Ein moderner Haushalt für Europa - Bundesfinanzministerium
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Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Oktober 2018 Ein moderner Haushalt für Europa ●● Europa braucht einen modernen und zukunftsfesten Haushalt. Angesichts der aktuellen Herausforderungen und des Ausscheidens des Vereinigten Königreichs als einem der größten Beitragszahler werden die derzeit laufenden Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrah- men 2021-2027 vermutlich die schwierigsten in der Geschichte der Europäischen Union. ●● Die Europäische Kommission schlägt eine Erhöhung der Ausgaben in zukunftsorientierten Bereichen – Bildung, Forschung, Innovation, Jugend, Schutz der Außengrenzen, Sicherheit/ Verteidigung und Migration – vor. Das Volumen der größten Ausgabenbereiche, der Agrar- und Kohäsionspolitik, soll auf rund 60 % statt bisher 71 % der Gesamtausgaben reduziert werden. Auf der Finanzierungsseite sind zusätzlich neue Eigenmittel vorgesehen. ●● Die vorgeschlagene Neuausrichtung geht grundsätzlich in die richtige Richtung, führt aber nicht weit genug. Der Ruf nach „frischem Geld“ mag einigen als bequemer Weg erscheinen. Gerade das BMF muss die Finanzierbarkeit im Blick behalten. Das BMF spricht sich deshalb für eine noch stärkere Modernisierung des Haushalts aus. Herausforderungen Inhalt der Kommissions vorschläge Die Entwicklungen der vergangenen Jahre haben deutlich gemacht, dass die Finanzen der Europä- Auf diese Herausforderungen will die Europäi- ischen Union (EU) grundsätzlich reformiert wer- sche Kommission mit ihren Vorschlägen für einen den müssen. Die aktuellen Herausforderungen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021-2027 re- (u. a. Migration, Verteidigung, Sicherheit, Erhöhung agieren. Dieser umfasst neben der MFR-Verord- der Wettbewerbsfähigkeit) führen vor Augen, dass nung u. a. 37 Ausgabenprogramme sowie Vor- im EU-Haushalt zu viele Mittel für liebgewonnene schläge für ein reformiertes Eigenmittelsystem. Ausgabenbereiche gebunden sind. Gleichzeitig feh- len Mittel für Aufgaben, die auf der europäischen Ebene effizienter angegangen werden können. Zu- dem entsteht mit dem Ausscheiden eines der größ- ten Beitragszahler eine erhebliche jährliche Finan- zierungslücke im zweistelligen Milliardenbereich. 8
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Ein moderner Haushalt für Europa Oktober 2018 Abbildung 1 Mehrjähriger Finanzrahmen 2021-2027 gemäß Vorschlag der Europäischen Kommission in Mio. € Analysen und Berichte 85.287 187.370 Binnenmarkt, Innovation und 123.002 Digitales Kohäsion und Werte (Strukturpolitik) 27.515 34.902 Natürliche Ressourcen und Umwelt Migration und Grenzmanagement 1.279.408 Sicherheit und Verteidigung Nachbarschaft und die Welt (Außenpolitik) 378.920 Verwaltung 442.412 Quelle: Europäische Kommission Volumen Vereinigten Königreich angesetzt ist, so handelt es sich beim Vorschlag der Europäischen Kommission Die Europäische Kommission schlägt einen Anstieg um einen Anstieg von rund 24 % (circa 244 Mrd. €). des Gesamtvolumens der sogenannten Mittel für Verpflichtungen (MfV) gegenüber dem aktuellen In Bezug auf die für die Eigenmittelabführungen MFR 2014-2020 um rund 18 % (circa 192 Mrd. €) auf aus dem Bundeshaushalt relevante Größe der so- 1.279 Mrd. € vor. Das entspricht 1,11 % des Brutto- genannten Mittel für Zahlungen (MfZ) schlägt die nationaleinkommens (BNE), also der Wirtschafts- Europäische Kommission ein Gesamtvolumen leistung der 27 EU-Mitgliedstaaten (EU-27-BNE). von 1.246 Mrd. € vor (1,08 % des EU-27-BNE). Dies Hinzu kommen weitere 30 Mrd. € für Ausgaben au- entspricht einem Anstieg von 220 Mrd. € (+21 %). ßerhalb des MFR. Damit liegt das vorgeschlagene Hinzu kommen wiederum 30 Mrd. € außerhalb Gesamtvolumen bei insgesamt 1.309 Mrd. € (1,14 % der MFR-Obergrenzen. Das vorgeschlagene Ge- des EU-BNE). Rechnet man den Teil der EU-Aus- samtvolumen für die MfZ liegt damit bei insgesamt gaben heraus, der aktuell für Programme im 1.276 Mrd. € (1,11 % des EU-BNE). 9
