Differenzielle Auswirkungen auf die Psyche
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
PP6_2021.pdf; s37; (207.00 x 280.00 mm); 07.Jun 2021 16:20:53; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien WISSENSCHAFT Titel COVID-19-Pandemie Differenzielle Auswirkungen auf die Psyche Studien zeigen, dass pandemiebedingte Lockdowns für bestimmte Bevölkerungsgruppen zu besonders starken psychischen Belastungen führen. Einige Gruppen erfahren jedoch auch Entlastung bis hin zum posttraumatischen Wachstum. Christiane Eichenberg N eben schwierigen medizini- gen sowohl für die Erhöhung der ne, Arbeitslose und die Bevölke- schen Herausforderungen, Prävalenz psychischer Störungen rungsgruppen mit einem niedrige- die die COVID-19-Pandemie sowie für das Erleben von Einsam- ren Einkommen und mit weniger mit sich bringt, bestimmen ebenso keit mit entsprechenden Folgeer- Platz pro Person im Haushalt sowie psychische und soziale Beeinträchti- krankungen vor. Manche Bevölke- Menschen mit psychischen Erkran- gungen als Folge der Krise das öf- rungsgruppen erfahren jedoch auch kungen leiden besonders unter der fentliche Leben. Die Wissenschaft Entlastung bis hin zum sogenannten Pandemie (2). Auch Personen mit hat inzwischen weitreichende Er- Post-Traumatic-Growth. bestimmten emotionalen Grunddis- kenntnisse zu den psychischen Aus- Sowohl internationale Studien (2) positionen wie erhöhter Ängstlich- wirkungen geliefert, die vor allem als auch solche aus dem deutsch- keit oder Depressivität reagieren die Auswirkungen der pandemiebe- sprachigen Raum zeigen eine Zu- stärker auf die COVID-19-Krise (5) dingten Lockdowns beschreiben. Ei- nahme der Prävalenz psychischer sowie Menschen, deren Angehörige ne Datenbankabfrage in der interna- Störungen in der Gesamtbevölke- an COVID-19 erkrankt waren (6). tionalen medizinischen Fachlite- rung. So zeigte eine Studie der Do- ratursammlung „PubMed“ (https:// nau-Universität Krems mit einer für Höheres Risiko für pubmed.ncbi.nlm.nih.gov) illustriert, Österreich repräsentativen Stichpro- medizinisches Personal wie stark die Forschungsbemühun- be von 1 009 Menschen, dass in Ös- Auch das medizinische Personal gen sind und sich immer weiter in- terreich die Prävalenz depressiver stellt eine vulnerable Personengrup- tensivieren. So erbrachte im Novem- Symptome von etwa 4 % auf über pe dar. Wir wissen derweil aus Stu- ber 2020 der Such-Term „COVID & 20 % angestiegen sind. Eine ähnlich dien, welche Faktoren für diese Lockdown“ über 2 500 Treffer, der starke Zunahme zeigt sich laut der Fachkräfte das Risiko für die Ent- noch spezifischere Term „COVID & Studienergebnisse bei Angstsympto- wicklung einer Posttraumatischen Lockdown & Psychological Impact“ men, die sich in ihrer Prävalenz von Belastungsstörung (PTBS) erhöhen 180 Treffer. Dieselbe Suchanfrage von 5% auf 19% erhöhten (3). Zu und welche sie senken. Ein Review, im März 2021 zeigte, dass sich die ähnlichen Befunden kam eine Studie das einstige Studien aus dem SARS- Anzahl der jeweiligen Treffer in nur der Privaten Hochschule Göttingen, Ausbruch und die der aktuellen vier Monaten verdoppelte („COVID in der zudem eine Zunahme von Ess- COVID-19-Situation zusammen- & Lockdown“: über 5 000 Treffer; störungen festgestellt wurde (4). fasste (7), konnte folgende Faktoren COVID & Lockdown & Psycholo- Befragt man Psychotherapeuten ausmachen: Demnach haben Kran- gical Impact“: 450 Treffer). Insofern zum Einfluss von Lockdowns auf das kenschwestern und -pfleger ein hö- verwundert nicht, dass inzwischen psychische Befinden ihrer Patienten, heres Risiko, allerdings