Dorfleben-Report 2. Auflage - Wie unternehmerisch sind Österreichs Dörfer? - Adeg

Die Seite wird erstellt Rafael Hirsch
 
WEITER LESEN
Dorfleben-Report 2. Auflage - Wie unternehmerisch sind Österreichs Dörfer? - Adeg
Dorfleben-
Report ®

2. Auflage
Wie unternehmerisch sind
Österreichs Dörfer?

 LEBENDIGE      KAUFLEUTE ALS   GRÜNDEN    VORTEILE
  DÖRFER         IMPULSGEBER     IM DORF   AM LAND
Dorfleben-Report 2. Auflage - Wie unternehmerisch sind Österreichs Dörfer? - Adeg
S
                                                                                    elbstständige Unternehmer sind ein unverzichtbarer
                                                                                    Treiber für das Dorfleben: Sie beleben die Gemeinde,
                                                                                    schaffen Arbeitsplätze, bringen neue Impulse und erhö-
                                                                                    hen dadurch die Lebensqualität für alle Dorfbewohner.
                                                                            In diesem Kontext nehmen die selbstständigen ADEG Kaufleute
                                                                            eine besondere Rolle ein. Denn sie sind nicht nur Nahversorger,
                                                                            sondern vor allem auch soziale und wirtschaftliche Partner
                                                                            des regionalen Wirtschaftskreislaufs. Sie sind Identitätsstifter
                                                                            ihrer Dörfer, erhalten die dörfliche Infrastruktur und sorgen für
                                                                            Frequenz in ihrer Gemeinde. Wir von ADEG waren davon schon
                                                                            immer überzeugt. Doch heute, mit dem vorliegenden Dorfle-
                                                                            ben-Report® haben wir die Gewissheit, dass auch die Dorfbe-
                                                                            wohner in Österreich diese Wahrnehmung mit uns teilen.

                                                                              Damit bestätigt die 2. Auflage des ADEG Dorfleben-Reports®
                                                                            2018 unseren Anspruch, Menschen im ländlichen Raum beim
                                                                            Schritt in die Selbstständigkeit zu unterstützen. Denn schließ-
                                                                            lich, und davon bin ich heute überzeugter denn je, bietet der
                                                                            Kaufmannsberuf eine attraktive berufliche Perspektive und
                                                                            schafft echten Mehrwert für das Dorfleben.

                            Jürgen Öllinger

                            Vorstand
                            ADEG Österreich Handels AG

                            G
                                      emeinden brauchen Unternehmen. Sie schaffen
                                      Arbeitsplätze, verhindern Abwanderung und sorgen so
                                      für lebendige und lebenswerte Dörfer. Durch die Digi-
                                      talisierung sind nicht nur die Gemeinden, sondern auch
                            die Wirtschaft im Umbruch. Diese Phase bietet große Chancen
                            für Dörfer und ländliche Gemeinden. Der aktuelle ADEG Dorf-
                            leben-Report® zeigt, dass sich über 30% der nichtselbstständi-
                            gen Dorfbewohner vorstellen könnten, den Schritt ins Unter-
                            nehmertum zu wagen. Daher brauchen wir flächendeckendes
                            schnelles Internet. Denn nur die Bereitstellung der Grundinfra-
                            struktur ermöglicht es vielen künftigen Unternehmern, direkt
                            vom Dorf aus zu arbeiten. Das alleine wird aber nicht genügen,
                            denn 22% meinen, ihnen würde der passende Geschäftspartner
                            fehlen. Nicht immer kann die Politik alles regeln, aber sie kann
                            den Raum für Begegnungen schaffen und durch das Fördern
                            von neuen Ideen ein Klima für Innovation schaffen. Das heißt
                            aber auch, Fehler zuzulassen und aus Rückschlägen zu lernen.
                            In diesem Sinne stellt der diesjährige Dorfleben-Report® genau
                            die richtige Frage: Wie unternehmerisch sind unsere Dörfer?
Fotos: ADEG, Gemeindebund

                                                                                               Mag. Alfred Riedl

                                                                                               Präsident des Österreichischen
                                                                                               Gemeindebundes
Dorfleben-Report 2. Auflage - Wie unternehmerisch sind Österreichs Dörfer? - Adeg
Inhalts­verzeichnis
ADEG Dorfleben-Report®
2. Auflage

               01        08 | Zahlen & Fakten                                                                        04                         40 | Zahlen & Fakten

   Was macht ein         10 | Der Bregenzerwald: ein                                                               Wie                         42 | „Es braucht mehr Mut“
   Dorf lebendig?              lebendiges Idyll                                                         unternehmerisch
                                                                                                                                                44 | Da ist was los: Nahversorger
          Seite 06                                                                                   sind unsere Dörfer?
                         14 | Der Markt bringt Frequenz                                                                                              für Standort und Lebendigkeit
                               ins Dorf                                                                         Seite 38
                         16 | Ein urbanes Konzept belebt
                               alte Traditionen                                                                                                 46 | Impressum

               02        20 | Zahlen & Fakten

  Selbstständige:        22 | „Ein attraktiver Standort                                                                   ÜBER DEN ADEG
  die Lebensader
       der Dörfer
                               braucht junge Unternehmen“
                                                                                                                           DORFLEBEN-REPORT®
                         24 | „Junge kommen wieder nach                                                                    Der ADEG Dorfeben-Report® ist eine von ADEG in
          Seite 18             Munderfing zurück“                                                                          Kooperation mit dem Österreichischen Gemeindebund er-
                                                                                                                           stellte Publikation über die Lebenswelt in Österreichs Dör-
                         26 | „Für die Großstadt sind wir zu                                                              fern. Den inhaltlichen Kern des ADEG Dorfeben-Reports®
                               heimatverbunden“                                                                            bildet eine österreichweite Umfrage, die im Jahr 2018 zum
                                                                                                                           zweiten Mal vom Meinungsforschungsinstitut MindTake
                                                                                                                           durchgeführt wurde. Dazu wurden im Zeitraum vom 1. Juni
                                                                                                                           bis 22. Juni 2018 insgesamt 1.038 Dorfbewohner befragt.

                                                                                                                             Die Stichprobe umfasste Frauen und Männer ab 16 Jahren
                                                                                                                           mit Hauptwohnsitz in einer Gemeinde mit maximal 5.000
                                                                                                                           Einwohnern. Zudem wurden Gemeinden mit und ohne
               03        32 | Zahlen & Fakten                                                                             ADEG Markt zu gleichen Teilen berücksichtigt. Als Erhe-
                                                                                                                           bungsmethode wurden Computer Assisted Web Interviews
   Die besondere         34 | Eine Powerfrau investiert in Großgmain                                                      (CAWI) sowie telefonische Interviews eingesetzt.
         Rolle der
                         35 | Ein Kaufmann für alle Fälle                                                                   ADEG bekennt sich zur Gleichberechtigung der Geschlech-
  selbstständigen
                                                                         Fotos: Maria Ritsch, ADEG

                                                                                                                           ter. Aus Gründen der Lesbarkeit wurde auf geschlechtsspe-
        Kaufleute        36 | Ein echter Familienmarkt                                                                    zifische Formulierungen weitgehend verzichtet.
          Seite 30
                         37 | Ein Inkubator für regionale Produzenten
Dorfleben-Report 2. Auflage - Wie unternehmerisch sind Österreichs Dörfer? - Adeg
01 | Was macht
                            ein Dorf lebendig?

                                G
                                          leich vorweg: 79% der befragten Dorf-
                                          bewohner empfinden ihre Gemeinde
                                          als lebendig. Dabei spielen selbststän-
                                          dige Unternehmer eine wesentliche
                                Rolle, denn nach den Faktoren für ein lebendiges
                                Dorf gefragt, nennen Dorfbewohner am häu-
                                figsten das Vorhandensein von gastronomischen
                                Betrieben (45%). Eine ähnlich starke Bedeutung
                                haben Sport- und Freizeiteinrichtungen und
                                Vereine. Jenen 21%, die ihre Gemeinde nicht
                                als lebendig empfinden, fehlt es vor allem an
                                Geschäften und Gastronomie. Mit Blick in die
                                Zukunft nennen Dorfbewohner mit 59% am
                                häufigsten die Infrastruktur als wichtigste Vor-
    Foto: Maria Ritsch
                                aussetzung für die Lebendigkeit ihrer Gemein-
                                de, gefolgt von Arbeitsplätzen im Dorf (46%).
6                                                                               7
Dorfleben-Report 2. Auflage - Wie unternehmerisch sind Österreichs Dörfer? - Adeg
WAS MACHT                                                      QUELLEN DER LEBENDIGKEIT:
                                                                       GASTRONOMIE UND
                                                                  FREIZEITEINRICHTUNGEN
                                                                                                                                 OFT FEHLEN DIE GESCHÄFTE
                                                                                                                                 Jenen 21%, die ihr Dorf als nicht lebendig empfinden, fehlt es
                                                                                                                                 vor allem an Geschäften/Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie

EIN DORF                                                Als Faktoren, die ein Dorf lebendig machen,
                                                             werden am häufigsten gastronomische
                                                          Betriebe genannt, gefolgt von Sport- und
                                                                                                                                 und Angeboten für junge Menschen und Familien.

