Dynamisches Kompetenz-management - Kompetenzbedarfe früh erkennen, passgenaue Angebote ableiten - Acatech
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NG I E RU F IZ ALI LTU R QU U NSK ME EH TERN UN ION O VAT INN EN U NG G E DIN ON P NB ATI SHI ME NIK DER RA H MU LEA KO M acatech DISKUSSION Dynamisches Kompetenz- management – Kompetenzbedarfe früh erkennen, passgenaue Angebote ableiten Ein Praxis-Leitfaden des Human-Resources- Kreises von acatech J. C. Jacobs, H. Kagermann, H. Roehl, D. Spath (Hrsg.)
acatech DISKUSSION Dynamisches Kompetenz- management – Kompetenzbedarfe früh erkennen, passgenaue Angebote ableiten Ein Praxis-Leitfaden des Human-Resources-Kreises von acatech J. C. Jacobs, H. Kagermann, H. Roehl, D. Spath (Hrsg.)
Die Reihe acatech DISKUSSION Diese Reihe sammelt Autorenbeiträge über technikwissenschaftliche und technologiepolitische Themen. Sie dokumentiert die fachübergreifende Diskussion auf Veranstaltungen, in Projekten und Arbeitskreisen von acatech. Die inhaltliche Verantwortung liegt bei den jeweiligen Autorinnen und Autoren. Alle bisher erschienenen acatech Publikationen stehen unter www.acatech.de/publikationen zur Verfügung.
Inhalt Vorwort 5 Zusammenfassung 6 Projekt 7 1 Ausgangslage 9 2 Perspektive der Wissenschaft 10 3 Ansatz zur Kompetenzbedarfsanalyse 14 3.1 Analyse der Rahmenbedingungen 22 3.2 Konzeption des Kompetenzmodells 27 3.3 Validierung des Kompetenzmodells 30 3.4 Anwendung des Kompetenzmodells 34 3.5 Review des Kompetenzmodells 39 3.6 Einblicke aus der Praxis 42 4 Drängendste Handlungsfelder und politische Handlungsoptionen 53 5 Ausblick 56 Glossar 57
Vorwort Vorwort auf Aktualität und Passgenauigkeit. Aktuelle und zukünftige Kompetenzbedarfe können so antizipiert und entsprechend in den Angeboten der Ausbildung, Weiter- und Umqualifizierung Der Human-Resources-Kreis (HR-Kreis) von acatech hat im Februar wie auch der Personalbeschaffung adressiert werden. 2020 die acatech DISKUSSION „Lebenslanges Lernen fördern – gute Beispiele aus der Praxis. Ein Good-Practice-Bericht des Die vorliegende acatech DISKUSSION vertieft diese Heraus- Human-Resources-Kreises von acatech. Lessons Learned, wissen- forderung einer zukunftsorientierten Kompetenzbedarfsanalyse. schaftliche Analysen und Handlungsoptionen“ vorgelegt. Dort Die Publikation basiert vor allem auf den Ergebnissen einer zeigen wir anhand von Beispielen aus der betrieblichen Praxis, Arbeitsgruppe des HR-Kreises zu diesem Thema. In der Zeit wie Unternehmen gemeinsam mit Beschäftigten sowie den Sozial- von Februar 2019 bis September 2020 haben wir konkrete An- und Betriebspartnern innovative Ansätze für Lebenslanges Lernen forderungen der betrieblichen Praxis diskutiert und einen Ansatz entwickeln. zur Kompetenzbedarfsanalyse erarbeitet. In mehreren Workshops und Reviewschleifen mit Personalverantwortlichen aus den Mit- Um Weiterbildung zielgerichtet gestalten und an der Unter- gliedsunternehmen des HR-Kreises und nach einer erfolgreichen nehmensstrategie ausrichten zu können, müssen Unternehmen Praxiserprobung in den Unternehmen haben wir diesen Leitfaden ihre Kompetenzbedarfe analysieren und definieren. In vielen Be- für die betriebliche Praxis entwickelt. Wir verstehen ihn als ein trieben liegen stark geänderte Anforderungen an das Kompetenz- Angebot an die verschiedenen Stakeholder der digitalen Trans- management vor: Welche Zielgruppen wollen wir ansprechen? formation, um zukunftsorientiertes Personalmanagement zu er- Wozu wollen wir die Beschäftigten eigentlich genau befähigen? möglichen, Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten sowie Innovation Welche konkreten Inhalte wollen wir vermitteln? Diese Fragen und gute Arbeit in Deutschland zu fördern. können nur sinnvoll beantwortet werden, wenn Unternehmen die eigene Personalplanung und -entwicklung mit personal- und Der dargestellte Ansatz sowie die Einblicke in die betriebliche unternehmensstrategischen Zielsetzungen sowie zu erwartenden Praxis und die Perspektiven aus der Wissenschaft richten sich technologischen Entwicklungen und Umfeldveränderungen in dabei vor allem an Expertinnen und Experten aus Verwaltung, Einklang bringen. Beschäftigte haben dabei auch eine große Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Hingegen wollen wir Selbstverantwortung für ihre eigene Lernbiografie – jedoch be- mit den politischen Handlungsoptionen zum offenen politischen nötigen sie eine Orientierung für die Ausrichtung ihres persön- und gesellschaftlichen Diskurs zur Zukunft der Arbeit beitragen – lichen Wissens- und Kompetenzerwerbs. unabhängig von partei-, verbands- und gewerkschaftspolitischen Ansätzen. Eine unternehmens- oder gar branchenübergreifende, starre und allgemeingültige Kategorisierung und Bestimmung benötigter Joh. Christian Jacobs Kompetenzen kann es im Kontext der digitalen Transformation und Managing Partner sich rasch verändernder Geschäftsmodelle allerdings nicht geben. Joh. Jacobs & Co. (AG & Co.) KG Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihr Kompetenz- management nachhaltig zu gestalten und für die betrieblichen Henning Kagermann Kompetenzbedarfe passgenaue, zukunftsorientierte Maßnahmen Vorsitzender des Kuratoriums abzuleiten. Die teils disruptive Veränderung der Arbeitswelt und acatech der damit einhergehende Wandel der Anforderungen an die Be- schäftigten erfordern eine flexible Gestaltung des Personal- und Dieter Spath Kompetenzmanagements sowie die fortlaufende Überprüfung Präsident acatech (bis 16. März 2021) 5