scheint der schon Reviews vorliegen, die die so gaben die 1 500 an, dass sich bei Grad der Exposition, das heißt die vorliegenden Befunde zusammen- 70 % ihrer Patienten negative Aus- Nähe zu den Erkrankten, die trau- fassen (zum Beispiel [1]). wirkungen zeigten, in dem sich beste- matischen Folgen wesentlich zu hende Symptome verschlimmerten moderieren. Li et al. (2020) fanden Erhöhung der Prävalenz und bereits überwundene Traumata unter 526 Krankenschwestern he- psychischer Störungen reaktiviert wurden (3). raus, dass diejenigen, die an vor- Aus der Literatur wird sichtbar, Insgesamt konnten in verschie- derster Front arbeiteten, weniger an- dass COVID-19-bedingte Lock- denen Studien übereinstimmend fällig für die Entwicklung von downs für bestimmte Bevölke- vulnerable Bevölkerungsgruppen PTBS zu sein schienen als diejeni- rungsgruppen zu besonders starken identifiziert werden, für die die psy- gen, die in der zweiten Reihe arbei- psychischen Belastungen führen. chischen Auswirkungen besonders teten (8). Erklärt wird dieser Befund Diese differenziellen Befunde lie- stark sind: Frauen, junge Erwachse- damit, dass der Eigenschutz – auch Deutsches Ärzteblatt | PP | Heft 6 | Juni 2021 277
PP6_2021.pdf; s38; (207.00 x 280.00 mm); 07.Jun 2021 16:20:53; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien WISSENSCHAFT durch die Verfügbarkeit entspre- in Österreich verglichen wurde, der Älteren (75 Jahre und älter) er- chender Schutzkleidung – dann bes- zeigte sich, dass gerade die Maß- mittelte eine spanische Studie, dass ser kontrolliert werden kann und nahmen, die auf die Reduktion von während der COVID-19-Pandemie entsprechend auch mehr innere Si- persönlichen Kontakten abzielten, 40 % von sozialer Isolation berich- cherheit bietet als diffuse Gefahren- signifikant weniger umgesetzt wur- teten, 76 % von minimalen video- situationen. Grundsätzlicher als die den. Für andere Maßnahmen, wie basierten sozialen Kontakten und Nähe zu den Patienten scheint die etwa das Tragen eines Mund- 42 % von minimalen internetbasier- persönliche Risikowahrnehmung zu Nasen-Schutzes, zeigten sich im ten Kontakten (19). Damit wird sein, sodass ein diesbezüglich regel- Zeitraum zwischen März und No- nicht nur die Entwicklung und vor mäßiges Briefing des Krankenhaus- vember 2020 hingegen das Wirk- allem Umsetzung von Maßnahmen personals empfohlen wird (9). Zu samwerden von Habituationspro- dringend notwendig, um Einsam- den Schutzfaktoren zählen zum ei- zessen in dem Sinne, dass die dies- keitserleben für die Betroffenen zu nen starke familiäre Unterstützung. bezügliche Akzeptanz zunahm (13). reduzieren, sondern auch um Folge- Eine eigene Studie (10) zeigte, dass Damit wird sichtbar, welche Maß- erkrankungen vorzubeugen. sich während des ersten Lockdowns nahmen die Bevölkerung besonders Für manche Bevölkerungsgrup- die Sorgen der österreichischen und hart treffen. Auch die Weltgesund- pe bringt die besondere Situation deutschen Bevölkerung vor allem heitsorganisation (WHO) konsta- der Pandemie jedoch auch Entlas- um die Gesundheit von Angehöri- tiert anlässlich des Internationalen tungen mit sich. Dies trifft zum Bei- gen drehten und weniger um die ei- Tages der seelischen Gesundheit spiel für Menschen mit bestimmten gene. Somit wird nachvollziehbar, im Oktober 2020 „zunehmende Ra- psychischen Störungen zu. dass auch medizinisches Personal ten an Einsamkeit, Depressionen, ihre Arbeit weniger belastet erlebt, schädlichem Alkohol- und Drogen- Psychische Entlastung bei wenn diese Ängste – nämlich durch konsum sowie selbstschädigendem bestimmten Störungen die Arbeit potenziell auch die Fami- oder suizidalem Verhalten“ (14). So ergab eine Studie, dass Kinder mit lie anstecken zu können – geteilt Studien zeigen dabei, dass sich et- ADHS sich in dieser Zeit stabilisier- und von der Familie mitgetragen wa jede 4.