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Ein moderner Haushalt für Europa Oktober 2018 Mittel für Verpflichtungen Tabelle 1 in Mrd. € Mittel für Verpflichtungen MFR 2014-2020 MFR 2021-2027 in Mrd. € EU 28 EU 27 I. Binnenmarkt, Innovation und Digitales 126 187 II. Kohäsion und Werte (Strukturpolitik) 394 442 III. Natürliche Ressourcen und Umwelt 420 379 IV. Migration und Grenzmanagement 10 35 V. Sicherheit und Verteidigung 2 28 VI. Nachbarschaft und die Welt (Außenpolitik) 66 1231 VII. Verwaltung 70 85 Gesamt 1.087 1.279 Europäischer Entwicklungsfonds (EEF, ohne African Peace Facility) 28 - Gesamt inklusive EEF 1.115 1.279 1 Inklusive EEF (ohne African Peace Facility). Quelle: Europäische Kommission Nach ersten vorläufigen Berechnungen würden die Gleichzeitig schlägt die Europäische Kommission jährlichen Abführungen Deutschlands an die EU deutliche Steigerungen bei den Ausgaben für Bin- durch den Kommissionsvorschlag um durch- nenmarkt, Bildung, Forschung, Innovation und schnittlich etwa 15 Mrd. € steigen. Aber bereits Digitales, Migration und Grenzschutz, Sicherheit eine Beibehaltung der aktuellen Begrenzung des und Verteidigung sowie EU-Außenpolitik (Nach- EU-Haushalts bei rund 1 % des EU-27-BNE hätte barschaft und die Welt) vor. Hierzu sollen wesent- eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung der Mit- liche Außeninstrumente zusammengeführt und gliedstaaten zur Folge. Allein die Beiträge Deutsch- unter Einbeziehung des Europäischen Entwick- lands zum EU-Haushalt würden dadurch um lungsfonds in den EU-Haushalt integriert werden. durchschnittlich etwa 10 Mrd. € steigen. Zudem möchte die Europäische Kommission den Europäischen Fonds für Strategische Investitionen (sogenannter Juncker-Plan) und sämtliche Finanz Entwicklung der Ausgabenseite instrumente im EU-Haushalt zu einem sogenann- ten InvestEU Fund zusammenführen. Der Anteil „traditioneller“ Ausgabenbereiche (Ag- rarpolitik, Strukturfonds) ginge nach dem Kom- missionsvorschlag zurück (von über 70 % auf Reform der Strukturpolitik rund 60 %). Dies liegt allerdings mehr an ei- ner Aufstockung des Gesamtvolumens des MFR Die Europäische Kommission schlägt – nicht zu- (+192 Mrd. €) als an einer substantiellen Kürzung letzt einem deutschen Anliegen folgend – außer- dieser Bereiche. Bei der Agrarpolitik würde die dem vor, im Rahmen des sogenannten Europäi- Mittelausstattung um circa 41 Mrd. € sinken, für schen Semesters (Teil der wirtschaftspolitischen die Strukturfonds bliebe sie in etwa unverändert. Koordinierung auf europäischer Ebene) identi- In Deutschland wären im Bereich der Struktur- fizierte strukturelle Herausforderungen für Mit- politik zwar voraussichtliche Kürzungen zu ver- gliedstaaten bei der Programmierung der Europä- zeichnen (circa 8 %). Der Hauptgrund dafür sind ischen Strukturfonds stärker zu berücksichtigen. allerdings die positive wirtschaftliche Gesamtent- Zusätzlich enthält der Vorschlag weitere eigenstän- wicklung und die daraus resultierende sinkende dige Instrumente: Bedürftigkeit. 10
