Epidemiologisches Bulletin 20 2021 - RKI

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AKTUELLE DATEN UND INFORMATIONEN
               ZU INFEKTIONSKRANKHEITEN UND PUBLIC HEALTH

  20 Epidemiologisches
2021 Bulletin
20. Mai 2021

               Antigentests: Bewertung und
               Kommunikation | COVID-19 in der 1. Welle,
               Untersuchung in Hamburger Familien
Epidemiologisches Bulletin          20 | 2021       20. Mai 2021                                                          2

  Inhalt

  Kommunikationsempfehlungen zur Verbesserung des Verhaltens bei der Verwendung
  von PoC Antigen-Schnelltests und Selbsttests                                                                                 3
  Die breitere Anwendung von Antigentests zum Auffinden einer akuten Infektion mit SARS-CoV-2 beinhaltet
  Chancen, aber auch Risiken und Limitationen. Die Tests können als einer von mehreren Bausteinen zur
  ­Pandemiekontrolle beitragen, indem sie die Erkennung von Infektionen und somit die Unterbrechung von
   Infektionsketten ermöglichen – insbesondere durch wiederholte, engmaschige Testungen derselben Perso-
   nen. Der Beitrag fasst die wichtigsten Aspekte zusammen und gibt evidenzbasierte Tipps zur Kommunika­
   tion rund um die PoC Antigen-Schnelltests und Selbsttests.

  (Dieser Beitrag erschien online vorab am 17. Mai 2021.)

  COVID-19 in der 1. Welle in Hamburg-Eimsbüttel: pädiatrische Fälle, familiäre Cluster
  und Transmissionsrichtung                                                                                                   11
  Um den Verlauf von COVID-19-Erkrankungen bei Kindern und ihre Rolle bei der Übertragung von S  ­ ARS-CoV-2
  innerhalb der Familie besser zu verstehen, wurden Daten des Gesundheitsamtes Eimsbüttel für den Zeitraum
  1. März bis 16. Mai 2020 analysiert. Während dieses Zeitraums waren bundesweit Schulen und Kindergärten
  überwiegend geschlossen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Mehrheit der Fälle bei Kindern und Jugendlichen
  der Altersgruppe 10 bis 17 Jahre auftraten, während Kinder im Kindergartenalter vergleichsweise weniger an-
  fällig waren. In den meisten Fällen lag eine positive Reiseanamnese vor. Im Erkrankungsfall wiesen sowohl
  Kinder als auch Erwachsene Fieber, Husten oder Kopf- und Gliederschmerzen als häufigste Symptome auf.
  Fast ein Fünftel der Kinder war jedoch asymptomatisch.

  Aktuelle Statistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten: 19. Woche 2021                                                   22

  Impressum
  Herausgeber                                                      Allgemeine Hinweise/Nachdruck
  Robert Koch-Institut                                             Die Ausgaben ab 1996 stehen im Internet zur Verfügung:
  Nordufer 20, 13353 Berlin                                        www.rki.de/epidbull
  Telefon 030 18754 – 0
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  Redaktion                                                        die Meinung des Robert Koch-Instituts wider.
  Dr. med. Jamela Seedat
  Dr. med. Maren Winkler (Vertretung)                              Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons
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  Nadja Harendt (Redaktionsassistenz)
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  Claudia Paape, Judith Petschelt (Vertretung)                     ISSN 2569-5266
  E-Mail: EpiBull@rki.de

         Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.
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  Kommunikationsempfehlungen zur Verbesserung
  des Verhaltens bei der Verwendung
  von PoC Antigen-Schnelltests und Selbsttests

  Die breitere Anwendung von Antigentests zum Auf-                  Infektionsketten ermöglichen (s. Abb. 1) – insbeson-
  finden einer akuten Infektion mit Severe Acute Res-               dere durch wiederholte, engmaschige Testungen
  piratory Syndrome Corona Virus 2 (SARS-CoV-2) be-                 derselben Personen.2
  inhaltet Chancen, aber auch Risiken und Limitatio-
  nen.1 Die Tests können unter weiterer Einhaltung                  Antigentests werden unterteilt in Point of Care (PoC)
  der bestehenden Verhaltensregeln (Abstand –                       Antigen-Schnelltests (durchgeführt durch geschul-
  ­Hygie­ne – Alltag mit Maske – Lüften; AHA+L-                     tes Personal im Testzentrum, mit anschließendem
   Regel) als einer von mehreren Bausteinen zur Pan-                Ergebniszertifikat) und Selbsttests, die in Eigenan-
   demiekontrolle beitragen, indem sie die Erkennung                wendung durchgeführt werden. Für die erst seit
   von Infektionen und somit die Unterbrechung von                  Kurzem erhältlichen Selbsttests wird in der Regel

   Wie können Corona-Schnelltests und -Selbs�ests die Ausbreitung des Virus bremsen?

   Wenn der R-Wert bei 1,1 liegt, stecken 100 Infizierte 110 weitere Personen an (exponen�elles Wachstum):

                Infizierte Person
                Angesteckte Person

                                                                               Ansteckung

   Wenn es mit den Tests wiederholt gelingt, beispielsweise 27 von 100 Infizierten rechtzei�g zu isolieren und weitere
   Ansteckungen zu verhindern, sinkt der R-Wert auf 0,8, d.h. 100 Infizierte stecken 80 weitere Personen an.

                                                                               Ansteckung
              Isola�on

  Wenn der R-Wert dauerha� unter 1 gehalten werden kann, wird die Ausbreitung des Virus gebremst.

  Abb. 1 | Unterbrechen von Infektionsketten mit Antigentests. Diese Grafik illustriert, wie die Ausbreitung von SARS-CoV-2 mit
  Antigentests verlangsamt werden kann, wenn die Tests als ergänzende Maßnahme zur Pandemieeindämmung eingesetzt werden.
  Wird ein bedeutender Anteil an Personen mit positivem Testergebnis rasch isoliert (unten), kann die Verbreitung verlangsamt
  werden, da die isolierten Personen keine weiteren Personen mehr anstecken. Dadurch sinkt der R-Wert. Das geschieht besonders
  effektiv, wenn die Kontakte der positiv Getesteten schnell identifiziert werden und sich in Quarantäne begeben.
Epidemiologisches Bulletin                  20 | 2021             20. Mai 2021                                                                          4

  das Testkit für den neuen Anwendungsbereich                                       Menschen sind eher bereit, Tests zu nutzen, wenn
  (Durchführung durch geschultes Personal vs.                                       sie kostengünstig und einfach zu handhaben sind
  Eigen­anwendung) neu registriert, während das                                     oder wenn sie sich davon versprechen, bei niedrigen
  Testprinzip dasselbe bleibt. Dadurch ergeben sich                                 Infektionsraten, Zugang zum öffentlichen und so-
  Fragen zur Bereitschaft der Bevölkerung, derartige                                zialen Leben zu bekommen.4 Sie brauchen jedoch
  Tests zu nutzen, zu ihrem Verständnis von Tester-                                 dringend Informationen darüber, was ein Testergeb-
  gebnissen und zu den psychologischen und verhal-                                  nis bedeutet und wie sie sich entsprechend des Er-
  tensbezogenen Konsequenzen von positiven und                                      gebnisses verhalten sollen, damit PoC Antigen-
  negativen Testergebnissen. Zur Beantwortung die-                                  Schnell- und Selbsttests erfolgreich zum Pandemie-
  ser Fragen wurden fünf Querschnittsdatenerhebun-                                  management beitragen. Hier fassen wir weitere Er-
  gen des COVID-19 Snapshot Monitorings3 (COSMO)                                    gebnisse zusammen und leiten auf dieser Basis ab,
  zwischen Dezember 2020 und April 2021 mit ins-                                    wie diese Informationen am besten kommuniziert
  gesamt über 5.000 Teilnehmenden aus Deutsch-                                      werden sollten.
  land durchgeführt. An jeder Datenerhebung nah-
  men rund 1.000 Personen teil und es wurde jeweils                                 Laut Zweiter Verordnung zur Änderung der
  eine repräsentative Verteilung der Befragten zwi-                                 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung müssen Ar-
  schen 18 – 74 Jahren nach Alter und Geschlecht                                    beitgeberinnen und Arbeitgeber ihren Beschäftig-
  ­sowie Bundesland auf Basis der Zensusdaten aus                                   ten, soweit diese nicht ausschließlich in ihrer Woh-
   Deutschland angestrebt.                                                          nung arbeiten, mindestens ein- bzw. zweimal pro
                                                                                    Woche ein Testangebot machen.5 Grundsätzlich
  Die Mehrheit der Teilnehmenden war bereit, PoC                                    könnten engmaschige wiederholte Testungen in Ar-
  Antigen-Schnelltests durchführen zu lassen oder                                   beitsstätten den Anteil der Bevölkerung erhöhen, der
  Selbsttests anzuwenden. Ende März 2021 waren                                      regelmäßig an einem Screening teilnimmt. Noch
  72 % (n = 729 von N = 1.014) der Teilnehmenden be-                                wird diese Möglichkeit eher wenig genutzt, wie Da-
  reit, sich zweimal wöchentlich zu testen, um zu ei-                               ten von Ende April 2021 (N = 997) zeigen: 56 % der
  nem Screening beizutragen, mit dem ansteckende                                    Teilnehmerinnen und Teilnehmer gaben an, schon
  Personen schneller erkannt werden.                                                einmal einen PoC Antigen-Schnell- oder Selbsttest

