EHE-GÜTERRECHT ERBRECHT INVENTURWESEN ERBSTEUERN SCHENKUNGSSTEUERN - Eine Dienstleistung der Gemeinde Sprei-tenbach
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Eine Dienstleistung der Gemeinde Sprei- tenbach EHE-GÜTERRECHT ERBRECHT INVENTURWESEN ERBSTEUERN SCHENKUNGSSTEUERN Verwaltungskurs 2004 (Stand 2012) Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 1
INHALTSVERZEICHNIS I. Güterrecht (ZGB 181 - 251) Seite a) Grundsatz 3 b) Güterstände 3 - 11 b1 Errungenschaftsbeteiligung 3-5 b2 Gütergemeinschaft 6-8 b3 Gütertrennung 9 b4 Güterverbindung 10 - 11 c) Ehevertrag 11 Fragen zum Güterrecht 12 - 17 II. Erbrecht (ZGB 457 - 640) a) Grundsatz 18 b) Gesetzliche Erben 18 c) Erbberechtigte Verwandte 19 d) Gesetzliche Erbteile 20 & 24 e) Verfügungen von Todes wegen (Testament) 21 - 22 f) Erbvertrag 22 g) Gesetzliche Pflichtteile 23 - 24 h) Willensvollstrecker 25 i) Ungültigkeit & Herabsetzung von letztwilligen Verfügungen 25 j) Enterbung und Erbunwürdigkeit 25 k) Erbgang und Erbteilung 26 l) Erwerb und Ausschlagung 26 m) Sicherungsmassregeln 26 Fragen zum Erbrecht 27 - 30 III. Inventarisation, Sicherungsmassregeln (ZGB 551 ff und StG) a) Sicherungsmassregeln 31 - 32 b) Sicherungsinventar 32 c) Steuerinventar 33 d) Öffentliches Inventar 33 e) Erbenverzeichnis, Erbgangsurkunde 34 - 36 f) Praxis im Inventurwesen (Verfügungsbeschränkung, Unterj. Steuererklärung, erbsteuerpflichtiger/nicht pflichtiger Fall) 37 - 44 Fragen zum Inventurwesen 45 - 46 IV. Erbsteuer- und Schenkungssteuerwesen (StG §§ 142 - 151) a) Steuerpflicht 47 b) Steuerbegünstigte 47 c) Steuerberechnung, Grundsatz, Klassen 47 d) Steuersatzbestimmung 47 e) Schenkungen 48 f) Erb- und Schenkungssteuer-Veranlagungen 49 - 50 Fragen zum Erbsteuer- und Schenkungssteuerwesen 51 Anhang mit rechtlichen Grundlagen 52 - 60 Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 2
I. Güterrecht (Art 181 ff ZGB) I. a) Grundsatz Das Güterrecht regelt die Vermögensverhältnisse der Ehegatten während der Ehe und die Ansprüche jedes Ehegatten bei Auflösung der Ehe (Scheidung, Trennung, Tod). Das Güterrecht hat beim Tod einer verheirateten Person direkte Auswirkungen auf das Erbrecht, indem es festlegt, welcher Vermögensteil kraft Güterrecht vorweg an den überlebenden Ehegatten fällt und somit nicht in die Erbmasse gelangt. In diesem Sinne geht also das Güterrecht dem Erbrecht vor. I. b) Güterstände Das Gesetz unterscheidet 4 Güterstände. Es sind dies die Errungenschaftsbeteiligung, die Gütergemeinschaft, die Gütertrennung und die Güterverbindung. Zudem ist es möglich, diese Güterstände mittels Vertrag in einzelnen Positionen anzupassen. I. b1) Errungenschaftsbeteiligung Die Errungenschaftsbeteiligung ist der ordentliche Güterstand und wird durch die Eheschliessung angenommen. Eigentum, Nutzung und Verwaltung der Vermögensmassen (Eigengut und Er- rungenschaft) beider Ehegatten sind formaljuristisch gesehen getrennt. Jeder Ehegatte kann somit allein über sein Eigengut und seine Errungenschaft verfügen. In seiner Freiheit ist er nur durch die allgemeinen Verpflichtungen der Ehe eingeschränkt. Jeder Ehegatte ist aber an der Errungenschaft des anderen Partners zur Hälfte beteiligt. Mittels Ehevertrag kann eine andere Teilung vorgesehen werden (z.B. Zuwei- sung des ganzen Vorschlages an den überlebenden Ehegatten. Diese Begünsti- gung darf aber die Pflichtteile nicht gemeinsamer Nachkommen nicht verletzen; Begründung s. Ehevertrag). Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 3
Es werden 4 Vermögensmassen unterschieden. Diese werden wie folgt definiert: Eigengut Mann/Frau (bei Errungenschaftsbeteiligung) Eigengut ist alles, was ein Ehegatte im Zeitpunkt der Eheschliessung bereits besessen hat (= eingebrachtes Gut), was ihm während der Ehe unentgeltlich zufliesst (= Erbschaften, Schenkungen, Genugtuungen, Ersatzbeschaffungen für Ei- gengut) als auch die persönlichen Gebrauchsgegenstände (z.B. Kleider). Errungenschaft Mann/Frau (bei Errungenschaftsbeteiligung) Errungenschaft ist alles, was während der Ehe entgeltlich erworben, also er- arbeitet wird (Arbeitserwerb, Leistungen der Sozialversicherungen als Ein- kommensersatz), die Erträge aus dem Eigengut und aus der Errungenschaft, als auch Vermögenswerte, welche aus der Errungenschaft gekauft worden sind. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 4
Güterrechtliche Auseinandersetzung (bei Errungenschaftsbeteiligung) Bei Auflösung des Güterstandes sind das Eigengut und die Errungenschaft zu ermitteln. Das Eigengut bleibt beim jeweiligen Ehegatten; die Errungenschaft, al- so was jeder Ehegatte erarbeitet hat, wird als Vorschlag bezeichnet und ist unter den Ehegatten je zur Hälfte zu teilen. Ein allfälliger Minussaldo der Errungen- schaft bedingt durch Misswirtschaft wird als Rückschlag bezeichnet und ist vom Verursacher selbst zu tragen (wird nicht geteilt). In der Praxis ist das Aufsplittern der beiden Errungenschaften oft nur schwer möglich. Ermittlung Errungenschaft Mann Frau Total Aktiven 100'000 300'000 ./. Errungenschaftsschulden (= Passiven ohne Todesfallkosten) 140'000 010'000 = Reinvermögen vor güterrechtl. Auseinandersetzung -40'000 290'000 ./. abzüglich Eigengüter 050'000 100'000 = Errungenschaft -090'000 190'000 (Rückschlag) (Vorschlag) Güterrechtliche Auseinandersetzung Mann Frau Aufteilung Errungenschaft Mann -90'000 000'000 Aufteilung Errungenschaft Frau (je ½) +95'000 095'000 Eigengüter +50'000 100'000 = güterrechtlicher Anspruch +55'000 195'000 Sofern aus Aufgabe ersichtlich: Anspruch Erblasser (Mann) 55'000 ./. Todesfallkosten 25'000 = Erbmasse netto (erbrechtl. Reinvermögen) 30'000 (Erst ab hier kommt dann das Erbrecht zum Zuge.) Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 5
