"Eine neue Industriestrategie für Europa" und "Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa" - Positionspapier
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Positionspapier Juli 2020 Wirtschaft „Eine neue Industriestrategie für Europa“ und „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“
Zusammenfassende Einschätzung der grundsätzlichen Kommissionsstrategie Auf vielfaches Verlangen, zB des Europäischen und strukturpolitische Initiativen – wie etwa Parlaments, seiner beratenden Ausschüsse und eine Industriestrategie – immer auch in einem des Europäischen Rates, hat die Europäische Gesamtzusammenhang gesehen werden müssen. Kommission – nach 2017 nunmehr Anfang März Das bestätigt sich nun offensichtlicher als je 2020 erneut – ein Dokument zur Industriestrategie zuvor. Konkret heißt das: Ohne die Beachtung vorgelegt, zusammen mit einer Mitteilung zur makroökonomischer Rahmenbedingungen und Strategie für kleine und mittlere Unternehmen (KMU- von Verteilungs- bzw sozialen Fragen, können Strategie). und dürfen strukturpolitische Maßnahmen nicht gedacht werden. Es wäre gänzlich abwegig, das Die Industriestrategie und die KMU-Strategie sind industriepolitische Konzept umsetzen zu wollen, in einem engen Zusammenhang mit weiteren ohne gleichzeitig Lösungen zu finden, wie die Strategiepapieren der Kommission (Green Gesamtnachfrage und die Beschäftigung wieder Deal, 2. Kreislaufwirtschaftspaket, Aktionsplan auf das Vorkrisenniveau gebracht werden können, Binnenmarkt, Datenstrategie, Digitale Zukunft wie Lieferketten wieder in Stand gebracht werden Europas usw) zu sehen. Nur eine enge Abstimmung können, wie die europäischen Rahmenbedingungen aller davon betroffenen Politikbereiche und die zur Finanzierung der notwendigen Staatsausgaben Nutzung von Synergieeffekten kann zu einer aussehen oder wie unfaire Folgen für die Verteilung erfolgreichen Umsetzung der angestrebten bzw ein massiver Anstieg von Armut verhindert offensiven und integrierten industriepolitischen werden können. Ein Ignorieren dieser beispielhaft Gesamtstrategie führen. Die Kommission setzt erwähnten Problematiken hätte ein Scheitern der aus Sicht der AK erfreulicherweise tatsächlich Strategie zur Folge – verbunden mit zusätzlich erkennbar Bemühungen in diese Richtung. gesteigerten negativen makroökonomischen Einige Weichenstellungen gehen allerdings in die Konsequenzen. falsche Richtung, bei anderen gibt es erheblichen Verbesserungsbedarf und Vieles bleibt in den Für die AK ist klar, dass wirtschaftspolitisch Mitteilungen offen. kurzfristig im Vordergrund stehen muss, die Wirkungen der Krise auf Beschäftigte und Betriebe mit allen Mitteln abzufedern und dabei gleichzeitig die langfristige strategische Perspektive zu A. COVID-19-Krise unterstützen, nicht zu konterkarieren und jedenfalls nicht aus den Augen zu verlieren. Es gilt also, kurz Wie sich nun zeigt, war der Zeitpunkt der innezuhalten und darüber nachzudenken, ob bzw Strategieerstellung in gewisser Weise unglücklich, welche Adaptionen notwendig erscheinen um die da durch die in der Folge einsetzende COVID- veränderten gesamtwirtschaftlichen Bedingungen in 19-Krise völlig veränderte Bedingungen für den industriepolitische Überlegungen zu integrieren. europäischen industriellen Sektor vorliegen. Die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Krise machen Die in Folge der Corona-Pandemie ausgelöste unmittelbare Maßnahmen notwendig, welche in außergewöhnlich dramatische Konjunkturkrise den Strategien naturgemäß nicht berücksichtigt erfordert nach Ansicht der AK ein Abgehen von werden konnten. Tatsächlich ist die Welt auf starren Budgetrestriktionen. Die AK begrüßt absehbare Zeit eine andere – insbesondere was die daher, dass sich dieser Zugang sowohl in den wirtschaftspolitischen Prioritäten betrifft. Mitgliedstaaten der EU durchgesetzt hat, als auch von der EU-Kommission unterstützt wird und auch Die AK ist seit jeher der Auffassung, dass europäische Initiativen vorgeschlagen werden. Es strategische Programme für bestimmte Themen muss gelingen, ein massives Neustartprogramm „Eine neue Industriestrategie für Europa“ und „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“ 2
zu beschließen, mit dem Ziel, europaweit und selbstständig umzusetzen. Sie bleibt bei der national ein erhebliches Investitionsvolumen Umsetzung auf jeden einzelnen Mitgliedstaat auszulösen. Denn die größte Wirkung werden angewiesen, bzw auf gemeinsame Entscheidungen. solche Investitionsprogramme entfalten können, Als Ausweg aus diesem Dilemma werden von der wenn sie in allen EU-Staaten gleichermaßen, Kommission vorwiegend nur ganz grundsätzliche zeitgleich und koordiniert gesetzt werden. Um alle Ziele, auf die sich alle jedenfalls einigen können Mitgliedstaaten dazu in die Lage zu versetzen und (Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, gleiche Finanzierungsmöglichkeiten zu sichern, Beschäftigung, Qualifikation, Digitalisierung, sind entsprechende europäische Instrumente zu Klimaneutralität, sozialer Zusammenhalt usw), entwickeln. definiert. Auf den Ebenen darunter werden die Ziele in vielen Bereichen nicht eindeutig formuliert, Im Mittelpunkt dieser Investitionen und Maßnahmen sondern als „wichtige Themen“ benannt. Die müssen dabei nach Ansicht der AK der Ausbau des Präzisierung und Umsetzung soll aber erst in der Sozialstaates (mit besonderer Berücksichtigung Folge unter Einschluss der Mitgliedstaaten und der Bekämpfung von Armut), gerechte Verteilung, anderer Stakeholder erfolgen. Deshalb sind die die Belebung der Wirtschaft und ökologische strategischen Vorstellungen und konkreten Ziele Nachhaltigkeit stehen. Insbesondere ein der Kommission an vielen Stellen eher zu erahnen, konsequentes Vorziehen von Investitionen gegen als nachzulesen und darüber hinaus bleibt völlig die Klimakrise, in die digitalen Infrastrukturen, in unklar in welche Richtung die Mitgliedstaaten denken. strategische Schlüsselbereiche und den Bildungs-/ Wie soll die strategische Vorstellung – etwa zur Weiterbildungsbereich, ist einzufordern. Solche Wettbewerbspolitik – zu beurteilen sein, wenn es Schwerpunkte stärken die zugrundeliegende beispielsweise im Industriepapier heißt: „Bewertung, wirtschaftliche und soziale Basis und wirken Überprüfung und erforderlichenfalls Anpassung der gleichzeitig in Richtung der von der Kommission Wettbewerbsvorschriften“? Aus diesem Grund sieht vorgelegten industriepolitischen Strategie. sich die AK daher an vielen Stellen außerstande, auf die vorliegenden Texte einzugehen. Gleichzeitig ergibt sich aus diesen an sich schwierigen B. Abstimmung,Mitbestimmung Rahmenbedingungen für die Festlegung einer und Umsetzung Strategie und ihrer Umsetzung auch ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Die Strategie bleibt ein In den Schlussfolgerungen und in den Kapiteln 1, 2 „lebendes Papier“, ist also „Work in Progress“. Sofern und besonders 5 der Mitteilung zur Industriestrategie, alle Stakeholder guten Willens sind und tatsächlich als beschreibt die Kommission ihre Vorstellung über die Europa, als