DOKUMENTATION KULTURCAMP MÜNSTERLAND 2021 - HEUTE ÜBER MORGEN REDEN 8. Juni 2021, 10:00-16:00 Uhr, Online - Münsterland e.V.

Die Seite wird erstellt Pascal Gruber
 
WEITER LESEN
DOKUMENTATION KULTURCAMP MÜNSTERLAND 2021 - HEUTE ÜBER MORGEN REDEN 8. Juni 2021, 10:00-16:00 Uhr, Online - Münsterland e.V.
MÜNSTERLAND E.V. KULTURBÜRO             muensterland.com/kultur

DOKUMENTATION
KULTURCAMP MÜNSTERLAND 2021 –
HEUTE ÜBER MORGEN REDEN
8. Juni 2021, 10:00-16:00 Uhr, Online
DOKUMENTATION KULTURCAMP MÜNSTERLAND 2021 - HEUTE ÜBER MORGEN REDEN 8. Juni 2021, 10:00-16:00 Uhr, Online - Münsterland e.V.
Münsterland Münsterland
                                                                                                          e.V. Kulturbüro Kulturcamp
                                                                                                                        e.V. KulturbüroMünsterland
                                                                                                                                        Kulturcamp 2021           2

text

                                                                                                                                                                ©
                                Das Team des Kulturbüros: Jolie Drath, Lars Krolik, Simone Schiffer und Andre Sebastian (v.l.n.r.), Foto: Münsterland e.V./Kulturbüro

HEUTE ÜBER MORGEN REDEN                                                     Wahl im Münsterland buchen. Diese Spaziergänge, Modul
                                                                            4, 8 und 12, sind kein Bestandteil dieser Dokumentation,
                                                                            jedoch haben einige Gespräche die Grundlage für das
Unter diesem Motto trafen sich am 8. Juni 2021 knapp 120
                                                                            Modul 15 „Spaziert, Diskutiert – und jetzt?“ gebildet.
Kunst- und Kulturschaffende beim ersten Kulturcamp
                                                                            Auf den folgenden Seiten haben wir versucht, die zent-
Münsterland. In dieser Dokumentation fassen wir die
                                                                            ralen Aussagen der einzelnen Module zu erfassen und zu
Inhalte und die Ergebnisse der insgesamt zwölf Module
                                                                            bündeln. Natürlich kann solch eine Dokumentation nur
zusammen.
                                                                            einen Bruchteil der gesamten Veranstaltung wiedergeben.
                                                                            Wir hoffen jedoch, auf diese Weise einen Eindruck ver-
Bislang gab es kein regionales Format, bei dem Künst-
                                                                            mitteln zu können, über was in den jeweiligen Modulen
ler:innen, Menschen aus der Kulturverwaltung und der
                                                                            geredet wurde.
Kulturpolitik sowie die Akteur:innen aus den regionalen
Kultureinrichtungen sich zu einem Austausch treffen
                                                                            Unser Dank gilt neben den Teilnehmenden vor allem den
konnten. Daher haben wir das Kulturcamp Münsterland
                                                                            Referent:innen. Nur mit ihrer kompetenten Unterstüt-
ins Leben gerufen. Kein klassisches Konferenzformat,
                                                                            zung, ihren Erfahrungen in Projekten und ihrer Kenntnis
sondern stärker am Austausch orientiert: weniger formal,
                                                                            der regionalen Kulturlandschaft konnten wir solch ein
weniger streng, weniger hierarchisch – mehr auf Augenhö-
                                                                            umfangreiches Programm auf die Beine stellen.
he, mehr Dialog, mehr Camp.

Das fehlende Format und die Corona-Pandemie flossen
natürlich in die Planungen des Kulturcamps mit ein.
Anders als ursprünglich geplant, fand die Veranstaltung
online statt. Dadurch vielleicht mit weniger Austausch,
aber mit ebenso vielen wichtigen Themen: Ob es um die
Potentiale digitaler Kulturangebote, die Aufgaben der
Kulturverwaltung in der Zukunft oder die Partizipations-
möglichkeiten junger Erwachsener ging – das Kulturcamp
                                                                            VIEL SPASS BEIM LESEN
hat zahlreiche thematische Fässer geöffnet, die für die                     DIESER DOKUMENTATION!
kulturelle Zukunft der Region relevant sind.
                                                                            Ihr/Euer
Neben den Online-Modulen konnten die Teilnehmenden                          Team des Kulturbüros Münsterland
individuelle „Systemrelevanziergänge“ mit dem Stadt-
ensemble Münster live und in Farbe an einem Ort ihrer                       Andre Sebastian, Simone Schiffer, Lars Krolik, Jolie Drath
DOKUMENTATION KULTURCAMP MÜNSTERLAND 2021 - HEUTE ÜBER MORGEN REDEN 8. Juni 2021, 10:00-16:00 Uhr, Online - Münsterland e.V.
Münsterland e.V. Kulturbüro Kulturcamp Münsterland 2021         3

                                                                          Impressionen der Veranstaltung, Fotos: Münsterland e.V./Kulturbüro

...................................                          DIE ÖFFENTLICHSTE ALLER KÜNSTE
BEGRÜSSUNG
                                                             In diesem Modul ging es darum, was es für die praktische
                                                             Umsetzung von Kunst im öffentlichen Raum (KiöR) braucht.
Mit
                                                             Anhand einiger Beispiele aus der Praxis wurde aufgezeigt,
Nathalie Nehues (Moderation)
                                                             welche Gelingensbedingungen einem solchen Projekt zur
Petra Becker (Referat für Regionale Kulturpolitik beim
                                                             Realisierung verhelfen und welche Rollen den Kommunen,
Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW)
                                                             den Bürger:innen und den Kunstschaffenden dabei zukom-
Dr. Christian Schulze Pellengahr (Landrat des Kreises
                                                             men. Die Sicht der Künstler:innen und Kulturschaffenden
Coesfeld, Vorsitzender des Kulturrates Münsterland)
                                                             wurde durch den Erfahrungsbericht von Daniela Schlüter,
Klaus Ehling (Vorstand des Münsterland e.V.)
                                                             eine der Kurator:innen des Projekts „Kunststation Stadt-
Andre Sebastian (Leiter des Kulturbüros des
                                                             lohn“, eingebracht. Dr. Yasmine Freigang nahm in diesem
Münsterland e.V.)
                                                             Modul vor allem die Sichtweise der Kulturverwaltung ein.

Die Moderatorin Nathalie Nehues begrüßte die Teilneh-
                                                             In diesem ersten Teil des zweiteiligen Moduls ging es um
menden zum ersten Kulturcamp Münsterland. Die Veran-
                                                             konkrete Beispiele, die praktische Arbeit vor Ort und die
staltung wurde mit einer kurzen Talkrunde eröffnet. Gäste
                                                             unterschiedlichen Herausforderungen zwischen städti-
waren Petra Becker vom Referat für Regionale Kulturpolitik
                                                             schen und ländlichen Räumen.
beim Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes
NRW, Dr. Christian Schulze Pellengahr, Landrat des Kreises
                                                             Zu Beginn wurde der Begriff Kunst im öffentlichen Raum
Coesfeld und Vorsitzender des Kulturrates Münsterland,
                                                             als zeitgenössische, bildende Kunst (z. B. Skulpturen,
Klaus Ehling, Vorstand des Münsterland e.V., und Andre Se-
                                                             Installationen, Graffiti, Brunnen etc.) definiert. Sie sollte
bastian, Leiter des Kulturbüros beim Münsterland e.V., das
                                                             kuratiert sein und klar definierten Qualitätsansprüchen
dieses Kulturcamp veranstaltet hat. In ihren Statements
                                                             genügen. Ausdrücklich nicht gemeint waren Mahnmale,
unterstrichen die Gäste die Notwendigkeit von vielfältiger
                                                             Gedenkstätten, Kunsthandwerk, Dorfschilder von Heimat-
Kultur und vernetzenden und kooperierenden Projekten.
                                                             vereinen etc. KiöR wurde als die öffentlichste aller Künste
Dem Kulturcamp als Austauschformat wurde dabei eine
                                                             beschrieben, da sie kostenlos und für alle frei zugänglich
wichtige Funktion zugeschrieben: eine dialogische Platt-
                                                             sei, schließlich gehöre der öffentliche Raum allen.
form, auf der sich die Kunst- und Kulturschaffenden aus
der Region über zukunftsrelevante Themen verständigen
                                                             Die Fragen an die Referentinnen zum Projekt in Stadt-
und wichtige Impulse für eine vielfältige Kulturlandschaft
                                                             lohn betrafen vor allem die Herstellung von Akzeptanz für
geben. Das Kulturcamp soll eine Grundlage bilden, um be-
                                                             dieses Projekt – sowohl in der Bevölkerung als auch in der
vorstehende Erneuerungsprozesse aktiv mitzugestalten.
                                                             Politik. Die Schlüssel waren aus Sicht von Daniela Schlüter
                                                             Kommunikationsleistung, große Transparenz, ausreichen-
...................................                          der Vorlauf des Vorhabens und die Einbeziehung der Bür-
MODUL 1                                                      ger:innen. Schlüter berichtete über gemeinsame Stadtbe-
                                                             gehungen, gemeinsames Brainstorming und viele Anlässe,
Kunst im öffentlichen Raum 1 –                               um sowohl die Bürger:innen als auch die ausgewählten
Beispiele aus der Praxis                                     Künstler:innen ins Boot zu holen: „Man muss die Leute
                                                             mitnehmen.“ Den Beginn des Prozesses beschrieb sie als
Mit                                                          „holperig“. Ausschlaggebend für das Gelingen sei letztlich
Dr. Yasmine Freigang (LWL, Kultur in Westfalen)              die offene Zustimmung der Bevölkerung gewesen.
Daniela Schlüter (Freie Künstlerin und Kuratorin)
DOKUMENTATION KULTURCAMP MÜNSTERLAND 2021 - HEUTE ÜBER MORGEN REDEN 8. Juni 2021, 10:00-16:00 Uhr, Online - Münsterland e.V.
Münsterland e.V. Kulturbüro Kulturcamp Münsterland 2021   4