         A) Testnutzung über die Zeit                                                                                                                              C) Wurde Ihn
         Haben Sie schon einmal einen Corona−Schnelltest durchführen lassen?                                                                                       (z.B. wöchen
                                                                                                                                                                   Ausgewertet fü
         Der Anteil der Befragten, die schon mal einen Test gemacht haben, stieg von 13,7% im Dezember 2020                                                        im Homeoffice
         auf 55,9% im April 2021. Erfasst für das Gesamtsample der jeweiligen Erhebungswellen.                                                                     Erhebung vom
  100%                                                                                                                                                      100%

                                                                                                                                                            75%

                                                                                                                                                            50%
   50%

                                                                                                                                                            25%

                                                                                                                                                             0%
    0%
            15.12.20      22.12.20     29.12.20        12.01.21   26.01.21    09.02.21      23.02.21     09.03.21        23.03.21     06.04.21   20.04.21

  Abb. 2B)|Berufliche   Kontakte und
            Schnelltestnutzung.         Testmöglichkeiten
                                      2A:  Der Anteil der Personen, die schon einmal einen Antigentest durchgeführt haben, ist seit Mitte                          D) Nehmen S
        Anteil der Befragten, der angibt mit 0 bis >15 Personen täglich so Kontakt zu haben, dass eine Ansteckung möglich wäre.                                    Testmöglichk
  Dezember      stetig  gestiegen   (zwischen      Ende Dezember 2020 und Mitte Februar 2021 wurden hierzu keine Daten erhoben).
        Definiert als weniger Abstand als 1,50 m, keine Maske, länger als 15 min. in geschlossenem Raum unter allen Befragten,                                     Ausgewertet fü
         für die Homeoffice grundsätzlich möglich wäre. Erhebung vom 20.04.21. n = 566 von N=994                                                                   Erhebung vom
                                                                                                                                                            100%
                                       1: Regelmäßig                                                                2: Unregelmäßig
  100%
50%

                                                                                                                                                                                                                       25%
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                                                                                                                                                                                                                        0%
                               0%
                                        15.12.20        22.12.20         29.12.20        12.01.21            26.01.21     09.02.21         23.02.21        09.03.21         23.03.21      06.04.21         20.04.21

                                    B) Berufliche Kontakte und Testmöglichkeiten                                                                                                                                              D) Nehmen S
                                    Anteil der Befragten, der angibt mit 0 bis >15 Personen täglich so Kontakt zu haben, dass eine Ansteckung möglich wäre.                                                                   Testmöglich
                                    Definiert als weniger Abstand als 1,50 m, keine Maske, länger als 15 min. in geschlossenem Raum unter allen Befragten,                                                                    Ausgewertet fü
                                    für die Homeoffice grundsätzlich möglich wäre. Erhebung vom 20.04.21. n = 566 von N=994                                                                                                   Erhebung vom
                                                                                                                                                                                                                       100%
                                                                         1: Regelmäßig                                                                                2: Unregelmäßig
                            100%

                                                                                                                                       C) Wurde Ihnen ein Angebot für regelmäßige
chnelltest durchführen lassen?                                                                                                         (z.B. wöchentliche) Tests gemacht?
                                                                                                                                                             50%die nicht ausschließlich
                                                                                                                                       Ausgewertet für Befragte,                                                       75%
                           50%
st gemacht haben, stieg von 13,7% im Dezember 2020                     33%                                                             im Homeoffice arbeiten.
ample der jeweiligen Erhebungswellen.                                                                               31%                Erhebung vom 20.04.21. n = 574 von N=994
                                                                                       20%                                                                                                                                           60%
                                                                                                                               100%                                                                          19%
                                                                                                                                  10%                                            13%
                                                           4%                                           8%                                            6%
                                           4%                                                                                                                                                    2%
                               0%                                                                                                                                                                                      50%
                                                                             3: Nein                                                                                  Keine Angabe
                            100%
                                                                                                                                75%
                                                                                                                                                            65%
                                                                                                                                                                                                                       25%
                              50%                                      43%
                                                                                                                                50%                               31%
                                                                                       23%                                                                                       20%                         22%
                                                                                                                    16%              15%
                                           9%                                                           7%                                            9%                                          35%
                                                           2%                                                                                                                                    3%                     0%
                               0%                                                                                                                                                                                                Regelmäß
                                            0              1           2−5             6−10         11−15           >15                0              1           2−5            6−10         11−15          >15                   n = 224
                                                                                                                                 25%
                                                                                                                          Personen

                            Abb. 2 | Schnelltestnutzung. 2B: Personen, die regelmäßig am Arbeitsplatz testen, haben viele Kontakte. Trotzdem finden auch
                            ohne Tests berufliche Kontakte statt.
                                                                                                                                 0%
                                                                                                                                                             Ja                                   Nein
 01.21        26.01.21     09.02.21        23.02.21        09.03.21       23.03.21           06.04.21         20.04.21                                     n = 373                               n = 201

eiten                               C) Wurde Ihnen ein Angebot für regelmäßige                                                         D) Nehmen Sie diese COVID−19
                                  (z.B.dass
rsonen täglich so Kontakt zu haben,      wöchentliche)
                                            eine AnsteckungTests  gemacht?
                                                               möglich   wäre.                                                         Testmöglichkeit in Anspruch?
Maske, länger als 15 min. in geschlossenem
                                  Ausgewertet Raum
                                                 für unter allen
                                                     Befragte,   Befragten,
                                                               die nicht ausschließlich                                                Ausgewertet für Befragte mit Testangebot
Erhebung vom 20.04.21. n = 566 im vonHomeoffice
                                        N=994      arbeiten.                                                                           Erhebung vom 20.04.21. n = 373 von N=994
                                  Erhebung vom 20.04.21. n = 574       von N=994                                               100%
                                                                  2: Unregelmäßig
                            100%

                                                                   50%                                                          75%
                             75%
                     31%                               65%
                                                                                                                                                 60%
                                                                                                                19%
                                      10%                                        13%
         8%                                           6%                                         2%
                                                                                                                                50%
                             50%
                                                                      Keine Angabe

                                                                                              35%

                                                                                                                                25%                                   24%
                             25%

                                                                   31%                                                                                                                  10%
                                                                                 20%                            22%                                                                                          6%
                     16%              15%
         7%                                           9%
                              0%                                                                  3%                             0%
                                                        Ja                                    Nein                                           Regelmäßig        Unregelmäßig              Nein         Keine Angabe
21        20.04.21
        11−15        >15               0              n1= 373      2−5          6−10         n =11−15
                                                                                                 201             >15                           n = 224            n = 89                n = 38            n = 22
                           Personen

                            Abb. D)
                                 2 |Nehmen
                                    Schnelltestnutzung.   2C: Etwa 65 % der Beschäftigten wurde am Arbeitsplatz schon einmal ein Testangebot gemacht.
                                            Sie diese COVID−19
                                 Testmöglichkeit
                            2D: Davon            in Anspruch?
                                       machen wiederum     etwa 60 % regelmäßige Tests.
                                    Ausgewertet für Befragte mit Testangebot
                                    Erhebung vom 20.04.21. n = 373 von N=994
                            100%

                            gemacht zu haben. Dieser Anteil war seit Mitte De-                                                 beruflichen Kontakte ist u. a. höher in systemrelevan-
                            zember 2020 stetig gestiegen (s. Abb. 2A). Etwa 65 %                                               ten Berufen, sie geht ebenfalls mit einer höheren
                            der
                             75% Beschäftigten wurde am Arbeitsplatz schon ein-                                                Testfrequenz einher. Trotzdem finden viele berufli-
                            mal ein Testangebot gemacht (s. Abb. 2C). Von die-                                                 che Kontakte ohne regelmäßige Tests statt (s. Abb.  2B
                                       60%
              19%           ser Gruppe nahmen wiederum etwa 60% regelmä-                                                       unten) und bergen daher ein erhöhtes Risiko für
%
                            ßig
                             50% Tests in Anspruch (s. Abb. 2D). Die Anzahl der                                                eine Übertragung einer SARS-CoV-2-­Infektion.6

                             25%                                24%
Epidemiologisches Bulletin               20 | 2021           20. Mai 2021                                                                      6