Zusammenfassung Anforderungen und Herangehensweisen aus der betrieblichen Praxis ab und erarbeiteten einen Ansatz zur Kompetenzbedarfs- analyse. Um die Akzeptanz wie auch die wirtschaftliche und Die digitale Transformation verändert Arbeits- und Organisations- technische Machbarkeit des Ansatzes zu prüfen, wurde dieser in prozesse in Unternehmen grundlegend. Dies erfordert eine verschiedenen Konzerneinheiten der Unternehmen des HR-Kreises stetige Aktualisierung und den kontinuierlichen Aufbau von über einen Zeitraum von drei Monaten getestet („Pilotierung“). Kompetenzen („Skills“). Lebenslanges Lernen ist ein wesentlicher Die gesammelten Erfahrungen („Lessons Learned“) wurden in Ansatz, um die neuen Bedarfe frühzeitig zu adressieren und die die Konzeption rückgekoppelt. Insgesamt basiert dieser Ansatz Chancen der digitalen Transformation wirksam in eine gesteigerte zur Kompetenzbedarfsanalyse auf einer ganzheitlichen Sicht- Produktivität sowie Innovationsfähigkeit und -geschwindigkeit weise; unternehmens- und branchenspezifische Facetten wurden von Unternehmen zu überführen. Unternehmen und Beschäftigte integriert, wobei die allgemeine, branchenübergreifende Anwend- haben dabei eine gemeinsame Verantwortung zur Sicherung der barkeit gewährleistet bleibt. Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Staat und Gesellschaft flankieren die zukunfts- Der erarbeitete Prozess der Kompetenzbedarfsanalyse gliedert sich orientierte Weiterbildung. in fünf Schritte. Zum besseren Verständnis und zur einfacheren Handhabung des Ansatzes ist jeder der fünf Prozessschritte mit Transparenz über unternehmensseitig sowie individuell vor- optionalen Hilfestellungen für die Praxis („Canvas“) unterlegt. handene und benötigte Skills ist unerlässlich, um die Personal- Diese adressieren neben Schlüsselaktivitäten und zentralen planung und -entwicklung im Unternehmen gezielt vorbereiten Fragestellungen unter anderem auch Tools und Entscheidungs- und fördern zu können. Bislang fehlt jedoch ein dynamischer verantwortliche, die für die jeweilige Phase entscheidend sein und holistischer Ansatz, der die Veränderungen der Arbeitswelt können. Die Hilfestellungen bieten eine Orientierung und können und die damit einhergehenden Anforderungen zur systematischen abhängig von den spezifischen Unternehmensanforderungen Erfassung der Kompetenz- und Qualifikationsbedarfe adäquat punktuell oder vollständig angewendet werden. Unternehmens- abbildet. Bestehende Ansätze verfolgen noch zu stark die Logik beispiele geben zusätzliche Einblicke in die Umsetzung in der der Linearität und Pfadabhängigkeit. Praxis. Vor diesem Hintergrund hat der Human-Resources-Kreis („HR- Mithilfe dieses Multi-Channel-360°-Ansatzes ist es möglich, Kreis“) von acatech einen konzeptionellen Rahmen entwickelt, einen grundsätzlichen, konzeptionellen Rahmen für die Personal- mit dessen Hilfe es Organisationen branchenunabhängig planung und -entwicklung im Unternehmen zu bestimmen. Auf gelingen kann, sich systematisch dem Thema der Ermittlung dessen Basis kann die Entwicklung eines auf die betrieblichen aktueller und zukünftiger Kompetenzbedarfe und deren Bedarfe abgestimmten Kompetenzmodells erfolgen. Dieses unter- Implementierung zu nähern sowie diese entsprechend prozessual stützt sowohl die Soll-Erfassung als auch den Soll-Ist-Abgleich der umzusetzen. Anspruch an das Vorgehen war es, kontinuierliche Kompetenzen auf Unternehmens- und individueller Ebene und Iterationen und fortlaufende Anpassungen im Prozess ermög- begründet die Ableitung personalwirtschaftlicher Maßnahmen. lichen und vornehmen zu können. Um einen praxisnahen, Fortlaufende Reviewschleifen von Kompetenzmodell und An- pragmatischen und dennoch wissenschaftlich fundierten wendungsprozess bezüglich Praktikabilität, Wirksamkeit und Ansatz konzipieren zu können, wählten die Expertinnen und Agilität verbessern Passfähigkeit sowie Aktualität. Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft ein mehrstufiges Verfahren: Im ersten Schritt erfolgte die Analyse verschiedenster Ziel dieses Leitfadens für die betriebliche Praxis ist nicht die Dar- Beiträge aus der Kompetenzforschung („Desk Research“). Be- stellung von Struktur und Inhalt eines Kompetenzmodells. Auch stehende Modelle und Ansätze wurden erfasst und kritisch hinter- die Durchführung und Bewertung der personalwirtschaftlichen fragt. In mehreren Workshops und Reviewphasen glichen die Maßnahmen (zum Beispiel Recruiting, Qualifizierung) sind nicht Mitglieder der Arbeitsgruppe den aktuellen Forschungsstand mit Teil dieses Ansatzes. 6
Projekt Projekt — Dr. Thomas Ogilvie, Deutsche Post DHL Group, Mitglied des Vorstands, Bereich Personal — Prof. Dr. Manfred Prenzel, Zentrum für LehrerInnenbildung Projektleitung der Universität Wien, Leiter/acatech — Prof. Dr. Steffi Robak, Leibniz Universität Hannover, Institut für Berufspädagogik und Erwachsenenbildung, Vorstand — Dr. Joh. Christian Jacobs, Joh. Jacobs & Co. (AG & Co.) KG, — Petra Scharner-Wolff, Otto (GmbH & Co. KG), Konzern- Managing Partner/acatech Senator Vorständin Finanzen, Controlling, Personal — Prof. Dr. Dr.-Ing. E. h. Henning Kagermann, acatech, Vor- — Corinna Schittenhelm, Schaeffler AG, Vorstand Personal, sitzender des Kuratoriums Arbeitsdirektorin, Chief Human Resources Officer — Prof. Dr. Ing. Dr.-Ing. E. h. Dr. h. c. Dieter Spath, acatech — Martin Seiler, Deutsche Bahn AG, Vorstand Personal und Präsident (bis 16. März 2021) Recht — Prof. Dr.-Ing. Dieter Spath, acatech Präsident (bis 16. März 2021) Mitglieder des HR-Kreises — Prof. Dr. Isabell M. Welpe, Technische Universität München, Lehrstuhl für Strategie und Organisation/acatech — Filiz Albrecht, Robert Bosch GmbH, Geschäftsführerin und — Prof. Dr.-Ing. Katja Windt, SMS group GmbH, Mitglied der Arbeitsdirektorin Geschäftsführung/acatech — Sabine Bendiek, SAP SE, Chief People Officer und Arbeitsdirektorin — Birgit Bohle, Deutsche Telekom AG, Mitglied des Vorstands, Arbeitsgruppe zum Thema „Ansatz zur Bereich Personal, Arbeitsdirektorin Kompetenzbedarfsanalyse“ aus den — Dr. Elke Eller, TUI AG, Mitglied des Vorstands, Bereich Personal, Arbeitsdirektorin Unternehmen des HR-Kreises zur Er- — Dr. Elke Frank, Software AG, Mitglied des Vorstands, Bereich arbeitung dieses Praxis-Leitfadens Global Human Resources, Talent Management, Global Legal, Global Information Services und Transformation Leitung der Arbeitsgruppe — Jochen Hanebeck, Infineon Technologies AG, Mitglied des Vorstands und Chief Operations Officer — Dr. Immanuel Hermreck, Bertelsmann SE & Co. KGaA — Michael Heinz, BASF SE, Mitglied des Vorstands, Stand- — Ilka Horstmeier, BMW AG ortleiter für das Werk Ludwigshafen, verantwortlich für — Prof. Dr. Isabell M. Welpe, Technische Universität München die Bereiche Global Engineering Services, Corporate Environmental Protection, Health & Safety, European Site Expertinnen und Experten & Verbund Management, Region South America, Arbeits- direktor (bis März 2021) — Laura Aleyt, Otto Group Holding — Dr. Immanuel Hermreck, Bertelsmann SE & Co. KGaA, — Martina Bauer, TUI AG (bis August 2020) Mitglied des Vorstands, Bereich Personal — Stefan Brindt, SMS group GmbH (bis Februar 2020) — Dr. Doris Höpke, Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft — Dr. Martin Göbbels, Robert Bosch GmbH AG, Mitglied des Vorstands, Bereiche Special und Financial — Michael Harms, Beiersdorf AG Risks, Personal, Arbeitsdirektorin — Klaus Köhler, BMW AG — Ilka Horstmeier, BMW AG, Mitglied des Vorstands, Personal- — Inge Könneker, Otto Group Holding und Sozialwesen, Arbeitsdirektorin — Steven Moran, Bertelsmann SE & Co. KGaA — Dr. Joh. Christian Jacobs, Joh. Jacobs & Co (AG & Co.) KG, — Hanna Peter-Regar, Schaeffler AG Managing Partner — Lara Rosenkötter, BMW AG — Prof. Dr. Henning Kagermann, acatech, Vorsitzender des — Christopher Werner, Otto Group Holding Kuratoriums — Dörte Wickenhagen, Bertelsmann SE & Co. KGaA — Zhengrong Liu, Beiersdorf AG, Mitglied des Vorstands, — Sabine Wilhelm, BMW AG Bereich Human Resources, Arbeitsdirektor — Jessica Richter, Infineon Technologies AG 7