Beide Referentinnen betonten die Wichtigkeit, dass der
                                                               „HOLT EUCH FACHLEUTE INS BOOT!“
kuratorische Prozess – die Auswahl der Künstler:innen,
der Kunstwerke, der Orte – von Fachleuten übernommen
                                                               Es wurde betont, wie wichtig die umfassende Dokumen-
werden sollte.
                                                               tation von vorhandener Kunst sei, um wieder mehr für die
                                                               Wahrnehmung von KiöR zu sorgen. Ein Rat an alle Teilneh-
Als Beispiel für gelingende Partizipation stellte Dr. Yasmi-
                                                               menden: Die jeweiligen kommunalen Verwaltungen dazu
ne Freigang das Soester Lichtkunstprojekt „Wild in Life“
                                                               animieren, Informationen zu einem Kunstwerk zusam-
vor. Der englische Lichtkünstler Ron Haselden arbeite-
                                                               menzutragen. Es sollte eine kunstverständige Fachkraft
te dort zusammen mit Grundschulkindern zu Insekten.
                                                               pro Kommune geben, die zuständig ist für Hege, Pflege,
Die Hauseigentümer:innen, sogenannte Gastfamilien,
                                                               Restaurierung, Säuberung, Beschilderung, Apps etc. Dr.
kümmerten sich um die Pflege und Instandhaltung der
                                                               Yasmine Freigang wies explizit auf den Leitfaden der NRW-
Licht-Objekte an ihren Häusern. Ebenfalls involviert war
                                                               Kulturamtsleiterkonferenz aus dem Jahr 2012 hin („Kunst
der Verein „Wallimlicht“. Ein gelungenes Beispiel für die
                                                               im öffentlichen Raum. Ein Arbeitspapier mit dem Ziel der
Einbeziehung verschiedener Bevölkerungsgruppen.
                                                               Selbstverpflichtung der Städte und Gemeinden in NRW“).

„DIE MENSCHEN WOLLEN WISSEN,                                   Hinsichtlich des Aspektes der Kunstvermittlung sollten
                                                               viel mehr Anlässe geschaffen werden, bei denen die
WAS DU VORHAST UND WARUM.“                                     Kunstwerke regelmäßig erklärt und vorgestellt werden.
                                                               Viele Bewohner:innen wüssten gar nicht mehr, was eine
Als sehr guten Impuls empfanden die Teilnehmer:innen           Skulptur etc. vor Ort bedeute.
den Vorschlag, eine Stadtbegehung mit Expert:innen zu
machen. Ebenfalls große Zustimmung erfuhr der Hin-             Um den Dialog der verschiedenen Akteursgruppen vor Ort
weis auf Transparenz und den Ansatz, durch frühzeitigen        zu vereinfachen, schlugen die beiden Referentinnen Dorf-
Dialog „Anlässe zu schaffen“ an den zentralen Orten wie        feste und Come-Together-Veranstaltungen vor. Als Bei-
Marktplätzen etc., um sich zu begegnen und auszutau-           spiel wurde der Rote-Teppich-Tag in Oelde angeführt, an
schen. Daniela Schlüter: „Das braucht Zeit. Die Menschen       dem die Gäste Geschichten und Hintergrund-Informatio-
wollen wissen, was du vorhast und warum.“                      nen zu den vorhandenen Kunstwerken erfahren konnten.

Als weiterer Erfolgsfaktor hat sich das konkrete Erzählen      Zudem bräuchten Kulturschaffende und Verwaltung nicht
der Geschichte und der Idee herausgestellt. Die Erfahrung      nur Geld, sondern auch ganz praktische Arten der Unter-
hat gezeigt: Wenn die Menschen auf Augenhöhe von Ideen         stützung (Bauhof, Handwerk etc.). Wichtig sei hier ein
erzählt bekommen, können sie viel besser sehen, ob oder        konstanter Dialog mit den Beteiligten über ihre Bedarfe
dass etwas zu ihnen passt. Das wurde später jeweils auch       und Erfahrungen. Daniela Schlüter bemerkte dazu: „Der
wichtig in Abstimmungsprozessen zur Finanzierung (mit          Bauhof in Stadtlohn war unbezahlbar.“
Investoren, Sponsoren, Politik), für die praktische Arbeit
und für die Zustimmung einzelner Personen.                     Des Weiteren wurden folgende Ziele bzw.
                                                               Gelingensbedingungen formuliert:
Dr. Yasmine Freigang merkte an, dass Städte mit Blick auf      • Das primäre Ziel der Kulturschaffenden für die
Kunst im öffentlichen Raum ein Konzept bräuchten und             Bürger:innen muss sein, eine Steigerung der
die Bürger:innen hier beteiligt werden sollten. Künst-           Aufenthaltsqualität zu schaffen.
ler:innen und Expert:innen müssten dazu geholt werden:         • Kunst muss man können! Man muss Fachleute dafür
Man solle Stadtplaner:innen und Politiker:innen nicht auf        anheuern.
sich allein gestellt arbeiten lassen. Im ländlichen Raum       • Es ist hilfreich, wenn Initiator:innen und/oder
könnten der:die Pfarrer:in und der Bauhof wichtig sein, in       Sponsor:innen aus dem Ort oder der Gegend kommen
Städten vielleicht Ladenbesitzer:innen und Architekt:in-         und ihren „eigenen Raum“ bespielen.
nen. Bürgerentscheide könnten ein sinnvolles Instrument
darstellen. Hervorgehoben wurde zudem, dass vermehrt           Kunst im öffentlichen Raum ist ein hochemotionales
auftretende, leerstehende Ladenlokale in den Innenstäd-        Thema! Es bedarf daher klarer Regeln und eindeutiger
ten nicht bloß mit neuem Einzelhandel oder Kettenfilia-        Absprachen.
len gefüllt werden dürften, sondern vielmehr der Mensch
und soziale, kulturelle Bedürfnisse wieder in den Mittel-
punkt gestellt werden müssten.                                 			      ZUR PRÄSENTATION
DOKUMENTATION KULTURCAMP MÜNSTERLAND 2021 - HEUTE ÜBER MORGEN REDEN 8. Juni 2021, 10:00-16:00 Uhr, Online - Münsterland e.V.
Münsterland e.V. Kulturbüro Kulturcamp Münsterland 2021   5

...................................                         Auf Nachfrage der Teilnehmenden erläuterten Wilting und
                                                            Nordhoff, dass sich die konkreten Zuschauerkapazitäten
MODUL 2                                                     nach den aktuellen Corona-Bestimmungen richten. Bis zu
Ideen- und Projektbörse Teil I                              acht Personen könnten gleichzeitig in die Pedalen treten.

