Dieser Artikel ist ein Auszug aus: DOI
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Dieser Artikel ist ein Auszug aus: Thomas Hardwig, Marliese Weißmann (Hrsg.) Eine neue Qualität der Zusammenarbeit im Unternehmen Die Arbeit mit Kollaborationsplattformen gestalten DOI: https://doi.org/10.3249/ugoe-publ-9
Die sechs Handlungsfelder zur Gestaltung von Kollaborationsplattformen 8 Die sechs Handlungsfelder zur Gestaltung von Kollaborationsplattformen Stefan Klötzer, Thomas Hardwig und Margarete Boos Ob eine Kollaborationsplattform ihr Potenzial ihrer Entscheidend für eine produktive Aneignung durch Unterstützung tatsächlich entfalten kann, hängt da- die Beschäftigten ist die Passung von Aufgabenan- von ab, wie ihr Einsatz gestaltet wird. Hierfür forderungen und Leistung der Technik (Turban et al. braucht es ein integriertes sozio-technisches Vorge- 2011; Antoni und Syrek 2017), der Nutzen für die hen, welches dem Gestaltungsmodell zugrunde Geschäftszwecke (Stocker et al. 2012, S. 349) bzw. liegt. Hierzu gehört die Gestaltung von individuel- die wahrgenommenen Verbesserungen der Arbeit len und teambezogenen Lernprozessen, die Unter- (Venkatesh et al. 2003; Zhang et al. 2011). stützung durch Führungskräfte und die Entwicklung Nutzerinnen und Nutzer wollen durch den Gebrauch einer kollaborativen Unternehmenskultur. Dieser von Technik konkrete Ziele erreichen: “When the Wandel muss sich im Rahmen eines Changeprozes- technology does not help them achieve those ends, ses vollziehen, in dem die Anpassung und Optimie- they abandon it, or work around it, or change it, or rung der Zusammenarbeit schrittweise und partizi- think about changing their ends” (Orlikowski 2000, pativ erfolgt. In sechs Gestaltungsfeldern werden S. 423). Technikeinsatz muss daher die Zielerrei- Herausforderungen und Lösungsansätze der Gestal- chung unterstützen. Nutzerinnen und Nutzer müssen tung von Kollaborationsplattformen vorgestellt. in die Lage versetzt werden, notwendige Fähigkei- ten zu erwerben, sowohl die Technik als auch die 8.1 Technik & Räume Veränderungen in den Arbeitsprozessen zu bewälti- gen. Kollaborationsplattformen unterstützen durch ihre Teams brauchen aber nicht nur Technik als Arbeits- vielfältigen Funktionen für die Kommunikation, die mittel, sondern auch Räume, in denen sie zusam- Zusammenarbeit, das Projektmanagement und den menarbeiten können. Hierzu gehören sowohl physi- Austausch von Daten und Wissen die Team- und sche Orte wie die Arbeitsplätze, Besprechungs- oder Projektarbeit. Auf dem Markt steht hierfür eine Teamräume als auch die virtuellen Räume, die Vielzahl an Produkten von Softwareanbietern zur durch Kollaborationsplattformen eröffnet werden. Verfügung, mit denen unterschiedliche Nutzungs- Diese erweitern die Möglichkeiten eines Teams, ge- funktionen kombiniert werden können. meinsam digitale Arbeitsgegenstände an einem vir- Es wurde an anderer Stelle bereits begründet (Kapi- tuellen Ort im Netz zu bearbeiten (Dokumente, Wis- tel 3 und 4), dass es eines komplexen Gestaltungs- sensdokumentationen, Datenbanken usw.). prozesses bedarf, damit die Zusammenarbeit durch Analog zur Inneneinrichtung eines Teamraums mit den Einsatz einer Kollaborationsplattform effektiv Schreib- oder Besprechungstischen, Internetzugän- unterstützt werden kann. Eine solche Arbeitsgestal- gen und technischer Hardware muss auch der virtu- tung geht von der Arbeitsaufgabe aus, da im Sinne elle Raum mit bestimmten Einrichtungen versehen des sozio-technischen Ansatzes diese das soziale werden (z. B. Kommunikationskanäle, Berechtigun- und das technische Teilsystem verknüpft, also den gen, Ordnerstrukturen), um die Zusammenarbeit zu Menschen mit den organisationalen Strukturen ver- ermöglichen. bindet (Ulich 2016, S. 84). Aus der Arbeitsaufgabe Auf der Kollaborationsplattform haben Organisati- lassen sich Anforderungen an die Technikunterstüt- onseinheiten, Teams oder Projektgruppen die Mög- zung ableiten und die Technik bedarfsorientiert aus- lichkeit, sich Teamräume einzurichten und dafür legen. themenbezogene Kanäle zu erstellen, um den virtu- Bei der Gestaltung der Technik macht es einen Un- ellen Raum zu strukturieren. Teilprojekte können terschied, ob beispielsweise ein Projektteam oder dann beispielsweise auf unterschiedlichen Kanälen eine administrative Abteilung unterstützt werden bearbeitet werden. Beide Welten, also die reale und soll, da die Tätigkeiten und damit die Anforderun- die virtuelle Arbeitsumgebung, müssen aufeinander gen der Nutzergruppen an die Technikunterstützung abgestimmt sein. Damit die virtuelle Zusammenar- unterschiedlich sind. Während eine Verwaltungs- beit gut funktionieren kann und als nützlich erlebt einheit stärker mit definierten Workflows und For- wird, müssen Anforderungen (z. B. hinsichtlich der mularen arbeitet, steht bei einem Projektteam die Ausstattung) an die Beschaffenheit der physischen Kollaboration der Teammitglieder im Vordergrund. und virtuellen Räume erfüllt sein (Hardwig et al. 2021). Gleichzeit müssen Anforderungen und Be- schränkungen der Organisation und ihrer Umwelt 103
Stefan Klötzer, Thomas Hardwig und Margarete Boos berücksichtigt werden (Lizenzen, Kunden- und Da- Abstimmung zwischen virtuellen und physischen Räu- tenschutzanforderungen, Standortmerkmale). men Die Zusammenarbeit in virtuellen Räumen stellt 8.1.1 Herausforderungen bei der Gestaltung von Anforderungen an die Gestaltung der physischen Technik und Räumen für die Zusammen- Räume, also der Büroarbeitsplätze. Verteilte Teams, arbeit die beispielsweise regelmäßig in langen Videokon- ferenzen zusammenarbeiten, brauchen neben einer Zunächst muss eine Plattform gefunden werden, die leistungsfähigen Hardware (Mikrofone, Kameras, geeignet ist, die Kommunikation und Zusammenar- Bildschirme, Internetzugänge, Netzversorgung) beit zu unterstützen. Orientiert an den Bedarfen der Umgebungsbedingungen, die eine störungsfreie Nutzerinnen und Nutzer müssen dann die Räume Kommunikation ermöglichen. Auch spielt hierfür der Zusammenarbeit gestaltet werden. Im Folgen- die Beschaffenheit der physischen Räume eine den werden zunächst zentrale Herausforderungen große Rolle (Tietz und Kluge 2018): Störgeräusche, beschrieben, zu denen im übernächsten Abschnitt Hall oder eine störende Ausrichtung der Schreibti- jeweils Gestaltungsmöglichkeiten vorgestellt wer- sche können die Zusammenarbeit beeinflussen und den. Ablenkungen bedingen oder Konzentrationsstörun- gen und psychische Belastungen befördern. Tätigkeitsbezogener Technikeinsatz Bei der Auswahl einer Kollaborationsplattform Den Überblick bewahren muss die Arbeitsaufgabe in den Blick genommen Kollaborationsplattformen ermöglichen eine unter- werden. Wer