I. b2) Gütergemeinschaft Die Gütergemeinschaft wird durch Ehevertrag begründet. Das gesamte Vermö- gen beider Ehegatten wird zum Gesamtgut vereinigt, soweit es sich nicht um Ei- gengut oder spezielle im Ehevertrag dem Eigengut zugewiesene Wertsachen handelt. Bei Auflösung des Güterstandes erhalten die Ehegatten je ½ des Ge- samtgutes zuzüglich ihrem "bescheidenen" Eigengut. Im Ehevertrag kann eine andere Teilung vorgesehen werden (z.B. Zuweisung des ganzen Vorschlages an den überlebenden Ehegatten. Diese Begünstigung darf aber die Pflichtteile nicht gemeinsamer Nachkommen nicht verletzen; Begründung s. Ehevertrag). Bei der Gütergemeinschaft werden 3 Vermögensmassen unterschieden. Diese werden wie folgt definiert: Gesamtgut (Gütergemeinschaft) Dazu gehören alle Vermögenswerte der Ehegatten vor der Eheschliessung (ein- gebrachtes Gut), zuzüglich Erbschaften, Schenkungen und Arbeitserwerb. Wäh- rend der Ehe können die Ehegatten nur gemeinsam über das Gesamtgut verfü- gen. Eigengut Mann/Frau (Gütergemeinschaft) Dazu gehören nur die persönlichen Gebrauchsgegenstände (z.B. Kleider) und die ev. im Ehevertrag speziell dem Eigengut zugewiesenen Werte. Berechnungsschema zur Ermittlung der Ansprüche bei der Gütergemein- schaft, sofern im Ehevertrag kein spezielles Eigengut definiert worden ist. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 6
Berechnungsschema zur Ermittlung der Ansprüche bei der Gütergemein- schaft, sofern im Ehevertrag kein spezielles Eigengut definiert worden ist. Ermittlung Gesamtgut (Gütergemeinschaft) Eingebracht durch Mann 100'000 Erbschaft Mann während Ehe 150'000 Eingebracht durch Frau 500'000 Schenkung Frau während Ehe 250'000 = Gesamtgut 1'000'000 Güterrechtliche Auseinandersetzung (Gütergemeinschaft) Anteil Mann ½ am Gesamtgut 500'000 Anteil Frau ½ am Gesamtgut 500'000 Hinweis: Es hat keinen Einfluss auf Berechnung, woher das Geld kommt (Erbschaft, Schenkung, Arbeitserwerb etc.) Sofern aus Aufgabe ersichtlich: Anspruch Erblasser (Mann) 500'000 ./. Todesfallkosten 025'000 = Erbmasse netto (erbrechtl. RV) 475'000 Erst ab hier kommt dann das Erbrecht zum Zuge. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 7
Berechnungsschema zur Ermittlung der Ansprüche bei der Gütergemein- schaft, sofern im Ehevertrag spezielles Eigengut definiert worden ist. Ermittlung Gesamtgut & Eigengut (Gütergemeinschaft) Total Aktiven 950'000 ./. total Passiven 100'000 = Reinvermögen vor Auseinandersetzung 850'000 Eigengut Mann gemäss Ehevertrag 150'000 Güterrechtliche Auseinandersetzung (Gütergemeinschaft) Reinvermögen vor Auseinandersetzung 850'000 ./. Eigengut Ehemann gem. Ehevertrag 150'000 Gesamtgut 700'000 Anteil Mann ½ am Gesamtgut 350'000 zuzüglich Eigengut Mann gem. Vertrag 150'000 Total Anspruch Mann 500'000 Anteil Frau ½ am Gesamtgut 350'000 Sofern aus Aufgabe ersichtlich: Anspruch Erblasser (Mann) 500'000 ./. Todesfallkosten 025'000 = Erbmasse netto (erbrechtl. RV) 475'000 Erst ab hier kommt dann das Erbrecht zum Zuge. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 8
I. b3) Gütertrennung Die Gütertrennung erfolgt durch Ehevertrag, Gerichtsurteil oder von Gesetzes wegen (nur bei Gütergemeinschaft bei Konkurseröffnung gegen einen Ehegatten) Dabei wird gleichzeitig eine güterrechtliche Auseinandersetzung mit voll- ständiger Trennung der Vermögen beider Ehegatten vorgenommen. Bei Auflösung der Ehe ist daher keine güterrechtliche Auseinandersetzung mehr nötig. Einfach formuliert kann festgehalten werden, dass die Vermögenssituation bei den Ehegatten so wäre, als ob keine Heirat stattgefunden hätte. Die Gütertrennung kann dann sinnvoll sein, wenn ein Ehegatte ein eigenes Geschäft auf selbständiger Basis führt. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 9
I. b4) Güterverbindung Die Güterverbindung ist der altrechtliche Güterstand und wurde automa- tisch mit der Eheschliessung bis zum 31.12.1987 angenommen. Er wird heute nur noch selten angetroffen, da der Güterstand automatisch in die Errungenschaftsbeteiligung überging, wenn nicht im Übergangsjahr 1988 eine Beibehaltungserklärung beim Güterrechtsregisteramt abgegeben wurde oder wenn vor dem 1.1.1988 ein Ehevertrag mit Inhalt der Güter- verbindung mit Modifikationen (z.B. Änderung der Vorschlagsteilung) ab- geschlossen wurde. Bei der Güterverbindung wird das Eigentum am eingebrachten Gut ge- wahrt. Die Nutzung und Verwaltung des eingebrachten Gutes werden aber zusammengelegt und dem Mann übertragen, der bis zur Teilung auch Ei- gentümer der Errungenschaft ist. Bei der Teilung erhalten der Mann 2/3 der Errungenschaft; die Frau erhält 1/3 der Errungenschaft und ihr Son- dergut (Sondergut = Einkommen Frau aus selbständiger Tätigkeit wäh- rend der Ehe). Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 10
Bei der Güterverbindung werden 5 Vermögensmassen unterschieden. Sondergut Mann Sondergut Frau Persönliche Gegenstände Persönliche Gegenstände Sondergut gem. Ehevertrag Arbeitserwerb Betriebseinkommen Sondergut gem. Ehevertrag Eingebrachtes Gut Eingebrachtes Gut Vermögen bei Eheschliessung Vermögen bei Eheschliessung Erbschaften Erbschaften Schenkungen Schenkungen Errungenschaft Mann Einkommen Mann aus Arbeit Erträge aus den eingebrachten Gütern beider Ehegatten Kommentar: Die Teilung mit 2/3 zu 1/3 Drittel erscheint auf den ersten Blick ungerecht. Andererseits musste die Frau ihr Einkommen nicht teilen, was einen ge- wissen Ausgleich bewirkte. Sicher ist die heutige Regelung mit der Errun- genschaftsbeteiligung die bessere Lösung. I. c) Ehevertrag Die Ehegatten können mittels Ehevertrag einen anderen Güterstand an- nehmen oder innerhalb des Güterstandes gewisse Änderungen vorneh- men. Eheverträge sind nur gültig, wenn sie in der gesetzlichen Form ab- geschlossen werden; dies ist die öffentliche Beurkundung (Urkunde vor einem Notar). Im Ehevertrag können sich die Ehegatten gegenseitig begünstigen und den gesamten Vorschlag dem überlebenden Gatten zuweisen. Die Pflicht- teilsansprüche der nicht gemeinsamen Nachkommen dürfen dabei nicht verletzt werden. Die Erklärung liegt gemäss Erbrecht auf der Hand: (Bei- spiel aus Sicht des Kindes) Würde das Kapital vom verstorbenen Elternteil (z.B. Mann = Vater) auf den nicht verwandten überlebenden Ehegatten (Frau = Stiefmutter) übergehen, würden beim Ableben der Frau (= Stief- mutter) nur deren Erben zum Zuge kommen. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 11
Fragen zum Güterrecht 01. In welchem Gesetz ist das Güterrecht geregelt? __________________________________________ 02. Was regelt das Güterrecht? 03. Welche 4 Güterstände nennt das Gesetz? 04. Wie heisst der ordentliche Güterstand? 05. Wie wird der ordentliche Güterstand angenommen? 06. Welche 4 Vermögensmassen werden bei ordentlichen Güterstand unter- schieden? Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 12
