Dynamisches Kompetenz-management - Kompetenzbedarfe früh erkennen, passgenaue Angebote ableiten - Acatech

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                                                                   acatech DISKUSSION

                                        Dynamisches Kompetenz-
                                        management –
                                        Kompetenzbedarfe früh
                                        erkennen, passgenaue
                                        ­Angebote ableiten
                                        Ein Praxis-Leitfaden des Human-Resources-
                                        Kreises von acatech

                                        J. C. Jacobs, H. Kagermann,
                                        H. Roehl, D. Spath (Hrsg.)
acatech DISKUSSION

Dynamisches Kompetenz-
management –
Kompetenzbedarfe früh
erkennen, passgenaue
­Angebote ableiten
Ein Praxis-Leitfaden des Human-Resources-Kreises
von acatech

J. C. Jacobs, H. Kagermann,
H. Roehl, D. Spath (Hrsg.)
Die Reihe acatech DISKUSSION
Diese Reihe sammelt Autorenbeiträge über technikwissenschaftliche und
technologiepolitische Themen. Sie dokumentiert die fachübergreifende
­Diskussion auf Veranstaltungen, in Projekten und Arbeitskreisen von acatech.
 Die inhaltliche Verantwortung liegt bei den jeweiligen Autorinnen und
 Autoren.

Alle bisher erschienenen acatech Publikationen stehen unter
www.acatech.de/publikationen zur Verfügung.
Inhalt

Vorwort                                       5

Zusammenfassung                               6

Projekt                                       7

1 Ausgangslage                               9

2 Perspektive der Wissenschaft               10

3 Ansatz zur Kompetenzbedarfsanalyse         14
   3.1    Analyse der Rahmenbedingungen      22
   3.2    Konzeption des Kompetenzmodells    27
   3.3    Validierung des Kompetenzmodells   30
   3.4    Anwendung des Kompetenzmodells     34
   3.5    Review des Kompetenzmodells        39
   3.6    Einblicke aus der Praxis           42

4 Drängendste Handlungsfelder
  und politische Handlungsoptionen           53

5 Ausblick                                   56

Glossar                                      57
Vorwort

Vorwort                                                            auf Aktualität und Passgenauigkeit. Aktuelle und zukünftige
                                                                   Kompetenzbedarfe können so antizipiert und entsprechend in
                                                                   den Angeboten der Ausbildung, Weiter- und Umqualifizierung
Der Human-Resources-Kreis (HR-Kreis) von acatech hat im Februar    wie auch der Personalbeschaffung adressiert werden.
2020 die acatech DISKUSSION „Lebenslanges Lernen fördern
– gute Beispiele aus der Praxis. Ein Good-Practice-Bericht des     Die vorliegende acatech DISKUSSION vertieft diese Heraus-
Human-Resources-Kreises von acatech. Lessons Learned, wissen-      forderung einer zukunftsorientierten Kompetenzbedarfsanalyse.
schaftliche Analysen und Handlungsoptionen“ vorgelegt. Dort        Die Publikation basiert vor allem auf den Ergebnissen einer
zeigen wir anhand von Beispielen aus der betrieblichen Praxis,     Arbeitsgruppe des HR-Kreises zu diesem Thema. In der Zeit
wie Unternehmen gemeinsam mit Beschäftigten sowie den Sozial-      von Februar 2019 bis September 2020 haben wir konkrete An-
und Betriebspartnern innovative Ansätze für Lebenslanges Lernen    forderungen der betrieblichen Praxis diskutiert und einen Ansatz
entwickeln.                                                        zur Kompetenzbedarfsanalyse erarbeitet. In mehreren Workshops
                                                                   und Reviewschleifen mit Personalverantwortlichen aus den Mit-
Um Weiterbildung zielgerichtet gestalten und an der Unter-         gliedsunternehmen des HR-Kreises und nach einer erfolgreichen
nehmensstrategie ausrichten zu können, müssen Unternehmen          Praxiserprobung in den Unternehmen haben wir diesen Leitfaden
ihre Kompetenzbedarfe analysieren und definieren. In vielen Be-    für die betriebliche Praxis entwickelt. Wir verstehen ihn als ein
trieben liegen stark geänderte Anforderungen an das Kompetenz-     Angebot an die verschiedenen Stakeholder der digitalen Trans-
management vor: Welche Zielgruppen wollen wir ansprechen?          formation, um zukunftsorientiertes Personalmanagement zu er-
Wozu wollen wir die Beschäftigten eigentlich genau befähigen?      möglichen, Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten sowie Innovation
Welche konkreten Inhalte wollen wir vermitteln? Diese Fragen       und gute Arbeit in Deutschland zu fördern.
können nur sinnvoll beantwortet werden, wenn Unternehmen
die eigene Personalplanung und -entwicklung mit personal- und      Der dargestellte Ansatz sowie die Einblicke in die betriebliche
unternehmensstrategischen Zielsetzungen sowie zu erwartenden       Praxis und die Perspektiven aus der Wissenschaft richten sich
technologischen Entwicklungen und Umfeldveränderungen in           dabei vor allem an Expertinnen und Experten aus Verwaltung,
Einklang bringen. Beschäftigte haben dabei auch eine große         Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Hingegen wollen wir
Selbstverantwortung für ihre eigene Lernbiografie – jedoch be-     mit den politischen Handlungsoptionen zum offenen politischen
nötigen sie eine Orientierung für die Ausrichtung ihres persön-    und gesellschaftlichen Diskurs zur Zukunft der Arbeit beitragen –
lichen Wissens- und Kompetenzerwerbs.                              unabhängig von partei-, verbands- und gewerkschaftspolitischen
                                                                   Ansätzen.
Eine unternehmens- oder gar branchenübergreifende, starre und
allgemeingültige Kategorisierung und Bestimmung benötigter         Joh. Christian Jacobs
Kompetenzen kann es im Kontext der digitalen Transformation und    Managing Partner
sich rasch verändernder Geschäftsmodelle allerdings nicht geben.   Joh. Jacobs & Co. (AG & Co.) KG
Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihr Kompetenz-
management nachhaltig zu gestalten und für die betrieblichen       Henning Kagermann
Kompetenzbedarfe passgenaue, zukunftsorientierte Maßnahmen         Vorsitzender des Kuratoriums
abzuleiten. Die teils disruptive Veränderung der Arbeitswelt und   acatech
der damit einhergehende Wandel der Anforderungen an die Be-
schäftigten erfordern eine flexible Gestaltung des Personal- und   Dieter Spath
Kompetenzmanagements sowie die fortlaufende Überprüfung            Präsident acatech (bis 16. März 2021)

                                                                                                                                   5
Zusammenfassung                                                     Anforderungen und Herangehensweisen aus der betrieblichen
                                                                    Praxis ab und erarbeiteten einen Ansatz zur Kompetenzbedarfs-
                                                                    analyse. Um die Akzeptanz wie auch die wirtschaftliche und
Die digitale Transformation verändert Arbeits- und Organisations-   technische Machbarkeit des Ansatzes zu prüfen, wurde dieser in
prozesse in Unternehmen grundlegend. Dies erfordert eine            verschiedenen Konzerneinheiten der Unternehmen des HR-Kreises
stetige Aktualisierung und den kontinuierlichen Aufbau von          über einen Zeitraum von drei Monaten getestet („Pilotierung“).
Kompetenzen („Skills“). Lebenslanges Lernen ist ein wesentlicher    Die gesammelten Erfahrungen („Lessons Learned“) wurden in
Ansatz, um die neuen Bedarfe frühzeitig zu adressieren und die      die Konzeption rückgekoppelt. Insgesamt basiert dieser Ansatz
Chancen der digitalen Transformation wirksam in eine gesteigerte    zur Kompetenzbedarfsanalyse auf einer ganzheitlichen Sicht-
Produktivität sowie Innovationsfähigkeit und -geschwindigkeit       weise; unternehmens- und branchenspezifische Facetten wurden
von Unternehmen zu überführen. Unternehmen und Beschäftigte         integriert, wobei die allgemeine, branchenübergreifende Anwend-
haben dabei eine gemeinsame Verantwortung zur Sicherung der         barkeit gewährleistet bleibt.
Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern. Staat und Gesellschaft flankieren die zukunfts-      Der erarbeitete Prozess der Kompetenzbedarfsanalyse gliedert sich
orientierte Weiterbildung.                                          in fünf Schritte. Zum besseren Verständnis und zur einfacheren
                                                                    Handhabung des Ansatzes ist jeder der fünf Prozessschritte mit
Transparenz über unternehmensseitig sowie individuell vor-          optionalen Hilfestellungen für die Praxis („Canvas“) unterlegt.
handene und benötigte Skills ist unerlässlich, um die Personal-     Diese adressieren neben Schlüsselaktivitäten und zentralen
planung und -entwicklung im Unternehmen gezielt vorbereiten         Fragestellungen unter anderem auch Tools und Entscheidungs-
und fördern zu können. Bislang fehlt jedoch ein dynamischer         verantwortliche, die für die jeweilige Phase entscheidend sein
und holistischer Ansatz, der die Veränderungen der Arbeitswelt      können. Die Hilfestellungen bieten eine Orientierung und können
und die damit einhergehenden Anforderungen zur systematischen       abhängig von den spezifischen Unternehmensanforderungen
Erfassung der Kompetenz- und Qualifikationsbedarfe adäquat          punktuell oder vollständig angewendet werden. Unternehmens-
abbildet. Bestehende Ansätze verfolgen noch zu stark die Logik      beispiele geben zusätzliche Einblicke in die Umsetzung in der
der Linearität und Pfadabhängigkeit.                                Praxis.