                                                                                                                             ©
„Suche Bühne, biete Kunst“                                  Denn: Das gemeinsame Radeln stünde im Vordergrund.
                                                            Das betonte auch Daniel Huhn von der Filmwerkstatt
                                                            Münster, seit 2020 Kooperationspartner des Fahrradkinos
Moderation:
                                                            Münster. Der positive Nebeneffekt: Wer radelnd Strom
Simone Schiffer (Kulturbüro Münsterland)
                                                            erzeugt, wird gleichzeitig für das Thema Stromverbrauch
                                                            sensibilisiert.
Die zweiteilige Ideen- und Projektbörse des Kulturcamps
brachte suchende und bietende Kulturakteur:innen zu-
                                                            In der anschließenden Feedback-Runde bekundete Corin-
sammen. Im ersten Modul „Suche Bühne, biete Kunst“
                                                            na Endlich, Leiterin der Kulturabteilung im Kreis Borken,
stellten sich zunächst das Fahrradkino Münster und Klaus
                                                            Interesse an einer Kooperation für das Kurzfilmfestival
Menning vom Figurentheater „Hille Puppille“ vor. Im An-
                                                            IDEALE, das im September 2022 stattfinden soll. Andreas
schluss hatten die Teilnehmenden spontan die Gelegen-
                                                            Wilting begrüßte die Idee, ergänzte allerdings, dass ein
heit, sich zu präsentieren. Was deutlich wurde, war der
                                                            kostenfreier Zugang zum Ort Voraussetzung sei, da sich
Bedarf an Austausch und Vernetzung.
                                                            das Fahrradkino Münster als eine gemeinwohlorientierte,
                                                            nicht-kommerzielle und CO2-neutrale Alternative zu bis-
„BIETE MOBILEN KULTURRAUM, SUCHE                            herigen Kino- und Kulturvorstellungen verstehe. Ideen,
STROMABHÄNGIGES KULTUREVENT“ –                              Anfragen und Vorschläge nimmt das Team unter
                                                            info@fahrradkino-ms.de entgegen.
DAS FAHRRADKINO MÜNSTER                                     Weitere Infos: www.fahrradkino-ms.de

Mit eigener Muskelkraft und kollektiv Strom erzeugen, für
Filmvorführungen, Musikevents und andere Kulturver-         AUF DER SUCHE NACH DEM
anstaltungen, das ist die Idee des Fahrradkinos Münster.    VERLORENEN PUBLIKUM – DIE
Christian Nordhoff und Andreas Wilting, Mitinitiatoren
des Projekts und Teil des Teams, stellten live im Studio
                                                            THEATERBOX VOM FIGURENTHEATER
die Funktionsweise vor. Die Ausrüstung – ein System aus     „HILLE PUPPILLE“
Rollentrainern mit Generator – transportiert das Fahr-
radkino-Team per Lastenrad. Das Fahrradkino kann an         Klaus Menning vom Figurentheater „Hille Puppille“ in
stromunabhängigen Orten innerhalb und außerhalb der         Dülmen stellte die mobile Theaterbox vor. Diese tourt
Stadt zum Einsatz kommen, innerhalb eines Kinderferien-     zwischen Juli und August 2021 als „Theater am Rande“
programms genauso wie auf einem Open-Air-Festival, in       durch 20 Orte im Münsterland, darunter Wochenmärkte,
städtischen Hinterhöfen wie auf Freiflächen in der Natur.   Rathaus-, Museums- oder Kirchplätze, Parks und Bahn-
Ziel sei es, der regionalen und lokalen Filmkultur eine     höfe. Das Motto: „Wenn das Publikum nicht zum Theater
Bühne zu bieten, betonte Andreas Wilting. Daher würden      kommen kann, kommt das Theater zum Publikum“. Die
Blockbuster und kommerzielle Kinofilme nicht gezeigt.       Theaterbox, ein umgebauter Verkaufswagenanhänger im
Bislang liegen die Programmschwerpunkte auf Themen          Gewand eines Ü-Wagens, wird vom Fonds Darstellende
wie Umwelt und Feminismus. Das Fahrradkino kooperiert       Künste, vom nordrhein-westfälischen Kultur- und Wis-
außerdem mit dem International Cycling Filmfestival in      senschaftsministerium und vom NRW Landesbüro Freie
Herne, weitere Aktionen befinden sich derzeit in Planung.   Darstellende Künste gefördert.
DOKUMENTATION KULTURCAMP MÜNSTERLAND 2021 - HEUTE ÜBER MORGEN REDEN 8. Juni 2021, 10:00-16:00 Uhr, Online - Münsterland e.V.
Münsterland Münsterland     Kulturcamp
                                                                                                   e.V.
                                                                                     e.V. Kulturbüro               Kulturcamp 2021
                                                                                                        KulturbüroMünsterland        6

Das Publikum erlebt eine dreistündige Kunstperformance,
                                                             ...................................
darunter die Inszenierung des Stücks „Die drei kleinen
Schweinchen“, das live aus dem Theater übertragen wird.      MODUL 3
Klaus Menning erklärte, dass sich mit dem Zuschauer-         Stichwort Planungssicherheit –
platz eine Grundfläche von etwa hundert Quadratmetern
ergebe. Als „Theater am Rande“ sei die Theaterbox al-
                                                             Aktuelle Herausforderungen in der
lerdings nur temporär geplant. Zukünftig soll sie in das     Veranstaltungsorganisation
Open-Air-Segment des Figurentheaters integriert werden.
Einzige Voraussetzung für den Einsatz der Theaterbox sei     Mit
ein Stromanschluss. Wie viele Zuschauer:innen die mobile     Markus Kleymann (Leitung Stabstelle Kultur und Sport,
Bühne konkret zulasse, hänge von den aktuellen Corona-       Gemeinde Senden)
Bedingungen ab. Erfahrungsgemäß seien Orte mit einer         Patrick Pieper (Münsterland e.V.) zum Thema TiM (Touris-

                                                                                                                                 ©
Zuschauergröße von 150 Personen sehr gut bespielbar.         tiker im Münsterland)
Die Theaterbox kann bis Herbst gebucht werden. Ideen
und Anfragen, auch zu Kosten, nimmt Klaus Menning ger-       WENN DIE INZIDENZZAHL DIE
ne entgegen: post@hille-puppille.de.
                                                             PLANUNGEN BESTIMMT
Weitere Informationen unter
                                                             In dem Modul ging es vor allem um die konkrete Umsetzung
https://www.hille-puppille.de
                                                             der Corona-Maßnahmen bei der Planung von und während
                                                             Veranstaltungen. Markus Kleymann stellte in einem Impuls-
Weitere Kurzvorstellungen
                                                             vortag vor, dass es in Senden im vergangenen Jahr 25 Ver-
                                                             anstaltungen an verschiedenen Locations gab. Die meisten
„SUCHE OPEN-AIR-BÜHNE,                                       davon fanden draußen statt, z. B. auf der Sommerbühne am

BIETE ZEITGENÖSSISCHE                                        Cabrio, im Sendener Bürgerpark, auf dem Sportplatz, auf
                                                             dem Grundschulhof und in verschiedenen Ortsteilen. Als
IMPROVISATIONSKUNST“                                         wichtigste Grundvoraussetzungen bei der Organisation von
                                                             Veranstaltungen nannte er den Mut, trotz der schwierigen
Spontan meldete sich Christian Berlin vom „Peng! Im-         Umstände in die Planung zu gehen und Vertrauen in die
protheater“ aus Münster zu Wort. Das Ensemble bespielt       verantwortlichen Verwaltungsmitarbeitenden sowie in die
Kleinkunstbühnen, war aber auch schon im LWL-Museum          Künstler:innen, die vorwiegend aus der Region kamen und
zu Gast. Interesse besteht aktuell an Bühnen (wenn mög-      zu denen vorher bereits ein gutes Vertrauensverhältnis be-
lich mit Technikausstattung) im gesamten Münsterland.        stand, außerdem Gelassenheit bei den Veranstaltungen, um
www.peng-impro.de                                            sich selbst einen gewissen Handlungsspielraum zu ermög-
                                                             lichen. Als besonders wichtig hätte sich zudem der gute,
„SUCHE HÖRER:INNEN UND                                       vertrauensvolle Kontakt zum Ordnungsamt herausgestellt.

MULTIPLIKATOR:INNEN, BIETE PODCAST“
                                                             KULTUR TROTZT CORONA
Um als Künstlerin auch während der Pandemie sichtbar zu
bleiben, kreierte die Autorin, Komikerin und Regisseurin     Die Fragen der Teilnehmenden bezogen sich auf die Ren-
Gabi Sutter mithilfe eines Stipendiums des Landes NRW        tabilität der Veranstaltungen, den Umgang mit dem Ord-
den Podcast „Schnabbelründchen“.                             nungsamt, den Unterschied zwischen freien Akteur:innen
                                                             und kommunalen Veranstalter:innen und auf die konkrete
Derzeit suche sie Zuhörer:innen und Multiplikator:innen.     Umsetzung der aktuellen Corona-Regeln, wie z. B. den
Außerdem biete sie Impro-Speed-Poetry. Dass das auch         Mindestabstand oder die Rückverfolgbarkeit.
digital funktioniert, demonstrierte sie sogleich mit einem
spontan kreierten Gedicht aus den drei Begriffen des Pu-     Da die Zeit nicht zur Klärung aller Fragen reichte, stell-
blikums. Zu guter Letzt machte sie auf die „Märchenwerk-     te Patrick Pieper mit dem Tool TiM eine Möglichkeit vor,
statt“ aufmerksam. Der zweistündige Workshop richtet         den Austausch auch nach der Veranstaltung fortsetzen
sich an Kinder von sieben bis zwölf Jahren. Interessierte    zu können. Mit diesem Online-Tool würde registrierten
erreichen Gabi Sutter unter info@gabi-sutter.de
DOKUMENTATION KULTURCAMP MÜNSTERLAND 2021 - HEUTE ÜBER MORGEN REDEN 8. Juni 2021, 10:00-16:00 Uhr, Online - Münsterland e.V.
Münsterland e.V. Kulturbüro Kulturcamp Münsterland 2021   7

                                                                                                                                 ©
Nutzer:innen auf einer internen Seite ein unkomplizierter      werden nicht separat kontrolliert. Bei auftretenden
Austausch über Touristik-Themen wie z. B. Veranstal-           Problemen oder Fragen wird das Ordnungsamt direkt
tungsorganisation unter Corona-Bedingungen ermöglicht.         einbezogen. Das liefe laut Markus Kleymann besonders
                                                               reibungslos bei Veranstaltung aus dem eigenen Haus. Bei
Hier eine kurze Zusammenfassung der diskutierten               Fremdveranstaltern, wie z. B. kleinen Kulturinitiativen, sei
Themen und Fragen:                                             der gute Draht zum Ordnungsamt umso wichtiger.

