Fraktionen. Für Verbände ist es daher wichtig, die Berichterstattenden für die eigenen Themen zu finden und den Kontakt zu suchen. Wer zum Berichterstattenden ernannt wird, machen die Fraktionen in ihren Arbeitsgruppen aus. Steht denn schon fest, welche Ausschüsse es genau geben wird? Das können wir noch nicht genau sagen. Dazu finden Verhandlungen zwischen den Parlamen- tarischen Geschäftsführer*innen, dem Bundestagspräsidium und Mitgliedern des Ältestenrats statt. Das Grundgesetz schreibt nur vor, dass es einen Auswärtigen Ausschuss, einen Verteidi- gungsausschuss, einen Petitionsausschuss und einen Ausschuss für Angelegenheiten der EU geben muss. Gesetzlich sind ansonsten noch der Haushaltsausschuss und der Ausschuss zur Wahlprüfung vorgegeben. Die anderen Ausschüsse orientieren sich an der Struktur der Bundes- regierung. Für jedes Bundesministerium wird es deshalb einen entsprechenden Ausschuss geben. Auch im weiteren Verlauf der Legislaturperiode können noch neue Ausschüsse gebildet werden. Tipp: Lexikon der parlamentarischen Begriffe Damit der Überblick nicht verloren geht, hat der Deutsche Bundestag ein kleines Lexikon mit Fachbegriffen aus dem höchsten deutschen Parlament verfasst. Das Lexikon gibt es hier zum kostenlosen Download. 10Verbandsstratege
Neben den vielen organisatorischen Aufgaben im Bundestag muss sich ja auch immer noch eine Bundesregierung finden. Wie läuft die Regierungsbildung ab? Den Start der Regierungsbildung markieren meist die Sondierungsgespräche. Wenn die Union, wie die letzten Male, an der Regierungsbildung beteiligt ist, müssen sich CDU und CSU vorher selbst untereinander erst mal auf eine gemeinsame Linie bringen. Aber auch die anderen Parteien planen in diesem Zeitraum ihre Strategie für mögliche Koalitionsgespräche. Die erste Phase der Regierungsbildung ist daher vor allem durch Abtasten und Annähern geprägt. Das passiert manchmal innerhalb weniger Tage, kann aber auch länger dauern. Die rot-grünen Bundesregierungen um die Jahrtausendwende oder die schwarz-gelbe Regierung 2009 waren beispielsweise nach einem Monat mit der gesamten Regierungsbildung durch. 2017 dauerte es allein bis zum Start der Sondierungsgespräche etwa einen Monat und noch mal etwa einen Monat, bis die Sondierungsgespräche platzten. Je mehr Parteien am Tisch sitzen, desto schwie- riger werden die Verhandlungen. » In den großen Verhandlungsrunden kommt die gesamte Politprominenz zusammen. « Am Wahlabend waren sich die Parteien einig: Koalitionsverhandlungen wie nach der Wahl 2017, die sich bis in den März 2018 gezogen haben, sollen sich nicht wiederholen. Die neue Bundes- regierung soll vor Weihnachten stehen. Die FDP hat bereits am Wahlabend vorgeschlagen, dass sie vor den Sondierungen mit der SPD oder der Union zunächst mit den Grünen sprechen will. Auch die Union hat ein anderes Vorgehen bei den Sondierungen als sonst angekündigt. Die Regierungsbildung 2021 wird sich daher vermutlich deutlich von früheren Regierungsbildungen unterscheiden. Wer sitzt denn überhaupt mit am Verhandlungstisch, wenn die Parteien sich zu Koali- tionsgesprächen entschieden haben? Bei den großen Verhandlungsrunden kommt die ganze Politprominenz zusammen. Dazu zählen natürlich die Spitzenkandidat*innen der Parteien, die Parteivorsitzenden und ihre Stellvertretenden, die Spitzen der Fraktionen, die Generalsekretär*innen der Parteien und ggf. Minister*innen der letzten Bundesregierung. Zu dieser Runde können auch die Minister- präsident*innen und einzelne Minister*innen aus den Bundesländern dazukommen. Um den vielen verschiedenen Politikfeldern gerecht zu werden, bilden die Koalitionspar- teien Arbeitsgruppen. In den Arbeitsgruppen finden Vorberatungen zu einzelnen Sachthemen zwischen den Fachpolitiker*innen der Parteien statt, wobei bereits im Vorfeld auch parteiinterne Beratungen stattfinden. Die Ergebnisse aus den Vorberatungen werden zusätzlich von den Parteispitzen diskutiert. Nicht selten kommt es erst in diesen kleineren Runden zum Durch- bruch in den Verhandlungen, weil oftmals ein Konsens im kleinen Kreis schneller bzw. leichter gefunden wird. Denn die Parteivorsitzenden und Spitzenkandidat*innen haben oft die Macht, um ihre Parteien auf eine Linie in den Sachfragen zu bringen. #99 Aufbruch11
Während der Koalitionsverhandlungen sagen die Verantwortlichen häufig, dass zunächst über Inhalte und erst am Ende über personelle Fragen gesprochen wird. Was ist da dran? Das wird gerne behauptet, doch die Realität sieht meist etwas anders aus. Die Minister*innen müssen die Vorhaben der Bundesregierung in der Öffentlichkeit glaubwürdig vertreten. Das geht nur, wenn sie auch inhaltlich hinter den Vorhaben stehen können. Zudem hängt natürlich auch der inhaltliche Zuschnitt der Ministerien mit den Kompetenzen der möglichen Minister*innen zusammen. Personalfragen spielen also schon in den früheren Verhandlungsphasen eine Rolle, obwohl die eigentlichen Entscheidungen meist eher am Ende getroffen werden. Noch nie mussten die Wähler*innen so lange warten Tage vom Wahlkampf bis zur Vereidigung des Kabinetts in Deutschland 172 Parteien (CDU/FDP/SPD/Grüne) Anzahl der Tage 86 65 47 32 31 30 30 1990 1994 1998 2002 2005 2019 2013 2017 Quelle: Bundestag 12Verbandsstratege