Vor diesem Hintergrund hat der Human-Resources-Kreis („HR-          Mithilfe dieses Multi-Channel-360°-Ansatzes ist es möglich,
Kreis“) von acatech einen konzeptionellen Rahmen entwickelt,        einen grundsätzlichen, konzeptionellen Rahmen für die Personal-
mit dessen Hilfe es Organisationen branchenunabhängig               planung und -entwicklung im Unternehmen zu bestimmen. Auf
gelingen kann, sich systematisch dem Thema der Ermittlung           dessen Basis kann die Entwicklung eines auf die betrieblichen
aktueller und zukünftiger Kompetenzbedarfe und deren                Bedarfe abgestimmten Kompetenzmodells erfolgen. Dieses unter-
Implementierung zu nähern sowie diese entsprechend prozessual       stützt sowohl die Soll-Erfassung als auch den Soll-Ist-Abgleich der
umzusetzen. Anspruch an das Vorgehen war es, kontinuierliche        Kompetenzen auf Unternehmens- und individueller Ebene und
Iterationen und fortlaufende Anpassungen im Prozess ermög-          begründet die Ableitung personalwirtschaftlicher Maßnahmen.
lichen und vornehmen zu können. Um einen praxisnahen,               Fortlaufende Reviewschleifen von Kompetenzmodell und An-
pragmatischen und dennoch wissenschaftlich fundierten               wendungsprozess bezüglich Praktikabilität, Wirksamkeit und
Ansatz konzipieren zu können, wählten die Expertinnen und           Agilität verbessern Passfähigkeit sowie Aktualität.
Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft ein mehrstufiges
Verfahren: Im ersten Schritt erfolgte die Analyse verschiedenster   Ziel dieses Leitfadens für die betriebliche Praxis ist nicht die Dar-
Beiträge aus der Kompetenzforschung („Desk Research“). Be-          stellung von Struktur und Inhalt eines Kompetenzmodells. Auch
stehende Modelle und Ansätze wurden erfasst und kritisch hinter-    die Durchführung und Bewertung der personalwirtschaftlichen
fragt. In mehreren Workshops und Reviewphasen glichen die           Maßnahmen (zum Beispiel Recruiting, Qualifizierung) sind nicht
Mitglieder der Arbeitsgruppe den aktuellen Forschungsstand mit      Teil dieses Ansatzes.

6
Projekt

Projekt                                                           — Dr. Thomas Ogilvie, Deutsche Post DHL Group, Mitglied des
                                                                    Vorstands, Bereich Personal
                                                                  — Prof. Dr. Manfred Prenzel, Zentrum für LehrerInnenbildung
Projektleitung                                                      der Universität Wien, Leiter/acatech
                                                                  — Prof. Dr. Steffi Robak, Leibniz Universität Hannover, Institut
                                                                    für Berufspädagogik und Erwachsenenbildung, Vorstand
— Dr. Joh. Christian Jacobs, Joh. Jacobs & Co. (AG & Co.) KG,     — Petra Scharner-Wolff, Otto (GmbH & Co. KG), Konzern-­
  Managing Partner/acatech Senator                                  Vorständin Finanzen, Controlling, Personal
— Prof. Dr. Dr.-Ing. E. h. Henning Kagermann, acatech, Vor-       — Corinna Schittenhelm, Schaeffler AG, Vorstand Personal,
  sitzender des Kuratoriums                                         Arbeitsdirektorin, Chief Human Resources Officer
— Prof. Dr. Ing. Dr.-Ing. E. h. Dr. h. c. Dieter Spath, acatech   — Martin Seiler, Deutsche Bahn AG, Vorstand Personal und
  Präsident (bis 16. März 2021)                                     Recht
                                                                  — Prof. Dr.-Ing. Dieter Spath, acatech Präsident (bis 16. März
                                                                    2021)
Mitglieder des HR-Kreises                                         — Prof. Dr. Isabell M. Welpe, Technische Universität München,
                                                                    Lehrstuhl für Strategie und Organisation/acatech
— Filiz Albrecht, Robert Bosch GmbH, Geschäftsführerin und        — Prof. Dr.-Ing. Katja Windt, SMS group GmbH, Mitglied der
  Arbeitsdirektorin                                                 Geschäftsführung/acatech
— Sabine Bendiek, SAP SE, Chief People Officer und
  Arbeitsdirektorin
— Birgit Bohle, Deutsche Telekom AG, Mitglied des Vorstands,      Arbeitsgruppe zum Thema „Ansatz zur
  Bereich Personal, Arbeitsdirektorin
                                                                  Kompetenzbedarfsanalyse“ aus den
— Dr. Elke Eller, TUI AG, Mitglied des Vorstands, Bereich
  Personal, Arbeitsdirektorin                                     Unternehmen des HR-Kreises zur Er-
— Dr. Elke Frank, Software AG, Mitglied des Vorstands, Bereich    arbeitung dieses Praxis-Leitfadens
  Global Human Resources, Talent Management, Global
  Legal, Global Information Services und Transformation           Leitung der Arbeitsgruppe
— Jochen Hanebeck, Infineon Technologies AG, Mitglied des
  Vorstands und Chief Operations Officer                          — Dr. Immanuel Hermreck, Bertelsmann SE & Co. KGaA
— Michael Heinz, BASF SE, Mitglied des Vorstands, Stand-          — Ilka Horstmeier, BMW AG
  ortleiter für das Werk Ludwigshafen, verantwortlich für         — Prof. Dr. Isabell M. Welpe, Technische Universität München
  die Bereiche Global Engineering Services, Corporate
  Environmental Protection, Health & Safety, European Site        Expertinnen und Experten
  & Verbund Management, Region South America, Arbeits-
  direktor (bis März 2021)                                        —   Laura Aleyt, Otto Group Holding
— Dr. Immanuel Hermreck, Bertelsmann SE & Co. KGaA,               —   Martina Bauer, TUI AG (bis August 2020)
  Mitglied des Vorstands, Bereich Personal                        —   Stefan Brindt, SMS group GmbH (bis Februar 2020)
— Dr. Doris Höpke, Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft       —   Dr. Martin Göbbels, Robert Bosch GmbH
  AG, Mitglied des Vorstands, Bereiche Special und Financial      —   Michael Harms, Beiersdorf AG
  Risks, Personal, Arbeitsdirektorin                              —   Klaus Köhler, BMW AG
— Ilka Horstmeier, BMW AG, Mitglied des Vorstands, Personal-      —   Inge Könneker, Otto Group Holding
  und Sozialwesen, Arbeitsdirektorin                              —   Steven Moran, Bertelsmann SE & Co. KGaA
— Dr. Joh. Christian Jacobs, Joh. Jacobs & Co (AG & Co.) KG,      —   Hanna Peter-Regar, Schaeffler AG
  Managing Partner                                                —   Lara Rosenkötter, BMW AG
— Prof. Dr. Henning Kagermann, acatech, Vorsitzender des          —   Christopher Werner, Otto Group Holding
  Kuratoriums                                                     —   Dörte Wickenhagen, Bertelsmann SE & Co. KGaA
— Zhengrong Liu, Beiersdorf AG, Mitglied des Vorstands,           —   Sabine Wilhelm, BMW AG
  Bereich Human Resources, Arbeitsdirektor                        —   Jessica Richter, Infineon Technologies AG