EU, wirksam, langfristig und strategisch Umsetzung ihrer industriepolitischen Strategie. Die AK industriepolitisch zu agieren, besteht der Zwang zu stimmt der Kommission zu, wenn sie schlussfolgert laufender und anhaltender Koordination. Dadurch (siehe dazu: Eine neue Industriestrategie für Europa, ergeben sich vielfältige Chancen für immer neue Seite 20 – im Folgenden kurz „Industriestrategie“), und verbesserte Vorschläge und zur optimierten dass nur ein gemeinsames Engagement der EU, der Hebung schlafender Synergien. Im besten Fall wären Mitgliedstaaten, der Regionen, der Unternehmen die jeweiligen nationalen Industriestrategien in und der Interessenträger ermöglichen kann, den die europäische so einzubetten, dass sich diese industriellen Wandel bestmöglich zu gestalten. ergänzen und nicht konterkarieren. Die Kommission stellt dazu fest und dem kann sich die AK nur Mit dieser Feststellung werden eine große anschließen: „…viele Hebel liegen in den Händen Schwäche und eine große Stärke von strategischen anderer…es wird daher unerlässlich sein, dass alle industriepolitischen Überlegungen auf EU-Ebene beteiligten Akteure an einem Strang ziehen“ (Seite 5 gleichzeitig offengelegt. Eine Strategie sollte neben Industriestrategie). einer Vision, einem gemeinsamen Blick auf das Selbstverständnis und einer Situationsanalyse vor Zu Recht werden in der vorliegenden allem auch viel Wert auf die Ziele, die man sich setzt, Industriestrategie drei Entwicklungen genannt, legen. Es sollte aber auch möglich sein, solche Ziele die im Fokus europäischer und auch nationaler mit eigenen Mitteln zu erreichen. Industriepolitiken stehen müssen: die Klimakrise, die Digitalisierung und eine veränderte geopolitische Darin liegt die Schwäche der vorgelegten Landschaft. Nunmehr kommt ganz aktuell noch Überlegungen der Kommission. Die Kommission eine alles beherrschende Problematik durch hat über weite Teile gar nicht die erforderlichen die aus der Corona-Pandemie sich ergebende Kompetenzen und Mittel, um ihre Überlegungen Wirtschaftskrise hinzu, die weit über „normale“ „Eine neue Industriestrategie für Europa“ und „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“ 3
Konjunkturschwankungen, aber wohl auch über die Aus diesem Grund muss die Verteilungsfrage Krise 2009 hinausgeht. Für die Gesellschaft insgesamt (im weitesten Sinne) eine zentrale Rolle in der bedeuten diese Entwicklungen jede für sich und in industriepolitischen Diskussion einnehmen. Der Summe einen enormen Strukturwandel, den es zu oft angesprochene „integrierte Ansatz“ muss in bewältigen gilt. Für den industriellen Sektor formuliert diesem Punkt umgesetzt werden. Denn ohne die Kommission als Ziel (Seite 1 Industriestrategie), eine breite gesellschaftliche Akzeptanz werden dass sich die Industrie diesem Wandeln nicht nur Dekarbonisierung, Digitalisierung und die derzeitige anpassen muss, sondern Vorreiterin, Beschleunigerin Krise nicht zu bewältigen sein, und das politische und Wegbereiterin sein muss. System (der EU und in den Mitgliedstaaten) wird noch stärker als bisher geschwächt werden. Für politische Programme, wie es eine industriepolitische Strategie ist, sind in Demokratien Dies kann nur gelingen, wenn in allen Prozessen jedenfalls politische Mehrheiten und die Unterstützung zur Gestaltung der zukünftigen europäischen (und bzw zumindest die Akzeptanz, der Bevölkerung der nationalen) Industriestrategien die betroffenen notwendig. Eine überzeugende politische Vision ist Stakeholder, wie zB die ArbeitnehmerInnenseite dafür Voraussetzung. Sie muss glaubhaft darstellen, und VerbraucherInnenverbände – von vorne wie Wohlfahrtsgewinne für alle erreicht werden herein, laufend und mit der Möglichkeit zur können. Das ist alles andere als einfach, aber möglich. Mitgestaltung – eingebunden werden. Vor allem Starke strukturelle Veränderungen in Wirtschaft im Produktionssektor haben die strukturellen und Gesellschaft verursachen systemimmanent Veränderungen unmittelbare Folgen für viele jedenfalls Verschiebungen im Wohlfahrtsniveau. Beschäftigte. Eine Einbindung sowohl in die Manche gesellschaftlichen Gruppen gewinnen strategischen Überlegungen als auch in alle viel, manche wenig, andere Gruppen verlieren – konkreten Initiativen würde automatisch der sozialen mitunter bis zur Existenzbedrohung. Steuernde Dimension und der Verteilung ein entsprechend politische Korrekturen und entsprechend gestaltete stärkeres Gewicht verleihen und langfristig allen Rahmenbedingungen, welche die soziale Sicherheit nützen. Konferenzen, mediale Großevents, punktuelle gewährleisten – also einen Ausgleich zwischen Abfragen in Konsultationen oder Stellungnahmen VerliererInnen und GewinnerInnen herstellen – sind können Teil davon sein, sind aber mitunter bloß daher unabdingbar, um negativen Auswirkungen Alibi-Einbindungen. Die AK fordert eine solche des Strukturwandels entgegenzuwirken. Und genau EU-Governance der permanenten Einbindung das wurde bisher über weite Strecken verabsäumt. aller Stakeholder jedenfalls auch bei der weiteren So sinnvoll viele Aspekte der Binnenmarktidee, des Diskussion der vorliegenden Industriestrategie internationalen Handels etc im Grunde sein mögen: und ihrer Umsetzung in allen angekündigten Bei der Umsetzung wurden Fragen der Verteilung Rechtsmaterien und Initiativen. Die AK ersucht die von Kosten und Nutzen und der Vermeidung von Kommission darüber hinaus, alle Mitgliedstaaten VerliererInnen nicht ausreichend mitgedacht, um nicht aufzufordern, die Notwendigkeit der Einbeziehung zu sagen, bewusst ausgeblendet. Das führte in vielen aller Stakeholder auch auf nationaler Ebene Ländern beispielsweise zu sinkenden Lohnquoten, anzuerkennen und zu forcieren. einer Ausdünnung der Mittelschicht, hohen Arbeitslosenraten und damit insgesamt zu einer sehr Die vorgelegten Strategiepapiere und weitere ungleichen Verteilung von Einkommen, Vermögen Bemühungen der Kommission stellen nach und Wohlstand. Mögliche Ausgleichsmechanismen Ansicht der AK erste Schritte in eine positive wurden hintangestellt oder verkamen zu Miniaktionen, Richtung dar. Dazu darf zB auch auf das die vergleichsweise Wenigen nützten, wie zB der EU- hochrangige Forum „Industrie 2030“ verwiesen Globalisierungsfonds. werden, welches unter Einbeziehung wichtiger Stakeholder auch grundlegende Vorarbeiten für die Aus Sicht der AK muss sich das grundlegend vorliegende industriepolitische Strategie leistete. ändern. Die bevorstehenden Veränderungen und Im Industriepapier selbst wird auch die Einrichtung die in der Industriestrategie vorgesehenen Initiativen eines inklusiven und offenen Industrieforums (zB hinsichtlich Klimakrise, Digitalisierung) werden angekündigt (Seite 18 Industriestrategie), welches von der Gesellschaft nur dann mitgetragen werden, bei entsprechender Ausgestaltung wertvolle Beiträge wenn ein geordneter Übergang und Maßnahmen liefern könnte. Die AK begrüßt, dass diese und auch zur Vermeidung von VerliererInnen, also eine faire weitere Gremien einbezogen werden sollen, wenn Transformation, glaubhaft dargestellt und gelebt es um die Analyse von industriellen Ökosystemen werden. (also um ganze Wertschöpfungsketten) geht. Die Initiative der Kommission zur Entwicklung von maßgeschneiderten Lösungen um diese zu stärken „Eine neue Industriestrategie für Europa“ und „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“ 4
