Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit - Verantwortung - Innovation - Partnerschaft: Globale Gesundheit gemeinsam gestalten

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Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit - Verantwortung - Innovation - Partnerschaft: Globale Gesundheit gemeinsam gestalten
Strategie           der –Bundesregierung
 Verantwortung – Innovation  Partnerschaft:

zur globalen Gesundheit
 Globale Gesundheit gemeinsam gestalten

Verantwortung – Innovation – Partnerschaft:
Globale Gesundheit gemeinsam gestalten
Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit - Verantwortung - Innovation - Partnerschaft: Globale Gesundheit gemeinsam gestalten
Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit - Verantwortung - Innovation - Partnerschaft: Globale Gesundheit gemeinsam gestalten
Inhaltsverzeichnis
VORWORT: DEUTSCHLANDS ROLLE IN DER GLOBALEN GESUNDHEIT                                            3

HANDLUNGSRAHMEN DES DEUTSCHEN ENGAGEMENTS                                                         8

I. STRATEGISCHE PRIORITÄTEN SETZEN                                                               11
1. Gesundheit fördern, Krankheiten verhindern und adäquat begegnen                               11
2. Umwelt, Klimawandel und Gesundheit ganzheitlich angehen                                       15
3. Gesundheitssysteme stärken                                                                    17
4. Gesundheit schützen – grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren begegnen                      20
5. Forschung und Innovation für globale Gesundheit vorantreiben                                  26

II. HERAUSFORDERUNGEN GEMEINSAM ANGEHEN, NEUE WEGE AUFZEIGEN                                     31
1. Politisches Engagement zugunsten globaler Gesundheit verstärken                               31
2. Multilateralismus stärken – globale Gesundheitsarchitektur weiterentwickeln                   32
3. Regionale Partnerschaften ausbauen                                                            35

III. KOHÄRENTES HANDELN SICHERSTELLEN                                                            36

Abkürzungsverzeichnis                                                                            38

Boxen
Box 1: Agenda 2030. Das Gesundheitsziel und seine Verbindung zu anderen Nachhaltigkeitszielen     8
Box 2: Antibiotikaresistenzen                                                                    14
Box 3:	Die gegenseitigen Wechselwirkungen zwischen Gesundheit, Klima und Umwelt
         erfordern interdisziplinäre und sektorübergreifende Ansätze                             15
Box 4: Europäisches Zentrum für Umwelt und Gesundheit (ECEH)                                     17
Box 5: Die „Internationalen Gesundheitsvorschriften“ (IGV)                                       21
Box 6:	Deutsche Fachinstitute und -einrichtungen bringen ihre Expertise in die internationale
         Pandemievorsorge und -bekämpfung ein                                                    25
Box 7: Humanitäre Gesundheitshilfe                                                               26
Box 8:	Die Vernetzungsplattform Forschung für Globale Gesundheit „German Alliance for
         Global Health Research“                                                                 28
Box 9: „Coalition for Epidemic Preparedness Innovations” (CEPI)                                  30
Box 10: Der „Globale Aktionsplan für ein gesundes Leben und das Wohlergehen aller Menschen“      33
Box 11: „Global Health Hub Germany” (GHHG)                                                       37
Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit - Verantwortung - Innovation - Partnerschaft: Globale Gesundheit gemeinsam gestalten
Das Recht eines jeden Menschen auf das individuell erreichbare Höchst-
           maß an körperlicher und geistiger Gesundheit ist ein zentrales Menschenrecht.
           Gesundheit ist eines der höchsten Güter aller Menschen und wesentliche
           Voraussetzung für individuelle, soziale, wirtschaftliche und politische
           Entwicklung und Stabilität. In einer global vernetzten Welt werden die
           Auswirkungen von Gesundheit – im Positiven wie im Negativen – nochmals
           verstärkt. Gesundheit muss daher global gedacht werden und kann nur
           durch gemeinsames globales Handeln sichergestellt und verbessert werden.