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Ein moderner Haushalt für Europa Oktober 2018 ●● Reform Support Programme mit einem Ge- größten Instrumenten der Strukturpolitik festge- samtvolumen von 25 Mrd. € über 7 Jahre, be- stellt, dem Europäischen Fonds für die regionale stehend aus Entwicklung und dem Europäischen Sozialfonds. Analysen und Berichte Insbesondere hier werde bei der Auswahl und Be- ¡¡ einem sogenannten Reform Delivery Tool gleitung der Projekte weiterhin wenig ergebnisori- zur Unterstützung von Strukturreformen, entiert vorgegangen. ¡¡ einer Konvergenz-Fazilität zur Unterstüt- Hier gilt es, die Verwendung der EU-Gelder auf zung des Eurobeitritts, den Prüfstand zu stellen, wobei auch die Volu- menfrage kein Tabu sein darf. Ein Abbau des Zah- ¡¡ einer Ausweitung des bestehenden Instru- lungsrückstands ist hier auch deshalb angezeigt, ments zur Bereitstellung technischer Hilfe. da dieser zusätzlich zu den künftigen Ausgaben im MFR 2021-2027 abbezahlt und von den Mitglied- ●● Europäische Investitionsstabilisierungsfunk- staaten finanziert werden muss. tion (EISF), bestehend aus ¡¡ einem durch den EU-Haushalt abgesi- Unterstützung nationaler Strukturreformen cherten Darlehensvolumen von 30 Mrd. € Um die vielen Milliarden Euro an EU-Struk zur Unterstützung öffentlicher Investiti- turfördermitteln wirksamer einzusetzen, sol onen der Mitgliedstaaten, um sogenannte len die Strukturfonds enger mit der wirt asymmetrische Schocks abzufedern und schaftspolitischen Koordinierung verknüpft werden, die im Rahmen des sogenannten Eu ¡¡ einer Ergänzung um Zinssubventionen. ropäischen Semesters erfolgt. Dafür sollen die Strukturfonds stärker auf Umsetzung so Insbesondere die europäische Strukturförderung genannter länderspezifischer Empfehlungen sollte tatsächlich stärker auf die Umsetzung länder- des Rates ausgerichtet werden. Hierzu hat die spezifischer Empfehlungen ausgerichtet werden, Europäische Kommission Vorschläge vorge um nationale Strukturreformen zu unterstützen. legt. Die Ansätze gehen grundsätzlich in die Die begrenzten EU-Mittel müssten sehr viel geziel- richtige Richtung. Allerdings sollte auf eine ter eingesetzt werden, um nachhaltig wirtschaft- konsequente Ausgestaltung geachtet werden, liche Aufholprozesse zu ermöglichen. So würde was derzeit intensiv auf europäischer Ebene der EU-Haushalt auch einen stärkeren Beitrag zur diskutiert wird. wirtschaftlichen Stabilität der EU leisten. Ein weiteres Anzeichen für die Reformbedürftigkeit Entwicklung der Einnahmenseite der Strukturpolitik ist die schleppende Abrufquote der vorhandenen EU-Mittel in diesem Bereich. Anders als in nationalen Haushalten werden im Eine aktuelle Studie im Auftrag des Europäischen EU-Haushalt die Ausgaben immer vollständig Parlaments weist darauf hin, dass Ende 2017 EU- durch Beitragsabrufe bei den Mitgliedstaaten aus- weit lediglich 11 % der vorgesehenen Mittel aus- geglichen. Eine Kreditaufnahme ist in den EU-Ver- gezahlt worden waren. Dies führt zu einem Zah- trägen nicht vorgesehen. Die Ausgaben aus dem lungsrückstand von mittlerweile rund 270 Mrd. €, EU-Haushalt werden hauptsächlich aus den so- was auch vom Europäischen Rechnungshof (ERH) genannten Eigenmitteln finanziert. Diese be- kritisiert wird. Die Mittel seien zwar zugesagt, wür- stehen u. a. aus den traditionellen Eigenmitteln den aber nicht abgerufen. Oft mangele es an geeig- (TEM: Zölle), Mehrwertsteuer-Eigenmitteln sowie neten Projekten. Der ERH hat außerdem in einem BNE-Eigenmitteln und werden bis auf die sonsti- aktuellen Sonderbericht Mängel bei den beiden gen Einnahmen (u. a. Bußgelder und Strafen) von 11
