Forschungspolitischer Dialog Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg - Dokumentation
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Dokumentation Forschungspolitischer Dialog Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg 12. September 2007 Magnus-Haus Berlin Am Kupfergraben 7 10117 Berlin
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin Inhaltsverzeichnis 4 Programm 26 Anforderungen aus der Klinik und Forschungspolitischer DialogPotenziale und Perspektiven von medizinischer Bedarf Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg Prof. Dr. Mathias Müller | Kaiser-Franz-Josef-Spital | Wien 5 Editorial 28 Potenziale in Wissenschaft und Industrie: Dr. Günter Peine | BioTOP Berlin-Brandenburg Die Wertschöpfungskette In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg 6 Einführung Dr. Günter Peine | BioTOP Berlin-Brandenburg Prof. Dr. Rudolf Tauber | Charité – Universitätsmedizin Berlin Dr. Günter Peine | BioTOP Berlin-Brandenburg 30 Biomarker – Screening und Identifizierung Dr. Arno Krotzky | metanomics GmbH | Berlin 14 „Entwicklung innovativer Diagnostik“ als Handlungsfeld der Masterplanung 32 Biochip-basierte Analysesysteme für die Hauptstadtregion Dr. Holger Eickhoff | Scienion AG | Berlin Senator Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner | Senatsverwaltung für 34 Patientennahe Diagnosesysteme – Bildung, Wissenschaft und Forschung Berlin Point-Of-Care-Diagnostik 16 Volkswirtschaftliche Relevanz von Dr. habil. Axel Warsinke | Universität Potsdam In Vitro-Diagnostik in Klinik und Prävention 36 Diagnostische und präventive Labormedizin – Dr. Joachim Kartte | Roland Berger Strategy Consultants GmbH neue Konzepte der Organisation und Kooperation Berlin Prof. Dr. Rudolf Tauber | Charité – Universitätsmedizin Berlin 18 Internationaler Stand der Forschung, neue 38 Perspektiven für ein „Translationales Zentrum Entwicklungen und Trends in der In Vitro-Diagnostik für Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik Prof. Dr. Pranav Sinha | Institut für Medizinische und Chemische Berlin-Brandenburg“ Labordiagnostik | Landeskrankenhaus Klagenfurt Prof. Dr. Frank Bier | Fraunhofer-Institut für Biomedizinische 20 Diskussion: Plenum IBedeutung und Technik | Potsdam Internationale Entwicklungen 40 Schwerpunkte und nächste Maßnahmen für Moderation: Prof. Dr. Rudolf Tauber | Charité – Universitäts die weitere Entwicklung des Handlungsfeldes medizin Berlin StS Dr. Wolfgang Krüger | Ministerium für Wirtschaft des Landes 22 Integrated Biomarker-Konzepte – Brandenburg worauf müssen Unternehmen vorbereitet sein? 42 Ausblick und zusammenfassende Diskussion Herbert Sucka | B.R.A.H.M.S AG | Hennigsdorf Prof. Dr. Rudolf Tauber | Charité – Universitätsmedizin Berlin 24 Strategie international agierender 44 Kontakte Referenten Diagnostika-Hersteller – welche Profile müssen Kooperationspartner auf regionaler Ebene bieten? 45 Impressum Harald Borrmann | Roche Diagnostics GmbH | Mannheim 3
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin Programm Forschungspolitischer Dialog Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg 09.00 Begrüßung und Einführung (Dr. Bruno Broich · TSB Technologiestiftung Berlin) Plenum I: Bedeutung und Internationale Entwicklungen (Moderation: Prof. Dr. Rudolf Tauber) 09.15 Volkswirtschaftliche Relevanz von In Vitro-Diagnostik in Klinik und Prävention (Dr. Joachim Kartte · Roland Berger Strategy Consultants GmbH · Berlin) 09.35 Internationaler Stand der Forschung, neue Entwicklungen und Trends in der In Vitro-Diagnostik (Prof. Dr. Pranav Sinha · Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik · Landeskrankenhaus Klagenfurt) 10.05 Diskussion Plenum I 10.15 Kaffeepause 10.45 „Entwicklung innovativer Diagnostik“ als Handlungsfeld der Masterplanung für die Hauptstadtregion (Senator Prof. Dr. Jürgen Zöllner · Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung · Berlin) Plenum II Anforderungen an die Diagnostik-Entwicklung (Moderation: Prof. Dr. Frank Bier) 11.05 Integrated Biomarker-Konzepte - worauf müssen Unternehmen vorbereitet sein? (Herbert Sucka · B·R·A·H·M·S AG · Hennigsdorf) 11.35 Strategie international agierender Diagnostika-Hersteller – welche Profile müssen Kooperationspartner auf regionaler Ebene bieten? (Harald Borrmann · Roche Diagnostics GmbH · Mannheim) 12.05 Anforderungen aus der Klinik und medizinischer Bedarf (Prof. Dr. Mathias Müller · Kaiser Franz Josef Spital · Wien) 12.35 Diskussion Plenum II 12.45 Mittagspause Plenum III Standortbestimmung: In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg (Moderation: Prof. Dr. Ulf Göbel) 13.45 Potenziale in Wissenschaft und Industrie: Die Wertschöpfungskette In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg (Dr. Günter Peine · BioTOP Berlin-Brandenburg) 14.00 Biomarker – Screening und Identifizierung (Dr. Arno Krotzky · metanomics GmbH Berlin) 14.15 Biochip-basierte Analysesysteme (Dr. Holger Eickhoff · Scienion AG Berlin) 14.30 Patientennahe Diagnosesysteme – Point-Of-Care-Diagnostik (Dr. habil. Axel Warsinke · Universität Potsdam) 14.45 Diagnostische und präventive Labormedizin – neue Konzepte der Organisation und Kooperation (Prof. Dr. Rudolf Tauber · Charité – Universitätsmedizin Berlin) 15.00 Diskussion Plenum III 15.15 Kaffeepause Plenum IV Zukünftige Entwicklungen in Berlin-Brandenburg (Moderation: Dr. Günter Peine) 15.45 Perspektiven für ein „Translationales Zentrum für Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik Berlin-Brandenburg“ (Prof. Dr. Frank Bier · Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik · Potsdam) 16.00 Schwerpunkte und nächste Maßnahmen für die weitere Entwicklung des Handlungsfeldes (StS Dr. Wolfgang Krüger · Ministerium für Wirtschaft des Landes Brandenburg) 16.20 Ausblick und zusammenfassende Diskussion (Prof. Dr. Rudolf Tauber · Charité – Universitätsmedizin Berlin) 16.45 Ende der Veranstaltung 4