2   Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit
Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit - Verantwortung - Innovation - Partnerschaft: Globale Gesundheit gemeinsam gestalten
Vorwort:

Deutschlands Rolle in der
globalen Gesundheit
Das Thema globale Gesundheit hat sowohl in             Die Bundesregierung hat diese Strategie für einen
Deutschland als auch international in den letzten      Zeitrahmen von 2020 bis 2030 erarbeitet, um der
Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Globale            internationalen Verantwortung Deutschlands
Gesundheit und ihre Sicherung sind Teil der            noch stärker gerecht zu werden.
globalen Ordnung. Die COVID-19-Pandemie hat
die vielen Wirkungen erneut verdeutlicht, die          Ziel der deutschen Strategie zur globalen
mit einer globalen Gesundheitskrise verbunden          ­ esundheit ist es, die Wirksamkeit und die
                                                       G
sind. Die gesundheitlichen und daraus folgenden        Dauerhaftigkeit des deutschen Engagements im
humanitären und sozioökonomischen Folgen               Bereich der globalen Gesundheit sicherzustellen,
betreffen alle Lebensbereiche.                         um einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheit
                                                       aller Menschen weltweit bis 2030 zu leisten. Ent-
Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung            sprechend werden internationale Kooperationen
setzt den Rahmen des politischen Engagements           und strategische Partnerschaften weiter auf- und
der Bundesregierung in der globalen Gesund­            ausgebaut und insbesondere die Weltgesundheits-
heit und ist handlungsleitend für die Strategie:       organisation (WHO) gestärkt. Mit der Strategie
                                                       richtet die Bundesregierung ihr Handeln auf
  Gesundheit ist nicht nur eine Voraussetzung für      neue Herausforderungen aus, entwickelt ihre
  Wohlstand, sozialen Zusammenhalt und gesell-         Ziele weiter und leistet einen Beitrag zur Koor­
  schaftliche Teilhabe, sondern auch Ergebnis und      dination und Zusammenarbeit aller Akteure.
  Indikator für die soziale, wirtschaftliche und
  ökologische Dimension nachhaltiger Entwick-          Die Strategie ist ein Bekenntnis der Bundes­
  lung. Fast alle der vereinbarten Nachhaltigkeits-    regierung zur globalen Gesundheitspolitik und
  ziele der Agenda 2030 haben einen wichtigen          zur Erreichung der gesundheitsrelevanten
  Bezug zu Gesundheit. Globale Gesundheit ist ein      Nachhaltigkeitsziele und insbesondere des
  Beispiel für die Notwendigkeit von akteurs-          ­Nachhaltigkeitsziels 3: „Ein gesundes Leben für
  und sektorübergreifenden Ansätzen sowie inter­        alle Menschen jeden Alters zu gewährleisten und
  nationaler und multilateraler Zusammenarbeit.         ihr Wohlergehen zu fördern“. Die Umsetzung
                                                        dieser Strategie wird sich in die haushalts- und
  Die Förderung und der Schutz der Gesund-              finanzpolitischen Vorgaben der Bundesregierung
  heit der Bevölkerung sind zentrale Aufgaben           einfügen.
  für Regierungen, im eigenen Land und im
  ­R ahmen ihres internationalen Engagements.

  In der Agenda 2030 drückt sich die Überzeu-
  gung der Staatengemeinschaft aus, dass sich
  globale Herausforderungen nur gemeinsam
  lösen lassen. Multilateralismus und starke
  ­i nternationale Organisationen verhelfen
   ­diesem Ansatz zur Durchsetzung.

                                                   Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit   3
Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit - Verantwortung - Innovation - Partnerschaft: Globale Gesundheit gemeinsam gestalten
Mit dem Engagement im Rahmen der
    globalen Gesundheitspolitik verfolgt
    die Bundesregierung die folgenden
    strategischen Ziele:

    Priorisierung von Bereichen, in denen                   Partnerschaftliches Handeln und
    Deutschland sein politisches Engage­ment,               Stärken von Allianzen und Foren auf
    seine Expertise und Kompetenzen                         der nationalen, internationalen und
    bestmöglich einsetzen kann                              multilateralen Ebene