                                                                                                                                  7
Weitere Beteiligte                                    Unterstützung
— Jaqueline Engels, Detecon International GmbH        acatech dankt Dr. Joh. Christian Jacobs und den Unternehmen
— Ralf Rademann, Bayer AG                             der HR-Kreis-Mitglieder für ihre Unterstützung.
— Thomas Weiss, innogy SE

Autorinnen und Autoren
— Luise Ortloff, acatech Geschäftsstelle
— Prof. Dr. Heiko Roehl, Albert-Ludwigs-Universität
  ­Freiburg i. Br./Kessel & Kessel GmbH
— Lara Rosenkötter, BMW AG
— Dörte Wickenhagen, Bertelsmann SE & Co. KGaA
— Katharina Winkler, acatech Geschäftsstelle

8
Ausgangslage

1 Ausgangslage                                                       aber auch völlig neue Kompetenzbedarfe. Generell wird dieser
                                                                     Trend zu einem erheblichen Skill Shift führen: Tätigkeitsprofile
                                                                     verändern sich, und neue – teils deutlich anspruchsvollere –
Die digitale Transformation ist der Strukturwandel unserer           Beschäftigungsmöglichkeiten entstehen. Dabei wird es kaum
Zeit: Die Umsetzung der Visionen der Industrie 4.0 und der           Tätigkeiten oder Berufe geben, die nicht von der Digitalisierung
Smart-Service-Welt sowie der Einzug Künstlicher Intelligenz und      betroffen sind.
Lernender Systeme in den Alltag verdeutlichen diese Entwicklung.
Diese Transformation geht mit einem grundlegenden Wandel             Anforderungsprofile und Berufsbilder unterlagen zwar auch früher
unserer Arbeitswelt einher; Arbeits-, Führungs- und Organisations-   schon teils größeren Veränderungen – neu ist jetzt allerdings die
prozesse in Unternehmen werden radikal umgestaltet.                  Geschwindigkeit, Dynamik und Komplexität, mit der sich der
                                                                     Wandel vollzieht. Die Digitalisierung beschleunigt technische,
Die Globalisierung, die digitale Vernetzung der Wirtschaft und       wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen in einer
die Entwicklung in Richtung einer Plattformökonomie haben            Weise, die auch das Lernen grundlegend verändert: Wissen und
viele klassische Wertschöpfungsketten schon jetzt massiv             Kompetenzen können in Zukunft immer weniger auf Vorrat aus-
verändert. Die Grenzen zwischen Produktion und Dienstleistung        gebildet werden. Bisherige Instrumente der Personalplanung
verschwimmen zusehends. Unternehmen müssen immer schneller           und -entwicklung reichen nicht mehr aus, um die Bedarfe von
auf immer radikalere technische Umbrüche reagieren – nicht zu-       morgen bereits heute antizipieren zu können. Entsprechend liegt
letzt ausgelöst durch die Fortschritte im Bereich der Künstlichen    der Fokus auf der Frage, wie auch das betriebliche Personal- und
Intelligenz. Etablierte Geschäftsmodelle und bislang erfolg-         Kompetenzmanagement die Dynamik und Komplexität der Ver-
reiche Unternehmen sehen sich von Startups und branchen-             änderungen adressieren kann.
fremden Unternehmen herausgefordert – allen voran den großen
amerikanischen und chinesischen IT-Unternehmen. Neue, daten-         Sowohl Beschäftigte als auch Unternehmen benötigen einen
getriebene Geschäftsmodelle brechen zum Teil binnen kürzester        Rahmen, der Orientierung zu Zukunftsprofilen bietet. Das Wissen
Zeit etablierte Wertschöpfungsstrukturen auf.                        um aktuelle und zukünftige Kompetenzbedarfe ist entscheidend
                                                                     für eine bedarfsgerechte, zukunftsorientierte Personalbeschaffung
Auch aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive ist Deutschland          und -entwicklung. Dies sichert die Arbeits- und Beschäftigungs-
auf einen gewaltigen Produktivitätssprung angewiesen, um als         fähigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nachhaltig
Wirtschaftsstandort international wettbewerbsfähig zu bleiben,       und ermöglicht Produktivität sowie Innovationsfähigkeit und -ge-
die Folgen der Corona-Krise zu bewältigen und angesichts demo-       schwindigkeit von Unternehmen.
grafischer Herausforderungen die Tragfähigkeit der Sozialver-
sicherungssysteme nachhaltig zu sichern. Die Digitalisierung wird    Trotz einer Vielzahl von Studien und Veröffentlichungen über
dafür ein wesentlicher Ansatz sein.                                  aktuelle sowie zukünftige Kompetenzbedarfe (zum Beispiel
                                                                     OECD, World Economic Forum, McKinsey Global Institute, Ashoka
Damit Beschäftigte und Unternehmen gleichermaßen von                 Foundation) fehlt zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings ein
diesem Wandel profitieren, müssen sie die Transformation ge-         solcher dynamischer und holistischer Ansatz zur systematischen
meinsam gestalten. Dabei spielen die Kompetenzen der Mit-            Erhebung der Kompetenz- und Qualifikationsbedarfe deutscher
arbeiterinnen und Mitarbeiter eine entscheidende Rolle. Hier         Unternehmen. Bisherige Ansätze gehen noch stark von der Logik
erfordern die Entwicklungen zum einen Anpassungsleistungen           der Linearität und Pfadabhängigkeit einzelner Prozessschritte aus.
und das stetige Dazulernen der Beschäftigten und des Arbeit-         Vor allem für kleine und mittlere Unternehmen wäre eine solche
gebers, zum anderen ergeben sich im Zuge der Digitalisierung         Orientierungshilfe von besonderer Bedeutung.

                                                                                                                                      9
2 Perspektive der                                                          Gehen wir zwei weitere Jahrzehnte zurück, dann war es Henry
                                                                           Mintzberg3, der in diesem Zusammenhang bereits Anfang der
  Wissenschaft                                                             90er Jahren die große Krise der strategischen Planung beschwor.
                                                                           Zu linear, zu wenig überraschungsbereit sei die Ausrichtig der
                                                                           Strategieabteilungen und ihrer Instrumente. Er machte deutlich,
Welche Fragestellungen und Aspekte diskutieren Vertreterinnen              wie strategische Planung immer wieder von der Wirklichkeit über-
und Vertreter aus der Wissenschaft mit Blick auf Kompetenz-                holt und von Unternehmenskulturen verfrühstückt wird.
management und Kompetenzbedarfsanalyse aktuell? Welche
Kompetenzen gewinnen zukünftig noch mehr an Bedeutung?                     Abschied vom linearen Denken
Warum bedarf es neuer Denkmuster bei der Entwicklung und
Anwendung neuer Kompetenzmodelle und wie können diese in                   Hinter der steigenden Planungsskepsis der Organisationstheorie
der Wirtschaft angewandt werden? Das folgende Kapitel gibt                 in den vergangenen Jahrzehnten steht die Frage, was in Zeiten
ausgewählte Antworten auf diese Fragen.                                    disruptiven Wandels überhaupt noch über Zukunft in Erfahrung
                                                                           gebracht werden kann. Organisationen brauchen nämlich
                                                                           Orientierung, sie sind auf sinnfällige Zielbilder angewiesen, die
Was morgen wichtig wird – Plädoyer für                                     dem Handeln ihrer Mitglieder eine Richtung geben. Hier liefert
eine neue Kompetenzbedarfsanalytik                                         die Forschung zur Corporate Foresight Antworten4. Um für Über-
                                                                           raschungen im Umfeld (Märkte, Technologien, Gesellschaftliche
                                                                           Werte etc.) offen zu bleiben, braucht es ein „Denken in Alter-
Heiko Roehl (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br./Geschäfts-         nativen“, das mögliche Entwicklungsrichtungen der Zukunft ins
führer Kessel & Kessel GmbH)                                               Kalkül zieht und regelmäßig Signale aus dem Organisations-
                                                                           umfeld einbezieht, die für die Planung relevant sind – oder werden
Welt im Wandel                                                             könnten. Es wird immer wichtiger, regelmäßig innezuhalten, aus
                                                                           dem Tagesgeschäft auszusteigen und einen Abgleich mit dem
Pandemie, Digitalisierung, Migration, Finanz– und Wirtschafts-             für das jeweilige Planungsthema relevanten Realitätsausschnitt
krise: Die Kette von Ereignissen, die unsere Welt durcheinander-           herzustellen. Mit diesem lernenden Vorgehen verabschiedet sich
bringen, reißt nicht ab. Alles scheint in Bewegung. Mit dem                Planung von den langfristig gesetzten, präzisen Zielmarken und
Lockdown zum Jahresbeginn 2021 ist ein vorläufiger Höhepunkt               wendet sich diskursiv verhandelten Zielkorridoren zu, die immer
gesellschaftlicher Verunsicherung erreicht, an dem selbst der              wieder Anlass zu kollektiven Lernprozessen geben können.
Gang zum Bäcker zu einem Abenteuer wird.                                   Georg Schreyögg beschreibt diesen Abschied vom linearen
                                                                           Planungsparadigma bereits 1998 als Hinwendung zu kollektiven,
Damit wird ein wichtiges Diktum der Organisationstheorie zur               organisationalen Lernprozessen5.
bitteren Realität. Seit Jahrzehnten ist das VUCA-Zeitalter aus-
gerufen, das durch einen exponentiellen Anstieg von Volatilität,           Die Organisation kollektiver Lernprozesse steht seither im Zentrum
Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz gekennzeichnet                    moderner Planungs- und Steuerungsansätze, es geht darum,
sein sollte1. Bereits 1999 publizierte der Organisationspsycho-            schrittweise, iterativ und in Feedbackschleifen zu denken und zu
loge Karl Weick seine Idee des kontinuierlichen Wandels, dem               handeln6. Zusammenfassend lässt sich zeigen, dass es dabei auf
Mensch und Organisation angemessen zu begegnen haben. Ver-                 drei wesentliche Aspekte ankommt:
änderungsfähigkeit, Improvisation und eine generelle Skepsis
gegenüber den gängigen Ansätzen von Planung und Steuerung                  1. Exploration: Offenheit für disruptive Ereignisse und Signale,
in Organisationen waren hier wesentliche Stichworte2.                         die außerhalb der eigenen Suchfelder liegen