soll bei welchen Tätigkeiten und wel- nehmensweite Vernetzung der Beschäftigten. Orga- chen Aktivitäten der Kommunikation und Zusam- nisationen stehen vor der Herausforderung, eine Ba- menarbeit durch die Plattform unterstützt werden? lance zwischen einer völlig freien, unregulierten Was sind die Anforderungen an die Technik, die Vernetzung und starren Vorgaben hinsichtlich der sich aus der Aufgabe ergeben? Es braucht also für Vernetzung auf der Plattform zu finden: Wer darf die Auswahl einer angemessenen technischen Un- einen Teamraum eröffnen? Zu welchem Zweck dür- terstützung ein Verständnis der konkreten Tätigkei- fen Teamräume erstellt werden und wann werden ten und Arbeitsschritte bei der Aufgabenbearbei- sie wieder geschlossen? Wie kann sichergestellt tung. werden, dass in den Teamräumen keine abgeschlos- Hinzu kommen die unterschiedlichen Bedarfe der senen Wissensinseln entstehen? Nutzergruppen aufgrund ihrer Arbeitsaufgaben. Bei Organisationen müssen es also schaffen, hier einen einer Technikdiskussion gerät der konkrete Anwen- Überblick zu bewahren und Chaos auf der Kollabo- dungsbezug leicht aus dem Fokus, wenn nur die rationsplattform zu vermeiden. Hinzu kommt, dass Vor- und Nachteile von Softwareprodukten vergli- in Organisationen häufig mehrere Werkzeuge für chen oder vereinzelte individuelle Erfahrungen – die Unterstützung der Kommunikation und Zusam- auch wenn sie sehr positiv sein mögen – verallge- menarbeit im Einsatz sind. „Auch grad mit diesem meinert werden („Was bei uns gut funktioniert hat, ganzen Werkzeug-Zoo – man muss halt aufpassen, muss bei dir doch auch gut funktionieren“). Eine dass einen das nicht überfordert, das wird halt im- Plattform, die für die eine Nutzergruppe im Kontext mer komplexer“ (ID 1954). Werden viele Tools mit ihrer konkreten Aufgaben und Anforderungen gute ähnlichen Funktionen parallel eingesetzt, geht der Dienste leistet, muss für andere Arbeitskontexte Überblick und die Klarheit in ihrer Anwendung ver- noch keine gute Lösung sein. loren, Kommunikation verteilt sich auf viele unter- Organisationen müssen daher bei der Entscheidung schiedliche Kanäle und es kommt zu längeren Such- über die Anwendungsszenarien und Anwendungs- zeiten. „Das heißt, wir haben einen riesigen Zoo an fälle, welche durch die Technik unterstützt werden verschiedenen Tools, die miteinander mehr oder sollen, Priorisierungen und Abwägungen zwischen weniger gut oder schlecht interagieren. Das heißt, den unterschiedlichen Benutzungsgruppen vorneh- bei den Mitarbeitern, wenn […] man mal irgendwas men. Die Vielfalt der Funktionen und ihre nutzungs- einstellen will, ja? Dann mache ich erstmal gefühlt spezifische Anpassung ermöglichen zumeist einen fünf Minuten alle Fenster zu, die da offen sind. So differenzierten Einsatz einer Plattform. Hierbei sind und das, da immer hin und her zu springen, ja? Ist die verfügbaren Funktionen der genutzten Plattfor- für den Mitarbeiter finde ich extrem anstrengend“ men zu orchestrieren und Regeln zu entwickeln, um (ID 1993G). bei den Nutzerinnen und Nutzern Klarheit über das Verhalten auf der Plattform zu erzeugen. 104
Die sechs Handlungsfelder zur Gestaltung von Kollaborationsplattformen 8.1.2 Ansätze für die Gestaltung einer bedarfs- auf der anderen Seite Sicherungsmaßnahmen für gerechten digitalen Infrastruktur den Schutz von Daten und Personenrechten erfor- derlich. Das Ziel der Arbeitsgestaltung ist es, ein technisches Arbeitsumfeld für Kollaboration zu schaffen, das Die Entwicklung von Use Cases und Kollaborati- die Tätigkeiten der Beschäftigten optimal unter- onsszenarien (Schubert und Glitsch 2016) kann da- stützt, leicht zu bedienen ist und möglichst wenig bei helfen, die Anforderungen an die Technik zu Störungen und Belastungen mit sich bringt. Den analysieren und eine Entscheidungsgrundlage für o- Teams soll die notwendige Software und Hardware der gegen eine Kollaborationsplattform sowie das zur Verfügung gestellt werden, um eine effektive Ab- oder Hinzuschalten gewisser Funktionen zu bil- Zusammenarbeit zu gewährleisten. Die Gestaltung den. „A use case describes a high level business ac- sucht zudem nach einer Balance zwischen den indi- tivity with a focus on the interactions of a user and viduellen und teambezogenen Nutzungsbedürfnis- a (computer) system to support the tasks that are re- sen und den Anforderungen der Organisation, nach quired to complete the activity (i.e. to achieve a einer möglichst einheitlichen, übersichtlichen und business goal).” (Schubert und Glitsch 2016) Use effektiven IT-Landschaft. Die Gestaltung schafft Cases oder Anwendungsfälle sind also beispiels- klare Strukturen für die Techniknutzung und hat da- weise das Wissensmanagement, Kommunikation in mit eine Orientierungsfunktion . Diese ermöglicht es der Organisation (Enterprise Communication) oder Nutzerinnen und Nutzern, sich schnell in den virtu- die Projektorganisation. Den Anwendungsfällen ellen Räumen zurechtzufinden, kommunizieren und lassen sich Kollaborationsszenarien zuordnen. kollaborieren zu können. Diese können beschrieben werden als: „A composi- tion of activities that are carried out by one or more Die Grundlage für die Auswahl und Gestaltung der people (actors) to achieve a common task (collabo- Kollaborationsplattform bildet die Analyse der Ar- ratively). Collaboration scenarios describe the spe- beitsaufgaben unterschiedlicher Nutzergruppen. cific steps of the interaction among human actors Maßgeblich ist hierbei die Frage: Wie sehr nützt die and/or social documents involved in the joint work. Kollaborationsplattform bei der Aufgabenbewälti- Collaboration scenarios are generic components gung? that can occur in different use cases. Collaboration scenarios include references to concrete software Bewertung der Nützlichkeit und Entwicklung konkreter Anwendungsfälle features and can be used to identify the necessary software. They can thus be used in the evaluation Die Eignung einer Kollaborationsplattform kann an- process as a link between use cases and actual col- hand von Bewertungskriterien wie Angemessenheit, laboration software.