    Deutschland legt seinen Fokus auf systemorien-          Die Herausforderungen der globalen Gesund-
    tiertes Handeln und auf Schnittstellen, bei denen       heit können nur vernetzt, koordiniert und
    im Sinne des „One Health“-Ansatzes durch                gemeinsam bewältigt werden. Die globale
    ­gemeinsames und sektorübergreifendes Vorgehen          Gesundheitsarchitektur befindet sich in einem
     ein größtmöglicher Erfolg erzielt werden kann.         Erneuerungsprozess, der von allen Akteuren
     Dabei wollen wir die Möglichkeiten der Digita­         Anpassungen und bessere Koordination
     lisierung bestmöglich nutzen und einsetzen.            verlangt. Für eine wirksame internationale
     Die Prioritäten der Bundesregierung umfassen:          Antwort Deutschlands auf Gesundheitsrisiken
                                                            bedarf es intensiver Abstimmung und partner-
      Gesundheit und Prävention fördern                     schaftlicher Zusammenarbeit aller Akteure.
                                                            Die COVID-19-Pandemie bestätigt die Notwen-
      die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels          digkeit eines funktionierenden multilateralen
      mildern                                               Systems und funktionierender Organisationen
                                                            der Vereinten Nationen (VN). Dazu beabsichtigt
       Gesundheitssysteme stärken und eine                  die Bundesregierung:
      ­a llgemeine Gesundheitsversorgung
       mit einem diskriminierungsfreien Zugang                politisches Engagement zugunsten globaler
       für alle ermöglichen                                   Gesundheit in relevanten internationalen
                                                              Gremien zu verstärken
      Gesundheitsschutz sicherstellen, einschließlich
      des Schutzes vor Epidemien und Pandemien                Multilateralismus zu stärken und die globale
      sowie des fortgesetzten Engagements in der              Gesundheitsarchitektur mit einer zentralen
      humanitären Gesundheitshilfe                            leitenden und koordinierenden Rolle der
                                                              WHO weiterzuentwickeln
    • Forschung und Innovation für globale
      ­Gesundheit vorantreiben                                regionale Partnerschaften auszubauen

4   Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit
Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit - Verantwortung - Innovation - Partnerschaft: Globale Gesundheit gemeinsam gestalten
Sicherstellung eines kohärenten
Handelns auf verschiedenen
Ebenen und in verschiedenen
Foren

Um die Lösung globaler gesundheitspolitischer          Die Strategie wurde in einem konsultativen
Herausforderungen mitzugestalten, ist ein klares       Prozess entwickelt, bei dem die Erfahrung und
internationales Profil Deutschlands gefragt. Es        Expertise deutscher nichtstaatlicher Akteure aus
bedarf eines gezielten und abgestimmten Vor-           den Bereichen Zivilgesellschaft, Wirtschaft,
gehens, um auf verschiedenen Ebenen bilaterale         Wissenschaft, Jugend und Think Tanks genutzt
und multilaterale Zusammenarbeit wirksam im            wurden. Darüber hinaus wurde gezielt der Rat
Sinne der Verbesserung der globalen Gesundheit         internationaler Expertinnen und Experten
zu nutzen. Die Bundesregierung beabsichtigt:           ­über das internationale Beratergremium zu
                                                        globaler Gesundheit gesucht. Deutschland wird
  Mechanismen zur Abstimmung innerhalb der              auf Erreichtem aufbauen und als verlässlicher
  Bundesregierung weiter auszubauen                     Partner Kontinuität und Nachhaltigkeit ge-
                                                        währleisten. Die Strategie baut auf dem im Jahr
  den Dialog und Austausch zu globaler                  2013 verabschiedeten Konzept zur globalen
  ­Gesundheit unter Miteinbeziehung der nicht-          Gesundheitspolitik „Globale Gesundheitspolitik
   staatlichen Akteure zu fördern und Deutsch-          gestalten – gemeinsam handeln – Verantwortung
   land als Standort für globale Gesundheit             wahrnehmen“ auf, mit dem die Bundesregierung
   weiter zu stärken                                    erstmals den deutschen Beitrag in diesem
                                                        Politik­feld definierte.
  die Internationalisierung der relevanten
  ­Einrichtungen weiter voranzutreiben

  gezielt deutsches Personal und Nachwuchs in
  internationalen Organisationen und Gremien
  der globalen Gesundheit zu fördern

   Finanzmittel einzusetzen, um globale
  ­gesundheitspolitische Herausforderungen
   mitzugestalten

  die Umsetzung der Strategie zur Halbzeit der
  vorgesehenen Gesamtdauer zu überprüfen

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Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit - Verantwortung - Innovation - Partnerschaft: Globale Gesundheit gemeinsam gestalten
In einer global vernetzten Welt werden
                                                 die Auswirkungen von Gesundheit – im
                                                 Positiven wie im Negativen – nochmals
                                                 verstärkt. Gesundheit muss daher global
                                                 gedacht werden und kann nur durch
                                                 gemeinsames globales Handeln sicher-
                                                 gestellt und verbessert werden.