–6. Person einsam fühlt, ten. Befragt wurden online n = 533 wird. Ein weiterer wesentlicher wobei die Einsamkeit im Laufe der Eltern von betroffenen Kindern (20). Schutzfaktor stellt die Unterstüt- Pandemie zunimmt (15). Äquiva- Nach Angaben ihrer Eltern erlebten zung durch Vorgesetzte dar. Eine re- lent zu der Zunahme psychischer die meisten Kinder und Jugendlichen siliente Organisation, die die Grund- Erkrankungen zeigen sich auch hier eine Stabilität oder Verbesserung ih- bedürfnisse der Mitarbeiter erfasst persönlichkeitsspezifische Unter- res Wohlbefindens. Diese betrafen und die Leitung die psychosozialen schiede: Stärkere Einsamkeit zeigte zum Beispiel schulbedingte Ängste; und psychischen Bedürfnisse des sich bei Frauen, Jüngeren und bei ebenso wirkte sich die flexible An- medizinischen Personals berück- intensiverer Rezeption von CO- passung an die Rhythmen der Kinder sichtigt, wird das Risiko für psy- VID-bezogenen Medienberichten sowie ein gesteigertes Bewusstsein chische Stressbelastungen senken. sowie bei geringen Ressourcen, der Eltern für die Schwierigkeiten ih- Dazu gehört, ein starkes Stressemp- sich selbst zu beschäftigen; vorhan- rer Kinder positiv aus. finden zu normalisieren und es nicht dene Partner/Job gehen mit gerin- Eine Interviewstudie an der Sig- als „Schwäche“ oder mangelnde gerer Einsamkeit einher (16). Ein- mund Freud Privat Universität in Leistung zu kategorisieren sowie samkeitserleben ist jedoch nicht nur Berlin (21) erfasste das Erleben des besonderen Situationen wie zum subjektiv belastend, sondern geht coronabedingten therapeutischen Beispiel Triagen zu berücksichtigen, objektiv mit einer Reihe von Folge- Settingwechsels von der Präsenz- die für Mitarbeiter Hauptstressoren erkrankungen einher: Studien zeig- therapie zum Videosetting und wie- darstellen und zu moralischem Dis- ten, dass soziale Isolation und Ein- der zurück aus der Sicht von Psy- stress und moralischen Verletzun- samkeit vorzeitige Sterblichkeit, chotherapeuten und Patienten. Es gen führen (11) mit entsprechenden Depression, Herz-Kreislauf-Er- zeigte sich für die Gruppe der psychischen Auswirkungen. krankungen und kognitiven Verfall Angstpatienten, dass das Videoset- vorhersagen (17). Dabei scheint die ting durch den Wegfall der Angst Zunahme von Gefühlen der Dauer der Einsamkeit stärker mit auf dem Weg zur Praxis die Patien- Einsamkeit durch Distanz psychischen Gesundheitssympto- ten entlastete und es zudem ein of- Die COVID-19-Schutzmaßnahmen men korreliert zu sein als die Inten- feneres Ansprechen schambesetzter beinhalten unter anderem sozialkör- sität der Einsamkeit. Ein Review, Themen ermöglichte. perliche Kontakte stark zu reduzie- dass Kinder und Jugendliche in den Aber auch im nichtklinischen ren. Das bringt für viele Menschen Blick nahm, kam zu dem Ergebnis, Bereich zeigten sich Erleichterun- vielschichtige Belastungen mit dass soziale Isolation und Einsam- gen durch die pandemiebedingten sich, zu der vor allem Gefühle von keit für diese Altersgruppe das Risi- Regularien. Das Bayerische For- Einsamkeit zählen (12). In einer ei- ko für Depressionen und Angstzu- schungsinstitut für Digitale Trans- genen Studie, in der die Akzeptanz stände zum Zeitpunkt der Messung formation untersuchte Arbeitneh- der gesetzlich angeordneten Schutz- und zwischen 0,25 und 9 Jahren mer im Homeoffice in einer für maßnahmen im 1. und 2. Lockdown später erhöhen (18). Für die Gruppe deutsche erwachsene berufstätige 278 Deutsches Ärzteblatt | PP | Heft 6 | Juni 2021