                                                                                                                                                                                    Angebote für junge

LEBENDIG?                                                       Freizeiteinrichtungen und Vereinen.                                       Geschäfte                                 Menschen und Familien
                                                          Ein Lebensmittelgeschäft ist für mehr als                                                         22%                                  17%
                                                       ein Viertel der Befragten ein Aspekt, der zur
                                                               Lebendigkeit in Gemeinden beiträgt.                                        Gastronomie
                                                                                                                                                          19%              ? Warum ist Ihre Gemeinde
                                                                                                                                                                              nicht lebendig? Was fehlt?
Wie Dorfbewohner über

                                           79%                                                         21%
die Lebendigkeit ihrer
Gemeinde denken.
                                         empfinden ihre                                                empfinden ihre Gemeinde
                                                                                                                                 FÜR EINE LEBENDIGE ZUKUNFT
                                   Gemeinde als lebendig.                                              als nicht lebendig.
                                                                                                                                 Voraussetzungen, die Dorfbewohner für

45%                                                                                                                              eine lebendige Zukunft ihrer Gemeinde am
                                                                                                                                 wichtigsten finden.
Gastronomie

                                                                                                                                            Infrastruktur

43%                                                                                                                                                                                      59%
Sport- und
Freizeiteinrichtungen
                                                                                                                                            Arbeitsplätze im Dorf

                                                                                                                                                                                46%
42%                                                                                                                                         Freizeitangebote
Vereine

                                                                                                                                                                              44%
39%                                                                                                                                         Kinderbetreuungsstätten
Kultur-, Sport- oder
Gemeindeveranstaltungen
                                                                                                                                                                              43%

27%                                                                                                                                         Lebensmittelgeschäfte

                                                                                                                                                                              43%
Lebensmittelgeschäft

21%
                                                                                                                                            Ausbildungsmöglichkeiten

Einkaufsmöglichkeiten
                                                                                                                                                                      33%

                                                                                                                                  ? Welche Voraussetzungen sind am wichtigsten,
                                                                                                                                     damit ein Dorf auch in Zukunft lebendig ist?
 ?   Welche Faktoren machen eine
     Gemeinde lebendig?
Dorfleben-Report 2. Auflage - Wie unternehmerisch sind Österreichs Dörfer? - Adeg
Herr Flatz, was macht Ihrer Meinung nach den Bre-         rationen zwischen den einzelnen Gemeinden. Mit der
                                                                                                                                                                                                                           genzerwald so besonders?                                  Regio Bregenzerwald gibt es ja eine Vereinigung aus

                                                       Der
                                                                                                                                                                                                                                                                                     allen 24 Gemeinden der Region. Diese Zusammen-
                                                                                                                                                                                                                            Das Besondere am Bregenzerwald sind natürlich            arbeit lebt. Es gibt regelmäßige Treffen und Projekte,
                                                                                                                                                                                                                           die Menschen, die hier leben. Ich denke, was uns vor      die gemeinsam umgesetzt werden.
                                                                                                                                                                                                                           allem auszeichnet, ist die Verbindung von Tradition

                                                       Bregenzerwald:                                                                                                                                                      mit einer klaren Vision für die Zukunft. Diese
                                                                                                                                                                                                                           Mischung macht vermutlich den großen Reiz unserer
                                                                                                                                                                                                                           Region aus.                                                        „Einen großen Beitrag
                                                       ein lebendiges                                                                                                                                                      Im Bregenzerwald florieren Handwerk, Tourismus,
                                                                                                                                                                                                                           traditionelle Landwirtschaft und Kultur wie in kaum
                                                                                                                                                                                                                                                                                               leistet unsere ausge-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                  prägte Festkultur.“
                                                       Idyll                                                                                                                                                               einer anderen ländlichen Region in Österreich. Wie
                                                                                                                                                                                                                           erklären Sie sich diese Lebendigkeit?

                                                                                                                                                                                                                                                                                     Wo spürt man die Lebendigkeit noch?
                                                                                                                                                                                                                          „Dieses Engage-
                                                                                                                                                                                                                                                                                      Spontan fällt mir da ein, dass unsere Dorfzentren bis
                                                                                                                                                                                                                          ment wird auch auf                                         heute stets lebendig gehalten wurden. Einen großen
                                                                                                                                                                                                                                                                                     Beitrag leistet hier unter anderem unsere ausgepräg-
                                                                                                                                                                                                                          politischer Ebene                                          te Festkultur. In den meisten Gemeinden gibt es, auch
                                                                                                                                                                                                                                                                                     über den Sommer hinweg, viele kleinere und größere
                                                                                                                                                                                                                          gefördert.“                                                Feste. Da kommt teilweise die ganze Region zusam-
                                                                                                                                                                                                                                                                                     men und tauscht sich aus.

                                                                                                                                                                                                                                                                                     Welche Rolle spielen dabei Selbstständige und Unter-
                                                                                                                                                                                                                             Es gibt hier sehr viele Personen, die sich für die      nehmen?
                                                                                                                                                                                                                           Lebensqualität und den Fortschritt in der Region en-
                                                                                                                                                                                                                           gagieren. Sowohl ehrenamtlich als auch im Rahmen           Eine ganz entscheidende! Der Bregenzerwald ist ja
                                                                                                                                                                                                                           ihrer jeweiligen Berufe. Dieses Engagement wird auch      neben der Natur und dem damit verbundenen Touris-
                                                                                                     Guido Flatz                                                                                                           auf politischer Ebene gefördert. Das spüre ich als Bür-   mus sehr bekannt für Architektur und Handwerk.
                                                                                    Bürgermeister Gemeinde Doren                                                                                                           germeister vor allem in den intensiv gelebten Koope-      Diese Bereiche haben in der Region einen besonde-

                                                                                                                   Fotos: Adolf Bereuter / Bregenzerwald Tourismus, Roswitha Schneider / Werkraum Bregenzerwald, Kemter
                                                       W
         Der Bregenzerwald in Vorarlberg zählt zu                      er nach dem Besonderem im Bregen-
     den lebendigsten ländlichen Regionen in Ös-                       zerwald sucht, wird an mehreren Stel-
      terreich. Eine zentrale Rolle spielt dabei die                   len fündig. Für viele steht die Region
        unternehmerische Energie, die in den Dör-                      vor allem für die eindrucksvolle Natur,
       fern im „Wäldle“ steckt. Das bestätigt auch     die alljährlich für einen florierenden Winter- und
         Guido Flatz, Bürgermeister der Gemeinde       Sommertourismus sorgt. Andere betonen hingegen
         Doren und Obmann der Regio Bregenzer-         die bis heute nach traditionellen Grundsätzen be-
          wald. Und dafür gibt es ihm zufolge gute     triebene Landwirtschaft und die daraus gewonnenen
     Gründe: Die Mentalität und das Engagement         Produkte, wie z. B. den berühmten Bregenzerwälder
     der Bregenzerwälder sowie die enge Koope-         Bergkäse.
                  ration zwischen den Gemeinden.
                                                         Doch mindestens ebenso beeindruckend ist die
                                                       überdurchschnittlich hohe Dichte an Handwerks-
                                                       betrieben in der Region. Vor allem in den Bereichen
                                                       Bauen und Wohnen hat sich im Bregenzerwald eine
                                                       moderne, designorientierte Szene entwickelt, die man
                                                       in einer ländlichen Region in diesem Ausmaß eigent-
                                                       lich nicht erwarten würde. Bürgermeister Guido Flatz                                                                                                                                                                                                             Handwerkskultur im
                                                       spricht im Interview mit dem Dorfleben-Report® über                                                                                                                                                                                                                  Bregenzerwald
                                                       die Quellen der Lebendigkeit seiner Landsleute.
10                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           11
Dorfleben-Report 2. Auflage - Wie unternehmerisch sind Österreichs Dörfer? - Adeg
ren Stellenwert und die Unternehmen tragen das             Das kann ich nicht beurteilen. Klar ist aber: Den
                                                                                                                                                        entsprechend nach außen. Bezeichnend für unsere           Bregenzerwäldern ist Qualität sehr wichtig. Es geht
     Architektur und Handwerk:                                                                                                                          Wirtschaft ist außerdem die erhaltene Kleinstruktu-       nicht um die Quantität, sondern darum, die Dinge or-
     ein Markenzeichen des                                                                                                                              riertheit. Großindustrien gibt es hier keine. Das prägt   dentlich zu machen. Das macht eben einen „ghörigen“
     Bregenzerwalds                                                                                                                                     natürlich auch das Lebensgefühl.                          Vorarlberger aus.

                                                                                                                                                        Die Handwerkskultur ist im Bregenzerwald über-
                                                                                                                                                        durchschnittlich stark ausgeprägt. Wie erklären Sie
                                                                                                                                                        sich das?                                                          „Von politischer Seite
                                                                                                                                                         Generell wird den Bregenzerwäldern nachgesagt,                         sind wir bemüht,
                                                                                                                                                        sehr tüchtige und bodenständige Menschen mit Haus-
                                                                                                                                                        verstand zu sein. Vermutlich liegt hier der Ursprung               optimale Verhältnisse
                                                                                                                                                        unserer starken Handwerkskultur.
                                                                                                                                                                                                                            für die Unternehmen
                                                                                                                                                                                                                                    herzustellen.“
                                                                                                                                                        Haben die Bregenzerwälder einen besonders starken
                                                                                                                                                        Unternehmersinn?

                                                                                                                                                                                                                  Steckt dieser Qualitätssinn in den Genen oder wird
                                                                                                                                                             INFO                                                 das etwa auch von der Politik gefördert?

                                                                                                                                                                                                                    Vermutlich beides. Von politischer Seite sind wir
                                                                                                                                                                                                                  sehr bemüht, optimale Verhältnisse für die Unter-
                                                                                                                                                                                                                  nehmen herzustellen. Das fängt beim öffentlichen
                                                                                                                                                                                                                  Nahverkehr an und geht über die Kinderbetreuung bis
                                                                                                                                                                                                                  hin zur Schaffung von leistbarem Wohnraum. All das
                                                                                                                                                                                                                  spielt natürlich eine große Rolle für die Unternehmen
                                                                                                                                                                                                                  in der Region.

                                 Fotos: Christoph Lingg / Bregenzerwald Tourismus, Albrecht Imanuel Schnabel, Ludwig Berchtold / Vorarlberg Tourismus
                                                                                                                                                                                                                  Wie fördert die Regio Bregenzerwald Unternehmen
                                                                                                                                                                                                                  und Selbstständige?