07. Wie setzt sich beim ordentlichen Güterstand das Eigengut zusammen? 08. Wie setzt sich beim ordentlichen Güterstand die Errungenschaft zusammen? 09. Wie wird beim ordentlichen Güterstand die Errungenschaft geteilt und was passiert mit dem Eigengut? 10. Machen Sie eine einfache güterrechtliche Auseinandersetzung für den Güter- stand der Errungenschaftsbeteiligung und verwenden Sie die nachfolgenden Daten: Vom Mann in Ehe eingebracht Fr. 200'000 Erbschaft Mann während Ehe Fr. 200'000 Von Frau in Ehe eingebracht Fr. 100'000 Schenkung Frau während Ehe Fr. 100'000 Total Aktiven Ehefrau bei Auflösung Güterstand Fr. 300'000 Total Aktiven Ehemann bei Auflösung Güterstand Fr. 650'000 Errungenschaftspassiven Mann Fr. 25'000 Errungenschaftspassiven Frau bei Tod Ehefrau Fr. 25'000 Was erhält der überlebende Ehegatte (Mann) gemäss Güterrecht und wieviel beträgt das erbrechtliche Reinvermögen? Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 13
11 Güterrechtliche Auseinandersetzung (Errungenschaftsbeteiligung); vollständi- ge Lösungsversion mit Darstellung aller Vermögensmassen Aktiven Mann bei Tod: ............................... Fr. 11'000 Aktiven Frau bei Tod Mann ........................ Fr. 15'000 Errungenschaftsschulden Mann ................ Fr. 1'000 Errungenschaftsschulden Frau .................. Fr. 3'000 Todesfall- und Inventarkosten ................... Fr. 2'000 eingebrachtes Gut Frau ............................. Fr. 3'000 eingebrachtes Gut Mann ........................... Fr. 0 Erbschaft Mann während Ehe ................... Fr. 0 Schenkung Frau während Ehe .................. Fr. 1'000 Was erhält der überlebende Ehegatte gemäss Güterrecht und wieviel beträgt das erbrechtliche Reinvermögen? Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 14
12 Güterrechtliche Auseinandersetzung bei Errungenschaftsbeteiligung unter Darstellung aller Vermögensmassen Eingebrachtes Gut Mann 20'000 Erbschaft Mann während Ehe 20'000 Eingebrachtes Gut Frau 10'000 Schenkung Frau während Ehe 10'000 Aktiven Frau bei Tod Mann 95'000 Aktiven Mann bei dessen Tod 80'000 Errungenschaftsschuld Frau 25'000 Errungenschaftsschuld Mann 15'000 Der Lösungsweg muss aufgezeigt werden. Wie hoch sind die Errungenschaf- ten der Ehegatten? Wie gross ist der güterrechtliche Anspruch? Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 15
13 Güterrechtliche Auseinandersetzung bei Errungenschaftsbeteiligung unter Darstellung aller Vermögensmassen Eigengut Mann 0 Eigengut Frau 10'000 Aktiven Frau bei Tod Mann 90'000 Aktiven Mann bei dessen Tod 20'000 Errungenschaftsschuld Frau 25'000 Errungenschaftsschuld Mann 25'000 Der Lösungsweg muss aufgezeigt werden. Wie hoch sind die Errungenschaften der Ehegatten? Wie gross ist der güterrechtliche Anspruch? Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 16
14 Was gehört zum Eigengut bei der Gütergemeinschaft? 15 Was gehört zum Gesamtgut bei der Gütergemeinschaft? 16 Ist beim Güterstand der Gütertrennung noch eine güterrechtliche Auseinan- dersetzung nötig beim Versterben eines Ehegatten? Falls ja/nein: warum? 17 Seit wann gilt das neue Eherecht? 18 Wie heisst der altrechtliche Güterstand, welcher bis zur Einführung des neuen Eherechtes angenommen wurde? 19 Wie viel erhalten die Ehegatten kraft Güterrecht bei der Auflösung des Güter- standes, wenn sie den altrechtlichen Güterstand beibehalten haben (bzw. wie sah die Situation früher aus)? 20 Wie kann ein anderer Güterstand angenommen werden? Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 17
II. Erbrecht (Art 457 ff ZGB) II. a) Grundsatz Das Erbrecht regelt die Vermögensnachfolge beim Tod einer Person (Erb- folge) und hält fest, wie und wie weit jemand über Erbfolge und Vermö- genswerte selber bestimmen kann. Ferner regelt es die Beziehungen der Erben untereinander. Der Erbgang erfolgt am letzten Wohnsitz des Erb- lassers, wobei das Vermögen mit dem Tod nahtlos an die Erbengemein- schaft übergeht. II. b) Gesetzliche Erben (Erbfolge) Wenn der Erblasser nichts anderes bestimmt hat, kommt die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung. Der Erblasser ist aber frei, in den Schranken der Rechtsordnung die Erbfolge durch Verfügung von Todes wegen (Testa- ment oder Erbvertrag) abzuändern oder aufzuheben. Dazu und zur Verfü- gungsfreiheit aber später. Als gesetzliche Erben werden genannt: die Verwandten der überlebende Ehegatte das Gemeinwesen Die Verwandten und der überlebende Ehegatte kommen gemeinsam zum Zuge. Nur wenn weder Verwandte noch ein Ehegatte vorhanden sind, und der Erblasser nichts mittels Testament verfügt hat, gilt das Gemeinwesen als Erbe. Unter dem Gemeinwesen werden die Gemeinde und der Kanton verstanden, wobei die Gemeinde 1/3 und der Kanton 2/3 "einheimsen". Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 18
II. c) Die erbberechtigten Verwandten (Parentelenordnung) Die Nachkommen: Die Nachkommen erben zu gleichen Teilen. An Stelle vorverstorbener Kinder treten deren Nachkommen; falls keine Nachkommen vorhanden sind, gelangt die Erbschaft an die Eltern: (je zur Hälfte), falls verstorben an deren Nachkom- men, falls keine vorhanden an die Grosseltern: falls verstorben, an deren Nachkommen. Fehlt es auch dort an Erben und ist kein Testament oder Erb- vertrag vorhanden, kommt das Gemeinwesen zum Zuge. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 19
II. d) Gesetzliche Erbteile (= gesetzlicher Anspruch) Sofern kein Testament vorhanden ist, erhält der überlebende Ehegatte: - wenn er mit Nachkommen zu teilen hat, ½ der Erbschaft - wenn er mit dem Stamm der Eltern zu teilen hat, ¾ der Erbschaft - wenn keine Erben des elterlichen Stammes vorhanden sind, die ganze Erbschaft Die gesetzlichen Erbteile sind in der Graphik auf Seite 18 abgebildet Berechnung des gesetzlichen Erbteils, Vorgehen 1. Aufzeichnung Erbfolge (ges. Erben bzw. erbberechtigte Verwandte) 2. Berechnung der Erbanteile (was erbt Ehegatte neben ...) 3. Falls ein Erbteil auf mehrere Personen aufgeteilt werden muss, ist dies wie folgt zu tun: - Erbteil aufschreiben; - Zähler und Nenner x Anzahl Personen (Erben gleicher Stufe); - = Erbteil anders dargestellt - alsdann aufteilen auf Personen Beispiel: Erben sind der Ehegatte und 3 Kinder. Ehegatte und Kinder erben je zu ½. Nun sind die Anteile der Kinder auszurechnen, was wie folgt geht: 1 x 3 = 3 2 x 3 = 6 Erbteil Zähler (Anzahl Erben) Erbteil anders dargestellt Nenner (Anzahl Erben) Dann Aufteilung der 3/6 auf die 3 Kinder = 1/6 pro Kind Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 20