                     Neben der noch eher geringfügigen Nutzung in Ar-                        aus der Praxis lassen vermuten, dass sich die Emp-
                     beitsstätten hat die COSMO-Studie aufgezeigt, dass                      findlichkeit von Antigentests in der vorsymptomati-
                     Unsicherheiten über das richtige Verhalten nach ei-                     schen und frühsymptomatischen Zeit noch aufbaut
                     nem Selbsttest bestehen, was auf einen dringenden                       und erst nach etwa ein bis zwei Symptomtagen op-
                     Kommunikationsbedarf hinweist.4 So neigen Men-                          timal ist.8 – 10 Hinzukommt, dass die korrekte Aussa-
                     schen nach einem negativen Testergebnis mögli-                          ge eines Tests immer auch von der Qualität der Pro-
                     cherweise eher dazu, auf das Tragen einer Maske zu                      bennahme abhängt. Diese ist bei Selbsttestung
                     verzichten und sich nicht an die Abstandsregeln zu                      nicht immer optimal. Bei einem wenig sensitiven
                     halten. Dieser Effekt könnte sich sogar in bestimm-                     Antigentest ist die Wahrscheinlichkeit eines falsch
                     ten sozialen Situationen verstärken: Die Befragten                      negativen Ergebnisses bei suboptimaler Probennah-
                     gaben an, sich besonders vor einem Treffen mit Fa-                      me groß. Die Verlässlichkeit von Antigentests steigt,
                     milie oder Freundeskreis testen zu wollen. Hier                         wenn sie seriell, z. B. in einem Abstand von zwei
                     zeigten frühere Daten, dass bei Treffen mit naheste-                    oder drei Tagen eingesetzt werden (s. Abb. 4), oder
                     henden Personen die Regeln ohnehin weniger                              noch besser an zwei von drei aufeinanderfolgenden
                     streng eingehalten werden.7 Auch wurde in der Stu-                      Tagen bzw. alle 48 Stunden. Diese Tatsachen müs-
                     die gezeigt, dass zwei Drittel der Befragten dachte,                    sen in der Begleitkommunikation zu den Tests her-
                     dass ein negativer Test bedeutet, dass sie am nächs-                    vorgehoben werden. Ein Beispiel hierfür findet sich
                     ten Tag niemanden anstecken können. Aber je mehr                        auf der Webseite des Robert Koch-Instituts (RKI).
                     Zeit seit dem Test vergangen ist, desto mehr steigt                     Serielle Testungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit
                     das Risiko, trotz negativem Testergebnis ansteckend                     eines korrekten Testergebnisses (Aussagekraft) von
                     zu sein (s. Abb. 3). Gerade in der Frühphase der In-                    Antigen-Schnelltests. Eine wiederholte Testung der-
                     fektion können Personen zudem schon ansteckend                          selben Person in kurzen Zeitabständen erhöht die
                     sein, obwohl der Test noch kein positives Ergebnis                      Wahrscheinlichkeit, den Zeitraum zu treffen, in dem
                     zeigt. Vorliegende Studien und Erfahrungswerte                          Nachweise per Antigentest möglich sind, und kann
                  An�gen-Testergebnisse bilden eine Momentaufnahme ab
    An�gen-Testergebnisse
  An�gen-Testergebnisse
         An�gen-Testergebnisse    bilden
                                 bilden   eineeine
                                      bilden
                                         eine   Momentaufnahme
                                              Momentaufnahme   abab ab
                                                   Momentaufnahme                            somit zur Reduzierung des allgemeinen Infektions-
                  An�gen-Testergebnisse
                  Risiko andere               bilden eine Momentaufnahme ab
                  An�gen-Testergebnisse bilden eine Momentaufnahme ab
                  anzustecken                                                                geschehens beitragen. Dies kommt insbesondere in
                        Tage

An�gen-Testergebnisse
    Risiko
  Risiko   andere
         Risiko
         andere andere       bilden eine Momentaufnahme ab
                  Risiko andere
       anzustecken
     anzustecken
           anzustecken
                   hohes
                   anzustecken                                                               Situationen zum Tragen, in denen Hygienemaßnah-
                   Risiko andere
                   Risiko
Risiko andere
       hohes
     hohes
anzustecken
            hohes  anzustecken
                   hohes                                                                     men nicht in jedem Fall optimal umgesetzt werden
       Risiko
     Risiko Risiko
                        2 Tage nach

                   Risiko
                   hohes                                                                     können (z. B. in Kindertagesstätten, Schulen oder be-
                        dem Test

hohes              Risiko
Risiko
                                                                                             stimmten betrieblichen Bedingungen in Unter­neh­
                                                                                             men). Hier ist ein entsprechend sensitives Testkon-
                                                                                             zept notwendig, das ein hochfrequentes und durch
                                                                                             PCR-Bestätigungstests gestütztes Screening vorsieht.
                        1 Tag nach
                        dem Test

                                                                                                            Da Testergebnisse nur eine begrenzte Aussagekraft
                                                                                                            haben, ist es wichtig, auch nach negativen Testergeb-
                                                                                                            nissen die anderen schützenden Verhaltensweisen
                                                                                                            (AHA+L) beizubehalten. Ein negativer Test bedeutet
                     geringes
                     Risiko                                                                                 lediglich, dass das Risiko ansteckend zu sein zum
       geringes
     geringes
            geringes geringes
                        des Tests

                                       0 Tag                       1 Tag nach                  2 Tage  nach      Tage
       Risiko
     Risiko Risiko Risiko
                                       des Tests                   dem Test                    dem Test     Zeitpunkt    des Tests reduziert, aber nicht vollkom-
                        0 Tag

                     geringes
                        0 Tag0 Tag
                      0 Tag                       1 1 Tag
                                                    Tag   nach
                                                        nach
                                                        1 Tag  nach           2 2 Tage
                                                                                Tage2  nach
                                                                                     nach
                                                                                      Tage  nach     Tage
                                                                                                   Tage  Tage
geringes             Risiko            0 Tag                       1 Tag nach                  2 Tage nach men   Tageausgeschlossen ist. Denn PoC Antigen-
                        des
                      des    Tests
                           Tests
                             des Tests des Tests demdem  Test Test dem Test dem
                                                       Test
                                                        dem                     dem  Test Test dem Test
                                                                                   Test
                                                                                    dem
Risiko                                 0 Tag                       1 Tag nach                  2 Tage nach       Tage
                  0 Tag                des Tests
                                              1 Tag nach           dem Test
                                                                          2 Tage nach          dem Test
                                                                                             Tage           Schnelltests und -Selbsttests können negativ ausfal-
                  des Tests                   dem Test                    dem Test
                                                                                                            len, obwohl die getestete Person infiziert oder auch
             geringes

                  Abb. 3 | Antigen-Testergebnisse bilden eine Momentauf­
             Risiko

                  nahme ab. Diese Grafik illustriert, dass das Risiko jemanden                              schon ansteckend ist. Das RKI stellt auf seiner Web-
                  anzustecken steigt, je älter das Testergebnis ist. Auf ein                                seite eine interaktive Anwendung mit weiterführen-
                  negatives Testergebnis kann bereits ein Tag später ein
                  positives folgen, wenn die Person bei der ersten Testung                                  den Informationen zur Aussagekraft von Tests be-
                  bereits infiziert war, der Antigentest jedoch noch keine                                  reit. Diese illustriert, dass die Aussagekraft von Test­
                  Infektion nachweisen konnte, der Test also noch kein                                      resultaten von der Inzidenz bzw. Vortestwahrschein-
                  Antigen (Virusprotein) entdecken konnte.
                                                                                                            lichkeit in der Bevölkerung und den Test­kennwerten
Epidemiologisches Bulletin                   20 | 2021                  20. Mai 2021                                                                               7

   An�gentests und regelmäßiges,
                                                                                          PCR-Nachweis möglich
   engmaschiges Testen                                                                    (nur im Labor, dauert länger)

                                                                                      An�gen-Nachweis möglich

                                                                                                 ansteckend
                                             Infek�on                               typischer Symptombeginn
                                                                                    (PCR-Test empfohlen)

                                              0         1      2    3     4   5      6      7     8    9    10    11      12    13    14    15    16   17     18       Tage

   Beispiel-Testplan:             Person 1 MO           DI    MI   DO    FR   SA    SO     MO     DI   MI   DO    FR      SA    SO   MO     DI   MI    DO     FR
   An�gentests dienstags
   und donnerstags
                                  Person 2   DI         MI    DO   FR    SA   SO    MO      DI   MI    DO   FR    SA      SO   MO     DI   MI    DO    FR     SA

                                  Person 3 MI           DO    FR   SA    SO   MO     DI    MI    DO    FR   SA    SO      MO    DI   MI    DO    FR    SA     SO

                                  Person 4 DO           FR    SA   SO    MO   DI    MI     DO    FR    SA   SO   MO       DI    MI   DO     FR   SA    SO     MO

                                  Person 5   FR         SA    SO   MO    DI   MI    DO     FR    SA    SO   MO    DI      MI   DO     FR    SA   SO    MO     DI

                                  Person 6   SA         SO   MO    DI    MI   DO    FR     SA    SO    MO   DI    MI      DO    FR    SA   SO    MO     DI    MI

                                  Person 7 SO MO              DI   MI    DO   FR    SA     SO    MO    DI   MI   DO       FR    SA   SO    MO     DI   MI     DO
   nega�v posi�v nega�v
                 aber vorherige                                                    ansteckend und Testergebnis meist posi�v
                 Ansteckung
                 bekannt                  Tag der                  ansteckend                                                        ansteckend
                                         Infek�on            trotz meist nega�vem                                              trotz meist nega�vem
                                                                   An�gentest                                                        An�gentest
                                                                                                                          (Risiko die Infek�on zu verpassen
                                                                                                                           besteht nur wenn vorher nicht
                                                                                                                                   getestet wurde)