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin Editorial Dr. Günter Peine BioTOP Berlin-Brandenburg Frühzeitige, spezifische und verlässliche Diagnostik kann einen Um hier die richtigen Schwerpunkte für die Entwicklung der erheblichen Beitrag zu Prävention und Therapie von Krank- Region in den nächsten Jahren zu setzen, haben wir im Rah- heiten leisten und ist daher angesichts der Herausforderun- men eines „Forschungspolitischen Dialogs“ sowohl die inter- gen, vor denen unser Gesundheitssystem steht, kaum zu über- nationalen Entwicklungen, als auch die regionalen Potenziale schätzen. auf dem Feld der In Vitro-Diagnostik analysiert. Berlin-Brandenburg verfügt auf dem Gebiet „Bioanalytik und Die Veranstaltung wurde in der gemeinsamen Trägerschaft der In Vitro-Diagnostik“ über eine außerordentlich breit gefächer- Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung und te Expertise in einer Vielzahl sehr leistungsfähiger Firmen und der TSB Technologiestiftung Berlin / BioTOP Berlin-Brandenburg Forschungseinrichtungen. Mit einer der dichtesten Klinikland- durchgeführt. Sie konzentrierte sich vor allem darauf, wie noch schaften Deutschlands existiert zusätzlich ein großes Anwen- vorhandene Defizite in der Wertschöpfungskette beseitigt wer- derpotenzial. den können, damit die Anforderungen der klinischen Praxis bei der Entwicklung marktrelevanter Produkte und Verfahren er- Die „Entwicklung innovativer Diagnostika“ ist daher ein aus- füllt werden können. gewiesenes Handlungsfeld der technologiepolitischen Master- planung der beiden Länder. Eine erfolgreiche Umsetzung dieser Ein entscheidender Schritt in diese Richtung ist die Etablierung Rahmenplanung wird gelingen, wenn Wissenschaft, Wirtschaft des „Translationalen Zentrums für Bioanalytik und molekula- und Politik sich dieser Aufgabe stellen und gemeinsam die re Diagnostik“. Dies wird die Forschungs- und Entwicklungs- Entwicklung vorantreiben. aktivitäten im Bereich der Tumor- und Herz-Kreislauf-Erkran- kungen bündeln und hierfür als zentrale Infrastruktur eine umfassende, höchsten Standards genügende Biobank zur Ver- fügung stellen. Die vorliegende Broschüre fasst die Präsentationen und Dis- kussionsbeiträge des Forschungspolitischen Dialogs zusammen und ermöglicht Ihnen einen informativen Kurzüberblick über Themen, Trends und Potenziale der In Vitro-Diagnostik in Ber- lin-Brandenburg. Für weitergehende Fragen steht Ihnen BioTOP gerne zur Verfü- gung. Dr. Günter Peine BioTOP Berlin-Brandenburg 5
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin Einführung Prof. Dr. Rudolf Tauber | Charité – Universitätsmedizin Berlin Dr. Günter Peine | BioTOP Berlin-Brandenburg Neben der Medikamentenentwicklung und der regenerativen Mit dem Einsatz von In Vitro-Diagnostika sind folgende gene- Medizin bilden Bioanalytik und die Entwicklung darauf basie- relle Zielstellungen verbunden: render diagnostischer Verfahren den dritten großen Bereich der modernen Biotechnologie. der rationale Einsatz von Arzneimitteln und Therapieverfahren, uu die Verkürzung von Krankenhausaufenthalten, uu Die Bioanalytik umfasst dabei alle Methoden, die heute in Bio- die Verbesserung von Compliance und Patientenzufrieden- uu chemie und Molekularbiologie zur Untersuchung von biologisch heit sowie aktiven Substanzen angewendet werden. Dabei geht es neben eine verbesserte Ökonomie im Gesundheitssystem. uu der Methodenentwicklung in weiten Bereichen um instrumen- talanalytische Techniken, wie zum Beispiel chromatografische Der In Vitro-Diagnostik kommt mit diesen Aufgaben und Zielen und elektrophoretische Verfahren sowie insbesondere die Mas- eine zentrale Rolle in der ambulanten und stationären Kran- senspektroskopie. kenversorgung sowie in der präventiven Medizin zu (Abb. 1). Die In Vitro-Diagnostik entwickelt diese und weitere Methoden Über die quantitative und qualitative Erfassung von diagnos- fort zur Untersuchung von menschlichen Körperflüssigkeiten, tischen Parametern hinaus können mit den Methoden der Zellen oder Gewebeteilen, die außerhalb des Körpers durchge- modernen Bioanalytik und der In Vitro-Diagnostik auch die führt wird, und setzt sie zur Früherkennung und zur Diagnos- molekularen Grundlagen der Zell- und Gewebefunktionen – tik von Krankheiten sowie zur Kontrolle des Krankheitsverlaufs metabolische Prozesse, Signalwege und Regulationsmechanis- und des Therapieerfolgs ein. Zunehmende Bedeutung gewinnt men – lebender Organismen analysiert werden. Vergleichende die In Vitro-Diagnostik entsprechend dem Wissensfortschritt Untersuchungen von Patienten und gesunden Probanden und bei der Erkennung von Risikofaktoren und damit als Entschei- Untersuchungen tierischer Modelle erworbener und genetisch dungsgrundlage für die Einleitung präventiver Maßnahmen. bedingter Krankheiten ermöglichen die Aufklärung der Ursa- chen von Krankheiten und schaffen hierdurch die Grundlagen für die Entwicklung neuer Methoden der Diagnose und der Be- handlung von Krankheiten (siehe Abbildung 1). Forschung und Entwicklung in Bioanalytik und In Vitro- Diagnostik. Entwicklungstrends – Zukünftige Themen und Technologien Die Fortschritte der biomedizinischen Grundlagenforschung und die Entwicklung neuer analytischer Technologien und Me- thoden haben in den letzten Jahrzehnten zu einer außeror- dentlichen Leistungssteigerung der In Vitro-Diagnostik in der klinischen Praxis geführt. Beispiele sind die Entwicklung neu- er diagnostischer Verfahren mit Hilfe monoklonaler Antikör- per, die PCR-basierten diagnostischen Verfahren oder die Fort- schritte in der massenspektrometrischen Analytik. Gleichwohl fehlen weiterhin in der Praxis der stationären und ambulan- ten Krankenversorgung wie auch in der präventiven Medizin für eine Vielzahl von Krankheiten zuverlässige diagnostische Mar- 6
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin Abbildung 1: Die zentrale Rolle der In Vitro-Diagnostik im Gesundheitswesen Serologie EKG Bakteriologie klinisches Labor Quelle: J.D. Kruse-Jarres, Lab.mde. 18:213/1994 Endoskopie Zytologie Röntgen Histologie Untersuchung Anamnese 0% 20% 40% 60% 80% 100% Anteil an der Diagnosefindung ker, welche die sichere und frühzeitige Diagnose einer Krank- Chip- oder Array-Technologien gewinnen zunehmend an Be- heit ermöglichen. Diese tragen zur Prognoseabschätzung und deutung bei der Entwicklung neuer In Vitro-diagnostischer zur Kontrolle des Krankheitsverlaufs bzw. zur Therapiekontrolle Ansätze. Sie können für Genexpressionsanalysen und Geno- bei oder ermöglichen eine Erkennung von Krankheitsrisiken vor typisierungen (Resequencing) wie auch für die Analyse von Ausbruch einer Erkrankung und damit deren Prävention. Proteinen eingesetzt werden. Es gibt bereits vielversprechende Ansätze für den Einsatz von Mikroarrays in der Proteinanalytik Die Sequenzierung des humanen Genoms, die Identifizierung und im Bereich der Antikörper-basierten In Vitro-Diagnostik, und Charakterisierung der primären und sekundären Genpro- so dass davon ausgegangen werden kann, dass die technologi- dukte wie des Proteoms und des Glycoms und die Erforschung sche Revolution der