Nach den Verhandlungen wird der Koalitionsvertrag beschlossen. Gibt es auch da Regelungen, wie der Vertrag aussehen muss? Nein, Koalitionsverträge sehen immer unterschiedlich aus – und das nicht nur inhaltlich. Meist sind sie eine Mischung aus Absichtserklärungen und mehr oder weniger detaillierten Maßnahmen. Wirklich konkret werden sie in vielen Fällen also nicht. Eine formelle Grundlage, an die sich die Koalitionsparteien beim Vertrag halten müssen, gibt es nicht. POLITIK ERREICHEN, VERBANDSINTERESSEN DURCHSETZEN Wollen Sie die Politik von Ihren Verbandspositionen überzeugen? Gerne gehen wir mit Ihnen gemeinsam in die Analyse und unterstützen Sie bei der Interessenvertretung Ihres Verbands. Melden Sie sich gerne bei mir und wir erstellen ein individuelles Angebot für Sie. Ansprechpartnerin: Gisa Wörlein | 030 / 30 87 85 88 – 54 Mehr Informationen gibt es hier: www.agentur-adverb.de Wenn der Koalitionsvertrag unterschrieben ist, kann endlich der oder die Kanzler*in gewählt werden. Wie läuft die Wahl ab? Der oder die neue Bundeskanzler*in wird – auf Vorschlag von Frank-Walter Steinmeier als Bundespräsident – ohne Aussprache im Bundestag gewählt. Bisher war das in der Regel jemand aus der Partei, die die stärkste Fraktion stellt. Es kann zu drei Wahlgängen kommen. Um im ersten Wahlgang zu gewinnen, braucht es die sogenannte „Kanzlermehrheit“ – also dieses Jahr die absolute Mehrheit von 368 Ja-Stimmen. Im dritten Wahlgang würde dann eine relative Mehrheit reichen, um ins Kanzleramt einzuziehen. Bislang ist aber noch jede Kanzlerwahl im ersten Wahlgang entschieden worden. David Denne unterstützt bei ADVERB das Beratungs- team. Durch seine Erfahrungen aus Medien und Politik hilft er Verbänden bei redaktionellen Inhalten und der richtigen Ansprache von Verbandsmitgliedern. #99 Aufbruch13
SERVICE Wissen, auf wen es ankommt – die politische LEA-Analyse von David Denne Es ist der erste Tag nach den Sommerferien. Die neue Klassenlehrerin steht vor ihren Schüler*innen und blickt in viele unbekannte Gesichter. Kein Wunder, dass die Klasse bereits nach wenigen Minuten mit voller Motivation Namensschilder bastelt, damit sich die Lehrerin die Namen merken kann. Ähnlich wird es in den nächsten Wochen vermutlich auch dem einen oder der anderen Verbandsverantwortlichen oder Politik- expert*in gehen. Denn nach jeder Bundestagswahl verändert sich auch das Plenum des wichtigsten deutschen Parlaments. So begrüßte Hermann Otto Solms von der FDP als stellvertretender Alterspräsident etwa ein Drittel neue Gesichter bei der konsti- tuierenden Sitzung des Bundestags im Herbst 2017. Auch im Jahr 2021 ist ein nicht unerheblicher Teil der Abgeordneten zum ersten Mal ins deutsche Parlament gewählt worden. Zudem ändern sich mit jeder Legislaturperiode die Zuständigkeiten der MdBs. Die Fraktionen entscheiden, welcher MdB in welchem Ausschuss landet. Dabei kommt es durchaus zu großen Unterschieden zur vorherigen Legislaturperiode. Kurz nach der Wahl stehen Verbände deshalb vor einer ähnlichen Aufgabe wie die Lehrerin am ersten Schultag nach den Sommerferien: Sie müssen sich möglichst viele Namen und Gesichter merken und die Abgeordneten kennenlernen. Wer ist wer? Wer macht was und warum? Für Verbände gilt es nun zu erkennen, welche MdBs für die Verbands- ziele relevant sind. Eine Stakeholder-Analyse ist dafür unverzichtbar. Mit unserer LEA-Methode finden Sie in drei Schritten die wichtigen Bundestagsabgeordneten für Ihren Verband. 14Verbandsstratege
Weniger ist mehr Der neue Bundestag hat 735 Abgeordnete – selbst die gewieftesten Politikberater*innen werden Ihnen wohl kaum alle Namen samt Fraktionszugehörigkeit und Themenfeld aus dem Stand aufzählen können. Das Gute ist aber: Das ist gar nicht notwendig. Denn für Verbände zählen vor allem die Abgeordneten, die den Verband bei der Realisierung seiner Ziele weiter- bringen – und das ist oft nur eine Handvoll Personen. In unserem LEA-Verfahren geht es daher im ersten Schritt darum, das gesamte Plenum auf speziell die MdBs herunterzubrechen, die wirklich wichtig sind. Beim Limiting werden Abgeordneten nach bestimmten Kriterien in kleinere Gruppen eingeteilt. Ausschlaggebend ist die Zugehörigkeit zu den relevanten Fachausschüssen, da diese Abgeord- neten unmittelbaren Einfluss auf das Themenfeld ausüben können. Die Herkunft der MdBs kann auch wichtig sein. Als Kontaktpersonen sind Abgeordnete interessant, bei denen viele Mitglieder des Verbands oder der Branche im Wahlkreis ansässig sind. Wenn