Konzept der Energieforschung des Bundes 2021 2024 - Ausgearbeitet durch die Eidgenössische Energieforschungskommission CORE - Bundesamt ...
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Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK Eidgenössische Energieforschungskommission CORE Konzept der Energieforschung des Bundes 2021 – 2024 Ausgearbeitet durch die Eidgenössische Energieforschungskommission CORE
Impressum Stand .................................................................................September 2020 Herausgeberin....................................................................Eidgenössische Energieforschungskommission CORE Leitung...............................................................................Katja Maus Autoren und Autorinnen Allgemeiner Teil..................................................................Katja Maus, BFE Energie, Gesellschaft und Politikmassnahmen.....................Anne-Kathrin Faust, BFE Wohnen und Arbeiten........................................................Andreas Eckmanns, BFE Mobilität ............................................................................Men Wirz, BFE Energiesysteme ..................................................................Stefan Nowak, NET Nowak Energie und Technologie AG Industrielle Prozesse ...........................................................Carina Alles, BFE Unter Beizug und Mitarbeit der SCCER und weiterer Expertinnen und Experten CORE-Sekretariat c/o Bundesamt für Energie CH-3003 Bern Tel. + 41 58 462 39 78 www.energieforschung.ch
Inhalt VISION............................................................................................................................................................... 4 SCHWEIZER ENERGIEFORSCHUNG.................................................................................................................. 5 EMPFEHLUNGEN..............................................................................................................................................11 WIRTSCHAFT, GESELLSCHAFT UND POLITIKMASSNAHMEN.......................................................................14 WOHNEN UND ARBEITEN...............................................................................................................................17 MOBILITÄT....................................................................................................................................................... 23 ENERGIESYSTEME........................................................................................................................................... 27 INDUSTRIELLE PROZESSE............................................................................................................................... 32 ANHANG: FORSCHUNGSTHEMEN................................................................................................................. 37 3
Vision Energie wird effizient und emissionsneutral umgewandelt, bereitgestellt, gespeichert und verwendet. Die Schweizer Energieforschung leistet dazu einen entscheidenden Beitrag; sie strebt eine sichere, ökonomisch und ökologisch tragbare Energieversor- gung an und unterstützt damit eine effiziente Energiepolitik. 4
Forschung für eine erfolgreiche Energiezukunft Der Bundesrat und das Parlament haben für die begrenzen, erstellte der Weltklimarat einen Sonderbe- Schweiz den mittelfristigen Ausstieg aus der Kernener- richt zum 1,5 °C-Ziel. Die jetzigen Reduktionspläne der gie beschlossen; seit 1. Januar 2018 ist das neue Ener- Treibhausgasmissionen sind nicht ausreichend; um die giegesetz in Kraft. Das Bundesamt für Energie hat Erderwärmung auf maximal 1,5 °C zu begrenzen, ist dazu die Energiestrategie 2050 erarbeitet. Mit der eine radikale Reduktion weltweit insbesondere bis Energiestrategie 2050 hat sich die Schweiz ehrgei- 2030 erforderlich. zige Effizienzziele sowohl bei der Nutzung fossiler Energie als auch beim Stromkonsum gesetzt. Die Pro- Die IPCC-Szenarien beinhalten sowohl beschleunigte duktion von Strom aus erneuerbaren Quellen – Photo- Verbesserungen bei der Energieeffizienz als auch einen voltaik, Windenergie, Biomasse und Geothermie – soll drei- bis vierfach höheren Anteil kohlenstofffreier oder stark erhöht werden und den wegfallenden Nuklear- kohlenstoffarmer Energiebereitstellung durch erneuer- strom ersetzen. Gegenüber heute bedeutet die Ener- bare Energie, Kernenergie und fossile Energie gekop- giestrategie 2050 pro Kopf der Schweizer Bevölkerung pelt mit Kohlenstoffabtrennung und -speicherung etwa eine Verdopplung der Energieeffizienz und eine (CCS). Die Schweiz hat das Abkommen von Paris ratifi- Reduktion des Stromkonsums von ca. 10–20 %. ziert. Bis 2030 verlangt die schweizerische Klimapolitik eine Reduktion von 50 % gegenüber 1990. Das Ein effizienter, umweltfreundlicher und emissionsarmer gesetzliche Klimaziel2 von 20 % Reduktion bis 2020 Umgang mit Energie ist laut Weltklimarat IPCC1 für den wurde verpasst und es sind grössere Anstrengungen ganzen Globus äusserst dringlich. Nach dem Überein- zur Reduktion der klimaschädlichen Gase nötig. Um kommen von Paris 2015, das die Staaten der Welt ver- die Pariser Klimaziele von 2015 zu erreichen hat der pflichtet, Massnahmen zum Klimaschutz durchzufüh- Bundesrat im Sommer 2019 «Netto-Null Emissionen» ren, um die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C für 2050 beschlossen3. bzw. 1,5 °C gegenüber vorindustriellem Niveau zu Energieforschungskonzept des Bundes Das Energieforschungskonzept des Bundes ist eine gemeinsame Vision der Schweizer Forschergemeinde mit Empfehlungen für die mit Mitteln der öffentlichen Hand finanzierte Energieforschung in der Schweiz. Es beschreibt Forschungsziele, die zur Erreichung der Energiestrategie 2050 und der Agenda 2030 wichtig sind. Das Konzept ist ein Planungsinstrument für alle Förderinstanzen des Bundes. Es ist auch eine Orientierungs- hilfe für die kantonalen und kommunalen Stellen, die über eigene Förderinstrumente in der Energieforschung verfügen. Das vorliegende Konzept gilt für die Forschungsperiode 2021–2024. Es wurde von der CORE unter Einbezug wichtiger Akteure der Energieforschung erarbeitet. Es stützt sich auf aktuelle, international anerkannte wis- senschaftliche Erkenntnisse und berücksichtigt die energiepolitischen Ziele der Schweiz. 5 1 IPCC: Intergovernmental Panel on Climate Change — 2 https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/publikationen-studien/ publikationen/klimapolitik-der-schweiz.html/ — 3 https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-76206.html