                                                                                                                                                                                                                    Da gibt es mehrere Projekte. Eines, das wir im Vor-
                                                                                                                                                                                                                  jahr gestartet haben, nennt sich „Zukunft Unterneh-
                                                                                                                                                                                                                  mertum“. Hier haben wir praktisch alle Unternehmen
                                                                                                                                                                                                                  der Region eingeladen, sich zu beteiligen, um gemein-
                                                                                                                                                                                                                  sam auszuarbeiten, was Unternehmen im Bregenzer-
                                                                                                                                                                                                                  wald überhaupt brauchen – heute und in der Zukunft.
                                                                                                                                                                                                                  Hier erarbeiten wir derzeit den Endbericht, aus dem
                                                                                                                                                                                                                  wir dann entsprechende politische Handlungsemp-
                                                                                                                                                             REGIO Bregenzerwald                                  fehlungen ableiten werden.

                                                                                                                                                              Die Regionalplanungsgemeinschaft                    Was können sich andere Regionen vom Bregenzer-
                                                                                                                                                             Bregenzerwald wurde 1970 gegründet,                  wald abschauen?
                                                                                                                                                             um die Gemeinden des Bregenzerwaldes
                                                                                                                                                             zu Themen des Lebensraums zu beraten,                 Wie bereits gesagt, denke ich, dass bei uns die
                                                                                                                                                             Lösungen anzubieten und gemeinsame                   Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden beson-
                                                                                                                                                             Maßnahmen miteinander umzusetzen.                    ders gut funktioniert. Diese Kooperation läuft sehr
                                                                                                                                                             Der Verein ist ein wichtiger Impulsgeber             unkompliziert ab und wird politisch intensiv gelebt.
                                                                                                                                                             für die Weiterentwicklung der Region für             Das Kirchdorfdenken ist bei uns weniger stark aus-
                                                                                                                                                             die Bereiche Wirtschaft, Infrastruktur               geprägt, dafür steht die Unterstützung der regionalen
                                                                                                                                                             sowie Sozial- und Gesellschaftspolitik.              Wertschöpfung und der Unternehmen im Vorder-
                                                                                                                                                                                                                  grund. Das macht für uns Vieles wesentlich einfacher.

12                                                                                                                                                                                                                                                                     13
Dorfleben-Report 2. Auflage - Wie unternehmerisch sind Österreichs Dörfer? - Adeg
gewinnen, ist ein positiver Zusatzeffekt, von dem die   man gegenseitig das Geschäft des anderen ankurbeln –
                                                                                                                                 gesamte Gemeinde profitiert.                            jeder trägt als Teil eines großen Ganzen zum Erfolg
                                                                                                                                                                                         der Gemeinde bei.
                                                                                                                                   „Frequenz im Ort kann man nie genug haben, sie ist
                                                                                                                                 das Wichtigste überhaupt“, betont Reithofer. Dass        Mit Stolz erzählt der Kaufmann, dass Hainfeld heute
                                                                                                                                 es im Ort eine gute Kundenfrequenz gibt, sieht man      nicht nur eine überdurchschnittlich hohe Lebensquali-
                                                                                                                                 unter anderem daran, dass kaum ein Geschäftslokal       tät verzeichnet, sondern auch eine balancierte demo-
                                                                                                                                 in Hainfeld leer steht. Die meist privat geführten      graphische Struktur, da viele junge Leute gerne in der
                                                                                                                                 Geschäfte sehen sich untereinander allerdings nicht     Region bleiben. Das hat laut Reithofer auch stark
                                                                                                                                 als Konkurrenten, sondern als ein perfekt aufeinan-     mit der guten Nahversorgung im Ort zu tun: „Meiner
                                                                                                                                 der abgestimmter Branchenmix, wodurch jeder vom         Meinung nach hat jeder Ort und jedes Dorf einen
                                                                                                                                 anderen profitieren kann: Einer der vielen Gründe,      Nahversorger verdient, das macht das Leben auf dem
                                                                                                                                 warum die Gemeinde Hainfeld wirtschaftlich flo-         Land gerade so lebenswert. Wenn alles stimmt, dann
                                                                                                                                                                                         will man hier auch nicht weg.“

                                                                                                                                                                                          Für Bewegung im Ort sorgt der ADEG Kaufmann
                                                                                                                                „Frequenz im Ort kann                                    auch mit den zahlreichen, vom Familienbetrieb
                                                                                                                                                                                         Reithofer organisierten Veranstaltungen. Seien es
                                                                                                                                man nie genug haben,                                     die jährliche Hausmesse, die Italien-Woche oder die
                                                                                                                                                                                         Wies’n-Zeit – sie lassen die Gemeinde aufleben und
                                                                                                                                sie ist das Wichtigste                                   steigern die Frequenz im Ort zusätzlich.

                                                                                                                                überhaupt.“                                               Der Unternehmer denkt gerne an diese für ihn und
                                                                                                Georg Reithofer                                                                          den Ort so wichtigen Feste: Man kommt zusammen,
                                                                                        ADEG Kaufmann, Hainfeld                                                                          genießt die Gemeinschaft und das bunte Programm.
                                                                                                                                                                                         Dabei lässt sich Reithofer immer wieder neue Themen

Der Markt bringt
                                                                                                                                 riert. Kaufmann Reithofer und sein Markt nehmen in      einfallen, um für Abwechslung zu sorgen. Eine wir-
                                                                                                                                 diesem Gefüge eine zentrale Rolle ein. Denn durch       kungsvolle Taktik, mit der er jedes Jahr aufs Neue viele
                                                                                                                                 das proaktive Engagement des Kaufmanns und seines       Besucher anlocken kann. Der Kaufmann aus Leiden-
                                                                                                                                 Teams ist eine spürbare Harmonie und Symbiose der       schaft weiß die Vorzüge des Landlebens zu schätzen.

Frequenz ins Dorf                                                                                                                unterschiedlichen Geschäfte entstanden. Hier will       Vor allem auch, weil er diese täglich aktiv mitgestaltet.

Kaufmann Reithofer hält seine Gemeinde auf Trab.

  ADEG Kaufmann Georg Reithofer führt seinen Markt      und dem Notwendigen versorgt. Denn der umtriebige
in Hainfeld mit Leidenschaft. Das sorgt für Bewegung    Kaufmann betreibt seinen Markt mit Leidenschaft
im Ort, wovon auch umliegende Geschäfte profitieren –   und schafft für seine Kunden eine ganz besondere
ein Lokalaugenschein.                                   Atmosphäre: Dank der vielen Kooperationen mit
                                                        Produzenten aus der Umgebung und durch die sehr

R
                                                        persönliche Betreuung bringt er immer wieder neue
         uhige Straßen, weit und breit kaum eine        Kunden in seinen Markt und damit auch in den Ort.
         Menschenseele anzutreffen und ausge-
         storbene Läden – dieses Bild steckt oft zu      Denn das besondere Angebot bei ADEG Reithofer
         Unrecht in den Köpfen vieler Menschen,         wissen neben den Hainfeldern auch viele Besucher
wenn sie ans Dorfleben denken. Wie weit dieses          aus den umliegenden Gemeinden und Pendler zu
Dorf-Klischee gefehlt ist, merkt man im niederöster-    schätzen. Letztere erledigen nach der Arbeit oft
reichischen Hainfeld sofort: Denn die Gemeinde lebt     und gerne ihren Wocheneinkauf beim charismati-
und pulsiert.                                           schen Kaufmann. „Meine Kunden kommen immer
                                                        wieder gerne zum Einkaufen nach Hainfeld“, erzählt
 Nicht ganz unschuldig daran ist der ADEG Markt von     Reithofer. Eben auch, weil sie sich in seinem Markt
                                                                                                                  Fotos: ADEG

Georg Reithofer, dessen Familie schon seit über einem   gut beraten fühlen. Dass dadurch die umliegenden
Jahrhundert die Dorfgemeinschaft mit Lebensmitteln      Geschäfte und Lokale ebenso an Kundenfrequenz
14                                                                                                                                                                                                                                               15
Dorfleben-Report 2. Auflage - Wie unternehmerisch sind Österreichs Dörfer? - Adeg
Fühlen Sie sich für das Dorfleben in Ihrer Gemeinde      wo jeder hingehen kann – auch alleine – und eine

                                 Ein urbanes Konzept
                                                                                                                                                 verantwortlich?                                          gute Zeit verbringen kann. Ich finde, solche Räume
                                                                                                                                                                                                          fehlen ganz oft am Land.
                                                                                                                                                  Das war eigentlich der Hauptbeweggrund für die
                                                                                                                                                 ganze Idee. Das Hotel haben wir ja schon vor eini-