6   Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit
Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit - Verantwortung - Innovation - Partnerschaft: Globale Gesundheit gemeinsam gestalten
Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit   7
Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit - Verantwortung - Innovation - Partnerschaft: Globale Gesundheit gemeinsam gestalten
Handlungsrahmen des deutschen
    Engagements
    Deutschland tritt für ein werte- und regel­                  Bundesregierung in der globalen Gesundheit und
    basiertes Handeln ein. Die Würde des M­ enschen,             sind handlungsleitend für die Strategie. Dabei gilt
    Rechtsstaatlichkeit und Stabilität, Freiheit,                Nachhaltigkeit als Leitbild, das unter Berücksich-
    ­Vielfalt und Solidarität und die Achtung der                tigung der drei Dimensionen Soziales, Umwelt
     Menschenrechte sind gemeinsam mit den                       und Wirtschaft in allen politischen Belangen
     Prinzipien Demokratie und Partnerschaft die                 mitgedacht werden soll. Die handlungsleitenden
     Basis für das Engagement Deutschlands in der                Prinzipien Mensch, Planet, Wohlstand, Frieden
     globalen Gesundheitspolitik. Die Agenda 2030                und Partnerschaft (People, Planet, Prosperity,
     für nachhal­tige Entwicklung und insbeson-                  Peace, Partnership – „5 Ps“) sowie die Prämisse
     dere deren gesundheitsrelevante Ziele setzen                „Niemanden zurücklassen“ sind den Zielen der
     den Rahmen des politischen Engagements der                  Agenda 2030 vorangestellt.

       Box 1: Agenda 2030. Das Gesundheitsziel und seine
       Verbindung zu a­ nderen Nachhaltigkeitszielen
       Mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung hat sich die Weltgemeinschaft die Aufgabe gestellt, bis 2030
       weltweiten wirtschaftlichen Fortschritt im Einklang mit sozialer Gerechtigkeit und im Rahmen der ökologi-
       schen Grenzen der Erde zu gestalten. Gesundheit ist eines der 17 globalen Nachhaltigkeitsziele, der „Sustainable
       Development Goals“ (SDGs). SDG3 „Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und
       ihr Wohlergehen fördern“ umfasst 13 spezifische Unterziele. Die wichtigsten Unterziele von SDG3 reichen von
       der Gesundheitsversorgung für alle, der Reduzierung übertragbarer und nichtübertragbarer Krankheiten,
       ­der Dienstleistungen im Bereich psychische Gesundheit sowie der sexuellen und reproduktiven Gesundheit
        und Rechte (SRGR), der Prävention und Behandlung von Drogenmissbrauch und des übermäßigen Alkohol­
        konsums, bis hin zum Management von globalen Gesundheitsrisiken sowie der Verringerung der Zahl der
        Erkrankungen durch Umweltbelastungen. Zusätzlich zu dem Gesundheitsziel verbessern Fortschritte bei
        13 weiteren Nachhaltigkeitszielen die Gesundheitsergebnisse maßgeblich. Daher wird oftmals von
        ­„gesundheitsbezogenen Nachhaltigkeitszielen“ gesprochen. So tragen beispielsweise Bildung (SDG4),
         Ernährungs­sicherheit (SDG2), Wasser- und Sanitärversorgung (SDG6), die Gleichstellung der Geschlechter
         (SDG5) und d
                    ­ amit einhergehende Verbesserungen im Hinblick auf sexuelle und reproduktive Gesundheit sowie
         Klimaschutz (SDG13) zur Ver­besserung der Gesundheit bei.

       Die angestrebte Verbesserung der Gesundheitsergebnisse weltweit steht dabei im engen Zusammenhang
       mit den anderen Nachhaltigkeitszielen. Alle 17 einzelnen Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 stehen in
       ­v iel­fäl­t iger Wechselwirkung zueinander und können nur erreicht werden, wenn auch bei den anderen
        Zielen Fortschritte erreicht werden.

       Die Agenda 2030 fordert zu einer ganzheitlichen und sektorübergreifenden Herangehensweise bei ihrer
       Umsetzung auf. Fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit und Forschung sind notwendig, um eine robuste
       Grundlage für die Prioritätensetzung zu schaffen und negative Wechselwirkungen zu verhindern. So können
       Hindernisse für globale Gesundheit in anderen Politikbereichen angegangen, Zielkonflikte austariert,
       Synergieeffekte genutzt, Wirkungen erhöht und Kosten reduziert werden.