Die Schweiz hat sich ebenfalls der UNO «Agenda Energieforschung und Innovation 2030 für nachhaltige Entwicklung» («Sustainable Die Schweiz gehört weltweit zu den innovativsten Development») verpflichtet. Sie ist seit 2016 der glo- L ändern und nimmt in verschiedenen Vergleichen seit bal geltende Rahmen für die nationalen und internati- Jahren eine Spitzenstellung ein. Im Global Innovation onalen Bemühungen zur gemeinsamen Lösung der Index 2019 und im Innovation Union Scoreboard grossen Herausforderungen der Welt, wie extreme 2019 der EU liegt sie in Europa auf Platz 1. Für die Armut, Klimawandel, Umweltzerstörung oder Gesund- Innovationsleistung eines Staates werden zahlreiche heitskrisen. Die Energieforschung soll vor allem zur Parameter gemessen und verglichen, darunter Tätigkei- Erreichung der Ziele 7: «Zugang zu bezahlbarer, ver- ten und Erträge der Unternehmen, «Human lässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle Ressources», offene, hervorragende und attraktive sichern», 12: «Nachhaltige Konsum- und Produktions- Forschungssysteme sowie Finanzierung und Förderung muster sicherstellen» und 13: «Umgehend Massnah- der Forschung. Um den Forschungsstandort Schweiz – men zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner und damit die Energieforschung – auf dem aktuellen Auswirkungen ergreifen» beitragen. hohen Niveau zu halten, bedarf es weiterer Anstrengungen. Die CORE sieht als wichtigstes Ziel die interdisziplinäre Entwicklung neuer, umsetzbarer und akzeptierter Wissens- und Technologietransfer Energietechnologien. Die zunehmende Bedeutung Die Schweiz braucht für die Erhaltung ihrer Innova- von Querschnittstechnologien verlangt eine deutlich tionskraft offene «symbiotische Systeme» für verstärkte Zusammenarbeit sowohl unter den techni- Forschung und Entwicklung. Die Zusammenarbeit schen Forschungsgebieten als auch zwischen den zwischen ETH-Bereich, Fachhochschulen und Univer- technischen und den Sozial- und Geisteswissenschaf- sitäten, als auch mit weiteren Akteuren ist zu fördern ten (SGW). und Netzwerke sind zu erhalten und weiter- Commission féderale pour la recherche Energieforschung énérgetique (CORE) Unter Energieforschung wird in diesem Konzept Die CORE wurde 1986 als beratendes Organ für die Entwicklung von wissenschaftlichem und die Schweizer Energieforschung durch den technischem Wissen verstanden, das für die wirt- Bundesrat eingesetzt. Unter anderem erarbeitet sie schaftliche, umweltgerechte und effiziente alle vier Jahre das Energieforschungskonzept des Deckung des Energiebedarfs notwendig ist. Die Bundes, prüft die schweizerische Energieforschung Energieforschung umfasst die Grundlagenfor- und äussert sich zur energiebezogenen Ressort schung, soweit ihre Ziele sich auf Energiebereiche forschung des Bundes. Der CORE gehören 15 Mit- beziehen, die anwendungsorientierte Forschung, glieder an, welche Forschung und Wissenschaft, die bestehende Wissenslücken zur Lösung spezifi- KMU und Grossindustrie im Energiebereich vertre- scher praktischer Probleme schliessen soll, und die ten. Ihre aktuelle Zusammensetzung kann unter Entwicklung, die das vorhandene Wissen zur www.energieforschung.ch eingesehen werden. Schaffung marktfähiger neuer Produkte und Verfahren bewertet. 6
zuentwickeln. Sie unterstützen den Wissenstransfer Die Forschungsschwerpunkte im Kontext zwischen der Forschung und der Umsetzung. Die Energieforschung soll von einer ganzheitlichen Dem Wissens- und Technologietransfer von den Hoch- Denkweise getragen werden und sich am Prinzip der schulen in die Praxis und zurück kommt eine zentrale nachhaltigen Entwicklung orientieren. Das Energiefor- Bedeutung zu, damit die in der Forschung erzielten schungskonzept des Bundes deckt grundsätzlich die Resultate eine Wertschöpfung am Markt erzielen. Ein gesamte Wertschöpfungskette Forschung – Innova- Mittel dazu sind Pilot- und Demonstrationsanlagen; sie tion – Markt ab und strebt mit der durch die öffentli- sollen in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und che Hand geförderten Energieforschung – neben weiteren möglichen Akteuren frühzeitig geplant Resultaten von hoher Qualität – einen volkswirt- werden. Mit ihnen lassen sich die technische Mach- schaftlichen Nutzen an. barkeit bzw. die Realisierbarkeit in grossmassstäblichen Anlagen aufzeigen mit dem Ziel, das Risiko für private Technik Investoren zu reduzieren. Bei allen technischen Lösungen, die der Energiebe- reitstellung, -umwandlung, -speicherung und -nut- Wissen muss weitergegeben und angewendet werden. zung dienen, wird die grösstmögliche, wirtschaftlich Deshalb spielt die Ausbildung der wissenschaftlichen vertretbare Annäherung an das jeweilige technische und technischen Fachkräfte eine wichtige Rolle. Potenzial angestrebt. Die Möglichkeiten durch die Digitalisierung sollen als Querschnittsthema in allen Internationale Einbindung thematischen Schwerpunkten ausgeschöpft werden. Die internationale Forschungszusammenarbeit fördert die Qualität der Forschung und die Effizienz der einge- Ressourcen setzten Forschungsmittel. Voraussetzungen für eine Als zentrale Elemente der Energieforschung sieht die erfolgreiche Zusammenarbeit sind die aktive Teilnahme CORE neue und verbesserte Technologien und an internationalen Programmen – insbesondere die Erkenntnisse zur Steigerung der Energie- und Res- Beteiligung an den EU-Rahmenprogrammen – sowie sourceneffizienz und den vermehrten Einsatz erneu- anerkannte, qualitativ hochwertige Beiträge der erbarer Energie. Produktionskreisläufe sind soweit wie Schweiz. möglich zu schliessen, schädliche Emissionen zu ver- meiden und die Kreislaufwirtschaft anzustreben. Höchste Priorität hat die Einbindung der Schweizer Forschenden in Forschungsaktivitäten der IEA und der Ökonomie und Volkswirtschaft EU. Die internationale Zusammenarbeit und der Aus- Das Energieforschungskonzept zielt darauf ab, die tausch von Forschenden sollen aber über die EU und Versorgungssicherheit der Schweiz zu verbessern und den Kreis der Industriestaaten hinausgehen und sich langfristig zu sichern, Wertschöpfung in Form von entwickelnde Staaten einbeziehen. Arbeitsplätzen, Know-how oder neuen marktfähigen Produkten für das Land zu generieren und die Kon- Über die jeweils federführenden Bundesstellen – kurrenzfähigkeit der Schweiz international zu steigern Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innova- sowie ihre Wertigkeit für die Zusammenarbeit zu tion (SBFI) bzw. Bundesamt für Energie (BFE) – soll erhalten. diese Zusammenarbeit sichergestellt und gestärkt werden. Die «Wissensökonomie Schweiz» ist auf «Bil- Gesellschaft dungsausländer» angewiesen. Der Nachwuchs in Es sind Fragen zu gesellschaftlichen Bedürfnissen und akademischen Berufen, von Führungskräften und von zu Politikmassnahmen zu beantworten, die eine Beschäftigten im Bereich der wissensbasierten Dien- Umwandlung des Energiesektors ermöglichen. Dabei stleistungen kann ohne sie nicht sichergestellt werden. werden beispielsweise soziologische, psychologische 7