Weitere Beteiligte Unterstützung — Jaqueline Engels, Detecon International GmbH acatech dankt Dr. Joh. Christian Jacobs und den Unternehmen — Ralf Rademann, Bayer AG der HR-Kreis-Mitglieder für ihre Unterstützung. — Thomas Weiss, innogy SE Autorinnen und Autoren — Luise Ortloff, acatech Geschäftsstelle — Prof. Dr. Heiko Roehl, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br./Kessel & Kessel GmbH — Lara Rosenkötter, BMW AG — Dörte Wickenhagen, Bertelsmann SE & Co. KGaA — Katharina Winkler, acatech Geschäftsstelle 8
Ausgangslage 1 Ausgangslage aber auch völlig neue Kompetenzbedarfe. Generell wird dieser Trend zu einem erheblichen Skill Shift führen: Tätigkeitsprofile verändern sich, und neue – teils deutlich anspruchsvollere – Die digitale Transformation ist der Strukturwandel unserer Beschäftigungsmöglichkeiten entstehen. Dabei wird es kaum Zeit: Die Umsetzung der Visionen der Industrie 4.0 und der Tätigkeiten oder Berufe geben, die nicht von der Digitalisierung Smart-Service-Welt sowie der Einzug Künstlicher Intelligenz und betroffen sind. Lernender Systeme in den Alltag verdeutlichen diese Entwicklung. Diese Transformation geht mit einem grundlegenden Wandel Anforderungsprofile und Berufsbilder unterlagen zwar auch früher unserer Arbeitswelt einher; Arbeits-, Führungs- und Organisations- schon teils größeren Veränderungen – neu ist jetzt allerdings die prozesse in Unternehmen werden radikal umgestaltet. Geschwindigkeit, Dynamik und Komplexität, mit der sich der Wandel vollzieht. Die Digitalisierung beschleunigt technische, Die Globalisierung, die digitale Vernetzung der Wirtschaft und wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen in einer die Entwicklung in Richtung einer Plattformökonomie haben Weise, die auch das Lernen grundlegend verändert: Wissen und viele klassische Wertschöpfungsketten schon jetzt massiv Kompetenzen können in Zukunft immer weniger auf Vorrat aus- verändert. Die Grenzen zwischen Produktion und Dienstleistung gebildet werden. Bisherige Instrumente der Personalplanung verschwimmen zusehends. Unternehmen müssen immer schneller und -entwicklung reichen nicht mehr aus, um die Bedarfe von auf immer radikalere technische Umbrüche reagieren – nicht zu- morgen bereits heute antizipieren zu können. Entsprechend liegt letzt ausgelöst durch die Fortschritte im Bereich der Künstlichen der Fokus auf der Frage, wie auch das betriebliche Personal- und Intelligenz. Etablierte Geschäftsmodelle und bislang erfolg- Kompetenzmanagement die Dynamik und Komplexität der Ver- reiche Unternehmen sehen sich von Startups und branchen- änderungen adressieren kann. fremden Unternehmen herausgefordert – allen voran den großen amerikanischen und chinesischen IT-Unternehmen. Neue, daten- Sowohl Beschäftigte als auch Unternehmen benötigen einen getriebene Geschäftsmodelle brechen zum Teil binnen kürzester Rahmen, der Orientierung zu Zukunftsprofilen bietet. Das Wissen Zeit etablierte Wertschöpfungsstrukturen auf. um aktuelle und zukünftige Kompetenzbedarfe ist entscheidend für eine bedarfsgerechte, zukunftsorientierte Personalbeschaffung Auch aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive ist Deutschland und -entwicklung. Dies sichert die Arbeits- und Beschäftigungs- auf einen gewaltigen Produktivitätssprung angewiesen, um als fähigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nachhaltig Wirtschaftsstandort international wettbewerbsfähig zu bleiben, und ermöglicht Produktivität sowie Innovationsfähigkeit und -ge- die Folgen der Corona-Krise zu bewältigen und angesichts demo- schwindigkeit von Unternehmen. grafischer Herausforderungen die Tragfähigkeit der Sozialver- sicherungssysteme nachhaltig zu sichern. Die Digitalisierung wird Trotz einer Vielzahl von Studien und Veröffentlichungen über dafür ein wesentlicher Ansatz sein. aktuelle sowie zukünftige Kompetenzbedarfe (zum Beispiel OECD, World Economic Forum, McKinsey Global Institute, Ashoka Damit Beschäftigte und Unternehmen gleichermaßen von Foundation) fehlt zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings ein diesem Wandel profitieren, müssen sie die Transformation ge- solcher dynamischer und holistischer Ansatz zur systematischen meinsam gestalten. Dabei spielen die Kompetenzen der Mit- Erhebung der Kompetenz- und Qualifikationsbedarfe deutscher arbeiterinnen und Mitarbeiter eine entscheidende Rolle. Hier Unternehmen. Bisherige Ansätze gehen noch stark von der Logik erfordern die Entwicklungen zum einen Anpassungsleistungen der Linearität und Pfadabhängigkeit einzelner Prozessschritte aus. und das stetige Dazulernen der Beschäftigten und des Arbeit- Vor allem für kleine und mittlere Unternehmen wäre eine solche gebers, zum anderen ergeben sich im Zuge der Digitalisierung Orientierungshilfe von besonderer Bedeutung. 9
2 Perspektive der Gehen wir zwei weitere Jahrzehnte zurück, dann war es Henry Mintzberg3, der in diesem Zusammenhang bereits Anfang der Wissenschaft 90er Jahren die große Krise der strategischen Planung beschwor. Zu linear, zu wenig überraschungsbereit sei die Ausrichtig der Strategieabteilungen und ihrer Instrumente. Er machte deutlich, Welche Fragestellungen und Aspekte diskutieren Vertreterinnen wie strategische Planung immer wieder von der Wirklichkeit über- und Vertreter aus der Wissenschaft mit Blick auf Kompetenz- holt und von Unternehmenskulturen verfrühstückt wird. management und Kompetenzbedarfsanalyse aktuell? Welche Kompetenzen gewinnen zukünftig noch mehr an Bedeutung? Abschied vom linearen Denken Warum bedarf es neuer Denkmuster bei der Entwicklung und Anwendung neuer Kompetenzmodelle und wie können diese in Hinter der steigenden Planungsskepsis der Organisationstheorie der Wirtschaft angewandt werden? Das folgende Kapitel gibt in den vergangenen Jahrzehnten steht die