1    |   Vgl. etwa Kozica/Kaiser 2017, S. 245.
2    |   Vgl. Weick/Quinn 1999, S. 362ff.
3    |   Vgl. Mintzberg 1994.
4    |   Vgl. Bergheim 2020, S. 69ff.
5    |   Vgl. Schreyögg 1998, S. 35f.
6    |   Vgl. Senge et al. 1996, S. 133ff; Minx/von Mutius 2013, S. 59f.

10
Perspektive der Wissenschaft

2. Dialog: Diskursive Anwendung möglichst vielfältiger                   Frage, was denn genuin menschliche Kompetenzen seien, die
   Perspektiven auf die relevanten Fragestellungen innerhalb             eben nicht durch Maschinen ersetzbar sind, ist man bei der Dis-
   der Organisation                                                      kussion um die Kompetenzen der Zukunft fündig geworden, etwa
3. Kritikerlaubnis: Herstellung angemessener Governance für              mit dem Hinweis auf Kreativität, Einfühlungsvermögen, Empathie.
   ein stetiges Hinterfragen der eigenen Grundannahmen im
   Prozess.                                                              Aufbruch in eine agile Analytik

Wesentliche Merkmale einer solchen, nichtlinearen „Planungs“-            Mit der Anwendung der oben genannten drei Aspekte moderner
praxis ist das hohe Maß an Komplexität, das in den Prozess ein-          Strategiearbeit entsteht der kreisförmige, lernende Prozess einer
fließt und ihre Fähigkeit, kontinuierlich responsiv („agil“) mit ihren   Kompetenzbedarfsanalytik, dessen Grundlage nicht mehr die
Umfeldern koppeln zu können.                                             Ableitung einfacher strategischer Prämissen für die Kompetenz-
                                                                         frage und deren Umsetzung in einen linearen Planungsprozess ist.
Die Analyse künftigen Kompetenzbedarfs                                   Vielmehr geht es um einen iterativen Prozess des Abgleichens von
                                                                         Umfeldentwicklung, strategischer Ausrichtung der Organisation
Die Frage nach dem zukünftigen Kompetenzbedarf einer                     und der Feststellung zukünftiger Kompetenzbedarfe.
Organisation wirft uns auf das eingangs formulierte Dilemma
zurück: Eine steigende Unsicherheit im gesellschaftlichen und            Das in diesem Prozess entstehende Kompetenzmodell wird
wirtschaftlichen Umfeld der Organisation macht lineare Planungs-         dabei revisionsfähig konzipiert, also immer wieder an die sich
prozesse – und damit einfache Prognosemodelle – obsolet. Bezieht         verändernden Umfelder angepasst. Damit steigen Responsivität,
man hingegen die drei oben formulierten Aspekte auf die Frage            Kontextsensitivität und die Überraschungsfähigkeit des Modells.
der Analytik des Kompetenzbedarfs der Organisation, ergeben              Im Zentrum dieser agilen Kompetenzanalytik steht ein Dialog
sich interessante Perspektiven.                                          heterogener Interessensgruppen. Mit der Verwendung diverser
                                                                         Perspektiven auf die Kompetenzfrage in der Organisation wird
Zunächst ist festzuhalten, dass der Kompetenzbedarf einer                die Entwicklung kurzsichtiger und eindimensionaler Modelle ver-
Organisation sich idealerweise aus ihrer jeweiligen Gesamt-              mieden, die sich aus der Prognostik singulärer Interessensgruppen
strategie ableiten lässt. Das Problem in der Praxis dabei ist nur,       zwangsläufig ergeben.
dass a) viele Organisationen in ihren Strategien die unbegrenzte
Verfügbarkeit von Fach- und Führungspersonal voraussetzen und            Voraussetzung für den Erfolg einer neuen Kompetenzanalytik
b) dass Strategiearbeit inzwischen wenig ressourcenbasiert von-          schließlich ist eine unternehmenspolitisch und -kulturell ver-
stattengeht, also selten von der organisationalen Kompetenz- und         ankerte Erlaubnis zur kritischen Auseinandersetzung mit der
Wissensbasis auf den Markt schließen, sondern ihre Leistungser-          Kompetenzfrage. Nicht zuletzt nämlich ist die Analyse zukünftiger
bringung meist andersherum, also marktgetrieben denken (dass             Kompetenzbedarfe einer Organisation immer auch ein Politikum,
das einmal anders war, zeigen Prahalad und Hamel7). Bei näherer          das einer funktionierenden Governance bedarf.
Hinsicht zeigt sich zudem, dass sich die Frage zukünftiger und zu-
kunftsfähiger Kompetenzen für Organisationen ein ganz eigenes,
ausgesprochen turbulentes Umfeldsegment ist.                             Literatur
Was wir heute bereits sicher sagen können ist, dass die                  Bergheim 2020
Organisationen der Zukunft wahrscheinlich andere Kompetenzen             Bergheim, S.: Zukünfte – Offen für Vielfalt, Frankfurt a.M.: ZGF
brauchen als diejenigen der Gegenwart. Maschinenlernen, Künst-           Verlag 2020.
liche Intelligenz, der Ersatz kognitiver Funktionen durch Computer,
aber auch die neuen Formen von Arbeit und Organisation lassen            Kozica/Kaiser 2017
keinen anderen Schluss zu, als dass die Arbeitswelt in 20 Jahren         Kozica, A./Kaiser, S.: „Organisationsentwicklung im Wandel
sich fundamental von unserer heutigen unterscheiden wird. Und            der Zeit. Eigenheiten als Fundament einer zukunftsfähigen
es gibt Trends, die diese Vorausschau wie rote Fäden durchziehen:        Organisationsentwicklung“. In: Roehl, H./Asselmeyer, H.
Der maschinenbedingte Ersatz transaktionaler Leistungen, die Hin-        (Hrsg.): Organisationen klug gestalten. Das Handbuch für
wendung zu höherwertigen kognitiven Fähigkeiten wie komplexes            Organisationsentwicklung und Change Management, Stuttgart:
Problemlösen gehören sicher dazu. Auch die Diskussionen zur              Schäffer-Poeschel 2017, S. 243-253.

7    | Vgl. Prahalad/Hamel 1990, S. 71ff.

