Im Frontjob - Gute Arbeit endlich möglich machen - Besondere Dienstleistungen
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EDITORIAL THEMEN Foto: Kay Herschelmann Christine Behle S C H W E R P U N K T: Mitglied des ver.di-Bundes- GUTE ARBEIT IM FRONTJOB vorstandes und Leiterin der Fachbereiche Besondere Dienstleistungen und Die Corona-Arbeitsschutzregel 3 Sozialversicherung, Bund und Länder, Das Friseurhandwerk in der Pandemie 4 Gemeinden, Verkehr Sicherheitsdienste und Infektionsgefahr 5 Interview: Marius Rothe über Zeitarbeit in der Corona-Krise 6 Gute Arbeit braucht eine starke Gewerkschaft – auch und gerade in der Pandemie SICHERHEITSBRANCHE Auch im Jahr 2021 findet Gewerkschaftsarbeit unter anderen Behinderung von Betriebsratsarbeit 7 Voraussetzungen statt. Vieles ist wegen der Corona-Regeln Warnstreiks in Bremen 8 nicht möglich, vieles läuft anders, als wir es bisher kennen. Doch starke Gewerkschaften finden immer einen Weg und die GELD UND WERT Mittel, sich für die Ziele ihrer Mitglieder einzusetzen. Guter Bundeslohntarifvertrag 9 Es ist richtig, dass gewerkschaftliche Arbeit viel mit Zusam- T E C H N I S C H E Ü B E R WA C H U N G menkommen und Verständigen, mit Zusammenerleben und Neues aus dem Tarifgeschehen 10 Zusammenstehen zu tun hat. Dabei ist eine gewisse Stimmung entscheidend, die sich nur schwer in Videokonferenzen vermit- CALLCENTER teln lässt. Neuer Branchenvorstand bei ver.di 11 Wenn Gewerkschaften Massen mobilisieren, wenn wir zu- mindest theoretisch einen Betrieb lahmlegen können, haben wir REISEBRANCHE die Macht, unsere Ziele durchzusetzen. In Zeiten von Corona Personalabbau bei der DER Touristik 12 fällt jedoch gerade diese Mobilisierung schwer. Wie überzeugt man neue Kolleginnen oder Kollegen, in die Gewerkschaft ein- DAS GUTE BEISPIEL zutreten, wenn von zu Hause gearbeitet wird oder der Betrieb Streiken trotz Corona in der sogar stillsteht? Wohnungswirtschaft 13 Hier sind viele, sehr kreative Wege gefragt. Dass wir das MESSEN aber können, haben wir schon bewiesen. Im Herbst haben wir Die Messe Essen in der Krise 14 unter Pandemie-Bedingungen Tarifauseinandersetzungen durchgefochten, die sich sehen lassen können. Insgesamt kann O-TON man sagen, dass die Tarifbilanz für 2020 durchaus erfolgreich Arbeitsplätze retten trotz Insolvenz 15 war – es hat viele Verhandlungen gegeben, die zu Tariferhöhun- gen geführt haben. ZU GUTER LETZT Corona hat die Digitalisierung der Arbeitswelt beschleunigt Karikatur Reinhard Alff 16 und viele Arbeitsbereiche dauerhaft verändert. Nach der Pande- mie werden deutlich mehr Menschen zu Hause oder unterwegs arbeiten als vorher. Wir werden unsere gewerkschaftliche Arbeit dieser Entwicklung anpassen und dazulernen müssen. besonderen Denn Gewerkschaften sind ein Qualitätskriterium für die IMPRESSUM Demokratie. Nur mit starken Gewerkschaften findet ein Aus- Der ver.di Report die besonderen Nr. 01/2021 · April 2021 Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) gleich der Interessen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmer- Fachbereich Besondere Dienstleistungen *innen statt. Das erleben wir bereits während der Pandemie. Paula-Thiede-Ufer 10 · 10179 Berlin Brachte doch die Pandemie nicht nur einen hartnäckigen Virus, Internet: www.verdi.de V.i.S.d.P.: Christine Behle sondern auch dringliche Fragen rund um das Thema Gute Fotos v.o.n.u.: ver.di Fototeam Hessen (2), W. Wohlers, ver.di FB-Redaktionsteam: Anette Berger, Enrico Bloch, Annemarie Dinse, Arbeit. Dabei sind es nicht nur Pflegekräfte und Ärzt*innen, die Hans-Peter Kilian, Nicole Rettig, Marius Rothe, Holger Schmidt und Christian Szepan ein erhöhtes Infektionsrisiko haben, sondern auch viele Kolle- Redaktionelle Bearbeitung: Uta von Schrenk ginnen und Kollegen aus den Branchen der Besonderen Dienst- Layout: einsatz · Wolfgang Wohlers leistungen, zum Beispiel im Friseurgewerbe oder im Wach- und Druck: L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG, Geldern Titelbild: Werner Bachmeier Sicherheitsbereich, die sich täglich einem hohen Gesundheits- Die Artikel stellen die Meinungsvielfalt unseres Fachbereiches risiko am Arbeitsplatz ausgesetzt sehen, in Kurzarbeit sind oder dar und spiegeln nicht in jedem Fall die Meinung des besonderen Angst haben, ihren Arbeitsplatz aufgrund von dauerhaften Bundesfachbereichsvorstandes wider. Nachdruck nur nach vorheriger Genehmigung durch die Redaktion. Reisebeschränkungen ganz zu verlieren. Dringende Fragen in die Zeiten der Pandemie, auf die nur starke Gewerkschaften eine gute Antwort finden können. SERVICE Fachbereich Besondere Dienstleistungen die Internet: http://besondere-dienste.verdi.de Ansprechpartnerin „die besonderen-Report“: 2 redaktion.besondere.bfb13@verdi.de · Fax: 030/69 56-35 00
S C H W E R P U N K T: G U T E A R B E I T I M F R O N T J O B So sicher wie möglich Viele Kolleg*innen aus den Branchen der Besonderen Dienstleistungen sind in der Pandemie einem erhöhten Infektionsrisiko an ihrem Arbeitsplatz ausgesetzt. Umso wichtiger, dass die Arbeitgeber die Corona-Arbeitsschutzregel umsetzen VON KATRIN WILLNECKER Kommen die Arbeitgeber ihren gesetzli- chen Verpflichtungen nicht oder nur unbe- S icherheitskräfte, die den Zugang zu Impf- zentren regeln, Leiharbeitnehmer*innen in Schlachthöfen, Friseur*innen dicht an den friedigend nach, sollten die Betriebs- und Personalräte ihre Mitbestimmungsrechte wahrnehmen und die Arbeitgeber auffor- Köpfen – Arbeiten in der Pandemie setzt dern, die Corona-Arbeitsschutzregel einzu- nicht nur Pflegekräfte und Ärzt*innen einem halten. erhöhten Infektionsrisiko aus. Auch viele Kol- leg*innen aus den Branchen der Besonderen Wichtig zu wissen: Infiziert man sich Dienstleistungen gehen Tag für Tag ein hohes während der beruflichen Tätigkeit, sollte Gesundheitsrisiko am Arbeitsplatz ein. Umso man eine Verdachtsanzeige auf das Vorlie- wichtiger ist es, dass ihre Arbeitgeber die Co- gen einer Berufskrankheit an die zuständi- rona-Arbeitsschutzregel einhalten. gen Unfallversicherungsträger stellen. Sollte Foto: W. Wohlers dies durch die Arbeitgeber oder die Betriebs- Erarbeitet haben diese Regel die staatli- ärzt*innen nicht erfolgen, genügt eine chen Arbeitsschutzausschüsse. Die Gewerk- Zu den technischen Maßnahmen gehö- E-Mail oder ein formloses Schreiben der schaftsbänke der Ausschüsse haben sich in- ren zum Beispiel das Auseinanderstellen von Beschäftigten an die zuständige Berufs- tensiv dafür eingesetzt, den Beschäftigten Möbeln oder die Nutzung zusätzlicher genossenschaft oder Unfallkasse mit dem ein möglichst hohes Schutzniveau zu bieten. Räume, transparente Trennwände, Klima- Satz: „Ich beantrage die Anerkennung mei- Zudem wollten sie den betrieblichen Interes- oder Lüftungsanlagen oder Markierungen. ner während der Tätigkeit erworbenen In- senvertretungen ihre Mitwirkung bei der Organisatorische Maßnahmen sind unter an- fektion mit Covid-19 als Berufskrankheit.