ist wichtig. Sie ist auch im Hinblick auf neue und Folgewirkungen durch die Corona-Pandemie, die weitere IPCEI (wichtige Vorhaben von gemeinsamem von der Kommission aufgrund der zeitlichen Abfolge europäischem Interesse) von besonderer Bedeutung nicht berücksichtigt werden konnten. (siehe dazu auch Seite 26, weiter unten in dieser Stellungnahme). Die AK erkennt die umfassenden Bemühungen der Kommission an, über eine Vielzahl von Mitteilungen Die AK begrüßt natürlich auch ausdrücklich die und Initiativen die strukturellen Herausforderungen grundsätzliche Erklärung der Kommission in aufzunehmen und ein kompromiertes der Industriestrategie, die europäische Säule industriepolitisches Strategiegebäude zu sozialer Rechte und die Sozialverträglichkeit als entwickeln. In der Vergangenheit hat Europa mit Kompass zu sehen (Seite 3 Industriestrategie) zu schwachen Mitteln versucht, die angeführten und auch die Absicht, Lösungen unter komplexen Herausforderungen zu bewältigen. Einbeziehung der Sozialpartner entwickeln zu Weder konnte ein zufriedenstellender, tatsächlich wollen (Seite 2 Industriestrategie). Irritierend konkret nachzuvollziehender Maßnahmenpfad zur ist in dem Zusammenhang jedoch, dass die Eindämmung des Klimawandels gefunden werden, Kommission gleichzeitig explizit feststellt (Seite 2 noch gab es eine klare und abgestimmte strategische Industriestrategie), von einem „unternehmerischen Haltung gegenüber neuen MitbewerberInnen Denk- und Handlungsansatz“ auszugehen – und (wie zB China), noch nützte Europa die digitalen damit vermittelt, dass neben den Unternehmen die Möglichkeiten umfassend – weder wirtschaftlich Interessen anderer Stakeholder zwar grundsätzlich noch zum Vorteil all seiner BürgerInnen. erwähnt werden, aber als zweitrangig für ein Industriekonzept gesehen werden. Ein solcher Binnenmarkt, Wettbewerb und Souveränität: Zugang wird von der AK strikt und explizit abgelehnt. Die AK unterstützt grundsätzlich alle Ansätze der Kommission, die Souveränität und die strategischen Stärken Europas in verstärktem Ausmaß zu verteidigen. Diese Bemühungen ziehen sich durch C. DieLeitbilder der fast alle Themen des Strategiepapiers (Seite 2 ff, industriepolitischen Strategie Industriestrategie). Es ist sinnvoll, Maßnahmen zu der Kommission (Seiten 1 – 5 setzen um technologische Kernkompetenzen in Industriestrategie) Europa zu halten bzw aufzubauen, Protektionismus hintanzuhalten aber gleichzeitig Handelsmärkte fair Wie die Kommission (Seite 1 Industriestrategie) zu gestalten, über eine verstärkte Kreislaufführung ist auch die AK der Meinung, dass eine starke den Verbrauch von Ressourcen (inkl Energie) zu europäische Industrie von entscheidender Bedeutung reduzieren oder auch zu versuchen, wichtige Teile für Wohlstand und Beschäftigung in Europa ist strategischer industrieller Wertschöpfungsketten und sie in der Vergangenheit oft die Führung bei direkt vor Ort in Europa zu behalten bzw Transformationsprozessen übernommen hat. Es ist zurückzuholen (zB Eigenversorgung in kritischen auch eine völlig unbestreitbare Tatsache, dass sich Bereichen wie beispielsweise Pharma/Gesundheit). die europäische Industrie mitten in einem erneuten Differenzen und unterschiedliche Vorstellungen der Transformationsprozess befindet. In dessen Zentrum AK und der Kommission ergeben sich naturgemäß steht einerseits der Übergang in eine weitgehend darüber, welcher Weg und welche Ausgestaltung karbonfreie Produktion und andererseits ein massiver dabei im Einzelnen gewählt werden sollte – im Digitalisierungsschub. Die Kommission spricht von Abschnitt 2 dieser Stellungnahme werden einige einem „zweifachen Wandel“. Dazu kommt zeitgleich – davon näher ausgeführt. auch das wird von der Kommission richtig konstatiert – eine veränderte geopolitische Landschaft mit der Beispielsweise hat die in der Vergangenheit über Verschiebung von politischen Machtzentren und der weite Strecken von der EU-Kommission verfolgte Veränderung der Stärke und Dynamik von weltweiten Liberalisierungspolitik und die Freihandelspolitik ökonomischen Regionen. Beides führt auch zu einer im Ergebnis zu Sozial- und Umweltdumping und globalen Veränderung der Handelsbeziehungen und auch einer industriellen Schwächung gegenüber der Rahmenbedingungen für den Wettbewerb der anderen Wirtschaftsregionen geführt. Diese Politik Unternehmen. Man denke nur an die verschiedenen darf nicht weiter fortgesetzt werden. In diesem protektionistischen Ansätze einerseits und die Zusammenhang wird auch die positive Darstellung aggressive industriepolitische Strategie von „neuen“ der Kommission (Seite 2 Industriestrategie) eines Mitwettbewerbern, wie etwa China, andererseits. allgemeinen Wettbewerbsvorsprungs der EU- Dazu kommen jüngst noch die wirtschaftlichen Industrie bei Waren mit hoher Wertschöpfung „Eine neue Industriestrategie für Europa“ und „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“ 5
und höchsten eingehaltenen Sozial-, Arbeits- und Wirkung von Energieeffizienzzielen ist von großer Umweltstandards von der AK in dieser Allgemeinheit Bedeutung, da klar ist, dass noch großer Bedarf an in Zweifel gezogen. So darf (beispielsweise) auf Energieforschung besteht. den Rückstand der EU-Industrie im Bereich der Elektromobilität bei Kraftfahrzeugen hingewiesen Die verschiedenen Initiativen der Kommission in werden. Oder auf die durch die COVID-19-Krise Richtung europaweiter Forschungskooperationen offenbar gewordenen (abzulehnenden) Arbeits- gehen dabei sicher in die richtige Richtung. Davon und Wohnbedingungen in manchen Branchen, können auch die energieintensiven Bereiche wie etwa der Fleischindustrie. Oder auch auf den wie Stahl, Chemie oder Zement profitieren. Eine unfairen Wettbewerb und den sozialen Problemen, Umstellung dieser Bereiche ist besonders wichtig die sich aus der mangelhaften Durchsetzung von aber auch heikel, da viele Arbeitsplätze betroffen Bestimmungen der Entsenderichtlinie ergeben. sind. Die EU muss eine globale VorreiterInnenrolle übernehmen, den Unternehmen durch konkrete Obwohl sich die Kommission grundsätzlich zu Vorgaben Planungssicherheit geben und ein höchsten Standards in der Sozial-, Arbeits- und zielführendes CO2-Grenzausgleichssystem oder Umweltpolitik bekennt, legt sie im Zusammenhang gleichwertig wirkende Ausgleichslösungen mit dem Ziel der Beseitigung von Hindernissen im etablieren. Hinsichtlich der steigenden Netzkosten Binnenmarkt eine Reihe von Vorschlägen vor, die aufgrund der Klimamaßnahmen muss Augenmerk keinesfalls höchste Standards unterstützen, sondern darauf gelegt werden, dass diese breit und fair diesen oftmals diametral widersprechen. Etwa das finanziert werden. unreflektierte Ziel eines One-in-one-out-Grundsatzes, oder den Abbau von Regulierungen aus Prinzip oder Im Bereich der