INTEGRIERTE PLANUNG - NOVEMBER 2020 - Transferagentur Niedersachsen
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INTEGRIERTE PLANUNG Gemeinsam steuern, gemeinsam handeln – Synergien von DKBM und integrierter Planung nutzen. NOVEMBER 2020 SOZIALRÄUME BILDUNGSGERECHTIGKEIT PARTIZIPATION DATEN UND INDIKATOREN AUS DER PRAXIS ARBEITSBEREICH
INHALTSVERZEICHNIS EDITORIAL Von der Verwaltung zur Gestaltung 04 Liebe Leserinnen und Leser, Integrierte Planungsansätze in kommunaler Bildungspolitik. Prof. Dr. Jörg Fischer, Fachhochschule Erfurt kommunale Angebote konsequent an den Bedarfen in einem Interview. Durch die Partizipation der Zivilge- der Menschen auszurichten, entspricht der Idee moder- sellschaft und der Bürger/-innen werden der Rückhalt Integrierte Planung und DKBM 06 ner Verwaltungen und ist ein wesentliches Element der für Maßnahmen und das Verständnis für das kommu- Gemeinsamkeiten nutzen – Synergien erzeugen – Steuerung in Planung integrieren. integrierten Planung ebenso wie des datenbasierten nale Handeln auch außerhalb der Verwaltung gestärkt. Dr. Friederike Meyer zu Schwabedissen, Dr. Sibylle Sexson, Transferagentur Niedersachsen kommunalen Bildungsmanagements (DKBM). In unse- Anna Nutz von der TH Köln stellt in ihrem Beitrag eine rem neuen TRANSFERkompass werfen wir gemeinsam Auswahl von Instrumenten der partizipativen Kommuni- BILDUNG leben in Emden 09 mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und kation vor. Wie insbesondere Kinder und Jugendliche in Stabsstelle der Stadt Emden führt integrierte Sozialplanung und DKBM zusammen. Praxis einen Blick auf die Gemeinsamkeiten, aber auch Planungs- und Gestaltungsprozesse einbezogen werden Sina Schriewer, Transferagentur Niedersachsen, in Abstimmung mit der Stadt Emden auf die Unterschiede der beiden Ansätze, zeigen Syner können, erläutert Ulrich Deinet, Professor für Didaktik gieeffekte auf und erläutern, wie Sie diese vor Ort nutzen und methodisches Handeln/Verwaltung und Organisa Integrierte Fachplanung in der kommunalen Verwaltung 12 können. tion an der Hochschule Düsseldorf. Ein Atlas bündelt Duisburger Daten. David Müller-Warnecke, Dr. Tobias Terpoorten, Stadt Duisburg Als herausfordernd erachtete Themen können, über Entscheidend für eine nachhaltige Etablierung von inte- die Erfüllung der reinen Pflichtaufgaben hinaus, sowohl grierter Planung und auch DKBM ist die Unterstützung Der Sozialraum: zwischen individuellen Lebenslagen und Planungssicherheit 14 durch das DKBM als auch durch integrierte Planung be- durch die Verwaltungsspitze, so Jörg Fischer, Leiter des Kleinräumigkeit als Grundlage zur Datenanalyse. arbeitet werden. Indem vorhandene Ressourcen und Institutes für kommunale Planung und Entwicklung Lisa Bartling, Ann-Kristin Reher, G.I.B. – Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH Potenziale durch ein zielgerichtetes und abgestimmtes (IKPE) und Professor am Institut für Soziale Arbeit an der Wie Sozialraumorientierung zu mehr Bildungsgerechtigkeit beitragen kann 16 Handeln der Kommune genutzt werden, können größt- FH Erfurt. Ein erfolgreiches Beispiel ist die Umsetzung im Prof. Reinhard über kommunale Herausforderungen und Lösungswege. mögliche Wirkungen erzeugt werden. Für die integrier- Rahmen des Verbundes „BILDUNG leben in Emden“: Die Interview mit Prof. Dr. Gaby Reinhard, Fliedner Fachhochschule Düsseldorf te Planung werden die Daten auf der Ebene von Sozial- Stabsstelle Integrierte Sozialplanung der Stadt Emden räumen analysiert und interpretiert. Lisa Bartling und wird von einer Lenkungsgruppe geleitet, die sich aus den Aus Orten werden (Bildungs-)räume 19 Ann-Kathrin Reher von der Gesellschaft für innovative Leitungen der drei involvierten Fachbereiche zusam- Die Aneignungsperspektive von Kindern und Jugendlichen und wie Kommunen davon profitieren können. Beschäftigungsförderung erläutern die entscheidende mensetzt. Weitere Beispiele für Good Practices aus den Prof. Dr. Ulrich Deinet, Hochschule Düsseldorf Rolle des Konzeptes des Sozialraumes, um damit die Landkreisen Sömmerda und Ostprignitz-Ruppin geben Partizipation von Kindern und Jugendlichen: Mehrwerte für Kommunen und Anknüpfung ans DKBM. Bedarfslagen bestmöglich beschreiben und ihnen opti- ebenso Anregungen für Ihre praktische Arbeit wie unse- Dr. Sibylle Sexson, Transferagentur Niedersachsen mal begegnen zu können. Die Datenbasierung unter- re Leitfragen zum Auf- und Ausbau einer integrierten stützt bei der Bedarfsanalyse, wie David Müller-Warne- Planung unter Einbeziehung der DKBM-Kernkomponen- Gelebte Beteiligung und öffentlicher Diskurs 22 cke und Dr. Tobias Terpoorten von der Stadt Duisburg ten. Abgerundet wird unser Magazin mit einer Zusam- Mitbestimmung an Planungsprozessen durch Instrumente der partizipativen Kommunikation. anhand des dort angewendeten Daten-Atlas zeigen. menstellung von Links und weiterführenden Literatur- Anna Nutz, TH Köln hinweisen. Wird eine integrierte Planung mit den bereits vorhan- Aufbau einer integrierten Sozialplanung 24 denen DKBM-Strukturen verknüpft und beides im Zu- Mein Team und ich möchten uns an dieser Stelle noch Aus der Praxis I: Landkreis Ostprignitz-Ruppin (Brandenburg). sammenspiel weiter ausgebaut, können den kommu- einmal herzlich bei den mitwirkenden Autorinnen und Désirée Schmidt, Landkreis Ostprignitz-Ruppin nalen Herausforderungen wie Bildungsgerechtigkeit, Autoren für ihre Perspektiven zur Bearbeitung von Zu- Digitalisierung und Diversität oder auch Bildungsüber- kunftsthemen mit integrierter Planung und/oder mit Ganzheitliche Planung als Weg zur Bewältigung von Querschnittsaufgaben 26 gängen, Schulabsentismus, Berufsorientierung und DKBM bedanken. Nun wünschen wir Ihnen, liebe Lese- Aus der Praxis II: Landkreis Sömmerda (Thüringen). regionalem Fachkräftemangel mittel- und langfristig rinnen und Leser, viel Freude und Inspiration. Dr. Katharina Kratky, Christiane Maurer, Landkreis Sömmerda passgenaue regionale Lösungsansätze auf sozialräum- licher Ebene entgegengesetzt werden. Welche Voraus- Arbeitsbereich, Links und Literatur-Tipps 28 setzungen es hierfür braucht, erläutert Gaby Reinhard, Ihre Dr. Friederike Meyer zu Schwabedissen Leitfragen zum Auf- und Ausbau einer integrierten Planung unter Einbeziehung der DKBM-Kernkomponenten. Professorin am Institut für Sozialraumorientierte Arbeit Projektleiterin der Transferagentur Niedersachsen Dr. Sibylle Sexson, Transferagentur Niedersachsen und Beratung der Fliedner Fachhochschule Düsseldorf, Kontakt 31 Ansprechpartner/-innen Impressum 32 Transferagentur Kommunales 2 Bildungsmanagement Niedersachsen