“ (Schubert und Glitsch 2016) Ergonomie, Verfügbarkeit, Mobilität und Sicherheit Die Entwicklung von Anwendungsfällen und kon- betrachtet werden (Stoller-Schai 2003, S. 137–140). kreten Szenarien für die Zusammenarbeit kann bei Aus der Anwendungsperspektive beschreibt die An- der Entscheidung bei der Wahl einer Kollaborati- gemessenheit eines Tools wie sehr es zu den eigenen onsplattform unterstützen. Durch die Beteiligung Arbeitsbedürfnissen passt, ob die Werkzeuge pro- der Beschäftigten kann Expertenwissen über die duktive Interaktionen anregen und ob die Technik konkrete Arbeitssituation und die Aufgaben in den einfach zu handhaben ist. Ergonomie bedeutet, dass Gestaltungsprozess einfließen. Auf diese Weise die arbeitspsychologische Gestaltung der Software kann auch definiert werden wie die unterschiedli- und die organisatorische Einbettung der Kollabora- chen Funktionen der Kollaborationsplattform die tionsplattform durch Expertinnen und Experten (z. Zusammenarbeit konkret unterstützen und welche B. aus den Bereichen Arbeitspsychologie oder Or- Nutzungsregeln vereinbart werden müssen. ganisationsentwicklung) mitgestaltet wird. Verfüg- barkeit ist ein zentrales Kriterium für Kollaborati- Der Funktionsumfang von Kollaborationsplattfor- onsplattformen. Der Zugriff auf aktuelle Informati- men ist groß und umfasst Funktionalitäten, die die onen und Wissen auf der Plattform ist für die Zu- Kommunikation, das Teilen von Daten und Wissen, sammenarbeit essenziell. Kollaborationsplattfor- das Projektmanagement und die Kollaboration un- men müssen also überall auch mobil einsetzbar sein, terstützen. In Tabelle 8 sind zentrale Funktionen der um beispielsweise die räumliche Flexibilität bei der Plattformen und mögliche Einsatzzwecke bei der Arbeit an unterschiedlichen Standorten zu ermögli- Teamarbeit dargestellt. chen. Leichte Verfügbarkeit der Plattformen macht 105
Stefan Klötzer, Thomas Hardwig und Margarete Boos Tabelle 8: Funktionen von Kollaborationsplattformen und ihre Einsatzmöglichkeiten bei der Teamarbeit Funktionen von Einsatzmöglichkeiten für die Unterstützung der Kommunikation Kollaborationsplattformen und Zusammenarbeit im Team Sprach- und Videoanrufe mit Teambesprechungen können im Rahmen von Web-Konferenzen abge- Nutzung von z. B. halten werden. Auf einem digitalen Whiteboard können Diskussions- - digitalem Whiteboard punkte festgehalten und unter den Teilnehmenden geteilt werden. Die - Screensharing Teammitglieder können durch Screensharing den Blick auf den eige- nen Bildschirm freigeben, um beispielsweise über Arbeitsstände oder Konzepte zu informieren. Damit werden Inhalte und Ergebnisse visu- alisiert und transparent. Messenger Teammitglieder haben die Möglichkeit, im Rahmen privater oder öf- fentlicher Chats (einzelne Mitglieder oder das ganze Team können sich an der Unterhaltung beteiligen) miteinander zu kommunizieren. Über eine @-mention können Teammitglieder in Diskussionen einbezogen und gezielt angesprochen werden. Diese Ansprachen bzw. Erwähnun- gen können auch in den Newsfeed eingespeist werden. Damit kann eine laufende arbeitsbegleitende Teamkommunikation entstehen. Newsfeed Allgemeine Informationen, die sich nicht nur an spezielle Teammit- glieder richten, können über den Newsfeed verbreitet werden. Die ein- gestellten Posts werden chronologisch sortiert. Häufig haben Nutze- rinnen und Nutzer die Möglichkeit, den Newsfeed an ihre persönlichen Bedarfe anzupassen, z.B. durch Festlegen der Gruppen, aus denen News angezeigt werden sollen. Die Informationsversorgung kann auf diese Weise individuell und differenziert geregelt werden. Anwesenheitsstatus Ein Anwesenheitsstatus informiert die anderen Nutzerinnen und Nut- zer der Kollaborationsplattform über die aktuelle Verfügbarkeit einer Kollegin oder eines Kollegen. Im Sinne eines Ampelsystems wird für die Teammitglieder erkennbar, ob jemand verfügbar, beschäftigt oder abwesend ist. Damit kann die Erreichbarkeit transparent gemacht und Störungen und Unterbrechungen bei der Arbeit verringert werden. Gemeinsame Dateiablage Teams haben die Möglichkeit, gemeinsame Dateien in einer Cloud zu speichern, sie zu bearbeiten und miteinander über Links zu teilen. Bei manchen Programmen ist sogar eine gemeinsame Bearbeitung eines Dokuments möglich (inkl. Sicherung früherer Versionen). Dokumente müssen nicht mehr als Anhang per E-Mail versendet werden. Eine ge- meinsame Dateiablage verringert die Gefahr von Doppelarbeiten und parallelen Arbeitsständen und vermeidet den Ausschluss einzelner Teammitglieder aus der Kommunikation. Einbinden von Kollaborationsplattformen erlauben die Einbindung von Business- Anwendungen, wie z. B. Apps, z. B. für das Aufgaben-, Projekt- oder Wissensmanagement. Die - Aufgabenmanagement Anwendungen können aus der Plattform heraus gestartet werden. Dies - Wiki erleichtert die Zugriffe auf notwendige Anwendungen und reduziert Schnittstellenprobleme. Differenzierte Berechti- Externe können in die Gruppen eingeladen werden. So kann beispiels- gungskonzepte für die Ein- weise eine Kundin oder ein Kunde der Zugang zu definierten Berei- bindung Externer chen des virtuellen Raumes gewährt werden, um an diesen Orten mit- einander zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Mit einem Be- rechtigungssystem kann für jeden Nutzer und jede Nutzerin festgelegt werden, welche Arbeitsbereiche oder sogar Dokumente einsehbar oder zusätzlich bearbeitbar sind. 106
Die sechs Handlungsfelder zur Gestaltung von Kollaborationsplattformen Vergabe von Rollen Teammitgliedern werden im virtuellen Raum Rollen (z.B. Besitze- rin/Besitzer, Mitglied, Gast) zugewiesen. Diese Rollen spiegeln unter- schiedliche Berechtigungen der Nutzerinnen und Nutzer wider. Dies betrifft beispielsweise das Erstellen von Gruppen oder Kanälen, das Einladen weiterer Teammitglieder oder das Hinzufügen von Anwen- dungen. Berechtigungen können durch die Administratorin oder den Administrator für einzelne Personen oder Gruppen aktiviert bzw. de- aktiviert werden. Die GIS AG holte im Rahmen eines partizipativen ▪ Optimale Größenabmessung (z. B. 4x8 m für 4- Vorgehens bei der Entwicklung von Anwendungs- 6 Teammitglieder) szenarien und durch interne Befragungen zur Tool- ▪ Ruhiger, abgeschlossener Raum, um Störungen nutzung immer wieder das Feedback der Nutzerin- zu vermeiden nen und Nutzer ein. Auf diese Weise konnten inner- halb eines kurzen Zeitraums nach Einführung bzw. ▪ Möglichst wenig Reflexionsflächen für Schall Freigabe der Kollaborationsplattformen hohe Nut- ▪ Gute Ausleuchtung und Vermeidung von Ge- zungszahlen erreicht werden. genlicht für bessere Erkennbarkeit der Team- Physische und virtuelle Räume aufeinander ab- mitglieder im Video stimmen ▪ Übertragung in HD-Qualität und Verwendung Die Beschaffenheit der physischen Arbeitsräume eines Weitwinkelobjektivs beeinflusst die Nutzbarkeit digitaler Tools. Die ▪ Orthogonale Ausrichtung der Bildschirme zu ZEISS Digital Innovation hat mit ETEO („Ein den Schreibtischen – keine Ausrichtung der Ka- Team, ein Office“, siehe Kapitel 7) ein sozio-tech- meras auf Bildschirme der Teammitglieder nisches Konzept für ihre Zusammenarbeit entwi- ▪ Speichern von Pre-Sets (Blickwinkel und ckelt, welches die Gestaltung des Projektraums, der Zoomfaktor), die auf Knopfdruck abgerufen