Miniaturisierung und hochparallelen Ver- des Metaboloms führen gegenwärtig zur Identifizierung ei- arbeitung von biologischen Daten fortschreiten wird. ner Fülle potenzieller neuer Biomarker in Geweben, Zellen und Körperflüssigkeiten. Aus diesen Ergebnissen der Grundlagen- Die Erweiterung des Spektrums diagnostischer Parameter ins- forschung werden neue diagnostische Parameter auf den ver- besondere der molekulargenetischen Marker in Kombination schiedenen biologischen Hierarchieebenen zugänglich, welche mit den Möglichkeiten der gleichzeitigen Erfassung einer Viel- die Ableitung neuer diagnostischer Strategien ermöglichen. zahl von Parametern mit Hilfe der Array-Technologien eröffnet Wege einer individualisierten Diagnostik, die auf die Beson- Folgenden Gebieten der Diagnostikentwicklung kommt gegen- derheiten jedes einzelnen Patienten abgestimmt ist. Sie ist von wärtig besondere Bedeutung zu: besonderem Interesse zum einen für die Erfassung von Risiko- faktoren in der präventiven Medizin, zum anderen als Grund- Genom-basierte Diagnostik uu lage für die Entwicklung der auf ein Individuum maßgeschnei- Proteom-basierte Diagnostik uu derten Pharmakotherapie. Glycom-basierte Diagnostik uu Metabolom-basierte Diagnostik uu F&E auf dem Gebiet der Bioanalytik und der In Vitro-Diagnostik werden auch durch den zunehmenden Bedarf an In Vitro-Dia- Auch der rasche Fortschritt bei der Entwicklung von Methoden gnostik in der präventiven und kurativen Medizin vorangetrie- und Technologien eröffnet neue Möglichkeiten für die In Vitro- ben. Hierfür sind mehrere Faktoren verantwortlich: Diagnostik. Im Vordergrund stehen gegenwärtig die folgenden Trends in der Technologieentwicklung: Demografische Entwicklung. Angesichts der demografischen uu Entwicklung bei gleichzeitiger Zunahme von Risikofaktoren Patientennahe Diagnosesysteme (Point-Of-Care), Selbsttests uu wie ungesunde Ernährung treten Krankheitsbilder (z. B. Biochip-basierte Analysesysteme („Lab-on-the-chip“) uu M. Alzheimer) in den Vordergrund, die bislang nur kleine- 3D Protein-Mikroarrays und durchflusszytometrische uu re Bevölkerungsgruppen in höherem Lebensalter betroffen Bestimmungen haben. Massenspektrometrie uu Laborautomation uu Zunehmende Bedeutung der Prävention. Mit Hilfe moderner uu Webbasiertes Datenmanagement und drahtlose uu Diagnostika können zunehmend Risikofaktoren für zahlrei- Kommunikation che Krankheiten vor ihrem Ausbruch erkannt werden. Durch Softwareentwicklung und Parameteralgorithmen uu geeignete Präventions- und frühzeitige Therapiemaßnahmen kann der Ausbruch von Krankheiten verhindert oder ihr Ver- lauf gemildert werden. Gleichzeitig tritt der Wunsch in den 7
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin Abbildung 2: Umsatzentwicklung IVD Markt (Europa) | 2000-2010 12 10 11 9 10 Quelle: Frost & Sullivan, 2004 „Strategic Analysis of the European In Vitro Market“ 8 9 Umsatz (USD Mrd.) 8 7 Wachstum (%) 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 0 0 2000 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Gesamtumsatz IVD Markt Durchschnittliches jährliches Wachstum 2003-2010: 7,9% Vordergrund, sich durch verbesserte Vorsorge bis ins hohe Wirtschaftliche Bedeutung Alter fit und leistungsfähig zu halten. Der Markt für In Vitro-Diagnostik umfasst im Wesentlichen die Segmente Point-Of-Care (POC, patientennahe Analysesysteme), Pathogenese vieler Erkrankungen wird zunehmend ver- uu Immunoassays/Molekularbiologie, Hämatologie, Koagulation, standen – Kausale bzw. regenerative Therapie für viele klinische Chemie und Mikrobiologie (Frost&Sullivan, 2004). Krankheiten wird möglich. Die molekulare Medizin klärt Nach dieser Studie weist der weltweite Markt folgende Merk- zunehmend die Ursachen bislang nicht verstandener Krank- male auf: heiten auf. Hieraus ergeben sich neue Ansatzpunkte für die Therapie bislang nicht behandelbarer Krankheitsbilder. Neue Die Segmente Immunologie, klinische Chemie und Blut- uu Medikamentengenerationen eröffnen die kausale bzw. kura- zucker-Selbsttests machen 67 % des Marktes aus. Die am tive Therapie der Krankheitsursachen. schnellsten wachsenden Segmente sind POC und molekular- biologische Diagnostik von Mikroorganismen. Personalisierte Medizin. Die meisten Krankheiten sind mul- uu Die Länder USA, Japan und Deutschland bilden 63 % des uu tifaktoriell. Daher wirken bestimmte Medikamente nur bei Weltmarktes, die am schnellsten wachsenden Märkte befin- einem Teil der Patienten. Weiterhin ist die therapeutische den sich in China, Taiwan und Korea. Wirksamkeit und das Auftreten von unerwünschten Neben- Automatisierung, Miniaturisierung und Informationsma- uu wirkungen von genetischen Faktoren abhängig, welche die nagement werden zukünftig die wichtigsten Wachstumstrei- Pharmakokinetik und -dynamik beeinflussen (Pharmakoge- ber sein. netik). Mit Hilfe der In Vitro-Diagnostik kann das geeignete Die Entwicklung „personalisierter Medizin“ und entspre- uu Präparat und die für jeden Patienten optimale Dosierung chender Diagnoseverfahren werden den Markt mittelfristig gefunden und der Therapiefortschritt laufend überwacht erreichen. werden. Für den Weltmarkt prognostizierten Frost&Sullivan ein durch- Kostendruck im Gesundheitswesen. Das Gesundheitsbudget uu schnittliches jährliches Wachstum bis 2010 von 7,1 %, in Eu- ist begrenzt. Zahlreiche Studien belegen, dass die In Vitro- ropa von 7,9 %. Damit wird der Gesamtumsatz 2010 in Euro- Diagnostik durch die mit ihrer Hilfe ermöglichte frühzeitige pa etwa 9,8 Mrd. USD betragen (siehe Abbildung 2), wobei die Erkennung von Krankheiten und durch die Kontrolle des höchsten Umsätze in der EU durch die Märkte in Deutschland, Therapieerfolgs zu einer erheblichen Kostensenkung beiträgt. Italien und Frankreich generiert werden. Deutschland ist in- Weiterhin ist es erforderlich, dass nur Medikamente ein- nerhalb der EU der größte Markt. gesetzt werden, die bei einem individuellen Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Heilung oder Linderung führen. Der Point-Of-Care-Markt gehört bereits heute zu den bedeu- Moderne diagnostische und therapeutische Verfahren liefern tendsten Marktsegmenten und schließt die Bereiche Diabetes, hier einen signifikanten Beitrag zur Kostenreduktion. Koagulation, Fertilität, Hämatologie, Herz/Kreislauf und ande- re ein. Der Bereich Diabetes bildet den größten Teilmarkt in- nerhalb des Marktes für POC-Analysen in Europa. Etwa zwei Drittel des Diabetes-Marktes bilden POC-Diagnosen, das ande- re Drittel ergibt sich aus zentral durchgeführten Laboranalysen. Frost&Sullivan prognostizieren eine Entwicklung des Gesamt- marktes Diabetes von derzeit 265 Mio. USD (2004) auf 362 Mio. USD (2011). 8