  Abb. 4 | Zeitlich begrenzte Nachweisfähigkeit von Infektionen durch Antigentests und regelmäßiges, engmaschiges Testen
  schematisch dargestellt. Diese Grafik illustriert den typischen Infektionsverlauf bei COVID-19 über etwas mehr als zwei Wochen.
  Die Infektion findet an Tag 0 statt. Zuoberst sieht man die Zeiträume, in denen Nachweise per PCR-Test und Antigentest
  durchschnittlich möglich sind. Dieser Zeitraum ist bei Antigentests kürzer als bei PCR-Tests. PCR-Tests können eine Infektion
  sowohl früher als auch noch länger nachweisen. Auch der typische Symptombeginn (im Falle einer symptomatischen Erkran-
  kung) nach 5 – 6 Tagen ist markiert. Bei Symptomen sollte man sich mit einem PCR-Test testen lassen, auch bei negativem
  Antigentest-Ergebnis. Der Kalender zeigt 7 Personen, die regelmäßig und engmaschig jeweils dienstags und donnerstags
  getestet werden. Die Punkte markieren schematisch, zu welchen Testzeitpunkten der Infektion die Antigentests der 7 Personen
  typischerweise positiv respektive negativ ausfallen. Unter der Annahme, dass um den hier angenommenen Symptom­beginn die
  meisten Antigentests positiv ausfallen, sehen wir, dass an diesem Tag 2 der 7 Personen erkannt werden. Wenn die Personen­
  gruppe montags, mittwochs und freitags getestet würde, wären es 3, wenn einmal pro Woche getestet würde, wäre es eine.
  Bei engmaschigerem Testen werden schneller mehr Personen erkannt. Regelmäßiges engmaschiges Screening mit Antigentests
  (auch von asymptomatischen Personen) ermöglicht also eine frühzeitige Erkennung und Möglichkeit der Eindämmung von
  Infektionsclustern (beispielsweise in Schulen oder Arbeitsstätten), jedoch keine komplette Verhinderung. Testresultate können
  allerdings im Einzelfall trotzdem negativ ausfallen, obwohl die getestete Person bereits infiziert und ggf. ansteckend ist.

  Sensitivität und Spezifität abhängt.11 Eine vom RKI                                      Medizinprodukte Gesetz (MPG § 11) von Laientests
  und dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) aktuell durchge-                                     (Selbsttests) muss die Benutzerfreundlichkeit durch
  führte unabhängige analytische Validierungs­studie  –                                    das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-
  also unter Laborbedingungen, nicht unter Alltagsbe-                                      produkte (BfArM) geprüft werden und die eben an-
  dingungen – von über 120 Antigentests zeigt, dass                                        gesprochene analytische Validierung durch das PEI
  sich die analytische Sensitivität deutlich zwischen                                      erfolgen. Die auf der Liste des PEI ausgewiesenen
  den verschiedenen Herstellern unterscheidet – die                                        Tests sind bei der Verwendung von Nasen-Rachen-
  Sensitivität variiert in Abhängigkeit von der Viruslast                                  abstrichen ausreichend zuverlässig um ansteckende
  zwischen 0 % und 100 %.12,13 Das PEI stellt eine Liste                                   Personen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erken-
  derjenigen Antigentests zu Verfügung, die in unab-                                       nen. Die Zuverlässigkeit von sich nicht auf der Liste
  hängigen analytischen Validierungen den vom RKI                                          befindenden Tests ist entweder unzureichend oder
  und PEI festgelegten Mindestkriterien entspre-                                           aufgrund fehlender unabhängiger Validierungen
  chen.14 Im Rahmen der Sonderzulassung nach dem                                           noch nicht im selben Maße gesichert. Aktuell kann
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  davon ausgegangen werden, dass PoC Antigen-                         kum, wie beispielweise getestete Mitarbeiterinnen
  Schnelltests und Selbsttests verschiedene Virus­                    und Mitarbeiter in Arbeitsstätten oder Eltern getes-
  varianten von SARS-CoV-2 ähnlich gut erkennen.                      teter Kinder. Die Kommunikationstipps an die Ge-
                                                                      testeten finden sich zusammengefasst und mit den
  Tipps zur Kommunikation rund um PoC Anti-                           Abbildungen 1, 3 und 4 auf der Webseite des RKI.
  gen-Schnelltests und -Selbsttests an das Fachpubli-                 Zusätzlich sollten Informationen darüber, wie die
  kum und basierend auf den Ergebnissen der                           Tests funktionieren, wie man sie interpretiert, wo
  ­COSMO-Studie sind in der Box zusammengefasst.                      sie erhältlich sind, und welche Unterstützung zur
   Die Tipps richten sich an Testende in Betrieben, Bil-              Isolation angeboten wird, Kontext-spezifisch er-
   dungsstätten, etc., wie auch an ein breiteres Publi-               gänzt werden.

   Evidenzbasierte Tipps zur Kommunikation rund um die PoC Antigen-Schnelltests und Selbsttests

   Teststrategie                                                      Tests durchführen
   ▶▶   Kommunizieren Sie, dass verbreitetes häufiges                 ▶▶   Stärken Sie die Eigenverantwortung und Selbstwirk-
        Testen mit möglichst hochwertigen PoC Antigen-                     samkeit der Menschen im Umgang mit Tests:
        Schnelltests und Selbsttests (z. B. alle 48 h) helfen              Erklären Sie, wie Selbsttests funktionieren, wo man
        kann, ansteckende Personen schneller zu erkennen,                  qualitativ hochwertige Tests herbekommt und wie
        Infektionsketten zu durchbrechen und mit der Zeit                  man die Ergebnisse interpretiert.
        die Ausbreitung von SARS-CoV-2 zu stoppen. Je                  Verhalten nach einem Test
        mehr Menschen sich regelmäßig testen lassen und               ▶▶   Bedenken Sie, dass Menschen vielleicht Risikokontakte
        bei positivem Test isolieren, desto effektiver können              hatten und sich fragen: „Habe ich COVID-19?“
        wir Infektionsketten unterbrechen.                                 Bedenken Sie, dass eine andere Motivation ist, dass sie
   ▶▶   Kommunizieren Sie, dass Antigen-Schnelltests und                   andere treffen möchten und sich fragen: „Könnte ich
        Selbsttests die unterschiedlichen Virusvarianten von               jemanden anstecken?“ In beiden Fällen erwarten die
        SARS-CoV-2 ähnlich gut erkennen.                                   Menschen vom Test entweder ein „ja“ oder ein „nein“.
   ▶▶   Die Tests sind nicht perfekt. Dennoch ist die                 ▶▶   Ein „nein“ kann sorgloses Verhalten hervorrufen,
        Mehrheit bereit, sie zum Screening, Testen sowie                   insbesondere da die Tests zum Schutz von engen
        zum Isolieren von Infizierten zu nutzen. Politische                Familienangehörigen und Freundinnen und Freun-
        Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger                   den durchgeführt werden. Es werden also Informa­
        können von den Bürgerinnen und Bürgern ein hohes                   tionen darüber benötigt, warum und welcher Schutz
        Maß an Akzeptanz erwarten, wenn sie ihnen                          dennoch notwendig ist.
        verständliche Informationen zur Verfügung stellen             ▶▶   Ein „ja“ erfordert Informationen über Isolierung und
        und das gewünschte Verhalten anschließend                          einen PCR-Folgetest.
        fördern.                                                      ▶▶   Kommunizieren Sie, was Menschen nach einem
   ▶▶   Menschen sind motiviert, andere zu schützen. Das                   positiven Testergebnis tun müssen. Erklären Sie,
        Ansprechen von pro-sozialen Motiven und das                        dass ein positives Testergebnis keine Diagnose ist.
        Anbieten von Anreizen, wie z. B. die Teilnahme am                  Es zeigt an, dass eine Person mit einiger Wahr-
        öffentlichen und sozialen Leben (bei geringer                      scheinlichkeit infiziert und ansteckend ist. Das
        Prävalenz und mit AHA+L), könnte die Testraten                     Ergebnis muss ernst genommen werden. Daher
        erhöhen.                                                           sollten sich positiv getestete Personen sofort so gut
   ▶▶   Antigentests werden unterteilt in PoC Antigen-                     es geht isolieren. Außerdem müssen sie so schnell
        Schnelltests (durchgeführt durch geschultes Personal               wie möglich einen PCR-Test (z. B. bei ihren Hausärz-
        im Testzentrum, mit anschließendem Ergebnis­                       tinnen und Hausärzten) durchführen lassen, um das
        zertifikat) und Selbsttests, die in Eigenanwendung                 Ergebnis zu bestätigen. Bieten Sie Unterstützung
        durchgeführt werden. Erklären Sie, dass es sich dabei              und Informationen zur Isolierung an.
        um dasselbe Testprinzip handelt und, dass sich                ▶▶   Kommunizieren Sie, was Menschen nach einem nega-
        lediglich die Person unterscheidet, die testet:                    tiven Testergebnis tun müssen. Erklären Sie, dass ein
        geschulte Personen bei Antigen-Schnelltests und                    negatives Testergebnis bedeutet, dass das Risiko redu-
        Laien bei Selbsttests.                                             ziert ist, ansteckend zu sein, aber es nicht gleich null
                                                                           ist. Daher ist es immer noch am sichersten, andere
   ▶▶   Kommunizieren Sie, dass man bei Symptomen einen
                                                                           schützende Verhaltensweisen beizubehalten, wie z. B.
        PCR-Test machen sollte, auch bei einem negativen
                                                                           Abstand zu halten und Masken zu tragen (AHA+L).
        Antigentest-Ergebnis.
                                                                           Dies hilft auch, sich nicht selbst anzustecken.
Epidemiologisches Bulletin               20 | 2021        20. Mai 2021                                                         9