                                 belebt alte Traditionen                                                                                         gen Jahren von Markus‘ Eltern übernommen. Was
                                                                                                                                                 uns von Beginn an gestört hat, war, dass wir uns im
                                                                                                                                                 Hotel immer ein bisschen isoliert vorgekommen sind.
                                                                                                                                                                                                                        „In den Gasthöfen
                                                                                                                                                 Du sitzt zwar mitten im Zentrum, kriegst aber vom                     von damals war das
                                                                                                                                                 Dorfgeschehen nicht viel mit, weil die Einheimischen
                                                                                                                                                 fehlen. Früher, in den Gasthöfen von damals, war das                     Miteinander viel
                                                                                                                                                 Miteinander noch viel stärker ausgeprägt. Da gab es
                                                                                                                                                 noch Stammtische und Abende, wo Touristen und Ein-                   stärker ausgeprägt.“
                                                                                                                                                 heimische zusammensaßen. Diese Tradition wollten
                                                                                                                                                 wir wiederbeleben – aber eben auf eine moderne Art
                                                                                                                                                 und Weise.
                                                                                                                                                                                                          Und so einen Raum haben Sie mit dem Pop Down
                                                                                                                                                 Würden Sie sagen, dass Ried durch das Pop Down           Hotel geschaffen?
                                                                                                                                                 Hotel lebendiger geworden ist?
                                                                                                                                                                                                            Ja genau. Für Markus und mich gehört es zum Ver-
                                                                                                                                                  Natürlich ist dadurch etwas mehr Bewegung in die        ständnis unseres Berufs als Hoteliers und als Gastwir-
                                                                                                                                                 Gemeinde gekommen. Die Gäste, die zu uns kommen,         te, dass wir so einen Raum zur Verfügung stellen. Wir
                                                                                      Silvia Gschösser & Markus Rist                             machen Ried sicherlich vielfältiger. Und allgemein wa-   sehen uns also nicht als Bettenvermieter, sondern als
                                                                                          Hoteliers, Ried im Zillertal                           ren wir lange das Hauptthema in der Gemeinde. Die        Ort, an dem sich alle Leute willkommen fühlen. Durch
                                                                                                                                                 Leute haben mehr, worüber sie reden können (lacht).      den florierenden Tourismus in den letzten Jahrzehn-
                                                                                                                                                                                                          ten haben sich die ehemaligen Gasthäuser leider zu
                                                                                                                                                 Sie haben selbst einige Jahre in verschiedenen Groß-     Hotels entwickelt, in denen sich die Einheimischen
 Der Keller steht unter Wasser, ein Tisch erstreckt      Frau Gschösser, wie haben die Rieder eigentlich auf                                     städten gelebt. Was war für Sie die größte Umstel-       nicht mehr willkommen fühlen und dann lieber unter
sich über drei Etagen und das Kulturprogramm könn-       das Pop Down Hotel reagiert? Eher skeptisch oder                                        lung bei der Rückkehr ins Zillertal?                     sich zu Hause bleiben. Das sehen wir als eine unge-
te bunter nicht sein: Das Pop Down Hotel in Ried im      durchaus begeistert?                                                                                                                             sunde Entwicklung des Massentourismus, der wir mit
Zillertal hinterfragt das klassische Hotelkonzept und                                                                                             Was mir gefehlt hat, als ich wieder nach Ried           unserem Haus entgegenwirken wollten.
bringt dabei neuen Schwung in die Gemeinde.               Ich würde sagen beides. Auf der einen Seite sehr                                       zurückgekehrt bin, war etwas, das man in Städten

A
                                                         neugierig, gleichzeitig aber auch etwas verunsichert –                                  meistens hat: offene, kreative Räume. Einfach Plätze,    Was, meinen Sie, sind die größten Unterschiede
          ls Silvia Gschösser und Markus Rist den        zumindest am Anfang. Es ist schon ein wirklich spezi-                                                                                            zwischen dem Unternehmersein am Land verglichen
          Zillertaler Grillhof übernahmen, war ihnen     elles Projekt. Für viele war es zu Beginn schwierig zu                                                                                           zur Stadt?
          klar, dass das Traditionshaus reif für etwas   verstehen. Da wurde viel nachgefragt und hinterfragt.
          Neues war. Doch bevor sich die Tiroler Jung-                                                                                                                                                     Da gibt es massive Unterschiede! Bevor wir das Pop
hoteliers dazu entschlossen, das Haus von Grund auf      Gab es keine Kritiker?                                                                                                                           Down Hotel gestartet haben, wussten wir, dass so ein
zu sanieren, wagten sie ein Experiment: Mit dem Pop                                                                                                                                                       Projekt in Zürich oder München ziemlich sicher auf-
Down Hotel – der Name setzt sich aus Pop-up und           Über die Zeit haben wir schon auch gemerkt, dass es                                                                                             gehen würde. Da weiß ich: Mit meinem Angebot und
Countdown zusammen – wollten sie noch bis April          Leute gibt, die Neues einfach konsequent ablehnen,                                                                                               dem Marketing, das ich mache, erreiche ich meine
2019 testen, wie man das bisher übliche Modell der       aus welchen Gründen auch immer. Aussagen wie „Das                                                                                                Zielgruppe. Wie das in einer ländlichen Ferienregion
alpinen Hotellerie anders gestalten kann. Mit dem        brauch ma doch nit“ und „Was soll denn das Haus in                                                                                               aussieht, wussten wir aber nicht. Es gab ja kein ver-
klaren Ziel, die Gäste stärker ins Dorfgeschehen zu      Weiß?“ gab es durchaus. Was wir aber viel öfter ge-                                                                                              gleichbares Projekt, an dem wir uns hätten orientie-
integrieren.                                             hört haben, war: „Endlich passiert mal was!“                                                                                                     ren können.

 Dabei rausgekommen ist ein komplett weiß ge-            Gab es von Seiten der Gemeinde Unterstützung?                                                                                                    Werden Innovationen am Land langsamer akzeptiert?
strichenes Haus, in dem sich Neu und Alt verspielt zu
einer einzigartigen Hotellandschaft verbinden; ein of-     Den Bürgermeister haben wir sehr früh in das ganze                                                                                              Ich denke schon. Will man am Land etwas Neues
fener Raum der Begegnung, in dem sich Einheimische       Vorhaben eingeweiht. Mit ihm haben wir ein großes                                                                                                schaffen, braucht man generell eine enorme Geduld.
und Gäste gleichermaßen willkommen fühlen und so         Glück, weil er von Anfang an sehr offen für unser Pro-                                                                                           Da ist ein langer Atem gefordert, denn man muss die
                                                                                                                         Fotos: Pop Down Hotel

ein Gefühl des Miteinanders entstehen kann. Im Inter-    jekt war. Er war sehr kooperativ und hat uns geholfen,                                                                                           Leute viel konsequenter überzeugen und viel länger
view mit dem ADEG Dorfleben-Report® spricht Silvia       wo er nur konnte.                                                                                                                                dabeibleiben. Städte sind einfach schnelllebiger. Da
Gschösser über die Reaktionen der Rieder auf das                                                                                                   Der geflutete Keller: ein                              werden Veränderungen rasch angenommen. Am Land
Experiment und über die Herausforderung, am Land         Das Pop Down Hotel ist mehr als ein normales Hotel.                                       Highlight im Pop Down Hotel                            dauert das länger. Wenn du dann aber einmal deine
neue Geschäftsmodelle zu etablieren.                     Es ist ein Kulturzentrum und Treffpunkt im Ort.                                                                                                  Kunden hast, bleiben sie dir auch treu.
16                                                                                                                                                                                                                                                             17
Dorfleben-Report 2. Auflage - Wie unternehmerisch sind Österreichs Dörfer? - Adeg
02 | Selbstständige:
                              die Lebensader
                              der Dörfer

                                 D
                                           ie Dorfbewohner bestätigen, was viele
                                           vermuten: Selbstständige sorgen für
                                           Leben im Dorf. Denn Unternehmer
                                           schaffen Arbeitsplätze, sichern die
                                 Nahversorgung und erzielen Wertschöpfung
                                 im Ort – und das wird auch so wahrgenom-
                                 men. Danach gefragt, wer im Dorf am ehesten
                                 dafür sorgt, dass die Gemeinde lebendig ist,
                                 wurden Unternehmer mit 34% am zweithäu-
                                 figsten genannt, nach den im ländlichen Raum
                                 so wichtigen Vereinen (47%) und noch vor den
                                 Gemeindevertretern (17%). Als wichtigste Leis-
                                 tungen von Selbstständigen für ihr Dorf wird
                                 die Schaffung von Arbeitsplätzen (67%) und die
                                 Nahversorgung (63%) genannt. Kein Wunder,
     Foto: Maria Ritsch
                                 dass sich über 85% der Dorfbewohner mehr
                                 Selbstständige in ihrer Gemeinde wünschen.
18                                                                             19
SELBSTSTÄNDIGE                                                                                         WAS UNTERNEHMER LEISTEN:

ALS LEBENSADER                                                                                         Als wichtigste Leistungen der Selbstständigen werden
                                                                                                       genannt: Schaffung von Arbeitsplätzen, die Nahversorgung der
                                                                                                       Dorfbewohner und Erzielung von Wertschöpfung im Ort.
                                                                                                                                                                             ?
                                                                                                                                                                                 Welche Leistungen von
                                                                                                                                                                                 Selbstständigen halten Sie am
                                                                                                                                                                                 wichtigsten für das Dorfleben?

DER DÖRFER
                                                                                                                      1
Wie Selbstständige im Dorf
für Lebendigkeit sorgen.                                                                                                                                  2
                                                                                                                                                                                                 3

                                                             WER SORGT FÜR LEBENDIGKEIT?
                                                                                                            67%                                  63%                                  42%
     47%
                                                           Danach gefragt, wer im Dorf am ehesten           Schaffung von                        Nahversorgung                        Erzielen von

      VEREINE
                                  34%
                                 UNTERNEHMER
                                                        dafür sorgt, dass die Gemeinde lebendig ist,
                                                         wurden Unternehmer am zweithäufigsten
                                                             genannt, nach den im ländlichen Raum
                                                                                                            Arbeitsplätzen                                                            Wertschöpfung

                                                            so wichtigen Vereinen und noch vor den
                                                                               Gemeindevertretern.

                                                                                                                 32%                                                                      32%
                                                 17%
                                                                                                                                                                                       Schaffung von
                                                                                                                 Schaffung von Treffpunkten
                                                                                                                                                                            Ausbildungsmöglichkeiten

                                                 GEMEINDE-
                                                 VERTRETER

                                                                                                                 27%                                                                      25%
                                                                                                                 Schaffung von Frequenz                               Steuerzahlungen an die Gemeinde

         WELCHE VORTEILE HABEN
         UNTERNEHMER IM DORF IM                              Weniger Fluktuation bei
         VERGLEICH ZU STÄDTEN?                               den Mitarbeitern (48%)
         Dorfbewohner sehen klare Vorteile für
         ländliches Unternehmertum.