“ Umsetzung der Maßnahmen in den Betrie- derem Homeoffice, gestaffelte Arbeits- und Dies löst ein entsprechendes Prüfungsverfah- ben erleichtern. Pausenzeiten, längere Kantinen- und Essens- ren aus. Wird die Erkrankung als Berufs- ausgabezeiten oder vermehrte Reinigung krankheit beziehungsweise Arbeitsunfall Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prü- der Arbeitsplätze. Wenn solche Maßnahmen anerkannt, übernimmt die gesetzliche Un- fen, ob die Beschäftigten vor einer Anste- nicht umsetzbar sind, müssen die Arbeit- fallversicherung Lohnersatz-, Behandlungs- ckung mit dem Corona-Virus oder den psy- geber für persönlichen Schutz der Beschäf- und Rehabilitationskosten sowie Kosten für chischen Belastungen durch die Pandemie tigten sorgen, etwa durch die Bereitstellung Umschulungsmaßnahmen und die Rente bei ausreichend geschützt sind. Ist das nicht zur Handhygiene. Erwerbsminderung oder für die Hinterblie- oder unzureichend der Fall, müssen sie den benen. Schutz schaffen. In vielen Betrieben und Ein- richtungen erkennen die Arbeitgeber erst ver.di setzt sich dafür ein, dass COVID-19 jetzt, wie wichtig es ist, die Beschäftigten ge- als Berufskrankheit anerkannt wird und das sundheitlich zu schützen. Viele nehmen die nicht nur bei medizinischen und pflegeri- Gefährdungsbeurteilung, nach deren Prinzi- schen Tätigkeiten! W pien die Arbeitsschutzregel umzusetzen ist, zum ersten Mal ernst. Weitere Informationen: www.sopo.verdi.de Hier findet sich ein Praxisleitfaden zur SARS- Die wichtigsten Anforderungen sind Ab- CoV-2 Arbeitsschutzregel. besonderen stand und Hygiene. Die Schutzmaßnahmen erfolgen dabei nach dem TOP-Prinzip: Zuerst Die Autorin ist Referentin für Arbeits- und Gesund- müssen, wenn möglich, technische Maßnah- heitsschutz bei ver.di. Als Mitglied im Ausschuss für men umgesetzt werden. Ist dies nicht mög- Arbeitsstätten (ASTA) wirkt sie an der Corona-Arbeits- schutzregel mit. lich, folgen organisatorische Maßnahmen die und zum Schluss erst personenbezogene Foto: Maßnahmen. Werner Bachmeier 3
S C H W E R P U N K T: G U T E A R B E I T I M F R O N T J O B Die Würde des Menschen Die Frisur allein macht’s nicht – auch das Geld muss zum Leben reichen VON SONJA AUSTERMÜHLE zepte gegeben hat. Um die Gesundheit und damit auch die Würde der angestellten Friseur*innen zu D ie vorgezogene Öffnung der Friseursalons im Lockdown bereits zum 1. März rechtfertigte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder mit schützen, hätte sie bereits vor einer Eröffnung sicherstellen müssen, dass die Einhaltung der Arbeits- und Gesundheitsschutzstandards auch den Worten, dass dies „auch etwas mit Würde zu hinreichend kontrolliert werden kann und welche tun habe“. Söder scheint offensichtlich allein die zusätzlichen Maßnahmen zum Schutz der Fri- Würde der Kund*innen im Blick gehabt zu haben. seur*innen noch ergriffen werden müssen. Dafür Denn die Arbeits- und Lebensbedingungen vieler hatte sich ver.di unmittelbar vor der Wiedereröff- Friseur*innen sind alles andere als würdevoll. nung bei der Politik und den zuständigen Ämtern eingesetzt. Denkbar wären auch weitergehende Die Friseur*innen sind seit dem 1. März wie- Maßnahmen wie z. B. die bundesweit flächende- der wechselnden Kundenkontakten ausge- ckende Einführung der Testpflicht vor einem Fri- setzt und erbringen körpernahe Dienst- seurbesuch. leistungen. Abstandhalten ist nicht möglich. Sie werden einem weitaus Der effektivste Schutz für die Friseur*innen größeren Ansteckungsrisiko ausge- wäre sicherlich gewesen, die Salons weiterhin ge- setzt als die meisten anderen Be- schlossen zu halten und dabei das von ver.di schäftigtengruppen. Und das bei geforderte Mindestkurzarbeitergeld einzuführen Gehältern, die bei Vollzeitarbeit oft sowie dafür zu sorgen, dass die Arbeitgeber mit nicht über 1.850 Euro brutto lie- schnellen Hilfen auch über den Lockdown hinweg gen. Das ist laut statista im Jahre die Arbeitsplätze erhalten können. 2019 nicht einmal die Hälfte des Durchschnittsgehalts aller in Voll- Langfristig ist vor allem das Grundübel anzu- zeit beschäftigten Arbeitnehmer*in- gehen: Kein Handwerksberuf wird so schlecht nen in Deutschland. entlohnt und wertgeschätzt wie der der/des Fri- seur*in. Immer mehr Arbeitgeber und auch deren Bei einem solch geringen Gehalt ist Innungen entziehen sich der Tarifbindung. Dem klar, dass der Bezug des Kurzarbeitergel- könnte die Politik z. B. bei der jetzigen Novellie- des während der Salonschließungen zu mas- rung der Handwerksordnung entgegentreten. Zu- siven Existenznöten geführt hat und teils immer gleich muss bei den Kund*innen ein besseres Be- noch führt. Insofern hat die Wiedereröffnung der wusstsein dafür entstehen, dass ein Haarschnitt Foto: Salons die meisten angestellten Friseur*innen fi- einer langjährig erlernten Handwerksleistung ent- Werner Bachmeier nanziell entlastet. Doch ob sie auf Arbeit sicher springt, und nicht nur 10 bis 20 Euro wert ist. sind, haben nicht sie allein in der Hand. Die Ein- führung und Umsetzung der Sicherheits- und Hy- Sicherlich auch aufgrund von Corona war laut gienemaßnahmen obliegt dem Arbeitgeber. Von dem Statistischem Bundesamt zufolge im Septem- ihm hängt oft ab, wie genau die Regeln beachtet ber 2020 im Vergleich zu September 2019 eine Fri- werden. Für die direkte Ansprache der Kund*in- seurdienstleistung im Schnitt um 6,3 Prozent teu- nen und das Meistern der sich dabei eventuell er- rer. Da bleibt nur zu hoffen und sich gemeinsam gebenden Konfliktsituationen sind dann meist die dafür einzusetzen, dass diese Preissteigerungen besonderen Friseur*innen selbst zuständig. Unklar ist häufig nach der Krise an die angestellten Friseur*innen auch, wer für das pandemiekonforme Reinigen weitergegeben werden. des Salons sowie der Berufskleidung zuständig ist und letztere zur Verfügung stellt. Hierzu braucht es vor allem auch einen aktiven Einsatz der betroffenen Kolleg*innen. Nur gemein- die Da reicht es nicht, als Politik darauf zu verwei- sam kann es gelingen, die Arbeitsverhältnisse und 4 sen, dass die Branche sich eigene Hygienekon- Verdienste im Friseurhandwerk zu verbessern. W