sowie politologische Fragestellungen der Energiebe- Das Gesamt-Energiesystem reitstellung, -umwandlung, -speicherung und -nut- Unter «Energiesystem» wird in diesem Konzept die zung untersucht. Und nicht zuletzt soll die Energie- Umwandlung, Speicherung, Bereitstellung und Ver- forschung zum Verständnis beitragen, dass sich wendung von Energie aus natürlichen Ressourcen weder eine nationale Energiepolitik noch eine globale und innerhalb des Stoffkreislaufs sowie dem gesell- Klimapolitik mit technischen Massnahmen allein schaftlichen Rahmen verstanden. Die Abbildung zeigt umsetzen lässt. Im Interesse einer nachhaltigen Ener- das Energiesystem stark vereinfacht und schematisch gienutzung sind Verhaltensänderungen erforderlich. auf. Aus der Umwelt werden durch «Umwandlung und Prozesse» der natürlichen Ressourcen (Wasser, Forschungsfragen in den Themenbereichen «Ökono- Sonne, Wind, Bodenschätze etc.) Energieträger mie und Volkswirtschaft» sowie «Gesellschaft» wer- (Strom, Wärme, Treib- und Brennstoffe) und Produkte den in diesem Konzept den Sozial-, Wirtschafts- und bereit- und hergestellt. Sie werden verteilt, gespei- Humanwissenschaften zugeordnet. Entsprechend chert und durch Anwendungen umgewandelt respek- sind sie im Kapitel «Energie – Gesellschaft – Politik- tive verbraucht. Zwischen allen Akteuren, Bedingun- massnahmen» aufgeführt. Haben sie einen starken gen und Prozessen bestehen mannigfaltige technischen Bezug, werden sie in den entsprechen- Abhängigkeiten und Wechselwirkungen. Ziel der den Schwerpunktkapiteln beschrieben. Energieforschung ist es, diese Komplexität zu verste- hen und aus dieser Kenntnis heraus bestmögliche Weiterentwicklungsoptionen des Gesamtsystems und seiner Teile z.B. der Sektorkopplung zu finden. NATÜRLICHE RESSOURCEN UMWELT Strom Umwandlung Wärme Netzwerke Treibstoffe Prozesse Speicher Daten Stoffkreisläufe schliessen Strom Daten Treibstoffe Wärme Ökonomie Recht Sozialwissenschaften Systemanalyse ... Energiesystem und Dienstleistungen Anwendung ABFALL UND VERSCHMUTZUNG 8 Abbildung 1: Vereinfachtes Energiesystem (CORE basierend auf ETH-Bereich). © BFE
Die CORE hat das Energiesystem in fünf Der Schwerpunkt «ENERGIESYSTEME» beinhaltet S chwerpunkte unterteilt (Seite 10), denen sich im die Umwandlung und Verteilung von Energie in all Wesentlichen alle Bereiche der Energieforschung zu ihren Formen. Der letzte Schwerpunkt «INDUSTRI- ordnen lassen. Sie widerspiegeln das tägliche Leben ELLE PROZESSE» umfasst die Herstellung von Gütern und die damit verbundenen Aspekte von Energiege- aber auch von Brenn- und Treibstoffen und findet sich winnung und -nutzung; sie werden in der Abbildung daher bei den Anwendungen wie bei den Prozessen mit den Farben der im vorliegenden definierten im Schema in blau. Gerade dieser Schwerpunkt soll Schwerpunkte verdeutlicht. stark zum Ziel der Schliessung der Stoffkreisläufe bei- tragen, damit die Abgabe von Abfall und Verschmut- Der mit gelb markierte Bereich der Grafik (Abbil- zung an die Umwelt möglichst vermieden und der Ver- dung 1, Schwerpunkt «ENERGIE, GESELLSCHAFT brauch natürlicher Ressourcen reduziert werden kann. UND POLITIKM ASSNAHMEN») umfasst die gesell- schaftlichen Komponenten des Energiesystems und Das Energiesystem als solches beinhaltet somit die ver- setzt den ökonomischen und rechtlichen Rahmen. In schiedenen Sektoren und derer Kopplung über Strom, Magenta sind die Bereiche des Schwerpunkts Wärme, Treibstoffe sowie Daten, geht aber deutlich «WOHNEN UND ARBEITEN» markiert. Gebäude darüber hinaus. Die Forschenden sollen auch bei der und Areale sind mehrheitlich dem verbrauchenden Erarbeitung von spezifischen Fragestellungen eine Sektor zuzuordnen, sie sind aber auch «Träger» von ganzheitliche Betrachtung anstreben und ihren Speichern und «Umwandlern» wie z.B. Photovoltaik Lösungsansatz am Beitrag zum Energiesystem messen. oder Wärme/Kältespeicher. In ökonomischen Betrach- tungen gibt es dafür die Bezeichnung «Prosumer». Mit den Forschungszielen dieser Schwerpunkte sollen Ähnliches gilt für den Schwerpunkt « MOBILITÄT», ein die Schlüsselthemen für die Forschung «top-down» klassischer «Verbraucher», welcher in Form der Elekt- hergeleitet werden können und das Systemdenken romobilität regelbar sein und als Speicher das elektri- sowie die Disziplinen übergreifende Forschung geför- sche Netz stabilisieren soll. dert werden. 9
Die Schwerpunkte ENERGIE, GESELLSCHAFT UND POLITIK ENERGIESYSTEME MASSNAHMEN «Saubere, zuverlässige, kostengünstige Energie in Der Übergang zu einem erneuerbaren, sicheren und geeignetem Mass und zeitgerecht.» effizienten Energiesystem wird durch Märkte, Politik- Dezentrale erneuerbare Energiesysteme werden mass nahmen und Institutionen ermöglicht werden, Schlüsselelemente des künftigen Energiesystems. Sie die so ausgestaltet sind, dass sie Energieeffizienz und erfordern neue Formen der N etzintegration und wer- den Ü bergang zu erneuerbaren Energien effizient den durch Digitalisierung und neue Geschäftsmodelle fördern, breite Akzeptanz geniessen und dem indivi- beflügelt. Weiterführende F orschungsarbeiten an duellen Wohlbefinden dienen. Die Forschungsarbeit allen Komponenten des Energiesystems, an der Netz- im Schwerpunkt Wirtschaft, Gesellschaft und Politik- integration und an der Resilienz für externe Faktoren massnahmen bietet fundiertes Wissen, das für das bilden die Grundlage für eine bezahlbare und sichere Verständnis und die Gestaltung solcher Märkte, Poli- Energiewende. tikmassnahmen und Institutionen erforderlich ist. INDUSTRIELLE PROZESSE WOHNEN UND ARBEITEN Die industriellen Prozesse werden zum Eckstein der Der Gebäudepark wird in Zukunft klimaneutral und Kreislaufwirtschaft, in der Produkte und Dienstleis- energieeffizient betrieben und trägt dezentral dazu tungen während des gesamten Lebenszyklus nur bei, Bereitstellung und Nachfrage in Energienetzen – einen minimalen Energie-, Material- und Emissionsab- Strom, Wärme, Kälte – im Gleichgewicht zu halten. druck hinterlassen. Die Forschung zeigt sozialverträgliche technologische Die Forschung ermöglicht das Entwickeln innovativer Wege dazu auf. Prozesstechnologien und intelligenter Management praktiken, die die industrielle Ressourceneffizienz so MOBILITÄT weit vorantreiben, dass der Materialverbrauch mini- «Eine emissionsfreie Mobilität, die den Anforderun- miert und der Energiebedarf aus erneuerbaren Quel- gen und Bedürfnissen von Gesellschaft und Wirt- len abgedeckt wird. schaft entspricht.» Die Mobilitätsforschung ermöglicht angesichts einer wachsenden Nachfrage die Umsetzung der erforderli- ZEITHORIZONTE FÜR DIE EMPFOHLENEN chen Technologien, Lösungen und Kenntnisse, um FORSCHUNGSZIELE eine hocheffiziente, wirtschaftliche und zweckmäs- In den folgenden Kapiteln werden Prioritäten und sige Mobilität anzubieten. Ziele für die fünf thematischen Schwerpunkte defi- niert; sie sind auf zwei Zeithorizonte ausgerichtet: –m ittel- bis langfristige Forschungsprioritäten für den Zeithorizont 2030–2050 –kurzfristige Ziele für den Geltungsbereich des v orliegenden Energieforschungskonzepts von 2021–2024. 10