Mobilität bieten sich durch die auch den Grundsatz „KMU first“. Alles Zielrichtungen, Umstellung auf elektrische Energie und einem die für wichtige gesellschaftliche Anliegen wie Ausbau der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur Umwelt und Sicherheit Nachteile bringen können besonders viele Chancen für die Hersteller oder auch bestimmte Gruppen gegenüber allen öffentlicher Verkehrsmittel – diese industriepolitische anderen bevorzugen. Option sollte noch stärker genützt werden. Die AK lehnt einen derartigen Zugang ab und fordert So groß der Forschungsbedarf auch sein mag eine stärkere Berücksichtigung der Interessen von – oftmals geht es gar nicht um die Erforschung VerbraucherInnen und ArbeitnehmerInnen sowie neuer Technologien, denn es gibt sie bereits. Die von gesellschaftlichen Zielen. Vor allem erwartet Rahmenbedingungen sind allerdings so, dass sich sich die AK auch eine effektivere Durchsetzung ihr Einsatz nicht lohnt. Es geht also auch darum, von Bestimmungen der Entsenderichtlinie, der neue Wege der Regulierung und Marktgestaltung zu Verbesserung des VerbraucherInnenschutzes (zB finden, um deren Einsatz zu beschleunigen. Solche im digitalen Bereich), stärkere Bemühungen der Rahmenbedingungen und auch die Schaffung Kommission um eine faire und gleiche Besteuerung von „Leitmärkten für saubere Technologien“ sind (auch durch die Einbeziehung der digitalen ein wichtiger industriepolitischer Ansatz um Wirtschaft) und auch europaweit gesicherte nachhaltiges aber auch inklusives Wachstum Chancen bei öffentlichen Beschaffungen – zu schaffen. Die AK unterstützt die Ansätze der auch für Unternehmen mit höheren Sozial- und Kommission in diese Richtung, das Programm Umweltstandards. für einen europäischen Neustart nach der COVID- 19-Krise sollte auf Investitionen in klimarelevante Klimaneutralität: Bereiche fokussiert werden. Für die Verwirklichung einer europäischen Digitalisierung, Technologie, Infrastruktur: Klimaneutralität wird dem Gelingen des europäischen grünen Deals auch auf industrieller Ohne Zweifel ist die Digitalisierung eine der großen Ebene eine ganz entscheidende Bedeutung Herausforderungen, aber zugleich auch Chance zukommen. Das sieht die AK genauso wie die für die europäische Union. Sie ist neben der sich Kommission. verändernden geopolitischen Weltlage und den klimapolitischen Herausforderungen eine der Einen wesentlichen Anteil an einer erfolgreichen Triebkräfte für den laufenden und notwendigen Umsetzung stellt für die AK die Steigerung der Strukturwandel. Die Nutzung der Chancen, die Energieffizienz dar. Energieeffizienzziele sind daher die digitalen Technologien bieten, wird in allen eindeutig festzulegen und genau auf ihre Einhaltung Bereichen und Branchen Voraussetzung für die zu überprüfen. Auch die innovationsfördernde Aufrechterhaltung einer erfolgreichen Entwicklung „Eine neue Industriestrategie für Europa“ und „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“ 6
sein. Die Rahmenbedingungen unter denen dies passiert, bestimmen in hohem Ausmaß die Auswirkungen auf die Wohlfahrt aller Beschäftigten und KonsumentInnen – und der Umgang mit Datenschutz etc beeinflusst auch das Vertrauen in europäische Lösungen. Die Behandlung des Themas in all seinen Verzweigungen ist in Summe von ausschlaggebender strategischer Bedeutung für die EU. Es ist daher zu begrüßen, dass die Kommission dazu eine Reihe von Initiativen setzt – die allerdings in der vorliegenden Strategie nicht näher ausgeführt werden. In die richtige Richtung gehen jedenfalls offensive Maßnahmen hin zu verstärkten Investitionen in strategische digitale Infrastrukturen und Technologien. Starkes Gewicht sollte auf die Entwicklung von internationalen Regeln zur fairen Besteuerung der digitalen Wirtschaft gelegt werden. Die AK sieht aber auch eine Reihe von Rechtsmaterien (digitale Dienste, Onlineplattformen, Datenstrategie, …) die veraltet sind und einer Reform bedürfen. Dabei müssen KonsumentInnenschutzaspekte, ArbeitnehmerInnenrechte und Datenschutz eine größere Rolle als in den derzeitigen Vorschlägen der Kommission spielen – etwa in Form von Mindestnormen und Regulierungen (Onlineplattformen). Die AK hat der Kommission dazu bereits erste wichtige Forderungen übermittelt1. Nach Ansicht der AK hat Europa eine besondere Stellung, was den Datenschutz und die Datensicherheit betrifft. Diese Ausgangsposition könnte und sollte verstärkt auch strategisch dazu genützt werden um KMU einen Wettbewerbsvorteil durch klare und sichere Regeln zu verschaffen. Der strukturelle Transformationsprozess durch Klimakrise, Digitalisierung, geopolitische Veränderungen und COVID-19-Krise wird jedenfalls negative Auswirkungen auf die Beschäftigung in manchen Bereichen haben – während andere Bereiche stärker wachsen könnten. Sektorale Arbeitslosigkeit durch wegbrechende Industriezweige benötigt eine umfassende Kompensation für Beschäftigte, Umschulungs-, Weiterbildungs- und Wiederbeschäftigungsprogramme und eine verlässliche sozialstaatliche Absicherung. Die AK fordert die Kommission auf, wirkungsvolle Initiativen in diese Richtung zu ergreifen bzw zu verstärken, um den massiven Strukturwandel gerecht zu gestalten und niemanden zurückzulassen. „Eine neue Industriestrategie für Europa“ und „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“ 7
Die Position der AK Regulierung, digitaler Binnenmarkt, KMU, Nicht nachvollziehbar ist für die AK daher auch der Wettbewerb, faire Steuern: Nutzen des One-in-one-out-Grundsatzes. Dieser Grundsatz soll das Programm der Kommission zur Die AK begrüßt das Bekenntnis der Kommission Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit zu höchsten Standards in der Sozial- Arbeits- der Rechtssetzung (REFIT) ergänzen (Seite 8 f und Umweltpolitik, wie es auf Seite 2 der neuen KMU-Strategie). Demzufolge soll für jede neue EU- Industriestrategie festgehalten wird. Auch im Sinne Rechtsnorm eine bestehende gestrichen werden. des EU-Vertrags sind solche gesellschaftspolitische Welchen Sinn macht es aber, sinnvolle Regelungen Standards auszubauen und demnach als wichtige streichen zu müssen, allein um strikt einem One-in- Teile des Binnenmarktes – und nicht als Barrieren – one-out-Grundsatz zu folgen? Diese Logik führt zu zu verstehen. Darauf möchte die AK in Bezug auf die einem Stillstand bei beschäftigungs-, verbraucher- und Pläne der Kommission zum „Abbau von Hindernissen umweltpolitischen Zielen. Es ist sogar zu hinterfragen, im Binnenmarkt“2 nachdrücklich hinweisen. Die ob das One-in-one-out-Prinzip nicht im Widerspruch Kommission betont sowohl im Industriepolitischen zu Art 3 (3) EUV steht, welcher unter anderem Strategiepapier als auch in der KMU-Strategie an den sozialen Fortschritt und die Verbesserung der vielen Stellen die Vorteile des Binnenmarktes für Umweltqualität definiert. Die AK lehnt die Einführung Unternehmen und VerbraucherInnen, ohne auf des One-in-one-out-Grundsatzes jedenfalls negative Aspekte einzugehen bzw diese konkret kategorisch ab. und nachdrücklich mit Maßnahmen zu adressieren. Aus ArbeitnehmerInnensicht und