PP6_2021.pdf; s39; (207.00 x 280.00 mm); 07.Jun 2021 16:20:53; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien WISSENSCHAFT Internetnutzer repräsentativen Stu- Das Ausmaß des PTG lag auf mittle- spiel Vorbelastungen und Vortrau- die (22). Insgesamt wurde nicht nur ren bis hohem Niveau und wurde matisierungen, bestimmte Quellen eine hohe Zufriedenheit mit dem beeinflusst durch Arbeitsjahre, der Stressbelastung (letale Bedro- Homeoffice angegeben. 70 % der Selbstvertrauen in die Arbeit an vor- hung, Existenzangst, häusliche Ge- Arbeitnehmenden, die Homeoffice derster Front, Risikobewusstsein, walt während des Lockdowns) bei ihrer Tätigkeit prinzipiell für psychologisches Training und ab- ebenso wie Umweltfaktoren (zum möglich halten, wünschen sich zu- sichtliches Grübeln. Die Autoren Beispiel Be- oder Entlastung durch dem, dass die Arbeitgeberseite da- kommen zu dem Schluss, dass Trai- soziale Medien und Berichterstat- für mehr Möglichkeiten nach der nings des Personals notwendig sind, tung) (29) sind mit der Entwick- COVID-19-Krise schafft, als dies um PTG zu fördern, in dem zum lung einer pandemischen Stress- zuvor der Fall war. Beispiel das bewusste Grübeln über belastung assoziiert. Gleichzeitig Nach Durchsicht der aktuellen die pandemische Situation gefördert wissen wir inzwischen auch, wel- Forschungsliteratur fällt auf, dass wird. Weitere Studien versuchten, che Faktoren die Bewältigung die- die Untersuchungen zu den Belas- Persönlichkeitsfaktoren zu identifi- ser Situation oder ein PTG fördern. tungen, die durch die Pandemie er- zieren, die PTG in der pandemi- fahren werden, dominieren. Bisher schen Krise fördern. Hier zeigte sich Belastungsreaktionen völlig ungeklärt ist hingegen, wie beispielsweise die emotionale Krea- zeigen sich zeitversetzt Gruppen, die psychisch im Lock- tivität als relevant, die sich auf eine Wichtig zu wissen ist, dass die Risi- down Entlastung erfahren haben, Reihe von kognitiven Fähigkeiten kogruppe in der COVID-19-Pande- mit dieser Erfahrung umgehen, ganz und Persönlichkeitsmerkmalen be- mie einen Prozess entwickelt, der persönlich aber auch im Umgang zieht, die mit der Originalität von sich durch psychische, psychosoma- mit Präventionsmaßnahmen zum emotionalem Erleben und Ausdruck tische und somatopsychische Be- gesamtgesellschaftlichen Schutz von zusammenhängen (25). Weitere Un- schwerden auszeichnet. In der Re- COVID-19. Der bisherige Fokus der tersuchungen analysieren den Ein- gel zeigen sich solche Beschwerden Studien auf belastete Personengrup- fluss von Spiritualität und Religion zeitversetzt, das heißt 3–6 Monate pen muss demnach um solche, die (26) oder fanden, dass Frauen häufi- nach dem Abklingen eines akuten Entlastung erfahren haben, ergänzt ger PTG erleben als Männer (27). Ereignisses. Wesentlich ist, die Be- werden, um auch für diese Gruppen Dies bestätigten auch Stellard et al. völkerung über diese zeitversetzten spezifische Hilfsmaßnahmen anbie- (28), die 385 Betreuende von Kin- Belastungsreaktionen aufzuklären, ten zu können, gerade weil diese dern, vorwiegend Mütter, befragten, damit Betroffene sie einordnen Gruppe, die entgegen der gesamtge- von denen 88,6 % angaben, dass die können. Gleichzeitig muss sich das sellschaftlichen Sorgen sich entlas- COVID-19-Pandemie positive Aus- Gesundheitssystem auf diese psy- tet fühlt, potenziellem Unverständ- wirkungen