Organisation, der Werkzeuge für die Zusammenar- werden können beit und des Teams umfasst. ▪ Vermeidung von Rückkopplung durch Regulie- Dieses Beispiel illustriert auch, dass die Arbeitsge- rung der Lautsprecheroutputs staltung mehr umfasst als lediglich Überlegungen zum Technikeinsatz. Der ganzheitliche Ansatz be- ▪ Vermeidung von Störgeräuschen (Lüfter, Ab- trachtet vielmehr das Zusammenspiel von sozialem stellen von Gläsern), da diese auf der Gegen- und technischem System. ZEISS Digital Innovation seite sehr laut wahrgenommen werden hatte die Anforderung, sich im Rahmen verteilter Es wird deutlich, dass die Art der Kollaboration in Softwareprojekte, die von Mitgliedern an mehreren den Teams große Anforderungen an die Infrastruk- Standorten bearbeitet wurden, mit der Abstimmung tur stellt. Erst durch die Abstimmung der physischen der physischen und virtuellen Räume zu beschäfti- und virtuellen Räume kann die Zusammenarbeit ef- gen. So standen die verteilten, gemischten Teams fektiv unterstützt werden. Funktionen von Kollabo- vor der Herausforderung, agile Softwareprojekte rationsplattformen, wie beispielsweise die Möglich- über mehrere Standorte hinweg zu realisieren. Ein keit, Videokonferenzen durchzuführen, können zentraler Bereich der Arbeitsgestaltung war deshalb durch Störfaktoren der physischen Räume behindert die Gestaltung der physischen Teamräume, die mit- werden (z. B. Hall oder Rückkopplung). tels permanenter Kameraübertragung miteinander verbunden wurden. Für die Teammitglieder ent- Strukturierung virtueller Räume stand durch die Liveübertragung der Eindruck eines Kollaborationsplattformen bieten die Möglichkeit gemeinsamen Arbeitsraumes, wobei die räumlichen einer einfachen und unkomplizierten Vernetzung. Grenzen durch große Bildschirme an den Bürowän- Auf die Schnelle können Teamräume erstellt und den „aufgelöst“ wurden. Mitglieder eingeladen werden – für das einzelne Um eine möglichst effektive Zusammenarbeit zu Team scheint ein Raum für die gemeinsame Arbeit gewährleisten, müssen die physischen Teamräume also schnell gefunden. Auf der Organisationsebene über bestimmte Eigenschaften und Hardwareein- führen diese ad-hoc-Lösungen zu Problemen. Wenn stellungen verfügen. Beispielhaft seien hier einige mit der Einführung von Microsoft 365 auch die Kol- Merkmale aus dem ETEO-Konzept nach der Be- laborationsplattform Microsoft Teams verfügbar ist, schreibung bei Tietz und Kluge (2018) genannt: kann diese ohne eine offizielle Einführung seitens der Organisation von den Beschäftigten genutzt 107
Stefan Klötzer, Thomas Hardwig und Margarete Boos werden. XENON hatte die Erfahrung gemacht, dass Qualität der Arbeitsgestaltung zu einer höheren Nut- Beschäftigte eigenständig damit begannen, die zenerwartung bei (siehe Kapitel 2, Abbildung 11). Möglichkeiten von MS Teams auszuloten, da es ei- Kollaborationsplattformen zu gestalten bedeutet, nen großen Bedarf für eine Plattform zur Unterstüt- aus einer Vielzahl von Nutzungsoptionen und Funk- zung der Teamarbeit gab. Es wurde schnell die Ge- tionen eine Auswahl zu treffen. Werden die Bedürf- fahr erkannt, dass in der Folge ein „Wildwuchs“ nisse der Nutzergruppen berücksichtigt, hat dies entstehen kann. Zu diesem Zeitpunkt waren seitens auch eine motivationale Komponente, denn die Be- der Organisation noch keine Nutzungsregeln kom- troffenen erleben die Anwendungen als unterstüt- muniziert worden, die festlegten, wer einen Team- zend in ihrem Arbeitsalltag. Die Akzeptanz und die raum eröffnen oder Teammitglieder einladen kann. tatsächliche Nutzung der Tools kann hierdurch ge- Auch gab es keine Vorgaben für die Struktur inner- fördert werden. Ein weiterer Effekt der Gestaltung halb der Teamräume. Auf diese Weise entstanden von Technik und Räumen besteht in der Schaffung schnell viele Räume mit jeweils unterschiedlichen klarer Strukturen in der IT-Landschaft der Organi- Arbeitsweisen und Nutzungsroutinen. Erst durch die sation. Werden unterschiedliche Plattformen paral- Einführung eines Berechtigungssystems und durch lel genutzt, gilt es diese so zu orchestrieren, dass sie die Entwicklung von Verhaltensregeln konnte eine sich in ihrem Einsatzzweck und ihrer Nutzung nicht Struktur innerhalb der Kollaborationsplattform wie- überschneiden. Die Klarheit über den Einsatzzweck dergewonnen werden. Auch die GIS AG konnte einer Anwendung erhöht nicht nur die Übersicht- durch die Bereitstellung von Struktur-Regeln für die lichkeit auf der Plattform, sondern sorgt darüber Projektarbeit in MS Teams eine Vereinheitlichung hinaus dafür, dass die richtigen Tools für die jewei- in der Nutzung der virtuellen Teamräume erreichen. lige Aufgabe genutzt werden. Projektübergreifend strukturiert das Template die Bearbeitung von Projekten, gibt vor, wo welche Da- ten abzulegen sind und in welcher Form die Team- 8.2 Lernen & Entwicklung kommunikation auf der Plattform abgebildet wird. Für die organisationsinterne Vernetzung hat die GIS Mit der Einführung von Kollaborationsplattformen AG ein offenes Konzept gewählt, welches die Ver- müssen auch neue Formen der Zusammenarbeit ent- netzung durch größtmögliche Zugangsberechtigun- wickelt werden. Als Grundlage für diese Entwick- gen erleichtert. Die Beschäftigten können (fast) je- lung müssen Beschäftigte Kompetenzen im Um- dem Team beitreten, auf die Dateien zugreifen und gang mit den Tools erwerben. Insbesondere Füh- die Kommunikation verfolgen. Nur bei wenigen Ka- rungskräfte müssen sich mit dem Einsatz der Kolla- nälen gibt es keinen offenen Zugang, diese sind be- borationsplattformen in der Teamarbeit auseinan- stimmten Führungskreisen vorbehalten. Ein anderes dersetzen, da sie durch ihre Rolle wesentlich zur Ar- Konzept hat sich bei XENON etabliert: Hier fragen beitsgestaltung in den Teams beitragen (Boos et al. die Beschäftigten den Zugang zu bestimmten Team- 2017). Aufgrund der tiefgreifenden technischen, so- räumen an und müssen diesen begründen. zialen und kulturellen Veränderungen, die mit der Nutzung von Kollaborationsplattformen einherge- hen, braucht es für ihre Nutzung deutlich mehr als 8.1.3 Nutzen der Technik- und Raumgestaltung eine Technikschulung. Vielmehr erscheint ein Lern- zur Unterstützung der Zusammenarbeit prozess notwendig, in dem die Kompetenzentwick- Die Nutzung von Kollaborationsplattformen kann lung ein kontinuierlicher Bestandteil des Arbeitens zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit in wird. Dabei müssen Qualifizierungsformate entwi- Teams beitragen, wenn nicht nur geeignete digitale ckelt werden, die den individuellen Kompetenzbe- Werkzeuge ausgewählt, sondern Technik und darfen und der Veränderungsdynamik im Unterneh- Räume gezielt gestaltet werden. Wie