im Sinne eines Ähnlich kritisch zu sehen ist auch das Prinzip verstärkten Zusammenhalts der EU wird eine viel „Vorfahrt für KMU“, da dies in letzter Konsequenz stärkere Beachtung dieser Aspekte eingefordert. Nachrang für andere Teile der Gesellschaft (zB ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen) oder In der neuen Industriestrategie – aber ganz die Umwelt bedeutet. In diesem Zusammenhang besonders in der KMU-Strategie (Punkt 3, Seite 7 darf darauf hingewiesen werden, dass in allen ff KMU-Strategie) – wird von der Kommission ein Mitgliedstaaten der Anteil der KMU über 99 % (!) Schwerpunkt auf den Abbau von Regulierungen und an der Gesamtanzahl von Unternehmen beträgt. In Bürokratie gelegt, da diese „Hauptprobleme für KMU“ Summe würden daher durch die von der Kommission (Seite 7 KMU-Strategie) darstellen. Es ist natürlich für angestrebten Ausnahmen, Erleichterungen usw die AK nachvollziehbar, dass Regulierungen und ihre praktisch alle Unternehmen von gesellschaftlich Umsetzung und Überwachung Kosten verursachen. gewünschten Normen teilweise oder ganz befreit. Gleichzeitig haben solche Normen aber positive Diese Normen wurden aber aus guten Gründen für den Effekte für die Gesellschaft. Deswegen wurden und gesamten Unternehmenssektor geschaffen. Es kann werden sie schließlich von gewählten VertreterInnen nicht sein, dass sie letztlich nur für weniger als 1 % (!) in den Parlamenten beschlossen. Ein Abbau solcher der Unternehmen gelten. Normen hat daher für bestimmte Gruppen Vorteile – etwa in Form von Kostenersparnissen – für Nicht zuletzt soll darauf hingewiesen werden, dass andere Gruppen bzw die Gesellschaft insgesamt Regeln und ihre Durchsetzung auch Sicherheit aber Nachteile, wie eine Studie dazu anschaulich für Unternehmen bringen, da Normen in den darstellt3. Man denke dabei etwa an KonsumentInnen- verschiedenen Gewerben Mindestqualitätsstandards und ArbeitnehmerInnenschutzgesetze, Arbeitsrecht, sichern und einen Schutz vor unseriösen bzw nicht Umweltschutzgesetze usw. qualifizierten UnternehmerInnen bieten. Damit werden ein unfairer Wettbewerb bzw Dumpingpreise verhindert. Neben Kostenaspekten geht es daher um viel mehr. „Eine neue Industriestrategie für Europa“ und „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“ 8
Zu Recht wird (im Punkt 3.1. der Industriestrategie und Mindeststeuersatz. Ein solcher wäre aus Sicht der im Punkt 3. der KMU-Strategie) der Bedeutung eines AK die unabdingbare Voraussetzung, um einerseits funktionierenden Binnenmarktes für eine dynamische gleiche Rahmenbedingungen für die Unternehmen wirtschaftliche und soziale Entwicklung der EU – zu schaffen und andererseits auch sicherzustellen, auch im weltweiten Wettbewerb – große Bedeutung dass multinationale Konzerne angemessen besteuert zugemessen. Bei allen Vorteilen des Binnenmarktes werden. Derzeit zahlen multinationale Konzerne im muss aber darauf hingewiesen werden, dass manche Durchschnitt um 30 % niedrigere Gewinnsteuern Aspekte bei der Diskussion um Verbesserungen eine als lokale Unternehmen. Dieser Umstand führt zu zu geringe Rolle spielen. enormen Wettbewerbsverzerrungen und benachteiligt kleine und lokale Unternehmen. Darüber hinaus Beispielsweise ergeben sich Verzerrungen würden die lukrierten steuerlichen Mehreinnahmen im Wettbewerb um EU-weit ausgeschriebene Spielräume eröffnen, um notwendige konjunktur- und öffentliche Aufträge. Wenn Unternehmen auch industriepolitische Maßnahmen zu setzen. ihren ArbeitnehmerInnen höhere Löhne und Gehälter zahlen oder mit hoher ökologischer Ein spezielles weltweites Problem stellt die Verantwortung produzieren und diesen Besteuerung der digitalen Wirtschaft dar – diese Faktoren in Ausschreibungsbedingungen zu Unternehmen werden nur rund halb so hoch besteuert wenig Gewicht beigemessen wird, haben diese wie Unternehmen der traditionellen Wirtschaft. Bei zukunftsweisenden Unternehmen kurioserweise dieser steuerpolitischen Frage sollte aus Sicht einen Wettbewerbsnachteil. Jene hingegen, die der AK eine Einigung auf OECD-Ebene Vorrang ausschließlich auf niedrige Kosten setzen, einen haben. Die OECD will bis Ende 2020 Maßnahmen zur Vorteil. Das führt in Folge unweigerlich zu einem effektiven Besteuerung vorlegen. Hier gilt es, innerhalb Wettbewerb nach unten – zum Nachteil von der EU die geeigneten Voraussetzungen zu schaffen, ArbeitnehmerInnen und Umwelt. Dies gilt umso um diese Maßnahmen im Rahmen der GKKB in der mehr, als die Anwendung des Bestbieterprinzips im Folge entsprechend berücksichtigen zu können. Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaates bzw der konkreten ausschreibenden Stelle liegt. Im Rahmen der EU umzusetzen wäre auch endlich die länderweise Berichterstattung. So ließe sich Ein weiteres Beispiel für die problematische erkennen, in welchen Ländern Konzerne Gewinne in Umsetzung des Binnenmarktkonzeptes ist die welcher Höhe erwirtschaften und welche Steuern sie Entsende-Richtlinie. Aufgrund der mangelhaften dafür zahlen. Durchsetzung dieser Rechtsnorm in den Mitgliedstaaten haben Unternehmen gegenüber Hinzuweisen bleibt an dieser Stelle noch auf die von anderen Firmen Wettbewerbsvorteile, da der Kommission auf Seite 15 der Industriestrategie Beschäftigte zu schlechteren Arbeitsbedingungen angekündigte „Strategie für ein nachhaltiges und/oder Löhnen arbeiten müssen, als es die Finanzwesen“. Um Finanzmittel in Richtung realer Richtlinie vorsieht. Investitionen umzulenken und damit auch die Finanzierungmöglichkeiten der Industrie und der KMU Die Arbeiterkammer stimmt mit der Europäischen zu stärken, wäre ein klares Bekenntnis zur Einführung Kommission überein, dass die in der Mitteilung einer europaweiten Finanztransaktionssteuer in einer angesprochenen fehlende einheitlichen Besteuerung solchen Strategie einzufordern. (Seite 6 Industriestrategie) der Industrie ein grundlegendes Hindernis für den Binnenmarkt Die stärkere Rolle des Binnenmarktes hat auch darstellt. Ein funktionierender Binnenmarkt ohne die Einfluss auf die Entwicklungsmöglichkeiten entsprechenden steuerlichen Rahmenbedingungen, ist von manchen Regionen bzw Mitgliedstaaten zum Scheitern verurteilt. Das gilt insbesondere für die im Süden und Südosten der EU mit geringerer Besteuerung grenzüberschreitender Konzerne. Produktivität. So verringerten sich auf der einen Seite nationale industriepolitische Es sind Maßnahmen zur Schaffung Handlungsspielräume (Beihilfen, Währungspolitik einer gemeinsamen konsolidierten etc), während die Ausgleichsmechanismen der Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage EU dies nicht ausreichend kompensieren konnten. (GKKB), verknüpft mit einem Mindeststeuersatz, Das hatte einen nur verhaltenen Aufholprozess notwendig. Darauf wird zwar auch in der verschiedener peripherer Regionen bzw sogar einen Industriestrategie der Kommission hingewiesen Bedeutungsrückgang der Industrieproduktion zur (Seite 6 Industriestrategie) – allerdings fehlt bereits Folge. Es wäre im Sinne des Wohlstands und der bei der Formulierung der entsprechende Nachdruck Perspektiven für alle Mitgliedstaaten, hier effektiv („könnte“) und es fehlt auch das Bekenntnis zu einem wirkende industriepolitische Maßnahmen zu finden, „Eine neue Industriestrategie für Europa“ und „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“ 9