die Interessen der Menschen und Unternehmen aus dem eigenen Wahlkreis in Berlin aufgenommen werden, haben Abgeordnete ein gutes Argument mehr für den nächsten Wahlkampf. Neben der Zugehörigkeit zum richtigen Ausschuss und dem passenden Wahlkreis spielt auch der Werdegang der MdBs eine Rolle für das Limiting. Abgeordnete, die beruflich in der Branche des Verbands tätig waren oder andere Anknüpfungspunkte zu den Themen des Verbands aufweisen, können besonders sensibel für die Themen des Verbands sein. Die drei Schritte der LEA-Methode 1 Limiting Herausfiltern 2 Environment Bewerten des 3 Attitude Bewerten der der wirklich rele- Status und Umfelds Einstellungen und vanten MdBs für der relevanten Äußerungen der Ihren Verband aus MdBs hinsichtlich relevanten MdBs dem gesamten der Ziele Ihres zu Ihren Verbands- Bundestag Verbands themen Wer ist was? Klassenclown, Streber*in oder Sportskanone – die meisten Lehrkräfte wissen schon nach kurzer Zeit, welche Rolle einzelne Schüler*innen in der Schulklasse einnehmen. Ganz ähnlich müssen auch Verbände wissen, wer eigentlich welche Rolle im neuen Bundestag spielt. Der Status eines MdBs entscheidet, inwieweit der bzw. die Abgeordnete Einfluss auf die Gesetzgebung und Prozesse im Bundestag ausüben kann. Im zweiten Schritt findet deshalb die sogenannte Environment-Analyse statt. Hier wird die durch das Limiting eingegrenzte Gruppe relevanter Abgeordneter weiter ausdifferenziert – und zwar nach Status, Einfluss und Machtverhältnissen. Je höher der Status und Einfluss eines MdBs ist, desto höher ist auch seine bzw. ihre Relevanz für den Verband. In der Environment-Analyse wird deshalb gezielt nach Ausschussvorsitzenden, Berichterstattenden, Fraktionsvorsitzenden oder Parteisprecher*innen gesucht. #99 Aufbruch15
Selbstverständlich zählen an dieser Stelle nicht nur Ämter im Bundestag. Auch hohe Ämter außerhalb des Bundestags sind wichtige Merkmale, die es in der Environment-Analyse zu erkennen gilt. So kann ein Vorstandsmitglied einer Partei beispielsweise großen Einfluss auf die parteipolitische Ausrichtung nehmen – und ist damit möglicherweise ein wertvoller Kontakt für Ihren Verband. Daneben sind außerpolitische Ämter, zum Beispiel in Aufsichtsräten, ein wichtiges Merkmal, um relevante Abgeordnete zu finden. Sobald ein MdB beispielsweise im Aufsichtsrat eines Mitgliedsunternehmens Ihres Verbands sitzt, besteht ein gegenseitiges Interesse am Austausch. POLITIKER*INNEN FINDEN, DIE IHNEN WIRKLICH WEITERHELFEN Sie sind auf der Suche nach Politiker*innen, die sich mit Ihren Verbandspositionen auseinandersetzen? Gerne gehen wir mit Ihnen gemeinsam in die Analyse und unterstützen Sie bei der Identifikation und Ansprache relevanter Politiker*innen. Melden Sie sich und wir erstellen ein individuelles Angebot für Sie. Ansprechpartner: Marvin Welz | 030 / 30 87 85 88 – 49 Mehr Informationen gibt es hier: www.agentur-adverb.de Einstellung entscheidet Stimmt die Chemie zwischen Ihrem Verband und den relevanten Bundestagsabgeord- neten? Das finden Sie mit der Attitude-Analyse heraus. Denn wie zwischen Lehrkräften und Schüler*innen wird es nur zu einem guten Austausch kommen, wenn alle Beteiligten in etwa auf derselben Wellenlänge sind. Deshalb wird mit der Attitude-Analyse untersucht, wie die relevanten Abgeordneten eigentlich zu Ihren Themen und zu Ihrem Verband stehen. An dieser Stelle ist Fleißarbeit gefragt. Haben sich die relevanten MdBs bereits zu Ihren Verbands- themen geäußert? Wie haben Sie in der Vergangenheit zu wichtigen Gesetzen für Ihre Branche abgestimmt? Dazu ist eine umfangreiche Analyse notwendig – die sich aber lohnt. Denn indem die Einstellungen der Abgeordneten zu den Verbandsthemen überprüft werden, können Sie Ihre Lobbying-Maßnahmen ohne große Streuverluste umsetzen. Wie auch bei der Environment- Analyse werden bei der Attitude-Analyse die einzelnen Merkmale, beispielsweise die Affinität zu Verbandsthemen oder das vergangene Abstimmungsverhalten, bewertet. » Der Status von Abgeordneten entscheidet Ihren Einfluss auf die Gesetzgebung. « Allen Bewertungskriterien aus der Environment- und Attitude-Analyse (z. B. „Rolle in der Fraktion“ oder „Affinität zu Verbandsthemen“) wird auf Grundlage einer qualitativen Analyse ein Wert zwischen eins und zehn zugeordnet. Die einzelnen Bewertungskriterien werden gewichtet – entscheidend sind Ihre Kommunikationsziele des Verbands. Mithilfe dieser Einordnung stellen Sie sicher, dass sich auch die Endergebnisse an Ihren Kommunikationszielen ausrichten und die Ergebnisse nicht verzerrt werden. Abgeordnete mit einer hohen durchschnittlichen Punktzahl sind sehr wichtig für Ihre Verbandsarbeit, bei einer niedrigen Punktzahl sind sie eher zu vernachlässigen. Die LEA-Methode hilft Ihnen dabei, die wichtigsten Akteure zu priorisieren und das Lobbying in der Folge effektiver umsetzen zu können. 16Verbandsstratege