II. e) Verfügungen von Todes wegen (Das Testament) Wer urteilsfähig und das 18. Altersjahr zurückgelegt hat (= Handlungsfä- higkeit), ist befugt, unter Berücksichtigung der gesetzlichen Schranken und Formen über sein Vermögen letztwillig zu verfügen. Der Erblasser kann in seinem Testament auch über Vermächtnisse oder Legate verfü- gen. Mit Vermächtnissen und Legaten sind genau definierte Vermögens- vergabungen an Personen oder Institutionen gemeint, welche nicht zu ei- nem Anteil an der Gesamterbschaft partizipieren. Als Beispiel dazu kön- nen genannt werden: Die antike Wanduhr soll mein Neffe Klaus Muster, Neuenhof, erhalten ... oder .... Meinem Patenkind Rolf Muster, Baden, vermache ich Fr. 2'000.--. Auch diese Vermächtnisse oder Legate dürfen den Pflichtteil nicht verlet- zen. Dazu aber später. Weiter kann der Erblasser dem überlebenden Ehegatten durch Verfügung von Todes wegen gegenüber den gemeinsamen Nachkommen und den während der Ehe gezeugten nicht gemeinsamen Kindern und deren Nachkommen die Nutzniessung an dem ganzen ihnen zufallenden Teil der Erbschaft zuwenden. Diese Nutzniessung tritt an die Stelle des dem Ehe- gatten (neben diesen Nachkommen) zustehenden gesetzlichen Erbrechts. Im Falle der Wiederverheiratung entfällt die Nutzniessung auf jenem Teil der Erbschaft, der im Zeitpunkt des Erbganges nach den ordentlichen Bestimmungen über den Pflichtteil der Nachkommen nicht hätte mit der Nutzniessung belastet werden können. (473 ZGB) Die Nutzniessung kann auch im Sinne eines Vermächtnisses oder Legates zu Gunsten von Dritten ausgesprochen werden. Der belastete Teil des Nachlasses darf die Pflichtteile in diesem Falle nicht verletzten. Das Testament ist ein einseitiges Rechtsgeschäft und kann jederzeit vom Verfasser aufgehoben oder durch eine neue Verfügung ersetzt werden. Das ZGB geht davon aus, dass die Erbteilung Sache der Erben ist. Diese können beliebig von der gesetzlichen Erbfolge abweichen, sofern alle Er- ben dem zustimmen. Auch vermag der Erblasser nicht durch Teilungsre- geln den Erben, die übereinstimmend anderer Meinung sind, seinen Wil- len aufzuzwingen. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 21
Folgende 3 Testamentsformen (= Verfügungsarten) werden unterschie- den: II. e1) Das eigenhändige Testament muss vollständig handschriftlich geschrieben sein und Datum und Unterschrift enthalten. II. e2) Die letztwillige öffentliche Verfügung (= mit öff. Beurkundung) erfolgt unter Mitwirkung von 2 Zeugen vor einem Notar; die Zeugen müssen handlungsfähig sein und dürfen nicht in ge- rader Linie mit dem Erblasser verwandt sein. Geschwister und Ehegatten sind ebenfalls ausgeschlossen. Die mitwirkenden Zeugen dürfen nicht in der Verfügung bedacht werden. II. e3) Die letztwillige mündliche Verfügung (= Nottestament) kann nur bei ao. Umständen (Todesgefahr) erlassen werden; 2 Zeugen müssen den letzten Willen unverzüglich dem Gericht zu Pro- tokoll geben oder haben ihn sofort schriftlich abzufassen, zu unter- zeichnen und dem Gericht zu übergeben; das mündliche Testament verliert seine Wirkung nach 14 Tagen, nach- dem des dem Verfasser (Testator) möglich war, sich einer anderen Testamentsform zu bedienen; es gelten die gleichen Ausschliessungsgründe für Zeugen wie bei der letztwilligen Verfügung mit öffentlicher Beurkundung (siehe oben). II. f) Der Erbvertrag ist kein Testament. Er ist ein 2seitiges Rechtsgeschäft. Dennoch kann damit der Nachlass geregelt werden. Ein Erbvertrag kann nur mit öffentli- cher Beurkundung vor einem Notar unter Mitwirkung von 2 Zeugen abge- schlossen werden. Die Parteien müssen handlungsfähig sein. Es gelten die gleichen Ausschliessungsgründe für die Zeugen wie beim Testament. Zweiseitige Rechtsgeschäfte können nur mit Zustimmung der zweiten Par- tei abgeändert oder aufgehoben werden. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 22
II. g) Pflichtteile Die Erbteilung erfolgt nach Gesetz (gesetzliche Erbteile), sofern der Erb- lasser nichts über seinen Nachlass verfügt hat. Damit die Nachkommen, der überlebende Ehegatte und die Eltern von der Willkür des Erblassers geschützt sind, hat der Gesetzgeber bestimmt, welche Teile des Nachlas- ses diesen nächsten Erben nicht durch Testament entzogen werden darf. Dieser nicht entziehbare Erbteil wird Pflichtteil genannt. Der Pflichtteil beträgt für einen Nachkommen ¾ des gesetzlichen Anspruchs (= 3/4 des ges. Erbteils) jeden Elternteil ½ des gesetzlichen Anspruches (= 1/2 des ges. Erbteils) für den überlebenden Ehegatten ½ des gesetzlichen Anspruchs (= ½ des gesetzl. Erbteils) Berechnung des effektiven Pflichtteils, Vorgehen 1. Zuerst gesetzlichen Erbteil ausrechnen (siehe Seite 16) 2. dann ausgerechneten Erbteil x Pflichtteilssatz Beispiel gemäss Seite 16, Erben sind Ehegatte und 3 Kinder Berechnung Pflichtteil der Ehefrau 1 x 1 = 1 2 x 2 = 4 (=2/8) Erbteil x Pflichtteilssatz = effektiver Pflichtteil Berechnung Pflichtteil der Kinder (3 Kinder, Ausrechnung pro Kind) 1 x 3 = 3 6 x 4 = 24 Erbteil x Pflichtteilssatz = effektiver Pflichtteil pro Kind (kürzbar durch 3 = 1/8 pro Kind) Verfügbare Quote = Der nicht durch den Pflichtteil geschützte Anteil an einer Erbschaft heisst „Ver- fügbare Quote. Nachstehend die Berechnung zum obigen Bespiel: 8/8 minus 2/8 (Pflichtteil Ehefrau) minus 3/8 (Pflichtteile der 3 Kinder) = 3/8 Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 23