Empfehlungen ist die hohe Qualität der Forschung, die international eingebunden und konkurrenzfähig sein muss. Die CORE empfiehlt den Förderinstanzen der öffentlichen Hand, sich am vorliegenden Ener- Das starke Engagement der öffentlichen Hand bei der gieforschungskonzept zu orientieren um sicher- Vernetzung von Forschungsinstitutionen, der Identifi- zustellen, dass die öffentlichen Gelder zielge- zierung wichtiger zukünftiger Technologiegebiete, richtet und koordiniert eingesetzt werden. der Förderung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit und der Zusammenarbeit von Hoch- Forschungspolitischer Hintergrund schulen und Wirtschaft ist für die Umsetzung der For- Im Rahmen der Energiestrategie 2050 wurden in schungsresultate zentral und soll weitergeführt wer- den BFI-Perioden 4 2013–2016 und 2017–2020 im den. Eine effiziente und zielgerichtete Umsetzung Rahmen des «Aktionsplan koordinierte Energie wird gefördert durch eine wirtschaftsfreundliche forschung» in acht Kompetenzzentren («Swiss Regelung des mit öffentlichen Fördermitteln erarbei- Competence Centers for Energy Research», SCCER) teten geistigen Eigentums wie beispielsweise Patente neue Forschungsgruppen aufgebaut. Der mit dem oder Lizenzen. Aktionsplan bezweckte Kapazitätsaufbau wurde erfolgreich abgeschlossen. Mit Beginn der For- Stärkung der Energieforschung schungsperiode 2021–2024 erhalten die SCCER wie In den von der Kommission für Technologie und Inno- vorgesehen keine weitere Unterstützung mehr. Die vation (KTI, heute Innosuisse) 2013 bis 2020 aufgebau- Forschungskapazität ist durch die Hochschulen zu ten und geförderten acht SCCER ist die hochschul- und erhalten und alle Forschungsmittel sind einzuwerben. disziplinenübergreifende Zusammenarbeit stark etab- Ebenfalls erfolgreich abgeschlossen wurden die bei- liert worden. Die geschaffenen Netzwerke und For- den Nationalen Forschungsprogramme (NFP) des schungskapazitäten sollen auch in Zukunft erhalten Schweizerischer Nationalfonds (SNF) zu den Themen bleiben, wobei sich für den Erhalt der Forschungsstel- «Energiewende» (NFP 70) und «Steuerung des Ener- len die Hochschulen verpflichtet haben. Mit dem Aus- gieverbrauchs» (NFP 71). In der aktuellen Periode gilt laufen der SCCER-Förderung und der über den SNF es, den für eine erfolgreiche Umsetzung der finanzierten nationalen Forschungsprogramme NFP 70 Energiestrategie 2050 und der CO 2 -Ziele weiterhin und NFP 71 fallen beachtliche Fördermittel in der bestehenden Forschungsbedarf anzugehen und das Energieforschung weg. entstandene Wissen und die aufgebauten For- schungsgruppen optimal zu nutzen, weiterzuentwi- Diese Lücke kann zum Teil mit dem neuen, beim BFE ckeln und Innovationen zu schaffen. angesiedelten Förderinstrument SWEET (Swiss Energy research for the Energy Transition) geschlossen wer- Grundsätze der Förderung den. Über thematische Ausschreibungen fördert Primär soll im Bereich Energie die anwendungs SWEET Konsortien über Hochschultypen und Diszipli- orientierte Forschung gefördert werden. Den Vorrang nen hinweg und verlangt explizit den Einbezug von sollen Forschungsgebiete haben, die eine hohe Umsetzungspartnern (z.B. Industriepartner, Gemein- Wert s chöpfung für die Schweiz und einen nach den) . Forschungsergebnisse müssen mittels Demonst- haltigen B eitrag zur nationalen Versorgungssicherheit ratoren für die Umsetzung bereitgestellt werden. So erwarten lassen. Die Energieforschung soll so einen werden einerseits die besten Forschenden und wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der nationalen Forschergruppen weiter gefördert und andererseits Energiestrategie 2050, der Nachhaltigkeitsstrategie erfolgt eine gezielte Unterstützung der Energie und der Einhaltung der Klimaziele liefern. Das vorlie- strategie 2050. gende Konzept enthält auch Empfehlungen für Energieforschung, die nicht in direktem Zusammen- Ressortforschung des Bundes hang mit diesen Zielen stehen. Voraussetzung dafür Eine wichtige Funktion bei der Förderung der Schwei- 11 4 BFI: Bildung, Forschung, Innovation.
zer Energieforschung hat die Ressortforschung des Finanzmittel auf dem derzeitigen Niveau von etwa 30 BFE. Mit ihren finanziellen Mitteln gelingt es ihr, Millionen Franken zu belassen, die Projektanträge wei- zukunftsträchtige Technologien und Projekte zu terhin streng zu evaluieren und insbesondere die Anlie- unterstützen, die sich in Bezug auf ihre technologische gen der Energiestrategie 2050 zu berücksichtigen. Reife zwischen Grundlagenforschung und Marktnähe befinden; sie ist somit eine sinnvolle Ergänzung zur Für die Erprobung neuer Technologien, Verfahren und Förderung durch den SNF und die Innosuisse. Dazu Vorgehensweisen sind für Feldversuche und Experi- gehört auch die Herleitung praxistauglicher, validierter mente rechtliche Möglichkeiten zu schaffen, sofern sie Modelle. ethisch vertretbar sind. Ferner ist das BFE vom Bundesrat beauftragt, die Know-how-Erhalt in der Kernenergie B eteiligung der Schweiz Forschenden an den Ein Gebiet, das besondere Aufmerksamkeit braucht, ist F orschungsprogrammen (Technology Collaboration jenes der Fachkräfte im Bereich der Kernenergie. Nicht Programmes, TCP) der Internationalen Energieagentur nur für die Restlaufzeit der Schweizer Kernkraftwerke, (IEA) sicherzustellen. Neben den Länderbeiträgen sondern auch für den Nachbetrieb, die Phase des finanziert das BFE dabei zum Teil auch die Aufwendun- Rückbaus und der geplanten Einlagerung – noch bis gen von Schweizer Forschenden im Rahmen der einzel- weit ins nächste Jahrhundert – braucht die Schweiz nen Forschungsprogramme. Nachwuchskräfte. Zudem muss die Expertise für die Begutachtung der Entwicklungen auf dem Gebiet der Die Schweiz beteiligt sich im Rahmen der europäischen Kerntechnik erhalten bleiben. Um diese Fachkräfte aus- Forschungsrahmenprogramme stark an den sogenann- zubilden und ihre Expertise langfristig sicherzustellen, ten European Research Area Networks (ERA-Net). Hier ist die entsprechende Forschung im nuklearen Bereich kommt der Ressortforschung des BFE ebenfalls eine weiterhin nötig und zu fördern. besondere Rolle zu, da die Finanzierung der energiebe- zogenen Ausschreibungen durch das BFE