                                                                                                                    80%                                                             85%
                                                             Weniger Konkurrenz (40%)

                   Treuere Kunden (70%)                      Geringere Fixkosten (36%)                     empfinden Unternehmen                                                    wünschen sich mehr
                                                                                                                 als wichtig für das                                                Selbstständige in
                                                                                                                         Dorfleben                                                  ihrem Dorf
Gefördert werden deshalb innovative und junge                                                      Regionen erst ausgebaut und ist noch nicht mit jener

                                                            „Ein attraktiver
                                                                                                                                                                       Kleinunternehmen im ländlichen Raum. Unterstützt                                                   in den Ballungszentren vergleichbar. Aber auch die
                                                                                                                                                                       werden dabei durch Zuschuss materielle und immate-                                                 Personalsuche nach Expertinnen und Experten ist
                                                                                                                                                                       rielle Investitionskosten und investitionsprojektbezo-                                             schwieriger. Anderseits gibt es auch eine Reihe von
                                                                                                                                                                       gene allgemeine Kosten. Das Finanzierungsvolumen

                                                            Standort                                                                                                   pro Projekt beträgt 55% der Projektkosten, bis zu
                                                                                                                                                                       maximal 50.000 Euro.
                                                                                                                                                                                                                                                                                              „Ziel ist es,
                                                            braucht junge                                                                                              Seit wann existiert das Programm und wie hoch war
                                                                                                                                                                       das bisherige Fördervolumen insgesamt?                                                                          Arbeitsplätze dort
                                                                                                                                                                                                                                                                                     entstehen zu lassen,
                                                            Unternehmen“                                                                                                Vor Kurzem ging die vierte und erfolgreichste Runde
                                                                                                                                                                       der Förderung zu Ende. Besonders erfreulich war
                                                                                                                                                                       dabei die große Zahl an Einreichungen: Die Zahl der                                                          wo auch gelebt wird.“
                                                                                                                                                                       Projektanträge ist im Vergleich zur dritten Runde von
                                                            Bernhard Sagmeister über das                                                                               37 auf 58 Projekte angestiegen. Insgesamt wurden in
                                                                                                                                                                       dieser Runde 35 innovative Projekte aus ganz Öster-
                                                            Förderprogramm „Gründung                                                                                   reich ausgewählt und mit 1,41 Millionen Euro unter-                                                Vorteilen: Die Kosten sind niedriger, Lebensqualität
                                                            am Land“.                                                                                                  stützt. Das Fördervolumen insgesamt betrug bisher                                                  oft besser und die Unternehmen haben in der Region
                                                                                                                                                                       3,6 Millionen Euro. Etwa die Hälfte der Mittel wurde                                               eine höhere Sichtbarkeit.
                                                                                                                                                                       dabei von der Europäischen Union bereitgestellt.
                                                                                                                                                                                                                                                                          Sind bestimmte Trends erkennbar? Gibt es bestimm-
                                                                                                                                                                       Was sind die größten Herausforderungen, die Grün-                                                  te Branchen oder Regionen, aus denen verstärkt
                                                                                                                                                                       der am Land überwinden müssen?                                                                     Anträge kommen?

                                                                                                                                                                        Herausfordernd ist sicher das Thema Infrastruktur.                                                  Das Interesse am Programm hat deutlich zugenom-
                                                                                                                                                                       Besonders die digitale Infrastruktur wird in einigen                                               men: Bei der aktuellen Runde wurde die Zahl der
                                                                                                                                                                                                                                                                          eingereichten Projekte um 57% gesteigert. Sowohl
                                                                                                                                                                                                                                                                          nach Regionen als auch nach Branche zeigt sich
                                                                                                                                                                                                                                                                          jedoch eine enorme Bandbreite. Inhaltlich ging es
                                                                                                                                                                                                                                                                          bei den Projekten zuletzt von Spezialausrüstung zur
                                                                                                                                                                                                                                                                          Herstellung von Glasfasernetzen bis zu nachhaltigem
                                                                                                   Bernhard Sagmeister                                                                                     67%                                                            Fischfutter. Der Förderschwerpunkt liegt aber auf der
                                                                         Geschäftsführer Austria Wirtschaftsservice GmbH                                                                                                         63%                                      Unterstützung und Weiterentwicklung von bevorzugt
                                                                                                                                                                                                                                                                          technisch-innovativen Investitionsvorhaben, die im
                                                                                                                                                                                                                                                                          Einklang mit dem jeweiligen Regionalkonzept stehen

D
                                                                                                                                                                                                                                                                          müssen, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat.
         ie Austria Wirtschaftsservice, aws, ist Öster-    wickeln. In Österreich gilt dies insbesondere auch für                                                                                                                                                   42%

                                                                                                                                                                            Schaffung von Arbeitsplätzen
         reichs erste Adresse, wenn es um Förderun-        den ländlichen Raum. Von unserem Auftraggeber –                                                                                                                                                                Können Sie ein Bespiel von einem Unternehmen bzw.

                                                                                                                                                                                                                                       Erzielen von Wertschöpfung
         gen von Innovationen und Wachstumsin-             dem Ministerium für Digitalisierung und Wirtschafts-                                                                                                                                                           einem Gründungsvorhaben nennen, das durch das
         vestitionen geht. Mit dem Förderprogramm          standort – gibt es hier das klare Bekenntnis, mit dem                                                                                                                                                          Programm gefördert wurde?
„Gründung am Land“ vergibt die aws Zuschüsse für           Programm „Gründung am Land“ innovative Ideen dort
die Gründung und Entwicklung von jungen, innova-           zu unterstützen, wo sie entstehen. Damit soll dazu                                                                                                                                                               Da alle Projekte herausragend, aber sehr unter-

                                                                                                                                                                                                                 Nahversorgung
tiven Unternehmen im ländlichen Raum. Bernhard             beigetragen werden, dass auch die Regionen abseits                                                                                                                                                             schiedlich sind, fällt es schwer, eine einzelne Unter-
Sagmeister, Geschäftsführer der aws, spricht mit dem       der Städte attraktiv, lebendig und lebenswert bleiben.                                                                                                                                                         nehmung herauszugreifen. Gefördert haben wir
ADEG Dorfleben-Report® über die Ziele des Förder-          Wie sich nach vier Runden gezeigt hat, löst „Gründung                                                                                                                                                          beispielsweise ein steirisches Start-up aus Kapfen-
programms und darüber, warum junge Unternehmen             am Land“ viele positive Impulse aus und sichert damit           Foto: iStock / Leonsbox, Katharina Gossow                                                                                                      berg, das ein innovatives medizinisches Messgerät für
für den ländlichen Raum so wichtig sind.                   Wachstum und Arbeitsplätze in den Regionen.                                                                                                                                                                    Knieoperationen, vergleichbar mit einer orthopädi-
                                                                                                                                                                                                                                                                          schen Wasserwaage, entwickelt hat. Oder ein Unter-
Herr Sagmeister, mit dem Förderprogramm „Grün-             Welche Ziele verfolgt das Programm? Was genau soll                                                                     Als wichtigste Leistungen der                                                           nehmen aus Antiesenhofen in Oberösterreich, das
dung am Land“ werden Zuschüsse an Gründer im               gefördert werden?                                                                                                      Selbstständigen werden genannt:                                                         wir bei der Investition in eine Entfettungsanlage zur
ländlichen Raum vergeben. Wird am Land zu wenig                                                                                                                                   Schaffung von Arbeitsplätzen, die                                                       Produktion von Futtermittelkomponenten für Heim-
gegründet?                                                  Ziel ist es, durch die richtige Unterstützung wirt-                                                                   Nahversorgung der Dorfbewohner und                                                      tier- und Fischfutter unterstützt haben. Allein diese
                                                           schaftliches Wachstum und neue Arbeitsplätze dort                                                                      Erzielung von Wertschöpfung im Ort.                                                     kleine Auswahl zeigt, das Spektrum der innovativen
 Wirtschaftspolitisch ist klar: Ein attraktiver Standort   entstehen zu lassen, wo auch gelebt wird. Das ist                                                                                                                                                              Ideen in Österreich ist enorm. Diese Innovationen gilt
braucht junge Unternehmen, um sich positiv zu ent-         eben nicht nur in den städtischen Ballungsräumen.                                                                                                                                                              es, konsequent zu fördern.
22                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            23
„Junge kommen
                                                                                                                                         Munderfinger Haushalte bräuchten. Unser Ziel ist es,
                                                                                                                                         dass wir im Jahr 2035 sämtliche Energie, die wir in
                                                                                                                                         Munderfing verbrauchen, aus erneuerbaren Energien
                                                                                                                                         gewinnen.

                                             heute wieder nach                                                                           In der Region sind Sie außerdem Vorreiter beim Breit-
                                                                                                                                         bandausbau. Warum ist das Ihrer Meinung nach für

                                             Munderfing zurück“                                                                          eine Gemeinde so wichtig?

                                                                                                                                           Für uns ist der Breitbandausbau für die Gemeinde-
                                                                                                                                         entwicklung immens wichtig. Mit einem einstimmigen
                                             Die Gemeinde Munderfing setzt sich                                                          Gemeinderatsbeschluss wird gewährleistet, dass
                                                                                                                                         jeder Haushalt einen Glasfaseranschluss bekommt.
                                             erfolgreich für ihre Unternehmen ein.                                                       Letztes Jahr haben wir mit der Umsetzung begonnen
                                                                                                                                         und werden spätestens 2020 fertig sein.