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II. h) Der Willensvollstrecker wird vom Erblasser im Testament oder Erbvertrag eingesetzt handelt im Auftrag des Erblassers; er verwaltet das Nachlassvermögen, vollzieht die testamentarischen Anordnungen und bereitet diese vor (Teilungsvertrag); er hat Anspruch auf angemessene Entschädigung; diese beträgt in der Regel 1 - 3 % der Aktiven (bei geringem Vermögen nach Aufwand) II. i) Ungültigkeit & Herabsetzung von letztwilligen Verfügungen Letztwillige Verfügungen, welche die Formvorschriften oder die Pflichtteile verletzen, können innerhalb 1 Jahres seit Eröffnung durch die Erben beim Bezirksgericht angefochten werden. II. j) Enterbung und Erbunwürdigkeit Wer vorsätzlich oder rechtswidrig den Tod des Erblassers herbeiführt oder herbeiführen will, oder gegen den Willen des Erblassers Einfluss auf das Testament nimmt, kann enterbt bzw. als erbunwürdig erklärt werden. Un- terschied: Die Enterbung muss vom Erblasser im Testament enthalten und begrün- det sein. Die Erbunwürdigkeit muss von den Erben gegen eine der Erbparteien ein- geklagt werden. Zuständig ist das Bezirksgericht am letzten Wohnort des Erblassers. Der Anteil des Enterbten fällt, sofern der Erblasser nicht anders ver- fügt hat, an die gesetzlichen Erben des Erblassers, wie wenn der Enterbte den Erbanfall nicht erlebt hätte. (Die Nachkommen des Enterbten behalten ihr Pflichtteilsrecht, wie wenn der Enterbte den Erbfall nicht erlebt hätte.) Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 25
II. k) Erbgang und Erbteilung Mit dem Tod des Erblassers geht das Vermögen nahtlos an die Erbenge- meinschaft über. Die Erbengemeinschaft ist dann Gesamteigentümer der Erbschaft und kann nur bei Einstimmigkeit handeln. Die Erben haften auch solidarisch für die Schulden des Erblassers. Jeder Erbe kann jederzeit die Erbteilung verlangen. Die Erbteilung ist Sache der Erben. Diese können beliebig von der gesetzlichen Erbfolge abweichen, sofern alle Erben dem zustimmen. Wird keine Einigung erzielt, so kann beim Bezirksgericht die gerichtliche Erbteilung verlangt bzw. eingeklagt werden. II. l) Erwerb und Ausschlagung der Erbschaft Um die Erbschaft anzunehmen, braucht es keine besondere Erklärung. Um der automatischen Erbfolge zu entgehen, kann ein Erbe beim zustän- digen Bezirksgericht (Wohnort Erblasser) die Erbschaft ausschlagen. Die Ausschlagungserklärung muss innerhalb von 3 Monaten seit Kenntnis des Todes (in der Regel Todesdatum) eingereicht werden. Bei der Aufnahme eines durch die Erben beantragten öffentlichen Inventars beträgt die Aus- schlagungsfrist 1 Monat seit Eröffnung des öff. Inventars durch das Be- zirksgericht. Mehr dazu im Thema Inventarwesen. II. m) Sicherungsmassregeln Die Sicherungsmassregeln sind ebenfalls im ZGB abgehandelt. Es geht dabei um die Sicherung des Nachlasses und der Verfügungen. Die ge- nauen Informationen dazu finden Sie im Thema Inventarwesen. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 26
Fragen zum Erbrecht 1. In welchem Gesetz ist das Erbrecht geregelt? __________________________________________________________ 2. Wer sind die gesetzlichen Erben? 3. Welches sind die erbberechtigten Verwandten? 4. Was erbt der Ehegatte neben? a) neben Nachkommen _______________________________________ b) neben Erben des elterlichen Stammes _________________________ c) neben Erben des grosselterlichen Stammes_____________________ Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 27
5. Erbfolge und gesetzliche Erbteile - Lösen Sie folgende Aufgabe indem Sie zuerst die Parantelenordnung aufzeichnen diese beschriften und alsdann die Erbteile ausrechnen und die Graphik entsprechend ergänzen. Der Erblasser hinterlässt die Ehefrau und 3 Nachkommen. 1 Nachkomme ist vorverstorben, jedoch verheiratet gewesen und hinterlässt seinerseits 3 Nachkommen. 6. Wer kann ein Testament errichten? 7. Welche Testamentsformen gibt es? ________________________________________________________________ 8. Wann erbt das Gemeinwesen? ________________________________________________________________ Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 28
9. Wie wird ein Erbvertrag errichtet (Formvorschriften)? 10. Welche Erben sind pflichtteilsgeschützt?: ________________________________________________________________ 11. Wie gross sind die Pflichtteile für a) _____________________________________________________________ b) _____________________________________________________________ c) _____________________________________________________________ 12. Wie gross sind die Pflichtteile in folgendem Sachverhalt effektiv (= ausge- rechnet pro Erbe)? Der Erblasser hinterlässt die Ehefrau und 4 Kinder. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 29
13. Wie gross sind die Pflichtteile in folgendem Sachverhalt effektiv (= ausgerechnet pro Erbe)? Der Erblasser hinterlässt die Ehefrau und 2 Kinder, wovon 1 vorverstorben ist und seinerseits 2 Nachkommen hinterlassen hat. 14. Wo und von wem wird der Erbgang eröffnet? 15. Was sind Gründe für eine Enterbung? 16. Wie, wo und innert welcher Fristen kann die Erbschaft ausgeschlagen wer- den? Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 30
III. Inventurwesen (ZGB 551 ff und StG) III. a) Sicherungmassregeln (ZGB) Die zuständige Behörde am letzten Wohnsitz des Erblassers hat von Am- tes wegen die zur Sicherung des Nachlasses nötigen Massregeln zu tref- fen. Es sind dies insbesondere: Die Siegelung (Art. 552 ZGB) Sie wird vom Gemeinderat angeordnet, wenn Gefahr besteht, dass Teile der Erbschaft durch Dritte oder die Erben selbst vor der Inventaraufnahme weggeschafft werden könnten. In der Praxis ist die Siegelung eher selten. Die Siegelung, insbesondere das Auswechseln von Schliesszylindern von Wohnungstüren, kann von der Behörde auch gestützt auf das ZGB, das StG und auch Art. 292 des Strafgesetzbuches (StGB) durchgesetzt wer- den (Art. 292 StG: Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Be- amten unter Hinweis auf die Strafandrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Haft oder Busse bestraft.) Aufnahme öffentliches oder Sicherungsinventar (Art. 553 ZGB) Die Aufnahme des öffentlichen oder des Sicherungsinventars stützt sich auf das Erb- und das Vormundschaftsrechtrecht. Die Aufnahme des Steu- erinventars basiert auf dem Steuergesetz und ist keine eigentliche Siche- rungsmassregel. Dazu später. Einreichungspflicht von Testamenten (Art. 556 ZGB) Bei der Inventaraufnahme vorgefundene oder von den Erben übergebene letztwillige Verfügungen (Testamente/Erbverträge) sind immer sofort dem Bezirksgericht einzureichen. Es ist nicht Aufgabe der Inventurbehörde, die Formvorschriften zu prüfen und bei deren Verletzung Massnahmen zu er- greifen. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 31