Planung von Veranstaltungen – drinnen oder draußen?
Markus Kleymann gab an, Veranstaltungen in Senden wei-         Rückverfolgbarkeit
terhin möglichst draußen zu planen. Vorteil: Hierdurch lie-    Die Corona-Schutzverordnung regelt die Rückverfolgbar-
ßen sich auch neue Orte für Kulturveranstaltungen entde-       keit und wird in Senden so ausgelegt, dass die einfache
cken. Die Möglichkeit, eine Veranstaltung nach drinnen zu      Rückverfolgbarkeit durch das Eintragen der Kontaktdaten
verlegen, sollte bei der Planung jedoch mitgedacht werden.     in Listen oder z. B. über die Luca-App erfolge, solange der
                                                               Mindestabstand eingehalten werden könne. Ließe sich
Finanzierung von Kulturveranstaltungen                         der Mindestabstand nicht einhalten, müsse die beson-
In Senden gebe es einen guten Kulturetat, außerdem             dere Rückverfolgung gewährleistet werden, bei der jeder
würden Fördergelder beantragt (z. B. „Neustart Kultur“,        Gast zusätzlich zur Abgabe der Kontaktdaten einen festen
ein Förderprogramm der Bundesregierung). Einige Ver-           Platz zugeteilt bekäme.
anstalter:innen trügen die Finanzierung selbst, dies sei
in Senden beispielsweise bei einem Konzert des WDR 5           Ein Teilnehmer forderte mehr Gleichbehandlung von
der Fall gewesen. Die Eintrittspreise lägen in Senden für      kommunalen und freien Veranstalter:innen, die es bei der
Kindertheater bei vier Euro, für Konzerte zwischen 15 und      Genehmigung von Veranstaltungen in größeren Städten
25 Euro. Durch die Neueinrichtung eines Online-Ticketsys-      oft weitaus schwieriger hätten. Es brauche hier mehr fi-
tems (TicketPAY) seien die Tickets zwei Euro teurer gewor-     nanzielle und personelle Unterstützung, um den erhöhten
den. Einige Veranstaltungen, z. B. Kindertheater, sind nicht   Aufwand bei der Planung und während der Veranstaltun-
kostendeckend. Hier werde auf Geld zurückgegriffen, das        gen ausgleichen zu können. Zum Abschluss dieses Moduls
im Kulturetat, z. B. bedingt durch den Ausfall von großen      gab Markus Kleymann den Teilnehmenden die Parole mit
Stadtfesten, übrig geblieben sei.                              auf den Weg: „Immer schön mutig sein!“

Genehmigungen durch das Ordnungsamt                            			       ZU DEN PRÄSENTATIONEN
Ein guter, vertrauensvoller Kontakt zum Ordnungsamt
sei sehr wichtig. In Senden werde eine Vorbesprechung
vor der Saison gemacht, die einzelnen Veranstaltungen
DOKUMENTATION KULTURCAMP MÜNSTERLAND 2021 - HEUTE ÜBER MORGEN REDEN 8. Juni 2021, 10:00-16:00 Uhr, Online - Münsterland e.V.
Münsterland e.V. Kulturbüro Kulturcamp Münsterland 2021   8

...................................                          Vermarktung wesentlich einfacher, wenn Angebote direkt
                                                             online buchbar sind. Für kleine Museen und Veranstalter
MODUL 5                                                      gibt es die Möglichkeit, das Buchungssystem des Müns-
Kultur und Tourismus – Der Weg                               terland e.V. zu nutzen und für einen geringen Betrag auf

zum gemeinsamen Angebot                                      der eigenen Website einzubinden.

                                                             Auch wenn es wie eine Selbstverständlichkeit klingt, beton-
Mit                                                          ten beide Referent:innen wiederholt: Der wichtigste Punkt
Birgit Lenter (Geschäftsführerin Havixbeck Marketing)        beim Thema Vernetzung von Kultur und Tourismus ist der
Dr. Kai Pagenkopf (Geograph und Tourismusberater, Con-       gute, verständnisvolle Austausch über alle Ebenen hinweg.
sulting-Büro Dr. Kai Pagenkopf)

                                                             DAS PROJEKT
GEGENSEITIGE ERWARTUNGEN UND
                                                             „DROSTE-LANDSCHAFT : LYRIKWEG“
VERSTÄNDNISVOLLER AUSTAUSCH
                                                             Als konkretes Beispiel aus der Praxis wurde der Planungs-
In diesem Workshop ging es darum, Kulturschaffende und
                                                             weg des Projekts „Droste-Landschaft : Lyrikweg“ vorge-
Touristiker:innen zusammenzubringen, um den Besu-
                                                             stellt, den Dr. Kai Pagenkopf und Birgit Lenter begleite-
cher:innen und Gästen den Weg zum Angebot besonders
                                                             ten. Dieser wurde in fünf Planungsschritte gegliedert:
leicht und attraktiv zu gestalten. Es wurden grundsätz-
liche Fragen wie „Was erwarten Kulturschaffende von          1.		 Klärung der Ausgangssituation (Idee für ein Angebot;
Touristiker:innen?“ angesprochen. Anhand guter Beispiele     		 wen möchte ich bei der Planung mit ins Boot holen?)
aus der Praxis zeigten die Referent:innen, welche Fakto-     2.		 Zielgruppenanalyse (Wen möchte ich ansprechen?
ren einen kommunikativen Prozess zum Erfolg führen und       		 Personas entwickeln, Customer Journey: Inspiration,
wie beide Seiten davon profitieren können.                   		 Information, Buchung, Aufenthalt, Reflexion)
                                                             3.		 Entwicklung der Service- und Leistungskette (neben
Die Runde begann mit der Klärung                             		 dem eigenen Angebot weitere Faktoren wie
grundsätzlicher Fragen:                                      		 Cafébesuche, Übernachtungsmöglichkeiten mitdenken)
                                                             4. Musterablauf (z. B. Wie bewegt sich ein Gast durch eine
Wer oder was sind Touristiker:innen?
                                                             		 Ausstellung? Was kann ich meinen Gästen für die
Touristiker:innen sind zum einen die Anbieter:innen, die
                                                             		 Planung eines gelungenen Tages empfehlen?
touristische Angebote schaffen, zum anderen die institu-
                                                             		 Zielgruppe vor Augen haben)
tionellen Strukturen, die sich auf verschiedenen Ebenen
                                                             5.		 Vermarktung und Organisation (Welche Medien nutze
um die Organisation und die Vermarktung der Angebote
                                                             		 ich? Welche Partner binde ich mit ein?)
kümmern. Dazu zählen z. B. städtische Tourist-Informatio-
nen oder der Münsterland e.V. für die Region Münsterland.
                                                             Der hohe Aufwand wird durch ein gut durchdachtes kul-
Was erwarten Kulturschaffende von Touristiker:innen?
                                                             turelles und touristisches Produkt gerechtfertigt, das zu-
Sie erwarten Informationen über weitere Angebote in der
                                                             gleich mit dem Aufbau eines Netzwerks von unterschied-
Umgebung, um den Gästen zusätzlich zum eigenen Produkt
                                                             lichen Akteur:innen aus der Region verknüpft ist. Im Fall
einen Mehrwert bieten zu können. Dafür sind der Austausch
                                                             des Lyrikweges planten Kulturschaffende, Touristiker:in-
untereinander und die Netzwerkbildung sehr wichtig. Denn
                                                             nen sowie Expert:innen aus Übernachtungsbetrieben und
nur, wenn man eine gemeinsame Sprache spricht und weiß,
                                                             Museen gemeinsam.
was die unterschiedlichen Gruppen voneinander erwarten,
führt die Zusammenarbeit zum Erfolg. Außerdem profitieren
Kulturschaffende von der Vermarktung durch Touristiker:in-   NEUE MÖGLICHKEITEN
nen und deren großer Reichweite.                             DER VERMARKTUNG
Was erwarten Touristiker:innen von Kulturschaffenden?
                                                             Als weiteres gutes Vermarktungsbeispiel wurde „Dein
Sie erwarten eine offene und verständnisvolle Kommu-
                                                             Potsdam Blog“ vorgestellt – ein Online-Format zur Ver-
nikation, bei der die Inhalte, die die Kulturschaffenden
                                                             marktung der Potsdamer Kulturlandschaft, bei dem
zu ihren Projekten weitergeben, kurz und gut aufbereitet
                                                             Besucher:innen aus der eigenen Sicht das Erlebte be-
sind. Denn Touristiker:innen können die Projekte nur dann
                                                             schreiben und davon erzählen. Weitere Möglichkeiten für
gut vermarkten, wenn die zu vermittelnden Informationen
nicht zu sehr in die Tiefe gehen. Außerdem macht es die
DOKUMENTATION KULTURCAMP MÜNSTERLAND 2021 - HEUTE ÜBER MORGEN REDEN 8. Juni 2021, 10:00-16:00 Uhr, Online - Münsterland e.V.
Münsterland e.V. Kulturbüro Kulturcamp Münsterland 2021   9