                                                                                                                                            11
Mintzberg 1994                                                                 Schreyögg 1998
Mintzberg, H.: The Rise and Fall of Strategic Planning, New                    Schreyögg, G.: „Strategische Diskurse: Strategieentwicklung im
York: Free Press 1994.                                                         organisatorischen Prozess“. In: OrganisationsEntwicklung, 17: 4,
                                                                               1998, S. 32-43.
Minx/von Mutius 2013
Minx, E./von Mutius, B.: „Kreisförmiger Fortschritt. Ein zirkuläres            Senge et al. 1996
Prozessmodell für die erneuerungsfähige Organisation“. In:                     Senge, P. M./Kleiner, A./Smith, B./Roberts, C./Ross, R.: Das
OrganisationsEntwicklung, 32: 1, 2013, S. 57-64.                               Fieldbook zur Fünften Disziplin. Stuttgart: Schäffer-Poeschel
                                                                               1996.
Prahalad/Hamel 1990
Prahalad, C. K./Hamel, G.: „The Core Competence of the                         Weick/Quinn 1999
Corporation“. In: Harvard Business Review, 68: 3, 1990, S.                     Weick, K. E./Quinn, R E.: „Organizational Change and
71-91.                                                                         Development“. In: Annual Review of Psychology, 50, 1999, S.
                                                                               361-386.

     Arbeitswelt der Zukunft – welche Kompetenzen                              Buchhalterinnen und Buchhalter sowie Research-Ana-
     brauchen Erwerbstätige?                                                   lystinnen und -Analysten benötigen. Demgegenüber werden
                                                                               einfachere kognitive Fähigkeiten (zum Beispiel Kontrollieren
     Ein Gespräch mit Isabell M. Welpe (Inhaberin des Lehr-                    und Prüfen) sowie physische und manuelle Fähigkeiten, die
     stuhls „Strategie und Organisation“ an der TUM) und Esther                auch „smarte“ Sensoren und Roboter haben (werden), voraus-
     Ostmeier (Wissenschaftliche Referentin am Bayerischen                     sichtlich weniger nachgefragt. Solche Fähigkeiten kommen
     Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung                beispielsweise recht oft in Berufen der Fertigung(-stechnik), in
     – IHF)                                                                    Verkehr und Logistik sowie unternehmensbezogenen Dienst-
                                                                               leistungen vor.
     Im Kontext gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen
     und Trends erleben wir gegenwärtig starke Bewegungen                      Ebenso rücken ausgeprägte sozioemotionale Fähigkeiten, wie
     auf den Produkt- und Dienstleistungsmärkten und                           sie zum Beispiel Geschäftsentwicklerinnen und Geschäfts-
     damit auch in beruflichen Tätigkeiten sowie bei                           entwickler, Beraterinnen und Berater, Programmiererinnen
     Kompetenzbedarfen. Welche Kompetenzen werden in                           und Programmierer und Reaktionen auf Notrufe benötigen,
     Zukunft noch wichtiger?                                                   voraussichtlich mehr in den Fokus. Dazu gehören ausgeprägte
     Ein wichtiger Treiber dieser Bewegungen sind Fortschritte                 Fähigkeiten in Kommunikation und Verhandlung, Führungs-
     bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenzen, bei Auto-                  kompetenzen, die Fähigkeit, sich anzupassen, Empathie, ein
     matisierungsprozessen und der erforderlichen Hardware.                    ethisches und kulturelles Bewusstsein sowie Lebenslanges
     Aktuelle Studien8 lassen davon ausgehen, dass einerseits                  Lernen. Viele dieser menschlichen „Soft Skills“ lassen sich
     die Nachfrage nach technologischen Fähigkeiten mit Ab-                    durch Maschinen in absehbarer Zeit nicht ersetzen.
     stand am stärksten zunimmt. Dazu zählen Fähigkeiten im
     Umgang mit IT, in Datenanalyse, für das Ingenieurswesen                   Wir lesen und hören oft, dass digitale Kompetenzen
     und für die Forschung. Andererseits werden auch kognitive                 zukunftsrelevant sind. Heißt das, alle sollten
     Fähigkeiten wie komplexes Problemlösen, Kreativität und                   Programmieren, Maschinelles Lernen und Data Science
     kritisches Denken zunehmend wichtig. Dazu gehören auch                    können oder lernen?
     ausgeprägte Lese- und Schreibfähigkeiten, die Verarbeitung                Wir denken, dass es den meisten Erwerbstätigen zugute-
     komplexer Informationen, Problemlösen, Kreativität sowie                  käme, wenn sie ein Grundverständnis von IT-Infrastruktur,
     Fähigkeiten in Statistik und quantitativen Methoden, wie                  Programmieren und dem Funktionieren Künstlicher
     sie zum Beispiel Medizinerinnen und Mediziner, Autorinnen                 Intelligenzen hätten. Dies würde es ihnen erlauben, Potenziale
     und Autoren, Herausgeberinnen und Herausgeber,                            effizienteren Arbeitens in ihrem beruflichen Umfeld zu

8    | Vgl. Dengler/Matthes 2018, S. 5ff.; Frey/Osborne 2017, S. 265ff.; Sousa/Rocha 2019, S. 259ff.; van Laar et al. 2017, S. 582ff.; World Economic Forum
       2020, S. 35ff.

12
Perspektive der Wissenschaft

     identifizieren (wie es aus Wettbewerbsgründen vielleicht                 beeinflussen, weniger vorhersehbar sind und werden. Wir
     notwendig ist/wird) und mit denjenigen zu kommunizieren,                 haben in den letzten Jahren erlebt, wie disruptiv-innovative
     die diese Potenziale in Software umsetzen. Dies ist auch ein             Startups ganze Branchen (zum Beispiel Hotel, Taxi) verändern;
     Grund dafür, dass wir es begrüßen würden, wenn künftig                   auch unsere eigene „Branche“ – Wissenschaft, Forschung und
     computer- und informationsbezogene Kompetenzen fächer-                   Lehre – wird sich unter anderem mit dem Boom von Education
     übergreifend an Schulen und Universitäten vermittelt würden.             Technologies und Onlinekursen stark verändern. Diese ge-
     In diesem Punkt hat Deutschland leider großen Nachhol-                   wisse Unvorhersehbarkeit und Unsicherheit bedeutet für
     bedarf, wie uns international vergleichende Studien wie PISA9            Erwerbstätige, dass selbstgesteuertes Karrieremanagement
     seit Jahren für Schülerinnen und Schüler zeigen.                         mit Eigeninitiative und Weitsicht, Resilienz sowie, wie bereits
                                                                              genannt, Lebenslanges Lernen zukunftsrelevant sind.
     Ganzheitlich betrachtet lassen sich unter „digitalen
     Kompetenzen“ alle Fähigkeiten verstehen, die uns dazu be-                Literatur und Links zum Thema:
     fähigen, uns in einer Arbeitswelt, die zunehmend digitale                Dengler/Matthes 2018
     Technologien und digital übermittelte Informationen nutzt,               Dengler, K./Matthes, B.: Substituierbarkeitspotenziale von
     zu bewegen und zu dieser beizutragen. In dieser Arbeits-                 Berufen: Wenige Berufsbilder halten mit der Digitalisierung
     welt ist es unter anderem auch notwendig, die Qualität                   Schritt (IAB-Kurzbericht Nr. 4), Nürnberg 2018.
     von Informationen und Daten einschätzen und aus sehr
     vielen Informationen die relevanten extrahieren zu können,               Frey/Osborne 2017
     etwas von Datenschutz zu verstehen und virtuelle Platt-                  Frey, C. B./Osborne, M. A.: „The Future of Employment: How
     formen und Räume für sich nutzen zu können. COVID-19-                    Susceptible are Jobs to Computerisation?“. In: Technological
     bedingt lernen wohl die meisten zu diesem letzten Aspekt                 Forecasting and Social Change, 114, 2017, S. 254-280.
     bei der Arbeit momentan viel dazu. Wir finden heraus, in
     welchen Situationen Präsenz erforderlich ist und in welchen              Hirschi et al. 2020
     Situationen wir von digitalen Formen der Zusammenarbeit                  Hirschi, A./Zacher, H./Shockley, K. M.: „Whole-Life Career
     profitieren können. Deshalb werden Fähigkeiten „in der Zu-               Self-Management: A Conceptual Framework“. In: Journal of
     sammenarbeit und im Führen auf Distanz“ vermutlich für viele             Career Development, September 2020.
     zukunftsrelevant.
                                                                              Sousa/Rocha 2019
     In welchen Bereichen verändern sich die zukunfts-                        Sousa, M. J./Rocha, Á.: „Skills for Disruptive Digital Business“.
     relevanten Kompetenzen noch?                                             In: Journal of Business Research, 94, 2019, S. 257-263.
     Ein Bereich, der alle betrifft und den wir deshalb hier er-
     wähnen möchten, ist der Bereich des Karrieremanagements                  van Laar et al. 2017
     und der Karrieregestaltung. Karriereforscherinnen und                    van Laar, E./van Deursen, A. J./van Dijk, J. A./de Haan, J.:
     ‑forscher gehen davon aus, dass Erwerbstätige heute und                  „The Relation Between 21st-Century Skills and Digital Skills:
     künftig ihren beruflichen Werdegang stärker selbst steuern               A Systematic Literature Review“. In: Computers in Human
     müssen, sich weniger auf unternehmensinterne Karriere-                   Behavior, 72, 2017, S. 577-588.
     wege verlassen können und verstärkt zur Unternehmerin be-
     ziehungsweise zum Unternehmer in eigener Sache werden10.                 World Economic Forum 2020
     Dies liegt daran, dass die technischen, gesellschaftlichen und           World Economic Forum: The Future of Jobs Report 2020,
     politischen Entwicklungen, die Produkt- und Arbeitsmärkte                Cologny/Genf: World Economic Forum 2020.