Frage, was in Zeiten ausgewählte Antworten auf diese Fragen. disruptiven Wandels überhaupt noch über Zukunft in Erfahrung gebracht werden kann. Organisationen brauchen nämlich Orientierung, sie sind auf sinnfällige Zielbilder angewiesen, die Was morgen wichtig wird – Plädoyer für dem Handeln ihrer Mitglieder eine Richtung geben. Hier liefert eine neue Kompetenzbedarfsanalytik die Forschung zur Corporate Foresight Antworten4. Um für Über- raschungen im Umfeld (Märkte, Technologien, Gesellschaftliche Werte etc.) offen zu bleiben, braucht es ein „Denken in Alter- Heiko Roehl (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br./Geschäfts- nativen“, das mögliche Entwicklungsrichtungen der Zukunft ins führer Kessel & Kessel GmbH) Kalkül zieht und regelmäßig Signale aus dem Organisations- umfeld einbezieht, die für die Planung relevant sind – oder werden Welt im Wandel könnten. Es wird immer wichtiger, regelmäßig innezuhalten, aus dem Tagesgeschäft auszusteigen und einen Abgleich mit dem Pandemie, Digitalisierung, Migration, Finanz– und Wirtschafts- für das jeweilige Planungsthema relevanten Realitätsausschnitt krise: Die Kette von Ereignissen, die unsere Welt durcheinander- herzustellen. Mit diesem lernenden Vorgehen verabschiedet sich bringen, reißt nicht ab. Alles scheint in Bewegung. Mit dem Planung von den langfristig gesetzten, präzisen Zielmarken und Lockdown zum Jahresbeginn 2021 ist ein vorläufiger Höhepunkt wendet sich diskursiv verhandelten Zielkorridoren zu, die immer gesellschaftlicher Verunsicherung erreicht, an dem selbst der wieder Anlass zu kollektiven Lernprozessen geben können. Gang zum Bäcker zu einem Abenteuer wird. Georg Schreyögg beschreibt diesen Abschied vom linearen Planungsparadigma bereits 1998 als Hinwendung zu kollektiven, Damit wird ein wichtiges Diktum der Organisationstheorie zur organisationalen Lernprozessen5. bitteren Realität. Seit Jahrzehnten ist das VUCA-Zeitalter aus- gerufen, das durch einen exponentiellen Anstieg von Volatilität, Die Organisation kollektiver Lernprozesse steht seither im Zentrum Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz gekennzeichnet moderner Planungs- und Steuerungsansätze, es geht darum, sein sollte1. Bereits 1999 publizierte der Organisationspsycho- schrittweise, iterativ und in Feedbackschleifen zu denken und zu loge Karl Weick seine Idee des kontinuierlichen Wandels, dem handeln6. Zusammenfassend lässt sich zeigen, dass es dabei auf Mensch und Organisation angemessen zu begegnen haben. Ver- drei wesentliche Aspekte ankommt: änderungsfähigkeit, Improvisation und eine generelle Skepsis gegenüber den gängigen Ansätzen von Planung und Steuerung 1. Exploration: Offenheit für disruptive Ereignisse und Signale, in Organisationen waren hier wesentliche Stichworte2. die außerhalb der eigenen Suchfelder liegen 1 | Vgl. etwa Kozica/Kaiser 2017, S. 245. 2 | Vgl. Weick/Quinn 1999, S. 362ff. 3 | Vgl. Mintzberg 1994. 4 | Vgl. Bergheim 2020, S. 69ff. 5 | Vgl. Schreyögg 1998, S. 35f. 6 | Vgl. Senge et al. 1996, S. 133ff; Minx/von Mutius 2013, S. 59f. 10
Perspektive der Wissenschaft 2. Dialog: Diskursive Anwendung möglichst vielfältiger Frage, was denn genuin menschliche Kompetenzen seien, die Perspektiven auf die relevanten Fragestellungen innerhalb eben nicht durch Maschinen ersetzbar sind, ist man bei der Dis- der Organisation kussion um die Kompetenzen der Zukunft fündig geworden, etwa 3. Kritikerlaubnis: Herstellung angemessener Governance für mit dem Hinweis auf Kreativität, Einfühlungsvermögen, Empathie. ein stetiges Hinterfragen der eigenen Grundannahmen im Prozess. Aufbruch in eine agile Analytik Wesentliche Merkmale einer solchen, nichtlinearen „Planungs“- Mit der Anwendung der oben genannten drei Aspekte moderner praxis ist das hohe Maß an Komplexität, das in den Prozess ein- Strategiearbeit entsteht der kreisförmige, lernende Prozess einer fließt und ihre Fähigkeit, kontinuierlich responsiv („agil“) mit ihren Kompetenzbedarfsanalytik, dessen Grundlage nicht mehr die Umfeldern koppeln zu können. Ableitung einfacher strategischer Prämissen für die Kompetenz- frage und deren Umsetzung in einen linearen Planungsprozess ist. Die Analyse künftigen Kompetenzbedarfs Vielmehr geht es um einen iterativen Prozess des Abgleichens von Umfeldentwicklung, strategischer Ausrichtung der Organisation Die Frage nach dem zukünftigen Kompetenzbedarf einer und der Feststellung zukünftiger Kompetenzbedarfe. Organisation wirft uns auf das eingangs formulierte Dilemma zurück: Eine steigende Unsicherheit im gesellschaftlichen und Das in diesem Prozess entstehende Kompetenzmodell wird wirtschaftlichen Umfeld der Organisation macht lineare Planungs- dabei revisionsfähig konzipiert, also immer wieder an die sich prozesse – und damit einfache Prognosemodelle – obsolet. Bezieht verändernden Umfelder angepasst. Damit steigen Responsivität, man hingegen die drei oben formulierten Aspekte auf die Frage Kontextsensitivität und die Überraschungsfähigkeit des Modells. der Analytik des Kompetenzbedarfs der Organisation, ergeben Im Zentrum dieser agilen Kompetenzanalytik steht ein Dialog sich interessante Perspektiven. heterogener Interessensgruppen. Mit der Verwendung diverser Perspektiven auf die Kompetenzfrage in der Organisation wird Zunächst ist festzuhalten, dass der Kompetenzbedarf einer die Entwicklung kurzsichtiger und eindimensionaler Modelle ver- Organisation sich idealerweise aus ihrer jeweiligen Gesamt- mieden, die sich aus der Prognostik singulärer Interessensgruppen strategie ableiten lässt. Das Problem in der Praxis dabei ist nur, zwangsläufig ergeben. dass a) viele Organisationen in ihren Strategien die unbegrenzte Verfügbarkeit von Fach- und Führungspersonal voraussetzen und Voraussetzung für den Erfolg einer neuen Kompetenzanalytik b) dass Strategiearbeit inzwischen wenig ressourcenbasiert von- schließlich ist eine unternehmenspolitisch und -kulturell ver- stattengeht, also selten von der organisationalen Kompetenz- und ankerte Erlaubnis zur kritischen Auseinandersetzung mit der Wissensbasis auf den Markt schließen, sondern ihre Leistungser- Kompetenzfrage. Nicht zuletzt nämlich ist die Analyse zukünftiger bringung meist andersherum, also marktgetrieben denken (dass Kompetenzbedarfe einer Organisation immer auch ein Politikum, das einmal anders war, zeigen Prahalad und Hamel7). Bei näherer das einer funktionierenden Governance bedarf. Hinsicht zeigt sich zudem, dass sich die Frage zukünftiger