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin Abbildung 3: GKV-Ausgaben 2003: 144,5 Mrd. Euro (im Vorjahr 142,3 Mrd. Euro) Quelle: BMGS, KJ 1-2002 vom 16.07.2003 · KV 45, Stand 19.03.2004 Arzneimittel 24,196 (23,44) +0,25% Ärztliche Bandlung 24,276 (22,309) +2,7% davon Laboranteil 1,75 (1,72) Zahnärzte/-ersatz 11,786 (11,492) +2,6% Heil- und Hilfsmittel 9,257 (9,304) -0,2% Krankenhaus 46,845 (46,152) +1,8% VDGH, Stand 22.03.2004 Sonstiges 13,165 (14,062) -6,4% Verwaltung 8,039 (8,019) +3,0% Krankengeld 6,968 (7,56) -7,4% davon Laboranteil 1,48 (1,47) Gemessen an den (GKV-)Gesamtausgaben von rund 144 Mrd. daher kleine und mittlere Unternehmen meist frühzeitig einen Euro in Deutschland im Jahr 2003 umfasste der Einsatz von In starken strategischen Produktions- und Vertriebs-Partner suchen. Vitro-Diagnostik in den Laborbereichen der ambulanten Ver- sorgung sowie im Krankenhausbereich zusammen ein Volumen Einige Nischenanbieter – darunter Bio-Rad Laboratories, Dia- von etwa 3,2 Mrd. Euro (siehe Abbildung 3). gnostic Products Corporation, Gen-Probe, Sysmex, TheraSense und Cytyc – konnten sich in spezifischen Marktsegmenten wie Der Gesamtmarkt für Diagnostik in Deutschland (2003: der Molekulardiagnostik, einigen Subsegmenten der Immun- 1,75 Mrd. Euro) wird mit rund einem Drittel des Umsatzes do- diagnostik, Selbsttests sowie den patientennahen Diagnostik- miniert durch den Einsatz von Teststreifen als wichtigem Teil- Produkten am Markt etablieren und weltweit ein hohes Wachs- bereich der POC-Diagnostik (siehe Abbildung 4). tum erzielen (Ernst&Young, 2005). Die weitere Entwicklung der Märkte wird unter anderem ge- Potenziale der Region Berlin-Brandenburg prägt sein durch Indikationen im Bereich der Demenz- sowie Die Biotechnologie in Berlin-Brandenburg hat sich seit Mit- ernährungsbedingten Erkrankungen, die mit der demografi- te der 90er Jahre rasant entwickelt und nimmt nunmehr in schen Entwicklung und einer ungesunden Lebensweise stärker Deutschland wissenschaftlich und wirtschaftlich eine Spitzen- in den Vordergrund getreten sind. stellung ein. Die Bioregion ist mit mehr als 12.000 Arbeitsplät- zen (3.500 bei KMU, 5.000 in der Wissenschaft, 4.000 in der Die In Vitro-Diagnostikindustrie besteht weltweit zum größten Pharmaindustrie und bei Dienstleistern) modellhaft für den Teil aus einer Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen. Erfolg der Hauptstadtregion im Wettbewerb der Wirtschafts Die Anzahl der Firmen, die weltweit Reagenzien, Diagnostika regionen, für die Transformation zur wissensbasierten Öko- und Diagnostikgeräte anbieten, wird hierbei vom Verband der nomie und für das Zusammenwachsen der Länder Berlin und Diagnostika Industrie (VDGH) auf 400–500 geschätzt. Der Markt Brandenburg. wird jedoch von etwa 6–7 großen Anbietern dominiert, de- ren Marktanteile am europäischen Gesamtmarkt 2003 sich wie Der Bereich Diagnostik ist eines von acht besonders ausge- folgt aufgliedern: wiesenen Handlungsfeldern der gemeinsamen Masterplanung der Länder Berlin und Brandenburg in den Bereichen Bio- Roche Diagnostics uu 14 % technologie und Biomedizin. Aufbauend auf der leistungsfä- Dade Behring uu 13 % higen Grundlagenforschung auf den Gebieten Biomarker und Abbott Diagnostics uu 11 % Targetidentifizierung/-validierung tragen insbesondere die Bio- Beckmann Coulter uu 10 % analytik, die Strukturbiologie sowie die funktionelle Genom- Bayer Diagnostics uu 9% forschung zur Entwicklung der In Vitro-Diagnostik bei. Durch BioMerieux uu 8% die hochleistungsfähige, international ausstrahlende Univer- Johnson&Johnson uu 6% sitätsmedizin ist die medizinische Forschung in der gesamten Andere uu 29 % Breite von der medizinischen Grundlagenforschung bis zur kli- nischen Forschung hervorragend vertreten. Der Fokus dieser Großunternehmen liegt dabei auf kompletten Systemlösungen. Innovative, neue Technologien werden auf- Im wissenschaftlichen Bereich verfügen eine Reihe von inter- grund der hohen Kosten und des langen Entwicklungszeitrau- national herausragenden universitären und außeruniversitä- mes meist nur von diesen großen Unternehmen entwickelt. Um ren Forschungseinrichtungen über ausgewiesene Expertisen bei erfolgreich auf dem Markt bestehen zu können, müssen sich der Aufklärung molekularer Grundlagen für das Verständnis der 9
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin Abbildung 4: In Vitro-Diagnostik-Markt Deutschland 2003 nach Produktsegmenten (bezogen auf Reagenzien gesamt) Geräte 204,7 Mio. Euro 11,7% Reagenzien Teststreifen Klinische Chemie 545,0 Mio. Euro +6,1% (513,5) 1,55 Mrd. Euro Klinische Chemie 141,7 Mio. Euro -2,4% (145,2) 88,3% Hämatologie 211,5 Mio. Euro +0% (211,5) Bakteriologie 80,7 Mio. Euro -1,3% (81,8) Infektiöse Immunologie 161,6 Mio. Euro -1% (163,3) Quelle: VDGH, 15.03.2004 Immunchemie incl. Genetic Testing 409,6 Mio. Euro -1% (410,5) Gesamtmarkt der Diagnostika-Industrie in Deutschland 2003 = 1,755 Mrd. Euro (+1,7% gegenüber 2002 = 1,725 Mrd. Euro) Pathogenese von Krankheiten, der Struktur-Funktionszusam- schungsaktivitäten durch eine Reihe von Sonderforschungs- menhänge von Biomolekülen, auf dem Gebiet der Technolo- bereichen, klinischen Forschergruppen und Forschergrup- gieentwicklung sowie in der Entwicklung von praxistauglichen pen, deren Ergebnisse Grundlagen für die Weiterentwicklung Diagnostika-Tools. Darüber hinaus bestehen große Erfahrungen der Bioanalytik wie auch für die Forschung und Entwicklung in der Automatisierung, Parallelisierung und Miniaturisierung auf dem Gebiet der In Vitro-Diagnostik darstellen. Hierzu zäh- und klinischen Erprobung von Analyse-/Diagnoseverfahren. len neben anderen beispielsweise der SFB 449 „Struktur und Funktion membranständiger Rezeptoren“, der SFB Transregio Forschungsinstitutionen mit Bezug zur Bioanalytik und Dia 19 „Inflammatorische Kardiomyopathie“, der SFB 633 „Induk- gnostikaforschung sind unter anderem: tion und Modulation T-zellvermittelter Immunreaktionen im Gastrointestinaltrakt“ und der SFB 577 „Molekulare Grundla- Freie Universität Berlin uu gen klinischer Variabilität monogen bedingter Krankheiten“. Humboldt-Universität zu Berlin uu Charité - Universitätsmedizin Berlin uu Von großer Bedeutung für den Technologietransfer und die Ko- Technische Universität Berlin uu operation mit der Wirtschaft sind unter anderem