8   Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit
Der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen,
  Die Bundesregierung:                                    ­ärztlicher Behandlung oder zu Arzneimitteln
                                                           und Impfstoffen steht längst nicht allen
                                                           ­Menschen gleichermaßen offen, sondern wird
  setzt sich für den weltweiten Schutz und die              oft von ökonomischen Faktoren, nationaler oder
  Förderung der Menschenrechte ein.                         sozialer Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht oder
                                                            anderen Faktoren bestimmt. Deutschland setzt
Die Rechte auf Leben und das höchstmögliche                 sich international für Nichtdiskriminierung und
erreichbare Maß an Gesundheit müssen geschützt              Gleichbehandlung im Gesundheitssektor ein
werden. Ziel der Arbeit der Bundesregierung                 mit dem Ziel, gesundheitliche Ungleichheit
im Bereich globale Gesundheit ist es, dass das              ­ab­zubauen und die Gesundheit aller insbesondere
Menschrecht auf das höchstmögliche Maß an                    der marginalisierten und vulnerablen Bevölke-
Gesundheit immer besser verwirklicht werden                  rungsgruppen zu schützen und zu fördern.
kann. Staaten sind hier wie bei allen anderen
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
Rechten dazu verpflichtet, die volle Verwirklichung         setzt sich für gute Regierungsführung als
des Rechts voranzutreiben (Progressionsgebot).              Voraussetzung für die Verwirklichung des
Dies soll auch durch internationale Hilfe und               Schutzes und der Förderung des Menschen­
Zusammenarbeit geschehen. Besondere Auf-                    rechts auf das höchstmögliche erreichbare
merksamkeit gilt der Förderung der Gleichbe-                Maß an Gesundheit ein.
rechtigung der Geschlechter, der Unterstützung
von Frauen und Mädchen, dem Schutz sexueller              Das beinhaltet die Förderung transparenter,
und reproduktiver Gesundheit und Rechte und               evidenzbasierter, effizienter und partizipativer
der Bekämpfung von körperlicher, psychischer              Entscheidungsprozesse, Verantwortlichkeit
und sexualisierter Gewalt sowie dem Abbau von             und Rechtsstaatlichkeit. Die Bundesregierung
Stigmatisierungen, moralischen Verurteilungen             bekämpft Korruption und fördert ein rechen-
oder sogar Kriminalisierung, die den sicheren             schaftspflichtiges, öffentliches Finanzwesen.
Schutz vor Krankheiten für besonders vulnerable
Gruppen erschweren. Auch beim globalen
­Gesundheitsschutz setzt sich die Bundesregierung           setzt sich für Partizipation, Empowerment
 für einen menschenrechtsbasierten Ansatz ein.              und Bedarfsorientierung ein.

                                                          Partnerschaften finden auf Augenhöhe statt.
  setzt sich für die Einhaltung des humanitären           Partner setzen dabei eigene Schwerpunkte und
  Völkerrechts und die Achtung der humani­                bauen unter Berücksichtigung und Einbeziehung
  tären Prinzipien ein.                                   bestehender Strukturen nachhaltig Kapazitäten
                                                          auf. Die aktive Teilhabe der Zivilgesellschaft
Dies beinhaltet auch das Engagement für den               und starke gemeindebasierte Strukturen unter
Schutz humanitärer Helferinnen und Helfer und             angemessener Berücksichtigung verschiedener
des Personals im Gesundheitswesen.                        Bevölkerungsgruppen werden gefördert. Für eine
                                                          bedarfsorientierte Versorgung spielt die Evidenz­
                                                          orientierung eine wesentliche Rolle, um einen
  setzt sich für diskriminierungsfreie,
                                                          effektiven Mitteleinsatz sicherzustellen und den
  ­gendergerechte, inklusive und barrierefreie
                                                          größtmöglichen Nutzen bei Vermeidung schäd­
   Gesundheitsstrukturen und -dienste ein.
                                                          licher Auswirkungen zu erreichen.