9    | Ein Überblick über PISA-Publikationen findet sich hier: https://www.pisa.tum.de/pisa-publikationen/
10   | Vgl. beispielsweise Hirschi et al. 2020.

                                                                                                                                                  13
3 Ansatz zur Kompetenz-                                              Insgesamt gliedert sich der dargestellte Prozess der Kompetenz-
                                                                     bedarfsanalyse in fünf Schritte:
  bedarfsanalyse
                                                                     Schritt 1 – Analyse der Rahmenbedingungen
                                                                     Identifikation zentraler Trends und Analyse der Auswirkungen
Wie könnte ein Konzept zur Identifizierung aktueller und zu-         auf die Kompetenzbedarfe und ‑verfügbarkeit im Unternehmen.
künftiger Kompetenzanforderungen (Fokus: unternehmens-               Anschließend Durchführung eines ersten Plausibilitätschecks.
intern) aussehen, das die Dynamik und Komplexität der
Veränderungen mitberücksichtigt? Wie können Unternehmen              Schritt 2 – Konzeption des Kompetenzmodells
daraus personalwirtschaftliche Maßnahmen für ein erfolgreiches       Entwicklung eines vorläufigen Kompetenzmodells. Das heißt: Ent-
Kompetenzmanagement ableiten? Und wie können Passfähigkeit           wicklung von Struktur und Regelwerk des Kompetenzmodells, Er-
und Praxistauglichkeit des Kompetenzmodells – auch langfristig       arbeitung eines Kompetenzkatalogs mit einzelnen Kompetenzen
– sichergestellt werden?                                             und Bildung von Rollen beziehungsweise Stellenbezeichnungen
                                                                     mit entsprechenden Kompetenzprofilen.
Der nachfolgende Ansatz zur Kompetenzbedarfsanalyse bietet
Orientierung bei der Beantwortung dieser Fragen. So können           Schritt 3 – Validierung des Kompetenzmodells
Unternehmen ihr Kompetenzmanagement noch strategischer               Pilotierung des vorläufigen Kompetenzmodells für eine
und gleichzeitig dynamischer ausrichten und ihre Innovations-        repräsentative Pilotgruppe, dabei auch Soll-Ist-Abgleich
kraft und Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen. Neben den Eck-         zur Ermittlung des individuellen Entwicklungs- und Quali-
punkten zur Umsetzung geben Praxisbeispiele konkrete Einblicke       fizierungsbedarfs der Pilotgruppe. Auf dieser Basis Beurteilung
in und Hinweise auf kritische Erfolgsfaktoren sowie gewonnene        der organisationalen Passfähigkeit und Anwendbarkeit des
Erfahrungen und Erkenntnisse der Unternehmen. Von der Analyse        Kompetenzmodells im Pilotumfeld und gegebenenfalls Fein-
über die Konzeption und Validierung bis hin zur Kompetenzent-        justierung des Kompetenzmodells.
wicklung bildet der Ansatz alle erforderlichen Prozessschritte zur
Kompetenzbedarfsanalyse ab.                                          Schritt 4 – Anwendung des Kompetenzmodells
                                                                     Rollout und standardisierter Einsatz des Kompetenzmodells für
Die Anwendung dieses Leitfadens für die betriebliche Praxis er-      alle geplanten Zielgruppen. Basierend auf dem Soll-Ist-Abgleich
möglicht                                                             zur Ermittlung des betrieblichen Qualifizierungsbedarfs dann
§ die Analyse und Definition von aktuell/zukünftig benötigten        Ableitung personalwirtschaftlicher Maßnahmen auf Grundlage
    Kompetenzen,                                                     des Kompetenzmodells.
§ die Entwicklung eines Kompetenzmodells,
§ die Ermittlung des betrieblichen Qualifizierungsbedarfs,           Schritt 5 – Review des Kompetenzmodells
§ die Ableitung personalwirtschaftlicher Maßnahmen,                  Zur Qualitätssicherung kritische Beurteilung des Kompetenz-
§ die Überprüfung des Kompetenzmodells und des An-                   modells und dessen Passgenauigkeit. Gegebenenfalls Anpassung
    wendungsprozesses sowie                                          des Kompetenzmodells und Ableitung unternehmensstrategischer
§ die Durchführung einzelner Prozessschritte mittels An-             Fragestellungen.
    wendung der beschriebenen Canvas.
                                                                     Die Abfolge der einzelnen Schritte ist dabei nicht als linear zu
Dahingegen sind die Darstellung struktureller und inhaltlicher       verstehen. Vielmehr stellt dieser Ansatz einen dynamischen
Aspekte des Kompetenzmodells wie auch die Analyse der erfolg-        und flexiblen Prozess mit fließenden Übergängen dar. Iterative
reichen Durchführung personalwirtschaftlicher Maßnahmen              Schleifen ermöglichen die mehrfache Wiederholung beziehungs-
(beispielsweise Personalbeschaffung und -entwicklung) nicht Be-      weise die Rückkehr zu einzelnen Aktivitäten und die kontinuier-
standteil des Ansatzes. Im Sinne einer Unterstützung bereits vor-    liche Anpassung im Prozess („Anpassungsschleifen“). Durch
handener Aktivitäten im Unternehmen sowie einer Hilfestellung        Reviews in den Phasen der Entwicklung und Anwendung des
für unternehmensinterne Reviews adressiert der nachfolgend           Kompetenzmodells können veränderte interne sowie externe
vorgestellte Leitfaden primär größere Unternehmen.                   Rahmenbedingungen berücksichtigt und Lessons Learned bei