S C H W E R P U N K T: G U T E A R B E I T I M F R O N T J O B Das Geschäft mit dem Risiko Seit Beginn der Pandemie sorgen vielerorts private Sicherheits- beschäftigte für die Einhaltung von Corona-Schutzmaßnahmen. Für ihr erhöhtes Infektionsrisiko werden sie jedoch nicht angemessen entlohnt V iele Kolleg*innen in den privaten Sicherheitsdiensten schieben derzeit Frontjobs, ohne sie geht in der Pandemie gar nichts. „Neuerdings stehen Security-Leute vor Supermärkten und Rathäu- lichen Nahverkehr ausfindig machen, auf genügend Abstand in vol- len Fußgängerzonen achten oder den Zugang zu Supermärkten und Krankenhäusern regeln. sern, kontrollieren die Einhaltung von Corona-Schutzmaßnahmen in Bahnhöfen, Bussen und Bahnen. Ebenso in Innenstädten und so- Dieser Trend stellte sich bereits zu Beginn der Pandemie im ver- zialen Brennpunkten“, berichtete das ZDF Ende März 2021. Auch gangenen Frühjahr ein. Schon damals stellte der Bundesverband der die Kommunen lassen sich von der Wach- und Sicherheitsbranche Sicherheitswirtschaft (BDSW) ein wachsendes Bedürfnis nach Absi- unterstützen. So sorgt der kommunale Vollzugsdienst (VD) in Frei- cherung fest. Die Zahl der Anfragen solcher Kunden habe zu Beginn burg für Entlastung der Polizei bei ihren Ordnungsaufgaben, und der Pandemie spürbar zugenommen, gab damals der Verband be- auch die Kommune in Kamp-Lintfort setzt auf private Sicherheits- kannt. Auch große Sicherheitsunternehmen wie Kötter Security be- dienste zur Unterstützung der Ordnungsämter, hieß es in dem Be- stätigten den Zuwachs an pandemiebedingten Aufträgen. Neben richt. Kliniken und Krankenhäusern sowie Supermärkten hätten auch Kre- ditinstitute und Industriefirmen ihre Buchungen erhöht. Die Aufgaben für die Beschäftigten dabei sind und waren viel- fältig, je nach aktueller Lage in der Pandemie und den daher jeweils An all diesen Einsatzorten sehen sich die Kolleg*innen einem er- geltenden Corona-Schutzmaßnahmen: Die Kolleg*innen der priva- höhten Infektionsrisiko und zudem Auseinandersetzun- ten Sicherheitsdienste sollen etwa Maskenver- gen mit genervten und gestressten Bürger*innen aus- weigerer im öffent- gesetzt. In den Arbeitsbedingungen, geschweige denn Löhnen der Sicherheitsbranche, spiegelt sich dieses Risiko und die Verantwortung, die die Be- r ver.di und Du fü schäftigten für die Sicherheit der Unternehmen fü r Di ch und der Gesellschaft tragen, jedoch nicht wider. ver.di e Ge w e rksc h aft. eine stark e it n eh mer*innen en: „Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie wird of- r K rise b rauchen A rb te n o d er zu verbleib fensichtlich, wie wichtig die Sicherheitsleistungen Gerade in de inzutre G rü n d e , in ver.di e unserer Kolleg*innen für einen vernünftigen Ablauf le gute Es gibt vie des gesellschaftlichen Lebens sind und welcher Ge- se. h ein en in der Kri fahr für die eigene Gesundheit sie sich dabei aus- s e t z t s ic te n u nd Betroffen ver.di rstützung d er B es ch ä ftig setzen“, sagt Anette Berger, zuständige Bundes- tliche Unte ■ für st a a fachgruppenleiterin bei ver.di. „Leider erkennen re ic h t nderem er aber nicht alle Arbeitgeber diese tägliche Leistung t u n t e r a an.“ W ver.di ha d es K u rzarbeiterg elds längeru ng rgeld s ■ die Ver Kurzarbeite d es g esetzlichen Redaktion die besonderen report ■ die Erh u n g öh se lb st st ä n dige un d K urza rbeitergeld Solo sen- ■ Unters tützung für m Arbeitslo ie n stm ö g lichkeiten zu Hinzuverd ngen ■ bessere u n g unterstütz ender Leistu ea n tra g ■ erleich terte B rung d Qualifizie besonderen ■ Bildun et g un ver.di biet g bei Erwer bslosigkeit ■ atung a tu n ■ Rechts ber B er tockung zeugnisbera tung ■ Beratu ng bei Aufs ■ Arbeits Corona – Aktuelle es mehr service ■ und viel ■ Lohnst euer Informationen unter: beratung die e Mietrechts ■ te lefo n is ch https://besondere- dienste.verdi.de 5
S C H W E R P U N K T: G U T E A R B E I T I M F R O N T J O B „Die Wertschät- zung bleibt aus“ Randstad Betriebsrat Die Corona-Krise hat für die Beschäftigten in der Zeitarbeit vielfältige Belastungen mit sich gebracht: Kurzarbeit, Jobwechsel, Chaos und teils Foto: erhöhte Infektionsgefahr. Ein Gespräch mit Marius Rothe, Betriebsrat bei Randstad Deutschland die besonderen: Wie hat sich die Zeitarbeit in der Pandemie wenn das automatisch mehrere Wochen Quarantäne und die verändert? Trennung von meiner Familie nach sich gezogen hätte. Generell aber sind die Arbeitgeber und Beschäftigten in der Zeitarbeit Marius Rothe: Mit Beginn der Pandemie standen wie in ande- daran interessiert, dass die Zeitarbeitnehmer*innen lange in den ren Branchen und Betrieben auch unsere Kolleginnen und Kolle- Betrieben eingesetzt werden können. gen vor der Herausforderung, dass sie nicht immer wussten, ob sie morgen noch in den Einsatz dürfen oder ob der Einsatzbe- Sind die Kolleg*innen beim Wechsel des Arbeitsplatzes immer trieb schließt. ausreichend vor einer Infektion geschützt? Beschäftigte in der Zeitarbeit werden immer dann und überall Schwer zu beantworten. In jedem Unternehmen, in dem sich da eingesetzt, wo es personelle Engpässe gibt und sich in kurzer Betriebsräte für Zeitarbeitnehmer*innen einsetzen, erhalten sie Zeit kein Personal finden lässt. alles, was sie benötigen. Aber bei über 9.000 Zeitarbeitsagentu- ren kann ich die Frage nicht pauschal mit Ja beantworten. Ein Die Wertschätzung dafür bleibt aber aus, seit Jahren leider. prominentes Negativbeispiel in der Coronaphase liefert die Wobei die Verbesserungen, die wir in den Tarifrunden erreichten Fleischindustrie. Ich begrüße zwar die Abschaffung der Werkver- konnten, sich absolut sehen lassen können. Gerade auch die träge, hätte mir aber bessere Bedingungen für die Zeitarbeit ge- Zeitarbeiter*innen waren es, die kurzfristig in andere Einsätze wünscht. disponiert und zum Teil branchenfremd eingesetzt wurden. Statt Autoteile zu kommissionieren, haben sie Toilettenpapier Ist auch in der Zeitarbeit Kurzarbeit das Mittel der Wahl? produziert oder in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie ausgeholfen. Das kann ich nur für unser Unternehmen beantworten: Kurzar- beit hat uns als Betriebsrat vor ganz neue Herausforderungen ge- Im Grunde systemrelevante Arbeit? stellt. Wir haben recht schnell reagiert und mit dem Arbeitgeber Ja, aber gemessen an den Corona-Bonus-Zahlungen ist die Zeit- Vereinbarungen dazu getroffen. Der Effekt der Kurzarbeit war, arbeit nicht als systemrelevant anerkannt. dass ein sehr großer Teil unserer Kolleg*innen mit an Bord ge- blieben ist. Das war uns wichtig, weil wir nicht das in der Zeit- Was für Belastungen bringt Corona für die Branche mit sich? arbeit so häufige „Heuern und Feuern” praktizieren wollen. In Summe ist die Kurzarbeit bei uns also positiv zu bewerten. In der Zeitarbeit arbeiten fast alle Berufsgruppen, und die Pro- bleme hätten unterschiedlicher nicht sein können: Mütter wuss- Was bedeutet Corona für die Betriebsrats- und Gewerkschaftsar- ten nicht, ob sie Einsätze antreten können oder nicht, die Kitas beit in der Zeitarbeit? waren ja zu. Viele Zeitarbeitnehmer*innen mit kaufmännischen Lebensläufen konnten gar nicht erst beim Kunden starten. Die Sie lässt sich auch außerhalb von Krisenzeiten nur schwer gestal- Büros waren geschlossen, die Teams stark verkleinert