VON DER VERWALTUNG ZUR GESTALTUNG INTEGRIERTE PLANUNGSANSÄTZE IN KOMMUNALER BILDUNGSPOLITIK. diesem Bestreben sind Netzwerkorientierung, Präven- initiieren, noch im Alleingang umsetzen oder die Resul tionsförderung, integrierte Konzepte, Wirksamkeitsana- tate erfassen. Sie kann allerdings Funktionen des Anre- lysen und Planungsansätze kommunale Kernbegriffe. gens, der Vernetzung und des Monitorings vernetzend Gerade in der Ausgestaltung von kommunaler Bildungspolitik prallen eine Vielzahl von Themen, Zuständig übernehmen (Fischer 2018), der Leitung zuarbeiten und keiten, Erwartungen und teilweise konträren Interessen aufeinander. Wohl kein anderes kommunales Hand Integrierte Planung ist hierbei das Instrument, in dem Entscheidungen empirisch begründen. Eine erfolgreiche lungsfeld ist derart aufgeladen. Umso wichtiger ist es, dass gerade in der Bildungspolitik Entscheidungen auf der diese Ansätze ihre institutionelle Heimat finden. Inte- Übernahme dieser Funktionen ist jedoch an entschei- Basis empirischer Notwendigkeiten und nicht Gefühlslagen oder lautstarker Lobbyinteressen vorbereitet, ge grierte Planung kann dabei diese Prozesse weder alleine dende Rahmenbedingungen gekoppelt. troffen und umgesetzt werden. Kommunen, die dabei auf eine integriert angelegte Planung vertrauen, sind im Vorteil. Sie verfügen über eine Instanz, in der Daten und Erfahrungen innerhalb eines zirkulären Planungskreis GESTALTUNG VON KOMMUNALER BILDUNGSPOLITIK MITTELS INTEGRIERTER PLANUNG laufes von der Bedarfserhebung über Angebotsplanung bis hin zum Monitoring in der Umsetzung der Angebote fachlich kompetent und politisch abgesichert erfasst, analysiert und in der Praxis implementiert werden. Durch Die Gestaltung von Bildung mittels der Unterstützung denen Daten ämterübergreifend nutzen und inhaltliche das Integrierende werden zudem die fachlichen Belange ganzheitlich in diesen Prozess eingespeist. Was das durch integrierte Planung hängt vom Umfang, der Ver- Zusammenhänge thematisieren zu können. Des Weite- heißt und wie es funktioniert, soll nachfolgend skizziert werden. lässlichkeit und der Nachhaltigkeit des politischen Rück- ren ist das Interesse der kommunalen Akteure vorhan- haltes durch die eigene Leitung und die politischen Gre- den, die eigene Kompetenz zu erhöhen, um vorhandene DIE SCHWIERIGKEIT EINER PLANUNG IN BILDUNGSFRAGEN mien ab (Fischer 2017). Planung kann noch so gut sein, Daten in ihrer Auswirkung auf die Lebenswirklichkeit der aber sie wird nicht gesellschaftliche Widerstände beseiti- Menschen besser interpretieren zu können und die tat- Wer jemals an einer Diskussion zur Schließung von Schul- Landrätinnen das Potenzial der Bildung, um Handlungs- gen können. Vielmehr kann sie ein Instrument darstellen, sächlichen Bedarfe zu verstehen. Jenseits der Erhebung standorten, den räumlich heterogenen Rückstellungsquo- vermögen zu demonstrieren und die weichen Faktoren in um Sorgen, Erwartungen, Ressourcen und Probleme zu statistischer Werte liegt ein großer Bedarf in der Förde- ten vom Kindergarten in die Schule oder zu den schichten- der Standortfrage zu beeinflussen. kanalisieren. Damit zieht sie jedoch auch viele Konflikte rung von Zugängen zum adressierten Personenkreis, in spezifisch ungleichen Verteilungen von Bildungswegen auf sich, die einer unbedingten Rückendeckung bedürfen. denen nicht nur Daten erhoben, sondern in einem parti- teilgenommen hat, weiß um die Brisanz. Schnell werden Gleichzeitig ist Bildungspolitik äußerst voraussetzungs- Argumente mit individuellen Interessen aufgeladen, eige- voll und bedarf umfassender Planung. Durch einen inte- Darüber hinaus macht integrierte Planung gerade in der .. ne Blickwinkel auf Bildung gewinnen an Bedeutung, grierten Planungsansatz können diese Prozesse aus der Bildungspolitik nur Sinn, wenn sie auf der Grundlage Die Gestaltung von Bildung.. mittels der Unterstutzung .. Stereotype über vermeintlich „sozial Schwache“ werden versäulten Betrachtung in Zuständigkeiten (Schubert vorhandener politischer und fachlicher Ziele zu handeln benutzt, Verwaltungslogik und Lobbyinteressen stoßen 2019, S. 333) herausgelöst und unter Beibehaltung von vermag. Sie geben der Planung den Halt und die Rich- durch integrierte Planung hangt vom Umfang, der Verlass- .. lichkeit und der Nachhaltigkeit des politischen Ruckhaltes aufeinander und politische Ansichten werden mit der je- Fachplanung und Fachverantwortung in eine abge- tung vor, um quantitativ und qualitativ hochwertig pla- weils eigenen fachlichen „Wahrheit“ unterlegt – kommu- stimmte fachübergreifende Planung überführt werden. nen zu können. Außerdem bedarf es einer klaren und nale Bildungspolitik ist kein Ponyhof. Vielmehr werden in Beispielhaft sei hier nur die Frage erwähnt, welche Leh- transparenten Verortung innerhalb der Verwaltung, durch die eigene Leitung und die politischen Gremien ab. diesem Feld die Grundlagen für die individuelle Zukunft ren sich aus den Ergebnissen der medizinischen Vor- etwa in einer Stabsstellenfunktion. Von Vorteil ist auch der Heranwachsenden gelegt und Bildung dient als letzte schuleingangsuntersuchungen für die Ausgestaltung von ein erleichterter Zugang zu allen Teilen der Verwaltung Bastion der Mittelschicht in der Manifestierung der „fei- Schulen oder die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe sowie die Fähigkeit, nach außen möglichst eigenständig zipativen Ansatz bereits während der Datenerhebung nen Unterschiede“ im Sinne von Bourdieu (1979/1999). Zu- ergeben – anstatt nur darauf zu schauen, ob die indivi- agieren zu können und über kurze Wege zur Leitung zu Mitwirkungsmöglichkeiten der Zielgruppen erschlossen dem erkennen viele Bürgermeister/-innen, Landräte und duelle Schulfähigkeit gegeben ist. verfügen. Ein weiteres wesentliches Merkmal ist die Not- werden. wendigkeit, das vorhandene statistische Wissen zu aktu- alisieren oder zu erweitern. Neben den bereits regelmä- Diese knapp dargestellten Beispiele machen deutlich, INTEGRIERTE PLANUNG ALS GRUNDLAGE VON KOMMUNALER GESTALTUNG ßig ausgewerteten Daten zu traditionellen Bedarfen dass eine integrierte Planung sehr voraussetzungsvoll Vor diesem Hintergrund sind Kommunen verstärkt dazu der Corona-Pandemie überdeutlich werdenden verpass- lassen sich dazu neue oder modifizierte Problemstellun- ist, wenn sie gelingen soll. Gleichzeitig machen jedoch angehalten, die eigene Situation planerisch zu analysie- ten Digitalisierung stehen Kommunen unter einem gen wie beispielsweise die Nutzung von Gesundheits die vielen kommunalen Beispiele Mut, in denen es be- ren und Handlungsalternativen zu bisherigen Vorge- derartigen Handlungsdruck, dass bislang angewandte daten für die Ausgestaltung von Bildung oder Bedarfe in reits gelungen ist, aus der bloßen Verwaltung in eine Ge- hensweisen zu entwickeln – und zwar nicht nur im Hin- Lösungsansätze in der Bildungspolitik der Dynamik ge- der Digitalisierung finden. Darüber hinaus signalisieren staltung überzugehen und gerade in der kommunalen blick auf die Bewältigung des operativen Tagesgeschäftes, sellschaftlicher Prozesse nicht mehr gerecht werden. die Kommunen den fortlaufenden Bedarf, die vorhan Bildungspolitik neue Wege einzuschlagen. sondern auch in Bezug auf die Bewältigung strategi- Nun sind ganz andere Strategien in der Wahrnehmung, scher, das heißt mittelfristiger und handlungsfeldüber- Planung und Umsetzung von Bedarfen erforderlich. Literatur: greifender Herausforderungen (Fischer/Michelfeit 2016). ourdieu, Pierre (1979/1999): Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. 11. Aufl. Frankfurt/M. B Bildung ist dafür ein Paradebeispiel. Vielfältige Verän Diese Ausgangslage und die Einsicht in die Notwendigkeit Fischer, Jörg (2018): Wirkung in lokaler Netzwerkarbeit. Was Beteiligte darunter verstehen und warum es einer Wirkungsdiskussion bedarf – eine explorative Studie mit Praxisempfehlungen. Gütersloh. derungen zwingen die Kommunen, den Umfang der einer Neubewertung von Gestaltungsoptionen zur Siche- Fischer, Jörg (2017): Netzwerkarbeit im kommunalen Übergangsmanagement. In: Stadt, Land, Bildung – Magazin für kommunales Bildungsmanagement, eigenen Gestaltungsfähigkeit in Zeiten schwierigerer rung der politischen wie fachlichen Handlungsfähigkeit Heft 3/2017. S. 4 – 7. Rahmenbedingungen nüchtern zu bewerten und lokal von Städten, Gemeinden und Landkreisen führt zu einem Fischer, Jörg und Jürgen Kegelmann (2018): Perspektiven von Steuerung (in) der Sozialen Arbeit. In: Sozialmagazin, 43. Jg., Heft 9 – 10/2018. S. 92 – 97. Fischer, Jörg und Claudia Michelfeit (2016): Sozialplanung als Teil strategischer Entwicklung von Kommunen. In: Strunk, Andreas [Hrsg.]: Öffentliche angepasste Reaktionsstrategien zu entwickeln (Fischer/ wachsenden Interesse an Steuerungsansätzen, mit de- Sozialplanung und die freie Wohlfahrtspflege. Baden-Baden. S. 65 – 80. Schulze 2017). Angesichts der Herausforderungen in nen sich Kommunen Gestaltungsfreiräume gerade in der Fischer, Jörg und Insa Schulze (2017): Von der integrierten zur vernetzten Planung. Modernisierungsansätze in den Kommunen. In: Fischer, Jörg und Raimund Geene [Hrsg.]: Netzwerke in Frühen Hilfen und Gesundheitsförderung – Neue Perspektiven kommunaler Modernisierung. Weinheim. S. 262 – 279. den Bildungsbedarfen, der Verkrustungen öffentlicher Bildungspolitik unter Setzung eigener Prämissen und Zu- Schubert, Herbert (2019): Netzwerkmanagement in der Sozialen Arbeit. In: Fischer, Jörg und Tobias Kosellek [Hrsg.]: Netzwerke und Soziale Arbeit. 2. Aufl. Bildungsverwaltung und neuer Entwicklungen wie der in gänge erarbeiten können (Fischer/Kegelmann 2018). In Weinheim Basel. S. 329 – 348. Transferagentur Kommunales Text: Prof. Dr. Jörg Fischer, Leiter des Institutes für kommunale Planung 4 Bildungsmanagement Niedersachsen und Entwicklung (IKPE), Fachhochschule Erfurt Kontakt