Eröffnungspflicht von letztwilligen Verfügungen (Art. 557 ZGB) Das Bezirksgericht hat eine letztwillige Verfügung innert 1 Monat ab Erhalt (in der Regel ab Todesdatum des Erblassers) an die Erben zu eröffnen. Anordnung Erbschaftsverwaltung Die Anordnung der Erbschaftsverwaltung erfolgt durch das Gericht. Sie wird verfügt, wenn die Verwaltung der Erbschaft nicht durch die Erben si- chergestellt ist oder wenn ein Erbe dauernd ohne Vertretung abwesend ist. (Art. 554 ZGB) Erbenruf (Art. 555 ZGB) Der Erbenruf wird durch das Bezirksgericht angeordnet, wenn unklar ist, wer gesetzlicher Erbe ist. Der Erbenruf wird im Amtsblatt publiziert. III. b) Sicherungsinventar (ZGB) Das Sicherungsinventar wird von Amtes wegen angeordnet, wenn die Erbschaft durch eine Nacherbeneinsetzung gemäss Art. 488 ff ZGB belastet ist. (Der Erbe wird verpflichtet, die erhaltene Erbschaft nach seinem Tode einem Nacherben auszuliefern.) Weiter ist es im Grundsatz erforderlich, wenn eine Person unter einer vormundschaftlichen Massnahme steht oder zu bevormunden ist (Art. 553 Ziff. 1 ZGB) oder ein Erbe ohne Vertretung dauern abwesend ist (Art. 553 Ziff. 2 ZGB). Das Sicherungsinventar wird durch das Bezirksgericht auf Wunsch von Gläubigern oder Erben angeordnet (Art. 553 Ziff. 3 ZGB). Häufiger trifft man das Sicherungsinventar bei der Errichtung von vor- mundschaftlichen Massnahmen (Mündelinventar) oder nach Eheschei- dungen als sogenanntes Kindsvermögensinventar. Es zeigt auf, welches Vermögen vom Vormund/Beirat/Beistand bzw. dem Inhaber der elterlichen Fürsorge verwaltet werden muss. In diesen Fällen ist keine Anordnung des Richters nötig. Zuständig ist in diesen Fällen die Vormundschaftsbe- hörde. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 32
III. c) Steuerinventar Die Aufnahme des Steuerinventars stützt sich auf das Steuergesetz (§ 210 ff) und auf die Verordnung zum Nachlassinventar (SAR 651.100). Dem- nach ist in allen Fällen ein Steuerinventar aufzunehmen. Einzige Ausnah- me ist die offensichtliche Vermögenslosigkeit. Liegt diese vor, haben die Erben eine entsprechende Erklärung zu unterzeichnen. Die Erben können die Erbschaft innert 3 Monaten seit Kenntnis des Todes des Erblassers (idR Todesdatum) beim Bezirksgericht am letzten Wohnsitz des Erblas- sers ausschlagen. (Bezüglich dem Ablauf der Inventaraufnahme wird auf das separate Kapitel verwiesen.) III. d) öffentliches Inventar (ZGB) Die Erben haben die Möglichkeit, innerhalb 1 Monats seit dem Tod des Erblassers beim zuständigen Bezirksgericht am letzten Wohnsitz des Erb- lassers die Aufnahme eines öffentlichen Inventars zu verlangen. Das Be- zirksgericht ordnet alsdann das öffentliche Inventar an und beauftragt die Gemeindekanzlei, dieses auszustellen. Gleichzeitig lässt das Bezirksge- richt im Amtsblatt des Kantons Aargau 3 Mal einen "Rechnungsruf" publi- zieren. Den Gläubigern wird mit dem Rechnungsruf die Möglichkeit gege- ben, die Forderungen innert publizierter Frist bei der Gemeindekanzlei am Wohnsitz des Erblassers einzugeben/anzumelden. Verspätet eingereichte Forderungen haben keinen Rechtstitel und verfallen (ausser, sie sind aus der Steuererklärung ersichtlich oder stammen aus öffentlichen Registern). Die Gemeindekanzlei (Gemeinderat) stellt das öffentliche Inventar alsdann zusammen und nummeriert sämtliche Belege. Nach der Unterzeichnung durch einen Erben und den Gemeinderat werden alle Inventarkopien mit den Belegen dem Bezirksgericht zur Eröffnung an die Erben zugestellt. Die Erben haben nach Erhalt des öff. Inventares die Möglichkeit, die Erb- schaft innerhalb 1 Monats mittels mündlicher oder schriftlicher Erklärung beim Bezirksgericht auszuschlagen. Das öffentliche Inventar sichert die Erben somit ab, indem sie erst nach Vorlage der genauen Zahlen des Nachlasses (Aktiv- oder Passivsaldo) über die Annahme oder Ausschla- gung der Erbschaft entscheiden müssen. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 33
III. e) Erbenverzeichnis und Erbbescheinigung Das Erbenverzeichnis wird gestützt auf die Familienscheine des/der Hei- matorte/s und auf die Angaben der Erben (Adressen) ausgestellt. Das Zi- vilstandsamt unterscheidet zwischen folgenden Dokumenten: Familienausweis: Auf diesem Dokument ist nur die aktuelle Ehe registriert mit den Kindern aus dieser aktuellen Ehe. Andere Kinder aus früheren Ehen oder voreheli- che Kinder müssen durch die Gemeindekanzlei abgeklärt werden. Ausweis über den registrierten Familienstand: Aus diesem Dokument sind alle Kinder registriert, auch solche aus frühe- ren Ehen und voreheliche (Ausnahme: ausländische Kinder). Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 34
Nebst dem Erblasser werden im Erbenverzeichnis die gesetzlichen Erben mit Name, Vorname, Verwandschaftsbezeichnung, Geburtsdatum, Heima- tort, Zivilstand, Wohnsitz und Adresse festgehalten. Der Gemeinderat oder die Gemeindekanzlei (Gemeindeschreiber) bestätigen den Inhalt des Do- kumentes mit Unterschrift und Amtsstempel (Rundstempel). Das Erben- verzeichnis wird von Banken, Versicherungen und Dritten verlangt, damit die Zustelladresse der Erbenvertretung geregelt werden kann. Da die ge- richtliche Bescheinigung fehlt, kann es jedoch nicht die Basis für Kontiaus- zahlungen sein. Gemäss Empfehlung des Obergerichts des Kantons Aargau sollten keine Erbenverzeichnisse mehr für Private ausgestellt werden. Weiterführende Bestimmungen über die Ausstellung für Erbenverzeichnis- se sind dem Kreisschreiben des Obergerichtes aus dem Jahre 2009 zu entnehmen. Die Erbbescheinigung geht noch einen Schritt weiter als das Erbenver- zeichnis. Nebst der vorstehenden Auflistung der Erben, welche vom Ge- meinderat unterzeichnet sein muss, bescheinigt das Bezirksgericht, ob ei- ne letztwillige Verfügung vorliegt und was der Inhalt dieser ist (weitere Er- ben, Abweichung von der gesetzlichen Erbfolge, Vermächtnisse). Die Erbbescheinigung ist von den Angehörigen direkt beim Bezirksgericht zu bestellen, welches bei der Gemeinde anschliessend ein spezielles Erben- verzeichnis für die Erbbescheinigung verlangt. Die Erbbescheinigung wird in der Regel von Banken und Versicherungen einverlangt, da nur dieses Dokument definitiv darüber Auskunft gibt, wer nun tatsächlich die Erb- schaft erhält. (Dies ist aus dem Erbenverzeichnis nicht abschliessend sichtbar, da mittels letztwilliger Verfügung von der gesetzlichen Erbfolge abgewichen werden kann.) Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 35