oder es ten. Das liegt daran, dass die Kolleg*innen oft sehr verstreut in war niemand zum Einarbeiten vor Ort. Positiv möchte ich her- verschiedenen Einsätzen arbeiten. Im Betrieb versuchen wir vorheben, dass einige Kunden auch ihren Zeitarbeitnehmer*in- immer wieder dezentrale Sprechstunden zu organisieren, um uns nen Homeoffice ermöglicht haben – was zeigt, dass die Zeit- mit den Kolleg*innen auszutauschen, mal mit mehr, mal mit arbeitnehmer*innen dort längst fest integriert sind. Ein weniger Erfolg. Durch Corona gelingt dies gar nicht mehr. Das immenser Druck lastet auf den Beschäftigten, die im produzie- Ausweichen auf Online-Sprechstunden probieren wir zwar auch, besonderen renden Gewerbe eingesetzt wurden. Uns haben Kolleg*innen aber nicht jede oder jeder Zeitarbeiter*in hat die Möglichkeit, berichtet, dass sie nicht immer willkommen waren; viele hatten sich von dem ohnehin schon knappen Entgelt die nötige Technik Angst, dass über die Zeitarbeit Corona in den Betrieb gebracht dafür anzuschaffen. W wird. Ein Riesendurcheinander herrschte, gerade zu Ostern 2020, bei den Grenzgänger*innen. Ich wüsste selbst nicht, ob Fragen: Uta von Schrenk die ich den Mut hätte, in den Einsatz nach Deutschland zu fahren, 6
SICHERHEITSBRANCHE AUTOVERMIETUNG W EUROPCAR IM WANDEL So nicht! Was heißt das für die Beschäftigten? Bereits 2017 wurde die Buch- Unternehmen torpedieren die Arbeit von Betriebsräten binder-Autovermietung von der französischen Europcar-Gruppe und aktiven Gewerkschafter*innen in der Sicherheitsbranche gekauft. Bedingt durch die Co- rona-Krise und die damit verbun- VON JAN BLECKERT missachtet hatte, über eine drohende Amtsenthe- denen massiven Einbrüche in der bung informiert. Dies zu tun ist Aufgabe eines Mobilitäts- und Reisebranche wur- D ie Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Betriebs- ratsgremien für die Beschäftigten und die Un- ternehmen sind. Es ist daher unverständlich, warum jeden Betriebsratsgremiums bzw. eines jeden Be- triebsratsmitglieds. Die Antwort des Arbeitgebers war, wenn der Betriebsrat eine Amtsenthebung den die Bestrebungen verstärkt, die beiden Autovermietungen unter einem Management in in der Region Stuttgart einige Arbeitgeber massiv beschließt, dann wird ein Amtsenthebungsverfah- Deutschland zu vereinen. Die Flug- gegen Betriebsräte arbeitsrechtlich vorgehen. In ren gegen den Vorsitzenden eingeleitet. Es ist er- hafenstationen und eine Zentrale den meisten Fällen geht es den Arbeitgebern schreckend, mit welchen Methoden bei Securitas der Buchbinder-Autovermietung darum, aktive Betriebsräte und Gewerkschafter*in- die Interessensvertretungen unter Druck gesetzt wurden, verbunden mit einem er- nen zu zermürben – sie betreiben Union Busting. werden. heblichen Personalabbau, in 2020 geschlossen, die restlichen deut- Den heftigsten Aufschlag zu Beginn des neuen Das Unternehmen WISAG Sicherheit & Service schen Stationen ab Anfang 2021 Jahres machen zwei Unternehmen der Securitas. Süd reiht sich hier ebenfalls ein. In dem Unterneh- durch einen Teilbetriebsübergang So hat die Securitas Aviation am Flughafen Stutt- men hat die Geschäftsführung kurz vor Weihnach- mit Europcar verbunden. gart dem Betriebsratsvorsitzenden über das ten 2020 und zu Beginn des neuen Jahres kurzer- Durch diese massiven Ände- Zustimmungsersetzungsverfahren zur fristlosen hand die Mehrheit des Betriebsratsgremiums mit rungen, verbunden mit einem Kündigung informiert. Da im Vorfeld das Betriebs- mehreren Abmahnungen überzogen. Als Grund plötzlichen Wechsel der Geschäfts- ratsgremium einer fristlosen Kündigung nicht zu- wird immer wieder der Verstoß gegen die betriebs- führung sowie der Ankündigung gestimmt hatte, will der Arbeitgeber nun die Zu- verfassungsrechtlichen Pflichten der Betriebsrats- der Verschmelzung der Unterneh- stimmung des Gremiums durch das Arbeitsgericht mitglieder angeführt. men, herrschen bei den Beschäf- ersetzen lassen. tigten erhebliche Verunsicherun- Auch Kötter Security torpediert Betriebsratsar- gen. Dazu kommen die Eine fristlose Kündigung muss durch erhebliche beit. Die in den Betriebsrat gewählte Kollegin, die persönlichen Auswirkungen durch Verstöße begründet werden. Um solche Verstöße die erste Betriebsratswahl in der Niederlassung die nunmehr seit über einem Jahr zu finden, ist der Betriebsratsvorsitzende monate- Stuttgart eingeleitet hatte, ist von Kündigung be- andauernde Kurzarbeit. lang von einem Privatdetektiv überwacht worden. droht. Der Arbeitgeber ist nicht bereit, die Kündi- Zwar ist es dem bei Europcar Damit wurden die Privatsphäre und die Persönlich- gung zurückzunehmen und auf den Boden der schon lange existierenden Be- keitsrechte des Kollegen verletzt. Und als man vertrauensvollen Zusammenarbeit mit gewählten triebsrat gelungen, auch für die nichts gefunden hatte, sollte der Nebenjob des Betriebsräten zurückzukehren. Das Verfahren im neuen Kolleg*innen von Buchbin- Kollegen als Begründung für die Kündigung her- Kündigungsschutzprozess ist noch nicht abge- der soziale Absicherungen zu ver- halten. Über diese Nebentätigkeit war der Arbeit- schlossen. handeln. Dennoch konnte die Un- geber jedoch nachweislich in der Vergangenheit ternehmensführung bislang kaum informiert und hatte keine Einwände vorgetragen. In allen Fällen werden die Betriebsratsgremien die kulturellen Unterschiede bei- Somit gibt es keinen Grund, gegen den Kollegen und die betroffenen Mitglieder von ver.di unter- der Unternehmen gewinnbringend vorzugehen. Es liegt die Vermutung nahe, ihn zur stützt. Der Umgang mit der betrieblichen Demo- für die Beschäftigten nutzen, was Aufgabe seines Amtes oder gar seines Beschäfti- kratie droht allem Anschein nach in vielen Betrie- zu einer erheblichen Fluktuation gungsverhältnisses bringen zu wollen. ben verloren zu gehen. W führt. Notwendig sind hier verbindli- Auch bei den Securitas che Zusagen und Perspektiven. Sicherheitsdienstleistungen Dies wird zwar kommuniziert, eine wurde dem Betriebsratsvor- gute Zukunft muss aber auch für sitzenden gleich zu Beginn die Beschäftigten spürbar ge- des neuen Jahres mit einer macht werden. Immerhin: Durch Amtsenthebung wegen die Verschmelzung der Unterneh- besonderen grober Pflichtverletzung ge- men werden zukünftig auch die droht. Was war passiert? Buchbinder-Kolleg*innen betriebs- Der Betriebsratsvorsitzende rätlich vertreten sein. Und die Zahl hatte ein Mitglied seines der ver.di-Beitritte steigt. W Gremiums, das nachweis- die lich wiederholt die Pflichten Michael Klotz eines Betriebsratsmitglieds 7