INTEGRIERTE PLANUNG UND DKBM GEMEINSAMKEITEN NUTZEN – SYNERGIEN ERZEUGEN – STEUERUNG IN PLANUNG INTEGRIEREN. grierten Planung werden durch die enge Zusammen- Sozialraum eine neue bedeutende Rolle ein (vgl. Schu- arbeit aller relevanten Fachbereiche wie zum Beispiel bert 2020, S. 15). Die integrierte Planung agiert auf Grund- Soziales, Gesundheit, Schule/Bildung, Wirtschaft, aber lage kleinräumiger Planungseinheiten, um den Anspruch Sowohl die integrierte Planung als auch das datenbasierte kommunale Bildungsmanagement (DKBM) sind da- auch Stadtentwicklung/-planung bearbeitet. Darüber hi- an eine sozialräumliche Planung und Gestaltung der Le- rauf ausgelegt, kommunalen Herausforderungen wie Bildungsgerechtigkeit, Digitalisierung oder Diversität zu naus wird ergänzend die Zivilgesellschaft in Planungs- benswelt nachzukommen. So können für die Menschen begegnen, Verwaltungsstrukturen übergreifend und themenzentriert zu verzahnen und so durch eine pass prozesse einbezogen. Bei dieser ganzheitlichen Perspek- vor Ort passgenaue Angebote entwickelt werden (vgl. genaue und bedarfsorientierte Arbeit das Leben der Menschen vor Ort mittel- und langfristig zu verbessern. tive auf das soziale Geschehen in der Kommune nehmen Nutz et al. 2020, S. 116 ff.). Während das DKBM jedoch maßgeblich auf eine fachdienstübergreifende Steuerung fokussiert, steht bei der die Interaktion mit Stakeholdern und der Blick auf den integrierten Planung – nomen est omen – vor allem der Gedanke einer gemeinsam abgestimmten Planung im Zentrum. Wie Kommunen diese etwas unterschiedlichen Blickwinkel beider Ansätze nutzen, sie miteinander SYNERGIEN ERZEUGEN: DAS POTENZIAL DES DKBM-STEUERUNGSKREISLAUFES FÜR DIE INTEGRIERTE PLANUNG verbinden und davon profitieren können, ist Gegenstand des vorliegenden Artikels. Bereits aufgebaute DKBM-Strukturen bieten viele Syner- lung von Maßnahmen und ihre Durchführung bedürfen INTEGRIERTE PLANUNG: URSPRUNG UND ENTWICKLUNG IN DEN KOMMUNEN gieeffekte, um daran anknüpfend eine integrierte Planung zudem der Evaluation und gegebenenfalls Anpassung. zu implementieren, zum Beispiel indem der Grundge Darauf aufbauend sind schlussendlich eine neue Be- In den vergangenen Jahren lässt sich ein deutschlandwei- Notwendigkeit der ressortübergreifenden Arbeit sowie danke des strategischen Steuerungskreislaufes aus dem standsaufnahme der erreichten Ziele und eine erneute ter Trend hin zu einer integrierten Planung im kommuna- die Offenheit gegenüber innovativen Ideen als Voraus- DKBM aufgegriffen und verschiedene, wenn nicht sogar bzw. angepasste Bedarfsermittlung möglich – der für die len Bereich erkennen (vgl. Schubert 2020). Auf kommu- setzungen beschrieben (vgl. Schubert 2020, S. 6). Im Rah- alle DKBM-Kernkomponenten miteinbezogen werden. integrierte Planung genutzte Steuerungskreislauf kann naler Ebene finden sich erste Umsetzungen zunächst im men der Weiterentwicklung wurde die Sozialplanung seit somit wiederkehrend zur qualitativen Steigerung der Zu- Bereich Soziales: Bereits in den 70er-Jahren wurde die den 90er-Jahren als Steuerungsunterstützung im Sinne Am Anfang des Steuerungskreislaufes für die integrierte sammenarbeit und zum Wohle des Erreichens der ge- Sozialplanung in einigen Städten und Gemeinden eta- des Public Managements umstrukturiert und die Zusam- Planung stehen der politische Wille und die Aufstellung meinsam formulierten Ziele genutzt werden. Eine zentra- bliert. Sozialplanung setzt sich aus der Fachplanung, der menarbeit der unterschiedlichen Fachplanungen mit dem eines Planungskonzeptes, welches eine Bestandsaufnah- le Rolle nimmt dabei die Koordination der integrierten sozialräumlichen Entwicklungsplanung und der Sozialbe- Ziel eines strategischen Steuerungsprozesses und des me und Bedarfsermittlung beinhaltet (vgl. linke Seite der Planung, zum Beispiel in Form einer Stabsstelle, ein. richterstattung zusammen, die ineinander greifen. Ein Controllings gefördert (vgl. Schubert 2020, S. 12). Der Be- Abbildung). Hierbei sollten die Fragestellungen, inwieweit weiteres wesentliches Element ist es, die betroffenen griff der „integrierten Sozialplanung“ lässt sich insbeson- bereits einzelne Aspekte einer integrierten Planung in der Auch im datenbasierten kommunalen Bildungsmanage- Bürger/-innen in die Planungspraxis miteinzubeziehen – dere seit den 2000er-Jahren in der kommunalen Verwal- Kommune vorliegen, wie auch wofür eine integrierte Pla- ment (DKBM) werden verschiedene Fachbereiche wie So- hierfür werden beispielsweise gemeinwesenorientierte tung wiederfinden. Aufgrund des ganzheitlichen und nung gebraucht wird, handlungsleitend sein. Diese Vor- ziales, Gesundheit oder Stadtentwicklung themenzen- Angebote, eine Beteiligung der Bewohner/-innen vor Ort themenübergreifenden Ansatzes verwundert es nicht, überlegungen können dann in eine Zielformulierung mün- triert zur Erreichung zuvor festgelegter Ziele einbezogen oder Befragungen genutzt. Das erklärte Ziel der Sozial- dass sich zunehmend auch der allgemeinere Begriff der den, welche unter Einbezug der Zivilgesellschaft und der (vgl. rechte Seite der Abbildung). Der entscheidende Un- planer/-innen ist es, die Problem- und Lebenslagen in der „integrierten Planung“ im kommunalen Kontext durch- betroffenen Bewohner/-innen in entsprechende Hand- terschied besteht darin, dass dies vorrangig aus der Bil- Bevölkerung datenbasiert zu beschreiben und entspre- setzt und sich damit von der zu Beginn herrschenden lungsfelder übersetzt und in eine regelmäßige Bericht dungsperspektive und unter dem Primat der Erreichung chende Maßnahmen zu entwickeln. Dabei sind bereits die thematischen Fixierung auf das Soziale löst. erstattung überführt wird. Die interdisziplinäre Entwick- von Bildungszielen geschieht. Die federführende Koordi- Steuerungskreisläufe von integrierter Planung (li.) und datenbasiertem kommunalen Bildungsmanagement (re.) (eigene Darstellung) GEMEINSAMKEITEN MIT DEM DKBM: FACHBEREICHSÜBERGREIFEND, BEDARFSORIENTIERT UND GANZHEITLICH Integrierte Planung unter Berücksichtigung von DKBM- Kernkomponenten1 kann als ein Ideal von fachbereichs- übergreifender Zusammenarbeit verstanden werden. Eine dauerhafte zielorientierte Kooperation unterstützt dabei, dass ein Mehrwert im gemeinsamen Handeln ge sehen wird und die aufgebauten Strukturen nicht mit- tel- bis langfristig wieder verschwinden. Damit diese vernetzungsintensive und abstimmungsreiche Zusam- menarbeit dauerhaft gelingen kann, bedarf es einer Stel- le, welche die Planungsprozesse, Kommunikationsstruk- turen und Netzwerke koordiniert, die verschiedenen Gremien informiert und das Monitoring betreut (vgl. Nutz et al. 2020, S. 77 f.). Eine Ansiedlung im Rahmen einer Stabsstelle sowie die Unterstützung des Verwal- tungsvorstandes in Bezug auf die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen und die Herstellung einer Transparenz für alle beteiligten Fachbereiche ist zur er folgreichen Aufgabenerfüllung von Bedeutung (vgl. MAGS 2019, S. 64). Die verschiedenen Aspekte der inte- Transferagentur Kommunales Text: Dr. Friederike Meyer zu Schwabedissen, Projektleitung, 6 Bildungsmanagement Niedersachsen Dr. Sibylle Sexson, Transfermanagement, Transferagentur Niedersachsen Impressum