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Ein moderner Haushalt für Europa Oktober 2018 Abbildung 2 Eigenmittel 2017 in Mio. € 23.596 78.620 BNE-Eigenmittel Mehrwertsteuer-Eigenmittel 20.459 Traditionelle Eigenmittel (Zölle und Zuckerabgaben) Überschuss des Vorjahres, Steuern von 16.947 EU-Beamten und Geldbußen Quelle: Europäische Kommission den Mitgliedstaaten gezahlt. Für die Finanzierung ●● Einführung drei neuer Eigenmittelkategorien: gilt eine Gesamtobergrenze von derzeit 1,20 % des BNE aller Mitgliedstaaten. Dies stellt somit die ab- 1. Anteil basierend auf den jeweiligen natio- solute Obergrenze für mögliche Ausgaben des nalen Einnahmen aus dem Europäischen EU-Haushalts dar. Emissionshandelssystem, Der Vorschlag der Europäischen Kommission be- 2. nationaler Beitrag, der auf nicht recycelte inhaltet u. a. folgende Änderungen auf der Einnah- Verpackungsabfälle aus Kunststoff be- menseite des EU-Haushalts: rechnet wird, ●● Erhöhung der Eigenmittelobergrenze 3. Beitrag, der sich am Anteil des jeweiligen auf 1,29 % des EU-27-BNE für die Mittel für Mitgliedstaats an der Gemeinsamen Konso- Zahlungen, u. a. lidierten Körperschaftsteuer-Bemessungs- grundlage (GKKB) bemisst. ¡¡ zur Schaffung der WWU-Stabilisierungs- funktion und Die Europäische Kommission geht davon aus, dass diese neuen Eigenmittelkategorien 22 Mrd. € pro ¡¡ der Integration des Europäischen Entwick- Jahr zur Finanzierung des EU-Haushalts beitra- lungsfonds. gen könnten. Zusätzlich sollen zukünftig Anteile der bisher den nationalen Notenbanken zustehen- ●● Reform des Mehrwertsteuer-Eigenmittels und den Gewinne der Europäischen Zentralbank (soge- Erhöhung des Abrufsatzes nannte Seigniorage-Einkünfte) die oben genannten 12
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Ein moderner Haushalt für Europa Oktober 2018 Zinssubventionen im Rahmen der Wirtschafts- Verfahren und Zeitplan und Währungsunion (WWU) finanzieren. Schließ- lich sollen die bisher Deutschland, Dänemark, den Der Rat beschließt die von der Europäischen Kom- Analysen und Berichte Niederlanden, Schweden und Österreich gewähr- mission vorgeschlagene MFR-Verordnung ein- ten Rabatte abgeschafft und durch sogenannte stimmig nach Zustimmung des Europäischen Par- Pauschalrabatte ersetzt werden, die bis 2025 dann laments. Die Bundesregierung wird im Rat durch vollständig auslaufen würden. das federführende Auswärtige Amt vertreten. Die Sitzungen des Rates werden vorbereitet durch Das BMF als Federführer innerhalb der Bundesre- den Ausschuss der Ständigen Vertreter in Brüssel gierung für den Bereich der EU-Eigenmittel setzt (AStV). Der AStV wiederum wird unterstützt durch sich in den Verhandlungen zu den Eigenmittelvor- eine horizontale Arbeitsgruppe (Ad hoc Working schlägen der Europäischen Kommission für eine Party) zum MFR. Diese Arbeitsgruppe berät insbe- Vereinfachung des Eigenmittelsystems ein. Das be- sondere horizontale Fragen sowie solche zur Mit- stehende Finanzierungssystem funktioniert gut. telausstattung der einzelnen Ausgabenprogramme. Es gewährleistet eine gerechte Lastenteilung ins- besondere durch die BNE-Eigenmittel, die an die Die Rechtsgrundlagen für die 37 Ausgabenpro- Wirtschaftskraft eines jeden Mitgliedstaates an- gramme (sogenannte Sektorverordnungen) werden knüpfen. Das BMF begrüßt daher den Ansatz der im Übrigen in den zuständigen Ratsarbeitsgruppen Europäischen Kommission, die BNE-Eigenmittel beraten und anschließend im ordentlichen Gesetz- als Fundament der Einnahmenseite des EU-Haus- gebungsverfahren mit qualifizierter Mehrheit im halts zu bewahren. Auch die Zielsetzung der Euro- Rat unter Mitentscheidung des Europäischen Par- päischen Kommission, das Finanzierungssystem laments beschlossen. einfacher, gerechter und transparenter zu gestal- teten, wird vom BMF geteilt. Aus Sicht des BMF Der das Eigenmittelsystem der EU regelnde Eigen- würde man diesen Zielen mit der Abschaffung der mittelbeschluss wird zunächst im Rat einstimmig auf der Mehrwertsteuer basierenden Eigenmittel nach Anhörung des Europäischen Parlaments an- näher kommen. Auch bei der Prüfung der von der genommen. Anschließend müssen alle Mitglied- Europäischen Kommission vorgeschlagenen neuen staaten gemäß ihren jeweiligen