WACH UND SICHERHEIT Ohne Angst Mit Warnstreiks versuchen die Beschäftigten der Wach- und Sicherheits- branche in Bremen bessere Löhne durchzusetzen das Mercedes-Benz-Werk und Rheinmetall in Bre- Fotos: ver.di (3) men, Airbus Bremen sowie die Terminals von eu- rogate und BLG. Bei den Warnstreiks am Mercedes-Benz-Werk und bei Rheinmetall in Bremen kam es von Seiten Kötters zu Versuchen, in das Streikrecht einiger Kolleg*innen einzugreifen: „Wie uns vereinzelt Kolleg*innen berichteten, wurde durch leitende Angestellte verbal Druck auf sie ausgeübt, die Arbeit wieder aufzunehmen oder gar nicht erst am Streik teilzunehmen. Seitens eines Objektleiters wurde zudem versucht, Streikende nach Hause zu schicken. ver.di verurteilt diesen Eingriff in die Grundrechte unserer Kolleg*innen aufs Schärfste“, sagt Gewerkschaftssekretär Nils Wolp- mann. Nils Wolpmann zeigte sich erfreut über die ins- M it diversen Warnstreiks haben die Beschäftigten der Wach- und Sicherheitsbranche in Bremen gesamt rege Beteiligung der Kolleg*innen: „Diese Woche hat gezeigt, welche Kraft wir haben, wenn wir solidarisch zusammenstehen und entschlossen sich Ende März für bessere Löhne eingesetzt. ver.di für unsere Forderungen kämpfen. Zugleich ist verhandelt derzeit mit dem Bundesverband der deutlich geworden, welche verantwortungsvollen Sicherheitswirtschaft (BDSW) einen neuen Lohn- und wichtigen Aufgaben die Beschäftigten der tarifvertrag für das Land Bremen. Zum 31.12. ver- Sicherheitsbranche für die Produktion und deren gangenen Jahres war der bisherige ausgelaufen. Verwertungskreisläufe erfüllen. Das muss endlich „Die Lage ist ernst“, sagt Sascha Tietz, Landesfach- entsprechend honoriert werden.“ bereichsleiter Besondere Dienstleistungen. „Die der- zeitigen Tariflöhne reichen bei einem Stundenlohn Um in der Pandemie den Gesundheitsschutz von 10,50 Euro bzw. 12 Euro für viele Kolleg*innen der Kolleg*innen und der Bevölkerung zu gewähr- kaum aus, um bis ans Monatsende zu kommen.“ leisten, hat ver.di auf eine zentrale Streik-Kund- Das Angebot der Arbeitgeber jedoch sieht für die gebung verzichtet. Stattdessen wurden objektbe- Kolleg*innen im Objektschutzdienst für dieses Jahr zogen Streikposten mit begrenzter Teilnehmer- eine Steigerung von lediglich 15 Cent vor, und das *innenzahl organisiert, zu denen bewusst nicht nicht einmal rückwirkend. Für das kommende Jahr öffentlich mobilisiert wurde. bieten sie 20 Cent. Die ver.di-Tarifkommission bedankt sich in die- „Wir sprechen im Niedriglohnsektor in absolu- sem Zusammenhang bei den Vertrauensleuten der ten Zahlen. ver.di fordert eine deutliche Steigerung IG Metall bei Airbus, Mercedes und Rheinmetall der Grundlöhne um mindestens 1,50 Euro die sowie der ver.di im Hafen und bei dem Energie- Stunde“, erläutert Maja Imlau, Mitglied der ver.di- unternehmen swb für ihre Unterstützung. Tarifkommission. „Das ist das Mindeste, um ein Le- ben ohne Angst vor Altersarmut führen zu kön- Landesfachbereichsleiter Tietz stellt fest: „Wie besonderen nen.“ der Name sagt, sind diese Arbeitskampfmaßnah- men als Warnung zu verstehen. Der BDSW sollte An den zwei- bis dreistündigen Warnstreiks in sie sich zu Herzen nehmen und die Einsicht gewin- der Woche vom 22. bis 26. März beteiligten sich nen, dass unsere Forderungen nicht überzogen, Kolleg*innen der elko Sicherheit, von Kötter Secu- sondern fair und gerecht sind.“ W die rity sowie Securitas. Bestreikt wurden relevante 8 Objekte wie die Kraftwerke Hafen und Hastedt, Redaktion die besonderen report
GELD UND WERT WOHNUNGSWIRTSCHAFT W BERLIN ver.di Berlin unterstützt Geht doch „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ Wohnungspolitische Ausein- ver.di konnte für die Geld- und Wertbranche einen andersetzungen gibt es seit Jah- ren in vielen Groß- und Universi- guten Bundeslohntarifvertrag abschließen tätsstädten, aber auch immer mehr in Städten mittlerer Größe. VON IGOR MIHAJLOVSKI mittelständischen und kleineren Unternehmen In Berlin steigen die Mieten, ge- sehr unter den Corona-Maßnahmen und im Nach- messen an den Einkommen der A uch unter Corona-Bedingungen kann man einen guten Lohnabschluss hinbekommen. Dazu bedarf es vier gemeinsamer Sitzungen mit gang des ersten Lockdowns litten. Diese Entwick- lung jedoch auf die Mitarbeiter*innen abzuwäl- zen, war mit der ver.di-Tarifkommission nicht zu Haushalte, besonders stark; Menschen werden aus ihren Woh- nungen verdrängt, bezahlbarer maximal fünf Teilnehmer*innen pro Verhandlungs- machen. Entsprechend intensiv und lautstark Wohnraum ist in vielen Kiezen kommission und entsprechender Anti-Corona-Re- waren die Auseinandersetzungen in den einzelnen kaum mehr zu bekommen. Eine geln. Im Vorfeld der Verhandlungen hat der Arbeit- Verhandlungsrunden. Die Unterbrechungen im Initiative möchte das nun mit geberverband angekündigt, dass ein Abschluss Nachgang des argumentativen Austauschs haben einem großen Schritt ändern: oberhalb einer Null-Runde nicht zu machen sei. durchaus gutgetan – mit klarem Sachverstand und „Deutsche Wohnen & Co enteig- Die Vertreter der BDGW wurden nicht müde, diese dem Ziel vor Augen haben die Sozialpartner einen nen“ strebt per Volksentscheid Ankündigung in jeder Verhandlungsrunde aus- Abschluss hinbekommen. „Unser Dank geht an die Vergesellschaftung von insge- führlich darzustellen – die Kassen wären leer. alle beteiligten Personen und Unterstützer*innen, samt 240.000 Wohnungen der insbesondere an unsere Mitglieder“, heißt es aus großen Wohnungsunternehmen Dies war jedoch mit uns nicht zu machen. Im der Kommission. an. Dies entspricht in etwa elf Pro- Vorfeld der Verhandlungen hatte die Bundestarif- zent aller Wohnungen in Berlin. kommission die Erwartungshaltung der ver.di-Mit- Der Abschluss beinhaltet: glieder abgeholt, hierzu hat sie sich sowohl von W eine Corona-Prämie von 275 Euro Das Land Berlin hat, wie an- den Landestarifkommissionen und Arbeitsgemein- W ab den 1. Juni 2021 eine prozentuale Erhöhung dere Länder und Kommunen schaften Feedback als auch über eine Mitgliederbe- von 2,5 Prozent auch, in den 1990er und 2000er fragung eingeholt, was erwartet wurde. Dies bein- W und ab dem 1. Januar 2022 eine weitere Erhö- Jahren in großem Umfang öffent- haltete keineswegs eine Null-Runde! Da die hung von 1,5 Prozent, jedoch endet der Tarif- lichen Wohnraum privatisiert. Der Mitarbeiter*innen ihren Unternehmen in schwieri- vertrag am 31. Juni 2022. politische Einfluss auf den Woh- gen Zeiten beigestanden haben, gab es auch hier nungsmarkt ist dadurch zurück- die Erwartung an ein Zeichen der Wertschätzung in Dies ist eine Neuheit in unseren Abschlüssen, gegangen, Finanzinvestoren und Form einer Corona-Prämie. Dennoch waren die Mit- erstmalig endet der Tarifvertrag zur Mitte der Som- Konzerne haben sich breitge- glieder rücksichtsvoll realistisch, haben die schwie- merzeit. Für die Beschäftigten ein Vorteil, da es für macht. Die Initiative möchte diese rige Situation der Unternehmen beachtet und daher alle viel angenehmer ist, bei schönem Wetter den