finanziert Uneingeschränkter Zugang zu oder mindestens koordiniert wird. Publikationen und Daten Die bisherigen Bestrebungen alle Veröffentlichungen, Die CORE empfiehlt, den Umfang der Ressortfor- die ganz oder teilweise mit öffentlichen Fördermitteln schung im Energiebereich mindestens auf dem Niveau finanziert wurden, frei zugänglich zu machen, sollen der Vorjahre beizubehalten und damit unter anderem weiter verstärkt werden. Die vorbildliche Open Access die internationale Einbindung – vor allem bei den For- Strategie des SNF kann weiteren Förderinstanzen als schungsprogrammen der IEA und der EU – sicherzu- Richtschnur dienen, da auch der Zugang zu Veröffent- stellen. lichungen in Journals gesichert wird. Pilot- und Demonstrationsprojekte Weit schwieriger als der Zugang zu Veröffentlichungen Mit den Mitteln für Pilot- und Demonstrationsprojekte ist der freie Zugang der Forschenden zu Daten zu im Energiebereich wird die Energiepolitik durch die bewerkstelligen. Hier regt die CORE eine Diskussion beschleunigte Einführung innovativer Technologien in zwischen den Datenerhebenden und den Forschenden den Markt unterstützt. Gerade durch Demonstratoren an. Es soll ein bestmöglicher Kompromiss zwischen im 1:1-Massstab wird sichtbar, wie die Umsetzung der dem nötigen Datenschutz und der wünschenswerten Energiestrategie 2050 funktionieren kann. Vertrauen freien Datenverfügbarkeit gefunden werden. der Bevölkerung wird geschaffen; neue Technologien und Lösungen werden einem Praxistest unterzogen Generell empfiehlt die CORE die Unterstützung der und erlebbar gemacht. Gleichzeitig wird die Ausstrah- Erhebung guter und bisher nicht systematisch erhobe- lung schweizerischer Innovationen über die Landes- ner Daten; besonders wertvoll sind langfristige Daten- grenze hinaus verstärkt. Die CORE empfiehlt, diese reihen von mehr als 30 Jahren. 12
Neue Trends der Forschungsperiode 2021 bis 2024 Die CORE legt den Fokus für die Energieforschung 2021 bis 2024 auf die ganzheitliche Betrachtung des Ener- giesystems unter besonderer Berücksichtigung der Sozial- und Geisteswissenschaften. Dies solle eine effizi- ente Sektorkopplung und eine Umwandlung des Energiesystems auf erneuerbare Energien ermöglichen. Ver- besserte Datenanalysemöglichkeiten sollen auch in der Energieforschung genutzt werden, um z.B. selbständiges Lernen und optimierte, menschorientierte Planung im Energiebereich zu ermöglichen. Energie, Gesellschaft und Politikmassnahmen: Neben der langfristigen Reduktion der Nachfrage steht deren Flexibilisierung im Vordergrund. Weiter sind die optimale Integration der Erneuerbaren ins Energiesys- tem sowie Marktdesigns und Koordination der Akteure in einem dezentralisierten Energiesystem neue Ansätze. Verstärkt wird auf systemweite Analysen gesetzt, die auch die Analyse der Einflussfaktoren der gesellschaftlichen Transition ermöglichen. Wohnen und Arbeiten: Der Fokus wurde im Betrachtungs- bzw. Optimierungsperimeter vom Zusammen- spiel des Gebäudesektors mit dem elektrischen Netz auf die Wechselwirkung mit allen Energienetzen erwei- tert. Diese Berücksichtigung der Durchlässigkeit der Netze (Sektorkopplung) führt im Schwerpunkt Wohnen und Arbeiten zu einer Verschiebung der Themen von der Gebäudeebene auf die Areals- und Quartierebene und resultiert in neuen Prämissen für die Optimierung des Gebäudeparks als technisches System. Stärker im Forschungsfokus stehen aber auch die Menschen als Nutzer, Besitzer und Betreiber von Gebäuden. Dies äus- sert sich in neuen Konzeptansätzen und neuen Methoden, um diese zu validieren (Living-Labs). Mobilität: In diesem Schwerpunkt liegt der Fokus verstärkt auf den Untersuchungen und dem Verständnis des Mobilitätssystems als Ganzes und der Rolle des menschlichen Verhaltens darin. Auf der technische Ebene wird verstärkt die Herausforderung der Dekarbonisierung des Fracht- und Flugverkehrs angegangen. Energiesysteme: Die systemische Forschung zur Vernetzung aller Energieträger und -netze mit einem höchstmöglichen Anteil erneuerbarer Energie steht verstärkt im Vordergrund. Energiespeicherung, vor allem Langzeitspeicherung, bleibt nach wie vor ein relevantes Thema, ebenso die nukleare Sicherheitsforschung. Industrielle Prozesse: Die Stoff- und Energiekreisläufe zu schliessen ist das klare Langzeitziel dieses Schwer- punkts. Damit ergibt sich ein stärkerer Fokus auf erneuerbare Materialien und erneuerbare Energiebereitstel- lung in den industriellen Prozessen. Die CORE empfiehlt, Energieforschung vor allem in diesen Bereichen zu fördern. 13
Wirtschaft, Gesellschaft und Politikmassnahmen Der Übergang zu einem erneuerbaren, sicheren und effizienten Energiesystem wird durch Märkte, Politikmassnahmen und Institutionen ermöglicht werden, die so ausge- staltet sind, dass sie Energieeffizienz und den Übergang zu erneuerbaren Energien effi- zient fördern, breite Akzeptanz geniessen und dem individuellen Wohlbefinden dienen. Die Forschungsarbeit im Schwerpunkt Wirtschaft, Gesellschaft und Politikmassnahmen bietet fundiertes Wissen, das für das Verständnis und die Gestaltung solcher Märkte, Politikmassnahmen und Institutionen erforderlich ist. Die Energiestrategie 2050 verlangt den schrittweisen nutzung, zu ihrem Bezug zu gesellschaftlichen und Ausstieg aus der Kernenergie bei gleichzeitigem Errei- ökonomischen Entwicklungen sowie ihre Umweltwir- chen der Klimaziele und Aufrechterhalten der grossen kung. Denn viele politische Instrumente und Massnah- Versorgungssicherheit der Schweiz. Dies erfordert men wirken sich längst nicht nur auf einzelne Sekto- gesteigerte Energieeffizienz und eine grössere Energie- ren, Bereiche oder Regionen aus und müssen deshalb gewinnung aus erneuerbaren Quellen. Zur Erreichung in ihrem weiteren Umfeld untersucht werden. dieser Ziele ist die Entwicklung neuer Technologien von grosser Bedeutung. Aber der technische Fort- Neben den bereichseigenen Fragestellungen trägt die schritt alleine wird nicht ausreichen. Grosse private SGW-Forschung zur Entwicklung und Implementie- Investitionen und grundlegende Änderungen beim rung neuer Technologien bei. Technischer und gesell- Energieverbrauch werden nötig sein. Für beides sind schaftlicher Fortschritt hängen eng voneinander ab Verhaltensänderungen, neue Anreize und – im Rah- und lassen sich nicht trennen. Technische Lösungen men der Möglichkeiten – Anpassungen bei Gover- können besser zu nachhaltigem Energieverbrauch bei- nance und Politikmassnahmen erforderlich. Dieser tragen, wenn das gesellschaftliche, ökonomische und Umbau des Energiesystems muss so erfolgen, dass er politische Umfeld bei ihrer Entwicklung angemessen in der Bevölkerung breite Akzeptanz geniesst und mit berücksichtigt wird. Aus diesem Grund werden in