und zu- kunftsfähiger Kompetenzen für Organisationen ein ganz eigenes, ausgesprochen turbulentes Umfeldsegment ist. Literatur Was wir heute bereits sicher sagen können ist, dass die Bergheim 2020 Organisationen der Zukunft wahrscheinlich andere Kompetenzen Bergheim, S.: Zukünfte – Offen für Vielfalt, Frankfurt a.M.: ZGF brauchen als diejenigen der Gegenwart. Maschinenlernen, Künst- Verlag 2020. liche Intelligenz, der Ersatz kognitiver Funktionen durch Computer, aber auch die neuen Formen von Arbeit und Organisation lassen Kozica/Kaiser 2017 keinen anderen Schluss zu, als dass die Arbeitswelt in 20 Jahren Kozica, A./Kaiser, S.: „Organisationsentwicklung im Wandel sich fundamental von unserer heutigen unterscheiden wird. Und der Zeit. Eigenheiten als Fundament einer zukunftsfähigen es gibt Trends, die diese Vorausschau wie rote Fäden durchziehen: Organisationsentwicklung“. In: Roehl, H./Asselmeyer, H. Der maschinenbedingte Ersatz transaktionaler Leistungen, die Hin- (Hrsg.): Organisationen klug gestalten. Das Handbuch für wendung zu höherwertigen kognitiven Fähigkeiten wie komplexes Organisationsentwicklung und Change Management, Stuttgart: Problemlösen gehören sicher dazu. Auch die Diskussionen zur Schäffer-Poeschel 2017, S. 243-253. 7 | Vgl. Prahalad/Hamel 1990, S. 71ff. 11
Mintzberg 1994 Schreyögg 1998 Mintzberg, H.: The Rise and Fall of Strategic Planning, New Schreyögg, G.: „Strategische Diskurse: Strategieentwicklung im York: Free Press 1994. organisatorischen Prozess“. In: OrganisationsEntwicklung, 17: 4, 1998, S. 32-43. Minx/von Mutius 2013 Minx, E./von Mutius, B.: „Kreisförmiger Fortschritt. Ein zirkuläres Senge et al. 1996 Prozessmodell für die erneuerungsfähige Organisation“. In: Senge, P. M./Kleiner, A./Smith, B./Roberts, C./Ross, R.: Das OrganisationsEntwicklung, 32: 1, 2013, S. 57-64. Fieldbook zur Fünften Disziplin. Stuttgart: Schäffer-Poeschel 1996. Prahalad/Hamel 1990 Prahalad, C. K./Hamel, G.: „The Core Competence of the Weick/Quinn 1999 Corporation“. In: Harvard Business Review, 68: 3, 1990, S. Weick, K. E./Quinn, R E.: „Organizational Change and 71-91. Development“. In: Annual Review of Psychology, 50, 1999, S. 361-386. Arbeitswelt der Zukunft – welche Kompetenzen Buchhalterinnen und Buchhalter sowie Research-Ana- brauchen Erwerbstätige? lystinnen und -Analysten benötigen. Demgegenüber werden einfachere kognitive Fähigkeiten (zum Beispiel Kontrollieren Ein Gespräch mit Isabell M. Welpe (Inhaberin des Lehr- und Prüfen) sowie physische und manuelle Fähigkeiten, die stuhls „Strategie und Organisation“ an der TUM) und Esther auch „smarte“ Sensoren und Roboter haben (werden), voraus- Ostmeier (Wissenschaftliche Referentin am Bayerischen sichtlich weniger nachgefragt. Solche Fähigkeiten kommen Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung beispielsweise recht oft in Berufen der Fertigung(-stechnik), in – IHF) Verkehr und Logistik sowie unternehmensbezogenen Dienst- leistungen vor. Im Kontext gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen und Trends erleben wir gegenwärtig starke Bewegungen Ebenso rücken ausgeprägte sozioemotionale Fähigkeiten, wie auf den Produkt- und Dienstleistungsmärkten und sie zum Beispiel Geschäftsentwicklerinnen und Geschäfts- damit auch in beruflichen Tätigkeiten sowie bei entwickler, Beraterinnen und Berater, Programmiererinnen Kompetenzbedarfen. Welche Kompetenzen werden in und Programmierer und Reaktionen auf Notrufe benötigen, Zukunft noch wichtiger? voraussichtlich mehr in den Fokus. Dazu gehören ausgeprägte Ein wichtiger Treiber dieser Bewegungen sind Fortschritte Fähigkeiten in Kommunikation und Verhandlung, Führungs- bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenzen, bei Auto- kompetenzen, die Fähigkeit, sich anzupassen, Empathie, ein matisierungsprozessen und der erforderlichen Hardware. ethisches und kulturelles Bewusstsein sowie Lebenslanges Aktuelle Studien8 lassen davon ausgehen, dass einerseits Lernen. Viele dieser menschlichen „Soft Skills“ lassen sich die Nachfrage nach technologischen Fähigkeiten mit Ab- durch Maschinen in absehbarer Zeit nicht ersetzen. stand am stärksten zunimmt. Dazu zählen Fähigkeiten im Umgang mit IT, in Datenanalyse, für das Ingenieurswesen Wir lesen und hören oft, dass digitale Kompetenzen und für die Forschung. Andererseits werden auch kognitive zukunftsrelevant sind. Heißt das, alle sollten Fähigkeiten wie komplexes Problemlösen, Kreativität und Programmieren, Maschinelles Lernen und Data Science kritisches Denken zunehmend wichtig. Dazu gehören auch können oder lernen? ausgeprägte Lese- und Schreibfähigkeiten, die Verarbeitung Wir denken, dass es den meisten Erwerbstätigen zugute- komplexer Informationen, Problemlösen, Kreativität sowie käme, wenn sie ein Grundverständnis von IT-Infrastruktur, Fähigkeiten in Statistik und quantitativen Methoden, wie Programmieren und dem Funktionieren Künstlicher sie zum Beispiel Medizinerinnen und Mediziner, Autorinnen Intelligenzen hätten. Dies würde es ihnen erlauben, Potenziale und Autoren, Herausgeberinnen und Herausgeber, effizienteren Arbeitens in ihrem beruflichen Umfeld zu 8 | Vgl. Dengler/Matthes 2018, S. 5ff.; Frey/Osborne 2017, S. 265ff.; Sousa/Rocha 2019, S. 259ff.; van Laar et al. 2017, S. 582ff.; World Economic Forum 2020, S. 35ff. 12
Perspektive der Wissenschaft identifizieren (wie es aus Wettbewerbsgründen vielleicht beeinflussen, weniger vorhersehbar sind und werden. Wir notwendig ist/wird) und mit denjenigen zu kommunizieren, haben in den letzten Jahren erlebt, wie disruptiv-innovative die diese Potenziale in Software umsetzen. Dies ist auch ein Startups ganze Branchen (zum Beispiel Hotel, Taxi) verändern; Grund dafür, dass wir es begrüßen würden, wenn künftig auch unsere eigene „Branche“ – Wissenschaft, Forschung und computer- und informationsbezogene Kompetenzen fächer- Lehre – wird sich unter anderem mit dem Boom von Education übergreifend an Schulen und Universitäten vermittelt würden. Technologies und Onlinekursen stark verändern. Diese ge- In diesem Punkt hat Deutschland leider großen Nachhol- wisse Unvorhersehbarkeit und Unsicherheit bedeutet für bedarf, wie uns international vergleichende Studien wie PISA9 Erwerbstätige, dass selbstgesteuertes Karrieremanagement seit Jahren für Schülerinnen und Schüler zeigen. mit Eigeninitiative und Weitsicht, Resilienz sowie, wie bereits genannt, Lebenslanges Lernen zukunftsrelevant sind. Ganzheitlich betrachtet lassen sich unter „digitalen Kompetenzen“ alle Fähigkeiten verstehen, die uns dazu be- Literatur und Links zum Thema: fähigen, uns in einer Arbeitswelt, die zunehmend digitale Dengler/Matthes 2018 Technologien und digital übermittelte Informationen nutzt, Dengler, K./Matthes, B.: Substituierbarkeitspotenziale von zu bewegen und zu dieser beizutragen. In dieser Arbeits- Berufen: Wenige Berufsbilder halten mit der Digitalisierung welt ist es unter anderem auch notwendig, die Qualität Schritt (IAB-Kurzbericht Nr. 4), Nürnberg 2018. von Informationen und Daten einschätzen und aus sehr vielen Informationen die relevanten extrahieren zu können, Frey/Osborne 2017 etwas von Datenschutz zu verstehen und virtuelle Platt- Frey, C. B./Osborne, M. A.: „The Future of Employment: How formen und Räume für sich nutzen zu können. COVID-19- Susceptible are Jobs to Computerisation?