                                                                                                                                         In Munderfing gibt es seit einiger Zeit auch ein
                                                                                                                                         Haubenlokal. Inwiefern war hier die Gemeinde an der
                                                                                                                                         Entstehung des Lokals beteiligt?
                                                                                                                                                                                                                                              Erwin Moser
                                                                                                                                           Der Leerstand in der Gemeinde ist ein Schwerpunkt-                                      Amtsleiter in Munderfing
                                                                                                                                         thema, das mir persönlich sehr wichtig ist. Vor drei
                                                                                                                                         Jahren sind wir mittels mehrerer Initiativen, wie der   Ortskerns eröffnet. Deswegen bietet sich jetzt die
                                                                 Früher stand das Bräu im Ortskern leer.                                 Durchführung einer „Ideenwerkstatt“, konkret die Be-    Möglichkeit, den Ortskern grundsätzlich neu zu ge-
                                                                 Heute behaust es ein Haubenlokal, ein                                   hebung von Leerstand angegangen. Das Haubenlokal        stalten. Auch hier haben wir in der „Ideenwerkstatt“
                                                                 Bildungszentrum und einen Coworking-Space.                              ist beispielsweise im Bräu einquartiert. Das ist ein    gemeinsam mit Bürgern und Unternehmen Ideen
                                                                                                                                         Haus mitten im Ort, das knapp 1.000 Quadratmeter        gesammelt, wie der Ortskern aussehen soll. In diesem
                                                                                                                                         Fläche hat und fast 40 Jahre leer gestanden ist.        Zusammenhang war es sehr wichtig, dass das Bräu,

E
                                                                                                                                                                                                 das mitten im Ortskern steht, neugestaltet und belebt
       rwin Moser ist seit 34 Jahren Amtsleiter in       Ja, die Gemeinde hat dazu den Grundstein gelegt.                                                                                        wurde. Das ist die Ausgangsbasis und um dieses Ge-
       Munderfing. Die oberösterreichische Gemein-      Zusätzlich haben wir 2004/05 das Projekt „Lokaler                                                                                        bäude herum gestalten wir den Ortskern jetzt neu.
       de gilt in der Region in Fragen der erneuer-     Aktionsplan für Beschäftigung und Bildung“ (LABB)                               „In den letzten 15
       baren Energie und Innovation als Vorreiter.      gestartet und uns im Rahmen dessen genau angese-                                                                                         Was ist Ihre Zukunftsvision für Munderfing?
Mit dem ADEG Dorfleben-Report® spricht Moser über       hen, was ein Standort im ländlichen Gebiet benötigt,                            Jahren haben wir die
generationenübergreifende Projekte im Ort, welche       um die Wirtschaft zu unterstützen. In den Prozess                                                                                         Die Vision ist, dass wir dem Brain-Drain entgegen-
Vision er für die Zukunft Munderfings hat und warum     haben wir Eltern, Lehrer, Unternehmer und die Politik                           Zahl der Arbeitsplätze                                   wirken wollen. Vor 15 Jahren konnte ich mir nicht vor-
Unternehmer dabei eine wichtige Rolle für die Ge-       einbezogen, um gemeinsam etwas auszuarbeiten.                                                                                            stellen, dass ein junger Mensch mit einem Studien-
meinde spielen.                                         Das war in meinen Augen eine wichtige Grundlage für                             fast vervierfacht.“                                      abschluss nach Munderfing zurückkommt und einen
                                                        die derzeitige Entwicklung der Gemeinde, weil wir uns                                                                                    Arbeitsplatz findet. Mittlerweile ist das möglich. Wir
Sie sind seit 34 Jahren Amtsleiter in Munderfing. Wie   gemeinsam mit allen Beteiligten angesehen haben,                                                                                         wollen die Vernetzung in der Gemeinde und im Bezirk
hat sich die Gemeinde in Bezug auf Wirtschaft und       wie die Wirtschaft in der Gemeinde wachsen kann.                                 Wir haben die Bürger und große Unternehmen ins          forcieren, um Innovationen weiter voranzutreiben.
Unternehmen entwickelt und welche Rolle hat die         Wir halten im Zuge dieses Projekts auch laufend                                  Boot geholt und gemeinsam definiert, welche Mög-
Gemeinde dabei gespielt?                                Workshops des „Kooperationsdreiecks Schule-Wirt-                                 lichkeiten im Bräu genutzt werden können und wer        Warum lohnt es sich für eine Gemeinde, Unternehmer
                                                        schaft-Eltern“ ab, bei denen wir Jugendliche und ihre                            welche Verwendung dafür haben könnte. Mittlerweile      und Selbstständige zu unterstützen?
 In den letzten 15 Jahren haben wir in unserer Ge-      Eltern mit lokalen Firmen zusammenbringen.                                       haben wir dort das bereits genannte Haubenlokal
meinde die Zahl der Arbeitsplätze fast vervierfacht.                                                                                     Forthuber im Bräu, einen Coworking-Space und einen       Unternehmen in der Gemeinde bedeuten, dass es
Impulsgebend war, als 2003 ein großes Unternehmen       Munderfing betreibt auch einen eigenen Windpark.                                 durch die Gemeinde geführten Seminarbetrieb einge-      Arbeitsplätze gibt und Arbeitsplätze bedeuten Kauf-
im Ort in Konkurs gegangen ist. Damit mussten wir       Wie profitiert die Gemeinde von dem Windpark und                                 richtet, welcher im Besonderen von KTM genutzt wird.    kraft. Jede Gemeinde ist gut beraten, für Unterneh-
als Gemeinde erst einmal lernen umzugehen. Fast         wie die Unternehmer?                                                             Davor war das Bräu leer, jetzt ist dort wieder Leben    mer die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaf-
zur gleichen Zeit konnten wir dann das Unternehmen                                                                                       eingekehrt, was für die Gemeinde sehr wichtig ist.      fen und junge Leute, die viele Ideen haben, es aber
KTM, das ausbauen wollte, nach Munderfing holen.         Energie war im Rahmen des Standortentwicklungs-                                                                                         alleine nicht schaffen, zu vernetzen. Deswegen haben
Mittlerweile besitzt KTM in Munderfing 40 Hektar        prozesses, in den wir die Bürger und Unternehmer                                 Gab es sonst noch Maßnahmen zur Belebung des            wir z. B. den Coworking-Space im Bräu gegründet. Die
                                                                                                                Fotos: BIZ Munderfing

Fläche und beschäftigt hier 1.300 Mitarbeiter.          einbezogen haben, ein wichtiges Thema. Dazu wurde                                Ortskerns?                                              gemeinsame Arbeit von Gemeinde, Unternehmern
                                                        ein Konzept erstellt und in weiterer Folge 2014 der                                                                                      und jungen Kreativen an Projekten ist Gold wert. Hier
Die Initiative, KTM nach Munderfing zu holen, kam       Windpark gebaut, der zu 75% der Gemeinde gehört                                   Wir haben ein Verkehrskonzept entwickelt und           muss die Gemeinde Räume und Infrastruktur schaf-
also direkt von der Gemeinde?                           und derzeit zehnmal so viel Strom erzeugt, wie die                               im Zuge dessen letztes Jahr die Umfahrung des           fen, denn ohne Räume gibt es keine Entwicklung.
24                                                                                                                                                                                                                                                      25
So lasse ich mich inspirieren. Aber an einem anderen
                                                                                                                                             Ort zu arbeiten, kann ich mir nicht vorstellen. Meine
                                                                                                                                             Schwester und ich sind ja stark mit der Gemeinde ver-
                                                                                                                                             wurzelt: Wir haben hier 20 Mitarbeiter, Platz für 100
                                                                                                                                             Gäste, ein eigenes Hotel und eine Kochschule.                  70%
                                                                                                                                             Haben Sie nie überlegt, das Konzept Steira Wirt in
                                                                                                                                             eine Großstadt zu verlegen?

                                                                                                                                              Nein. Wir wollten zeigen, dass das in einem Provinz-
                                                                                                                                             dorf wie Trautmannsdorf auch funktionieren kann.
                                                                                                                                             Die Überlegung, in der Großstadt zu arbeiten, fand nie
                                                                                                                                             statt, dafür sind wir zu heimatverbunden.

                                                                                                                                            „Ich empfinde das
                                                                                                                                            Leben am Land als
                                                                                                                                            sehr angenehm, weil
                                                                                                                                            persönliche Bezie-
                                                                                                                                            hungen viel einfacher
                                                                                            Sonja und Richard Rauch
                                                                          Gastronomen, Steira Wirt in Trautmannsdorf
                                                                                                                                                                                                            70% der Dorfbewohner sehen „treuere
                                                                                                                                            entstehen.“                                                     Kunden“ als einen Vorteil für Unternehmer

„Für die Großstadt sind
                                                                                                                                                                                                            am Land.

                                                                                                                                             Was macht die Region für Sie so besonders?

wir zu heimatverbunden“                                                                                                                       Ich darf jeden Tag in einer Region arbeiten, wo
                                                                                                                                             andere Urlaub machen. Es gibt hier so viele Dinge zu
                                                                                                                                             entdecken. Vieles davon kenne ich selbst noch nicht,      nach Graz oder Wien pendeln zu müssen. Dadurch
Die Geschwister Rauch kochen groß auf im                                                                                                     obwohl ich hier in der Region aufgewachsen bin.           sind viele gleich doppelt motiviert.
kleinen Trautmannsdorf.                                                                                                                      Was sind die Vorteile, wenn man ein Unternehmen           Was gehört dazu, um im Dorf ein erfolgreicher Unter-
                                                                                                                                             am Land führt?                                            nehmer zu werden?

                                                                                                                                              Am Land sind wir stärker in der Gemeinde verwur-          Mut, Leidenschaft und das berühmte Quäntchen
  Vor 15 Jahren übernahm Richard Rauch als Küchen-      Ort so wichtig ist und warum er sich nicht vorstellen                                zelt. Ich empfinde das Leben am Land als sehr an-         Glück. Im Nachbarort gibt es einen kleinen Betrieb,
chef den familieneigenen Betrieb Steira Wirt. Mitt-     könnte, an einem anderen Ort zu arbeiten.                                            genehm, weil persönliche Beziehungen viel einfacher       der mittlerweile „Mr. Amazon von Österreich“ ge-
lerweile hat er das Wirtshaus gemeinsam mit seiner                                                                                           entstehen, wenn man den Produzenten direkt vor der        nannt wird, weil er ein paar Hundert Onlineshops hat.
Schwester Sonja nicht nur in ein Drei-Hauben-Res-       Herr Rauch, kommen Sie selbst aus einer Wirtshaus-                                   Nase hat bzw. nur fünf Minuten zu seiner Gemüse-          Dort war man kreativ und hat sich getraut, andere
taurant verwandelt, sondern gleichzeitig eine der       familie?                                                                             bäuerin fahren muss.                                      Wege zu gehen. Wichtig ist, dass man viel ausprobiert.
feinsten Genussadressen der Steiermark geschaffen.