die- individuellem Wohlbefinden und Lebensqualität auf sem Forschungskonzept die sozioökonomischen The- hohem Niveau einhergeht. men direkt in die technischen Schwerpunkte integriert, wenn sie der Technologie eigen oder für sie von Hauptziel der sozial- und geisteswissenschaftlichen besonderer Bedeutung sind. (SGW-)Energieforschung ist es, ein besseres Verständ- nis für das Verhalten der verschiedenen Akteure, ihre Die SGW-Forschung ist besonders stark von der Daten- Reaktion auf Politikmassnahmen und die Funktions- qualität abhängig. Die Erhebung und der Zugriff auf weise der Märkte zu gewinnen. Auf dieser Grundlage die Daten ist kein Forschungsschwerpunkt an und für können die relativen Potenziale und Kosten der unter- sich, aber in vielen Gebieten Voraussetzung für erst- schiedlichen Massnahmen beurteilt und ihre Ausge- klassige Forschungsarbeit. Dazu gehört auch die Mög- staltung optimiert werden. Überdies bietet die lichkeit von Feldversuchen und Experimenten. Dies SGW-Forschung eine umfassende Sicht auf den wird im Kapitel «Empfehlungen» adressiert. Umbau des Energiesystems und ein besseres Verständ- nis für die Wechselbeziehungen und Wechselwirkun- Der Umbau des Energiesystems erfordert ein veränder- gen zwischen Massnahmen und Prozessen. System- tes Investitions- und Energienutzungsverhalten der weite Beurteilungen stützen den Umbau des Akteure sowie Politikmassnahmen, Marktgestaltung schweizerischen Energiesystems mit detaillierten Infor- und Institutionen, die diesen Wandel ermöglichen. Es mationen zur Entwicklung der Energiegewinnung und müssen politische und regulatorische Instrumente ent- 14
wickelt sowie Rahmenbedingungen geschaffen wer- Ihre Strategien wirken sich auf das Verbraucherverhal- den, die den Umbau des Energiesystems unterstützen. ten aus und werden von diesem beeinflusst. Daneben Der Hauptbeitrag der SGW-Forschung zur Transforma- beeinflussen ihre Investitionsentscheide die Entwick- tion des Energiesystems besteht darin, dafür die nöti- lung neuer Infrastrukturbauten entscheidend. Hier sind gen Kenntnisse bereitzustellen. Dabei sind insbeson- die Erforschung unternehmenseigener, adaptiver dere Forschungsarbeiten in den Bereichen Massnahmen und die Entwicklung von Rahmenbedin- «Unternehmen und Haushalte», «Märkte, Regulierung gungen nötig, die Innovation und technologischen und Politikmassnahmen» sowie «Modellierung, sys- Wandel für mehr Energieeffizienz und erneuerbare temweite Beurteilungen und Transformationsprozess» Energien fördern. Schliesslich erfordert die Energiestra- erforderlich. tegie ganz grundsätzlich Investitionen in neue Energie- infrastrukturen. Ein zentraler Erfolgsfaktor ist dabei, dass Hindernisse identifiziert und Empfehlungen für Mittel- bis langfristige Prioritäten geeignete Rahmenbedingungen zur Förderung solcher Investitionen formuliert werden. Unternehmen und Haushalte Um die Transformation des Energiesystems erfolgreich Märkte, Regulierung und Politikmassnahmen umzusetzen müssen die Haushalte und Unternehmen Hauptgegenstände dieses Schwerpunkts sind die Funk- ihr energierelevantes Verbrauchs- und Investitionsver- tionsweise und die Regulierung der Energiemärkte halten ändern. Die erste mittel- und langfristige Priori- sowie die Ausgestaltung von Politikmassnahmen für tät legt den Fokus auf die Verhaltensanalyse mittels ein erneuerbares, sicheres und effizientes Energiesys- psychologischer, sozialer und mikroökonomischer tem. Die Energiemärkte koordinieren die Investitions- Methoden sowie das Abgeben von Handlungsempfeh- und Verbrauchsentscheide der Akteure innerhalb eines lungen. Forschungsziel ist es, ein besseres Verständnis Energiesystems. Damit spielen sie eine zentrale Rolle für die Motivationen der jeweiligen Akteure und die für eine erfolgreiche Energiestrategie. Wegen der Ent- Wirkung spezifischer energiepolitischer Instrumente zu wicklung neuer Technologien, die eine enge Integra- erlangen. Das Reduktionsziel beim Energieverbrauch tion verschiedener Energieträger ermöglichen, der und der Umbau zu einem System mit erneuerbaren Dezentralisierung des Energiesystems und der Integra- Energien gehen Hand in Hand mit einer reduzierten tion erneuerbarer Energien im grossen Rahmen stehen und flexibilisierten Energienachfrage. In diesem Sinne die Energiemärkte und ihre Regulierung in Zukunft vor ist ein wichtiger Forschungsfokus die Analyse der psy- grossen Herausforderungen. Daher braucht es für eine chologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen erfolgreiche Transformation des Energiesystems Determinanten der Energienachfrage und der individu- Forschungsarbeiten zur Marktgestaltung und -regulie- ellen Entscheidungsfindung, der dynamischen Grup- rung. So ist die Entwicklung und Analyse effizienter penprozesse und der Unternehmensstrategien. Dies Marktgestaltungen, die Investitionen in erneuerbare erleichtert die Entwicklung von Massnahmen, die zu Energien und deren Integration in das Energiesystem einem reduzierten Energieverbrauch beitragen, und ermöglichen, von grosser Bedeutung. Die Forschung helfen, die Flexibilität der Nachfrage zu erhöhen und muss angemessene Lösungen für die Integration zu nutzen. Bei den Haushalten braucht es etwa wei- der erneuerbaren Energien und den möglichen tere Forschungsarbeiten zur Wechselwirkung zwischen Übergang zu einem dezentralisierten Energiesystem sozioökonomischen Determinanten sowie emotiona- entwickeln. Dazu gehören auch neue Ansätze, um die len, normativen und kognitiven Faktoren, die für den Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die Energieverbrauch erheblich sind, um Politikmassnah- Entscheidungen der Akteure im System zu koordinie- men so auszugestalten, dass die Energienachfrage ren (z.B. Produktionsstätten, Prosumer, Eigenver- nachhaltig sinkt. Die Unternehmen ihrerseits sind wich- brauchsgemeinschaften, Netzbetreiber). Dabei sind tige Akteure der Transformation des Energiesystems. auch neue Möglichkeiten, die sich mit der Digitalisie- 15