III. f) Praxis im Inventurwesen Die Aufnahme des Steuerinventars stützt sich auf das Steuergesetz und ist in allen Todesfällen erforderlich. Einzige Ausnahme ist die offensichtli- che Vermögenslosigkeit Vermögenslosigkeit Liegt diese vor, haben die Erben eine entsprechende Erklärung mit einfa- cher Auflistung der Vermögenswerte zu unterzeichnen. Als vermögenslos werden Nachlässe mit einem Wert von bis zu Fr. 20'000.-- bezeichnet. Es wird davon ausgegangen, dass der Todesfall (Einsargungen, Transport, Bestattung, Leidmahl, Grabstein, Grabunterhalt für 25 Jahre etc.) Kosten in dieser Höhe verursacht. In der Praxis wird in der Regel auf die Unterzeichnung dieser separaten Erklärung verzichtet, da sämtliche Daten auch in der 'Unterjährigen Steuererklärung' enthalten sind. Inventurbehörde ist der Gemeinderat. Nach Anzeige des Todes einer Person mit Wohnsitz in der Gemeinde hat der Gemeinderat an die Erben bzw. an den Erbenvertreter eine Verfügungsbeschränkung zu erlassen. Darin wird angeordnet, dass über den Nachlass keine Verfügungen getrof- fen werden dürfen, bis die Inventaraufnahme erfolgt ist. Gleichzeitig mit der Verfügungsbeschränkung wird dem Erbenvertreter eine "Unterjährige Steuererklärung" mit Angaben zum Güter- & Erbrecht, Vorempfängen & Schenkungen u. ein "leeres" Verzeichnis der gesetzlichen Erben zuge- stellt. Mit dem Eingang der ausgefüllten und unterzeichneten "Unterjähri- gen Steuererklärung" gilt die Verfügungsbeschränkung als aufgehoben. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 36
Muster einer Verfügungsbeschränkung Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 37
Muster einer Verfügungsbeschränkung (Seite 3) Unterjährige Steuererklärung Die Unterjährige Steuererklärung basiert auf der Gegenwartsbesteuerung. Sie muss bei jedem Todesfall ausgefüllt werden, damit die effektiven Steuern des Verstorbenen vom 01. Januar des Kalenderjahres bis zum Todestag veranlagt werden können. Als Bemessungsgrundlage werden die während dieser Zeit erzielten Einkünfte und Aufwendungen und das Vermögen (am Todestag) berücksichtigt. Nach Eingang der 'Unterjährigen Steuererklärung' und dem zugehörigen Verzeichnis der erbberechtigten Personen beim Gemeindesteueramt und nach der darauf basierenden Einkommens- und Vermögensbesteuerung (Steuerveranlagung) hat die Inventurbehörde zu prüfen, ob ein erbsteuer- pflichtiger Fall vorliegt. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 38
Prüfung Erbsteuerpflicht, nicht pflichtiger Fall Seit dem 1.1.2001 sind Nachkommen und überlebender Ehegatte von der Erbsteuer im Kanton Aargau befreit. Sind also lediglich solche Erben vor- handen, ist von einem nicht steuerpflichten Erbanfall auszugehen und die unterjährige Steuererklärung wird mittels Verfügung der Inventurbehörde (Feststellungsverfügung) zum Steuerinventar erklärt und den erbberechtig- ten Personen eröffnet. (Gleichzeitig wird nochmals die Aufhebung der Verfügungs- beschränkung, welche mit dem Eingang der unterj. Steuererklärung bereits erfolgt ist, schriftlich angezeigt). Dem Kant. Steueramt wird eine Kopie des Deckblattes der Feststellungs- verfügung eingereicht. Die Feststellungsverfügung ist mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, wonach die erbberechtigten Personen innert 20 Tagen nach Erhalt des vorliegenden Dokuments bei der Inventurbehörde eine anfechtbare Verfü- gung über die Erbschaftssteuerpflicht verlangen können. Muster "Abschluss Steuerinventar mit Erbsteuerverfügung, nicht pflichtiger Fall" (= Feststellungsverfügung) Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 39
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Prüfung Erbsteuerpflicht, pflichtiger Fall Ein erbsteuerpflichtiger Fall liegt vor, wenn gestützt auf die Angaben der Unterjährigen Steuererklärung und der Familienscheine als auch der letztwilligen Verfügungen festgestellt wird, dass die Aktiven den Betrag von Fr. 20'000.-- übersteigen und zumindest eine erbberechtigte Person erbschaftssteuerpflichtig ist In diesen Fällen muss ein umfangreiches Steuerinventar erstellt werden. Der Ablauf des Verfahrens zeigt sich dann wie folgt: Aufforderung der Erben, nebst den aus der unterjährigen Steuererklä- rung ersichtlichen Daten folgende Angaben und Unterlagen einzu- reichen: Angaben über eingebrachtes Gut, Erbschaften und Schenkungen (nur bei verheirateten Erblassern) Angaben über die Aktiven (Bank-/Post-/Wertschriftenbelege mit Wert per Todestag jedoch ohne Marchzinsen), die Guthaben, die Liegen- schaften und weitere Vermögenswerte Angaben über Versicherungspolicen und über deren Auszahlung (Be- lege) Angaben über die Schulden (Kredite, Darlehen, Hypotheken, laufende Schulden, Todesfallkosten), alles mittels Belegen Gestützt auf diese Daten wird alsdann ein umfangreiches Steuerinventar erstellt. Nebst den vorstehend genannten Angaben enthält es die Daten des Erblassers, der Inventaraufnahme, ev. richterlicher Ver- fügungen Angaben über die Erben (Erbenverzeichnis) Angaben über Erbvorempfänge und Schenkungen Angaben über den Güterstand und allf. Eheverträge Angaben über letztwillige Verfügungen Angaben über einkommenssteuerwirksame Zuwendungen eine güterrechtliche Auseinanerdersetzung (falls Erblasser verheiratet) eine Bilanz (weitere Infos dazu im Anhang und im Unterricht) Das Inventar wird nach der Erstellung durch die Inventurbehörde durch ei- nen Erbvertreter unterschrieben und alsdann vom Gemeinderat gegenge- zeichnet. Die pflichtteilsgeschützten Erben und jeder nach Quoten (Bruch- teilen) beteiligte Erbe erhält eine Kopie des Inventars. Weitere Exemplare erhalten das Steueramt und die Kanzlei, welche über das Original verfügt. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 41