BILDUNG LEBEN IN EMDEN STABSSTELLE DER STADT EMDEN FÜHRT INTEGRIERTE SOZIALPLANUNG UND DATENBASIERTES KOMMUNALES BILDUNGSMANAGEMENT ZUSAMMEN. nation für die gemeinsamen Prozesse obliegt in der Re- Monitorings werden bei der darauffolgenden Neuaus- gel dem für Bildungsfragen zuständigen Fachbereich, richtung bzw. Nachjustierung der politischen Zielsetzung Fachdienst oder Amt der Kommune, häufig in Form eines mitberücksichtigt und der DKBM-Steuerungskreislauf Bildungsbüros. Hierfür bedarf es einer Strategie mit poli- geht in den nächsten Zyklus über. Die Stadt Emden hat mit der Gründung der Stabsstelle „Integrierte Sozialplanung“ im Jahr 2014 den Grundstein tischer Zielsetzung, welche dem (Bildungs-)Monitoring für den Aufbau einer integrierten handlungsorientierten Sozialberichterstattung gelegt und in diesen Prozess als Orientierung für die Generierung steuerungsrelevan- Betrachtet man beide Steuerungskreisläufe nebenein- von Anfang an auch das datenbasierte kommunale Bildungsmanagement zielgerichtet eingebunden. Wie dies ter Informationen dient. Deren Ergebnisse werden einer ander, fällt auf, dass sich viele Aspekte des DKBMs auch auf strategischer und operativer Ebene gelungen ist, zeigt die Umsetzung „BILDUNG leben in Emden“. breiten Fachöffentlichkeit zur Verfügung gestellt, um sie in der integrierten Planung wiederfinden lassen und eine zum einen zu informieren und zum anderen aufzufor- grundsätzlich gemeinsame Vorgehensweise besteht. Im Die Stabsstelle Integrierte Sozialplanung wird geleitet durchgeführt. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für dern, sich zielgruppenspezifisch aktiv einzubringen. Nach Monitoring sind bei beiden Ansätzen die strategischen von den Fachbereichsleitern der Fachbereiche „Stadtent- die Sozialraumentwicklung und die Quartiersplanung. In Verabschiedung der entsprechenden Beschlüsse werden Zielrichtungen maßgeblich. Die Monitoringergebnisse wicklung und Umwelt“, „Gesundheit und Soziales“ sowie der Stabsstelle Integrierte Sozialplanung sind die hand- die Maßnahmen in den zuständigen Fachbereichen um- für die integrierte Planung werden jedoch auf die sozial- „Jugend, Schule und Sport“. Die Besetzung dieser Len- lungsorientierte Sozialberichterstattung und das daten- gesetzt und im Sinne des Qualitätsmanagements über- räumliche Ebene heruntergebrochen, um anschließend kungsgruppe verdeutlicht die Relevanz der fachbereichs- basierte kommunale Bildungsmanagement miteinander prüft. Was die kontinuierliche Weiterentwicklung von entsprechend der Sozialräume planerische Maßnahmen übergreifenden Arbeit und Planung, ebenso wie die An- verzahnt. Ziel ist, die Bildungslandschaft Emdens aktiv zu Qualität und ihrer Wirkung in den Kommunen dabei kon- zu entwickeln. Die Monitoringergebnisse des DKBMs siedlung als Stabsstelle, durch die auch der Rückhalt der gestalten und Bildung als einen Prozess des lebenslan- kret beinhaltet, muss „zwischen den verschiedenen Ak- sind Argumentationsgrundlage und können – bei Be- strategischen Ebene sichtbar wird. In der Stabsstelle wer- gen Lernens zu etablieren. Die Umsetzung dieses Ziels teuren vor Ort im Dialog ausgehandelt werden“ (Sloane darf – ebenfalls auf sozialräumlicher Ebene dargestellt den Bevölkerungs-, Sozialstruktur- und Sozialraumanaly- wird als Querschnittsaufgabe gesehen, die von vielen 2020, S. 20). Die Ergebnisse dieses qualitätsbezogenen werden. sen und -prognosen erstellt und Untersuchungen der verschiedenen Akteuren aus unterschiedlichen Systemen sozialen Lage sowie der Lebenslagen der Bevölkerung vernetzt wahrgenommen wird. FAZIT: WAS BEDEUTET DIES FÜR DIE KOMMUNALE WEITERENTWICKLUNG? BILDUNG LEBEN IN EMDEN In den vergangenen Jahren ließ sich deutschlandweit, vielen schon vorhandenen Strukturen kann Doppelstruk- Verschiedene Projekte und Förderprogramme wie die zielführende Einbindung und Umsetzung wurden sie in unterstützt durch die vom BMBF geförderten Transfer- turen vermeiden und Synergien schaffen. Zudem öffnet Transferagentur Niedersachsen und „Bildung integriert“ einem Verbund „BILDUNG leben in Emden“ zusammen- agenturen, eine Entwicklung hin zu einem datenbasier- die Perspektive der integrierten Planung den Blick für unterstützen die Tätigkeiten der Stabsstelle. Für eine geführt. Um die Bildungslandschaft in lokaler Verant- ten kommunalen Bildungsmanagement beobachten. weitere wichtige Themen wie Armutsprävention oder Dieser Prozess besteht fort und bedarf einer kontinuier- soziale Segregation, welche eng mit Bildungsfragen zu lichen Weiterentwicklung. Parallel dazu wächst das kom- sammenhängen. Für die Verbesserung der Lebensver- munale Interesse an einer integrierten Planung, welche hältnisse und der -zufriedenheit der Menschen in der zwar in weitaus weniger Städten und Landkreisen eta Kommune wird es zukünftig daher auch entscheidend bliert wurde, jedoch aufgrund des bedarfsorientierten sein, ob eine Kommune die finanziellen und personellen stadtteil- bzw. gemeindebezogenen Ansatzes an Attrak- Ressourcen für die Einführung einer integrierten Planung tivität gewinnt. In diesem Bereich lassen sich bereits aufbringen kann und möchte. Hierfür ist der Rückgriff auf Veröffentlichungen verschiedener Kommunen wie der bereits bestehende Strukturen der Zusammenarbeit, wie Stadt Emden (2018), dem Kreis Pinneberg (2017), dem sie durch das DKBM etabliert werden, enorm hilfreich. Rheinisch-Bergischen Kreis (2017) und den Landkreisen Neben der Nutzung des Steuerungskreislaufes lassen Ostprignitz-Ruppin (2018) und Sömmerda (2016) finden. sich dabei auch die einzelnen Kernkomponenten des DKBM heranziehen und darauf aufbauend eine inte- Die Stärkung der Zusammenarbeit mit internen und ex- grierte Planung forcieren. Vorschläge und Anregungen ternen Akteuren und die Weitung des Blickfeldes auf die hierfür finden Sie im Arbeitsbereich ab S. 28. Fußnoten und Literatur: 1 DKBM-Kernkomponenten: Strategische Ziele, Datenbasierung, Interne Kooperation, Externe Kooperation, Koordination, Qualitätsmanagement und Öffentlicher Diskurs (vgl. Euler, Dieter und Peter F. E. Sloane [Hrsg.] (2018): Innovationsförderung durch Transferagenturen: Erfahrungen im Aufbau von Transferagenturen zur Förderung eines datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements. Detmold.) Kreis Pinneberg (2017): Sozialplanung Kreis Pinneberg. Handbuch. Perspektiven für soziale Entwicklung und Steuerung. Landkreis Sömmerda (2016): Integrierter Sozialbericht für den Landkreis Sömmerda. Landkreis Ostprignitz-Ruppin (2018): Erste quantitative Sozialberichterstattung. Schwerpunkt: Bildung. Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) (2019): Gezielt planen – gemeinsam handeln. Integrierte Sozialplanung in Nordrhein-Westfalen – ein Sammelband. Nutz, Anna, Herbert Schubert, Holger Spieckermann, Nicola Winterhoff und Julia Zinn (2020): Instrumente der Prozessgestaltung. In: Nutz, Anna und Herbert Schubert (2020): Integrierte Sozialplanung in Landkreisen und Kommunen. Stuttgart. S. 54 – 250. Rheinisch-Bergischer Kreis (2017): Sozialbericht 2017 für den Rheinisch-Bergischen Kreis. Schubert, Herbert (2020): Integrierte Sozialplanung in Kreisen und kreisangehörigen Kommunen. In: Nutz, Anna und Herbert Schubert (2020): Integrierte Sozialplanung in Landkreisen und Kommunen. Stuttgart. S. 1 – 38. Sloane, Peter F. E. (2020): Quintessenz: Was bringt Qualitätsmanagement im DKBM? Mehrwerte auf einen Blick. In: Transferagentur Kommunales Bildungsmanagement Niedersachsen [Hrsg.]: TRANSFERkompass Niedersachsen, Magazin der Transferagentur, Thema: Qualität im DKBM, S. 20 – 21. Stadt Emden (2018): Basisbericht – Integrierte Sozialplanung. Sozial(räumlich)e Ungleichheit in Emden. Abbildung 1: Im Rat der Stadt Emden beschlossene Bildungsziele (Quelle: Stadt Emden) Transferagentur Kommunales 8 Bildungsmanagement Niedersachsen