rung ergeben, von Interesse. Überdies erfordert eine Modellierung, systemweite Beurteilungen kosteneffektive, gesellschaftlich akzeptierte Energie- und Transformationsprozess strategie einen ausgewogenen Mix von Politikmass- Um zweckmässige Rahmenbedingungen für eine nahmen und eine detaillierte Beurteilung ihrer Auswir- erfolgreiche Energiestrategie schaffen zu können, müs- kungen. Dabei müssen juristische, auch internationale sen der Transformationsprozess und die Folgen ener- Aspekte berücksichtigt werden. Hier müssen die giepolitischer und regulatorischer Massnahmen auf das Wechselwirkungen mit anderen (nicht energiepoliti- Energiesystem und die Schweizer Wirtschaft besser schen) Massnahmen berücksichtigt werden, etwa im verstanden werden. Dies ist das Forschungsziel dieses Bereich der Raumplanungs-, Klima- und Verkehrspolitik Schwerpunkts. Es erfordert die Entwicklung und Ver- national und international. Die internationale Klima- besserung der Modelle und Szenarien, die mögliche und Energiepolitik wirkt sich entscheidend auf die Entwicklungen beschreiben und treibende Schlüssel- Energiemärkte im Inland aus. Deshalb ist die Erfor- faktoren der Transformation des Energiesystems her- schung ihres Einflusses und Zusammenspiels mit inlän- ausstellen. Auch technische Szenarien sind interessant, dischen Politikmassnahmen von Bedeutung. Dies gilt doch werden diese im Kapitel «Energiesysteme» auch im Zusammenhang mit der Positionierung der behandelt. Schweiz auf den internationalen Energiemärkten. Ein wichtiges Forschungsziel ist die bessere Berück- sichtigung der Ungewissheit und die Repräsentation von Verhaltens- und Gesellschaftsaspekten in Model- len und Szenarien. Dann müssen auch die politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedin- gungen der Szenarien und die Wechselwirkung zwi- schen den Politikmassnahmen besser verstanden wer- den. Dies gilt insbesondere, weil die Energiestrategie nicht nur eine Frage der Technik, sondern auch gesell- schaftlicher Art ist. Die Triebkräfte dieses gesell- schaftlichen Wandels und die Wechselwirkungen zwi- schen technischer, gesellschaftlicher, politischer und individueller Veränderung müssen untersucht werden, um die Erfolgsfaktoren der Energiestrategie besser zu verstehen. So beeinflussen etwa gesellschaftliche und technische Dynamiken wie die Digitalisierung die Transformation des Energiesystems auf mehreren Ebenen mit unterschiedlicher Wirkung. Dieses kom- plexe, dynamische Zusammenspiel verschiedener Triebkräfte muss verstanden werden. Eine weitere Pri- orität verbleibt die Analyse energiepolitischer Mass- nahmen und Instrumente, beispielsweise anhand makroökonomischer Instrumente sowie die Untersu- chung der zukünftigen Energienachfrage und -ange- bot sowie Rahmenbedingungen mittels Szenarien, Energiemodellen und anderer Methoden. Die Forschung schlägt Lösungen für eine verstärkte Integration der erneuerbaren Energien ins Energiesystem vor. Insbesondere werden 16 neue Ansätze entwickelt, um mit zahlreichen, heterogenen Akteuren in einem dezentralisierten System umzugehen. © Shutterstock
Wohnen und Arbeiten Der Gebäudepark wird in Zukunft klimaneutral und energieeffizient betrieben und trägt dezentral dazu bei, Bereitstellung und Nachfrage in Energienetzen – Strom, Wärme, Kälte – im Gleichgewicht zu halten. Die Forschung zeigt sozialverträgliche technologi- sche Wege dazu auf. Dieser Vision entsprechend, werden im Schwerpunkt zu entwickeln, zu validieren (inkl. «Living Labs») und in Wohnen und Arbeiten Technologien und Konzepte der Praxis zu demonstrieren. erforscht, die den Energiebedarf reduzieren, die Effizienz der Energieumwandlung und -verwendung Neue Gebäude sollen im Betrieb keine umweltbelas- steigern und deren Wertigkeit (Exergie) Rechnung tenden Emissionen generieren und hohen Komfort tragen. Insgesamt sollen die menschlichen Bedürfnisse bei Raumklima, Lärm/Akustik, Licht und Hygiene im Bereich Wohnen und Arbeiten künftig auf erreichen. Gebäude und verwendete Materialien sind ressourcenschonende und sozialverträgliche Weise ressourcenschonend, emissionsarm und energieeffizi- befriedigt werden. ent herzustellen. Langfristig ist eine Kreislaufwirt- schaft anzustreben. Um der Funktion des Gebäudeparks als «Prosumer» Rechnung zu tragen, werden die dezentrale Energie- Um dies zu erreichen, müssen Technologien und Kon- speicherung, die lokale Gewinnung erneuerbarer Ener- zepte entwickelt werden, die eine intelligente Gewin- gie an Gebäuden, in Arealen, Quartieren und Städten nung, Umwandlung, Nutzung und Speicherung von sowie das Zusammenspiel von Energieverbrauch, Energie im Gebäudebereich unter Einbezug von Ver- dezentraler Energiegewinnung, -speicherung und bund- und Austauschmöglichkeiten mit Versorgungs- Energieinfrastrukturen erforscht. Dezentrale Energie- netzen (Strom, Wärme, Gas) ermöglichen. Dies umfasst systeme müssen sich zweckmässig in das zukünftige sowohl die technologische als auch die sozial- und Energiesystem der Schweiz integrieren, damit eine geisteswissenschaftliche Forschung, um auch das Nut- umweltverträgliche, sichere, effiziente und wirtschaftli- zerverhalten und die Nutzerbedürfnisse zu berücksich- che Energieversorgung gewährleistet ist. tigen. Das erarbeitete Wissen muss in geeigneter Form für Produkte und Planungs-, Beratungs- und Ausfüh- Strategien zur Effizienzsteigerung und zum konse- rungswerkzeuge sowie bei Bedarf für energiepolitische quenten Umstieg auf erneuerbare Energiequellen sind Programme und Instrumente verfügbar gemacht wer- zentral, um im Gebäudebereich Klimaneutralität im den, um wirkungsvoll in den Markt zu diffundieren. Betrieb zu erreichen. Das optimale Ausmass von Effizi- enzsteigerungen ist mit einer Lebenszyklusbetrachtung Die Schnittstellen zu den anderen Schwerpunktthemen bezüglich Kosten-Nutzen-Verhältnis zu finden. Zusätz- dieses Konzepts sind zu beachten, wie beispielsweise lichen Effizienzmassnahmen sollen im Vergleich mit der die Aspekte der Sektorenkopplung, der Mobilität und verstärkten Nutzung erneuerbarer Energie beurteilt der Energieinfrastruktur oder der Einfluss von IKT- und werden. Im Weiteren hängt der effiziente Betrieb der Monitoring-Technologien auf den Einsatz dezentral Gebäude neben politischen und regulatorischen Rah- gewonnener erneuerbarer Energie. menbedingungen vom Verhalten der Besitzenden, Betreibenden und Nutzenden ab. Diese haben einen Ziele signifikanten Einfluss darauf, ob die Spar- und Effizi- Gebäude sind für rund 42 % des Endenergiever- enzmöglichkeiten ausgeschöpft und die avisierten Ziele brauchs5 und für 26 % der gesamten CO2 -Emissionen erreicht werden können. Entsprechende Konzepte sind der Schweiz6 verantwortlich. Sie stehen deshalb im 17 5 BFE Gesamtenergiestatistik 2018 — 6 https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/inkuerze.html/