» Alle Beteiligten müssen auf einer Wellenlänge sein. « Hausaufgaben machen, Abgeordnete überzeugen Damit das Zeugnis für Ihren Verband am Ende der Legislaturperiode Bestnoten zeigt, sollte der Wahlabend als Startschuss für sämtliche Lobbying-Maßnahmen gelten. Eine gezielte Stake- holder-Analyse wie mit der LEA-Methode ist dafür unumgänglich. Denn weder Verbände noch andere Organisationen haben die zeitlichen und finanziellen Ressourcen, um 735 Abgeordnete über vier Jahre individuell zu erreichen. Je schneller Verbände die relevanten Abgeordneten für ihre Ziele identifizieren, desto eher können sie diese auch ansprechen – und profitieren unter Umständen von einem großen Wettbewerbsvorteil. Denn vor allem in der frühen Phase des Gesetzgebungsprozesses können Verbände ihre Standpunkte einbringen und die Ergeb- nisse mitgestalten. Anzeige #99 Aufbruch17
REFERENZ Politische Kommunikation für die Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser Interview mit Marvin Welz, geführt von David Denne Damit die Positionen und Ideen eines Verbands die Politiker*innen überzeugen, ist einiges an Arbeit gefragt. Marvin Welz, Berater bei ADVERB, plant und koordiniert für seine Kunden Kommunikationsmaßnahmen, um die Politik zu erreichen. Im Interview mit David Denne, Redakteur bei ADVERB, erklärt er anhand der Kommunikation seines Kunden, der Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser e. V. (AKG), wie der Verband seinen Vorschlag des Stufen- modells in den politischen Diskurs einbringt. Für die Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser hast Du die politische Kommunikation im Vorfeld der Bundestagswahl mitgestaltet. Worum ging es dem Verband dabei? Die AKG vertritt die großen Krankenhäuser in Deutschland. Diese stehen auch trotz der kurzfris- tigen Corona-Hilfen unter finanziellem Druck, da die Politik notwendige Reformen über viele Jahre verschlafen hat. Auch die politischen Rahmenbedingungen sind schwierig. Für die notwen- digen Finanzierungs- und Strukturreformen braucht es eine Zusammenarbeit von Bund und Ländern – aber leider ziehen sie in dieser Sache nicht an einem Strang. Die AKG hat deshalb ein Stufenmodell entwickelt, mit der die aktuelle Pattsituation aufgelöst werden soll. Es verbindet eine Struktur- mit einer Finanzierungsreform im Krankenhauswesen und teilt die Kranken- häuser in verschiedene Versorgungsstufen ein. Dieses Modell gilt es kommunikativ, auch in den nächsten Monaten, im gesundheitspolitischen Raum zu verankern und die Entscheidungs- träger*innen davon zu überzeugen. 18Verbandsstratege
Welches Ziel steht hinter den Bemühungen der AKG? Mittel- und langfristig soll das Stufenmodell der AKG zur Realität werden und damit die Gesund- heitsversorgung in Deutschland verbessern. Das wird die AKG aber nur mit der Unterstützung der Politik erreichen. Das bedeutet, dass die AKG ihr Stufenmodell zunächst unter den relevanten Politiker*innen bekannt machen und für die Vorteile des Modells werben muss. Aber auch der gemeinsame Austausch ist wichtig, um die entscheidenden Personen in der Politik zu überzeugen – gerade bei einem komplexen Thema wie einer Reform der Krankenhausland- schaft. Im Optimalfall entstehen bei diesem Austausch gegenseitiges Vertrauen und nachhaltige Beziehungen, von denen der Verband und seine Mitglieder auch langfristig profitieren können. Was macht Ihr, um diese Ziele zu erreichen? Für die Kommunikation rund um das Stufenmodell setzen wir vor allem auf bewährte Formate der Public Affairs. In Abstimmung mit der AKG haben wir ein Positionspapier verfasst und gestaltet, welches auf zwei Seiten das Problem und den Lösungsvorschlag der AKG anschaulich darstellt. Mehr als zwei Seiten dürfen es auch nicht sein – denn ansonsten werden Politiker*innen es aus Zeitgründen nur selten schaffen, das Papier zu lesen und die Inhalte zu verarbeiten. Neben dem Positionspapier sprechen wir die relevanten Politiker*innen mit einem gezielten Anschreiben an, das sie auf die Problemlage aufmerksam macht und den Vorschlag der AKG kurz skizziert. Das Anschreiben animiert die Empfänger*innen zur Auseinandersetzung mit den Inhalten. Im Optimalfall transportieren die Politiker*innen diese Inhalte in Gesprächen mit ihren Kolleg*innen und sorgen so dafür, dass das Stufenmodell im politischen Diskurs Fuß fasst. Das Anschreiben geht an Politiker*innen, die ein berechtigtes Interesse am Stufenmodell haben – also vor allem Fachpolitiker*innen oder Abgeordnete mit AKG-Mitgliedskranken- häusern in ihrem Wahlkreis. Ein dritter Aspekt der politischen Kommunikation zum AKG-Stufenmodell ist eine wissenschaft- liche Analyse, die das Modell inhaltlich bewertet. Dazu konnte die AKG einen renommierten Experten des Gesundheitssystems gewinnen. Die wissenschaftliche Einordnung der Ideen verleiht dem AKG-Modell zusätzliches Gewicht und stärkt es in der politischen Debatte. #99 Aufbruch19