in Kapitel 2 an- men Rechnung tragen (Höhne et al. 2017). Die Auf- hand der Fallempirie gezeigt wurde, hängt die Ge- gabe der Arbeitsgestaltung besteht in der Schaffung staltung mit der Nutzenerwartung an die kollabora- notwendiger Strukturen und Rahmenbedingungen tiven Anwendungen zusammen: In Fällen, in denen für kontinuierliches Lernen und die Weiterentwick- die Bedienungsfreundlichkeit, der Datenschutz, Re- lung von Kompetenzen. gelungen und die Unterstützung für die Beschäftig- Für den steigenden Anteil virtueller Zusammenar- ten bei der Gestaltung berücksichtig wurden, zeigte beit durch die Kollaborationsplattformen sind die sich eine höhere Nutzenerwartung. Auch verbindli- Medien-, Kommunikations- und die Selbstorganisa- che Regelungen für die Wissensdokumentation so- tionskompetenz für Beschäftigte wichtige Schlüs- wie eine gesicherte Informationsversorgung der selkompetenzen. Die Nutzerinnen und Nutzer der Teams durch ihr Umfeld tragen als Aspekte der Plattformen müssen Werkzeuge nicht nur technisch 108
Die sechs Handlungsfelder zur Gestaltung von Kollaborationsplattformen nutzen, sondern müssen sie auch aufgaben- und ziel- Die Nutzung von Kollaborationsplattformen erfordert adäquat einsetzen können. Auch müssen sie für die kontinuierliches Lernen soziale und psychologische Eigenlogik der Plattfor- Bei der Einführung und Nutzung von Kollaborati- men sensibilisiert sein (Herrmann et al. 2012), z.B. onsplattformen müssen sich Beschäftigte mit der die tendenziell stereotypere Wahrnehmung von Funktionsweise der neuen Technologie und ihren Partnerinnen oder Partnern der virtuellen vielfältigen Funktionalitäten auseinandersetzen. So- Kommunikation. Während z.B. bei Herrmann et al. wohl grundlegende Kenntnisse darüber, welche (2012) oder Boos et al. (2017) zentrale Kompeten- Nutzungsmöglichkeiten das Tool bereitstellt als zen für die räumlich verteilte Zusammenarbeit de- auch sein konkreter Einsatz im Arbeitsalltag und die tailliert beschrieben werden, soll an dieser Stelle auf Nutzungsregeln müssen erst erlernt werden. Auch die Gestaltung des Lernens eingegangen werden. wenn einige der Funktionen (z. B. Messenger, Ver- Das Gestaltungsfeld Lernen & Entwicklung thema- senden von Anhängen, Webkonferenzen) vielen Be- tisiert dabei Prozesse der individuellen Wissensver- schäftigten aus ihrer privaten Technikerfahrung be- mittlung bei Beschäftigten und Führungskräften. In- kannt sein dürften, weckt eine Sicht auf Kollabora- dividuelle Kompetenzen sind zwar die Grundvo- tionsplattformen als Plug-and-Play-Technologien raussetzung für effektive Teamarbeit (Gibson und falsche Erwartungen. Denn auch wenn einzelne Cohen 2003; Höhne et al. 2017; Makarius und Funktionen in ihrer Handhabung einfach zu bedie- Larson 2017), allerdings handelt es sich beim Team- nen sind, braucht es doch ein Verständnis vom Zu- lernen um einen eigenständigen Prozess, der sich im sammenspiel der unterschiedlichen Funktionen der Hinblick auf Lerninhalte, den Umfang sowie die zu- komplexen Plattformen und eine Kenntnis ihrer Ei- grundeliegenden Mechanismen unterscheidet genlogik. Auch erfordert der Einsatz integrierter (O'leary et al. 2011). Auch im Gestaltungsmodell Plattformen im beruflichen Kontext das Einhalten wird deshalb zwischen dem individuellen und dem abgestimmter Nutzungsregeln, damit trotz der viel- Teamlernen unterschieden. Das Gestaltungsfeld Zu- fältigen Kommunikationsmöglichkeiten die Über- sammenarbeit & Regeln fokussiert im Anschluss sicht bewahrt und damit eine effektive Nutzung ge- (vgl. 8.3) speziell auf die Prozesse auf der Team- währleistet bleibt. ebene, die für die Entwicklung effektiver Zusam- Organisationen sind deshalb gefordert, Lernpro- menarbeit ausschlaggebend sind. zesse zu fördern und den Beschäftigten die notwen- An dieser Stelle werden zunächst einige zentrale dige Schulung und laufende Unterstützung anzubie- Anforderungen beschrieben, die sich durch die Ein- ten. Einmalige Schulungen reichen für den Umgang führung und Nutzung von Kollaborationsplattfor- mit Kollaborationsplattformen nicht aus, da ihre men an das individuelle Lernen und die Kompeten- Nutzung bestimmten Veränderungsdynamiken un- zentwicklung stellen. Im darauffolgenden Schritt terliegt. Diese ergeben sich einerseits daraus, dass es werden Gestaltungsvorschläge formuliert. sich bei Kollaborationsplattformen um cloudba- sierte Anwendungen handelt, die mit der Zeit wei- terwickelt werden. So verändern Updates beispiels- 8.2.1 Lernherausforderungen bei der Nutzung weise die Benutzeroberfläche und erweitern die von Kollaborationsplattformen Funktionalitäten. Beschäftigte müssen sich deshalb Kollaborationsplattformen bieten viele Chancen für fortlaufend mit den Tools auseinandersetzen. die Verbesserung der Kommunikation und Zusam- Die gleichzeitige Zugehörigkeit von Teammitglie- menarbeit in Teams und Arbeitsbereichen einer Or- dern zu unterschiedlichen Teams trägt dazu bei, dass ganisation. Hierfür muss nicht nur der Umgang mit diese sich mit unterschiedlichen sozialen und tech- den Tools beherrscht, sondern ihr Einsatz im Team nischen Settings der Zusammenarbeit auseinander- abgestimmt werden. Schulungsangebote, bei denen setzen müssen. Hierzu gehören neben unterschiedli- den Teilnehmenden einmalig grundlegende Funkti- chen technischen Ausstattungen (z. B. unterschied- onen der Tools vermittelt werden, greifen zu kurz. liche Plattformen in unterschiedlichen Teams) auch Da Kollaborationsplattformen in ihrem Einsatz va- die jeweils gelebten Verhaltensregeln oder die kul- riabel sind und sich darüber hinaus neue Einsatzge- turelle Diversität in gemischten Teams, die intensiv biete erst durch ihre tägliche Nutzung entwickeln, mit Externen zusammenarbeiten (z. B. Kunden). muss Lernen zu einem fortlaufenden Prozess wer- Wie Organisationen ihren Beschäftigten durch den. Insbesondere das Ziel und die Vision des Ein- teamübergreifende Gestaltungskonzepte den Wech- satzes rücken hierbei in den Vordergrund. sel zwischen unterschiedlichen Teamsettings er- leichtern können, wird im Gestaltungsfeld Zusam- menarbeit & Regeln beschrieben. 109