                                                      Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit     9
Der „One Health“-Ansatz ist hier der geeignete
      nimmt das Gesamtsystem in den Blick.             Ansatz, da er ein sektorübergreifendes, integra­
                                                       tives Management von Gesundheitsrisiken
                                                       verfolgt. Im Fokus stehen hierbei die komplexen
    Aufgrund der Unteilbarkeit und Interdependenz      Zusammenhänge der Gesundheit von Menschen
    der Menschenrechte muss ein ganzheitlicher         und Tieren und der Schutz der Umwelt, die
    Ansatz verfolgt werden. So sind Gesundheit,        interdisziplinär betrachtet werden. Die Berück-
    soziale und wirtschaftliche Entwicklung sowie      sichtigung der Schnittstelle Mensch–Tier–Umwelt
    Sicherheit und Stabilität untrennbar miteinander   ist insbesondere wichtig, um die Ursachen von
    verknüpft. Die Wechselwirkungen zwischen           Gesundheitsrisiken und die gesundheitlichen
    verschiedenen Politikbereichen und Sektoren        Auswirkungen des Klimawandels zu verstehen
    müssen aktiv angegangen und mit einem „Health      und effektive Maßnahmen zur Pandemie­prä­ven­
    in All Policies“-Ansatz übergreifend bearbeitet    tion, Verhinderung antimikrobieller Resistenzen
    werden. Dabei wird darauf geachtet, dass keine     (AMR), Eindämmung vernachlässigter und
    unerwünschten Nebenwirkungen entstehen             armutsassoziierter Tropenkrankheiten und für
    („do no harm“) und dass Strukturen geschaffen      eine verbesserte Lebensmittelsicherheit zu
    und erhalten werden, die widerstandsfähig sind     entwickeln.
    und den Anforderungen der Zukunft standhalten.

10 Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit
I. Strategische Prioritäten
    setzen
Deutschland legt seinen Fokus auf systemorien­
                                                         Forschung und Innovation für globale
tiertes Handeln und Schnittstellen, bei denen
                                                        ­Gesundheit vorantreiben.
durch gemeinsames und sektorübergreifendes
Vorgehen ein größtmöglicher Erfolg erzielt
werden kann. Dabei stehen Bereiche im Vorder-
grund, in denen Deutschland sein politisches          1. Gesundheit fördern, Krankheiten
Engagement, seine Expertise und Kompetenzen               verhindern und adäquat begegnen
bestmöglich einsetzen kann. Die Realisierung
globaler Gesundheit erfordert ebenso wie die          Gesundheitsförderung, Prävention und
Erreichung der Ziele der Agenda 2030 eine deut-       Ge­sundheitskompetenz haben entscheidenden
liche Steigerung der Ambition und des Tempos          Einfluss auf das Auftreten und den Verlauf von
der Umsetzung. Als verlässlicher Partner wird         nichtübertragbaren (NCD) und übertragbaren
Deutschland Kontinuität gewährleisten und auf         Krankheiten. In Anbetracht des demografischen
Erreichtem aufbauen.                                  Wandels setzt sich Deutschland gezielt für einen
                                                      integrierten, gesundheitsorientierten und ganz-
Da Gesundheitskrisen gravierende Auswirkungen         heitlichen Präventionsansatz über die gesamte
auf die Stabilität von Staaten und ganzen Regionen    Lebensspanne ein, der den Einfluss der Lebens-
haben können, gehört globale Gesundheitspolitik       umwelt berücksichtigt und durch krankheits­
auch zum Engagement Deutschlands für eine             spezifische Maßnahmen ergänzt wird. Dieser
vorausschauende internationale Politik. Darunter      Ansatz umfasst beispielsweise Gesundheits­
fallen auch eine Verbesserung der Gesundheits-        förderung in den Lebenswelten der Menschen
systeme und eine Stärkung der Pandemie­               und den Abbau von Zugangsbarrieren über die
resilienz, um Krisenfolgen zu mindern. Dies           Förderung von Geschlechtergerechtigkeit.
entspricht dem erweiterten Sicherheitsbegriff
­der Bundesregierung, den sie auch im Sicherheits-    Darüber hinaus gehören soziale Determinanten
 rat der VN verfolgt.                                 wie Armut, Herkunft, Wohnverhältnisse und
                                                      Bildung sowie Verhaltensweisen wie Tabak- und
                                                      Alkoholkonsum, Bewegungsmangel, ungesunde
  Deutschland wird:                                   Ernährung und Umweltfaktoren zu den Aspekten,
                                                      die eng mit nichtübertragbaren Krankheiten
                                                      und anderen gesundheitlichen Folgen verbunden
  Gesundheit und Prävention fördern,                  und durch innovative Ansätze anzugehen sind.