Kommuniziert ihr die Inhalte des AKG-Positionspapiers auch auf Social Media? Ja, schließlich bewegen sich auch Politiker*innen und ihre Mitarbeitenden auf den Social-Media-Plattformen. Für Twitter und Co. haben wir deshalb eine Reihe von GIFs und Erklärvideos produziert, die den User*innen die Vorzüge des Stufenmodells nahebringen. Sie bringen die Probleme des aktuellen Systems auf den Punkt und zeigen klar auf, wie Verbesserungen realisiert werden können. Durch die GIFs und Erklärvideos positioniert sich die AKG zudem als kompetenter Ansprechpartner in der Gesundheitspolitik und kann dadurch leichter mit der Politik in Kontakt treten. 20Verbandsstratege
Worauf kommt es in der Kommunikation in diesem Fall besonders an? Gesundheitspolitik ist ein komplexes Feld – seit vielen Jahren disku- tieren Politik, Verbände und Gesellschaft über Reformen. Aufgrund ihrer Komplexität ist die Gesundheitspolitik leider auch ein eher schwer- fälliges Politikfeld. Das macht es schwierig, mit neuen Ideen Begeisterung zu wecken. In der Kommunikation will die AKG einerseits die Dringlich- keit von Reformen im Krankenhaussystem verdeutlichen. Andererseits gilt es eben auch ein Licht am Ende des Tunnels aufzuzeigen. Denn durch das Stufenmodell kann das Krankenhaussystem nachhaltig für alle Beteiligten verbessert werden. Diesen Spagat müssen wir hier, wie auch bei unseren anderen Kunden im Gesundheitsbereich, in der Kommunikation meistern. NOTAUFNAHME Marvin Welz berät bei ADVERB Landes- und Bundesverbände bei der Kampagnenkonzeption und in Kommunikationsstrategien. Praxiserfahrung im redaktionellen Bereich und in der politischen Kommunikation helfen ihm dabei, die Heraus- forderungen medialer Prozesse zu erkennen. 030 / 30 87 85 88 – 49 | mawe@agentur-adverb.de #99 Aufbruch21
SERVICE Anschreiben an Abgeordnete: So geht‘s von Claire Bilgen-Berthod Was denken Sie, was den Arbeitsalltag im Abgeordnetenbüro ausmacht? Frage ich meine gute Freundin, eine Mitarbeiterin im Abgeordnetenbüro, beim Feierabend-Drink nach ihrem Tag, so kriege ich diese Schlagwörter zu hören: Stress, zeitlicher Druck, Überflutung an Anfragen und Präsenten von Interessenvertreter*innen. Tagtäglich muss sie mit dem „Buhlen um Aufmerksamkeit“ von vielen verschiedenen Seiten umgehen. Als Mitarbeiterin erhält sie meist als Erste die enorme Zahl an Anfragen, Anschreiben und Einladungen, die ihren Chef erreichen sollen. Diese muss sie in kürzester Zeit sichten und entscheiden, ob sie für ihn überhaupt relevant sind. Als „Gatekeeperin“ hat sie sich einen Filterprozess angeeignet, um aus der Masse an Anfragen eine überschaubare Zahl an relevanten Informationen und Einladungen weiterleiten zu können. Das Anschreiben muss also sowohl inhaltlich als auch formell überzeugen, um nicht sofort aussortiert zu werden. Aber: Was macht ein ideales Anschreiben für politische Entscheidungsträger*innen überhaupt aus? 22Verbandsstratege
1. Fassen Sie sich kurz … … denn Abgeordnete und ihre Mitarbeiter*innen haben wenig Zeit und erhalten neben Ihrem Anschreiben eine Vielzahl weiterer Anfragen und Informationen. Besonders während der Sitzungswochen bleibt kaum eine ruhige Minute, um die eingegangene Post zu studieren. Deswegen gilt: Formulieren Sie kurz und präzise! Ihr Ziel sollte sein, das Interesse der politi- Tipp: schen Entscheidungsträger*innen zu wecken – nicht, sie mit komplexen Hintergrundinformationen, schwie- Wesentliche Bestandteile Ihres Anschreibens sollten Ihre rigen Fachbegriffen und detaillierten Erklärungen zu konkrete Erwartungshaltung überfordern. Bringen Sie Ihr Anliegen auf den Punkt: an den bzw. die Abgeordnete, kurz, prägnant und überzeugend. Verlieren Sie sich Kontaktinformationen sowie dabei nicht im Detail! weiterführende Informationen 2. als PDF-Dokument oder als Link sein. Die Kunst ist, dabei nicht an den falschen Stellen zu kürzen. Integrieren Sie die politischen Interessen in Ihr Schreiben … … denn warum sollte sich ein bzw. eine Mandats- träger*in mit den Anliegen Ihres Verbands befassen, wenn es die eigenen Interessen und die der Wähler*innen des Wahlkreises nicht unterstützt? Ihr Anschreiben ist vor allem dann interessant, wenn der bzw. die Abgeordnete einen Nutzen im Austausch mit Ihrem Verband sieht. Daher sollte Ihr Anliegen auf die individuellen Interessen des MdB zugeschnitten sein. Wenn Abgeordnete exklusive Informationen aus Ihrem Verband für die politische Arbeit nutzen können, Tipp: ist die Chance groß, dass sie sich Ihre Interessen und Forderungen anhören oder sogar als politisches Informieren Sie sich genau über die politischen Ziele Ihres Sprachrohr für Ihre Forderungen fungieren. Besonders bzw. Ihrer Empfänger*in. Auf erfolgreich ist ein Verband dann, wenn er sich in www.bundestag.de erfahren seinem Anschreiben als erster Ansprechpartner für ein Sie mehr über die Biografie, relevantes politisches Thema platzieren kann. So kann Reden, Anfragen, das Abstim- mungsverhalten und Mitglied- er ein Thema auf die politische Agenda bringen. schaften in Ausschüssen der Abgeordneten. Die politische Arbeit kann als Aufhänger für Ihr Anschreiben dienen. #99 Aufbruch23