die Vermarktung sind z. B. eine gute Website, Podcasts,
                                                            ...................................
Blogs, Vlogs, Videos, Litfaßsäulen-Werbung, Instagram,
Werbeflächen auf Bussen oder Zeitungsbeiträge – immer       MODUL 6
mit dem Ziel, das Angebot sichtbar zu machen und an die     Ideen- und Projektbörse Teil II
eigene Zielgruppe zu kommunizieren. Auch hier bietet das
Agieren innerhalb eines Netzwerks deutlich mehr Mög-
                                                            „Suche Kunst, biete Bühne“
lichkeiten als ein Alleingang.
                                                            Moderation:
                                                            Simone Schiffer (Kulturbüro Münsterland)
Wichtig für einen gute Kommunikation zwischen Kultur-
schaffenden und Touristiker:innen ist es, den Austausch
frühzeitig aktiv zu suchen – so fühlen sich die Touristi-   NEUER FOKUS, NEUE ZIELGRUPPE –
ker:innen stärker mit dem Projekt verbunden und können
es einfacher vermarkten.
                                                            DAS BEISPIEL NOTTULN
                                                            Im zweiten Teil der Ideen- und Projektbörse betraten ver-
KONKRETE TIPPS FÜR AKTEUR:INNEN                             schiedene Kulturveranstalter:innen die virtuelle Bühne.
                                                            Den Anfang machte Lea Jockisch, die seit Januar 2020 das
Der Austausch der verschiedenen Akteur:innen auf allen      neu geschaffene Amt der Kulturkoordinatorin in Nottuln
Ebenen und auf Augenhöhe sowie mit dem Verständnis für-     bekleidet. Sie erläuterte, dass die Kultur mit dem neuen
einander sollte bei Planungsprozessen ganz oben stehen.     Markenkonzept („Natur, Kultur, Genuss“) stärker in den Fo-
                                                            kus gerückt und einer breiteren, auch jüngeren Zielgrup-
Handlungsempfehlung an die Kulturschaffenden:               pe zugänglich gemacht werden soll. Bislang hätten sich
• Touristiker:innen frühzeitig mit ins Boot holen           kulturelle Veranstaltungen der Gemeinde auf Volksfeste
• Informations- und Bildmaterial für sie und die Presse     beschränkt (z. B. Weinfest, Martinimarkt), das restliche
  gut aufbereiten                                           Kulturangebot sei durch ehrenamtliche Kulturschaffende
• Netzwerke um das eigene Projekt bilden                    organisiert worden. Das soll sich mit der kulturellen
• den persönlichen Kontakt zu den Mitwirkenden pflegen      Neuausrichtung ändern. Dafür werden engagierte Kunst-
Außerdem kann es für kleine Kulturinitiativen oder freie    und Kulturschaffende gesucht, die innovative zeitgemäße
Kulturschaffende sinnvoll sein, sich mit anderen Gleich-    Kunst- und Kulturprojekte umsetzen möchten.
gesinnten zusammenzuschließen, um ein gemeinsames
Sprachrohr zu schaffen und Interessen besser vertreten      Zu den bespielbaren Bühnen zählen sowohl Orte, die kultu-
zu können (z. B. moNOkultur in Münster).                    rell bislang weniger belebt waren, beispielsweise der Stift-
                                                            platz im historischen Ortskern und der Rhodepark. Auch
Handlungsempfehlung an die Touristiker:innen:               Kultur- und Bürgerzentren wie die Alte Amtmannei (der
• Sich gegenseitig besser auf dem Schirm haben              Saal im Obergeschoss fasst bis zu 120 Personen) und das
• Mitdenken, dass Kulturarbeit in den verschiedenen         Bürgerzentrum Schulze Frenkings Hof (mit einem Saal für
  Städten und Gemeinden sehr heterogen organisiert ist      bis zu 199 Personen) stünden für kulturelle Veranstaltungen
  und oft auch Ehrenamtliche die Arbeit schultern müssen    zur Verfügung. Eine mobile Bühne (mit insgesamt sechs
• Kultur als identitätsstiftendes Merkmal einer Region      Quadratmetern bespielbarer Fläche) bietet der sogenannte
  begreifen                                                 Kulturcontainer. Er könne von Kulturschaffenden, Einzel-
                                                            personen und Vereinen für Konzerte, Ausstellungen, Perfor-
			      ZUR PRÄSENTATION                                   mances und andere kulturelle Angebote gemietet werden.
                                                            Einzige Voraussetzung sei auch hierfür ein Stromanschluss.
DOKUMENTATION KULTURCAMP MÜNSTERLAND 2021 - HEUTE ÜBER MORGEN REDEN 8. Juni 2021, 10:00-16:00 Uhr, Online - Münsterland e.V.
Münsterland e.V. Kulturbüro Kulturcamp Münsterland 2021   10

Der Transport des Containers könne auf Honorarbasis von      Vernetzung – auch, um praktische, logistische Fragen zu
einer Nottulner Spedition übernommen werden.                 klären. Hinske-Mehlich betonte, dass Zusammenhalt und
                                                             Vernetzung der Kulturszene, auch gemeindeübergreifend,

… STÖSST AUF INTERESSE                                       wichtig seien – nicht nur in pandemischen Zeiten, sondern
                                                             auch angesichts generell knapper personeller Ressourcen
                                                             der Kommunen.
Fragen der Teilnehmenden betrafen unter anderem den
Kulturcontainer und die Finanzierung der gezeigten Kunst.
                                                             			      Präsentation von Lea Jockisch, Gemeinde Nottuln
Lea Jockisch erläuterte, dass sich Kunstschaffende für
eine Kulturförderung der Gemeinde bewerben können.
Viele Vereine und Kunstschaffende organisierten sich aber
                                                             ...................................
auch selbst. Auf weitere Nachfrage erläuterte sie, dass
grundsätzlich alle Räumlichkeiten der Gemeinde genutzt       MODUL 7
werden können, auch das Gymnasium, beispielsweise für        Kunst im öffentlichen Raum 2 –
Musikunterricht und Theaterproben. Konkrete Anfragen
dafür könne sie weiterleiten (jockisch@nottuln.de).
                                                             Kunst gestaltet Zukunft
                                                             Mit
MIT DER KULTURKARTE DAS VOLLE                                Dr. Yasmine Freigang (LWL, Kultur in Westfalen)
PROGRAMM ZUM HALBEN PREIS                                    Daniela Schlüter (Freie Künstlerin und Kuratorin)

Im zweiten Teil der Projektbörse stellte Melanie Hinske-     KUNST GEGEN AUSBLUTENDE
Mehlich (melanie.hinske-mehlich@rosendahl.de), Kultur-
verantwortliche der Gemeinde Rosendahl, Auszüge aus
                                                             INNENSTÄDTE
dem Rosendahler Kulturprogramm vor. Dazu gehört seit
                                                             Als Kunst im öffentlichen Raum (KiöR) wird auch hier, wie
2006 eine Kulturkarte, die Inhaber:innen „volles Programm
                                                             in Teil 1, definiert: zeitgenössische, bildende Kunst wie
für die Hälfte des Eintrittspreises“ bietet. Derzeit werde
                                                             Skulpturen, Installationen, Graffiti, Brunnen etc. Aus-
gezielt nach Ersatz für die Liederabende im Sitzungssaal
                                                             drücklich nicht gemeint sind Mahnmale, Gedenkstätten,
des Rathauses gesucht, die im November 2020 zum letzten
                                                             Kunsthandwerk, Dorfschilder von Heimatvereinen etc.
Mal stattfanden. Der Fokus soll zunächst auf Formaten
                                                             Kunst im öffentlichen Raum ist die öffentlichste aller
wie Theater oder Krimi-Dinner liegen. Abende mit Ka-
                                                             Künste: kostenlos, für alle frei zugänglich, vergleichbar
barettliedern und Klavierbegleitung seien mittelfristig
                                                             mit Pflanzen und Gebäuden.
ebenso denkbar. Auch jüngere Zielgruppen sollen künftig
verstärkt angesprochen werden, denn bislang seien die
                                                             Das Modul basierte auf folgenden Fragestellungen:
Kulturkarten-Inhaber:innen durchschnittlich 65 Jahre alt.
                                                             • Wie wünschen wir uns Kunst im öffentlichen Raum in
                                                               der Zukunft?
VERNETZUNG UND AUSTAUSCH                                     • Wie muss der theoretische Überbau aussehen?
                                                             • Wie können wir „ein gutes Morgen schaffen“ und
Lisa Tschorn, bildende Künstlerin mit dem Schwerpunkt          welche Chancen birgt Kunst im öffentlichen Raum?
Performancekunst, machte auf zwei ihrer Comedy-Büh-
nenprogramme und auf das eher experimentelle Format          Die Umgestaltung der Innenstädte wurde angesprochen
„Praxis Doktor Kunst“ aufmerksam. Spontan stellte sich       und die einhellige Meinung war, dass die Innenstädte
Peter Hägele vom Theater im Begegnungszentrum in der         nicht „ausbluten“ dürften. Städte müssten wieder einzig-
Meerwiese Münster vor. Das Stadtteilkulturbegegnungs-        artig gemacht werden, auch durch Subkultur. Die Refe-
zentrum im Norden von Münster sucht aktuell neue Ideen       rentinnen warfen die Frage in den Raum, was Kunst und
für das Abendprogramm (meerwiese@stadt-muenster.             Kultur dazu beitragen könnten.
de). Per Chat machte auch die Friedenskapelle in Münster
als Konzertraum auf sich aufmerksam, Anfragen an
kontakt@friedenskapelle.ms.