Alsdann muss die Erbsteuerveranlagung erstellt werden. Diese wird dem Kant. Steueramt zusammen mit dem Inventar und der 'Unterjährigen Steuererklärung' zugestellt. Dazu aber mehr im nächsten Thema. Die Ausstellung des Inventars ist nicht kostenlos. Gemäss den gesetzli- chen Grundlagen im Anhang sind verschiedene Abrechnungsarten mög- lich. Der Unterzeichnete empfiehlt folgende Gebühren: Familienscheine zur Erbenermittlung nach eff. Aufwand Inventaraufnahme nach Stundenansatz* Ausstellung Inventar & Kopien nach Stundenansatz* Sicherung der Hinterlassenschaft 0,5 0/00 RV (siehe Dekret) Stempelgebühr siehe GRV, entfällt seit 1.1.2001 Erbenverzeichnis, falls zus. ausgestellt gemäss Dekret Spezielles (z.B. Schätzungskosten) nach eff. Aufwand Erbsteuerveranlagung nach Stundenansatz* * Abgaben dürfen nur gestützt auf eine gesetzliche Grundlage erhoben werden. Die An- forderungen an die gesetzliche Grundlage dürfen jedoch nach der Bundesgerichtspraxis herabgesetzt werden, wo dem Bürger die Überprüfung der Gebühr auf ihre Rechtmässig- keit anhand von verfassungsmässigen Prinzipien, insbesondere des Kostendeckungs- und des Äquivalenzprinzips, ohne weiteres möglich ist. Daher dürfen Kanzleigebühren keiner fomellgesetzlichen Grundlage (BGE 112 Ia 39, 43 ff) Gemäss dem Grundriss des allg. Verwaltungsrechtes (Häfeli/Müller) sind Kanzleigebüh- ren (und dazu zählt auch die Erarbeitung des Inventares) Abgaben für einfache Tätigkei- ten der Verwaltungsbehörden , die ohne besonderen Prüfungs- oder Kontrollaufwand er- bracht werden und sich in ihrer Höhe in bescheidenem Rahmen halten. Bei Kanzleige- bühren gilt das Erfordernis der Gesetzesform nicht. Sie müssen jedoch das Erfordernis des Rechtssatzes erfüllen, d.h. in einem generell-abstrakten, genügend bestimmten Er- lass (z.B. Verfügung des Gemeinderates) umschrieben sein. Das heisst, dass bei einer Verrechnung des Arbeitsaufwandes nach Stunden der Ge- meinderat vorab in einer generellen Verfügung die Kanzleigebühren für diese Tätigkeit beschliessen muss. Ist dies erfolgt, kann z.B. ein Stundensatz Fr. 50.-- für die Erstellung des Inventares in Rechnung gestellt werden. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 42
Verfahrensablauf Steuerinventar & Erbsteuerveranlagung - Familienscheine sofort nach Kenntnis Tod des Einwohners bestellen für Erbenermittlung - Verfügungsbeschränkung zusammen mit unterjähriger Steuererklärung d. Erbvertreter zustellen - Steuererklärung geht ein und wird von Steueramt veranlagt - Nach Rechtskraft geht unterj. Steuererklärung an Inventurbehörde Entscheid über die Erbsteuerpflicht erbsteuerpflichtig = nicht erbsteuerpflichtig - Gestützt auf unterj. Steuerklärung wird Unterj. StE wird zum Inventar erklärt detailliertes Steuerinventar erstellt - Gemeinderat/Gemeindekanzlei verfügt 'Feststellungsverfügung' (keine Steuern - Steuerinv. an Erbenvertreter zur fällig) mit Rechtsmittelbelehrung an Erben. Unterschrift - Gegenzeichnung durch Gemeinderat - Zustellung Inv. an pflichtteilsgeschützte & nach Quoten eingesetzte Erben - Kopie mit unterj. StE in Ablage - Original der unterj. StE an Steueramt - Formular Erbsteuerveranlagung ausfüllen - Verfahren ist abgeschlossen - Erbteilung ist Sache der Erben - Zustellung an Erbenvertreter für Unterzeichnung - Zustellung Inventar mit unterj. StE und Erbsteuerveranlagung an Kant. Steueramt - Kant. Steueramt verfügt Erbsteuer und retourniert alle Unterlagen an Gemeinde - Gemeinde eröffnet Erbsteuerveranlagung an Erben - Gemeinde ist für Inkasso verantwortlich - Ablage Unterlagsdoppel - unterj. StE an Steueramt - Verfahren ist abgeschlossen - Erbteilung ist Sache der Erben Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 43
Fragen zum Inventurwesen 1. Welche Sicherungsmassregeln kennen Sie? (mind. 3) 2. Wo sind Testamente zur Eröffnung einzureichen? 3. Was bezweckt die Aufnahme des öff. Inventars ? 4. Was ist die Basis für das Ausstellen des Erbenverzeichnisses? 5. Was enthält eine Erbbescheinigung und für welche 2 Zwecke wird sie in der Regel ausgestellt? Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 44
6. Wer ist Inventarbehörde? 7. Was muss die Inventarbehörde als ersten Schritt tun? 8. In welchem Fall muss kein Inventar aufgenommen werden? 9. Was ist der Sinn und Zweck der unterjährigen Steuererklärung? 10. Was passiert inventurrechtlich (steuerrechtlich) mit der unterjährigen Steuererklä- rung, wenn sie eingereicht und veranlagt worden ist und als Erben "nur" Nachkom- men vorhanden sind? 11. Was müssen Sie tun, wenn aus der unterjährigen Steuererklärung und den Fami- lienscheinen entnommen werden kann, dass mehr als Fr. 20'000.-- Vermögen vor- handen ist und als Erben nur die Geschwister in Frage kommen? 12. Welche Erben erhalten eine Kopie des Inventars? Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 45
IV. Erbschafts- und Schenkungssteuern (StG) IV. a) Steuerpflicht Erbschafts- und Schenkungssteuern werden im Kanton Aargau gleich be- handelt. Sie werden am Wohnort des Erblassers bzw. Schenkers veran- lagt. Rechnungsempfänger ist, wer tatsächlich die Zuwendung erhält (sie- he auch Kapitel: Prüfung Erbsteuerpflicht auf Seite 40). IV. b) Steuerbegünstigte Zuwendungen unter Ehegatten und an die Nachkommen sind steuerfrei. Dabei ist zu beachten, dass die Nachkommen erst seit dem 1.1.2001 voll von der Steuer befreit sind; bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Nachkom- men lediglich einen einmaligen Steuerfreibetrag pro Elternteil von Fr. 50'000.-- (Minderjährige Fr. 60'000.--). IV. c) Steuerberechnung Das Steuergesetz unterteilt die Steuerpflichtigen in 3 verschiedene Klas- sen. Je näher man mit dem Erblasser verwand ist, desto tiefer ist die Klasse. Die Steuerklasse wirkt sich folglich auf die Steuersätze aus. Tiefe Klassen haben auch einen geringeren Steuersatz. (siehe StG im Anhang) IV. d) Steuersatzbestimmung Für die Satzbestimmung ist nebst der Steuerklasse auch noch der effekti- ve Vermögensanfall massgebend. Dabei wird der Vermögensanfall in so- genannte Vermögenspakete aufgeteilt, welche je Einheit einen separaten Steuersatz haben. Zum Beispiel: Die ersten Fr. 120'000.-- zu ... %, die weiteren Fr. 60'000.-- zu ... % usw. (siehe § 147 - 149 StG im Anhang). Zudem sind Vorempfänge und Schenkungen zu berücksichtigen. Diese sind in 5-Jahres-Einheiten zusammengefasst ebenfalls für die Satzbe- stimmung massgebend. Beispiel: Erbanfall Fr. 100'000.-- und Vorempfang vor 3 Jahren von Fr. 100'000.-- = Steuersatz für Anfall von Fr. 200'000.--. Ab hier gelangt alsdann die Paketbildung zur Anwendung. Liegt der Vor- empfang 6 Jahre zurück, kann dieser nicht für die Satzbestimmung beige- zogen werden; das heisst, beide Anfälle sind separat für den Steuersatz zu betrachten. Güter- und Erbrecht, Inventar-, Erb- und Schenkungssteuer-Wesen, Kurs 2004 (Stand 2011) 46
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