verfassungsrecht- Eigenmittelkategorien wird sich das BMF daran lichen Vorschriften dem Eigenmittelbeschluss orientieren, ob das Eigenmittelsystem damit einfa- zustimmen. Diese Zustimmung erfolgt in Deutsch- cher, gerechter und transparenter wird. land durch ein Gesetz des Bundestags unter Betei- ligung des Bundesrats. Bundesminister Scholz hat zudem beim Minis- tertreffen im Juni 2018 in Luxemburg mit seinem Die Europäische Kommission möchte die MFR-Ver- französischen Kollegen Bruno le Maire den ande- handlungen möglichst vor der Wahl zum nächs- ren Finanzministern der an der verstärkten Zu- ten Europäischen Parlament im Frühjahr 2019 sammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten einen abschließen. Neustart der Gespräche zur Einführung einer Fi- nanztransaktionssteuer (FTT) vorgeschlagen. Um die Verhandlungen über eine Einführung einer FTT Unterschiedliche Interessenlage zu beschleunigen und weitere Mitgliedstaaten für die verstärkte Zusammenarbeit zu gewinnen, ha- Die Verhandlungen sind von vielfältigen und oft- ben sie eine Einführung einer EU-weiten FTT auf mals widerstreitenden Interessen geprägt. Wäh- Basis des existierenden französischen Modells ins rend unter den Mitgliedstaaten die Empfänger von Gespräch gebracht und vorgeschlagen, die dadurch hohen Fördergeldern im Agrar- und Kohäsionsbe- generierten Einnahmen zur Finanzierung europäi- reich Kürzungen ablehnen, werden diese von an- scher Ausgaben zu verwenden. deren Mitgliedstaaten gerade gefordert, um die 13
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Ein moderner Haushalt für Europa Oktober 2018 Brexit-Lücke auszugleichen und im Gegenzug eine der Europäischen Kommission vorgeschlagene Stärkung der neuen Prioritäten zu finanzieren. Eine Volumen von 1,11 % des EU-27-BNE würde für Reihe von Mitgliedstaaten erklärt sich bereit, die ei- Deutschland zu durchschnittlichen jährlichen Bei- genen Beiträge zu erhöhen, andere lehnen dies bis- trägen von rund 45 Mrd. € führen. Das ist realistisch her kategorisch ab. Innerhalb der verschiedenen nicht darstellbar. Da auch schon ein MFR-Volumen Politikbereiche hat nahezu jeder Mitgliedstaat un- in Höhe von 1,0 % des EU-27-BNE eine erhebliche terschiedliche Interessenschwerpunkte. Deutsch- finanzielle Mehrbelastung der Mitgliedstaaten zur land kann mit seiner moderaten Position hier die Folge hat, können nicht alle Wünsche erfüllt wer- Funktion eines Brückenbauers einnehmen. den. Gleichwohl sind die Vorschläge der Europäi- schen Kommission ein erster wichtiger Schritt im Sodann ist auch das Europäische Parlament zu be- Verhandlungsprozess, der nun deutlich an Fahrt rücksichtigen, das dem MFR am Ende zustimmen aufgenommen hat. muss und beim Eigenmittelbeschluss angehört wird. Es fordert für den nächsten MFR ein Volumen Neben Beratungsbedarf zum Volumen wird die Zu- von 1,3 % des EU-27-BNE und lehnt Kürzungen bei stimmungsfähigkeit des Pakets für das BMF am der Agrar- und Strukturpolitik – auch infolge des Ende auch davon abhängen, ob ein inhaltlicher Ausscheidens des Vereinigten Königreichs – ab. Neuanfang gelingt. Denn eine finanzielle Stärkung Neue Prioritäten sollen vollständig durch zusätzli- der EU kann kein Selbstzweck sein. Sie steht in ei- che Mittel finanziert werden. nem Bedingungszusammenhang mit einer erfolg- reichen Modernisierung des EU-Haushalts. Fazit Die EU-Finanzen müssen noch stärker auf die ak- tuellen gemeinsamen Herausforderungen der EU, Zukunftsthemen und europäischen Mehrwert ausgerichtet werden. Die Gesamthöhe des MFR wird vor dem Hintergrund der Gesamtqualität des MFR-Pakets und der Möglichkeit einer fairen Las- tenteilung („Rabatte“) zu beurteilen sein. Das von 14
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