Was in der zweiteiligen Projektbörse deutlich wurde, war
der Bedarf an direktem Austausch und einer Plattform zur
Münsterland e.V. Kulturbüro Kulturcamp Münsterland 2021   11

                                                                                                                                 ©
Stichworte zur Vision aus Sicht von Künstler:innen und       Konsens bestand sowohl bei der Wichtigkeit als auch der
Kulturschaffenden:                                           Chance, kulturtouristische Aspekte stärker zu berücksich-
„Die Städte sind nicht mehr für Menschen gemacht.“   //      tigen.
„Gegenwartskunst soll darstellen, was Menschen umtreibt.“
                                                             Das Einbinden von Fachleuten, auch in speziellen Einzel-
// „Nachhaltige lebenswerte Städte sollen geschaffen         bereichen (z. B. Handwerk, Vermittlung, Finanzierung),
werden, indem mit Kunst gespielt wird.“ // „Die Kunst soll
                                                             wurde für die Zukunft als unverzichtbar befunden. Zu-
dem Bürger auf den Leib rücken.“ // „Die Städte und Orte     dem seien öffentliche Räume nie fertig, sie könnten sich
sollen interdisziplinär neu gedacht werden.“                 immer wieder und weiter wandeln.

Stichworte zur Vision aus Sicht von Verwaltung               Es gab den Hinweis aus dem Plenum, dass bisher von Me-
und Politik:                                                 tropolen oder Kleinstädten gesprochen wurde. Im „richtig
„Alle haben den gemeinsamen Willen, KiöR für alle ge-        ländlichen“ Raum gäbe es keine Flaneure – da führen die
deihlich zu machen.“ // „Alle übernehmen Verantwortung       meisten Menschen mit dem Auto. Man solle jedoch auch

für den öffentlichen Raum.“ // „Kommunen brauchen
                                                             die Kunst im Naturraum berücksichtigen. Als Beispiel wur-
                                                             de die Gegend rund um das DA Kunsthaus Kloster Graven-
Fachleute für Kunst und ein Konzept.“ // „Verantwort-
                                                             horst und ihre kulturtouristischen Potentiale genannt.
lichkeiten und Zuständigkeiten in der Verwaltung müssen
ressortübergreifend geklärt sein.“                           Abschließend wurde der enorme Kommunikations- und
                                                             Zeitaufwand bei Projekten mit Kunst im öffentlichen
ÖFFENTLICHE RÄUME SIND (WIEDER)                              Raum betont.

SOZIALRÄUME                                                  Es solle mehr Verantwortung an die Gemeinschaft ge-
                                                             geben werden, etwa durch den Einsatz von „Pat:innen“,
Es wurde die Aussage diskutiert, dass Innenstädte sich
                                                             welche die Kunstwerke instand halten. Bei der Anschaf-
immer mehr ähnelten und keinen individuellen Gestal-
                                                             fung von Kunst für den öffentlichen Raum sollten die
tungsspielraum mehr anbieten würden. Die Referentinnen
                                                             spezifischen Bedarfe und Möglichkeiten der jeweiligen
schlugen vor, die Innenstädte mit Expert:innenteams zu-
                                                             Orte berücksichtigt werden. Als zukünftiger Wunsch an
nächst zu begehen. Der Impuls zum Initiieren von inter-
                                                             die Verwaltungsebene wurde eine ressortübergreifende
disziplinären Stadtteilspaziergängen wurde vom Plenum
                                                             Verantwortung in den Kommunen formuliert. Zugleich
sehr begrüßt.
                                                             solle auch temporäre Kunst dokumentiert werden.

Eine Antwort auf die Frage, wie man Sozialräume und
                                                             			      ZUR PRÄSENTATION
stärkere Identität schaffen könne, sei nur über Kommuni-
kation, Transparenz und Partizipation zu erlangen.
Münsterland e.V. Kulturbüro Kulturcamp Münsterland 2021   12

...................................                          führten aus, dass Zielgruppen im digitalen Raum leichter
                                                             zu erweitern seien als analog, denn in digitalen Räumen
MODUL 9                                                      treffe man ein Publikum auch außerhalb „der eigenen
Involvierende Räume – Potentiale                             Standard-Bubble“ an.

digitaler Kulturangebote                                     Die Einbindung des Publikums stellte sich als der we-
                                                             sentliche Mehrwert digitaler Angebote dar. Auch inner-
Mit
                                                             halb des Workshops bestätigte sich, dass es bei vielen
Anna Schlottbohm (Filmwerkstatt Münster e.V.)
                                                             Kulturschaffenden wie auch beim Publikum noch großen
Jenny Bohn (Burg Hülshoff - Center for Literature,
                                                             Respekt vor der Technik gibt und man von unterschied-
Projekt „Digitale Burg“)
                                                             lichen Medienkompetenzen der Teilnehmenden in digita-
MÖGLICHKEITEN DER SOZIALEN                                   len Räumen ausgehen muss.

INTERAKTION UND MITGESTALTUNG                                Auf großes Interesse stieß auch der Aspekt hybrider Forma-
                                                             te: Kann das Publikum vor Ort mit digitalem Publikum ver-
In diesem Workshop ging es um Chancen und Heraus-
                                                             mengt werden, etwa bei einer Museumsführung oder einem
forderungen von Kunst im digitalen Raum. Die beiden
                                                             Theaterstück? Wie sieht dann der Hybrid aus? Die Refe-
Referentinnen arbeiten zurzeit an Digitalprojekten, die in
                                                             rentinnen sprachen sich dafür aus, auch diesbezüglich in
unterschiedlichen Entwicklungsphasen stehen. In ihrem
                                                             Verbünden zu arbeiten, Synergien zu schaffen, sich online
Vortrag gaben sie gemeinsam ihr gebündeltes Wissen zu
                                                             zusammenzuschließen und darüber zu beraten, gemeinsam
digitalen Räumen an die Teilnehmer:innen weiter.
                                                             die Tools anzuschauen und die Kosten für Zugänge und
Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass die einfache Über-    Accounts zu teilen. „Es muss ja nicht jeder das Rad neu er-
tragung analoger Projekte und Veranstaltungen zu digita-     finden.“ Ein Plädoyer für solidarischen Wissenstransfer.
len Formaten oftmals nicht funktioniere. Die technischen
                                                             Als weiterer wichtiger Punkt stellte sich heraus: Das Digi-
Möglichkeiten machten jedoch interdisziplinäre Zusammen-
                                                             tale ermöglicht eine unsichtbare Teilnahme. Jenny Bohn:
künfte sehr einfach. Synergien könnten unkompliziert ent-
                                                             „Wir sind auf eine neue Zielgruppe gestoßen: Den:die
stehen und genutzt werden. Der Fokus wurde hier auf die
                                                             Learker:in.“ Gemeint waren passive oder stille Mitleser:in-
Möglichkeiten, aber auch auf die Herausforderungen der
                                                             nen. Menschen könnten ad hoc reinschnuppern oder auch
sozialen Interaktion und Mitgestaltung digitaler Räume ge-
                                                             langfristig dabei sein, ohne sich zu zeigen. Das sei sehr
legt – und worin diese bestehen. Die Referentinnen führten
                                                             involvierend für interessierte Menschen, die bestimmte
die folgenden zehn Potentiale von involvierenden, digita-
                                                             kulturelle Codes befürchten, die sie nicht kennen oder
len Räumen aus, die sich bei der Arbeit an ihren Projekten
                                                             nicht bedienen wollen oder sich nicht willkommen fühl-
herausgestellt haben:
                                                             ten. Diese Barriere könne durch digitale Räume abgebaut
1.		   Zielgruppe: Annäherung & Erweiterung                  werden und eine spätere analoge Teilnahme ermöglichen.
2.		   Ortsunabhängigkeit
3.		   Niedrigschwelliger Zugang                             „DAS PUBLIKUM WILL MITGESTALTEN.“
4.     Übersetzung ins Digitale
5.		   Onboarding                                            Eine Frage aus dem Plenum bezog sich auf die Evaluation
6.     UI & UX, Benutzererlebnis                             digitaler Veranstaltungsformate: Wie finde ich heraus, wie
7.		   Mitgestaltung                                         es meinem Publikum gefallen hat? Wer war von Anfang
8. Synergien                                                 bis Ende dabei? Wie und wo erhalte ich die entsprechen-
                                                             den Daten? Die Ausführungen zu den Tipps und Tools der
9.		 Begegnung
                                                             Referentinnen sind auf dem Miro Board zu finden.
10. Abrufbarkeit /Archivierung
                                                             Daneben stellten die Referentinnen noch einen weiteren
„DIE REICHWEITE ERHÖHT SICH.                                 Vorteil heraus, den sie beim Arbeiten an ihren Projekten
                                                             bemerkt hatten: Das Nachdenken über Zielgruppen und
DAS PUBLIKUM KANN ANDERS
                                                             das Planen des Onboardings sei zugleich ein Reflexions-
PARTIZIPIEREN.“                                              prozess für die Kulturschaffenden selbst. Zudem gestalte-
                                                             ten auch die teilnehmenden Gruppen ihren digitalen Raum
Die Nutzung digitaler Räume und ihrer Technik ermöglich-     und befänden sich somit ebenfalls in einem kreativen
ten eine erweiterte Ansprache und bedeuteten mehr Wis-
sen über die jeweiligen Zielgruppen. Die Referentinnen
Münsterland e.V. Kulturbüro Kulturcamp Münsterland 2021   13