A
                                                         Ich komme aus einer Landwirtschaftsfamilie und bin                                  Was macht Unternehmen für kleine Gemeinden oder           Wie können Staat und Gemeinde Anreize schaffen,
          uf ihren Erfolgen ausruhen wollen sich die    auf einem Bauernhof in Bad Gleichenberg aufgewach-                                   Dörfer besonders wichtig?                                 um Selbstständige am Land zu fördern?
          Geschwister Rauch, die neben dem Restau-      sen.
          rant einen eigenen Feinkostladen und eine                                                                                           Sie verhindern die Abwanderung. Die Bewohner              Den Behördenweg vereinfachen und nicht so kom-
          Kochschule betreiben, trotzdem nicht: Ge-     Haben Sie als Koch auch internationale Erfahrungen                                   arbeiten ja auch lieber in der Region, als täglich zwei   pliziert denken. Bei unserem Umbau hat es aufgrund
rade haben sie im beschaulichen Trautmannsdorf ihr      gesammelt?                                                                           Stunden nach Graz und retour zu pendeln. Durch            der behördlichen Wege zwei Jahre lang gedauert, um
                                                                                                                       Fotos: Steira Wirt

eigenes Boutique-Hotel eröffnet. Im Interview spricht                                                                                        unseren Umbau fällt mir das auch bei anderen Bran-        überhaupt beginnen zu können. Das ist sehr mühsam
Richard Rauch über die Rolle von Unternehmern in         Ich bin immer wieder auf Reisen und schnappe bei                                    chen auf. Die Tischler, Maurer oder Elektriker sind be-   und muss vereinfacht werden. Unternehmer wollen
dörflichen Gemeinden, warum der Stammtisch im           Kollegen immer wieder verschiedene Konzepte auf.                                     geistert, in der Region arbeiten zu können und nicht      natürlich Spaß an der Arbeit haben und etwas ver-
26                                                                                                                                                                                                                                                         27
dienen, aber auch die Wirtschaft unterstützen. Man

     In die große Stadt hat es die Geschwister Rauch nie
                                                                                 investiert als Unternehmer und schafft Arbeitsplätze,
                                                                                 da sollte uns auch unter die Arme gegriffen werden.
                                                                                                                                           INFO
     gezogen: „Dafür sind wir zu heimatverbunden.“

                                                                                „Unternehmer ver-
                                                                                hindern die Abwande-
                                                                                rung. Die Bewohner
                                                                                arbeiten ja lieber in
                                                                                der Region, als täglich
                                                                                zu pendeln.“
                                                                                                                                           Der Steira Wirt:

                                                                                                                                             Das Geschwisterpaar Sonja und Richard
                                                                                 Welche Rolle spielt der Wirt im Dorf im Vergleich zur     Rauch verwandelte den 120-jährigen Stei-
                                                                                 Stadt?                                                    ra Wirt in kurzer Zeit in eine der feinsten
                                                                                                                                           und spannendsten Genussadressen der
                                                                                   Beim Stammtisch im Wirtshaus trifft man sich. Oft       Steiermark. Bodenhaftung sowie die regio-
                                                                                 sitzt dort der Nachbar oder der Tischler und man          nale Verwurzelung stehen im Mittelpunkt.
                                                                                 kann viele Dinge unkompliziert besprechen. In der         Richard Rauch, Gault-Millau-Koch des Jah-
                                                                                 Stadt ist das in dieser Form nicht möglich.               res 2015, vereint gekonnt klassische und
                                                                                                                                           traditionelle mit neuer Zubereitung. Sonja
                                                                                 Sehen Sie sich in erster Linie als Koch oder als Unter-   Rauch leitet den Service und sorgt für die
                                                                                 nehmer?                                                   optimale Weinbegleitung. Die Geschwister
                                                                                                                                           betreiben auch einen Feinkostladen mit
                                                                                  Ich sehe mich eigentlich als Gastronom. Ein guter        der Produktlinie „Mein Bruder der Koch“
                                                                                 Koch zu sein, ist zu wenig, um ein guter Unternehmer      und eine Kochschule. Im September 2018
                                                                                 zu werden. Im Endeffekt zählt das Gesamtbild: Es          eröffneten sie zudem ein Boutique-Hotel
                                                                                 braucht ein gutes Serviceteam, eine gute Weinauswahl      mit sechs Zimmern und zwei Suiten.
                                                                                 und tolle Mitarbeiter, die volles Engagement zeigen
                                                                                 und die Leidenschaft auch an den Gast weitergeben.

                                                                                 Der Feinkostladen besticht durch eine
                                                                                 große Auswahl an regionalen Produkten.

                                                           Fotos: Steira Wirt

28                                                                                                                                                                                       29
03 | Die besondere
                      Rolle der
                      selbstständigen
                      Kaufleute

                         E
                                  ines zeigt die Umfrage zweifelsfrei:
                                  Dorfbewohner nehmen selbstständige
                                  Kaufleute als besonders positiv für ihre
                                  Lebensqualität wahr. Ihre wirtschaftliche
                         und soziale Funktion sowie die enge Verwurze-
                         lung mit der Gemeinde macht Kaufleute zu wich-
                         tigen Säulen des Dorflebens. So meinen weit
                         über 80%, dass selbstständige Kaufleute wichtig
                         für die örtliche Wirtschaft und Dorfgemeinschaft
                         sind, sie die örtliche Infrastruktur verbessern
                         und auch eine soziale Funktion erfüllen. Darüber
                         hinaus sagen 70%, dass selbstständige Kaufleute
                         für mehr Lebendigkeit sorgen als herkömm-
                         liche Supermarktfilialen. Begründet wird das
                         vor allem damit, dass Kaufleute persönlicher
     Foto: ADEG
                         und familiärer sind, öfter im Ortskern liegen
                         oder stärker in der Gemeinde verwurzelt sind.
30                                                                       31
DIE BESONDERE
                                                                                                                                                           70%
                                                                                                                                                                                                                                KAUFLEUTE VS.
                                                                                                                                                                                                                                SUPERMARKTFILIALEN

ROLLE DER                                                                                                                                                                                                                       70% der Dorfbewohner sind der Mei-
                                                                                                                                                                                                                                nung, dass selbstständige Kaufleute
                                                                                                                                                                                                                                für mehr Lebendigkeit im Dorf sorgen.

SELBSTSTÄNDIGEN
KAUFLEUTE
                                                                                                                                                                               54%
                                                                                                                                                                                                                                dieser 70% begründen das damit, dass
                                                                                                                                                                                                                                selbstständige Kaufleute persönlicher
Wie selbstständige                           Selbstständige Kaufleute sind                                                                                                                                                      und familiärer seien.
Kaufleute von                                wichtig für die örtliche Wirtschaft.
Dorfbewohnern
gesehen werden.
                                                    87%

                                                                                                                IM VERGLEICH ZU HERKÖMMLICHEN
                     Selbstständige Kaufleute                                                                   SUPERMÄRKTEN SIND SELBSTSTÄNDIGE

       77%                                                                                86%
                                                                      Selbstständige                            KAUFLEUTE LAUT DORFBEWOHNERN …
                     schaffen einen Treffpunkt
                                                               Kaufleute machen das
                     im Dorf.
                                                                     Dorf lebendiger.

                                                                                                                                                                                                                                                                                               … wichtiger für den sozialen Zusammenhalt im Ort
                                                                                                                                                                                                                                          … mit mehr regionalen Produkten ausgestattet
              Selbstständige
                                81%
                                                                  85%
      Kaufleute erfüllen eine
            soziale Funktion.

                                                                                                                   … stärker in der Gemeinde verwurzelt
                                                                 Selbstständige Kaufleute sind

                                                                                                                                                                                                  … öfter im Ortskern gelegen
                                                                 wichtig für die Dorfgemeinschaft.

                                                                                                                                                                … eher persönlich bekannt
                     82%                                    SELBSTSTÄNDIGE KAUFLEUTE WERDEN
                                                                   BESONDERS POSITIV GESEHEN
             Selbstständige Kaufleute                                  Vor allem ihr Beitrag für die örtliche
             verbessern die örtliche                            Wirtschaft, Lebendigkeit und Gemeinschaft
             Infrastruktur.                                            wird als großer Pluspunkt gesehen.                                                 82%                               77%                                 76%                                                      71%                                                      66%
Eine Powerfrau                                                                                                                 Ein Kaufmann
investiert in Großgmain                                                                                                        für alle Fälle
Anna-Maria Buchmüller hat ihren                                                                                                Der Markt von Lukas Zeilinger ist ein
ADEG Markt rundum erneuert.                                                             Anna-Maria Buchmüller
                                                                                                                               wichtiger Treffpunkt in der Gemeinde.                                                          Lukas Zeilinger
                                                                                     ADEG Kauffrau, Großgmain                                                                                                       ADEG Kaufmann, Neustadtl