um diese Regionen auch industriell zu stärken. Wege Gerade bei KMU sind hohe europäische dazu wären etwa die Verbesserung grundlegender Datenschutzvorgaben wichtig und es würde sie in die Kompetenzen in Bereichen wie Logistik, Qualifikation, Lage versetzen, die Vorteile des digitalen Wandels Digitalisierung, soziale Dienstleistungen usw besser zu nutzen (Seite 4 f KMU-Strategie). Kleinere und eine abgestimmte Förderpolitik in Richtung Unternehmen verfügen oft nicht über die Kapazitäten Infrastrukturen und Investitionen. oder das Know-how, um von vornherein auf Datenschutz und digitale Sicherheiten das notwendige Was die Digitalisierung betrifft, gilt es für die EU, Augenmerk zu lenken. Wenn es dazu klare Regeln gibt, auf mehreren Ebenen Aktivitäten zu setzen. Im erleichtert dies die Entwicklung datenschutzkonformer Zusammenhang mit dem Binnenmarkt wird im Lösungen. Die KMU-Strategie sollte stärker auf Industriepapier (Seite 6 Industriestrategie) dazu auf diese Grundproblematik für KMU eingehen. Etwa mehrere Initiativen der Kommission verwiesen (zB auch durch eine Begleitung bzw Sensibilisierung Digitaler Binnenmarkt, Europäische Datenstrategie, durch Aufklärungskampagnen und/oder anderer Gesetz über digitale Dienste, Vorschriften zur einschlägiger Hilfs- und Informationsangebote für Produktsicherheit, Arbeitsbedingungen auf Unternehmen. Onlineplattformen). Die AK wird zu den verschiedenen Initiativen mit Vorliegen der Dokumente Stellung Ähnlich könnte auch das Thema „Sicherheit“ in der beziehen bzw hat dies bereits getan4. Nach Ansicht digitalen Welt stärker zum Vorteil der KMU aufgebaut der AK sind tatsächlich verschiedene rechtliche bzw weiterentwickelt werden. Für den immer größer Rahmenbedingungen – wie beispielsweise zu den werdenden Sektor des „Internet of Things“ ist ein digitalen Dienstleistungen und Onlineplattformen hohes Sicherheitsniveau (Standards, Normen und – seit Jahren für eine Reform überfällig, da sie rechtliche Vorgaben) bei den Daten entscheidend. völlig veraltet sind. Es geht darum, verbindliche KMU, die in diesem Bereich tätig werden und Produkte Spielregeln für faire Wettbewerbsbedingungen zu entwickeln, fehlt es oft an klaren Richtlinien und gestalten, Prekarisierungen zu verhindern, einen Standards, bzw sie kennen sie oft nicht. Eine stärkere Standortwettbewerb (Steuern, Arbeitsrecht usw) Aufmerksamkeit und Initiativen der Kommission in nach unten zu vermeiden, Mindesterfordernisse zu diesen Fragen könnte den KMU Wettbewerbsvorteile definieren oder auch einheitliche Regulierungen zu verschaffen und gleichzeitig eine höhere Produkt- gestalten (wie etwa hinsichtlich der Onlinewerbung) und Datensicherheit gewährleisten. und jedenfalls den VerbraucherInnenschutz massiv zu verbessern. Die AK fordert zB einen völlig neuen Faire Wettbewerbsbedingungen in der EU und der Zugang der Kommission für marktdominante Welt, Carbon Leakage: Internet-Plattformen. Diese weisen in erheblichem Ausmaß Merkmale klassischer Infrastrukturen Richtigerweise weist die Kommission auf die auf, indem sie als private Regelsetzer und Bedeutung der EU-Wettbewerbspolitik aus „Gatekeeper“ agieren. Darüber hinaus fallen ihnen verschiedenen Perspektiven hin. Und dies nicht nur für durch ihre Infrastrukturrolle große Mengen an die innereuropäischen Wettbewerbsbedingungen der Daten zu. Beides gemeinsam führt zu erheblichen Unternehmen, sondern ebenso für faire Bedingungen Wettbewerbsvorteilen – bis hin zu missbräuchlicher im weltweiten Waren-, Dienstleistungs- und Ausnützung dieser Vormachtstellung. Die Kapitalaustausch. Wettbewerbsbehörden führen dazu zwar Verfahren durch, allerdings bleiben diese reaktiv, da ex-post. Wie an vielen anderen Stellen in der neuen Eine ex-ante Regulierung mit entsprechenden Industriestrategie und auch der KMU-Strategie Regulierungsbehörden ist daher dringend notwendig, erschöpfen sich auch die Aussagen zum EU- um den Anforderungen der Digitalisierung gerecht Wettbewerbsrecht (Seite 7 f Industriestrategie) werden zu können. aber leider auf fortlaufende Hinweise. Etwa mit der Ankündigung, das EU Wettbewerbsrecht neu Ein zentraler Puzzlestein im Zusammenhang mit zu bewerten, zu überprüfen und erforderlichenfalls Digitalisierung muss weiterhin die VorreiterInnenrolle Anpassungen vornehmen zu wollen. Inhaltliche Europas in Datenschutzfragen bleiben. In Ausführungen der Kommissionssicht, welche diesem Bereich hat die EU gegenüber anderen Anpassungen aus industriepolitischer Perspektive Wirtschaftsräumen ein Alleinstellungsmerkmal, notwendig wären, fehlen indes im EU-Papier welches strategisch genützt werden muss. Es vollständig. Das ist irritierend, wird doch über kann einerseits das Vertrauen der BürgerInnen in solche Fragen seit längerem EU-weit intensiv europäische Lösungen stärken und andererseits auch diskutiert (Stichworte: Europäische Champions, attraktiv für Unternehmen und Dienste sein, die ein ganzheitliche Prüfung von Zusammenschlüssen, vertrauenswürdiges Umfeld suchen. Berücksichtigung künftiger Marktentwicklungen „Eine neue Industriestrategie für Europa“ und „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“ 10
aufgrund von Globalisierung und Digitalisierung) Hinsichtlich der Berücksichtigung des Klimaschutzes und ist auch aus Sicht der AK von eminenter unterstützt die AK jedenfalls den Ansatz, die Bedeutung5. Eine Positionsbestimmung der Einhaltung des Übereinkommens von Paris zu Kommission wäre sehr wichtig gewesen und einem wesentlichen Bestandteil aller künftigen hätte entscheidende Impulse geben können. Die umfassenden Handelsabkommen zu machen angekündigte Reform der Wettbewerbspolitik wird (Seite 8 Industriestrategie). Für „Verbindliche jedenfalls nicht nur wesentlichen Einfluss bzw Verpflichtungen“ sollten dabei jedenfalls auch Wirkungen auf die Industriepolitik haben, sondern entsprechende Sanktionsmöglichkeiten vorgesehen auch auf andere Politikfelder, wie etwa Regionalpolitik, werden, da sie andernfalls zahnlos bleiben. Etwa Beschäftigungs- und Forschungspolitik. Derzeit im Sinne des französischen Vorschlags, der den stehen ja im Mittelpunkt der EU-Wettbewerbspolitik Verbleib, die Ratifikation und die Umsetzung der nahezu ausschließlich Wettbewerbsaspekte Verpflichtungen aus dem Klimaschutzabkommen (bei Zusammenschlüssen – Verhinderung von von Paris als „essential element“-Klausel in Marktbeherrschung, Beihilfen – Verzerrung des allen Handelsabkommen vorsieht. Letzteres ist europäischen Wettbewerbs etc). Andere Aspekte, wie speziell im Falle der Verhandlungen mit den USA etwa Industrie- Regional- oder Arbeitsmarktpolitik, (Zollabbau, Konformitätsbewertungsabkommen) werden weitestgehend ausgeklammert. Das sollte und dem Mercosur zu berücksichtigen. Daneben sich nach Ansicht der AK zukünftig jedenfalls ist zu bedenken, dass sämtliche bestehenden ändern und in Richtung eines