“. In: Technological bedingt lernen wohl die meisten zu diesem letzten Aspekt Forecasting and Social Change, 114, 2017, S. 254-280. bei der Arbeit momentan viel dazu. Wir finden heraus, in welchen Situationen Präsenz erforderlich ist und in welchen Hirschi et al. 2020 Situationen wir von digitalen Formen der Zusammenarbeit Hirschi, A./Zacher, H./Shockley, K. M.: „Whole-Life Career profitieren können. Deshalb werden Fähigkeiten „in der Zu- Self-Management: A Conceptual Framework“. In: Journal of sammenarbeit und im Führen auf Distanz“ vermutlich für viele Career Development, September 2020. zukunftsrelevant. Sousa/Rocha 2019 In welchen Bereichen verändern sich die zukunfts- Sousa, M. J./Rocha, Á.: „Skills for Disruptive Digital Business“. relevanten Kompetenzen noch? In: Journal of Business Research, 94, 2019, S. 257-263. Ein Bereich, der alle betrifft und den wir deshalb hier er- wähnen möchten, ist der Bereich des Karrieremanagements van Laar et al. 2017 und der Karrieregestaltung. Karriereforscherinnen und van Laar, E./van Deursen, A. J./van Dijk, J. A./de Haan, J.: ‑forscher gehen davon aus, dass Erwerbstätige heute und „The Relation Between 21st-Century Skills and Digital Skills: künftig ihren beruflichen Werdegang stärker selbst steuern A Systematic Literature Review“. In: Computers in Human müssen, sich weniger auf unternehmensinterne Karriere- Behavior, 72, 2017, S. 577-588. wege verlassen können und verstärkt zur Unternehmerin be- ziehungsweise zum Unternehmer in eigener Sache werden10. World Economic Forum 2020 Dies liegt daran, dass die technischen, gesellschaftlichen und World Economic Forum: The Future of Jobs Report 2020, politischen Entwicklungen, die Produkt- und Arbeitsmärkte Cologny/Genf: World Economic Forum 2020. 9 | Ein Überblick über PISA-Publikationen findet sich hier: https://www.pisa.tum.de/pisa-publikationen/ 10 | Vgl. beispielsweise Hirschi et al. 2020. 13
3 Ansatz zur Kompetenz- Insgesamt gliedert sich der dargestellte Prozess der Kompetenz- bedarfsanalyse in fünf Schritte: bedarfsanalyse Schritt 1 – Analyse der Rahmenbedingungen Identifikation zentraler Trends und Analyse der Auswirkungen Wie könnte ein Konzept zur Identifizierung aktueller und zu- auf die Kompetenzbedarfe und ‑verfügbarkeit im Unternehmen. künftiger Kompetenzanforderungen (Fokus: unternehmens- Anschließend Durchführung eines ersten Plausibilitätschecks. intern) aussehen, das die Dynamik und Komplexität der Veränderungen mitberücksichtigt? Wie können Unternehmen Schritt 2 – Konzeption des Kompetenzmodells daraus personalwirtschaftliche Maßnahmen für ein erfolgreiches Entwicklung eines vorläufigen Kompetenzmodells. Das heißt: Ent- Kompetenzmanagement ableiten? Und wie können Passfähigkeit wicklung von Struktur und Regelwerk des Kompetenzmodells, Er- und Praxistauglichkeit des Kompetenzmodells – auch langfristig arbeitung eines Kompetenzkatalogs mit einzelnen Kompetenzen – sichergestellt werden? und Bildung von Rollen beziehungsweise Stellenbezeichnungen mit entsprechenden Kompetenzprofilen. Der nachfolgende Ansatz zur Kompetenzbedarfsanalyse bietet Orientierung bei der Beantwortung dieser Fragen. So können Schritt 3 – Validierung des Kompetenzmodells Unternehmen ihr Kompetenzmanagement noch strategischer Pilotierung des vorläufigen Kompetenzmodells für eine und gleichzeitig dynamischer ausrichten und ihre Innovations- repräsentative Pilotgruppe, dabei auch Soll-Ist-Abgleich kraft und Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen. Neben den Eck- zur Ermittlung des individuellen Entwicklungs- und Quali- punkten zur Umsetzung geben Praxisbeispiele konkrete Einblicke fizierungsbedarfs der Pilotgruppe. Auf dieser Basis Beurteilung in und Hinweise auf kritische Erfolgsfaktoren sowie gewonnene der organisationalen Passfähigkeit und Anwendbarkeit des Erfahrungen und Erkenntnisse der Unternehmen. Von der Analyse Kompetenzmodells im Pilotumfeld und gegebenenfalls Fein- über die Konzeption und Validierung bis hin zur Kompetenzent- justierung des Kompetenzmodells. wicklung bildet der Ansatz alle erforderlichen Prozessschritte zur Kompetenzbedarfsanalyse ab. Schritt 4 – Anwendung des Kompetenzmodells Rollout und standardisierter Einsatz des Kompetenzmodells für Die Anwendung dieses Leitfadens für die betriebliche Praxis er- alle geplanten Zielgruppen. Basierend auf dem Soll-Ist-Abgleich möglicht zur Ermittlung des betrieblichen Qualifizierungsbedarfs dann § die Analyse und Definition von aktuell/zukünftig benötigten Ableitung personalwirtschaftlicher Maßnahmen auf Grundlage Kompetenzen, des Kompetenzmodells. § die Entwicklung eines Kompetenzmodells, § die Ermittlung des betrieblichen Qualifizierungsbedarfs, Schritt 5 – Review des Kompetenzmodells § die Ableitung personalwirtschaftlicher Maßnahmen, Zur Qualitätssicherung kritische Beurteilung des Kompetenz- § die Überprüfung des Kompetenzmodells und des An- modells und dessen Passgenauigkeit. Gegebenenfalls Anpassung wendungsprozesses sowie des Kompetenzmodells und Ableitung unternehmensstrategischer § die Durchführung einzelner Prozessschritte mittels An- Fragestellungen. wendung der beschriebenen Canvas. Die Abfolge der einzelnen Schritte ist dabei nicht als linear zu Dahingegen sind die Darstellung struktureller und inhaltlicher verstehen. Vielmehr stellt dieser Ansatz einen dynamischen Aspekte des Kompetenzmodells wie auch die Analyse der erfolg- und flexiblen Prozess mit fließenden Übergängen dar. Iterative reichen Durchführung personalwirtschaftlicher Maßnahmen Schleifen ermöglichen die mehrfache Wiederholung beziehungs- (beispielsweise Personalbeschaffung und -entwicklung) nicht Be- weise die Rückkehr zu einzelnen Aktivitäten und die kontinuier- standteil des Ansatzes. Im Sinne einer Unterstützung bereits vor- liche Anpassung im Prozess („Anpassungsschleifen“). Durch handener Aktivitäten im Unternehmen sowie einer Hilfestellung Reviews in den Phasen der Entwicklung und Anwendung des für unternehmensinterne Reviews adressiert der nachfolgend Kompetenzmodells können veränderte interne sowie externe vorgestellte Leitfaden primär größere Unternehmen. Rahmenbedingungen berücksichtigt und Lessons Learned bei 14