O                                                                                                                              D
          bwohl es Anna-Maria Buchmüller zunächst        tern bieten wir heute neben dem Vollsortiment mit                              er berufliche Weg von Lukas Zeilinger war in   ist in Neustadtl sehr viel mehr als nur eine Einkaufs-
          in die Gastronomie zog, wo sie für einige      starken Eigenmarken auch eine Vielzahl regiona-                                gewisser Weise schon vorgezeichnet: „Wir       möglichkeit: Der Markt ist für die Gemeinde ein
          Jahre tätig war, ging ihr das Kaufmanns-       ler Produkte an“, erzählt die Kauffrau. Mit einem                              sind seit Generationen eine Kaufmannsfa-       Treffpunkt und Kommunikationszentrum; man trifft
          wesen nie ganz aus dem Kopf – zu positiv       klassischen Krämerladen will sie nicht verglichen                              milie“, erzählt der heutige ADEG Kaufmann      sich hier und tauscht sich aus. Gerade der persönliche
waren die Erinnerungen an ihre Kindheit und das          werden: „Wir sind ein moderner Markt mit 18 Mit-                      stolz. Genauer gesagt, befindet sich der Gewerbe-       Kontakt zu den Kunden und Lieferanten liegt dem
Großwerden im väterlichen ADEG Markt. So ent-            arbeitern und bieten alles, was ein Lebensmittel-                     schein seit 1909 im Besitz seiner Familie und auch      ADEG Kaufmann am Herzen: „Der tägliche Kontakt
schied sie sich eines Tages dafür, die Leitung des       händler von heute haben muss – persönliche Be-                        das Marktgebäude selbst hat schon einige Jahre          mit den unterschiedlichsten Menschen – das schätze
ADEG Marktes ihres Vaters, Peter Buchmüller, in der      treuung und Charme inklusive“, betont Buchmüller.                     „Kaufmannserfahrung“ hinter sich: Laut Grundbuch-       ich sehr an meinem Beruf“.
Salzburger Gemeinde Großgmain zu übernehmen.                                                                                   eintrag aus dem Jahre 1746 befand sich schon damals
Heute führt Buchmüller ihren ADEG Markt voller           Nachhaltig und digital                                                ein Krämer in den Räumlichkeiten. 2011 übernahm         Engagiert in der Gemeinde
Enthusiasmus und sucht immer nach neuen Ideen,                                                                                 er dann den ADEG Markt im niederösterreichischen
um das Einkaufserlebnis für ihre Kunden noch be-           Neben einem starken Fokus auf regionale Produkte                    Neustadtl von seinen Eltern.                             Seine starke Verbundenheit zum Ort kommt auch
sonderer zu machen.                                      ist der innovativen Marktleiterin auch die Nachhaltig-                                                                        durch Zeilingers intensives Engagement in der Ge-
                                                         keit ein großes Anliegen. So werden in ihrem Markt                    Mehr als nur eine Einkaufsmöglichkeit                   meinde zum Ausdruck. Denn der Kaufmann steht als
Ein moderner Markt für die Gemeinde                      beim Obst und Gemüse statt Plastiksackerl nur noch                                                                            geschäftsführender Gemeinderat bei praktisch allen
                                                         Papiertaschen und Mehrwegnetze angeboten. Auch                          Als Kaufmann ist Lukas Zeilinger für alle Abläufe     wichtigen Fragen in der Gemeinde an vorderster
 Als echte Powerfrau ruht sich die junge Geschäfts-      in der Kommunikation geht Buchmüller mit der Zeit                     im Markt selbst verantwortlich – ein, wie Zeilinger     Stelle. Nebenher ist er auch bei der freiwilligen Feuer-
führerin nicht auf den Lorbeeren ihres Vaters aus. Sie   und setzt stark auf soziale Medien, um mit ihren                      beschreibt, schönes Gefühl, vor allem, wenn er spürt,   wehr aktiv. Dieser täglich gelebte Gemeinschaftssinn
geht ihren eigenen Weg – und das mit sichtlichem         Kunden und Lieferanten in Kontakt zu bleiben: „Über                   wie sehr sein Einsatz im Ort geschätzt wird. Mit sei-   macht Zeilinger für die Menschen in Neustadtl zu et-
Erfolg. So ließ sie ihren Markt vor Kurzem rundum        Social Media kann ich schnell und unkompliziert über                  nen insgesamt acht Mitarbeiter sorgt Lukas Zeilinger    was ganz Besonderem – nämlich zu ihrem Kaufmann
                                                                                                                  Foto: ADEG

modernisieren und eröffnete ihn Ende November            Neuigkeiten und Aktionen informieren. Die Leute                       in der 2.200-Einwohner-Gemeinde für regionale Nah-      des Vertrauens.
2018 im neuen Glanz. „Auf über 500 Quadratme-            schätzen es, ständig am Laufenden zu sein.“                           versorgung mit Wohlfühlfaktor. Denn ADEG Zeilinger
34                                                                                                                                                                                                                                              35
Ein echter                                                                                                                       Ein Inkubator für
Familienmarkt                                                                                                                    regionale Produzenten
In ihrem ADEG Markt verbindet Victoria Tscharre                                                                                  Mit seinem regionalen Sortiment stützt Domenik Kogler
Beruf und Familie. Auch zur Freude ihrer Kunden.                                                Victoria Tscharre
                                                                                                                                 die Produzenten im direkten Umfeld.                                                         Domenik Kogler
                                                                                         ADEG Kauffrau, Ebenthal                                                                                                        ADEG Kaufmann, Tisis

D                                                                                                                                I
                                                                                                                                     n seiner Gemeinde Tisis in Vorarlberg leistet       „Man kennt und unterstützt sich gegenseitig“
         ie Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für     sich eher raus“, lacht die Kauffrau. Diese enge Ver-                     ADEG Kaufmann Domenik Kogler einen wichtigen
         viele ein wichtiger Faktor für ein erfülltes Ar-   flechtung von Familie und Arbeit weiß Tscharre sehr                      Beitrag für die regionale Wertschöpfung. Das          Zu seinen Kunden will der Kaufmann übrigens kein
         beitsleben. So auch für die junge ADEG Kauf-       zu schätzen: „Ich finde es bereichernd, dass wir als                     zeigt sich vor allem in der engen Kooperation mit   einseitiges Verhältnis an den Tag legen, sondern
         frau Victoria Tscharre, die ihre Familie von       Familie zusammenarbeiten. Der Zusammenhalt zwi-                      Unternehmern und Produzenten aus der Umgebung –         stattdessen eine gegenseitig fördernde Beziehung
Anfang an eng in ihr Berufsleben eingebunden hat.           schen uns ist wirklich gut, und wir verstehen immer,                 ein wesentlicher Erfolgsfaktor des Kaufmanns. Denn      pflegen. „Als Kaufmann ist es mir ein Anliegen, dass
Zunächst absolvierte Tscharre ihre Einzelhandelslehre       was der andere meint – wir kennen uns ja auch schon                  durch die rege und langfristige Zusammenarbeit mit      in meinem Umfeld alle Beteiligten von meinem
im ADEG Markt ihres Onkels in der Kärntner Gemein-          ewig.“                                                               seinen Lieferanten fördert er viele lokale Unterneh-    Nahversorgungsmodell profitieren.“ Gerade der
de Ebenthal. Nachdem sie sich das nötige Know-how                                                                                men dabei, ihre Produkte auch dort zu verkaufen, wo     persönliche Kontakt zu den Kunden und Lieferanten
angeeignet hatte, konnte sie 2016 den Markt selbst          Familienspezialitäten                                                sie hergestellt werden.                                 machen für Domenik Kogler den Beruf des selbst-
übernehmen und führt diesen seither mit großer                                                                                                                                           ständigen ADEG Kaufmanns so attraktiv. „Man lebt
Freude: „Ich habe genau gewusst, worauf ich mich             Zum Wohlwollen ihrer Kunden gibt es in Tscharres                    Ein abgestimmtes Sortiment                              quasi voneinander und profitiert vom gegenseitigen
einlasse. Und heute wie damals gilt: Ich mache meine        Markt ein ganz besonderes regionales Schmankerl                                                                              Geschäft.
Arbeit sehr, sehr gern“, erzählt die Kauffrau.              von den Eltern: frische Regenbogenforellen aus                        Das Sortiment des ADEG Kaufmanns orientiert sich
                                                            dem eigenen Fischerteich. Geliefert wird auf Be-                     nämlich stark an den Bedürfnissen seiner Kunden: Auf     Wie in jeder Beziehung ist es ein Geben und Nehmen –
Starker Zusammenhalt                                        stellung, „innerhalb von zwei Stunden ist der Fisch                  einer Verkaufsfläche von 350 Quadratmetern bietet       die Lieferanten kommen ja auch zu mir einkaufen.
                                                            bei uns im Geschäft“, so Tscharre. Und auch aus der                  er eine große Auswahl von Produkten an, die direkt im   Jeder schätzt den anderen als Geschäftspartner
 Im täglichen Betrieb wird Tscharre von ihren Eltern        Feinkostabteilung kommen Familienspezialitäten:                      Gebiet zwischen dem Bregenzerwald und dem Boden-        und vor allem auch als Mensch“, beschreibt Kogler
und zwei Tanten unterstützt. Auch ihr Lebensgefährte        „Unsere selbstgemachten Knödel und Strudel wer-                      see erzeugt werden. „Meine Kunden schätzen das,         sein Arbeitscredo. Kogler ist überzeugt: „Man kennt
                                                                                                                    Foto: ADEG

wird hin und wieder eingespannt, „aber nur, wenn es         den nach altem Familienrezept gemacht – davon                        denn sie können bei mir mit gutem Gefühl Produkte       und unterstützt sich gegenseitig – gegeneinander
schwere Sachen zu schleppen gibt, ansonsten hält er         kriegen unsere Kunden einfach nicht genug.“                          aus ihrer Region einkaufen“, erklärt Kogler.            arbeiten funktioniert bei uns nicht.“
36                                                                                                                                                                                                                                             37
04 | Wie
                              unternehmerisch
                              sind unsere Dörfer?

                                 F
                                          ür 69% der nicht selbstständigen Dorf-
                                          bewohner ist die Selbstständigkeit
                                          keine Option. Das bedeutet umgekehrt
                                          aber auch, dass für 31% der Schritt in
                                  die Selbstständigkeit zumindest denkbar ist.
                                  Dabei zeigt sich, dass die Branchen Handel
                                  sowie Gewerbe & Handwerk am ehesten in
                                  Frage kämen, um sich selbstständig zu ma-
                                  chen. Die größten Hürden zur Unternehmens-
                                  gründung sind mangelndes Kapital (50%), zu
                                  geringes Know-how (28%) und fehlende ge-
                                  eignete Geschäftspartner (22%). Fast ein Viertel
                                  der Befragten (23%) sieht in der eigenen Ge-
     Foto: Maria Ritsch
                                  meinde ungenützte Geschäftschancen – vor
                                  allem in der Gastronomie und im Handel.
38                                                                               39
Sie können auch lesen