   Güte des Testergebnisses                                              Verbreiten von Informationen
      ▶▶   Bedenken Sie, dass Menschen sich fragen könnten:              ▶▶   Während einige Menschen ein aufrichtiges Interesse
           „Stimmt das Testergebnis?“ Bedenken Sie, dass                      daran haben könnten, den wissenschaftlichen
           Menschen möglicherweise keine gute Intuition über                  Hintergrund hinter dem komplexen Zusammenspiel
           die Testgüte haben, schwer einschätzen können, wie                 zwischen Testmerkmalen und Infektionsdynamik zu
           wahrscheinlich ein Testergebnis richtig ist und                    ergründen, könnte es für die Mehrheit ausreichen zu
           möglicherweise nicht wissen, dass es falsch sein                   wissen, was in welcher Situation zu tun ist. Ein
           kann. Die meisten Menschen werden nicht in                         „Bissen-, Snack-, Mahlzeit-Ansatz" (bite-snack-meal)
           Betracht ziehen, dass das Testergebnis bei einem                   der Informationsaufbereitung könnte leicht
           positiven oder negativen Ergebnis oder bei unter-                  zugängliche Informationen über das WAS bieten; für
           schiedlichen Inzidenzraten eine unterschiedliche                   die Interessierten könnte es durch das WARUM
           Aussagekraft hat. Kommunizieren Sie, welche                        ergänzt werden, basierend auf dem WIE, das die
           Maßnahmen nach positiven und negativen Testresul-                  komplexe Wechselwirkung von Test, Krankheit und
           taten erforderlich sind.                                           getestete Person erklärt.
      ▶▶   Kommunizieren Sie, dass das Ergebnis umso                     ▶▶   Die Informationen sollten an relevanten Kontaktpunk-
           weniger aussagekräftig wird, je mehr Zeit seit dem                 ten bereitgestellt werden, wie z. B. in Testzentren,
           Test vergangen ist. Deshalb ist der Test nur am                    Packungsbeilagen von Selbsttests, an Schulen und
           selben Tag gültig.                                                 am Arbeitsplatz. Zusätzliche Fernsehspots im
                                                                              öffentlich-rechtlichen Fernsehen könnten die
      ▶▶   Die Sensitivität von Antigentests unterscheidet sich
                                                                              Reichweite der Informationen erhöhen. Es ist wichtig,
           deutlich zwischen den verschiedenen Herstellern.
                                                                              dass Gesundheitsinformationen auch von nicht-staat-
           Kommunizieren Sie, dass das Paul-Ehrlich-Institut
                                                                              lichen Institutionen angeboten werden, da ihnen ein
           (PEI) eine Liste derjenigen Antigentests zu Verfü-
                                                                              besonderes Vertrauen entgegengebracht wird.
           gung stellt, die den Mindestkriterien entsprechen.
           Die auf der Liste des PEI ausgewiesenen Tests sind            ▶▶   Die Informationen sollten in mehreren relevanten
           ausreichend zuverlässig. Die Zuverlässigkeit von                   Sprachen zur Verfügung gestellt und durch Illustra­
           sich nicht auf der Liste befindenden Tests ist                     tionen ergänzt werden, um einfach und schnell
           entweder unzureichend oder aufgrund fehlender                      verständlich zu sein sowie Minderheiten und
           unabhängiger Validierungen noch nicht im selben                    Personen mit geringer Gesundheitskompetenz zu
           Maße gesichert.13                                                  erreichen.

           Die Kommunikationstipps an die Getesteten finden sich zusammengefasst und mit den Abbildungen 1, 3 und 4
           auf der Webseite des RKI.

  Literatur
  1        Seifried J, Böttcher S, Oh DY et al.: Was ist bei Anti-       4 Betsch C, Sprengholz P, Siegers R et al.: Unpacking
           gentests zur Eigenanwendung (Selbsttests) zum                      the black box: Empirical evidence to understand the
           Nachweis von SARS-CoV-2 zu beachten? Epid Bull                     human factor for effective rapid testing against
           2021;8:3-9. http://dx.doi.org/10.25646/8040                        SARS-CoV2. https://doi.org/10.31234/osf.io/c9h5k
  2 Seifried J, Böttcher S, von Kleist M et al.:                         5 Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Zweite
           Antigentests als ergänzendes Instrument in der                    Verordnung zur Änderung der SARS-CoV-2-Arbeits-
           Pandemiebekämpfung. Epid Bull 2021;17:3-14.                       schutzverordnung vom 14. April 2021. https://www.
           DOI: 10.25646/8264                                                 bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetze/
  3 COSMO – COVID-19 Snapshot Monitoring.                                     zweite-aenderungsverordnung-sars-cov-2-arbeits-
           https://projekte.uni-erfurt.de/cosmo2020/ [abgeru-                 schutzverordnung.pdf?__blob=publicationFile&v=2
           fen am 23.4.2021]                                                  [abgerufen am 25.4.2021]
Epidemiologisches Bulletin         20 | 2021       20. Mai 2021                                                      10

  6 Ergebnisse aus dem COVID-19 Snapshot Monito-
                                                                  Autorinnen und Autoren
     ring COSMO: Die psychologische Lage, Welle 41                a)
                                                                     Dr. Mirjam A. Jenny | a) Dr. Ines Lein |
     (Erhebung vom 20./21.04.2021), Stand 23.04.21.               b)
                                                                     Dr. Tanja Jung-Sendzik | c) Sarah Eitze |
     https://projekte.uni-erfurt.de/cosmo2020/web/to-             d)
                                                                     Prof. Dr. Christian Drosten |
     pic/wissen-verhalten/80-schnelltests/ [abgerufen             c)
                                                                     Prof. Dr. Cornelia Betsch
     am 25.4.2021]
                                                                  a) 
                                                                     RKI, P1 Wissenschaftskommunikation
  7 Ergebnisse aus dem COVID-19 Snapshot Monito-                  b) 
                                                                      RKI, Abt. 3, Infektionsepidemiologie
     ring COSMO: Private Feiern mit Freunden und                  c) 
                                                                     Universität Erfurt, Gesundheitskommunikation
     Fremden, Stand 23.4.2021. https://projekte.uni-er-           d) 
                                                                      Charité Universitätsmedizin Berlin,
     furt.de/cosmo2020/web/topic/wissen-verhal-
                                                                      Institut für Virologie
     ten/60-feiern/ [abgerufen am 30.4.2021]
                                                                  Korrespondenz: P1@rki.de
  8 Schwob JM, Miauton A, Petrovic D et al.: Antigen
     rapid tests, nasopharyngeal PCR and saliva PCR to
     detect SARS-CoV-2: A prospective comparative clini-          Vorgeschlagene Zitierweise
     cal trial. https://doi.org/10.1101/2020.11.23.20237057       Jenny MA, Lein I, Jung-Sendzik T, Eitze S, Drosten C,
  9 Courtellemont L, Guinard J, Guillaume C et al:                Betsch C: Kommunikationsempfehlungen zur
     Real-life performance of a novel antigen detection           Verbesserung des Verhaltens bei der Verwendung
     test on nasopharyngeal specimens for SARS-CoV-2              von PoC Antigen-Schnelltests und Selbsttests
     infection diagnosis: a prospective study. https://           Epid Bull 2021;20:3 -10 | DOI 10.25646/8481
     doi.org/10.1101/2020.10.28.20220657
                                                                  (Dieser Artikel ist online vorab am 17. Mai 2021
  10 Abdulrahman A, Mustafa F, AlAwadhi A et al.: Com-
                                                                  erschienen.)
     parison of SARS-COV-2 nasal antigen test to naso-
     pharyngeal RT-PCR in mildly symptomatic patients.
     https://doi.org/10.1101/2020.11.10.20228973
                                                                  Interessenkonflikt
  11 Wie gut ist ein SARS-CoV-2 Testresultat?                     Die Autorinnen und Autoren geben an, dass kein
     https://rki-wiko.shinyapps.io/test_qual/                     Interessenkonflikt besteht.