Prozess. Das Fazit der Referentinnen: Das Publikum will
                                                              ...................................
und muss mitgestalten. Und sei es nur durch den Chat
oder die Kommentarfunktion. Es sei aber sehr viel mehr        MODUL 10
als nur das vorstellbar!                                      „Verwaltung des Mangels“ oder
Darüber hinaus thematisierten die Workshop-Teilneh-           aktive Gestaltung des kulturellen
mer:innen das noch nicht vorhandene Gefühl für Aufwand        Lebens?
und Kosten. Die Referentinnen sprachen sich dafür aus,
dass digitale Angebote etwas kosten dürften und müss-         Mit
ten. Denn sie erforderten ebenso wie analoge Angebote         Silke Althoff (Leitung Kulturbüro, Stadt Dülmen)
zeitlichen und personellen Aufwand. Eine mögliche Finan-      Janis Große-Wöstmann (Kulturmanager,
zierung sei das Bezahlmodell „Pay what you want“ / „Zahl      Gemeinde Neuenkirchen)
so viel du willst“.                                           Michael Langer (Kulturkreis Everswinkel)

SYNERGIEN NUTZEN UND                                          SELBSTVERSTÄNDNIS UND AUFGABEN
INTERDISZIPLINÄR DENKEN                                       KOMMUNALER KULTURVERWALTUNG
Außerdem plädierten die Referentinnen für ein Stipen-         IM MÜNSTERLAND
dium für Künstler:innen, durch das sie lernen, wie sie sich
in der digitalen Welt bewegen können. Darüber hinaus          In diesem Modul ging es um das Selbstverständnis und die
gaben sie die eindeutige Empfehlung: „Tauscht euch aus!       Aufgaben kommunaler Kulturverwaltung im Münsterland
Vernetzt euch! Tut euch zusammen in Foren und Gruppen,        und darum, wie die Kulturarbeit bei allen Unterschieden in
lernt voneinander! Schreibt euch an und fragt, wie die        der strukturellen Organisation funktionieren kann. Gerade
anderen es machen.“                                           auch in Zeiten von Corona, in denen die kommunalen Kul-
                                                              turämter vor neue Herausforderungen gestellt, aber auch
Die Referentinnen vermittelten ihre Erfahrung aus ihren       an ihre besondere Verantwortung erinnert wurden, da sie
jeweiligen Rechercheprojekten: Es gäbe eine große Ak-         oft die einzigen handlungsfähigen Kulturträger waren.
zeptanz für Dinge, die noch nicht „perfekt“ funktionieren.
Jedem sei klar, dass Digitalisierung ein Prozess sei. Aus-    Dies wurde an den sehr unterschiedlichen Beispielen
probieren sei ausdrücklich erwünscht: „Traut euch!“           der Stadt Dülmen und der Gemeinden Neuenkirchen und
                                                              Everswinkel praxisnah vorgestellt. Im Anschluss tausch-
Die Referentinnen richteten den Appell an das Kultur-
                                                              ten sich die Teilnehmenden über ihren Alltag und Bedarfe
camp-Publikum: „Nehmt Kontakt zu eurem Publikum
                                                              im Bereich Kulturarbeit aus.
auf! Haltet den Kontakt!“ Sie warnten vor Kopfgeburten.
Man solle nicht an Gruppen vorbei konzeptionieren. Im
                                                              Der Praxisbezug stand bei diesem Modul im Vordergrund
Digitalen könne man durch Chats, Kommentarfunktion,
                                                              und wurde von Silke Althoff eingeleitet durch die Einord-
Umfragen, interaktive Ideen etc. viel leichter Kontakt auf-
                                                              nung der positiven Entwicklungen, aber auch der Heraus-
nehmen und im Gespräch bleiben.
                                                              forderungen in der kommunalen Kulturarbeit während der
                                                              Corona-Pandemie. Zum einen gab es neue kreative, teils
NEUE NUTZER:INNEN IM VISIER                                   digitale, teils Open-Air Formate, eine bessere regionale und
                                                              überregionale Vernetzung der Akteur:innen, größere Rück-
Viele Orte, speziell historische Gebäude wie auch die Burg
                                                              sichtnahme aufeinander bei Veranstaltungen sowie ein grö-
Hülshoff, seien nicht barrierefrei und/oder schlecht mit
                                                              ßeres Bewusstsein für den Wert der Kultur bei den Gästen.
öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Deshalb soll die
                                                              Auf der anderen Seite wurde aber auch deutlich, welche
Digitale Burg des Center for Literature ein ortsunabhän-
                                                              Schwächen kommunale Kulturarbeit aufweist – unflexible
giges und barrierearmes Angebot sein und Interessierte
                                                              Fördermöglichkeiten, finanzielle Sorgen durch das Weg-
animieren, sich aktiv zu beteiligen. Zudem sei die Chance
                                                              brechen von Einnahmen bei den Städten insgesamt, Sorge
groß, eine junge Zielgruppe zu erreichen, die bisher nicht
                                                              um die Erreichbarkeit der Zielgruppen, die sich an wenig
„Nutzer:innen“ von Hochkultur sind. Die Referentinnen
                                                              bis keine Kulturangebote gewöhnt haben, Digitalisierung
empfahlen abschließend, das Publikum in die Dramaturgie
                                                              der Verwaltungen, Bereitstellung von digitalen Lösungen
der Projekte mit einzubeziehen und nicht nur als Endkon-
                                                              und Schulung des Personals.
sument:innen zu betrachten.

			       ZUR PRÄSENTATION

			       ZUM MIRO-BOARD
Münsterland e.V. Kulturbüro Kulturcamp Münsterland 2021   14

DAS BEISPIEL NEUENKIRCHEN: DER                                 Schule und Sport, Stadtbücherei, Musikschule, VHS und
                                                               Archiv angegliedert ist. Diese Verwaltungsstruktur er-
KULTURELLE „GEMISCHTWARENLADEN“                                möglicht die enge Zusammenarbeit mit diesen Bereichen
                                                               und auch außerhalb der Verwaltung gibt es laut Althoff