hatte, die sich am häu- chische Belastung eines nicht unbe- nis ausgesetzt ist. figsten auf folgende Bereiche des achtlichen Teils der Bevölkerung posttraumatischen Wachstums bezo- einstellen und entsprechende Ver- Posttraumatisches Wachstum gen: verbesserte Beziehungen, eine sorgungsressourcen zur Verfügung nach der Krise größere Wertschätzung des Lebens, haben. Genauso wichtig scheint, die Posttraumatisches Wachstum be- das Entdecken neuer Möglichkeiten vorliegenden Erkenntnisse zum schreibt das Ergebnis nach trauma- und eine positive spirituelle Verän- PTG zu kommunizieren, in psycho- tischen Erlebnissen, wenn Men- derung. logische Trainings umzusetzen und schen nicht daran zerbrechen, son- Aus der vorhandenen Literatur in der gesamtgesellschaftlichen Prä- dern dadurch langfristig Kraft wird sichtbar, dass sich die bisheri- ventionsstrategie von psychischen schöpfen und sogar zufriedener le- gen Erkenntnisse der psychosozia- Auswirkungen der Pandemie die ben. In dem Buch „Post traumatic len Notfallversorgung auch auf die Befunde zu den persönlichkeitsspe- growth“ (PTG) werden Theorie, COVID-19-Krise anwenden las- zifischen Risikofaktoren, Ressour- Phasen des posttraumatischen sen. Demnach bringt die COVID- cen und Coping-Stilen in entspre- Wachstums und Bedingungen näher 19-Pandemie differenzielle Aus- chend differenzierte Maßnahmen beschrieben (23). Somit ist nahe- wirkungen mit sich, die von psy- umzusetzen. liegend, dass Studien auch dieses chischer Belastung, Entlastung bis Phänomen in Zeiten der COVID- hin zu PTG reichen. Das heißt, es █ Zitierweise dieses Beitrags: 19-Pandemie untersuchen, die mit zeichnen sich verschiedene Kon- PP 2021; 19 (6): 2779 einem traumatischen Potenzial für trastgruppen ab: Es müssen Grup- die Allgemeinbevölkerung, aber pierungen, die die Krise gut bewäl- Anschrift der Verfasserin: Univ.-Prof. Dr. phil. habil. Christiane Eichenberg, auch für bestimmte vulnerable tigen oder sich sogar im Sinne ei- Psychologische Psychotherapeutin, Gruppen verbunden ist. nes PTG entwickeln, unterschieden Institut für Psychosomatik, Fakultät für Medizin So wurde das PTG zum Beispiel werden von Gruppierungen, die als der Sigmund Freud PrivatUniversität Wien, eichenberg@sfu.ac.at, www.sfu.ac.at bei 167 Krankenschwestern, die an Risikogruppe zusammengefasst www.christianeeichenberg.de vorderster Front mit der Versorgung werden. Bestimmte soziodemogra- von COVID-19-Patienten betraut fische und weitere prädispositio- Literatur im Internet: waren, in China untersucht (24). nierende Faktoren wie zum Bei- www.aerzteblatt.de/pp/lit0621 Deutsches Ärzteblatt | PP | Heft 6 | Juni 2021 279
WISSENSCHAFT Zusatzmaterial, PP 6/2021, zu: COVID-19-Pandemie Differenzielle Auswirkungen auf die Psyche Studien zeigen, dass pandemiebedingte Lockdowns für bestimmte Bevölkerungsgruppen zu besonders starken psychischen Belastungen führen. Einige Gruppen erfahren jedoch auch Entlastung bis hin zum posttraumatischen Wachstum. Christiane Eichenberg Literatur 9. Wesemann U, Willmund GD: Schutz der gical Distress During the Lock-Down Period 1. Rajkumar RP: COVID-19 and mental he- mentalen Fitness von Einsatzkräften und of COVID-19. J Gerontol B Psychol Sci Soc alth: A review of the existing literature. Asian medizinischem Personal in einer pandemi- Sci 18. Januar 2021; 76 (2): e10–6. journal of psychiatry 1. August 2020; 52: schen Krise. Die Psyche in Zeiten der Coro- 17. Smith BJ, Lim MH: How the COVID-19 pan- 102066. na-Krise: Herausforderungen und Lösungs- demic is focusing attention on loneliness ansätze für Psychotherapeuten und