Entwicklung umkehren. Ihr Ziel: eine sehr zurückhaltende Forderung aufgestellt. zukünftigen Forderungen Gehör zu verschaffen. Wenn sich wieder mehr Wohn- raum in öffentlicher Hand befin- Während die Forderungen der Arbeitnehmer- „Unserem gemeinsamen Ziel – gleicher Lohn für det, lässt sich die Entwicklung der *innen sehr verständnisvoll waren, kann man dies gleiche Arbeit – werden wir in der kommenden Mieten wieder besser kontrollie- von den Verhandlungsrunden leider nicht behaup- Lohnrunde wieder die höchste Priorität geben, um ren. Nicht mehr Rendite soll dann ten. Der Arbeitgeberverband hat immer wieder die unterschiedlichen Stundenlöhne, betreffend der zählen, sondern Bezahlbarkeit versucht, den Interessen seiner Mitgliedsunterneh- Bundesländer und innerhalb der Abteilungen, an- und Gemeinwohlorientierung. men gerecht zu werden. Auffällig war, dass die zugleichen“, so die Bundestarifkommission. W Der ver.di-Landesbezirk Ber- lin-Brandenburg unterstützt die Foto: Werner Bachmeier Initiative, die am 26. Februar in die zweite Sammelphase gegan- gen ist. Binnen vier Monaten müssen 175.000 gültige Unter- schriften gesammelt werden. Die Chancen dafür stehen nicht besonderen schlecht: In der ersten Sammel- phase konnten statt der notwen- digen 20.000 bereits 70.000 Un- terschriften erreicht werden. W die Patrick Schreiner 9
TECHNISCHE ÜBERWACHUNG Neues aus dem Tarifgeschehen TÜV SÜD: Tariferfolg sorgt für 6,2 Prozent Gehalts- erhöhung in den nächsten zwei Jahren D ie Tarifrunde beim TÜV SÜD wurde im Um Druck auf die Arbeitgeberseite vor Foto: TÜV SÜD Zentrale Januar 2021 vor allem mit Hilfe eines der zweiten Verhandlungsrunde am 19. Ja- ganztägigen Streiks zu einem erfolgreichen nuar 2021 aufzubauen und Mächtigkeit zu Abschluss gebracht: Ab Januar 2021 steigen demonstrieren, haben wir am 18. Januar zu die Gehälter und Ausbildungsvergütungen einem ganztägigen Streiktag, als „stay at um 3,3 Prozent, ab Januar 2022 um weitere home-Streik“ aufgerufen. Rund 450 Be- 2,9 Prozent. In Zeiten der Pandemie ist das schäftigte haben sich an dem Streik beteiligt ein sehr gutes Ergebnis. und blieben zu Hause bzw. haben die Arbeit im Homeoffice niedergelegt – ein großer Er- Anfang Dezember 2020 fand die erste folg, der unsere Erwartungen weit übertrof- Verhandlungsrunde statt – bei steigenden fen hat. Inzidenzzahlen. Das Angebot der Arbeitge- ber bei der ersten Verhandlung war sehr Für das Gemeinschaftsgefühl wurden alle niedrig: 1,7 Prozent ab 2021 und 1,5 Pro- zu einer digitalen Streikversammlung einge- Die gute Streikbeteiligung und die da- zent ab 2022. Und das, obwohl die wirt- laden. Auf einer Art digitalem Whiteboard, durch demonstrierte Entschlossenheit der schaftlichen Auswirkungen der Pandemie wie einer Pinnwand im Internet, konnten die Beschäftigten des TÜV SÜD hat gewirkt und auf die Geschäfte des TÜV SÜD eher gering Kolleg*innen sich informieren, aber auch auf die Arbeitgeberseite Eindruck gemacht. waren. Es gibt einige Gesellschaften, die von ihre Meinung kundtun. Mit dieser Art von Nur deshalb konnten wir nach langen Ver- den Auswirkungen des Lockdowns betroffen Streik und der digitalen Streikversammlung handlungen am 19. Januar 2021 den vorlie- waren bzw. sind. Konzernweit gab es jedoch haben auch wir Neuland betreten. Die Rück- genden Tarifabschluss erreichen. W keine großen wirtschaftlichen Schwierigkei- meldung der Teilnehmer*innen war durch- ten. weg positiv. Eva Schmidt und Kai Winkler wegen der dortigen schlechteren wirt- TÜV Rheinland schaftlichen Ergebnisse nicht durchsetzen. TÜV Rheinland TÜV Rheinland Industrieservice TÜV Rheinland Arbeitsmedizinische Dienste (TIS), Werkstoffprüfung (TWP) Kraftfahrt und Energy (TRE) Im vergangenen Jahr haben wir uns für die Hier befinden wir uns derzeit nicht in Ver- Zahlung einer Corona-Prämie eingesetzt Erreicht wurden: gütungsverhandlungen. Allerdings verhan- und mit den Verhandlungen begonnen. W 1,9 % lineare Erhöhung in TIS/TWP/TRE deln wir zur Zeit drei andere Tarifverträge: Jetzt gibt es sie in Höhe von 500 Euro! Die- W Laufzeit vom 01.01. bis zum 31.12.2021. Erfolgsbeteiligung, Überleitung der Be- ser Erfolg ist nach der Vergütungserhö- schäftigten aus der TÜV Pfalz Verkehrs- hung von 65 Euro pro Monat ab Septem- Sowohl in der TRE als auch in der TWP sind technik (TPV) und Zuordnung. ber 2019 das zweite gelungene Beispiel der mit direkten Kundenkontakten, Schichtbe- guten und erfolgreichen Zusammenarbeit trieb und Homeoffice vergleichbare Zusatzbe- Fazit: zwischen Kolleginnen und Kollegen der lastungen während der Corona-Zeit wie in Es bleibt bei der Erkenntnis, dass wir ohne AMD TÜV, den Betriebsräten und ver.di. der TIS aufgetreten. Letztendlich war der Vor- einen größeren Zuwachs an Mitstreiter- besonderen Hieran wird deutlich: Die Zusammenarbeit stand aber nur bereit, für die TIS eine ergän- *innen stets unter dem bleiben werden, macht Sinn und zahlt sich für alle aus. Be- zende Corona-Prämie in Höhe von 472 Euro was möglich wäre. Nur durch mehr Mit- sonders die Unterstützung der Kolleg*in- zu zahlen, 1.028 Euro waren bereits in 2020 glieder erreichen wir die nötige Durchset- nen und die Beteiligung aller an den Aktio- gezahlt worden. Damit ist in der TIS der ma- zungsfähigkeit. Das gilt auch für 2021. W nen zur Corona-Prämie haben diesen ximale steuerfreie Betrag von 1.500 Euro er- die gemeinsamen Erfolg ermöglicht. reicht. In der TRE und TWP konnten wir uns Markus Nöthen 10
CALLCENTER Sichtbar machen Der neue Branchenvorstand Callcenter will die Interessen der Kolleg*innen bündeln und in der Öffentlichkeit wie auch in ver.di vertreten VON CHRISTIAN SZEPAN Ein weiterer Schwerpunkt ist das Thema Auch deshalb stellt der durch die Corona- UND MICHAEL ILSE „wertschätzende Entlohnung“. Um dies zu Krise getriebene Umbruch der Arbeitsbedin- erreichen, will sich der Branchenvorstand in- gungen in Richtung „Home Office“ ver.di U m die Interessen der Kolleg*innen im Mindestlohnsektor für sogenannte „Dienstleistungsunternehmen Callcenter“ tensiv für einen Branchentarifvertrag einset- zen. Eine andere Möglichkeit ist auch, dass die „outgesourcte“ Arbeit nicht schlechter vor neue Herausforderungen, die auch bein- halten, die Kolleg*innen in der täglichen Ar- beit nicht aus den Augen zu verlieren und besser vertreten zu können, haben sich ver.di- vergütet werden sollte als die gleiche Tätig- ihre Bedarfe zur Verbesserung der Arbeits- Vertreter*innen aus sämtlichen Landesbezir- keit bei den Auftraggebern. bedingungen zu erkennen und in der be- ken bundesweit zu einem ver.di-Branchenvor- triebsrätlichen Arbeit zu berücksichtigen. stand Callcenter zusammengefunden. Andere wichtige Themen sind die Fremd- bestimmung der täglichen Arbeit mit der Die Aufgabe des Gremiums wird es sein, Einige Male hat sich der