                                                                                                                                   ©
Durch die Vorstellung der Kulturarbeit in den drei Beispiel-   eine gute Vernetzung. Auf politischer Ebene ist der Kul-
Gemeinden bzw. der Beispiel-Stadt wurde der konkrete           turausschuss zuständig. Ebenso wie in Neuenkirchen sei
Praxisbezug hergestellt. Den Anfang machte Janis Große-        das Vertrauensverhältnis zur Fachbereichsleitung und
Wöstmann, Kulturmanager der Gemeinde Neuenkirchen,             zum Bürgermeister gut und die Kommunikation in flachen
der seine kommunale Kulturarbeit als eine Art „Gemischt-       Strukturen möglich.
warenladen“ beschrieb. Er selbst ist Kulturbeauftragter,
Geschäftsführer des ansässigen Verkehrsvereins und über-       In der Regel werden jährlich rund 80 Veranstaltungen
nimmt außerdem Aufgaben aus der Wirtschaftsförderung.          organisiert, von denen der überwiegende Teil Koopera-
Dies bedeutet zum einen viel Arbeit, aber auch eine sehr       tionen sind mit nicht-kommunalen Kulturschaffenden
gute Vernetzung dieser Bereiche und flache Strukturen. So      und Akteur:innen, Vertreter:innen aus lokaler Wirtschaft
sind die Kommunikationswege zum Bau- und Ordnungs-             und Einzelhandel, z. B. dem UnternehmerKulturKreis.
amt oder zum Bürgermeister sehr kurz. Die Zuständigkeit in     Das Kulturteam versteht sich selbst als Organisator von
der Verwaltung liegt beim Ausschuss für Schule, Sport und      Kulturveranstaltungen, aber auch als Dienstleister für
Kultur. Hier wird das Kulturprogramm einmal im Jahr vorge-     nicht-kommunale Kulturschaffende und somit als Motor,
stellt und besprochen. Das Programm beläuft sich auf etwa      Koordinator und Impulsgeber einer gesamtstädtischen
18 Veranstaltungen im Jahr, zu denen Kabarett, Comedy,         Kulturentwicklungsplanung und ihrer Umsetzung. Es hat
Musik und ein jährliches Open-Air mit bis zu 1000 Besu-        die Vernetzung der einzelnen Akteur:innen im Fokus und
cher:innen zählen. Für kleinere Veranstaltungen wird der       möchte Kulturschaffenden eine Plattform bieten. Dies
Ratssaal mit einer Kapazität für 100 bis 130 Besucher:innen    gelingt z. B. durch Stammtische, Kulturkonferenzen, die
genutzt, da es keine Veranstaltungshalle gibt.                 Kulturdachmarke ku[d (gemeinsames Marketing des ge-
                                                               samten Kulturangebots in Dülmen) und die Mitgliedschaft
Der Etat der Gemeinde Neuenkirchen für Kulturarbeit            bei KiD – Kulturschaffende in Dülmen.
liegt bei 62.000 Euro (2021). Gemäß dem Selbstverständ-
nis der Gemeinde hat Kultur einen hohen Stellenwert,           Herausforderungen in ihrer Arbeit sieht Silke Althoff in
weshalb sie ihren Bürger:innen ein gutes kulturelles Pro-      der touristischen Vermarktung der Angebote, die deutlich
gramm bieten möchte.                                           besser sein könnte, sowie im Umgang mit der finanziellen
                                                               Lage nach Corona. Zugleich könnte die Pandemie zu Nach-
Grundsätzlichen werden alle Kulturveranstaltungen in           wuchsproblemen beim Ehrenamt und somit der Schwä-
Neuenkirchen auf kommunaler Ebene geplant. Zudem wer-          chung oder des Wegbrechens der vielen kleinen Vereine
den für Ausstellungen oder das Stadtfest der Musikverein       und Initiativen führen. Kulturelle Vielfalt, Diversität und
oder kleine Kunst- und Kulturinitiativen hinzugebucht.         klimaneutrale Veranstaltungen sollten und müssten stär-
                                                               ker in den Blick genommen werden. Außerdem wünscht
MEHR ALS NUR WILDPFERDE –                                      sie sich seitens der Politik mehr konstruktive Kritik und
                                                               Kontrolle, um nicht nur „im eigenen Saft zu braten“.
IN DÜLMEN
Silke Althoff hat die Leitung des Kulturteams mit sieben
Mitarbeiter:innen (4,38 Vollzeitäquivalente) der Stadt
Dülmen inne, das im Fachbereich Bildung gemeinsam mit
Münsterland e.V. Kulturbüro Kulturcamp Münsterland 2021   15

OHNE EHRENAMT GEHT HIER NICHTS –                              z. B. Streaming-Dienste bei den jüngeren Zielgruppen
                                                              nach und nach den Platz der Kultur einnehmen.
DER KULTURKREIS EVERSWINKEL
                                                              Horst Breuer vom Kulturamt der Stadt Warendorf stellte
Michael Langer ist Mitglied des ehrenamtlich getragenen       die Kulturarbeit in Warendorf als eine Mischung aus den
Vereins Kulturkreis Everswinkel, der 1996 von 13 Kultur-      Strukturen in Dülmen und Everswinkel vor. Von der Anzahl
interessierten mit dem Ziel gegründet wurde, Kulturver-       und dem breiten Spektrum an Kulturveranstaltungen und
anstaltungen zu organisieren. Der Verein mit heute 30         den Kooperationen mit Vereinen ähnele die kommunale
aktiven Mitgliedern ist in eigenständige Arbeitskreise        Kulturarbeit jener in Dülmen. Mit Blick auf den Bereich
(Bildende Kunst, Theater und Kabarett, Musik, Literatur,      Theater ließen sich dagegen eher Parallelen zu Everswin-
Kinder und Jugendliche, Technik) aufgeteilt, die bei der      kel ziehen. Dort bekomme der Theater am Wall e.V. einen
Auswahl der Künstler:innen und der Durchführung der           Spielzeitkostenzuschuss der Stadt von 7.000 Euro jährlich.
Veranstaltungen freie Hand haben. Der Vorstand koordi-        Zusätzlich werde dem Verein durch die Stadt Warendorf
niert den Verein und ist für die Finanzen zuständig. Die      ein spielfertiges Theater inklusive aller Unterhaltungs-
finanzielle Unterstützung der Gemeinde beträgt 7.000          kosten und Personaldienstleistungen zur Verfügung ge-
Euro jährlich, wobei es ansonsten keine weitere kommu-        stellt. Der gesamte Kulturbetrieb werde finanziell durch
nale Kulturarbeit in Everswinkel gibt. Weitere finanzielle    das Kulturbüro der Stadt abgewickelt. Dies funktioniere
Mittel kommen durch die Mitgliederbeiträge von 15 Euro        seit 20 Jahren sehr gut mit einer Auslastung von 80 bis 95
im Jahr, von Eintrittsgeldern, überregionalen Zuschüssen      Prozent. Neben der laufenden Kulturarbeit nehme Waren-
und Spenden. Die Vereinsmitglieder arbeiten mit insge-        dorf als Vision im Bereich kulturelle Bildung die Dritten
samt 2.000 bis 2.500 Arbeitsstunden im Jahr ausschließlich    Orte (vgl. Modul 11) in den Fokus, so Breuer. Die Menschen
ehrenamtlich. Insgesamt hat der Kulturkreis in 25 Jahren      im kleinstädtischen Bereich bräuchten freie Orte der kul-
340 Veranstaltungen mit rund 65.000 Besucher:innen ver-       turellen Begegnung ohne dass ein kommerzieller Zwang
anstaltet.                                                    dahinterstehe. Das habe die Corona-Pandemie sehr deut-
                                                              lich gezeigt.
Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde könnte aus Micha-
el Langers Sicht nicht besser laufen. Einmal im Jahr be-
kommt die Gemeinde den Programmplan fürs kommende
                                                              „UND WENN’S MAL NICHT SO GUT
und eine Veranstaltungsbilanz für das abgelaufene Jahr        KLAPPT?“
und muss dem jährlichen Zuschuss in den entsprechen-
den Gremien zustimmen. Dieser wurde kürzlich für das          In den Beiträgen wurde die Zusammenarbeit der Kultur-
Jahr 2022 auf 10.000 Euro erhöht. Ansonsten ist der Verein    büros und der Kulturvereine mit der Verwaltung durch-
frei, was die Gestaltung der Kulturarbeit angeht.             weg als gut und vertrauensvoll beschrieben. Was macht
Während der Corona-Pandemie stellte der Verein das            man aber als freier ehrenamtlicher Kulturverein, wenn
Angebot auf digitale Veranstaltungen um. Dabei kam ihm        die Kommunikation mit der Verwaltungsebene nicht gut
seine Mitgliederstruktur zugute: Die 30 Mitglieder haben      läuft? Konkret diskutiert wurde die Frage: „Wie kann es
laut Langer ein so breites Know-how, dass sie sich z. B.      gelingen, der Politik klarzumachen, dass Kultur nicht nur
bei der Erschließung neuer digitaler Techniken selbst         nettes Beiwerk und Freizeitgestaltung, sondern Bildungs-,
helfen und dementsprechend relativ unproblematisch            Wirtschafts- und Tourismusförderung ist?“ Nach Aus-
digitale Veranstaltungen umsetzen konnten.                    sage von Michael Langer sei die Kommunikation mit den
                                                              richtigen Leuten sehr wichtig. Wenn man den:die Bürger-
Das Angebot zum Austausch unter den Fragestellungen           meister:in oder Entscheidungsträger:innen in der Politik
„Wie ist Kulturarbeit bei euch strukturiert? Wie sieht euer   und Wirtschaft für seine Sache gewinnen könne, sei vieles
Selbstverständnis aus? Welche Handlungsfelder sind in         einfacher.
Zukunft für die kommunale Kulturverwaltung wichtig?“
wurde rege genutzt. Es wurde die Notwendigkeit ange-          Als weiterer Tipp wurde auf die Fachtagung für Kultur
sprochen, Menschen so früh wie möglich an die Kultur          und Kommunalpolitik der LWL-Kulturabteilung unter der
heranzuführen. Veranstaltungen für Kinder und Jugend-         Leitung von Dr. Yasmine Freigang hingewiesen.
liche sollten nicht nur als Zuschussgeschäft verstanden
werden, sondern auch als Investition in die Zukunft. So
lasse sich dem allgemeinen Trend entgegenwirken, dass
Sie können auch lesen