soziale and social isolation. Public Health Res 2. Eichenberg C: Psychische Belastungen und Helfer. Stuttgart: Klett-Cotta 2021; 333–45. Coping im Lockdown. In: Bering R, Eichen- Pract 30. Juni 2020; 30 (2): 3022008. berg C (eds.): Die Psyche in Zeiten der Co- 10. Eichenberg C, Grossfurthner M, Andrich J, 18. Loades ME, Chatburn E, Higson-Sweeney rona-Krise. Herausforderungen und Lö- Hübner L, Kietaibl S, Holocher-Benetka S: N, Reynolds S, Shafran R, Brigden A, Lin- sungsansätze für Psychotherapeuten und The Relationship Between the Implementa- ney C, McManus MN, Borwick C, Crawley soziale Helfer. Stuttgart: Klett-Cotta 2021; tion of Statutory Preventative Measures, E: Rapid Systematic Review: The Impact of 91–108. Perceived Susceptibility of COVID-19, and Social Isolation and Loneliness on the Men- Personality Traits in the Initial Stage of Co- tal Health of Children and Adolescents in 3. Pieh C, Budimir S, Probst T: The effect of rona-Related Lockdown: A German and age, gender, income, work, and physical the Context of COVID-19. J Am Acad Child Austrian Population Online Survey. Fron- Adolesc Psychiatry November 2020; 59 activity on mental health during coronavirus tiers in psychiatry 27. Januar 2021; 12: 20. disease (COVID-19) lockdown in Austria. (11): 1218–39.e3. Journal of psychosomatic research. 1. Sep- 11. Kreh A, Brancaleoni R, Magalini SC, Chieffo 19. Kotwal AA, Holt-Lunstad J, Newmark RL, tember 2020; 136: 110186. DP, Flad B, Ellebrecht N, Juen B: Ethical Cenzer I, Smith AK, Covinsky KE, Escueta and psychosocial considerations for hospi- DP, Lee JM, Perissinotto CM: Social Isola- 4. Nachrichten Informationsdienst Wissen- tal personnel in the Covid-19 crisis: Moral schaft (2020): Forschungsprojekte: Studie tion and Loneliness Among San Francisco injury and resilience. Plos one 2. April 2021; Bay Area Older Adults During the COVID- an der PFH Göttingen: Symptombelastung 16 (4): e0249609. bei Depressivität verfünffacht während Co- 19 Shelter-in-Place Orders. J Am Geriatr rona-Kontaktbeschränkungen. 2. Juni 2021. 12. Beck V: You can say you to me – Subjektivi- Soc Januar 2021; 69 (1): 20–9. Abrufbar unter: https://nachrichten.idw-on tät und Sozial-körperliche Distanz in Zeiten 20. Bobo E, Lin L, Acquaviva E, Caci H, Franc line.de/2020/06/02/studie-an-der-pfh-goet der Corona-Pandemie. In: Bering R, Ei- N, Gamon L, Picot MC, Pupier F, Speranza tingen-symptombelastung-bei-depressivita- chenberg C (eds.): Die Psyche in Zeiten der M, Falissard B, Purper-Ouakil D: Comment et-verfuenffacht-waehrend-corona-kontakt- Corona-Krise. Herausforderungen und Lö- les enfants et adolescents avec le trouble beschraenkungen/ (last accessed on 6 May sungsansätze für Psychotherapeuten und déficit d’attention/hyperactivité (TDAH) vi- 2021). soziale Helfer Stuttgart: Klett-Cotta 2021; vent-ils le confinement durant la pandémie 151–62. COVID-19 ? (How do children and adoles- 5. Moccia L, Janiri D, Pepe M, Dattoli L, Moli- naro M, De Martin V, Chieffo D, Janiri L, 13. Eichenberg C, Großfurthner M, Andrich J, cents with Attention Deficit Hyperactivity Fiorillo A, Sani G, Di Nicola M: Affective Holocher-Benetka S: Erleben und Verhalten Disorder [ADHD] experience lockdown du- temperament, attachment style, and the der Bevölkerung im pandemischen Verlauf: ring the COVID-19 outbreak?) Encephale psychological impact of the COVID-19 out- Eine Online-Befragungsstudie in Österreich Juni 2020; 46 (3S): S85–92. French. break: an early report on the Italian general während des ersten und zweiten Lock- 21. Leukhardt A, Heider M, Reboly K, Franzen population. Brain, behavior, and immunity downs (under review). G, Eichenberg C: Videobasierte Behandlun- 1. Juli 2020; 87: 75–9. 