  12 Scheiblauer H, Filomena A, Nitsche et al.:
     Comparative sensitivity evaluation for 122 CE-               Danksagung
     marked SARS-CoV-2 antigen rapid tests.                       Wir bedanken uns bei Prof. Dr. Holger Jacobs und bei
     https://doi.org/10.1101/2021.05.11.21257016                  Lena Haselmann für die Bereitstellung bzw. Überar-
                                                                  beitung der Erklärgrafiken, sowie beim COSMO-Team
  13 Puyskens A, Krause E, Michel J et al.: Establishment
                                                                  für die wissenschaftliche Diskussion und Aufbereitung
     of an evaluation panel for the decentralized
                                                                  der Studiendaten. Weiterhin bedanken wir uns bei
     technical evaluation of the sensitivity of 31 rapid
                                                                  Prof. Dr. Andreas Nitsche, Dr. Esther-Maria Antão,
     detection tests for SARS-CoV-2 diagnostics.
                                                                  Dr. Janna Seifried, Dr. Sindy Böttcher, Charlotte Dries
     https://doi.org/10.1101/2021.05.11.21257021
                                                                  und John Gubernath für ihre Hilfe bei der Umsetzung
  14 Paul-Ehrlich-Institut. Evaluierung der Sensitivität          des Manuskripts.
     von SARS-CoV-2 Antigenschnelltests, Stand
     16.4.2021. https://www.pei.de/SharedDocs/Down-
     loads/DE/newsroom/dossiers/evaluierung-sensiti-
     vitaet-sars-cov-2-antigentests-04-12-2020.pdf?__
     blob=publicationFile&v=43 [abgerufen am 28.4.2021]
Epidemiologisches Bulletin       20 | 2021       20. Mai 2021                                                    11

  COVID-19 in der 1. Welle in Hamburg-Eimsbüttel: pädia­trische
  Fälle, familiäre Cluster und Transmissionsrichtung
  Eine Analyse der Daten des Gesundheitsamts für den Zeitraum
  1. März bis 16. Mai 2020

  Zusammenfassung                                               Hintergrund
  Um den Verlauf von COVID-19-Erkrankungen bei                  Im Zusammenhang mit dem weltweiten exponen-
  Kindern und die Rolle sowohl symptomatischer als              tiellen Anstieg von Coronavirus Disease 2019-
  auch asymptomatischer Kinder bei der Übertragung              (COVID-19-)Fällen im Frühjahr 2020 wurden zahl-
  von SARS-CoV-2 innerhalb der Familie besser zu                reiche Studien durchgeführt, um die Epidemiolo-
  verstehen, wurden Daten SARS-CoV-2-positiv getes-             gie und den Krankheitsverlauf sowie die Krank-
  teter pädiatrischer Fälle (n = 46) sowie von deren            heitslast in verschiedenen Altersgruppen zu unter-
  ­positiv getesteten erwachsenen Familienmitglie-              suchen und zu verstehen. Während für Erwachsene
   dern (n = 56) analysiert (Testverfahren: SARS-CoV-2          mittlerweile viele Untersuchungen zur Empfäng-
   ­RT-PCR). Zusätzlich wurden die Daten von geteste-           lichkeit vorliegen, ist die Datenlage zu Kindern in
    ten Familienmitgliedern mit negativem Testresultat          der COVID-19-Pandemie noch verbesserungswür-
    (n = 32) analysiert. Die positiv getesteten pädiatri-       dig und teilweise widersprüchlich.
    schen (n = 46) sowie auch erwachsenen Fälle (n = 56)
    wurden dem Gesundheitsamt Hamburg-Eimsbüttel                Um die Weiterverbreitung innerhalb der Städte und
    zwischen dem 1. März und dem 16. Mai 2020 und               Gemeinden einzudämmen, wurden in Deutschland
    somit in der ersten Infektionswelle der SARS-CoV-2-         und weltweit als eine der ersten Maßnahmen Schu-
    Pandemie gemeldet. Während dieses Zeitraums wa-             len und Kindergärten proaktiv geschlossen. Die ers-
    ren bundesweit Schulen und Kindergärten überwie-            ten Berichte aus China ließen vermuten, dass Kinder
    gend geschlossen. Die Ergebnisse zeigen, dass die           seltener erkranken, einen milderen Krankheitsver-
    Mehrheit der Fälle bei Kindern und Jugendlichen             lauf  1 haben und im Vergleich zu Erwachsenen we-
    der Altersgruppe 10 bis 17 Jahre auftraten. Das Er-         niger empfänglich für die Krankheit sind.2,3 Gleich-
    gebnis für altersgruppenabhängige Infektionsraten           zeitig berichteten Jones et al. 2020, dass die Virus-
    zeigt, dass Kinder im Kindergarten­alter im Ver-            last bei Kindern sich nicht signifikant von derjenigen
    gleich zu Schulkindern und Krippenkindern weni-             bei Erwachsenen unterscheidet und Kinder daher
    ger anfällig für COVID-19 waren. Die meisten Kin-           ähnlich infektiös sein könnten wie Erwachsene.4
    der (0 – 17 Jahre) wiesen eine Reiseanamnese zu-            Aufgrund der, zumindest zu Beginn der Pandemie,
    sammen mit ihren Familienmitgliedern auf. Im                geringeren COVID-19-Inzidenz bei Kindern und
    Erkrankungsfall wiesen sowohl Kinder als auch Er-           ­Jugendlichen kann die Rolle von Kindern in Infek­
    wachsene Fieber, Husten oder Kopf- und Glieder-              tionsketten noch immer nicht abschließend beurteilt
    schmerzen als häufigste Symptome auf. Dabei war              werden. Darüber hinaus werden SARS-CoV-2-Infek-
    der Anteil der Erwachsenen, die zumindest eines              tionen bei Kindern aufgrund des oft asymptomati-
    dieser Symptome aufwiesen, höher als bei Kindern.            schen oder milderen Krankheitsverlaufs möglicher-
    Fast ein Fünftel der Kinder (9/46) war asymptoma-            weise nicht immer erkannt.
    tisch. Kinder zeigten einen milderen Krankheitsver-
    lauf und stellten mehrheitlich nicht den Primärfall         Mit der Abnahme der COVID-19-Fallzahlen in
    im Haushalt dar.                                            Deutschland nach der ersten Welle wurde die stu-
                                                                fenweise Auf­hebung der Kontaktbeschränkungen
Epidemiologisches Bulletin      20 | 2021      20. Mai 2021                                                   12

  geplant und schrittweise durchgeführt, einschließ-          ergebnisse wurden dem Gesundheitsamt mitgeteilt,
  lich der Öffnung von Schulen und Kindertagesstät-           um die Information und Beratung aller Getesteten
  ten (Kitas) nach den Sommerferien. Um gezielte in-          durch das Gesundheitsamt Eimsbüttel sicherzustel-
  fektionspräventive Maßnahmen ergreifen bzw. an-             len. Zu den negativ getesteten Personen wurden
  passen zu können, ist es wichtig, die Pathogenese           durch das Gesundheitsamt keine weiteren Daten er-
  der Krankheit und ihre Übertragung durch Kinder             fasst. Im Fall eines positiven Testergebnisses wur-
  zu verstehen.                                               den alle relevanten Daten zum Gesundheitszustand
                                                              und zu engen Kontaktpersonen erhoben. Sofern
  Um diesen Fragen nachzugehen, hat das Gesund-               Kontaktpersonen COVID-19-kompatible Symptome
  heitsamt Eimsbüttel die Daten Severe Acute Respi-           aufwiesen, wurde ein RT-PCR-Test durch das Ge-
  ratory Syndrome Corona Virus 2-(SARS-CoV-2-) po-            sundheitsamt veranlasst.
  sitiver pädiatrischer Fälle sowie ihrer Haushaltskon-
  takte (unabhängig von der Durchführung eines                Aufgrund von begrenzten Testkapazitäten und Man-
  Tests bzw. des Testergebnisses) analysiert. Die Un-         gel an Teströhrchen und Fachpersonal wurden in der
  tersuchung schließt Fälle ein, die zwischen dem             Anfangsphase der COVID-19-Welle nur Personen
  1.  März 2020 und dem 16. Mai 2020 gemeldet wur-            getestet, die entweder symptomatisch waren oder
  den, was zeitlich der ersten Welle von SARS-CoV-2-          engen Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Fall
  Infektionen im Bezirk Eimsbüttel entspricht.                hatten (demnach Kontaktperson der Kategorie 1 :
                                                              15 Minuten face-to-face Kontakt, < 1,5 m Abstand). Au-
                                                              ßerdem wurden zu Beginn der Pandemie in einigen
  Ziel der Untersuchung                                       Haushalten nur diejenigen Mitglieder getestet, die
  Durch die Beschreibung von Krankheitsverläufen              Symptome aufwiesen, welche zum damaligen Zeit-
  und Übertragungsmustern in Haushalten soll die              punkt als eindeutige und typische COVID-19-Symp-
  durchgeführte Analyse zu einem besseren Ver-                tome bekannt waren (Husten, Fieber, Halsschmer-
  ständnis von klinischen und epidemiologischen               zen, Geruchs- und/oder Geschmacksverlust und/
  Charakteristika der Krankheit bei Kindern beitra-           oder Atemnot). Ab Mitte April, mit zunehmender
  gen. Außerdem sollte die Rolle von Kindern bei              Testkapazität und Ausweitung des Testangebots bzw.
  Haushaltsübertragungen untersucht werden.                   Anpassung der Teststrategie, konnten die Mitarbei-
                                                              ter*innen des Gesundheitsamts auch die Testung
                                                              von symptomarmen oder asymptomatischen Fami-
  Methode                                                     lienmitgliedern und engen Kontaktpersonen zu ei-
  Testindikation und -durchführung                            nem SARS-CoV-2-positiven Fall veranlassen.
  Ab dem Beginn der ersten COVID-19-Welle konnten
  in Hamburg Personen, die an akuten Atemwegs­                Falldefinitionen
  infektionen erkrankt waren, sowie symptomatische            Bestätigte Fälle wurden als Einwohner des Bezirks
  Reiserückkehrer im ambulanten Bereich den Arzt-             Eimsbüttel mit durch RT-PCR-Test bestätigter
  notruf 116 117 der Kassenärztlichen Vereinigung             SARS-CoV-2-Infektion definiert. Als epidemiologi-
  Hamburg kontaktieren und als Verdachtsfall einen            scher Fall wurden Einwohner des Bezirks definiert,
  Abstrich auf SARS-CoV-2 erhalten. Die Kassenärz-            die enge Haushaltskontakte bestätigter Fälle waren
  tinnen und -ärzte führten die Abstriche in der Häus-        und zumindest zwei der folgenden Symp­tome auf-
  lichkeit des Erkrankten durch, um eine Weiterver-           wiesen: Fieber, Husten, Atemnot, Schüttelfrost,
  breitung von SARS-CoV-2-Infektionen zu minimie-             Glieder- und Muskelschmerzen, Kopfschmerzen,
  ren. Die RT-PCR-Testungen (Reverse-Transkriptase-           Halsschmerzen, Geruchs- oder Geschmacksver-
  Polymerase-Kettenreaktion) wurden überwiegend               lust.5 In der weiteren Analyse werden nur laborbe-
  vom mikrobiologischen Labor des Universitätskran-           stätigte COVID-19-Fälle betrachtet.
  kenhauses Eppendorf durchgeführt. Von dort wur-
  den die positiven Testergebnisse gemäß Infektions­          Datenquellen und erhobene Variablen
  schutz­gesetz (IfSG) an das zuständige Gesundheit-          Die nachfolgend aufgeführten Daten wurden den
  samt gemeldet. Auch die negativen Untersuchungs-            jeweiligen Fallakten entnommen: soziodemografi-
Epidemiologisches Bulletin      20 | 2021      20. Mai 2021                                                    13