Branchenvor- Folge von hohen Krankenquoten sowie die die Branche sowohl in der Öffentlichkeit als stand bereits getroffen – vorerst virtuell. geforderte (noch höhere) zeitliche Flexibilität auch innerhalb der Gewerkschaft „sichtba- Dabei haben die Vertreter*innen festgestellt, und Umgehung des Arbeitszeitgesetzes in rer“ zu machen. Dazu sollen auch Callcenter dass die Arbeitsbedingungen sich in den ver- den Callcentern, die eine Vereinbarkeit von fachgruppenübergreifend einbezogen wer- schiedenen Betrieben sehr ähneln und alle Beruf und Familie zunehmend schwierig ma- den, um die Zusammenarbeit noch besser zu vor vergleichbaren Problemen stehen. chen. Darüber hinaus ist für Beschäftigte, die verzahnen. „Wir erwarten, dass durch unse- im Mindestlohnsektor arbeiten, die Einrich- ren Input von der Basis unsere Themen in der Als eines der wichtigsten Themen hat der tung eines Arbeitsplatzes im eigenen Zu- Organisation ihren Raum finden. Dadurch Branchenvorstand die „gläsernen Beschäf- hause eine große Herausforderung. Selbst können wir uns gegenseitig stützen“, heißt tigten“ durch den Einsatz von „Überwa- wenn der Arbeitgeber alle notwendigen es aus dem Branchenvorstand. chungssoftware“ identifiziert und Möglich- Dinge für einen Arbeitsplatz nach Arbeits- keiten herausgearbeitet, wie dieser durch die schutzgrundsätzen zur Verfügung stellt, ist In Hinblick auf die in 2022 anstehenden Mitbestimmung bei „Verhaltens- und Leis- doch die Bereitstellung des Raumes in der ei- Betriebsratswahlen will der Branchenvor- tungskontrolle“ zumindest bestmöglich zu genen Wohnung oder eines Arbeitszimmers stand auch mit diesen Themen mehr ver.di- regeln sein sollte. sehr schwierig, denn Wohnraum ist teuer. Mitglieder in die Betriebsräte bringen. W Gute Arbeit ist möglich Die Fachtagung Callcenter hat mobile und digitale Arbeit diskutiert „G ute Arbeit in mobilen und digitalen Arbeitswelten!“, lautete der Titel der Fachtagung für Betriebs- und Personal- tretungen unter mobilen Bedingungen. In themenspezifischen Workshops wurde Know-how vermittelt und intensiv diskutiert. Möglichkeit von Sanktionen über die Da- tenschutz-Aufsichtsbehörde hingewiesen, die ihre Aufgabe seit Inkrafttreten der räte aus Callcentern in diesem Jahr. Am 11. Ziel sollte sein, den Raum zum Austausch neuen DSGVO ernst nehme. Auch die wei- März 2021 sind insgesamt rund 50 Be- und Kennenlernen in „kontaktfreien Zeiten“ teren Referent*innen von der TBS, von triebs-, Personalräte, Sachverständige und zu nutzen und sich über geeignete Instru- ver.di und die Beiträge der Betriebs- und Gewerkschafter*innen digital zusammen- mente für verbesserte Arbeitsbedingungen Personalräte waren „informativ und berei- gekommen. Die Teilnehmenden haben sich in Callcentern zu beraten. chernd“, und trotz des kontaktlosen For- über ihre Erfahrungen, aktuelle Herausfor- mats bei hoher Themenvielfalt „hat es di- derungen, betriebliche Aktivitäten und Dabei haben Sachverständige mit Hin- gital doch gemenschelt“, hieß es in den Maßnahmen rund um Mobile Arbeit in der weisen auf rechtliche Handlungshilfen unter- Feedbacks. besonderen Pandemie ausgetauscht, sich gegenseitig stützt, insbesondere auf den Beitrag von beraten und unterstützt. Professor Däubler zum Thema Beschäftig- Die nächste Callcentertagung ist im Ok- tenüberwachung waren viele Teilnehmende tober 2022 in Hattingen geplant. Die Kernthemen waren Arbeitsschutz, gespannt. Däubler hat wesentliche Problem- http://www.callcentertagung.de/ W Beschäftigtendatenschutz, Gestaltung Mo- lagen auf den Punkt gebracht und neben die biler Arbeit und Arbeit der Interessenver- einer juristischen Bewertung auch auf die Markus Nöthen 11
REISEBRANCHE R E I S E B R A N C H E W BETRIEBSRAT EBR-Arbeit bei BCD Travel BCD Travel ist ein Geschäfts- reisenanbieter, der in über 100 Ländern weltweit vertreten ist. Auf einen Espresso Aufgrund der Pandemie musste BCD als Branchenriese seit März 2020 in vielen europäischen Län- bei der DER Touristik dern Kurzarbeit anmelden. Es gilt, Infolge der Corona-Krise baut die DER Touristik Personal ab: 17 Prozent im die Gesundheit der Kolleg*innen Veranstalterbereich, 6 Prozent im Vertrieb. Der Gesamtbetriebsrat und ein zu schützen und zu sparen. In der Folge arbeiten weltweit fast alle starker Manteltarifvertrag konnten Schlimmeres verhindern Mitarbeiter*innen von daheim und alle Mitbestimmungsgremien VON HOLGER SCHMIDT vor dem Hintergrund, dass viele der Maßnahmen virtuell. Das betrifft auch den wohl mit oder ohne Corona gekommen wären Europäischen Betriebsrat (EBR). In monatlichen internen und Ma- nagement-Telefonaten werden „P rojekt Espresso“. Was nach Genuss und Le- bensgefühl klingt, ist in der DER Touristik der Name des aktuellen Spar- und Personalabbau- und entsprechende Projekte forciert werden. Für den Reisevertrieb der DER Touristik bedeu- tet das Programm im ersten Schritt die kurzfristige die aktuellen wirtschaftlichen programms. Unternehmensberater*innen dachten Schließung von 40 Reisebüros, die primär schon Daten besprochen, Kommunika- dabei an schnell wirksam und anregend für das länger unrentabel waren. Damit gehen rund 6 Pro- tionen und Umstrukturierungen Betriebsergebnis – manche Arbeitnehmer*innen zent der Arbeitsplätze verloren. Auch dieser Ab- sowie natürlich der aktuelle Stand sehen eher schwarz, wenn sie an den Namen den- schluss sieht ein kurzes Freiwilligenprogramm und der Kurzarbeit diskutiert. ken. ansonsten betriebsbedingte Kündigungen vor. Ku- So wurde zwischen November riosum hierbei – an anderen Standorten sind Stel- und Februar eine europaweite Wie überall in der Touristik, hat sich Corona len neu zu besetzen. Vereinbarung über Homeoffice- auch bei DER massiv auf Umsatz und Ergebnis aus- Arbeitsbedingungen entwickelt. gewirkt, so dass ein Sparprogramm zu erwarten Wieder einmal wird der einen oder dem ande- Damit wurde ein Mindeststan- war und vom Gesellschafter REWE trotz der star- ren Arbeitnehmer*in jetzt klar, welche Bedeutung dard für alle Kolleg*innen verein- ken Ergebnisse im Kerngeschäft erwartet wurde. dem starken Kündigungsschutz des Manteltarif- bart. Als nächstes plant das Gre- vertrags zukommt. mium eine Diskussion zum Thema Im Veranstalterbereich bedeutet dies einen er- Der lange Verhandlungsprozess wurde von Gesundheitsschutz im Home- neuten Personalabbau von 17 Prozent bis 2023 ver.di unterstützt durch regelmäßigen gemeinsa- office. Auch hier ist ein europa- (nach bereits 10 Prozent durch das Vorgängerpro- men Austausch und Beratung, sowie Tipps für Be- weiter Standard das Ziel. gramm in 2018). Durch Outsourcing, Digitalisie- triebsräte und Arbeitnehmer*innen. Auch in den Inzwischen ist es trotz Pande- rung und das neue Buchungssystem soll die Ar- nächsten Monaten gilt es für die Betriebsräte, eng