3. 3. Denken Sie die Persönlichkeit mit … … denn politische Entscheidungsträger*innen sind trotz ihres politischen Amtes auch nur Menschen mit individuellen Interessen und Hobbys. So bietet es sich an, sich über diese persönlichen Belange im Voraus zu informieren und zu ermitteln, ob die Verbandsposition mit den Interessen des bzw. der Abgeordneten überein- stimmt. Warum sollten politische Entscheidungsträ- ger*innen Verbandspositionen vertreten, die ihnen persönlich widerstreben? Wenn der bzw. die Mandats- träger*in die Interessen des Absenders teilt, sind die Erfolgschancen größer, dass dieser bzw. diese Ihre Forderungen unterstützt. Tipp: Giveaways können gut an- kommen – müssen es aber nicht! Vor allem in Zeiten, in denen das Thema Nachhal- tigkeit weit oben auf der Agenda steht, kommen kleine verpackte Aufmerksamkeiten 4. nicht unbedingt gut an. Auch die Frage der Einhaltung von Compliance-Regeln spielt in Zeiten von Korruptionsskan- dalen eine immer wichtigere Rolle. Zudem können Präsente als unprofessionelle Schmei- cheleien interpretiert werden. 4. Setzen Sie auf Professionalität … … denn neben dem Inhalt sollte auch die formale Gestaltung Ihres Anschreibens stimmen. Es bietet sich an, die Regeln der DIN 5008 einzuhalten, die Schreib- und Geschäftsregeln für Geschäftsbriefe festlegen. Achten Sie unbedingt darauf, die politischen Entscheider*innen mit der korrekten Anrede (Titel und Funktion) anzuschreiben. Auch Ihre eigene Signatur sollten Sie stets überprüfen. Denn die Erfahrung zeigt, dass sich leider auch bei den eigenen Angaben Fehler einschleichen bzw. eigene Signaturen bei E-Mails vergessen werden können. Selbstverständlich sollten Sie Ihr Anschreiben vor Versand genau auf Recht- Tipp: schreib- und Grammatikfehler überprüfen. Formale Der offizielle „Ratgeber für Fehler im Anschreiben wirken unseriös – und mit Anschriften und Anreden“ einem unseriösen Verband werden die wenigsten MdBs kann bei Unsicherheiten und sprechen wollen. Fragen bezüglich Anschriften von politischen Entschei- dungsträger*innen helfen (www.protokoll-inland.de). 24Verbandsstratege
5. 5. Behalten Sie bei Einladungen den Sitzungskalender im Blick … … denn für Abgeordnete und ihre Mitarbeiter*innen gibt es nichts Frustrierendes, als externe Terminan- fragen zu erhalten, die unvereinbar mit den Sitzungen und weiteren Verpflichtungen im Bundestag sind. Das passiert aber häufiger, als Sie denken: So verbringen die Mitarbeitenden sehr viel Zeit damit, Interessen- vertreter*innen am Telefon zu erläutern, dass die Anreise zu einer Veranstaltung während der Sitzungs- woche nicht möglich ist. Ein kurzer Blick in den Sitzungskalender erhöht die Chance, dass der bzw. die Abgeordnete auch wirklich Zeit für Ihre Veran- staltung hat. Dazu gehört auch das Wissen um die Ausschüsse und Arbeitsgruppen, in denen der bzw. die Abgeordnete sitzt. Politische Anschreiben sind eine Tipp: gute Möglichkeit, um die Politik mit Ihren Verbandspo- sitionen zu erreichen – aber nur, wenn das Anschreiben Unter www.bundestag.de/ sitzungskalender erhalten Sie gut gemacht ist. Lange, komplizierte oder unprofessio- weitere Informationen zu den nelle Anschreiben landen eher im Papierkorb als auf Tagungs- und sitzungsfreien dem Schreibtisch des bzw. der Abgeordneten. Denken Wochen der Abgeordneten. Sie beim Anschreiben stets die Einstellungen und Zudem haben die MdBs in den meisten Fällen einen Termin- Interessen der Abgeordneten mit und achten Sie darauf, kalender auf Ihrer Website dass die Abgeordneten tatsächlich auf Ihr Anliegen integriert, den Sie im Zweifel eingehen können. Und dann können meine weniger konsultieren können. Bleiben gestresste Freundin und ich unseren wohlverdienten Sie stets informiert über die politischen Verpflichtungen Feierabend-Drink genießen … Ihres bzw. Ihrer Empfänger*in. Dies zeugt auch von Professio- nalität und Umsichtigkeit! Claire Bilgen-Berthod berät bei ADVERB Verbände und NGOs in der politischen Kommunikation. Die Konzeption spannender Informations- materialien zu gesellschaftspolitischen Inhalten sind Ihre Leidenschaft. 030 / 30 87 85 88 – 41 | cbb@agentur-adverb.de #99 Aufbruch25
SERVICE Vertrauen zählt – mit Hintergrundgesprächen zum Erfolg von Christian H. Schuster und David Denne 26Verbandsstratege