FAZIT wortung zu gestalten und weiterzuentwickeln, werden dungslandschaft entwickelt worden. Das Ergebnis ist ein Die Stadt Emden hat bereits einen wichtigen Schritt für eine bereichs- und ämterübergreifende Arbeit. Die Be- die Bildungsakteure vor Ort an den Planungsprozessen durch den Rat beschlossener Zielkatalog mit einem die erfolgreiche Bewältigung von Querschnittsaufgaben teiligung externer Bildungsakteure und der interessier- beteiligt. Mit insgesamt 100 Teilnehmerinnen und Teil- Leitziel und daraus abgeleiteten Oberzielen (3) und Teil- zur Gestaltung von Bildung und Teilhabe gemacht. Die ten Öffentlichkeit erzeugt Transparenz und Akzeptanz. nehmern aus der formalen und non-formalen Bildung zielen (16) (siehe Abbildung 1). Für den Dialog mit den integrierte Sozialplanung und das datenbasierte kom- Die kommunale Herausforderung als eine gemeinsame entlang des Lebenslaufes sind bei der ersten Bildungs- Bürger/-innen und zu ihrer Information wurden Online- munale Bildungsmanagement schaffen Strukturen zur Aufgabe zu bearbeiten, ermöglicht eine Definition der konferenz am 06.05.2017 Ziele zur Gestaltung der Bil- Portale und neue Medien genutzt. Planung und Steuerung für gelingende Bildungsbiogra- Lage, Bewertung der Situation und flexible Reaktion zur fien. Die Unterstützung der strategischen Ebene fördert Bewältigung. ANALYSEN UND BERICHTE ZUR INTEGRIERTEN PLANUNG Die Bereitstellung, Gewinnung und Aufarbeitung von Daten und Erkenntnissen ist ein zentrales Handlungsfeld der integrierten Planung. Hierfür steht ein über- greifendes Konzept für verschiedene Berichtsformate zur Verfügung. Neben kontinuierlich erhobenen Monitoringdaten werden Daten der Fachdienste und der amtlichen Statistik genutzt. Zudem werden bei Bedarf projektbezogene Da- ten zusammengestellt sowie eigene Daten erhoben. In ausgewählten Fällen können Institute für bestimmte Fragestellungen beauftragt werden. Die Daten stehen überwiegend schon in vorab definierten Sozialräumen zur Verfügung. Diese Untergliederung in Sozialräume auf Basis der baulich-räumlichen und so- zialen Strukturen umfasst 39 kleinere Teilgebiete, die die Lebenssituation der Bewohner charakterisieren und beeinflussen. Nach der Erstellung eines Basis- berichtes zu sozial(räumlich)en Ungleichheiten in Emden sind im Jahr 2019 der erste Bildungsbericht „Bildung im Kontext von Neuzuwanderung“ und eine Analyse der Wanderungsbewegungen veröffentlicht worden. Der Bildungsbe- richt ist eine tiefergehende thematische Analyse, die auf dem kleinräumigen Monitoring der integrierten Sozialplanung aufbaut. Er beschreibt die Ausgangs- bedingungen für Integrationsprozesse in den verschiedenen Bildungsberei- chen sowie Ergebnisse der bereitgestellten und zum Teil neu geschaffenen Bil- dungs- und Lernangebote und bildet gleichzeitig eine Grundlage des ebenfalls 2019 von der Koordinierungsstelle für Migration und Teilhabe veröffentlichten Migrations- und Teilhabeberichtes. STEUERUNGSSYSTEM Im Rahmen des Bildungsmanagements ist ein Steuerungssystem aufgebaut wor- den, welches mit der Planungsgruppe Sozialisation und Bildung eine neue Kern- struktur für eine integrierte Planung unter Einbindung der bestehenden Netz- werkstrukturen beinhaltet. Dieses System (siehe Abbildung 2) besteht aus einem strategischen und operativen Steuerungskreislauf sowie einem Entscheidungs- kreislauf. Ziele sind die gemeinsame Festsetzung wichtiger Themen und Strate- Legende: AGO = Allgemeine Geschäftsordnung gien, die Bestimmung von Handlungsbedarfen und die Formulierung von Hand- BiMa = Bildungsmanagement lungsempfehlungen sowie die Entwicklung und Evaluation von Maßnahmen. Der BiMo = Bildungsmonitoring Entscheidungskreislauf definiert die hierfür nötigen Abstimmungen. JBA = Jugendberufsagentur KPR = Kommunaler Präventionsrat PG = Planungsgruppe Abbildung 2: Steuerungskreislauf Bildungsmanagement (Quelle: Stadt Emden) SEP = Steuerkreis Schulentwicklungsplanung StG = Steuergruppe (Projektteam BILDUNG leben in Emden + FBLs) UAGs = Unterarbeitsgruppen (externe Bildungsakteure) Transferagentur Kommunales Text: Sina Schriewer, Transfermanagement, Transferagentur Niedersachsen, 10 Bildungsmanagement Niedersachsen in Abstimmung mit der Stadt Emden Kontakt
INTEGRIERTE FACHPLANUNG IN DER KOMMUNALEN VERWALTUNG EIN ATLAS BÜNDELT DUISBURGER DATEN. EIN ATLAS ALS BINDEGLIED Die Möglichkeit ohne große Umwege auf (kleinräumige) der Bertelsmann Stiftung) ist die Ortsteilebene als ge- Eine integrierte Planung auf kommunaler Ebene erscheint aktuell wichtiger denn je. Prof. Dr. Holger Wunder Statistiken – auch außerhalb seines eigenen Fachgebie- meinsamer Nenner definiert, auf welcher die genannten lich begründet dies mit einer zunehmend komplexer und dynamischer werdenden Gesellschaft, was sich ins tes – zugreifen zu können, kann demnach in ihrer Bedeu- Akteure der Verwaltung eine Auswahl ihrer Daten ein- besondere kleinräumig innerhalb der Kommunen widerspiegelt (Wunderlich 2020, S. 8). In Großstädten wie tung kaum überschätzt werden. Um jedoch die oben stellen und zum internen Gebrauch – ausgewählte Indi- Duisburg wird dies besonders deutlich. In einer überwiegend hochverdichteten und sozialräumlich stark aus aufgeführten Daten aus der Schulstatistik, der Sozialsta- katoren auch für die Öffentlichkeit – freigeben. Jedem differenzierten Stadtstruktur überlagern sich die verschiedenen städtischen Handlungsfelder. Eine isolierte tistik und dem Einwohnermeldewesen miteinander ver- Amt wird somit die Möglichkeit geboten, Kennzahlen aus Bearbeitung in den jeweiligen Ämtern und Abteilungen ist in der Regel nicht zielführend. Von Seiten der Stadt knüpfen zu können, muss eine räumliche Ebene defi- den verschiedensten Kontexten direkt kartografisch aus- statistik stellt die Stadt Duisburg ihren Ämtern dazu eine kartografische Datenbank zur Verfügung, die diese niert werden, in der alle Akteure aus den verschiedenen zuspielen und für Analysen, Planungszwecke und Be- selbst „füttern“, aber auch als Quelle von Daten nutzen können. Auch die Bildungsplanung ist Unterstützer Fachämtern arbeiten. Duisburg nutzt hier überwiegend richtswesen zu verwenden. Alternativ können auch nur und Nutznießer dieser Datenbank. die räumliche Ebene der sogenannten Ortsteile, eine die reinen Daten in Tabellenform abgefragt werden und kleinräumige Unterteilung des Stadtgebietes in 46 statis- in einem Statistikprogramm oder Geografischen-Infor- tische Untereinheiten. Im Rahmen einer kartografischen mationssystem weiterverwendet werden (vgl. Abbil- Datenbank (Duisburg verwendet dafür den KECK-Atlas dung). EIN STRAUSS VON DATEN – ÜBER DIE ÄMTER VERTEILT Ein zentrales Ziel der kommunalen Verwaltung liegt in von Benachteiligungsstrukturen zentralen Quoten des der stetigen Verbesserung der Lebensqualität inner- SGB II und SGB III von der Bundesagentur für Arbeit, halb der eigenen Kommune. Dabei