Stefan Klötzer, Thomas Hardwig und Margarete Boos Bei der Arbeit mit Kollaborationsplattformen spielt menarbeit in den Teams vorzunehmen. Hierzu müs- der Informationsaustausch und der Aufbau von Wis- sen Reflexionsprozesse initiiert werden, in denen sen (z. B. in Wikis) eine zentrale Rolle. Komplexe aktuelle Hürden der Kommunikation aufgedeckt Projekte werden von Teammitgliedern bearbeitet, werden. Hierfür spielen Nutzungsregeln für die die einen gleichen Informationsstand benötigen und Plattformen eine Rolle, die einen effektiven Infor- über Aufgaben- und Bearbeitungsstände laufend un- mationsaustausch in den Teams gewährleisten kön- terrichtet sein müssen. Die Teammitglieder müssen nen. Dabei gilt es, nicht nur einzelne Teams in den unabhängig von ihrem Arbeitsort über aktuelle Ver- Blick zu nehmen. Damit einheitliche Regelungen änderungen im Projekt Bescheid wissen. Da durch den Wechsel zwischen Teams und damit multiple digitale Technologien eine Vielzahl von Informati- Teamzugehörigkeiten erleichtern, sind Abstim- onen zur Verfügung steht, stehen Beschäftigte vor mungsprozesse hinsichtlich teamübergreifender Re- der Herausforderung, diese Informationslast zu fil- gelungen auf der Führungsebene der verschiedenen tern und die für sie wichtigen von unwichtigen In- Arbeitsbereiche erforderlich. formationen zu unterscheiden. Sie müssen also ler- Hinzu kommt, dass Führungskräfte hinsichtlich ih- nen, ihre Informationsversorgung auf den Plattfor- rer eigenen Nutzung der Plattformen unter besonde- men gezielt zu steuern, um eine Überflutung mit In- rer Beobachtung stehen: Führungskräften können formationen zu verhindern (Anders 2016). Hierfür die Einhaltung von Nutzungsregeln nur dann wirk- können z. B. bestimmte Kanäle abonniert oder aus- sam einfordern, wenn sie ihrer Vorbildrolle nach- geblendet werden. Auch kann die Nutzung des Ab- kommen und die adäquate Nutzung der Tools vorle- wesenheitsstatus (verfügbar, beschäftigt, abwesend) ben. Auch die Auswahl der technischen Infrastruk- genutzt werden, um Störungen bei der Arbeit zu ver- tur in den Arbeitsbereichen und Projekten fällt in meiden. Allerdings braucht es auch hierfür verbind- den Aufgabenbereich der Führung. Führungskräfte liche Regeln im Team, damit der Abwesenheitssta- müssen in der Lage sein zu entscheiden, welche tus auch tatsächlich eine für alle verständliche und Tools und auf welche Weise die Kollaborations- einheitliche Bedeutung hat. Auch brauchen Team- plattformen für die Kommunikation und Zusam- mitglieder ein Verständnis davon, welche Informa- menarbeit im Team eingesetzt werden sollen. Sie tionen auch für ihre Kolleginnen und Kollegen im müssen beispielsweise die Passung von Aufgabe Team relevant sind und transparent gemacht werden und Tools (Task-Technology-Fit; Maruping und müssen. Sie müssen diese Informationen aufberei- Agarwal 2004) richtig einschätzen können und ein ten und an den richtigen Stellen ablegen können. Bei angemessenes Gespür für den Bedarf an Präsenzzei- multiplen Teamzugehörigkeiten der Beschäftigten ten der Teams entwickeln. zeigt sich diese Herausforderung noch einmal be- sonders. Hierbei erhöht sich mit der Anzahl der In- formationen nicht nur der Aufwand für die Selek- 8.2.2 Ansätze der Gestaltung von Lern- und Ent- tion, sondern meist auch die Anzahl der Anwendun- wicklungsprozessen gen, Tools und Plattformen, mit denen diese weiter- Die Einführung und Nutzung von Kollaborations- verarbeitet, geteilt und gespeichert werden. Eine Be- plattformen bietet große Chancen für die Etablie- grenzung der Anzahl der Teammitgliedschaften ist rung neuer Formen der Zusammenarbeit. Lernpro- aus dieser Perspektive ein wirksamer Beitrag zu Be- zesse sollen die Entwicklung individueller Kompe- lastungsreduktion. tenzen, die Kollaboration auf der Teamebene und Organisationslernen ermöglichen. Führungskräfte müssen Gestaltungskompetenz auf- bauen Gestaltung eines Lern- und Entwicklungsprozesses Führungskräfte stehen bei der Arbeit mit Kollabora- Für die Entwicklung von Kompetenzen bei Beschäf- tionsplattformen vor einer besonderen Aufgabe. Sie tigten und Führungskräften ist ein Lern- und Ent- müssen also wie alle Beschäftigten selber lernen, wicklungsprozess erforderlich, der einerseits die Vi- mit den Tools umzugehen, und darüber hinaus in ih- sion der Einführung kommuniziert und begründet, rer Führungsfunktion die Personal- und Organisati- den Beschäftigten andererseits Lernangebote für die onsentwicklung in ihrem Bereich verantwortlich ge- Nutzung der Kollaborationsplattformen und ihrer stalten. Dazu müssen Lernprozesse der Mitarbeite- Funktionen macht. Wie wichtig hierbei Anwen- rinnen und Mitarbeiter gezielt unterstützt werden. dungsfälle sowie die Regeln der Zusammenarbeit Hinzu kommt auch, dass sie in ihrer Führungsrolle sind, zeigte sich z.B. in den Schulungen zur Nutzung stärker über Gestaltungskompetenz verfügen müs- von MS Teams bei XENON Automatisierungstech- sen. Hiermit ist die Fähigkeit gemeint, eine kontinu- nik: Den größeren Teil der Zeit nahm die Diskussion ierliche Anpassung und Optimierung der Zusam- der Nutzungsregeln ein. Auch wünschten sich die 110
Die sechs Handlungsfelder zur Gestaltung von Kollaborationsplattformen Beschäftigten Informationen zum Sinn der Einfüh- durch die Abfrage weiteren Schulungsbedarfs zu- rung und zu den angestrebten Veränderungen in der sätzlich an die Nutzerinnen und Nutzer angepasst Zusammenarbeit. werden. So wurde bei der GIS AG nach der Einfüh- In allen drei untersuchten Unternehmen wurde da- rung der Kollaborationsplattform und ersten Nut- rauf geachtet, dass sich die Nutzerinnen und Nutzer zungserfahrungen der Beschäftigten der Bedarf zu- aktiv mit der Technik auseinandersetzten und die sätzlicher Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen neuen Möglichkeiten der Kommunikation, der Do- einer schriftlichen Befragung erhoben und entspre- kumentation usw. entdecken und im Arbeitsalltag chender Gestaltungsbedarf abgeleitet. etablieren konnten. Auch die GIS AG hat durch ihr Die Fallstudien aus dem CollaboTeam-Projekt zei- breites Angebot an Lernformaten und Unterstüt- gen, dass die Kommunikation der Vision und des zungsmaterialien schnell Erfolge bei der Einführung Ziels der Nutzung von Kollaborationsplattform für und Nutzung von MS Teams als neue Kollaborati- die Beschäftigten einen zentralen Stellenwert hat. In onsplattform erzielen können. Ihr Entwicklungspro- der konkreten Ausgestaltung der Lernprozesse sind zess war durch drei wesentliche Gestaltungsmerk- Organisationen gefordert, eine Balance zwischen male gekennzeichnet: frühzeitige und klare Kom- gezielten Schulungsmaßnahmen und selbstgesteuer- munikation, bedarfsorientierte Lernangebote und tem Lernen zu finden. Während das eigenständige Vermittlung von Nutzungsstandards bzw. Regeln. Lernen anhand von Unterstützungsmaterialen zwar Frühzeitig wurden Gründe und Zukunftsvorstellun- vielfach als hilfreich erlebt wurde, wurde auch der gen für die Einführung der Kollaborationsplattform Wunsch nach einer einheitlichen „Grundausbil- über unterschiedliche Kanäle an die Beschäftigten dung“ deutlich. Hierbei wurde nicht nur der Bedarf kommuniziert. Auf diese Weise wurde ein hoher In- der Vermittlung einheitlicher Kenntnisse über die formationsstand über die bevorstehende Soft- Plattformen, sondern insbesondere auch die Ver- wareeinführung erreicht. Bei der Kommunikation mittlung von Nutzungsregeln deutlich. stand zunächst eine begrenzte Auswahl konkreter Anwendungsfälle (Use Cases) für die Toolnutzung Aufbau von Gestaltungskompetenz bei Führungskräf- im Vordergrund. Ein zentraler Use Case war bei- ten spielsweise das Anlegen eines Kundenprojektes in Die Auswahl geeigneter Tools für die Team- und MS Teams. Durch einen solchen Anwendungsbezug Projektarbeit gehört zu den Aufgaben von Füh- bei der Gestaltung des Lernprozesses wurde eine rungskräften und ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Orientierung für die Beschäftigten („Was wird von die virtuelle Zusammenarbeit (Makarius und Larson mir erwartet?