In der politischen Kommunikation von Verbänden gilt: Missverständnisse sind tunlichst zu vermeiden. Das ist aber häufig gar nicht so leicht. Denn politischen Akteur*innen fehlt oft der Zugang zu den Herausforderungen und Nöten von Betroffenen. Dabei kann ihnen die Innen- ansicht von Verbänden helfen – wenn diese klar kommunizieren. Sie müssen ihre komplexen Themen so vermitteln, dass die Politik sie versteht und die Notwendigkeit Ihrer Verbandsposi- tionen in den Gesetzgebungsprozess einbringt. Fach- und Hintergrundgespräche mit politi- schen Entscheidenden sind eine gute Möglichkeit, um als Verband den eigenen Positionen Gehör zu verschaffen. Dazu müssen diese Gespräche allerdings detailliert vor- und nachbe- reitet werden. Mit unseren Praxis-Tipps holen Verbände das Beste aus Hintergrundgesprächen mit Politiker*innen heraus. Hintergrundgespräche erzeugen Vertrauen Die politische Arena ist heiß umkämpft. Viele unterschiedliche Interessen mit vielen unter- schiedlichen Akteuren kommen zusammen und buhlen um die Aufmerksamkeit der politischen Entscheidenden. Verbände müssen sich von ihrer Konkurrenz abheben, um nachhaltig im Gedächtnis der Politiker*innen zu bleiben. Dazu ist in erster Linie Vertrauen wichtig. Interessen- vertretende müssen glaubhaft vermitteln, dass im gemeinsamen Austausch auch Vertrauliches besprochen werden kann. Denn in einem vertrauensvollen Gesprächsumfeld können Verbände wichtige Informationen erlangen und platzieren. Dabei handelt es sich nicht immer nur um Vier-Augen-Gespräche, auch Gespräche mit einer kleinen Gruppe von Politiker*innen können sinnvoll sein. Dazu sollte die Gruppe von Politiker*innen allerdings homogen gestaltet sein, damit bei kontroversen Themen keine unliebsamen Diskussionen entstehen und der Gesprächs- verlauf in der Hand der Verbandsvertretenden bleibt. Verbände, die einen geschützten Raum für den vertrauensvollen Austausch mit der Politik schaffen, festigen ihre Beziehungen zu den politischen Akteuren langfristig. Im gemeinsamen Gespräch sollten die Verbandsverantwortlichen auf Ehrlichkeit setzen und mit ihren Interessen nicht hinter dem Berg halten. Eine differenzierte Herangehensweise der Interessensvertretenden an Themen macht diesen zu einem ernstzunehmenden Partner für die Politik. Der offene Umgang mit den Stärken und eventuellen Schwächen der Verbands- positionen eröffnet außerdem die Möglichkeit, ebenso offen von den politischen Überlegungen des Gegenübers zu erfahren. » Verbände müssen sich von der Konkurrenz abgrenzen, um nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben. « Gespräche auf Augenhöhe Damit aus einem freundlichen Gespräch auch ein produktives Gespräch wird, sollten Verbände für Gleichgewicht zwischen allen Beteiligten sorgen. Denn nur wenn sich alle Gesprächsteil- nehmenden auf einem Level befinden, können Themen angemessen diskutiert und vertrau- ensvoll besprochen werden. Verbände sollten daher im Vorfeld darauf achten, dass bei mehreren Teilnehmenden beide Seiten immer gleich viele Personen aufweisen. So ist es nicht angemessen, wenn ein Verband mit beispielsweise fünf Personen zum Hintergrundgespräch kommt, der bzw. die Abgeordnete aber allein oder in Begleitung eines bzw. einer Mitarbei- tenden. Das numerische Gleichgewicht sollte im Vorfeld stets abgestimmt werden. #99 Aufbruch27
Daneben gilt es auch den Status des Gegenübers mit in die Planung einzubeziehen. Je höher der Status ist, desto hochrangiger sollten auch die teilnehmenden Verbandsvertretenden sein. Handelt es sich um ein Treffen mit Minister*in, Staatssekretär*in oder Fraktionsvorsitzenden, sollte zwingend der bzw. die Geschäftsführer*in oder der bzw. die Vorsitzende des Verbands dabei sein. „Wann haben Sie denn Zeit?“ Politiker*innen sind viel beschäftigte Menschen – gerade beim ersten Kontakt wird es daher schwer, einen geeigneten Termin zum Austausch zu finden. Damit es doch gelingt, sollten Verbände die Terminanfragen per E-Mail oder telefonisch an die Mitarbeitenden oder ans Sekretariat der Politiker*innen stellen. Doch auch dabei müssen die meisten Verbände Geduld aufbringen. Meist bekommen nur große Verbände zeitnah einen Gesprächstermin. Kleinere Verbände werden eher warten müssen. Eine Wartezeit von vier bis acht Wochen ist keine Ausnahme, bei Minister*innen kann es bis zum gemeinsamen Gespräch auch mal sechs Monate dauern. Da Politiker*innen nur wenig Zeit haben, sollten Verbände ihnen auch beim Gesprächsort entgegenkommen. Kurze Wege sind daher sinnvoll. Erfolgversprechender sind Treffen im Politi- ker*innen-Büro oder in dessen Nähe, aber der Gesprächsort muss zum Verband passen. Ein NGO mit geringem Budget sollte beispielsweise nicht unbedingt ins Edel-Restaurant einladen. Das vermittelt einen falschen Eindruck, den es unbedingt zu vermeiden gilt. Buchtipp Das Lobbying von Verbänden unterliegt eigenen Regeln. Ohne konkrete Erfolge droht der Verlust von Mitgliedern. Gleichzeitig müssen Verbände der Politik Informationen liefern, welche die politische Stimmung und die politischen Prozesse im eigenen Interesse verbessern. Mit ihrem Buch „Lobbying in der Praxis: Strategien und Instrumente für Verbände“ geben Christian H. Schuster und