  sche Angaben, Expositionsanamnese, Primärfälle              aus Haushalten, in denen pädiatrische Fälle aufge-
  in der Familie, enge Haushaltskontakte, Symptome,           treten waren, eine SARS-CoV-2-Infektion vor. 32 der
  Datum des Beginns der Symptome, Datum der Ge-               150 Familienmitglieder (21,3 %) wiesen negative
  nesung (entsprechend Ende der Symptomatik) und              SARS-CoV-2-Befunde auf und 16 der 150 Familien-
  andere Variablen. Zusätzlich wurden Laborberichte           mitglieder (10,7 %) wurden nicht getestet.
  der Fälle und positiv wie auch negativ befundete La-
  borberichte der jeweiligen Familienmitglieder in die        Altersverteilung in den Haushalten
  Analyse einbezogen, um ein besseres Verständnis             Die Altersverteilung bei Kindern und Jugendlichen
  der Infektionsketten zu erhalten. Krankenhaus(ent-          (0 bis 17 Jahre, n = 63) gestaltete sich wie folgt: Et-
  lassungs)berichte wurden hinsichtlich Zusatzinfor-          was mehr als ein Viertel (n = 40) der 150 Haushalts-
  mationen zur Schwere der Erkrankung bei den un-             mitglieder waren Sekundarschüler der Altersgrup-
  terschiedlichen Altersgruppen ausgewertet.                  pe 10 bis 17 Jahre, jeweils 5,3% (n = 8) waren Krip-
                                                              penkinder der Altersgruppe 0 bis 3 Jahre und Kin-
  Datenanalyse                                                dergartenkinder der Altersgruppe 4 bis 6 Jahre.
  Mittels einer Plausibilitätsprüfung wurde eine Da-          Weitere 4,7% (n = 7) waren Grundschüler der Al-
  tenbereinigung durchgeführt. Für die Analyse und            tersgruppe 7 bis 9 Jahre.
  den Vergleich der verschiedenen Variablen bei Er-
  wachsenen und Kindern wurden Kreuztabellen ver-             Bei den erwachsenen Haushaltsmitgliedern gehör-
  wendet. Aufgrund fehlender Daten bei einigen Va-            ten 8% (n = 12) der Altersgruppe 18 bis 29 Jahre an,
  riablen und einer vergleichsweise kleinen Stichpro-         46,7% (n = 70) waren Erwachsene in der Altersgrup-
  be wurde eine rein deskriptive und keine statisti-          pe 30 bis 59 Jahre, 2,7% (n = 4) der Altersgruppe 60
  sche Analyse durchgeführt.                                  bis 79 Jahre und eine Person war über 80 Jahre alt.

  Für die vertiefte Analyse der Übertragungen im              Altersverteilung unter bestätigten
  Haushalt wurden Zeitleisten erstellt, welche das Da-        SARS-CoV-2-Fällen
  tum für den Symptombeginn und die Genesung für              Unter den 102 SARS-CoV-2-positiven Fällen in fami-
  COVID-19-Fälle in Familien erfassten. Diese Zeit-           liären Haushalten waren 45,1 % (n = 46) Kinder im
  leisten wurden nur für diejenigen Familien erstellt,        Alter von 0 bis 17 Jahren und 54,9 % (n = 56) Er-
  deren Kind bzw. Kinder symptomatisch waren und              wachsene im Alter von 18 bis 85 Jahren. Der Alters-
  für die zumindest eines der beiden Daten (Symp-             median bei laborbestätigten pädiatrischen Fällen lag
  tombeginn oder Genesung) bekannt war.                       bei 13 Jahren (Spanne 0 bis 17 Jahre) und bei Erwach-
                                                              senen bei 48,5 Jahren (Spanne 18 bis 85).
  Die Auswertung der Ergebnisse basiert auf der An-
  nahme, dass die Inkubationszeit für Erwachsene und          30,4% (n = 31) der 102 laborbestätigten Fälle waren
  Kinder gleich ist, nämlich zwischen 2 – 14 Tagen.6          Sekundarschüler der Altersgruppe 10 bis 17 Jahre,
                                                              entsprechend handelte es sich um 67,4% (31/46) al-
                                                              ler pädiatrischen Fälle. 5,9% (n = 6) aller COVID-19-
  Ergebnisse                                                  Fälle waren Grundschulkinder der Altersgruppe
  Im Zeitraum vom 1. März bis zum 16. Mai 2020                7 – 9 Jahre und weitere 5,9 % (n = 6) waren Krippen-
  wurden dem Gesundheitsamt Eimsbüttel insge-                 kinder der Altersgruppe 0 – 3 Jahre, entsprechend
  samt 711 positiv getestete SARS-CoV-2-Fälle gemäß           jeweils 13 % (6/46) aller pädiatrischen Fälle. Die we-
  IfSG gemeldet, darunter waren 46 Kinder und Ju-             nigsten SARS-CoV-2-positiven Fälle wurden in der
  gendliche (6,5 %) im Alter von 0 bis 17 Jahren. Diese       Altersgruppe der Kindergartenkinder im Alter von
  Fälle konnten insgesamt 39 Haushalten zugeordnet            4 – 6 Jahren beobachtet. Diese machten 3 % (n = 3)
  werden. Diesen 39 Haushalten gehörten insgesamt             aller COVID-19-Fälle aus, entsprechend 6,5 % (3/46)
  150 Familienmitglieder an. Von diesen lag bei               aller pädiatrischen Fälle.
  102  Fällen eine laborbestätigte SARS-CoV-2-Infek­
  tion vor (einschließlich der 46 Kinder). Damit lag          Bezogen auf alle 102 COVID-19-Fälle gehörten 7,8 %
  insgesamt bei zwei Dritteln (102/150) der Mitglieder        (n = 8) zur Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen, ent-
Epidemiologisches Bulletin                20 | 2021          20. Mai 2021                                                                     14

  sprechend 14,3 % aller Erwachsenen (8/56), 42,2 %                         re positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Von den Kitakin-
  (n = 43) zur Altersgruppe der 30- bis 59-Jährigen,                        dern in der Altersgruppe 4 bis 6 Jahre wurden 3 von
  entsprechend 76,8 % aller Erwachsenen (43/56).                            8 Kindern (37,5 %) positiv getestet. Von 7 Grund-
  4 % (n = 4) gehörten zur Altersgruppe der 60- bis                         schulkindern in der Altersgruppe 7 bis 9 Jahre wur-
  79-Jährigen, entsprechend 7,1 % alle Erwachsenen                          den 6 (85,7 %) positiv getestet. Von den Sekundar-
  (4/56), und am wenigsten betroffen war die Alters-                        schülern in der Altersgruppe 10 bis 17 Jahre wurden
  gruppe der über 80-Jährigen mit knapp 1 % (n = 1) an                      31 von 40 (77,5 %) positiv getestet.
  allen Fällen und 1,8 % an allen erwachsenen Fällen
  (s. Abb. 1).                                                              Die verbleibenden 87 Haushaltsmitglieder waren
                                                                            zwischen 18 und 80 Jahre alt. Hier ist vor allem die
  Geschlechterverteilung                                                    Altersgruppe der 30- bis 59-Jährigen mit 43 positiv
  Die vorliegende Analyse zeigt, dass bei einer                             getesteten Personen von insgesamt 70 (61,4 %) stark
  SARS-CoV-2-Infektion das männliche Geschlecht                             betroffen. In der Altersspanne von 18 bis 29 Jahren
  sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern stär-                         wurden von 12 Personen insgesamt 8 (66,7 %) posi-
  ker betroffen war. Von den 46 pädiatrischen Fällen                        tiv auf SARS-CoV-2 getestet. Alle Personen, die über
  waren 65,2 % (n = 30) Jungen und 34,8 % (n = 16)                          60 Jahre alt waren, wiesen ein positives Testergeb-
  Mädchen. Von den 56 erwachsenen Fällen waren                              nis auf, hiervon ist eine Person 85 Jahre alt.
  55,3 % (n = 31) Männer und 44,6 % (n = 25) Frauen.
                                                                            Infektionsquelle
  Infektionsrate insgesamt und nach Alter                                   Die wahrscheinliche Infektionsquelle lag für 33 von
  Die Infektionsrate betrug für Kinder und Jugendli-                        46 Kindern (71,7 %) außerhalb des Wohnorts mit Er-
  che im familiären Haushalt 30,7 % (46 von 150                             werb der Infektion im Rahmen einer Reise. Außer-
  ­Familienmitgliedern) und 37,3 % für Erwachsene                           dem zeigen die Angaben zur Expositionssituation,
   (56 von 150). Bezogen auf alle 150 Haushaltsmitglie-                     dass 26,1 % (n = 12) aller Kinder (n = 46) COVID-19-
   der lebten 63 Kinder und Jugendliche (0 bis 17 Jah-                      Fälle als Haushaltskontakt und Infektionsquelle auf-
   re) in diesen Haushalten. Darunter wurden 6 von 8                        wiesen. Nur ein Kind hat sich in einer Kita bei einer
   Krippenkindern (75 %) der Altersgruppe 0 bis 3 Jah-                      Person (ohne nähere Angabe) angesteckt.