müssen Probleme Daten zur Einzelhandelskaufkraft von der Gesellschaft und Chancen erkannt, in der Regel sozialräumlich ein- für Konsumforschung und Daten zur Verschuldung der gegrenzt und greifbar gemacht werden, bevor sich ver- Einwohner/-innen von der Firma microm. Eine Vielzahl schiedene Lösungsansätze formulieren und umsetzen von relevanten Statistiken befinden sich „im Haus“, je- lassen. Sowohl bei der Identifizierung von lokalen Be- doch verteilt über die jeweiligen Ämter. So hält zum darfslagen als auch bei der Formulierung etwaiger Hand- Beispiel die Statistikstelle die zentralen demografischen lungsempfehlungen und Planungsüberlegungen ist eine Daten aus dem Einwohnermeldewesen vor. Die Verfüg- fundierte und abgestimmte Datenbasis Grundvoraus- barkeit und die Bedarfe von KiTa-Plätzen werden beim setzung für eine integrierte Planung innerhalb der Kom- Jugendamt erfasst. Das Amt für Schulische Bildung hält mune. für jede Schule umfassende Statistiken zur jeweiligen Schülerschaft vor und das Gesundheitsamt ist Herr Die Herkunft der Daten ist dabei vielfältig: So stammen über Kennzahlen zur Gesundheit der Duisburger Bevöl- einige Daten „von außen“ und werden von der abge- kerung, wie zum Beispiel die Erhebungen aus der Schul schotteten Statistikstelle der Stadt Duisburg vorgehal- eingangsuntersuchung. ten. Dazu gehören zum Beispiel die für eine Analyse Auszug aus der Datenbank – Kleinräumige Übersicht zum Impfstatus und Grundschulübergang (Quellen: Datenauswertungstool, Schulärztliche Untersuchungen nach dem Bielefelder Modell, LZG NRW (li.), Schuldaten von IT:NRW; Ortsteilspezifische Aufbereitung durch Stadt Duisburg, Amt für Schulische Bidung (re.)) PLANUNG – EIN BLICK ÜBER DEN TELLERRAND IST PFLICHT Die Verortung dieser Daten in den jeweiligen Fachäm- So „lebt“ die Schulentwicklungsplanung gerade davon, DIE STRUKTUR IST DA – DIE ROUTINE MUSS NOCH WACHSEN tern ist notwendig und sinnvoll, da hier mit den jeweili- Schulstatistiken mit Einwohnerzahlen und mit sozial- gen Daten die originären Verwaltungsaufgaben erledigt strukturellen Kennziffern des sozialräumlichen Umfel- Das Fundament für eine gemeinsame und integrierte das jeweilige Fachamt direkt anzusprechen. Digitale Da- werden. Denn nicht alles, was in der Stadt verwaltet des, in dem die Schulen agieren, zu verknüpfen. Die Nutzung von Datenbeständen liegt in Duisburg somit tenbanken können (vor)strukturieren, das Detailwissen wird, muss integriert stattfinden. Auszahlungen von So- Duisburger Schulstandortbewertung zur Steuerung vor. Nun gilt es, das Arbeiten damit noch stärker in die und die fachspezifische Bewertung sind aber weiterhin zialleistungen oder die Verwaltung des Schulbudgets von Personal- und Finanzmitteln in Abhängigkeit des verwaltungstechnische Routine zu integrieren. Zudem: analog. Somit kann eine Datenbank das integrierte Ar- brauchen in der Regel keine zusätzlichen (statistischen) sozialen Umfeldes ist hierfür ein gutes Beispiel. Ein ein- Nicht immer reicht das zur Verfügung stehende Daten- beiten unterstützen – integrierte Planung wird aber von Informationen von anderen Ämtern. Jedoch insbeson- facher Zugriff auf sozialstatistische Kennzahlen ist für material des Atlas aus. Gerade bei sehr speziellen und den Menschen gemacht. dere in der Planung reicht der amtsinterne Blick nicht. eine effiziente Arbeitsweise daher unabdingbar. detaillierten Thematiken ist es nötig und auch sinnvoll, Literatur: underlich, Holger (2020): Integrierte Sozialplanung als Herausforderung in und zwischen Kreisen, Städten und Gemeinden. In: TANORAMA – Das W Magazin der Transferagentur Nord-Ost, Ausgabe 1/2020, S. 8 – 11. KECK-Atlas der Bertelsmann Stiftung: www.keck-atlas.de/duisburg Transferagentur Kommunales Text: David Müller-Warnecke, Stabsstelle für Wahlen und Informationslogistik, 12 Bildungsmanagement Niedersachsen Dr. Tobias Terpoorten, Amt für Schulische Bildung, Stadt Duisburg Kontakt
DER SOZIALRAUM: ZWISCHEN INDIVIDUELLEN DAS SOZIALRAUM-MODELL LEBENSLAGEN UND PLANUNGSSICHERHEIT KLEINRÄUMIGKEIT ALS GRUNDLAGE ZUR DATENANALYSE. Das Einfamilienhaus von Familie Schuster liegt neben ei- le empfehlen. Herr Maurer denkt darüber nach, entge- nem Naherholungsgebiet mit vielen Freizeitmöglichkei- gen der Empfehlung eine Gesamtschule auszuwählen, ten. Marie, 1 Jahr alt, geht in die benachbarte Kita. Die Fa- aber es gibt viele offene Fragen. milie hat trotz angespannter Situation rund um die Modell zur Konstruktion von Sozialräumen in Kommunen (Quelle: © G.I.B. mbH) Betreuung den gewünschten Platz bekommen, denn bei- Die beschriebenen Szenarien der Familien, die nicht weit de Elternteile sind berufstätig. Max, 5 Jahre alt, ist Vor- voneinander entfernt wohnen, vermitteln einen explora- 1 VORHANDENES NUTZEN: Die erste Entwicklungsstufe beinhaltet eine pragmatische Herangehensweise. Zu Beginn einer Sozial- schulkind. Ab dem Sommer wird er in die Grundschule tiven Eindruck über unterschiedliche Gegebenheiten. oder Fachplanungsberichterstattung greifen die Planer/-innen auf eine räumliche Planungseinheit zurück, die im politisch-adminis- am anderen Ende der Stadt gehen. Es gibt zwar eine fuß- Die verschiedenen Lebenssituationen mit ganz eigenen trativen System und der statistischen Aufbereitung der Kommune bereits vorhanden ist. Dies können zum Beispiel statistische läufig erreichbare Schule, aber diese hat einen schlechten Fragestellungen bringen sehr individuelle Bedarfe her- Bezirke, gewachsene Stadtteile oder Stadtbezirke sein. Der Vorteil ist, dass zum Beispiel Einwohner-Daten häufig bereits vorliegen Ruf in der Nachbarschaft. Daher haben sich Max’ Eltern vor. Um als Kommunalverwaltung im Rahmen der Da- und schnell mit der Datenauswertung begonnen werden kann. Für Kommunen im ländlichen Raum kann es von Vorteil sein, klei- für eine private Grundschule entschieden, um ihrem Sohn seinsfürsorge angemessen darauf „reagieren“ oder pro- nere Sozialräume auf Basis gewachsener oder eingemeindeter Ortschaften zu bilden. die bestmögliche Förderung zu ermöglichen. Sie werden aktiv damit „umgehen“ zu können, muss zunächst eine 2 ihn jeden Tag dorthin fahren. Die Eltern sind aufgrund des Annäherung an diese individuellen Bildungs-, Wohn- und KONSENS ERZIELEN: Die zweite Entwicklungsstufe sieht im Vorfeld eine fachbereichsübergreifende, integrierte Abstimmung inner- bevorstehenden Wechsels in die Grundschule emotional Lebenssituationen erfolgen. Grundlage hierfür bilden halb der Kommunalverwaltung auf gemeinsame kleinräumige Planungseinheiten vor und erfordert eine größere Vorbereitung. Es sehr aufgeregt. Sie kennen die offene Beratungssprech- kleinräumige Analysen ausgewählter quantitativer und muss festgelegt werden, welche Fachbereiche mit Daten und Expertise am Prozess beteiligt werden sollen und welche geografi- qualitativer Daten. Zentrale Bausteine sind dabei sowohl sche Ebene die verschiedenen Ressorts üblicherweise für ihre Planung zugrunde legen. Im Rahmen eines gemeinsamen Prozesses stunde der Kita und nehmen diese gern in Anspruch. wird eine Einigung darüber erzielt, welche Sozialräume möglichst bedarfsgerechte Angebote ermöglichen. Darüber hinaus muss die Auswahl geeigneter Indikatoren, wie zum Beispiel abgestimmt werden, welche Daten statistisch neu aufbereitet werden können, sodass die ursprüngliche Datenlage einzelner Fach- Herr Maurer lebt mit seinen beiden Töchtern in einem Quote der Betreuungsplätze für unter 3-jährige Kinder und bereiche auf andere kleinräumige Planungseinheiten angepasst werden kann. Bei einem weitgehenden Prozess kann zusätzlich mehrgeschossigen Wohnhaus an einer Hauptverkehrs- der Beitragsbefreiungen von den Kita- und OGS-Gebüh eine Einigung