eine Reihe Universität Potsdam uu von Netzwerken (z. B. BioHyTec, Nutrigenomik, Glykostruktur- Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) uu fabrik, Proteinstrukturfabrik, RNA-Netzwerk und Präsympto- Berlin-Buch matische Tumordiagnostik) sowie weitere Forschungs- bzw. Robert Koch-Institut uu Forschungs- und Anwendungsverbünde (InnoProfil „Integrier- Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie uu te Proteinchips für die Point-Of-Care-Diagnostik”, InnoProfil Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin uu „Glycoanalytik und Glycodesign“ und Wachstumskern „BioRe- Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik uu sponse“). Erst kürzlich ist es gelungen, mit Unterstützung des Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik uu Landes Brandenburg ein mit GA-Mitteln gefördertes Verbund- Deutsches Institut für Ernährungsforschung (DIfE) uu Netzwerk im Bereich In Vitro-Diagnostik zu gründen (Diagnos- tikNet-BB). sowie zur Technologieentwicklung: Die Region verfügt durch die deutschlandweit in dieser Dich- Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik uu te einmalige Kliniklandschaft über ein breitgefächertes Patien tenkollektiv (Stadt-/Landbevölkerung, breites Spektrum von Die Charité - Universitätsmedizin Berlin nimmt in Forschung Patienten ausländischer Herkunft), das nahezu alle für die Ent- und Entwicklung sowie zusammen mit den Vivantes- und He- wicklung marktrelevanter Diagnostika wichtigen Indikations- lios-Kliniken in der klinischen Anwendung einen besonderen gebiete abdeckt. In der Region Berlin-Brandenburg gibt es Stellenwert ein. F&E sind auf dem Gebiet der In Vitro-Diagnos- seit Anfang der 90er Jahre Unternehmen, die Dienstleistungen tik in mehreren der CharitéCentren vertreten. Mit dem Charité- oder Produkte aus dem Bereich Bioanalytik und In Vitro-Dia- Centrum 5 für diagnostische und präventive Labormedizin be- gnostik anbieten. Die überwiegende Mehrzahl der Unterneh- sitzt die Charité ein Zentrum, das zusammen mit klinischer men hat sich jedoch erst gegen Ende der 90er Jahre gegründet. Pharmakologie/Toxikologie (CharitéCentrum 4), mit Humange- Etwa 50 Biotech-Unternehmen zzgl. weiterer rund 50 Medizin- netik (CharitéCentrum 17), mit klinischer Immunologie (Chari- technik-Unternehmen gehören derzeit zum Themenfeld. Dazu téCentrum 12) und mit Neurologie (CharitéCentrum 15) das ge- zählen Anbieter von bioanalytischen und diagnostischen Test- samte Spektrum der In Vitro-Diagnostik in Lehre, Forschung systemen, Gerätehersteller und Dienstleister. und Krankenversorgung vertritt. Flankiert werden diese For- 10
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin Der überwiegende Teil der in der Region entwickelten Testsys- Modellorganismen, Identifizierung und Charakterisierung teme sind PCR-basierte oder immunchemische Nachweisme- von Biomarkern auf der Ebene von Genom, Proteom, Glycom, thoden. Beide Technologien gelten inzwischen als Stand der Metabolom Technik. Was diese Testsysteme jedoch auszeichnet, sind die Klinisch-angewandte Forschung Untersuchung der klini- uu verwendeten Biomarker, auf denen diese Systeme beruhen. schen Wertigkeit von Biomarkern für Diagnose, Prognose und Technologisch anspruchsvoll sind die Ansätze der Epigenomics Prävention AG und der Metanomics GmbH. Beide Unternehmen entwickeln Technologieforschung und Methodenentwicklung ein- uu völlig neue Technologien, bei denen sie über einen beträchtli- schließlich Bioinformatik chen Know-how Vorsprung verfügen. Klinische Prüfungen neuer Diagnostika, neuer Analysensys- uu teme, neuer Informationstechnologien Mit Bayer Schering Pharma, Menarini Diagnostics und der Klinische Anwendung uu B.R.A.H.M.S AG befinden sich auch etablierte und internatio- nal agierende Unternehmen am Standort. Medizingeräte-Her- Ausbaufähige Bereiche der Wertschöpfungskette sind vor al- steller wie Siemens und Philips sind als wichtige Kooperations- lem Produktion und Vertrieb von Diagnostika und Analysen- partner eingebunden. systemen sowie die Verfügbarkeit von Biobanken (siehe Abbil- dung 6). Abbildung 5 fasst das wirtschaftliche Umfeld sowie auch die Vielzahl der in der Region vorhandenen Schnittstellen zur bild- Das Handlungsfeld „Entwicklung innovativer Diagnostika“ im gebenden Diagnostik (In Vivo-Diagnostik) zusammen. Rahmen des Masterplans „Biotechnologie und Biomedizin“ Im Rahmen des Strategischen Dialogs zwischen Wirtschaft, Wis- Die Wertschöpfungskette „In Vitro-Diagnostik“ ist in Berlin- senschaft und Politik wird unter Federführung der Senatsver- Brandenburg weitgehend geschlossen. Folgende Glieder der waltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen sowie der TSB Wertschöpfungskette sind in Berlin-Brandenburg leistungs- Technologiestiftung Berlin die Kohärente, zwischen dem Berli- fähig vorhanden und bereits teilweise gut vernetzt (zum Teil ner Senat, der TSB, der Investitionsbank Berlin, der Berlin Part- auch in enger Kooperation und Synergien mit In Vivo-Diagnos- ner GmbH und der IHK Berlin abgestimmte Innovationsstrate- tik-Forschung, vgl. Abbildung 6) : gie des Landes Berlin weiterentwickelt (Quadriga-Prozess). Auf der Ebene der beiden Länder wird diese mit dem Landesinno- Grundlagenforschung z. B. Genetik, Biochemie, Biophysik, uu vationskonzept des Landes Brandenburg abgestimmt. Physiologie, Informatik, Bioinformatik, Medizin Klinische Forschung Schwerpunkte: Aufklärung der Ursachen uu Im Rahmen des Quadriga-Prozesses ist der Masterplan „Bio- hereditärer und erworbener Krankheiten und der patho- technologie und Biomedizin“ entwickelt worden, der Perspek- physiologischen/biochemischen Prozesse in Patienten und tiven, Strategien und Maßnahmen für das gemeinsame Kom- Abbildung 5: Wertschöpfungskette Molekulare Diagnostik in Berlin-Brandenburg Grundlagen- Bio- In-Vitro In Vivo-Diagnostik klinische forschung Banken Diagnostik Prüfungen f. Diagnostika Therapeut. Tiermodelle Kontrast- Geräte/ Gesellschaften Targets mittel Software VW klinische Biomarker Bewertung Anwendungen MDC Patho- FhG-IBMT DHZB Charité PTB Nat. KKS-C Charité logie/ Uni Potsdam MDC OpTecBB Ethikrat Charité MP-MG/IB MP-MG (ECRC) ZIB Vivantes FMP keine Stan- Charité TU Berlin FU, HU dardisierung Bayer B.R.A.H.M.S Bayer Bayer MedTech Parexel Schering KMU Schering Schering Helios B.R.A.H.M.S Philips Research C. Epigenomics Biotech/ Siemens MedTech Frey GmbH KMU 11