14
Ansatz zur Kompetenzbedarfsanalyse

der Umsetzung sowie Implementierung des Modells für Folge-               das entsprechende Mandat für die Umsetzung des Prozesses
aktivitäten erarbeitet werden. Als Hilfestellung für die An-             vergibt („Ownership“).
passung und Feinjustierung des Kompetenzmodells dient der            §   Beteiligung und Zusammenarbeit im Prozess fördern: Die
sogenannte Entscheidungsbaum (Abbildung 8). Dieser bietet                frühzeitige Einbindung aller relevanten Stakeholder und Ent-
Orientierung anhand von sechs Schlüsselfragen zu möglichen               scheidungsverantwortlichen in den Prozess der Kompetenz-
Veränderungsbedarfen des Modells. Eine Besonderheit stellt die           bedarfsanalyse und -entwicklung erhöht die Geschwindigkeit
erstmalige Durchführung des Prozesses der Kompetenzbedarfs-              beim Übergang von der Bedarfsanalyse in den Umsetzungs-
analyse dar: Hier empfiehlt sich eine chronologische Abarbeitung         modus. Gleichzeitig ermöglicht dies den konstruktiven
aller fünf Phasen.                                                       Umgang mit Bedenken sowie die Berücksichtigung unter-
                                                                         schiedlicher Bedürfnisse. Der kontinuierliche Dialog und die
Vor allem mit Blick auf die Veränderungsgeschwindigkeit und              Zusammenarbeit in Co-Creation sichern die organisationale
-dynamik in der digitalen Transformation bedarf es der kontinuier-       Passfähigkeit und Anwendbarkeit des Kompetenzmodells.
lichen kritischen Beurteilung des Kompetenzmodells und dessen        §   Ganzheitliche Denkweise wählen: Indem Silos aufgebrochen
Passgenauigkeit. Eine Neubewertung und eventuelle Anpassung              und bereichsübergreifende Kollaborationen gelebt werden,
des Kompetenzmodells sowie darauf basierender personalwirt-              lassen sich zusätzliche Synergieeffekte erzielen. Die Ver-
schaftlicher Maßnahmen erscheint nach einem Zeitraum von 12              netzung mit bereits bestehenden Aktivitäten zur Kompetenz-
bis 24 Monaten sinnvoll („Überprüfungszeitraum/-zyklus“).                bedarfsanalyse und -entwicklung im Unternehmen wie auch
                                                                         die Anbindung einzelner Prozessschritte an das operative
Anforderungen an die Implementierung des An-                             Geschäft sind dabei von zentraler Bedeutung. Der Ansatz
satzes                                                                   sollte von Beginn an ganzheitlich im Unternehmen gedacht
                                                                         und verankert sein und stets auf den Unternehmenserfolg ein-
Welche unternehmensseitigen Voraussetzungen bestehen für                 zahlen. Eine Verzahnung mit der Führungskultur, der Personal-
die erfolgreiche Anwendung des Ansatzes? Welche Grundprä-                strategie, der Unternehmenspolitik und der Organisations-
missen sind erforderlich?                                                entwicklung wie auch mit den Werten und Grundsätzen
                                                                         der Unternehmensführung („Corporate Governance“) ist
§   Zukunftsorientierte Lernkultur gewährleisten: Eine                   wesentlich für den Erfolg und die Akzeptanz des Ansatzes.
    Unternehmens- und Führungskultur, die selbstbestimmtes,              Entwicklungen im Marktumfeld sind stets mitzudenken und
    arbeitsintegriertes und kontinuierliches Lernen fördert,             auch unternehmensübergreifend Stakeholder des Ökosystems
    schafft Freiräume und Flexibilität für das Lernen – eine             wie beispielsweise Kundinnen und Kunden sowie Zulieferer
    wesentliche Voraussetzung für zukunftsorientiertes                   bei Bedarf einzubinden.
    Kompetenzmanagement. Damit gehen auch erweiterte An-             §   Dynamisches und iteratives Vorgehen ermöglichen: Für
    forderungen an Selbstständigkeit und Eigenverantwortung              das Gelingen einer passgenauen und bedarfsgerechten
    der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einher. Offenheit und           Kompetenzbedarfsanalyse bedarf es eines iterativen Prozesses.
    eine positive Grundeinstellung der Organisation gegenüber            Durch die mehrfache Wiederholung gleicher oder ähnlicher
    digitalen Lernformaten sind dabei von zentraler Bedeutung.           Handlungen (Schritt 1 bis 5) kann die Annäherung an ein
    Es gilt die Prämisse: weg von einer präsenzorientierten Aus-         praxiserprobtes, qualitativ wirksames Kompetenzmodell
    richtung hin zu Ergebnisorientierung und Vertrauen. Die              gelingen. Die betriebliche Kompetenzbedarfsanalyse sollte
    Fähigkeit zur Selbstreflexion und der konstruktive Umgang            daher als fortlaufender Prozess verstanden werden; einen
    mit Fehlern sind Teil dieser Lernkultur.                             fixen Endpunkt gibt es dabei nicht. Das Commitment aller
§   Breite Akzeptanz und Unterstützung sicherstellen: Eine               Beteiligten für ein dynamisches, adaptives Vorgehen bei der
    aktive Beteiligung und Unterstützung durch das (Top-)                Entwicklung und Anwendung des Modells spielt in diesem
    Management bis hin zur Vorstandsebene verleiht dem                   Zuge eine Schlüsselrolle für Unternehmen.
    Prozess des Kompetenzmanagements zusätzliche Relevanz            §   Technische Umsetzung und Implementierung fokussieren:
    und breite Akzeptanz im Unternehmen. Grundvoraussetzung              Der Einsatz von digitalen Tools ermöglicht die für agiles
    ist dabei eine Governance, die der Personalplanung und               und flexibles Kompetenzmanagement erforderliche Re-
    -entwicklung Priorität einräumt und den Verantwortlichen             aktionsgeschwindigkeit. Transparenz über individuell

                                                                                                                                    15
Nachhaltiges Kompetenzmanagement fördern –
                 Kompetenzbedarfe erkennen und passgenaue
                 Maßnahmen ableiten

                                                                                        3
                                                                                                       Validi
                                                                                                              e       rung

                                                                      g                                                                       2
                                                                un
                                                           nd
                                                         we
                                                     An

                                                                                                                                                  Ko n z e p t i o n
                                                     4
                                                                                            Zusammenarbeit
                                                                                               relevanter
                                                                                              Stakeholder

                                                                                                                                i f en
                                                                                                                                                  1

                                                                                                                            hle
                                                                                                                       sc
                                                                                                                        g   s
                                                                                                                s   sun
                                                                                                        A npa
                                                    Re
                                                         vie
                                                          w

                                                                                        5
                                                                                                                                         se
                                                                                                                                  aly
                                                                                                                       An

                                           F üh
                                                  rung
                                                         skul
                                                                tur
                                                                            Person
                                                                                   a   lstrategie                                                                      twicklung
                                                                                                     Unternehmenspolitik                      Organisationsen

                                                                 Stra
                                                                     t    egi e

                                                                                                      Marktu
                                                                                                                    mfe ld

                  Monate

Abbildung 1: Ansatz zur Kompetenzbedarfsanalyse (Quelle: eigene Darstellung)

16
Ansatz zur Kompetenzbedarfsanalyse

 Welche Kompetenzanforderungen
 bestehen gegenwärtig und zukünftig?

 Welche Kompetenzen verbergen
 sich hinter dem erarbeiteten
 Anforderungsrahmen?

 Bildet das Modell die wichtigsten
 Kompetenzen ab und trägt für die
 Praxis?

 Welche HR-Maßnahmen lassen
 sich aus dem Modell ableiten?

 Zahlt das Modell auf den
 Unternehmenserfolg ein?

1122–—24 Monate

                                                            rna                 nce
                                                  at e Gove
                                             rpo r
                                        Co
                  ensw   erte
    Un   tern ehm

                                                                                                                                                                                      ss
                                                                                                                                                                                   ze
                                                                                                                                                                            r Pro
                                                                                                                                                                        ive
                                                                                                                                                                    rat
                                                                                                                                                             d ite
                                                                                                                                                           n                   d
                                                                                                                                                      ru                  en
                                                                                                                                                  ble                 eif
                                                                                                                                         , fl exi                e rgr              sit
                                                                                                                                                                                        iv
                                                                                                                                        r                      b
                                                                                                                              i s che                 i c hsü              x t s en
                                                                                                                          am                      ere                   te
                                                                                                                     dyn                    chb                    kon
                                                                                                            atz                  n ä r, fa                 
                                                                                                       n  s                   l i                    am
                                                                                                  er A                   szip                  irk s
                                                                                            siert                   tidi                ar w
                                                                                 t e g ieba                    mul               s s b
                                                                               ra                        v                , me
                                                                         nd st                     flexi              gen
                                                                 r ter u                     d, re
                                               h e r, i n tegrie                    l e rnen               r e n bezo
                                    holi stisc                            tiv                      ikato
                                
                                                            pa
                                                                  rtizipa                    ind