“) hergestellt. Für das Erlernen des 2017). Für Führungskräfte kommt neben den klassi- Umgangs mit der Kollaborationsplattform wurden schen Führungsaufgaben (Zielsetzung, Motivation, den Beschäftigten unterschiedliche Angebote ge- Konfliktmanagement, Mitarbeiterentwicklung) die macht. Neben einem Forum, in dem Fragen zur so- Aufgabe der Gestaltung kollaborativer Teamarbeit wie Probleme bei der Toolnutzung in verschiedenen hinzu – sie müssen gewissermaßen das Spielfeld für Threads diskutiert werden konnten, wurden Sprech- die Zusammenarbeit von Teammitgliedern in virtu- stunden eingerichtet. Hier hatten Beschäftigte die ellen und physischen Räumen schaffen. Um diese Möglichkeit im direkten Austausch Fragen an in- Aufgabe zu bewältigen, sind die Führungskräfte terne Expertinnen bzw. Experten zu richten und Un- beim Aufbau von Gestaltungskompetenz stärker zu terstützung zu erhalten. Zusätzlich wurden unter- unterstützen. In unseren Fallbeispielen konnten wir stützende Materialien wie Flyer und „HowTos“ an- keine dezidierten Unterstützungsmaßnahmen für geboten, die über die Funktionen sowie Nutzungs- Führungskräfte ausmachen. Aufgrund der zentralen regeln informierten. Beschäftigte hatten damit die Rolle der Führungskräfte für den Wandel und die Chance, den für sie geeigneten Modus des Lernens Entwicklung der Zusammenarbeit in den Teams er- zu wählen, diesen in ihren Arbeitsalltag zu integrie- scheint dies jedoch sinnvoll. Nicht nur gezielte Ent- ren, in die Diskussion zu gehen und Hilfe bei Prob- wicklungsmaßnahmen, sondern auch der Austausch lemen zu erhalten. der Führungskräfte untereinander über ihre Gestal- Bei der Gestaltung des Lernprozesses kann die Ent- tungsrolle können dazu beitragen, dass sich einheit- wicklung allgemeiner Nutzungsregeln dazu beitra- liche Strukturen der Arbeitsgestaltung entwickeln. gen, dass Beschäftigte sich einfach in unterschiedli- Die Organisation kann ihre Führungskräfte zusätz- chen Teamkontexten (Multiple Team Membership) lich bei der Entwicklung übergreifender Zusam- bewegen können, sich in den virtuellen Räumen zu- menarbeitskonzepte für Teams unterstützen. Diese rechtfinden und Handlungssicherheit für ihre Betei- Konzepte können einen Rahmen für die Zusammen- ligung an der Kommunikation und Zusammenarbeit arbeit in Projekten bilden, indem Fragen der Tech- gewinnen. Die Gestaltung des Lernprozesses kann niknutzung, Methoden und Regelungen vereinheit- licht werden. Durch solche Vorgaben, zum Beispiel 111
Stefan Klötzer, Thomas Hardwig und Margarete Boos für das Projektmanagement, werden Leitplanken ge- Ganzes kann durch die Entwicklung teamübergrei- setzt. Die Entwicklung und Umsetzung dieser Kon- fender Konzepte ebenfalls einen Beitrag zur effekti- zepte kann durch Unterstützungsrollen wie interne ven Zusammenarbeit leisten. Dies können zum Bei- Coaches gefördert werden. Die Carl Zeiss Digital spiel einheitliche Standards der Gestaltung der Kol- Innovation GmbH hat mit ETEO (siehe Kapitel 7) laborationsplattformen, des Projektmanagements ein Konzept für die Zusammenarbeit entwickelt, und Methoden der Teamentwicklung sein. Derartige welches Gestaltungslösungen für die Projektarbeit Konzepte tragen zu einer Vereinheitlichung von Ar- beschreibt. Dabei werden sowohl Vorgaben und beitsweisen bei und bilden einen Rahmen für die Empfehlungen für die Gestaltung der Teamräume, Zusammenarbeit. das Projektmanagement als auch für die Entwick- lung der Teams gemacht. So genannte ETEO-Coa- ches unterstützen die Teams insbesondere in der 8.3.1 Die Anforderung, Teamlernen zu unter- Phase des Kick-Off bei der Etablierung effektiver stützen Kommunikation und Zusammenarbeit. In anderen Die Arbeit mit Kollaborationsplattformen ermög- Organisationen kann dies aber auch die Aufgabe an- licht neue Formen der Zusammenarbeit, bei der ein derer Stellen sein, wie beispielsweise interne Koor- Team seine arbeitsbezogene Team-Kommunikation dinationsfunktionen oder des Project Management („Streams“, „Unterhaltungen“) und die Bearbeitung Office. gemeinsamer Dokumente sowie den Wissensaus- tausch in einem virtuellen Teamraum realisiert. Die Arbeit wird also nicht auf einem individuellen Ar- 8.2.3 Nutzen der Gestaltung von Lernen und beitsplatz geleistet, von dem aus dann z. B. über E- Entwicklung Mail Dokumente und Inhalte getauscht werden, son- Durch die Gestaltung eines Lern- und Entwick- dern überwiegend in einem gemeinsamen virtuellen lungsprozesses wird eine Grundvoraussetzung für Raum mit gemeinsam zu bearbeitenden Arbeitsge- die Entwicklung neuer Formen der Zusammenarbeit genständen. Dadurch, dass die Teammitglieder die erfüllt, indem Beschäftigte und Führungskräfte ler- gleichen Ressourcen (z. B. Dokumente, Chaträume, nen, die neuen Werkzeuge effektiv für die Zusam- Wikis) nutzen, sind sie in ihrer Zusammenarbeit auf menarbeit einzusetzen. Die Relevanz des Lernens der Plattform voneinander abhängig. Sie müssen wurde bereits in Kapitel 2 beschrieben. In der KMU- also Teamregeln entwickeln, um effektiv miteinan- Befragung gaben 40% leitenden Personen an, dass der arbeiten zu können. Hierzu gehört nicht nur ein eine Herausforderung bei kollaborativen Anwen- gemeinsames Verständnis davon, wie diese Zusam- dungen darin besteht, dass sie von den Beschäftigten menarbeit technisch abgebildet werden soll (z. B. nicht richtig genutzt werden. Lern- und Entwick- Ablageort für Dokumente, Ort für Diskussion allge- lungsprozesse tragen dazu bei, dass der Sinn und meiner Fragen, Einbindung zusätzlicher Funktio- Zweck der Toolnutzung vermittelt und durch prak- nen), sondern auch davon, wie die sozialen Prozesse tische Lernerfahrung erlebt wird. Die Etablierung im Team gestaltet sein sollen (z. B. Umgangsformen einheitlicher Nutzungsregeln für die Kollaborati- bei der schriftlichen Kommunikation, Reaktionszei- onsplattformen gibt Orientierung und reduziert Un- ten bei Anfragen). Kollaborationsplattformen er- sicherheit in der Techniknutzung. Führungskräfte leichtern es dem Team stärker räumlich und zeitlich können durch gezielte Unterstützungsmaßnahmen verteilt zusammenzuarbeiten. Meetings können in (Schulungen, Erfahrungsaustausch, Gestaltungs- Webkonferenzen verlagert und kurze Rückfragen konzepte) bei ihrer Aufgabe der Gestaltung von über den Chat ausgetauscht werden. Das Team muss Teamarbeit begleitet werden. sich deshalb nicht nur auf gemeinsame Arbeitszei- ten auf der Plattform, sondern auch auf einen adä- quaten Anteil an Präsenzzeiten einigen. 