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin petenzfeld formuliert und konkrete Handlungsfelder definiert. der Region vorhandenen Expertisen u. a. in den Bereichen Ge- In dieser Hinsicht ist der Masterplan auch Bestandteil der Mas- nomforschung, Bioanalytik und molekulare Medizin zu bün- terplanung für die Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg. deln und sie zu nutzen, um systematisch die Entwicklung und Das länderübergreifende Aktionszentrum BioTOP Berlin-Bran- Produktion innovativer Diagnostika voranzutreiben. denburg koordiniert die Aktivitäten und Maßnahmen bei der Zentrale Maßnahmen sind daher folgende: Umsetzung der Masterplanung zur Entwicklung des Kompe- tenzfelds Biotechnologie/Biomedizin. Erarbeitung einer „Road Map“ für die Entwicklung innovati- uu ver Diagnostika, die die erforderlichen konkreten Zielsetzun- Die strategische Zielsetzung bei der Entwicklung des Hand- gen und Schritte beschreibt lungsfelds „Entwicklung innovativer Diagnostika“ besteht da- Konzeption und Umsetzung eines „Translationalen Zentrums uu rin, die Wertschöpfungskette zu optimieren, noch vorhande- für Bioanalytik und molekulare Diagnostik“ unter besonderer ne Schwächen in der Wertschöpfungskette zu beseitigen, die in Abbildung 6: Umfeld/Schnittstellen in Berlin-Brandenburg Konrad Zuse-Zentrum CROs | Parexel Software Koordinationszentrum Imaging Geräte : (Bildverarbeitung, Klinische Studien Optische Verfahren Data Mining) (KKS) PTB Philips | Siemens Optec BB in Vitro Molekulare Bildgebung Primärdaten Diagnostische Mensch Strukturdaten Technologien MRT | Spiral CT Genom-Daten PET / CT Molekulare Marker Optische Technologien RZPD | PSF | NGFN Microassay Mikro-Imaging Systeme Tier Microarray (Mikro-PET, Mikro-CT, Lab-on-Chip Optical Imaging) BioHyTec | BioProfil InnoRegio Buch Pharma (Kontrastmittel) Integrative Biowissenschaften Medizinische Chemie Applications Physiologie Radiochemie Technologien Pharmakologie Molekularbiologie ECRC Bayer Schering Berlin Heart KMU 12
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin Berücksichtigung chronischer, alters- und ernährungsbe- Über welche Potenziale, Assets und Strukturen verfügt die uu dingter Krankheiten Region? Unterstüzung der im Bereich In Vitro-Diagnostik tätigen uu Wie kann sich die Region vor diesem Hintergrund in den uu Unternehmen beim Markteintritt nächsten Jahren entwickeln, auch in struktureller Hinsicht? Die kürzlich erfolgte Gründung des Berlin-Brandenburgischen Die aktive Teilnahme des Staatssekretärs für Wirtschaft des Lan- Netzwerks „DiagnostikNet-BB“, das Unternehmen, Forschungs- des Brandenburg, Dr. Wolfgang Krüger, hebt die gleichermaßen einrichtungen und klinische Partner vereinigt, bildet eine aus- hohe Bedeutung dieses Themenbereichs für die Life Science- gezeichnete Grundlage dafür, die vorhandenen Expertisen in Industrie beider Länder hervor und bringt gleichzeitig den en- den verschiedenen Schwerpunktbereichen der Diagnostika- gen Schulterschluss zwischen Wirtschaft und Wissenschaft auf Entwicklung zusammenzuführen und frühzeitig die Anwen- politischer Ebene zum Ausdruck. der von In Vitro-Diagnostik in den Forschungs- und Entwick- lungsprozess einzubeziehen. Damit ist ein wichtiger Schritt Quellen: zur Strukturierung des Handlungsfelds vollzogen worden, dem Frost & Sullivan (2004): Strategic Analysis of the European In Vitro Diagnostics Market sich der Forschungspolitische Dialog als nächster Schritt bei der Ernst & Young (2005): Deutscher Biotechnologie-Report Umsetzung der Masterplanung anschließt. G. Reger et al. (2007): Szenarioanalyse – Bioanalytik und in vitro Diagnostik in Berlin- Brandenburg – Bestandsaufnahme und Handlungsempfehlungen, Shaker-Verlag, Aachen Ziele des Forschungspolitischen Dialogs Die in gemeinsamer Verantwortung von TSB und Senatswis- senschaftsverwaltung durchgeführte Veranstaltungsreihe For- schungspolitischer Dialog ist ein Baustein des Strategischen Dialogs zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zu Hand- lungs- und Politikfeldern mit besonderer Bedeutung für die Entwicklung des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts. Eine erfolgreiche Umsetzung dieser innovationspolitischen Rahmenplanung und der darin verankerten Maßnahmen ist grundsätzlich nur möglich, wenn Wissenschaft, Wirtschaft und Politik konzertiert diesen Prozess vorantreiben bzw. unter- stützen. Senator Prof. Dr. Jürgen Zöllner wird daher das Hand- lungsfeld in seinen Grundzügen vorstellen. Auf dieser Grundlage wollen wir im Rahmen des Forschungs- politischen Dialogs folgende Aspekte analysieren: Wohin geht die internationale Entwicklung in den nächsten uu 5 bis 10 Jahren? Welche Anforderungen sind an die Entwicklung von markt uu relevanten Produkten zu stellen? 13
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin „Entwicklung innovativer Diagnostik“ als Handlungsfeld der Masterplanung für die Hauptstadtregion Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner Senator für Bildung, Wissenschaft und Forschung des Landes Berlin Das Land Berlin sieht den Bereich des Wissenstransfers sowie Schwerpunktsetzung und Infrastrukturmaßnahmen haben die der Kooperation zwischen der Wirtschaft und der Wissenschaft wirtschaftliche Entwicklung zweifelsohne positiv beeinflusst. als einen entscheidenden Schwerpunkt in der zukünftigen Die Region verfügt mit ihren Biotechnologie Parks über das Weiterentwicklung der Hauptstadt-Region. Diese Entwicklung quantitativ und qualitativ beste Angebot für KMUs in Deutsch- wird für ganz Deutschland von finanzieller und ökonomischer land. Berlin-Brandenburg verfügt mit mehr als 170 über die Bedeutung sein und dem Wohlergehen der Menschen dienen. meisten Biotech-Unternehmen in Deutschland mit insgesamt mehr als 3.000 Arbeitsplätzen. Die Region soll weiter zu einem Dieser Prozess kann nicht allein von der Politik bewältigt wer- weithin sichtbaren Gesundheitsstandort entwickelt werden. den und nicht allein von den Wissenschaftlern aus den Univer- In einem hierfür entwickelten Masterplan für die Entwicklung sitäten und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen. weiterer Wachstumspotenziale werden Maßnahmen in ver- Wir alle müssen erkennen, dass Wissenschaft kein Selbstzweck schiedenen Handlungsfeldern vorgesehen, unter anderem die ist, sondern zur ökonomischen und persönlichen Weiterent- Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft. Das Kompetenz- wicklung der Gesellschaft die einzig richtige Perspektive ist. feld Biochemie ist ein maßgeblicher, wenn nicht der entschei- Entscheidend bei diesem Prozess ist die Bereitschaft der Par- dende Faktor für die Gesundheitsregion. teien, aufeinander zuzugehen. Wenn es zu einem Aufeinan- der-Zugehen kommt, dann kann die Politik eine moderierende Rolle übernehmen. Die Berliner Politik will diesen notwendi- gen Weg nicht nur begleiten, sondern auch unterstützen. Der Senat von Berlin will in diesem zentralen Bereich der Ge- sundheitswirtschaft durch Dialog einen entscheidenden Schritt weiter kommen. Dazu dient auch der Forschungspolitische Di- alog. Zentrales Ziel dieses Dialogs ist es, die Region Berlin- Brandenburg zu einem internationalen Kompetenzzentrum in ausgewählten Technologiefeldern weiter zu entwickeln. Dazu müssen wir die Leistungsfähigkeit dieses Standorts darstellen und notwendige Struktur verbessernde Maßnahmen und Leit- projekte für das Zusammenwirken zwischen Wissenschaft und Wirtschaft herausarbeiten. 14