                                                                                                                                                                                                                             17
und unternehmensseitig vorhandene sowie benötigte               von Personalmanagement und weiteren Fachbereichen bei der
     Kompetenzen kann dabei helfen, personalwirtschaftliche          gemeinsamen Entwicklung und Anwendung des Ansatzes von
     Maßnahmen einfacher abzuleiten und den in manchen               Beginn an ist ein kritischer Erfolgsfaktor. Im Sinne eines „geteilten
     Bereichen erforderlichen Grad an Standardisierung für die       Ownerships“ bedarf es der crossfunktionalen Zusammenarbeit
     Beurteilungs- und Entwicklungsgespräche zu ermöglichen.         zwischen den Bereichen. Es gilt, anstelle von Einzellösungen einen
                                                                     umfassenden und integrierten Ansatz zu verfolgen. Prozesstreiber
Verantwortlichkeiten für die Implementierung des                     kann beispielsweise die strategische Personalentwicklung oder
Ansatzes                                                             -planung sein. Falls vorhanden, fungiert ein für diesen Prozess ver-
                                                                     antwortliches Projektteam als Schnittstelle zur Vorstandsebene. Für
Wer initiiert und begleitet den Prozess der Kompetenzbedarfsana-     die operative Umsetzung sind zumeist die Fachbereiche zuständig.
lyse kontinuierlich? Wer sorgt für eine erfolgreiche Praktizierung
und Umsetzung des Kompetenzmodells?                                  Anwendung des Ansatzes

Insgesamt sollte der Ansatz als Multi-Stakeholder-Prozess ver-       Jeder der fünf Prozessschritte ist mit einer Hilfestellung für die
standen und im gesamten Unternehmen verankert werden.                Praxis („Canvas“) unterlegt. Zum besseren Verständnis und zur ein-
Dabei ist eine systematische Unterstützung des Ansatzes zur          facheren Nachvollziehbarkeit dient exemplarisch nachfolgendes
Kompetenzbedarfsanalyse über alle Managementebenen hinweg            Beispiel-Canvas, das anhand von Schritt 1 (Analyse der Rahmen-
– beginnend beim Vorstand – anzustreben. Das Zusammenspiel           bedingungen) die Struktur und Lesart erklärt:

18
Phase der Kompetenzbedarfsanalyse                                                                                              Geltungsdauer für die Er-
                                                                                                                                                         kenntnisse dieser Phase

                                                     1
                                                                                                     Analyse der Rahmenbedingungen

                                                                                             Ziel    Identifikation zentraler Trends & Analyse

Erkenntnisinteresse/Zweck dieser Phase                                                               der Auswirkungen auf Kompetenzbedarfe
                                                                                                     und -verfügbarkeit
                                                                                                                                                                   Überprüfungszeitraum /
                                                                                                                                                                   Überprüfungszyklus
                                                                                                                                                                   In der Regel 12—24 Monate gültig
                                                                                   Produkt           Grundsätzlicher Anforderungsrahmen

Ergebnis nach erfolgreicher                                                                          mit erfolgsrelevanten Verhaltens- und
                                                                                                     Leistungsaspekten zur Entwicklung eines
                                                                                                     unternehmensspezifischen Kompetenzmodells
Durchführung der Phase
                                                      Input
Voraussetzungen/Grundlagen für                        •
                                                      •
                                                           Strategische Personalplanung
                                                           Durchführung grober quantitativer und qualitativer Personalplanung

die Durchführung der Phase                            •
                                                      •
                                                           Unternehmensstrategie (ggf. Rückkopplungen/Anpassungen der Strategie im Zuge des Prozesses)
                                                           Unternehmensorganisation

                                                      Schlüsselaktivitäten
Zentrale Handlungsfelder der Phase                    •
                                                      •
                                                           Analyse der Kompetenzanforderungen in der Praxis und vorhandener Literatur
                                                           Analyse von Zukunftsprognosen
                                                      •    Ausrichtung an strategischen/politischen Organisationszielen, Unternehmensvision/-kultur und Unternehmenswerten
                                                      •    Durchführung eines ersten Plausibilitäts-Checks

                                                      Schlüsselfrage
Zentrale Leitfrage, die für die Bearbeitung           Welche Kompetenzanforderungen bestehen gegenwärtig und in Zukunft mit Blick auf Ihr
                                                      Unternehmen/Geschäftsfeld?

der Phase handlungsleitend ist                        Unterfragen
                                                      Strategische Fragestellungen                                                Prozessuale/operative Fragestellungen
                                                      •    Was möchte Ihr Unternehmen erreichen?                                  •    Welche Entscheidungsträger für die Entwicklung
                                                      •    Welche Kompetenzen sind aktuell und zukünftig für Ihr Unter-                und den Einsatz eines Kompetenzmodells sind zu
                                                           nehmen wettbewerbskritisch?                                                 involvieren?
                                                      •    Welche strategisch bedeutsamen Kompetenzen werden aktuell              •    Sind die Rahmenbedingungen/Verantwortlichkeiten für die
                                                           (u.a. in Forschung und Wirtschaft) diskutiert? Welche Relevanz              Kompetenzbedarfsanalyse und -entwicklung geklärt? (d.h.
                                                           haben diese aktuell und zukünftig für Ihr Unternehmen?                      Entwicklung, Anwendung,
                                                      •    Was macht Ihre Mitbewerber erfolgreich und wie tragen die              •    Aktualisierung des Kompetenzmodells)
                                                           Mitarbeitenden dazu bei?                                               •    Werden die Aktivitäten der zukünftigen Kompetenzbedarfs-
                                                      •    Welche Rollen/Jobprofile werden in Zukunft noch wichtiger?                  analyse mit Maßnahmen in den anderen operativen Bereichen
                                                           Wie viele Mitarbeitende werden hierfür benötigt?                            verzahnt? Wenn ja, wie?
                                                                                                                                  •    Welche Plattformen/Systeme/Tools können Informationen
                                                                                                                                       bezüglich der Verfügbarkeit von Kompetenzen im Unter-
                                                                                                                                       nehmen liefern?

                                                          Unterstützende Fragen, die bei der Bearbeitung
                                                          der Phase berücksichtigt werden sollten

Abbildung 2: Anwendung des Ansatzes (Quelle: eigene Darstellung)

20
Ansatz zur Kompetenzbedarfsanalyse

                                           Erster Plausibilitäts-Check:
                                           Werden die erforderlichen Kompetenzen als derart essenziell für Ihren Unternehmenserfolg eingeschätzt, dass diese im
                                           Unternehmen selbst vorhanden sein müssen und temporäre Lösungen (bspw. Zeitarbeit) als nicht zielführend erscheinen?

                                           Welche der benötigten Kompetenzen sind auf dem Arbeitsmarkt bzw. in Ihrem Unternehmen verfügbar?
                                           Ist die erforderliche Anzahl an Arbeitskräften auf dem Arbeitsmarkt bzw. in Ihrem Unternehmen verfügbar?

                                           Können die erforderlichen Kompetenzen mittels Qualifizierung und/oder Personalbeschaffung erlangt werden?
                                           Sind die finanziellen Mittel hierfür verfügbar?

                                           Gibt es Trends auf dem Arbeitsmarkt, die zu berücksichtigen sind?

                                           Tools/ Vorgehen
Werkzeuge, mit denen die Bearbeitung der   Extern                                                                     Intern
                                           ▶    Analyse bestehender Kompetenzmodelle/                                 ▶     Interne/externe Expertennetzwerke/-interviews
Schlüsselfrage unterstützt werden kann     ▶
                                                Literaturreview
                                                Konferenzen
                                                                                                                      ▶     Benchmarks/Best Practices
                                                                                                                      ▶     Screening Curricula
                                           ▶    Externe Expertennetzwerke/-interviews                                 ▶     Analyse von Stellenausschreibungen/
                                           ▶    Screening politischer Entwicklungen                                         Arbeitsanweisungen
                                           ▶    Außenmonitoring neuer Technologiefelder                               ▶     Analyse von Prozessbeschreibungen
                                           ▶    Benchmarks/Best Practices                                             ▶     Analyse der Learning Analytics von intern
                                           ▶    Screening Curricula                                                         bestehenden Lernplattformen
                                           ▶    Analyse von Stellenausschreibungen/                                   ▶     Szenarienentwicklung/Simulationsmethoden
                                                Arbeitsanweisungen                                                          zur Überprüfung
                                           ▶    Analyse von Prozessbeschreibungen

                                           Mögliche Stakeholder/Entscheidungsträger
Akteure, die in die Phase der              •    Geschäftsführung/Vorstand
                                           •    Operatives und strategisches
Kompetenzbedarfsanalyse ein-               •
                                                Personalmanagement
                                                Organisationsentwicklung

gebunden werden sollten                    •
                                           •
                                                Fachbereiche
                                                Ausbildungspersonal
                                           •    Führungskräfte
                                           •    Betriebs- und Sozialpartner
                                           •    Gleichstellungsbeauftragte
                                           •    Innovationsmanagement

                                                                                                                                                                            21
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