ganzheitlichen und Handelsabkommen der EU nicht vom dynamischen Ansatzes gehen, also auch weitere Kommissionsvorschlag erfasst sind. volkswirtschaftliche Kriterien mitberücksichtigen. Die große Bedeutung wettbewerbspolitischer Das neue Handelsabkommen zwischen den USA, Entscheidungen für die betriebliche aber auch Kanada und Mexiko (USMCA) sollte daraufhin nationale/ europäische Wettbewerbsfähigkeit macht geprüft werden, ob es in manchen Punkten (Umwelt- es auch notwendig, ein größeres Mitspracherecht und Arbeitsstandards) nicht ein geeignetes Modell der betrieblichen und überbetrieblichen für Handelsabkommen sein kann. Es enthält ArbeitnehmerInnenvertretungen einzufordern. Verbesserungen wie etwa eine Beweislastumkehr. Die beklagte Partei muss nun nachweisen, dass die Auch was die internationale Seite der Verletzung von Arbeits- bzw Umweltstandards keinen Wettbewerbspolitik betrifft, lässt das Bezug zu „Handel und Investitionen“ aufweist. industriepolitische Papier (Seite 8 f Industriestrategie) viele Fragen offen. Immerhin ist die grundsätzliche Eine solide industrielle Basis in der EU, die auf Ankündigung zu begrüßen, handelspolitische höchste Arbeits- und Sozialstandards aufbaut Schutzinstrumente bestmöglich auszuschöpfen, und gleichzeitig dazu beiträgt, die Ziele des um auf ein wettbewerbliches „level playing Abkommens von Paris zu erreichen, braucht field“ hinzuarbeiten. Genannt werden in dem Planungssicherheit. Dazu kann nach Ansicht der Zusammenhang Fragen wie die Bekämpfung AK ein sukzessive ansteigender CO2-Mindestpreis aggressiver Steuerplanung, der Umgang mit im Emissionshandelssystem (EU ETS) beitragen, ausländischen Subventionen (verbunden mit um krisenbedingte Preiseinbrüche für Zertifikate asymmetrischem Zugang zu den jeweiligen zu vermeiden. Gleichzeitig ist Vorsorge zu treffen, Heimmärkten), das internationale Beschaffungswesen dass Unternehmen, die in starkem internationalen oder auch unfairer Wettbewerb aufgrund geringerer Wettbewerb stehen, nicht aufgrund der höheren Standards im Klimaschutz. Welche konkreten Ziele CO2-Kosten in der EU die Produktion in Drittstaaten damit jeweils von der Kommission angestrebt verlagern („Carbon Leakage“). Zu diesem Zweck werden und wie diese durchgesetzt werden sollen, ist mittelfristig das System der Gratiszuteilung wird nicht dargestellt, sondern erneut auf zukünftige von Zertifikaten im EU ETS durch ein System des Initiativen in diesem Zusammenhang verwiesen. Grenzausgleichszolls oder gleichwertig wirkende Ob das für Mitte 2020 angekündigte Weißbuch Ausgleichslösungen zu ersetzen. über den Umgang mit ausländischen Subventionen aber tatsächlich wirksame Instrumente gegen die Es ist daher grundsätzlich zu begrüßen, dass die bestehenden Wettbewerbsverzerrungen hervorbringen Kommission hierzu einen Vorschlag unterbreiten wird, bleibt abzuwarten und kann anhand der will (Seite 10 Industriestrategie). Dieser sollte vorliegenden Industriestrategie nicht beurteilt werden. jedoch auch dazu genutzt werden, eine Debatte Die AK fordert von der Kommission jedenfalls, in der über die Vereinbarkeit der WTO-Regeln mit der Handelspolitik auch unfaire soziale Asymmetrien und Bekämpfung der Klimakrise und der wirksamen ArbeitnehmerInnenrechte sowie deren Bekämpfung Bekämpfung von Umwelt- und Sozialdumping wirkungsvoll zu adressieren. anzustoßen. So sind Folgenabschätzungen und „Eine neue Industriestrategie für Europa“ und „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“ 11
Wirkungsanalysen in Hinblick auf die Umwelt- bzw Industrien von der Umstellung massiv betroffen sein Klimaschädlichkeit eines Handelsabkommens zu einer werden. In den Ausführungsbestimmungen dazu zwingenden Voraussetzung für die Aufnahme von muss auf einen einfachen Zugang für KMU geachtet Verhandlungen zu machen. Klimaschutzambitionen werden, um dieses Ziel auch tatsächlich umzusetzen. widersprechende Passagen sind zu streichen. „Buy local“-Bestimmungen sollten in Handelsabkommen Als problematisch werden die notwendige enthalten sein, für Länder im globalen Süden einjährige ex ante Planung und die im Vorhinein sind konkrete Unterstützungsmaßnahmen festgelegten Regionen – als Voraussetzung für die – etwa Technologietransfer oder Capacity Inanspruchnahme – gesehen. Dies erlaubt es nicht, Building – vorzusehen. Produkte, die hohe auf Krisensituationen die im Rahmen der Umstellung Treibhausgasemissionen verursachen, sollten entstehen können, adäquat zu reagieren. Dies gilt in Zukunft nicht durch Handelsabkommen insbesondere auch für arbeitsmarktpolitische liberalisiert werden. Zollreduktionen sollten Maßnahmen im Bereich der Umqualifizierung und sich auf umwelt- und klimafreundliche Güter der Abfederung von Kündigungen. Darüber hinaus beschränken. Die Verhandlungen über das globale sind die betroffenen Betriebe oftmals nicht in Umweltgüterabkommen im Rahmen der WTO (EGA) einzelnen Regionen konzentriert – besonders, wenn sind zügig abzuschließen. Ausnahmen können sie Teile internationaler Wertschöpfungsketten (zB dabei für Länder im globalen Süden vorgesehen KFZ) sind. Aufgrund dieser derzeit vorgesehenen werden, wobei umgekehrt den einzelnen Staaten Regelungen könnten viele potenziell betroffene grundsätzlich vorbehalten bleiben soll, Zölle auf Betriebe (auch in Österreich) in einem solchen Fall klimabelastende Importe zu erheben. Zudem die Mittel des Fonds für einen gerechten Übergang dürfen die Umwelt- und Klimaschädlichkeit des nicht in Anspruch nehmen. Daher braucht es für Handels selbst, insbesondere des internationalen „unvorhergesehene Unternehmenskrisen“ aufgrund Gütertransports, nicht unterschätzt werden. der Bewältigung des Klimawandels eine zusätzliche Fördermöglichkeit aus diesem Fonds – wie etwa Klimaneutralität, Energieeffizienz, Energieforschung beim Globalisierungsfonds. Oder die Erweiterung des und Just Transition: Globalisierungsfonds um dieses Anwendungsgebiet und dessen deutliche finanzielle Aufstockung. Bereits im Positionspapier der AK zum Europäischen Green Deal und Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Richtigerweise wird festgehalten (Seite 9 Europa vom März 20206 wurde festgehalten, dass Industriestrategie), dass energieintensive es für einen gerechten Übergang gilt, die Interessen Industriezweige – wie die Stahl-, die Chemikalien- der Beschäftigten zu wahren. Es muss sichergestellt oder die Zementindustrie – für die europäische werden, dass Beschäftigte in ihren individuellen Wirtschaft unverzichtbar sind und auch direkt eine Problemlagen bestmöglich beim Übergang auf einen große Anzahl von – oft qualitativ hochwertiger neuen Arbeitsplatz unterstützt werden. – Arbeitsplätze bietet. Bei der Dekarbonisierung und Modernisierung dieser Sektoren kann die EU Die AK begrüßt daher im Grundsatz natürlich eine globale Vorreiterrolle übernehmen. Konkrete auch die in der Industriestrategie angesprochene Vorgaben von Seiten der EU würden den Unternehmen Mobilisierung von den ursprünglich geplanten 100 Planungssicherheit geben und wären mit einem hohen Mrd Euro für einen gerechten Übergang (Seite 9 