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin Ein erster Erfolg auf diesem Weg ist die Etablierung eines Netz- dieser Legislaturperiode in diesen Bereich zusätzlich eine halbe werks für Wirkstoff-Forschung, das Wirkstoffsubstanzen für Milliarde Euro fließen. pharmakologisch relevante Targets identifiziert und durch prä- klinische und klinische Studien zu pharmazeutischen Wirkstof- Dieses Geld allein wird dennoch nicht reichen. Es wird nur Er- fen qualifizieren soll. Ziel ist es, die Wertschöpfungskette abzu- folge geben, wenn die Wissenschaft sich zu einem stärkeren bilden und den Übergang von der Wissenschaft in Arzneimittel Qualitätssprung in der Zusammenarbeit entschließt und wenn zu befördern. Federführend bei dieser Initiative sind die Chari- es gelingt, Dialogveranstaltungen wie diese nicht als Einzeler- té, das FMP und BioTOP, unterstützt von weiteren Forschungs- eignisse im Raum stehen zu lassen, sondern konkrete Koope- einrichtungen und Unternehmen. rationen zu bilden. Es sei mir der Hinweis gestattet, dass man die Win-Win-Situation auf beiden Seiten innerlich akzeptie- Die Wachstumsrate des Forschungsetats wird im nächsten rend bejahen muss. Die Kooperationen müssen nachfrage Haushalt bei mehr als 10 % liegen, was deutlich den Durch- orientiert von der Wirtschaft gelenkt werden. Dann wird es schnitt des Gesamthaushalts übersteigt. Wenn man die zusätz- auch Erfolge geben. liche Kofinanzierung berücksichtigt, werden damit während 15
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin Volkswirtschaftliche Relevanz von In Vitro-Diagnostik in Klinik und Prävention Dr. Joachim Kartte Roland Berger Strategy Consultants GmbH Berlin Wert der Diagnostik Davon werden 29 Mrd. Euro in der Statistik für Gesundheits- Wenn man über die volkswirtschaftlichen Potenziale der Bio- ausgaben erfasst, ca. 20 Mrd. Euro entfallen auf weitere Kon- Analytik und der In Vitro-Diagnostik spricht, muss man über sumbereiche mit Gesundheitsbezug, insbesondere auf Fitness, die Potenziale des Gesundheitsmarktes an sich sprechen. Bei- Wellness, Bio-Lebensmittel oder Functional Food. des ist sehr eng verknüpft. Man kann davon ausgehen, dass bis 2020 der gesamte Gesund- Gesundheit ist, ebenso wie die Diagnostik, nicht nur Kosten- heitsmarkt auf ein Marktvolumen von 453 Mrd. Euro anwachsen faktor. Einerseits können durch Diagnostik und Prävention Kos- wird. Der zweite Gesundheitsmarkt wird also eine wesentliche teneinsparungen erzielt werden. Eine aktuelle Studie des In- Säule auf dem Gesamtmarkt sein. Er wächst mit jährlich 6 %, der stituts für Gesundheitsökonomie und Prävention1 zeigt, dass Bereich Prävention dabei am stärksten. durch Prävention eine Kosteneinsparung in Höhe von 65 Mrd. Euro im Jahr 2002 erzielt werden konnte. Zum anderen ist Dia- Bereits heute ist jeder Erwachsene im Bundesdurchschnitt be- gnostik in der Lage, Therapieeffizienz zu kontrollieren. reit, pro Jahr für 1.100 Euro zusätzlich „Gesundheit einzu- kaufen“. Von 1.000 Befragten nannten 66 % Vorsorgeun- Diagnostik kann auch zur Lebensverlängerung beitragen. Die tersuchungen als interessantes Feld. Doch noch fehlen die Auswertung einer großen deutschen gesetzlichen Krankenver- passenden Angebote, um tatsächlich mehr für Gesundheit aus- sicherung hat ergeben, dass sich mit zunehmendem Alter die zugeben. Diese Zahl sollte in der Diagnostik als Chance gesehen Kosten für das letzte Lebensjahr reduzieren. Volkswirtschaft- werden. Nicht der Anteil von 2,2 % der Diagnostik am GKV-Vo- lich interessant ist weiterhin die Frage nach den Kosten der Le- lumen ist entscheidend, sondern die genannte Bereitschaft zu bensverlängerung, aber auch nach dem Nutzen für das Brutto- selbst finanzierten Leistungen. Hier muss man über Geschäfts- inlandsprodukt (BIP). Wer länger arbeitet, kann mehr zum BIP modelle nachdenken, die außerhalb der GKV angesiedelt sind. beitragen, das ist die einfache Grundformel. Und schließlich ist der Wert der Lebensverlängerung ein eigener, der eine beson- Segmentierung der Bevölkerung in Konsumgruppen dere Betrachtung verdient. Zum Betrachten eines Marktes ist es sinnvoll, diesen in einzel- ne Konsumentengruppen einzuteilen. Diese Einteilung haben Die Chancen wir auf dem Gesundheitsmarkt wie folgt vorgenommen Gemäß der ökonomischen Zyklen von Kondratieff und Nefi- (die Verhaltensweisen, die Werte und die Konsumtypen auf odow befinden wir uns im Zeitalter der „Psychosozialen Ge- diesem Markt sind kurz beschrieben): sundheit“. Der Sektor „Gesundheit“ kann 12–15 % Anteil am BIP erreichen. Typ 1: Die selbstkritischen Interessierten kümmern sich um uu ihre Gesundheit und geben dafür viel Geld aus. Von den volkswirtschaftlichen Gesamtausgaben von 260 Mrd. Typ 2: Die rundum Aktiven leben ein ausgewogenes Verhält- uu Euro für Gesundheit entfielen bereits 2003 etwa 49 Mrd. Euro nis von Sport, Wellness und Vorsorge. auf den zweiten Gesundheitsmarkt. Darunter verstehen wir den Typ 3: Die sorglosen Sportler leben sportlich und gesund- uu Anteil, der außerhalb der PKV- und GKV-Leistungen selbst – also heitsorientiert, ohne allzu viel darüber nachzudenken. aus eigener Tasche – finanziert wird. Typ 4: Die traditionellen Minimalisten sehen den Arzt als uu Garant für ihre Gesundheit. Typ 5: Die passiven Zauderer haben ein schlechtes Gewissen, uu 1 Henke, Martin: Perspektiven der molekularen Diagnostik für Public Health und die Ge- tun aber relativ wenig für ihre Gesundheit. sundheitswirtschaft (2007) 16