8.3 Zusammenarbeit & Regeln In der gemeinsamen Arbeit auf der Plattform müs- Für eine gelingende Zusammenarbeit müssen auch sen sich die Teammitglieder mit der höheren Trans- auf der Teamebene Fähigkeiten für die Zusammen- parenz auseinandersetzen, denn die Kommunikation arbeit mit Kollaborationsplattformen entwickelt in den allgemeinen Unterhaltungen, die abgelegten werden. Zusätzlich zu Regeln für die Nutzung der Dateien sowie Arbeitsstände sind für alle Teammit- Plattformen, für die Kommunikation und die Aufga- glieder – und je nach Berechtigungskonzept auch benbearbeitung (Sole und Applegate 2000; Rahayu für weitere Mitglieder der Organisation – einsehbar. und Lutters 2015) ist es für Teams wichtig, ein ge- Diese Transparenz verlangt den Teammitgliedern meinsames Verständnis ihrer Zusammenarbeit zu Offenheit in der Kommunikation ab, denn ihr Kom- erwerben (Burkhard et al. 2015; Müller und Antoni munikations- und Arbeitsverhalten wird auf der 2019; Brinkman et al. 2015). Die Organisation als 112
Die sechs Handlungsfelder zur Gestaltung von Kollaborationsplattformen Kollaborationsplattform stärker öffentlich als bei- nicht nur schneller effektiv zusammenarbeiten kön- spielsweise bei der Zusammenarbeit über E-Mail, nen, sondern Beschäftigten ebenfalls der Wechsel bei der der Kreis der Empfängerinnen und Empfän- zwischen unterschiedlichen Teams bei multiplen ger durch den Versand an eingegrenzte Verteiler Teammitgliedschaften erleichtert werden. eingeschränkt ist. Zwar ist auch dies bei der Nut- Daher werden teambezogene und teamübergrei- zung von Kollaborationsplattformen denkbar, doch fende Gestaltungsaktivitäten vorgeschlagen. Einer- ihr Einsatzzweck ist ja gerade die intensive und of- seits sollten Teams Regeln erarbeiten und im Rah- fene Zusammenarbeit mit den Teammitgliedern. men von Reflexions- und Lernprozessen die Mög- Viele Beschäftigte arbeiten parallel in unterschied- lichkeit haben, ihre Zusammenarbeit durch Tea- lichen Projekten und sind damit Mitglieder ver- mentwicklung zu verbessern. Andererseits sollten schiedener Teams (Multiple Team Membership, organisationale Vorgaben Grundlagen der Teamar- (O'leary et al. 2011)). Dabei kann sich die Zusam- beit im Unternehmen definieren, damit das Rad menarbeit in den Teams jeweils im Hinblick auf die nicht immer wieder neu erfunden werden muss. eingesetzte Kollaborationsplattform, die geltenden Teamregeln sowie ihrer Arbeitsorganisation unter- Reflexion der Teamprozesse zur Entwicklung geteilter scheiden. In der Konsequenz müssen sich die Be- mentaler Modelle schäftigten also in immer wieder neue Teamsettings Im Rahmen des CollaboTeam-Projektes wurde in einarbeiten und die jeweils geltenden Regelungen Interviews und Gruppendiskussionen untersucht, bei der Aufgabenbearbeitung berücksichtigen. Dies was die Zusammenarbeit in Teams und die Nutzung gilt insbesondere auch für die Zusammenarbeit mit von Kollaborationsplattformen bei der Teamarbeit Externen (z. B. mit Kunden oder Kooperationspart- effektiv unterstützt. Dabei wurde deutlich, dass ne- nern aus anderen Firmen). Hierbei müssen die ben den „bekannten“ Voraussetzungen für die Tea- Teammitglieder auch mit einer größeren kulturellen meffektivität wie Zielklarheit oder unterstützende Vielfalt umgehen und über Standortgrenzen hinweg Rahmenbedingung (Hackman 1983) besonders die zusammenarbeiten. Rüstzeiten durch ständige Kon- Reflexion ihrer Zusammenarbeit im Team als ein textwechsel, ein hohe Informationsdichte durch eine entscheidender Faktor wahrgenommen worden ist. große Anzahl unterschiedlicher Tools für die Zu- Für die Teams spielt neben der inhaltlichen Analyse sammenarbeit und Überforderung können negative der erzielten Ergebnisse auch der Prozess, in dem Folgen für die Teammitglieder sein. die Ergebnisse erarbeitet worden sind, eine wichtige Rolle. In einem Reflexionsprozess sollten sie einen 8.3.2 Ansätze für die Entwicklung neuer For- geschützten, vertraulichen Rahmen haben, indem men der Zusammenarbeit sie beispielsweise Hürden der Zusammenarbeit so- wie emotionale Aspekte und Konflikte besprechen Das Ziel ist es in diesem Feld, Teams zu befähigen, (Baumeister et al. 2017; Wolf 2015a). Aus den Re- Kollaborationsplattformen effektiv in ihre Arbeit zu flexionsprozessen lassen sich in den Teams Regeln integrieren. Auf der Teamebene müssen sie dafür für die Zusammenarbeit entwickeln. Diese können eine gemeinsame Vorstellung über die Nutzung der bis zur nächsten Reflexionsphase auf ihre Tauglich- verschiedenen Funktionalitäten einer Kollaborati- keit in der Praxis geprüft und bei Bedarf durch das onsplattform für ihre Teamaufgabe entwickeln. Die Team angepasst oder ergänzt werden. Auf diese geteilten Vorstellungen und vereinbarten Nutzungs- Weise kann das Team nicht nur den effektiven Ein- regeln sollen die Komplexität aufgrund der vielfäl- satz der Technik regulieren, sondern auch den rich- tigen denkbaren Nutzungsmöglichkeiten der Platt- tigen Umgang mit der höheren Transparenz bei der formen so reduzieren, dass für das Team klare Zusammenarbeit auf der Kollaborationsplattform Strukturen für die Arbeit im virtuellen Raum entste- entwickeln. hen. Ihre Kommunikations- und Zusammenarbeits- prozesse sollen die Teams auf Basis gemachter Er- Agile Formen organisierter Reflexion fahrungen dann im Verlauf ihrer Zusammenarbeit weiter anpassen. Bei der Carl Zeiss Digital Innovation GmbH werden Reflexionsprozesse durch die agile Vorgehensweise Auf der teamübergreifenden Ebene sollen zudem (SCRUM) gezielt unterstützt, und sie ist ein fester Standards für die Zusammenarbeit in Teams defi- Bestandteil der Projektarbeit. Die SCRUM Master niert werden, die zu einer Komplexitätsreduktion (siehe Abschnitt Führung & Betreuung) moderieren beitragen. Grundlegende Regeln zu den Umgangs- als neutrale Beobachter und mit detaillierter Kennt- formen in den Teams und der Nutzung der zur Ver- nis der Teamkontexte diese Meetings. In den soge- fügung stehenden Technik sollen hier entwickelt nannten Retrospektiven (Noll et al. 2017; Schwaber werden. So sollen neu zusammengestellte Teams und Sutherland 2017) analysieren die Teammitglie- 113
Sie können auch lesen