14. Weltgesundheitsorganisation (WHO) (o.A.): gen in der psychodynamischen Psychothe- 6. Vindegaard N, Benros ME: COVID-19 pan- Psychische Gesundheit und COVID-19. Ab- rapie in Zeiten der COVID-19-Pandemie: demic and mental health consequences: rufbar unter: https://www.euro.who.int/de/ Eine Interviewstudie mit Psychotherapeuten Systematic review of the current evidence. health-topics/health-emergencies/coronavi- und Patienten under review. Brain, behavior, and immunity 1. Oktober rus-covid-19/publications-and-technical-gui- 22. Stürz RA, Hemmler A: Corona und Home- 2020; 89: 531–42. dance/noncommunicable-diseases/mental- office: Verbreitung, Akzeptanz und Folgen health-and-covid-19 (last accessed on 6 von Homeoffice. In: Bering R, Eichenberg C 7. Carmassi C, Foghi C, Dell’Oste V, Cordone May 2021). A, Bertelloni CA, Bui E, Dell’Osso L: PTSD (eds.): Die Psyche in Zeiten der Corona-Kri- symptoms in healthcare workers facing the 15. Killgore WDS, Cloonan SA, Taylor EC, Lu- se. Herausforderungen und Lösungsansät- three coronavirus outbreaks: What can we cas DA, Dailey NS: Loneliness during the ze für Psychotherapeuten und soziale Hel- expect after the COVID-19 pandemic. Psy- first half-year of COVID-19 Lockdowns. fer. Stuttgart: Klett-Cotta: 2021; 139–50. chiatry research 20. Juli 2020: 113312. Psychiatry Res Dezember 2020; 294: 23. Tedeschi RG, Shakespeare-Finch J, Taku 113551. K, Calhoun LG: Posttraumatic growth: 8. Huang C, Wang Y, Li X, Ren L, Zhao J, Hu Y, Zhang L, Fan G, Xu J, Gu X, Cheng Z: 16. Losada-Baltar A, Jiménez-Gonzalo L, Galle- Theory, research, and applications. Rout- Clinical features of patients infected with go-Alberto L, Pedroso-Chaparro MDS, Fer- ledge 12. Juni 2018. 2019 novel coronavirus in Wuhan, China. nandes-Pires J, Márquez-González M: „We 24. Cui PP, Wang PP, Wang K, Ping Z, Wang P, The Lancet 15. Februar 2020; 395 (10223): Are Staying at Home.“ Association of Self- Chen C: Post-traumatic growth and influen- 497–506. perceptions of Aging, Personal and Family cing factors among frontline nurses fighting Resources, and Loneliness With Psycholo- against COVID-19. Occup Environ Med 4 Deutsches Ärzteblatt | PP | Heft 6 | Juni 2021
WISSENSCHAFT Februar 2021; 78 (2): 129–35. 25. Zhai HK, Li Q, Hu YX, Cui YX, Wei XW, Zhou X: Emotional Creativity Improves Posttraumatic Growth and Mental Health During the COVID-19 Pandemic. Front Psy- chol 3. März 2021; 12:600798. 26. Prieto-Ursúa M, Jódar R: Finding Meaning in Hell. The Role of Meaning, Religiosity and Spirituality in Posttraumatic Growth Du- ring the Coronavirus Crisis in Spain. Front Psychol 5. November 2020; 11: 567836. 27. Kalaitzaki A: Posttraumatic symptoms, post- traumatic growth, and internal resources among the general population in Greece: A nation-wide survey amid the first COVID-19 lockdown. Int J Psychol 3. März 2021; 10.1002/ijop.12750. 28. Stallard P, Pereira AI, Barros L: Post-trau- matic growth during the COVID-19 pande- mic in carers of children in Portugal and the UK: cross-sectional online survey. BJPsych Open 20. Januar 2021; 7 (1): e37. 29. Bering R, Schedlich C, Zurek G: Psychoso- ziale und psychotherapeutische Hilfen bei pandemischer Stressbelastung. In: Bering R, Eichenberg C (eds.): Die Psyche in Zei- ten der Corona-Krise. Herausforderungen und Lösungsansätze für Psychotherapeu- ten und soziale Helfer. Stuttgart: Klett-Cotta 2021; 48–62. Deutsches Ärzteblatt | PP | Heft 6 | Juni 2021 5
Sie können auch lesen