Ansatz zur Kompetenzbedarfsanalyse der Umsetzung sowie Implementierung des Modells für Folge- das entsprechende Mandat für die Umsetzung des Prozesses aktivitäten erarbeitet werden. Als Hilfestellung für die An- vergibt („Ownership“). passung und Feinjustierung des Kompetenzmodells dient der § Beteiligung und Zusammenarbeit im Prozess fördern: Die sogenannte Entscheidungsbaum (Abbildung 8). Dieser bietet frühzeitige Einbindung aller relevanten Stakeholder und Ent- Orientierung anhand von sechs Schlüsselfragen zu möglichen scheidungsverantwortlichen in den Prozess der Kompetenz- Veränderungsbedarfen des Modells. Eine Besonderheit stellt die bedarfsanalyse und -entwicklung erhöht die Geschwindigkeit erstmalige Durchführung des Prozesses der Kompetenzbedarfs- beim Übergang von der Bedarfsanalyse in den Umsetzungs- analyse dar: Hier empfiehlt sich eine chronologische Abarbeitung modus. Gleichzeitig ermöglicht dies den konstruktiven aller fünf Phasen. Umgang mit Bedenken sowie die Berücksichtigung unter- schiedlicher Bedürfnisse. Der kontinuierliche Dialog und die Vor allem mit Blick auf die Veränderungsgeschwindigkeit und Zusammenarbeit in Co-Creation sichern die organisationale -dynamik in der digitalen Transformation bedarf es der kontinuier- Passfähigkeit und Anwendbarkeit des Kompetenzmodells. lichen kritischen Beurteilung des Kompetenzmodells und dessen § Ganzheitliche Denkweise wählen: Indem Silos aufgebrochen Passgenauigkeit. Eine Neubewertung und eventuelle Anpassung und bereichsübergreifende Kollaborationen gelebt werden, des Kompetenzmodells sowie darauf basierender personalwirt- lassen sich zusätzliche Synergieeffekte erzielen. Die Ver- schaftlicher Maßnahmen erscheint nach einem Zeitraum von 12 netzung mit bereits bestehenden Aktivitäten zur Kompetenz- bis 24 Monaten sinnvoll („Überprüfungszeitraum/-zyklus“). bedarfsanalyse und -entwicklung im Unternehmen wie auch die Anbindung einzelner Prozessschritte an das operative Anforderungen an die Implementierung des An- Geschäft sind dabei von zentraler Bedeutung. Der Ansatz satzes sollte von Beginn an ganzheitlich im Unternehmen gedacht und verankert sein und stets auf den Unternehmenserfolg ein- Welche unternehmensseitigen Voraussetzungen bestehen für zahlen. Eine Verzahnung mit der Führungskultur, der Personal- die erfolgreiche Anwendung des Ansatzes? Welche Grundprä- strategie, der Unternehmenspolitik und der Organisations- missen sind erforderlich? entwicklung wie auch mit den Werten und Grundsätzen der Unternehmensführung („Corporate Governance“) ist § Zukunftsorientierte Lernkultur gewährleisten: Eine wesentlich für den Erfolg und die Akzeptanz des Ansatzes. Unternehmens- und Führungskultur, die selbstbestimmtes, Entwicklungen im Marktumfeld sind stets mitzudenken und arbeitsintegriertes und kontinuierliches Lernen fördert, auch unternehmensübergreifend Stakeholder des Ökosystems schafft Freiräume und Flexibilität für das Lernen – eine wie beispielsweise Kundinnen und Kunden sowie Zulieferer wesentliche Voraussetzung für zukunftsorientiertes bei Bedarf einzubinden. Kompetenzmanagement. Damit gehen auch erweiterte An- § Dynamisches und iteratives Vorgehen ermöglichen: Für forderungen an Selbstständigkeit und Eigenverantwortung das Gelingen einer passgenauen und bedarfsgerechten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einher. Offenheit und Kompetenzbedarfsanalyse bedarf es eines iterativen Prozesses. eine positive Grundeinstellung der Organisation gegenüber Durch die mehrfache Wiederholung gleicher oder ähnlicher digitalen Lernformaten sind dabei von zentraler Bedeutung. Handlungen (Schritt 1 bis 5) kann die Annäherung an ein Es gilt die Prämisse: weg von einer präsenzorientierten Aus- praxiserprobtes, qualitativ wirksames Kompetenzmodell richtung hin zu Ergebnisorientierung und Vertrauen. Die gelingen. Die betriebliche Kompetenzbedarfsanalyse sollte Fähigkeit zur Selbstreflexion und der konstruktive Umgang daher als fortlaufender Prozess verstanden werden; einen mit Fehlern sind Teil dieser Lernkultur. fixen Endpunkt gibt es dabei nicht. Das Commitment aller § Breite Akzeptanz und Unterstützung sicherstellen: Eine Beteiligten für ein dynamisches, adaptives Vorgehen bei der aktive Beteiligung und Unterstützung durch das (Top-) Entwicklung und Anwendung des Modells spielt in diesem Management bis hin zur Vorstandsebene verleiht dem Zuge eine Schlüsselrolle für Unternehmen. Prozess des Kompetenzmanagements zusätzliche Relevanz § Technische Umsetzung und Implementierung fokussieren: und breite Akzeptanz im Unternehmen. Grundvoraussetzung Der Einsatz von digitalen Tools ermöglicht die für agiles ist dabei eine Governance, die der Personalplanung und und flexibles Kompetenzmanagement erforderliche Re- -entwicklung Priorität einräumt und den Verantwortlichen aktionsgeschwindigkeit. Transparenz über individuell 15
Nachhaltiges Kompetenzmanagement fördern – Kompetenzbedarfe erkennen und passgenaue Maßnahmen ableiten 3 Validi e rung g 2 un nd we An Ko n z e p t i o n 4 Zusammenarbeit relevanter Stakeholder i f en 1 hle sc g s s sun A npa Re vie w 5 se aly An F üh rung skul tur Person a lstrategie twicklung Unternehmenspolitik Organisationsen Stra t egi e Marktu mfe ld Monate Abbildung 1: Ansatz zur Kompetenzbedarfsanalyse (Quelle: eigene Darstellung) 16
Ansatz zur Kompetenzbedarfsanalyse Welche Kompetenzanforderungen bestehen gegenwärtig und zukünftig? Welche Kompetenzen verbergen sich hinter dem erarbeiteten Anforderungsrahmen? Bildet das Modell die wichtigsten Kompetenzen ab und trägt für die Praxis? Welche HR-Maßnahmen lassen sich aus dem Modell ableiten? Zahlt das Modell auf den Unternehmenserfolg ein? 1122–—24 Monate rna nce at e Gove rpo r Co ensw erte Un tern ehm ss ze r Pro ive rat d ite n d ru en ble eif , fl exi e rgr sit iv r b i s che i c hsü x t s en am ere te dyn chb kon atz n ä r, fa n s l i am er A szip irk s siert tidi ar w t e g ieba mul s s b ra v , me nd st flexi gen r ter u d, re h e r, i n tegrie l e rnen r e n bezo holi stisc tiv ikato pa rtizipa ind 17