darüber erzielt werden, dass die integriert entwickelten Sozialräume zukünftig die einzige kleinräumige Planungsein- straße, hinter der das bekannte Naherholungsgebiet be- ren, Schulabbrecherquote, SGB II- und Wohngeldbezug, heit in allen Fachbereichen darstellen. ginnt. Die Innenstadt ist nicht weit. Der nächste Kinder- als auch die feste Definition kleinräumiger Planungsein- 3 arzt hingegen ist schlecht erreichbar. Für die einjährige heiten. Mithilfe der Analysen können unterschiedliche BÜRGER BETEILIGEN: Die dritte Entwicklungsstufe setzt eine vorherige integrierte Abstimmung innerhalb der Kommunalverwal- Matilda hat Herr Maurer keinen Betreuungsplatz be- Herausforderungen in den kommunalen Sozialräumen tung unter Einbeziehung verschiedener Fachbereiche voraus. Ist dieser Prozess abgeschlossen, ist die Beteiligung von Trägern der kommen. Er ist auf der Suche nach einer Beschäftigung, identifiziert werden. Dabei sind die individuellen Frage- Freien Wohlfahrtspflege und von Bürgerinnen und Bürgern vorgesehen. Das bedeutet, dass die räumlichen Planungseinheiten in die Recherche kommt neben den täglichen Aufgaben stellungen und Herausforderungen sehr komplex und Sozialraum- oder Stadtteilkonferenzen den vor Ort lebenden Bürgerinnen und Bürgern und agierenden Institutionen vorgestellt häufig zu kurz. Er sorgt sich um die neunjährige Janine, erfordern eine gemeinsame fachbereichsübergreifende und mit den individuellen Bewegungsmustern abgeglichen werden. Im Rahmen dieses Prozesses werden die Sozialraumgrenzen die im nächsten Jahr auf die weiterführende Schule Herangehensweise sowie integrierte Lösungsstrategien an manchen Stellen verändert. Während aber individuelle Bewegungen administrative Grenzen überschreiten, ist dies für Sozial- wechseln soll. Der Lehrer wird vermutlich die Hauptschu- (vgl. Bartling et al. 2019, S. 2). räume nicht zu empfehlen. Das heißt, im Rahmen dieses Beteiligungsprozesses müssen eine klare Grenzziehung und eine Auf teilung des gesamten Stadtgebietes abgestimmt werden, weil diese sonst im Nachgang behoben werden müssten. Daher muss dieser Prozess mit Beteiligten aller Sozialräume gleichzeitig oder unter besonderer Abstimmung der einzelnen Gruppen nachein- KONSTRUKTION VON SOZIALRÄUMEN IM GEMEINSAMEN FACHÜBERGREIFENDEN PROZESS ander vollzogen werden. Diese Entwicklungsstufe hat die Vorteile, dass sie die Identifikation mit den gewählten Sozialräumen und dem Planungsprozess insgesamt stärkt und die Legitimation der Planungseinheiten erhöht. Die Konstruktion von Sozialräumen bewegt sich also im Grad der Verständigung variieren, vom Kompromiss bis Bereich zwischen einerseits individuellen sozialen Frage- hin zum Konsens. stellungen in soziologischen Bewegungsräumen und an- FAZIT dererseits möglichst objektiven Planungseinheiten, um Zur Verdeutlichung dieser unterschiedlichen Herange- eben jenen Fragestellungen begegnen zu können. Ziel hensweisen haben die Autorinnen ein Sozialraum-Mo- Bezugnehmend auf die obige Ausgangssituation ist die zubieten, nicht aus dem Fokus zu verlieren. Dafür ist sollte sein, diese Planungseinheiten kleinräumig und dell, bestehend aus drei möglichen Entwicklungsstufen, dritte Entwicklungsstufe aufgrund der Identifikation der eine fachbereichsübergreifende Betrachtungsweise er- möglichst nah an den sozialen Bewegungsräumen zu entwickelt. Entwicklungsstufen bedeuten dabei, dass Bürgerinnen und Bürger mit ihrem lokalen Nahraum forderlich. Idealerweise sollten die Sichtweisen aus den entwickeln und zugleich eine breite Akzeptanz für ein eine kommunaleigene Auswahl einer einzelnen Entwick- eine Empfehlung wert, allerdings kann auch eine prag- Fachbereichen Erziehung, Bildung, Soziales, Gesundheit, identisches Raumverständnis in der Kommunalverwal- lungsstufe sinnvoll ist und die Definition nicht zwingend matische Herangehensweise als Grundlage für einen be- Beschäftigung, Wohnen und Umwelt einbezogen werden. tung zu erarbeiten. Die Konstruktion solcher Sozialräu- diesem chronologischen Ablauf folgt. Die dritte Stufe ist ginnenden Planungsprozess erfolgsversprechend sein. In welcher Form dann der gemeinsame Prozess, einen me sollte nicht durch eine Fachplanung allein, sondern qualitativ am anspruchsvollsten und schafft durch den Sie ermöglicht eine schnelle vergleichende Datenanalyse Raum als Sozialraum zu definieren, Indikatoren auszu- in einem gemeinsamen Prozess gestaltet werden. In Abstimmungs- und Partizipationsprozess eine breite Ak- auf kleinräumiger Ebene. Wichtig ist, das Ziel, kommu wählen, Herausforderungen zu erkennen und Lösungs- Form von interdisziplinären Arbeitsgruppen ist es mög- zeptanz. Eine Veränderung der Sozialräume im Rahmen nale Angebote und Unterstützungsmöglichkeiten mög- ansätze zu entwickeln, gestaltet wird, hängt immer von lich, Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Raumver- langjähriger, fortlaufender Analysen birgt die Gefahr, lichst nah an sozialen und individuellen Lebenslagen an- den kommunalen Spezifika ab. ständnisse abzuwägen, zu diskutieren und eine inte- dass Werte aufgrund unterschiedlicher räumlicher Gren- grierte Lösung zu finden. Dieser Diskurs ermöglicht dann zen in Zeitreihen nicht miteinander vergleichbar sind. Da- Literatur: einen gemeinsamen Planungsprozess auf Basis identi- her sind die Auswahl der Entwicklungsstufe und der An- artling, Lisa, Lars Czommer, Susanne Marx und Tim Stegmann (2019): Grundlagen für eine integrierte strategische Sozialplanung in der Kommune. Eine B scher Grenzen der Planungseinheiten. Dabei kann der stoß zu diesem Prozess im Vorfeld von großer Bedeutung. Arbeitshilfe für Kommunen und Träger. Transferagentur Kommunales Text: Lisa Bartling und Ann-Kristin Reher, 14 Bildungsmanagement Niedersachsen G.I.B. – Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH Kontakt
WIE SOZIALRAUMORIENTIERUNG ZU MEHR BILDUNGSGERECHTIGKEIT BEITRAGEN KANN bei sozialraumorientierung haben wir es einerseits mit einem hochgradi .. g PROF. REINHARD ÜBER KOMMUNALE HERAUSFORDERUNGEN UND LÖSUNGSWEGE. personenbezogenen.. Ansatz und anderersei .. ts mit einem sozialokologi- schen, auf die Veranderung von Verhaltnissen zielenden Ansatz zu tun. Akteure in der kommunalen Landschaft sind aufgefordert, von den Die Liste kommunaler Herausforderungen ist lang: Soziale Ungleichheiten reduzieren, Integration fördern und Bildungsgerechtigkeit herstellen sind nur einige davon. Inwieweit die Betrachtung kleiner sozialräumlicher Ein Menschen her.. zu denken und passgenaue infrastrukturelle Angebote heiten dabei unterstützen kann, die Lebenswelt der jeweiligen Bevölkerung zu verbessern und Unterschiede und Unterstutzungssettings im Wohnumfeld zu schaffen, anstatt die zwischen den Quartieren zu minimieren, erläutert Professorin Gaby Reinhard im folgenden Interview. Sie lehrt Menschen fur die vorhandenen Angebote passend zu machen. aktuell Methoden der Sozialen Arbeit an der Fliedner Fachhochschule Düsseldorf und zählt Sozialraumorientie rung sowie integrierte Stadtteilentwicklung seit Langem zu ihren Arbeitsschwerpunkten. Als ehemalige ge schäftsführende Leitung des Institutes für Stadtteilentwicklung, Abteilungsleitung der Jugendhilfeplanung im Jugendamt der Stadt Essen sowie durch ihre Tätigkeit als Mitglied des Kuratoriums der Anneliese Brost-Stiftung Foto: Fliedner Fachhochschule Düsseldorf bringt sie zudem verschiedene Perspektiven auf integrierte Planung und Sozialraumorientierung ein, die auch im Rahmen eines datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements (DKBM) von Interesse sind. Frau Professorin Reinhard, Sie waren selbst als Abtei- Beteiligten. Die meisten Kolleginnen und Kollegen versu- willigen