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin Ausblick Schließlich gilt es, die Chancen des zweiten Gesundheitsmark- Die entscheidenden Fragen lauten: tes zu erschließen, wie es beispielsweise das Universitätsklini- uuWie kann man das vorhandene Nachfragepotenzial erschließen? kum Hamburg-Eppendorf (UKE) macht. Das dortige Institut für uuWie kann man die Analytik und Diagnostik in innovative Männermedizin bietet Manager-Check-ups an. Ferner sollten Versorgungsstrukturen einbetten? weitere Akteure des zweiten Gesundheitsmarktes eingebun- den werden. Beispiel dafür ist auch die Sporthochschule Köln, Den Nukleus eines integrierten Innovationsnetzwerks bilden die mit einem Mineralwasserproduzenten ein Gesundheitswas- die Unikliniken wie die Charité. In der ersten Ausbaustufe steht ser entwickelt. die integrierte Versorgung. In deren Netz sind niedergelassene Ärzte und andere medizinische Versorgungszentren eingebun- Es gibt unendlich viele Ideen und Geschäftsmodelle. In vier bis den, um Qualität und Effizienz zu steigern und natürlich kos- fünf Jahren wird jede medizinische Einrichtung einen Koope- tengünstiger anbieten zu können. rationspartner haben. Es gilt jetzt, hierfür die richtigen Partner zu finden, damit man später das Nachfragepotenzial abschöp- In der zweiten Ausbaustufe steht eine neue Form der Zusam fen kann, das die Bürger aus eigener Tasche zahlen wollen. menarbeit mit der Industrie. Gemeinsames Nachdenken mit den Kliniken über Kooperationen in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Vermarktung ist notwendig. Verschiedene Fachdisziplinen müssen darüber nachdenken, welche Lösun- gen eine Uniklinik oder ein ganzes Netzwerk für eine integrier- te Versorgung benötigt. Für die IT-Branche bedeutet dies zum Beispiel die Entwicklung einer digitalisierten Uniklinik bzw. ei- nes Versorgungsnetzwerks. Das Gleiche gilt auch für die Bio- technologie, Medizintechnik und die Pharmaindustrie. In einer nächsten Stufe sollten Krankenversicherer eingebun- den werden. Mit dem Ende der Konvergenzphase und der ab- nehmenden Bedeutung von Landes-Krankenhausplänen wer- den die Krankenkassen die Fälle zukünftig verteilen. Das zwingt die Krankenhäuser bereits heute darüber nachzuden- ken, wie sich große Krankenversicherungsakteure als strategi- sche Partner einbinden lassen, damit sie weiterhin an die gro- ßen Fälle herankommen werden. Dem kommt entgegen, dass sich die Krankenversicherer derzeit auf den Gesundheitsfonds ausrichten. Dieser bringt eine größere Preistransparenz mit sich. Die Versicherten werden „Krankenversicherungs-Hopping“ be- treiben, wenn sie sehen, dass sie Geld sparen können. Daher versuchen sich die Krankenkassen bereits jetzt von einander abzuheben. Eine Möglichkeit der Differenzierung ist der Aufbau solcher Netzwerke. Es gilt, dem Leistungserbringer bereits heu- te einen Kooperationsvorschlag zu unterbreiten. 17
Forschungspolitischer Dialog „Potenziale und Perspektiven von Bioanalytik und In Vitro-Diagnostik in Berlin-Brandenburg “ · 12. September 2007· Magnus-Haus Berlin Internationaler Stand der Forschung, neue Entwicklungen und Trends in der In Vitro-Diagnostik Prof. Dr. Pranav Sinha Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik, Landeskrankenhaus Klagenfurt Labordiagnostik ist eine leise medizinische Disziplin und Wis- Proteom-Verfahren (zweidimensionale Elektrophorese in Kom- senschaft, welche selten die Aufmerksamkeit der Medien fin- bination mit empfindlichen Proteinfärbeverfahren z. B. mit det. Die breite Masse der Bevölkerung weiß nicht einmal, dass neuen Fluoreszenzfarbstoffen oder Silberfärbeverfahren, die es sie gibt. Und doch sind Analysen, wie etwa des Blutes, des mit der Massenspektrometrie kompatibel sind) in Kombina- Harnes, anderer Körpersäfte oder Körperzellen, unabding- tion mit Massenspektrometrie werden in zunehmendem Maß bar notwendig. Mit ihnen können exakte Diagnosen im Krank- im klinischen Alltag eingesetzt. Damit ist die Suche nach neu- heitsfall, für den medizinischen Therapieerfolg sowie Risikoab- en Biomarkern oder krankheitsassoziierten Proteinen wesent- schätzungen bei Gesunden erstellt werden. lich vereinfacht. Einige Entwicklungen wie die automatisierte Sequenzierung Isotope Codes Affinity Tags (ICAT Methode) in Kombination mit von Nukleinsäuren, also die Entschlüsselung der Erbinformati- der Massenspektrometrie wird häufig als Ersatz für elektropho- on, die PCR-Technologie1 sowie Nukleinsäure-Microarrays ha- retische Verfahren eingesetzt. ben ihren Eingang in die klinische Diagnostik gefunden und ermöglichen die Einsparung von Zeit und Kosten. Zudem ist das Bei der ICAT-Technologie müssen die Proteine unterschied- gesamte Humangenom erst vor kurzem sequenziert worden, lich markiert werden. Dies kann über verschiedene Verfahren was einen enormen Fortschritt darstellt. Ehemals langwieri- durchgeführt werden: ge und komplizierte Prozesse (z. B. die Suche nach genetischen Markern durch Analyse der „candidate genes“, Linkage-Ana- In Vivo-Markierung mit stabilen Isotopen (O16/O18), uu lysen, Single Nucleotide Polymorphisms, Mikrosatelliten-Ana- Isotope-Tagging durch chemische Modifikation oder uu lysen oder Haplotype-Analysen) können heute vergleichsweise In Vitro-Markierung von Proteinen durch eine enzymatische uu einfach erreicht werden. So ist z. B. die Diagnostik mono- und Reaktion. polygener Erkrankungen oder Infektionsdiagnostik ohne mo- derne PCR-Technologie (z. B. allelspezifische PCR, allelspezifi- Anschließend werden die Proteine mit Enzymen verdaut, die sche primer extension, Oligonucleotid-Ligation) nicht denkbar. Peptide durch Verfahren wie HPLC aufgetrennt und massen- spektrometrisch analysiert, um Biomarker zu identifizieren, die mit Erkrankungen assoziiert sein können. Eine weitere Anwendung in den Proteomics sind Protein-Mic- roarrays (planare oder 3-dimensionale Microarrays). Die Ober- fläche der planaren Microarrays oder 3D-Protein-Microarrays (Polyacrylamid, Agarose oder Nitrocellulose) kann mit Poly-Ly- sin, Aldehyd- oder Epoxy-Gruppen modifiziert werden, um so- mit diverse Liganden immobilisieren zu können. Somit können beispielsweise Antigene, Antikörper, Allergene immobilisiert werden, um Protein-Protein-Interaktionen untersuchen zu können. In klinischen Laboratorien ist diese 3D-Technik be- reits angekommen. Protein Chips (AtheNA, Luminex, Ciphergen, Randox) und andere Verfahren ermöglichen es, beispielsweise 1 PCR; Polymerase Chain Reaktion Verfahren, mit dem verschiedene Abschnitte von Nu- 30 bis 40 Zytokine (Wachstumsfaktoren) in einer einzigen Un- kleinsäuren vervielfältigt werden können. tersuchung zu entdecken. Die Liste der Einsatzgebiete ist nahe- 18
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