Anreiz verbunden, effiziente und klimafreundliche Industriestrategie). Dieses Volumen wird jedoch aus Technologien zu entwickeln bzw in der Produktion zur Sicht der AK nicht ausreichen. Positiv zu bewerten Anwendung zu bringen. Durch das vorgeschlagene ist, dass der Just Transition Fonds im Rahmen CO2-Grenzausgleichssystem könnte die EU mit ihrer des Wiederaufbauplans um mehr als 30 Mrd Euro VorreiterInnenrolle auch ProduzentInnen außerhalb aufgestockt wird. Leider weist die Ausgestaltung des EU-Binnenmarkts dazu „motivieren“, verstärkt in des geplanten Fonds einige Schwächen auf. Die klimafreundliche Technologien zu investieren. Inanspruchnahme der Mittel wird dadurch erschwert, viele Beschäftigte können daher in Folge nicht Immer wieder geht es bei zentralen Sektoren in unterstützt werden und auch industrielle Möglichkeiten Zusammenhang mit Klimaneutralität aber gar werden unausgeschöpft bleiben. Die Beurteilung nicht um die Entwicklung bahnbrechend neuer fällt daher differenziert aus: Positiv ist, dass neben Technologien. Tatsächlich sind Technologien für eine fossilen Energieträgern oder der Stahlproduktion klimaneutrale Produktion teilweise schon vorhanden. auch weitere von der Dekarbonisierung betroffene Sie werden aber unter dem Regime der derzeitig Wertschöpfungsketten erfasst sind. Auch der vorhandenen Lenkungsmaßnahmen dennoch nicht geplante Fokus auf KMU wird ausdrücklich begrüßt, eingesetzt, da es für manche Unternehmen bislang da Zulieferbetriebe zu den treibhausgasintensiven rentabler ist, mit herkömmlichen, klimaschädlichen „Eine neue Industriestrategie für Europa“ und „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“ 12
und veralteten Technologien zu produzieren. Digitalisierung müssen in der dezentralen und Daher ist es notwendig, die bestehenden erneuerbaren Erzeugung von Energie genützt werden. Lenkungsmaßnahmen zu intensivieren bzw auch Diese und andere bahnbrechende Technologien neue Wege der Regulierung und Systemeingriffe und großangelegte innovative Projekte in den zu finden, um eine tatsächliche Anwendung von energieintensiven Sektoren sind in großem klimaneutralen Technologien sicherzustellen und Maßstab zu fördern. Die dabei notwendigen die notwendige rasche Transformation zu einer Größenordnungen und die von der Öffentlichkeit klimaneutralen und kreislauforientierten Wirtschaft zu übernehmenden Risiken lassen es aber auch zu erleichtern. angebracht erscheinen, Überlegungen anzustellen, wie im Erfolgsfall die Öffentlichkeit im Gegenzug Die Verbesserung der energetischen Standards von auch an den Erträgen dieser Innovationen beteiligt Bauprodukten und Gebäuden, wie von der Kommission werden kann. Für die AK ist jedenfalls wesentlich, vorgeschlagen, ist eine effektive Maßnahme um bei der Finanzierung der notwendigen Ausbau- und Energieverbrauch zu senken. In Verbindung mit einer Forschungsinitiativen auf eine breite Basis von breiten Renovierungswelle im öffentlichen und privaten ZahlerInnen und eine gerechte Kostenverteilung Bereich können damit Beiträge zur Klimapolitik geleistet zu achten. Gerade im Zusammenhang mit der werden und gleichzeitig laufende Energiekosten von der Kommission angestrebten „ausreichenden gesenkt, Beschäftigung gefördert und die Bauwirtschaft und sicheren Versorgung mit CO2-armer Energie zukunftsfähig gemacht werden. Allerdings führen zu wettbewerbsfähigen Preisen“ weist die AK auf strenge Baustandards und hohe Investitionen auch die bislang ungleiche Lastenverteilung der Kosten zu höheren Wohnraumpreisen und stellen damit für der Energiewende (jedenfalls in Österreich) hin. Die einkommensschwache Haushalte eine finanzielle Haushalte und Kleinbetriebe zahlen demnach relativ Hürde dar. Die Leistbarkeit des Wohnraums als höhere Ökostromförderbeiträge und Netzentgelte soziales Ziel darf aber dadurch keinesfalls gefährdet als die großen Verbraucher – etwa in der Industrie. bzw konterkariert werden. Investitionskosten und Gleichzeitig hat die AK Verständnis für deren Einsparung aus reduziertem Energieverbrauch müssen besondere Exponiertheit. Die AK ist – wie bereits daher in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. dargelegt – der Ansicht, dass ein sukzessive ansteigender CO2-Mindestpreis im Rahmen des Die AK begrüßt ambitionierte und verpflichtende Emissionshandels starke Schwankungen verhindern absolute Energieeffizienzziele, welche auch strikt und der Industrie mehr Investitionssicherheit kontrolliert und bei Verfehlen sanktioniert werden. geben würde. Die AK hat großes Interesse daran, Energieeffizienz muss auch nach Ansicht der EU- dass Industriearbeitsplätze gegen Carbon Kommission an erster Stelle stehen, wenn es um die Leakage abgesichert werden. Eine kohärente Verringerung der Emissionen in der Industrie geht. Weiterentwicklung des derzeit wenig effektiven Energieeffizienzziele erzeugen eine Doppeldividende: Systems muss sichergestellt werden. Einerseits tragen sie zur Verbrauchsreduktion maßgeblich bei, andererseits wirken sie Die Zielformulierungen im Grünen Deal für den Bereich innovationsfördernd und potenziell kostensenkend. Mobilität sind sehr ambitioniert und werden von der AK Damit unterstützen sie die industrielle europäische unterstützt. Deshalb ist es auch begrüßenswert, dass Wertschöpfung und den Erhalt hochqualifizierter im industriepolitischen Papier der Kommission (Seite Beschäftigung. Maßnahmen und Initiativen, die die 10 Industriestrategie) ein Schwerpunkt auf nachhaltige Energieeffizienz erhöhen sind daher aus Sicht der AK und intelligente Mobilität gelegt wird. Tatsächlich birgt jedenfalls zu begrüßen. Darüber hinaus wäre nach dieser Bereich auch erhebliches industrielles Potenzial Ansicht der AK in allen Investitionsprogrammen das und Möglichkeiten für KMU, aber auch erhebliche Prinzip „Energy Efficiency First“ zu verankern. Herausforderungen auf Grund der notwendigen strukturellen Veränderungen. Beschäftigungsfragen Klar ist, dass im Kampf gegen die Klimakrise spielen für die AK dabei eine zentrale Rolle und sollten jedenfalls auch noch umfassender Forschungsbedarf nicht nur auf nationaler Ebene behandelt werden, besteht. Die Dekarbonisierung der Energieflüsse, sondern auch auf EU-Ebene – unter umfassender der notwendige Netzausbau sowie die Integration Einbindung der Sozialpartner. Ziel müssen abgestimmte neuer Technologien und erneuerbarer Energiequellen Maßnahmen im Zusammenhang mit dem stellen die Systeme vor große Herausforderungen. Strukturwandel des Mobilitätssektors – insbesondere Aus diesem Grund sind die Ansätze der Kommission für Forschung und Entwicklung, Regional- und grundsätzlich zu unterstützen, Initiativen dazu Industriepolitik, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie zu ergreifen bzw zu unterstützen (etwa zur Infrastruktur für alternative Kraftstoffe – sein. Sektorkoppelung, Energiespeicherung, grünem Gas, Wasserstoff). Auch die Möglichkeiten der „Eine neue Industriestrategie für Europa“ und „Eine KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa“ 13
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