Deniz Üster Verbänden wichtige Impulse, um eigene Lobbyingstrategien auf den Weg zu bringen. Strategie und Botschaften müssen stimmen Ein Hintergrundgespräch mit Politiker*innen zu organisieren bedeutet in vielen Fällen einen hohen Aufwand. Damit sich dieser Aufwand lohnt, muss das Gespräch einen gewissen Mehrwert für den Verband liefern. Deshalb sollten Hintergrundgespräche stets gut vorbereitet sein. Es müssen im Vorfeld konkrete Ziele definiert werden, die aus dem Gespräch heraus entwickelt werden sollen. Das Worst-Case-Szenario ist, dass das Gespräch ohne konkretes Ergebnis endet. Indem Verbände das Gespräch zielorientiert angehen, kann dieser Misserfolg in vielen Fällen vermieden werden. Daneben sollte in der Planung auch festgelegt werden, mit welchen Argumenten der Verband die Politiker*innen am besten überzeugen kann. Prägnante Kernbot- schaften, die die Positionierung des Verbands zeigen, sind ein zentrales Element einer nachvoll- ziehbaren Argumentationskette. Um auf die Politiker*innen erfolgreich einzuwirken, sollten Verbände ihnen zudem Mehrwerte aufzeigen, die sich aus der Verbandsposition ergeben. In der Vorbereitung bedeutet das, dass sich Verbände in die Politiker*innen hineinversetzen und überlegen sollten, wie das Gegenüber von der eigenen Position selbst profitiert. Weiter auf Seite 30. 28Verbandsstratege
MdEP Twitter Stakeholder Mitglieder online LinkedIn MdL PUBLIC AFFAIRS Unterstützer Politische Kontakte Digitale TRANSPARENZ @RegSprecher MdB Interessenvertretung Positionspapier Meinungsbild Gremienarbeit Digital Campaigning K ANALSTRATEGIE INF LUENCER Inter aktion Lobbying Digitale Events Digital Ads KOM M U N I K AT I O N Webex Dark Social Net z wer ken Teams Kontakte Zoom K A MPAGNE F order ung spapier XING Sind Sie bereit für digitales Lobbying? Wir machen mit Ihnen eine Social-Media-Potenzialanalyse und schauen, ob für Sie relevante politische Entscheider über Ihre Kontakte und Kommunikationsmaßnahmen erreicht werden können. Mehr Informationen finden Sie unter 1#99 Aufbruch29 Verbandsstratege www.agentur-adverb.de oder rufen Sie uns gern auch direkt an: 030 / 30 87 85 88 – 0.
Auch wenn eine starke Argumentationslinie in Fach- und Hintergrundgesprächen entscheidend ist, sollten Verbände die Politiker*innen nicht mit zu vielen Informationen überfrachten – schließlich soll sich die andere Seite mit den Verbandsinhalten auseinandersetzen. Verbände müssen sich auf das Wesentliche konzentrieren, zumal Gesprächstermine mit Politiker*innen in der Regel nicht länger als eine Stunde dauern. Hilfreich sind dabei ergänzende Materialien wie kurze Factsheets oder Infografiken, um die Verbandsbotschaft in kurzer Zeit zu erklären. Sinnvoll kann es auch sein, den Büros der Politiker*innen vor dem Termin Informationen zur Vorbereitung zukommen zu lassen. Wenn es im Gesprächstermin um eine konkrete Position des Verbands geht, bietet sich auch ein Positionspapier als ergänzendes Material an. Das Positionspapier sollte aber keinesfalls über zwei Seiten lang sein – ansonsten ist die Gefahr groß, dass die Politiker*innen das Papier nicht lesen werden (siehe Serviceartikel ab Seite 22). » Prägnante Kernbotschaften sind zentrales Element einer nachvollziehbaren Argumentationskette. « Mit Nachbereitung in Erinnerung bleiben Ein gutes Hintergrundgespräch braucht viel Vorbereitung – aber eben auch Nachbereitung. Nach dem Gespräch sollten Verbandsverantwortliche die Ergebnisse kurz und knapp zusam- menfassen. Sie können beispielsweise zusätzliches Infomaterial schicken, die Abmachungen aus dem Gespräch nochmals festhalten oder einen neuen Termin vereinbaren. Die kurze E-Mail nach dem Gespräch hat aber meist einen ganz anderen Nutzen: Sie sorgt dafür, dass der Gesprächsfaden nicht abbricht. Gerade wenn es um umfangreiche Reformen oder Gesetzesent- würfe geht, ist ein langfristiger Austausch unumgänglich. Eine gute Nachbereitung der Termine hilft dabei, dass der Verband im Gedächtnis bleibt und der Folgetermin vielleicht nicht zwei Monate, sondern nur drei Wochen auf sich warten lässt. Verbände sollten die Nachbereitung von Fach- und Hintergrundgesprächen deshalb als wichtige Chance und nicht als unliebsame Zusatzarbeit ansehen. Mit einer gewissenhaften Nachbereitung können Sie den Fuß in der Tür des Politiker*innen-Büros halten. POLITIKER*INNEN FINDEN, DIE IHNEN WIRKLICH WEITERHELFEN Sie sind auf der Suche nach Politiker*innen, die sich mit Ihren Verbandspositionen auseinandersetzen? Gerne gehen wir mit Ihnen gemeinsam in die Analyse und unter- stützen Sie bei der Identifikation und Ansprache relevanter Politiker*innen. Melden Sie sich und wir erstellen ein individuelles Angebot für Sie. Ansprechpartner: Christian H. Schuster | 030 / 30 87 85 88 – 0 Mehr Informationen gibt es hier: www.agentur-adverb.de 30Verbandsstratege
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