Vorstellungen der Menschen von einem gelin- Inwieweit hängt Sozialraumorientierung mit dem An- lungsleiterin Jugendhilfeplanung bei der Stadt Essen chen dem mit Humor und Pragmatismus zu begegnen genderen Alltag als Grundlage nehmen. satz einer integrierten Planung zusammen? Und welche aktiv. Welche Aufgaben kommen Kommunen aus Ihrer und entsprechende Anträge zu stellen. Eine Aufgabe der Rolle spielen Quartiermanagement und integrierte Sicht bei der Förderung von Bildungsgerechtigkeit und Kommune und auch von Land und Bund wäre es, diese Welche Rahmenbedingungen müssen gegeben sein, um Stadtteilentwicklung in diesem Rahmen? Teilhabe zu? Kluft zwischen Bürokratie und Zivilgesellschaft zu schlie- Sozialraumorientierung erfolgreich umzusetzen? ßen. Ich bin mir sehr sicher, dass viele Fachkräfte nur Das sind komplexe Zusammenhänge, auf die Sie mit die- Schon länger stellen soziale Ungleichheit, Armut und durch Beharrlichkeit, Herzblut für die Sache und durch Ein Fachkonzept – wie die Sozialraumorientierung – be- sen beiden Fragen Ihren Fokus lenken. Gleichzeitig wei- Ausgrenzung in Deutschland einhergehend mit einer kreative Lösungen in ihren jeweiligen Organisationen ge- zieht sich auf den „institutionellen“ Wirkungszusammen- sen diese Fragen auf eine aus meiner Sicht zentrale fortschreitenden räumlichen Konzentration benachtei- meinsam im Quartier erfolgreich arbeiten. hang für die gesamte Arbeit innerhalb einer Einrichtung „Dreifaltigkeit“ kommunaler Strategien zur Verbesserung ligter Bevölkerungsgruppen in einzelnen Stadtteilen und oder einer Organisation. Idealtypisch werden im Rah- von Chancengleichheit, Bildungsgerechtigkeit und sozia- Quartieren die verantwortlichen Akteure in Politik, Ver- Mit dem Ziel der Chancengleichheit vor Ort wird ver- men der Implementation der Sozialraumorientierung lem Frieden hin: Die Sozialraumorientierung als fach waltung und auch bei Kirchen, Verbänden und Vereinen stärkt auch das Konzept der Sozialraumorientierung in Personal- und Organisationsentwicklung miteinander liche Ausrichtung der Arbeit, die integrierte Stadtteilent- vor enorme Herausforderungen. Hinzu kommen die Zu- Zusammenhang gebracht. Was verstehen Sie persönlich verzahnt, um das willens- und ressourcenorientierte wicklung als politischer Ansatz und Quartiermanagement wanderung aus den verschiedenen internationalen Kri- darunter und inwiefern kann Sozialraumorientierung zu Handeln der Fachkräfte innerhalb der Institution sowohl als Organisations- und Steuerungsansatz. sengebieten und die damit verbundenen sozialräumli- mehr Chancengleichheit vor Ort beitragen? durch die zuständige Leitungsebene als auch neue Ver- chen Integrationserfordernisse. Die Ursachen dafür sind fahrensabläufe zu stützen. Neben der professionellen Integrierte Stadt(teil)entwicklung ist aus meiner Perspek- sehr vielfältig und liegen oftmals nicht auf kommunaler Sozialraumorientierung ist eine wehrlose Vokabel und Haltung ändern sich auch organisatorische Abläufe und tive keine zusätzliche administrative Planungs- und Steu- Ebene. Allerdings können wir auf kommunaler Ebene die oft werden schon dann Maßnahmen oder Strategien da- Steuerungsstrukturen. Wenn es darum geht, Bildungs- erungsebene, sondern ein idealerweise verstetigtes Be- ungleichen Bedingungen des Aufwachsens zum Anlass runter subsumiert, die lediglich dezentral ausgerichtet gerechtigkeit, Teilhabe und auch Inklusion strukturell mühen, quer über verschiedene administrative Ressorts nehmen, um die Sozialisations- und Lebensbedingungen sind. Nach meinem Verständnis ist Sozialraumorientie- und nicht nur projektbezogen zu fördern, ist es im Grun- hinweg die ökonomische, soziale und ökologische Ent- und damit natürlich auch Bildungsgerechtigkeit und Teil- rung ein Fachkonzept für unterschiedliche Politikfelder de notwendig, die Entwicklung passgenauer Unterstüt- wicklung in einzelnen Stadtteilen in einem gesamtkom- habe für Menschen mit ihnen und in ihrem Sinne zu ver- wie Jugend, Bildung, Stadtentwicklung, Gesundheit oder zungssettings mit neuen und flexibleren Formen der Fi- munalen Zusammenhang strategisch zu steuern. Das bessern. Soziales. Wir haben es hier einerseits mit einem hoch- nanzierung zu verbinden. Wenn nur ein Leistungsbereich seit 1999 aufgelegte Bund-Länder-Programm „Soziale gradig personenbezogenen Ansatz und andererseits mit zugrunde gelegt wird – Gesundheitshilfe, Jugendhilfe oder Stadt“ hat in vielen Gebietskörperschaften diese inte Die kommunalen Verwaltungen haben sich in diesem einem sozialökologischen, auf die Veränderung von Ver- Eingliederungshilfe – sind die Möglichkeiten, für und mit grierten Planungsprozesse initiiert. Und Quartiermanage- Zusammenhang in den vergangenen Jahren sehr be- hältnissen zielenden Ansatz zu tun. Akteure in der kom- den Menschen und die jeweilige Lebenssituation ent- ment ist in diesem Zusammenhang ein strategischer An- wegt. Neben dem Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ munalen Landschaft sind aufgefordert, von den Men- sprechende Unterstützungsarrangements zu schaffen, satz zum systematischen Aufbau von selbsttragenden haben auch die Bildungs- und Präventionsketten zu ei- schen her zu denken und passgenaue infrastrukturelle begrenzt. und nachhaltig wirksamen Entwicklungsstrukturen im nem abgestimmten, auf den Sozialraum bezogenen und Angebote und Unterstützungssettings im Wohnumfeld Quartier. Am besten klappt es dann, wenn im Rahmen manchmal auch integrierten Handeln geführt. Viele zu schaffen, anstatt die Menschen für die vorhandenen Jede Organisation, Einrichtung oder auch jeder Verein einer ressortübergreifenden und gesamtstädtischen Kommunen in Niedersachsen beteiligen sich ja auch an Angebote passend zu machen. Für uns ist der Wille des kann unabhängig von seiner Größe entscheiden, die Strategie die kommunalen Ressourcen gebündelt wer- dem landesweiten Programm „Präventionsketten in Nie- Menschen leitend und nicht die Normalitätsvorstellun- Fachkräfte dabei zu unterstützen, eine entsprechende den. Quartiermanagement kann nicht von dem oder der dersachsen: Gesundes Aufwachsen für alle Kinder!“ Al- gen etwa aus Verwaltung oder Politik. Aus meiner Sicht professionelle Haltung zu entwickeln und auch unter- Quartiermanager/-in realisiert werden, sondern stellt ei- lerdings ändern sich immer wieder Förderbedingungen. fördert ein solcher Ansatz Chancengleichheit, weil im stützende Verfahren zu implementieren. Anders ist es nen komplexen Prozess dar, der unterschiedliche Steue- Finanzierungen werden nur für eine Projektlaufzeit ge- Sinne der leistungsberechtigten Menschen passgenaue mit der finanziellen Organisation von Sozialraumbud- rungs- und Handlungsstrategien, Vorgehensweisen und währt und müssen dann mühevoll verlängert werden, Unterstützungsarrangements entwickelt werden, die sich gets. Hier sind in der Regel grundsätzliche Entscheidun- Methoden beinhaltet. Die gesellschaftlichen Sphären wenn dies überhaupt gelingt. Das ist frustrierend, schafft nicht an der versäulten Angebotsstruktur (ambulant, gen des öffentlichen Trägers notwendig, um ein auf den des politisch-administrativen Systems werden systema- sehr viel Arbeit, führt zu einer Unzufriedenheit bei allen teilstationär, stationär) orientieren, sondern die eigen- Raum bezogenes Finanzierungskonzept zu entwickeln. tisch verknüpft mit dem Sozialraum und dem interme- Transferagentur Kommunales Text: Prof. Dr. Gaby Reinhard, Methoden der Sozialen Arbeit, Fliedner Fachhochschule Düsseldorf, 16 Bildungsmanagement Niedersachsen Geschäftsführung Institut für Sozialraumorientierte Arbeit und Beratung (ISAB e.V.) Kontakt
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