                             711 COVID-19-Fälle
                   Meldezeitraum: 1. März bis 16. Mai 2020

                                                                                            16 (10,7%) der Personen nicht getestet,
                                                                                             davon zeigten 2 COVID-19-Symptome

     39 Haushalte, in denen pädiatrische Fälle (0–17 Jahre) auftraten
                                                                                     32 (21,3%) Personen SARS-CoV-2-negativ getestet
                             150 Personen

                                                                                        102 (68%) positiv getestete COVID-19-Fälle

           Kinder (0–17 J)                     Erwachsene (≥18 J)                   Kinder (0–17 J)                     Erwachsene (≥18 J)
               n=63                                  n=87                               n=46                                  n=56

   0–3 J   4–6 J      7–9 J   10–17 J   18–29 J 30–59 J 60–79 J     ≥80 J   0–3 J   4–6 J     7–9 J   10–17 J    18–29 J 30–59 J 60–79 J      ≥80 J
   n=8     n=8        n=7      n= 40     n=12    n=70    n=4        n= 1    n=6     n=3       n=6      n= 31       n=8    n=43    n=4         n= 1

                                                                                                   Untersuchte Population             COVID-19-Fälle

  Abb. 1 | Altersverteilung der untersuchten Population (n = 150) und der SARS-CoV-2-positiven bzw. an COVID-19 erkrankten Fälle
  (n = 102) in den 39 Haushalten mit pädiatrischen SARS-CoV-2-Fällen.
  (Alle SARS-CoV-2-positiven Fälle (n = 102) wurden durch einen RT-PCR-Test im Zeitraum vom 1. März bis 16. Mai 2020 im Bezirk
  Eimsbüttel bestätigt). Die Altersgruppe 0 – 3 Jahre entspricht den Krippenkindern, 4 – 6 Jahre den Kindergartenkindern, 7 – 9 Jahre
  den Grundschulkindern, 10 – 17 Jahre den Sekundarschülern und 18 – 80+ Jahre den Erwachsenen
Epidemiologisches Bulletin       20 | 2021       20. Mai 2021                                                              15

  Symptomatik                                                                                Kinder           Erwachsene
                                                                 Epidemiologische
  Angaben über Krankheitszeichen und Symptome                    Daten                     Anzahl, %           Anzahl, %
  lagen für alle pädiatrischen Fälle vor (n = 46) und bei        Insgesamt                   46 (45)            56 (55)
  den Erwachsenen waren diese in 54 von 56 Fällen                weiblich                   16 (34,8)          25 (44,6)
  (96,4 %) vorhanden. Fieber, Husten und/oder Kopf-              männlich                   30 (65,2)          31 (55,3)
  und Gliederschmerzen waren die am häufigsten ge-               Alter, Median                  13                48,5
  nannten Symptome, sowohl bei Erwachsenen als                   (SD, Bereich)            (5,2, 0 bis 17)   (14,3, 18 bis 85)

  auch bei Kindern. Im Vergleich zu Erwachsenen                  Reiseanamnese              33 (71,7)          33 (58,9)

  wurden diese Symptome jedoch bei Kindern und Ju-               Familienmitglied            12 (26)            14 (25)
                                                                 war Indexfall
  gendlichen seltener berichtet (Erwachsene: 94,4 %              Schule/Kindergarten         1 (2,2)               …
  der Fälle51,54 und Kinder: 76,1 % der Fälle35,46 berich-       Arbeitsplatz oder              …               9 (16,1)
  teten zumindest eines dieser Symptome). 19,6 %                 anderer Ort
  (9/46) der pädiatrischen Fälle mit positivem Tester-           Symptome*

  gebnis waren asymptomatisch, alle waren unter 15               Husten                     20 (43,5)          35 (62,5)

  Jahre alt. Keiner der erwachsenen Fälle war asymp-             Durchfall                   2 (4,3)            6 (10,7)

  tomatisch, da Informationen über Krankheitszei-                Fieber                     26 (56,5)          38 (67,9)

  chen und Symptome bei 54 Personen vorlagen und                 Kopf- und/oder             15 (32,6)          30 (53,6)
                                                                 Gliederschmerzen
  in den verbleibenden 2 Fällen Angaben zu Symp-
                                                                 Geruchs- und/oder           4 (8,7)           15 (26,8)
  tombeginn und Genesungsdatum vorhanden waren                   Geschmacksstörungen
  (s. Tab. 1).                                                   Schnupfen                  13 (28,2)          17 (30,3)
                                                                 Halsschmerzen              10 (21,7)          18 (32,1)
  Von den negativ getesteten Haushaltsmitgliedern                Bauchschmerzen              5 (10,9)            2 (3,6)

  (n = 32) wiesen 17 (53,1 %) mindestens eines der               Allgemeine Schwäche         3 (6,5)            8 (14,2)

  Krankheitssymptome wie Fieber, Husten, Allge-                  Übelkeit/Erbrechen          4 (8,7)             4 (7,1)

  meinsymptome, Halsschmerzen etc. auf. Sieben                   Kurzatmigkeit               4 (8,7)             4 (7,1)

  dieser 17 Personen waren Kinder.                               Appetitlosigkeit            1 (2,2)             2 (3,6)
                                                                 Schüttelfrost               1 (2,2)            6 (10,7)
                                                                 Allgemeine                  7 (15,2)           9 (16,1)
  Von den Haushaltskontakten, die nicht getestet wur-            Krankheitszeichen
  den (n = 16), wiesen 2 Familienmitglieder (12,5 %)             Asymptomatisch              9 (19,6)            0 (0)
  mindestens eines der häufigen Krankheitssymp­                  Hospitalisierung             0 (0)              3 (5,4)
  tome auf, beide waren über 18 Jahre alt.
                                                                Tab. 1 | Epidemiologische und klinische Charakteristika der
                                                                SARS-CoV-2-positiven pädiatrischen und erwachsenen Fälle
  Hospitalisierung                                              im familiären Haushalt, die im Bezirk Eimsbüttel zwischen
  Keines der positiv getesteten Kinder wurde hospita-           dem 1. März und dem 16. Mai 2020 gemeldet wurden
  lisiert. Ein 3 Monate altes Kind, das negativ auf SARS-       * Für die Berechnung des prozentualen Anteils der
  CoV-2, aber positiv auf Adenoviren getestet war, wur-         Symptome und Krankheitszeichen wurde für Erwachsene
                                                                die Gesamtzahl 54 zugrunde gelegt.
  de aufgrund COVID-19-ähnlicher Symp­tome für 8
  Tage hospitalisiert. Im Vergleich dazu wurden 3 Er-
  wachsene (5,4 %) wegen ihrer COVID-19-
  Diagnose hospitalisiert. Einer (männlich, 52 J.) wur-         Fälle. Von diesen litten 2 Kinder (13 und 2 Jahre alt)
  de wegen eines schweren Krankheitsverlaufs auf der            an mildem Asthma. Der 13-jährige Junge war zwei
  Intensivstation behandelt, die beiden anderen wur-            Tage lang symptomatisch. Atembeschwerden wur-
  den aufgrund eines reduzierten Allgemeinzustandes             den dokumentiert, konnten jedoch sowohl durch die
  stationär behandelt. Sowohl bei den Erwachsenen als           chronische Lungenerkrankung als auch durch
  auch bei den Kindern gab es keine Todesfälle.                 COVID-19 bedingt gewesen sein. Das 2-jährige asth­
                                                                matische Kind zeigte dagegen eine zwar milde aber
  Vorerkrankungen                                               langdauernde COVID-19-Symptomatik mit Fieber
  Informationen über vorbestehende Erkrankungen                 und leichtem Husten über einen Zeitraum von
  gab es nur für 5 der 102 laborbestätigten SARS-CoV-2-         18  Tagen. Von den Erwachsenen hatten 2 Personen
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