und unternehmensseitig vorhandene sowie benötigte von Personalmanagement und weiteren Fachbereichen bei der Kompetenzen kann dabei helfen, personalwirtschaftliche gemeinsamen Entwicklung und Anwendung des Ansatzes von Maßnahmen einfacher abzuleiten und den in manchen Beginn an ist ein kritischer Erfolgsfaktor. Im Sinne eines „geteilten Bereichen erforderlichen Grad an Standardisierung für die Ownerships“ bedarf es der crossfunktionalen Zusammenarbeit Beurteilungs- und Entwicklungsgespräche zu ermöglichen. zwischen den Bereichen. Es gilt, anstelle von Einzellösungen einen umfassenden und integrierten Ansatz zu verfolgen. Prozesstreiber Verantwortlichkeiten für die Implementierung des kann beispielsweise die strategische Personalentwicklung oder Ansatzes -planung sein. Falls vorhanden, fungiert ein für diesen Prozess ver- antwortliches Projektteam als Schnittstelle zur Vorstandsebene. Für Wer initiiert und begleitet den Prozess der Kompetenzbedarfsana- die operative Umsetzung sind zumeist die Fachbereiche zuständig. lyse kontinuierlich? Wer sorgt für eine erfolgreiche Praktizierung und Umsetzung des Kompetenzmodells? Anwendung des Ansatzes Insgesamt sollte der Ansatz als Multi-Stakeholder-Prozess ver- Jeder der fünf Prozessschritte ist mit einer Hilfestellung für die standen und im gesamten Unternehmen verankert werden. Praxis („Canvas“) unterlegt. Zum besseren Verständnis und zur ein- Dabei ist eine systematische Unterstützung des Ansatzes zur facheren Nachvollziehbarkeit dient exemplarisch nachfolgendes Kompetenzbedarfsanalyse über alle Managementebenen hinweg Beispiel-Canvas, das anhand von Schritt 1 (Analyse der Rahmen- – beginnend beim Vorstand – anzustreben. Das Zusammenspiel bedingungen) die Struktur und Lesart erklärt: 18
Phase der Kompetenzbedarfsanalyse Geltungsdauer für die Er- kenntnisse dieser Phase 1 Analyse der Rahmenbedingungen Ziel Identifikation zentraler Trends & Analyse Erkenntnisinteresse/Zweck dieser Phase der Auswirkungen auf Kompetenzbedarfe und -verfügbarkeit Überprüfungszeitraum / Überprüfungszyklus In der Regel 12—24 Monate gültig Produkt Grundsätzlicher Anforderungsrahmen Ergebnis nach erfolgreicher mit erfolgsrelevanten Verhaltens- und Leistungsaspekten zur Entwicklung eines unternehmensspezifischen Kompetenzmodells Durchführung der Phase Input Voraussetzungen/Grundlagen für • • Strategische Personalplanung Durchführung grober quantitativer und qualitativer Personalplanung die Durchführung der Phase • • Unternehmensstrategie (ggf. Rückkopplungen/Anpassungen der Strategie im Zuge des Prozesses) Unternehmensorganisation Schlüsselaktivitäten Zentrale Handlungsfelder der Phase • • Analyse der Kompetenzanforderungen in der Praxis und vorhandener Literatur Analyse von Zukunftsprognosen • Ausrichtung an strategischen/politischen Organisationszielen, Unternehmensvision/-kultur und Unternehmenswerten • Durchführung eines ersten Plausibilitäts-Checks Schlüsselfrage Zentrale Leitfrage, die für die Bearbeitung Welche Kompetenzanforderungen bestehen gegenwärtig und in Zukunft mit Blick auf Ihr Unternehmen/Geschäftsfeld? der Phase handlungsleitend ist Unterfragen Strategische Fragestellungen Prozessuale/operative Fragestellungen • Was möchte Ihr Unternehmen erreichen? • Welche Entscheidungsträger für die Entwicklung • Welche Kompetenzen sind aktuell und zukünftig für Ihr Unter- und den Einsatz eines Kompetenzmodells sind zu nehmen wettbewerbskritisch? involvieren? • Welche strategisch bedeutsamen Kompetenzen werden aktuell • Sind die Rahmenbedingungen/Verantwortlichkeiten für die (u.a. in Forschung und Wirtschaft) diskutiert? Welche Relevanz Kompetenzbedarfsanalyse und -entwicklung geklärt? (d.h. haben diese aktuell und zukünftig für Ihr Unternehmen? Entwicklung, Anwendung, • Was macht Ihre Mitbewerber erfolgreich und wie tragen die • Aktualisierung des Kompetenzmodells) Mitarbeitenden dazu bei? • Werden die Aktivitäten der zukünftigen Kompetenzbedarfs- • Welche Rollen/Jobprofile werden in Zukunft noch wichtiger? analyse mit Maßnahmen in den anderen operativen Bereichen Wie viele Mitarbeitende werden hierfür benötigt? verzahnt? Wenn ja, wie? • Welche Plattformen/Systeme/Tools können Informationen bezüglich der Verfügbarkeit von Kompetenzen im Unter- nehmen liefern? Unterstützende Fragen, die bei der Bearbeitung der Phase berücksichtigt werden sollten Abbildung 2: Anwendung des Ansatzes (Quelle: eigene Darstellung) 20
Ansatz zur Kompetenzbedarfsanalyse Erster Plausibilitäts-Check: Werden die erforderlichen Kompetenzen als derart essenziell für Ihren Unternehmenserfolg eingeschätzt, dass diese im Unternehmen selbst vorhanden sein müssen und temporäre Lösungen (bspw. Zeitarbeit) als nicht zielführend erscheinen? Welche der benötigten Kompetenzen sind auf dem Arbeitsmarkt bzw. in Ihrem Unternehmen verfügbar? Ist die erforderliche Anzahl an Arbeitskräften auf dem Arbeitsmarkt bzw. in Ihrem Unternehmen verfügbar? Können die erforderlichen Kompetenzen mittels Qualifizierung und/oder Personalbeschaffung erlangt werden? Sind die finanziellen Mittel hierfür verfügbar? Gibt es Trends auf dem Arbeitsmarkt, die zu berücksichtigen sind? Tools/ Vorgehen Werkzeuge, mit denen die Bearbeitung der Extern Intern ▶ Analyse bestehender Kompetenzmodelle/ ▶ Interne/externe Expertennetzwerke/-interviews Schlüsselfrage unterstützt werden kann ▶ Literaturreview Konferenzen ▶ Benchmarks/Best Practices ▶ Screening Curricula ▶ Externe Expertennetzwerke/-interviews ▶ Analyse von Stellenausschreibungen/ ▶ Screening politischer Entwicklungen Arbeitsanweisungen ▶ Außenmonitoring neuer Technologiefelder ▶ Analyse von Prozessbeschreibungen ▶ Benchmarks/Best Practices ▶ Analyse der Learning Analytics von intern ▶ Screening Curricula bestehenden Lernplattformen ▶ Analyse von Stellenausschreibungen/ ▶ Szenarienentwicklung/Simulationsmethoden Arbeitsanweisungen zur Überprüfung ▶ Analyse von Prozessbeschreibungen Mögliche Stakeholder/Entscheidungsträger Akteure, die in die Phase der • Geschäftsführung/Vorstand • Operatives und strategisches Kompetenzbedarfsanalyse ein- • Personalmanagement Organisationsentwicklung gebunden werden sollten • • Fachbereiche Ausbildungspersonal • Führungskräfte • Betriebs- und Sozialpartner • Gleichstellungsbeauftragte • Innovationsmanagement 21
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