mie gelungen, die EBR-Delegier- beitsmenge an den Standorten Frankfurt und Köln mit der Gewerkschaft zusammenzuarbeiten, um ten und auch das „Leadership reduziert werden. Der Personalabbau soll sozial- etwa den Abschluss von neuen §3-Tarifverträgen Team“ turnusmäßig neu zu wäh- verträglich, unter anderem durch freiwilliges Aus- zu erzielen, um eine effektive und durchsetzungs- len. Die Post-Covid-Phase wird scheiden mit Abfindungen, geschehen. Betriebs- starke Betriebsratsstruktur zu sichern und besten- zeigen, wie stark BCD noch ist, bedingte Kündigungen sind aber möglich. falls auch die Tendenz zur Arbeitsverlagerung in welche Arbeitsweisen, ob analog nicht mitbestimmte Einheiten zu stoppen. Arbeit- oder virtuell, sich bewährt haben Der vom Gesamtbetriebsrat erzielte Abschluss nehmer*innen sind gut beraten, sich mit einer Mit- und wo es eine Verbesserung in konnte deutlich weitergehende Forderungen des gliedschaft arbeitsrechtliche Unterstützung zu si- der Zusammenarbeit geben muss. Arbeitgebers abwehren und wurde insgesamt von chern, die Betriebsräte nicht leisten können. Auch Länderübergreifende Themen der Belegschaft positiv aufgenommen, obwohl die gegenüber dem privaten Rechtsschutz hat dies ei- werden Gesundheitsschutz Dotierungen des Vorgängerprogramms nicht er- nige Vorteile – nicht zuletzt die gelebte Solidarität ebenso wie Datenschutz und reicht wurden. Da es für Arbeitnehmer*innen be- und Würdigung von kollektivrechtlichen Bestand- Qualifizierung sein. Der intensive reits in den vergangenen Jahren in der Regel nur teilen der Arbeitsverträge. Austausch, die Diskussionen und Gehaltseinbußen zu verzeichnen gab und auch in das gemeinsame Vorgehen dieses 2021 ein großer Teil der Belegschaft in Kurzarbeit Also auch weiterhin kein „Abwarten und Es- europäischen Gremiums sollen ist, bleibt abzuwarten, ob viele Kolleg*innen nicht presso trinken“. weiterhin helfen, dass bei aller mangels Zukunftsperspektiven ausscheiden wer- Dass schlechte Zeiten ohne Tarifvertrag und Be- notwendigen Internationalisie- den. triebsräte noch schwerer verdaulich sind, mussten besonderen rung des Unternehmens die Ar- Arbeitnehmer*innen der DER Touristik etwa im beitnehmerinteressen nicht auf Alle Betriebsräte und ver.di waren sich deshalb Online-Bereich erleben. Hier wurden sehr schnell der Strecke bleiben. W einig, dass weitere Sparbeiträge der Arbeitneh- Beschäftigungsverhältnisse abgebaut und einen mer*innen nicht verkraftbar sind, so dass das ar- Sozialplan gab es auch nicht. Bettina Diekmann, beitgeberseitige Ansinnen nach einem Notfalltarif- Doch auch in guten Zeiten lohnen sich mehr die EBR-Vorsitzende vertrag auch für den Preis eines leicht verlängerten Mitglieder: Sie sichern dann eine gerechte Vertei- 12 Kündigungsschutzes abgelehnt wurde – gerade lung von Kuchen. W
DAS GUTE BEISPIEL Like den Streik Die Handwerkerorganisation des Wohnungsunternehmens LEG zeigt: Streiken in Zeiten von Corona ist nicht einfach, aber möglich VON BENEDIKT FRANK D ie LEG (börsennotiertes Wohnungsun- ternehmen mit Sitz in Düsseldorf) hat vor rund vier Jahren ihre eigene Handwerks- organisation TSP gegründet. Es hatte sich herausgestellt, dass es auf die Dauer unwirt- schaftlich ist, Handwerkstätigkeiten an pri- vate Betriebe zu vergeben, und dass man mit eigenen Handwerker*innen wesentlich flexibler und unabhängiger agieren kann. Die Handwerker*innen der TSP werden aber anders behandelt als die Beschäftigten im LEG-Mutterkonzern, denn für diese gilt ein Tarifvertrag. Diese Tatsache ist aus Sicht eines Großteils der TSP Beschäftigten so auf die Dauer nicht hinnehmbar. Aus diesem Grund haben sich bis dato rund 50 Prozent Fotos: ver.di der Beschäftigten in ver.di organisiert und sich unter dem Motto „Wo LEG drauf steht, Die Wohnungswirtschaft leidet muss auch LEG drin sein“ auf den Weg zu nachweislich nicht unter den Folgen einem Tarifvertrag gemacht. der Coronapandemie. Im Gegenteil: Auch in diesem Jahr wird die LEG si- Im Juni 2020 hat die ver.di-Tarifkommis- cher wieder hohe Gewinne machen und an weiterhin kein Gesprächsangebot seitens sion den Arbeitgeber erstmalig zu Tarifver- die Rekordgewinne aus 2020 anknüpfen des Arbeitgebers an ver.di. handlungen aufgefordert, was dieser ab- können. lehnte. Von Juli bis Oktober 2021 fanden an Stattdessen wollte die LEG den Streik per den unterschiedlichen TSP Standorten viele, Mit seiner strikten Verweigerungshaltung einstweiliger Verfügung unterbinden, da kreative Aktionen statt, um den Forderun- zwang der Arbeitgeber die ver.di-Mitglieder, ver.di hier nicht die zuständige Gewerkschaft gen der Beschäftigten nach einem Tarifver- den Druck zu erhöhen. Anfang November sei. Das Arbeitsgericht Berlin wies den An- trag Nachdruck zu verleihen. Im September 2020 haben TSP-Beschäftigte deshalb zu- trag auf einstweilige Verfügung jedoch ab. 2020 übergab die ver.di-Tarifkommission der nächst an einzelnen Tagen einzelne Stand- Geschäftsführung der TSP eine Liste mit Un- orte bestreikt. Ende November fand ein Inzwischen haben die Beschäftigten be- terschriften für einen Tarifvertrag. Auf dieser Streiktag aller Standorte statt. Da sich der gonnen, die LEG-Mieter*innen über den Liste haben mehr als die Hälfte aller TSP-Be- Arbeitgeber aber auch hiervon sichtlich un- Streik und seine Gründe zu informieren und schäftigten unterschrieben. beeindruckt zeigte, sahen sich die Kol- erhalten sowohl von den Mieter*innen, als leg*innen gezwungen, die Streiks im Januar auch vom Mieterbund zahlreiche Solidari- Doch der Arbeitgeber lehnte Verhandlun- 2021 auszuweiten. So waren die Beschäftig- tätsbekundungen. gen unter anderem mit der Begründung, un- ten aller TSP-Standorte im Januar zunächst sere Lohnforderung, welche den Konzern 0,9 zu einem zweitägigen Streik aufgerufen, Auch Appelle hochrangiger ver.di-Vertre- Millionen Euro kosten würde, wäre zu hoch, dann zu einem dreitägigen Streik und dann ter*innen und sogar von Politikern an den bzw. tarifliche Vereinbarungen mit ver.di bis Anfang Februar zweimal zu einem jeweils LEG-Vorstand, doch wenigstens mit ver.di seien insgesamt nicht tragbar, weiterhin ab. fünf Tage dauernden Streik. Dennoch gibt es Gespräche aufzunehmen, führten bislang besonderen nicht zu Fortschritten innerhalb dieses Tarif- konflikts. Mit der Facebook Seite https://www.facebook.com/LikedenStreik wollen die Kol- Diese Tatsache zwingt die Kolleg*innen, leg*innen größtmögliche Solidarität für die Streikenden der TSP organisieren. Wer den den Druck weiterhin hoch zu halten und Streik der TSP Handwerker*innen unterstützen will, kann diese Seite liken, teilen und jetzt nicht nachzugeben. Die Handwerker- die positiv kommentieren. *innen sind fest entschlossen, weiter zu streiken. W 13
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