Zentrum der Energiestrategie 2050. Einerseits muss die an Areale sind im «Bilanzierungskonzept energetische Sanierungsrate7 von heute nur 1 % drin- 2000-Watt-Gesellschaft»10 formuliert. Die beiden Ziel- gend und substantiell erhöht werden; gemäss IEA ist in formulierungen dienen als Orientierungsgrössen, wel- OECD-Ländern eine Verdoppelung nötig8. Gleichzeitig che in Pilot- und Demonstrationsprojekten deutlich stellt die Erhöhung der Sanierungseffizienz – mit tech- übertroffen werden sollen. nischen und nicht-technischen Massnahmen – ein wei- terer wichtiger Hebel für die Zielerreichung dar. Nebst dem effizienten Einsatz der Energie tragen eine dekarbonisierte Energiebereitstellung, eine ressourcen- Die Aufgabe der Forschung ist es, sozialverträgliche schonende, emissionsarme und energieeffiziente Her- technologische Wege aufzuzeigen, die in Richtung der stellung von Baustoffen – mit dem Ziel einer Kreislauf- eingangs formulierten Vision führen. In einer ersten wirtschaft – sowie eine gesellschaftliche Entwicklung, Etappe sind die Ziele der Energiestrategie 2050 zu die qualitativen Mehrwert gegenüber quantitativem erreichen, wobei die Forschung auch die langfristigen, materiellem Wachstum bevorzugt, massgebend zur deutlich ambitionierteren Ziele der 2000 Watt-Gesell- Zielerreichung bei. Ohne diese Entwicklungen vorweg- schaft stets im Fokus behalten muss. Ein messbares zunehmen, sollen im Gebäudebereich die bestmögli- Etappenziel 2050 für Gebäude ist im «SIA-Effizienz- chen Voraussetzungen geschaffen werden, um die pfad Energie»9 beschrieben. Analoge Anforderungen vorerwähnten Ziele zu erreichen. Gebäudekühlung Aufgrund steigender Temperaturen im Sommer und wachsender Komfortanforderungen ist zukünftig mit einem erhöhten Kühlbedarf in Gebäuden zu rechnen. Im Bereich der Entwicklung von Konzepten und Tech- nologien für eine kostenoptimierte, energieeffiziente und ressourcenschonende passive oder aktive Raum- kühlung sollen in der aktuellen Vierjahresperiode markante Fortschritte erreicht werden. Prüfstandmessungen zur Kühlleistungsbestimmung von drei Solarabsorber im Rahmen des Projektes «Heizen und Kühlen über thermisch aktivierte Aussenflächen» an der FHNW. Die unabgedeckten Solarabsorber funktionieren als Aussen-Wärmeübertrager und können im Heizbetrieb Wärme von der Umgebung und durch Absorption von Solarstrahlung aufnehmen und im Kühlbetrieb während der Nacht Wärme an die Umgebung abgeben. © FHNW IEBau 7 Martin Jakob et al., 2014, Energetische Erneuerungsraten im Gebäudebereich Synthesebericht zu Gebäudehülle und Heizanlagen — 8 IEA, 2013, Technology Roadmap Energy efficient building envelopes — 9 Merkblatt SIA 2040, Ausgabe 2017. Demnach sind bis 2050 eine durch- 18 schnittliche Leistung von 2000 Watt nicht erneuerbare Primärenergie und 2 t CO2 - Äquivalent pro Person und Jahr anzustreben. Der Gebäude- bereich soll davon rund die Hälfte beanspruchen dürfen. Um die für den Gebäudebetrieb benötigte Energie in einen gesamtheitlicheren Kon- text zu stellen, berücksichtigt der «SIA-Effizienzpfad Energie» zusätzlich die in den Baustoffen und Gebäudetechnikelementen enthaltene graue Energie sowie der durch den Gebäudestandort verursachte Energieverbrauch für Mobilität. — 10 www.2000watt.swiss, Bilanzierungskonzept 2000-Watt-Gesellschaft, Stand September 2014.
Mittel- bis langfristige Prioritäten Praxis. Damit kann ein wichtiger Beitrag zur Konkreti- sierung der Debatte über «Positive Energy Districts»11 Areale und Quartiere geleistet werden. In diesem Rahmen sollen Konzepte, Um den elektrischen und thermischen Energiebedarf Prozesse, Massnahmen und Rahmenbedingungen ana- der Schweiz zukünftig weitestgehend mit lokal vorhan- lysiert, entwickelt und getestet werden. denen, erneuerbaren Energiequellen zu decken, sind ganzheitliche Lösungsansätze notwendig. Quartiere Zusätzlich bedarf es Konzepten zur Anpassung an den bzw. Areale können zu dezentralen, vernetzten Ener- Klimawandel, um Gebäude, Areale und Quartiere in giesystemen ausgebaut werden und dabei Energie- Bezug auf die globale Klimaentwicklung und lokale dienstleistungen innerhalb des jeweiligen Quartiers/ Mikroklimata im urbanen Raum (z.B. «Heat island»- Areals (inkl. Elektromobilität) oder für die dazugehö- Effekt) resilient zu gestalten. rige Region in den Bereichen Bereitstellung, Umwand- lung, Management, Speicherung und Verteilung über- Gebäude nehmen. Sie sind nicht autarke Systeme, sondern Eine weitgehende Reduktion von Energieverbrauch sollen sich als aktive Elemente in das Energiesystem und CO 2 -Emissionen bestehender Gebäude ist eine der Schweiz bzw. von Europa einfügen, als Subsysteme grosse wirtschaftliche Herausforderung, welche den im zukünftigen Energiesystem. Einbezug aller möglichen Optimierungsmassnahmen am Gebäude erfordert. Bei der energietechnischen Forschungsfragen stellen sich zu Last- und Bereitstel- Erneuerung der Gebäudehülle steigen die Kosten mit lungsflexibilität eines Areals bzw. dessen einzelner einem gewissen Grad der Verbesserung für jede Gebäude für das elektrische oder thermische Netz, zusätzlich eingesparte Energieeinheit progressiv an sowie zur Allokation dieser Flexibilitäten (örtlich und (solange Modelle zum Einbezug externer Kosten nicht zeitlich), und inwieweit dafür innovative Informations- verbindlich vorgegeben sind). Können diese Effizienz- und Kommunikationstechnologie- (IKT)-Ansätze zur steigerung und die damit verbundene CO2 -Reduktion Anwendung kommen können. mit anderen Massnahmen umweltfreundlich erreicht werden, so ist es aus volkswirtschaftlicher Sicht sinn- Weitere Forschung ist nötig, um ein zuverlässiges und voller, in Massnahmen mit geringeren Grenzkosten zu optimiertes Zusammenwirken von elektrischen, thermi- investieren. schen und Gasnetzen, Gebäuden, lokaler Energiege- winnung und Einspeisung, Speicherung und Verteilung Um diese Potenziale zu erschliessen, müssen energie- sicherzustellen. Zu entwickeln sind aber auch innova- und kosteneffiziente Systeme für die Gebäudesanie- tive Instrumente zur integralen Planung, Lösungsevalu- rung, einfache, wirkungsvolle Beratungs- und Pla- ation und -optimierung. Dazu gehören u.a. digitale nungswerkzeuge und effiziente Bauprozesse Plattformen für integratives, multidisziplinäres und kol- entwickelt werden. Auch sind günstige und perfor- laboratives Planen unter Berücksichtigung energeti- mancerobuste Konzepte für die Wohnungslüftung und scher Aspekte, ggf. unter Nutzung der Möglichkeiten weitere Gebäudetechnik notwendig. Zudem sollen die georeferenzierter Daten. Potenziale der digitalisierten, datenbasierten Gebäude- modellierung über die gesamte Wertschöpfungskette Bestehende Nachhaltigkeitsstrategien wie «2000 untersucht und demonstriert werden. Watt-Areale» oder «Smart Cities and Communities» sollen in Richtung Klimaneutralität auf Quartiersebene Bei Neubauten liegt der Fokus der Forschung auf dem weiterentwickelt werden. Von besonderer Bedeutung Energiebedarf sowie den Schadstoff- und Treibhaus- ist die Definition der «Netzdienlichkeit» auf der Ebene gasemissionen über den gesamten Lebenszyklus des von Arealen und Quartieren und die Ableitung von Gebäudes, inklusive dem grauen Energiebedarf und daraus resultierenden Optimierungsprämissen für die den damit verbundenen grauen Treibhausgasemissio- 19 11 SET-Plan Action 3.2
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