  sich für eine Minderung der gesundheit­             Außerdem verfolgt die Bundesregierung als
  lichen Folgen des Klimawandels einsetzen,           weitere Ziele die Förderung von Bildung, die
                                                      Prävention von körperlicher, psychischer und
  Gesundheitssysteme stärken und eine all­            sexualisierter Gewalt sowie die soziale, politische
  gemeine Gesundheitsversorgung mit einem             und wirtschaftliche Teilhabe von Mädchen und
  diskriminierungsfreien Zugang für alle              Frauen, einschließlich des Schutzes vor Kinder-
  ermöglichen,                                        heirat, sexualisierter Gewalt und Genitalver-
                                                      stümmelung.
  sich langfristig und umfassend für den Schutz
  der Gesundheit, einschließlich des Schutzes
                                                      Vor dem Hintergrund, dass weltweit jährlich
  vor Epidemien und Pandemien, einsetzen
                                                      Millionen von Menschen Unfälle am Arbeitsplatz
  und sein Engagement in der humanitären
                                                      erleiden, an Berufskrankheiten und arbeitsbe-
  Gesundheitshilfe fortsetzen,
                                                      dingten Erkrankungen leiden oder sogar sterben,

                                                  Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit 11
braucht es zur Verbesserung der Sicherheit und      Die Behandlung vieler Infektionskrankheiten
    des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit einen        wird durch die Zunahme von antimikrobiellen
    effektiven Arbeitsschutz, insbesondere auch         Resistenzen erschwert. Verstärkte gemeinsame
    auf globaler Ebene. Hier ist die Internationale     und koordinierte Bemühungen nach dem „One
    Arbeitsorganisation (ILO) eine wichtige norm­       Health“-Ansatz u. a. im Rahmen des globalen
    gebende Unterstützung.                              Aktionsplans „Global Action Plan for Healthy Lives
                                                        and Well-being for All“ sind hier dringend erfor-
    Maßgebliche Risikofaktoren sollen, soweit wie       derlich. Impfungen zählen zu den wirksamsten
    möglich, gemeinsam adressiert werden. Dadurch       Maßnahmen, um Infektionskrankheiten vor-
    können Synergien genutzt und Doppelstrukturen       zubeugen. Daher setzt sich die Bundesregierung
    vermieden werden. Im Mittelpunkt steht dabei        für eine Ausdehnung von Impfprogrammen zur
    der Mensch, der zu einem gesunden Lebensstil        Förderung eines gerechten Zugangs zu Impfstoffen
    befähigt werden soll. Das Finden, Verstehen         ein. Durch wirksame Impfprogramme liegt
    und der Umgang mit gesundheits­relevanten           beispielsweise die endgültige Ausrottung von
    Informationen sind entscheidend für die Gesund­     Polio heute in greifbarer Nähe. Deutschland unter­
    erhaltung und die Bewältigung von Krankheiten.      stützt über sein Engagement bei der „Coalition
    Individuelle und Umgebungsfak­toren haben           for Epidemic Preparedness Innovations“ (CEPI)
    auch einen maßgeblichen Einfluss auf den            zudem die Entwicklung von Impfstoffen gegen
    Umgang mit digitalen Gesundheitsinforma­            besonders gefährliche oder neuartige Erreger.
    tionen. Die Bundesregierung fördert deshalb die
    Gesundheitskompetenz aller Altersgruppen und
    Geschlechter und insbesondere der vulne­rablen         Deutschland wird:
    Bevölkerungsgruppen. Im digitalen Zeitalter
    werden dabei vor allem soziale Medien und
    digitale Innovationen genutzt.                          die Wissensbasis und den ­internationalen
                                                            Austausch zu Gesundheitsförderung,
    Bei der Eindämmung von Infektionskrankheiten           ­P rä­vention und Gesundheitskompetenz
    setzt Deutschland auf die bereits sehr erfolg-          international stärken und sich für ein
    reichen globalen Organisationen, Initiativen,           politik­übergreifendes gesundheitsförderndes
    Allianzen und Fonds, insbesondere den Globalen          Engagement einsetzen.
    Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose
    und Malaria (GFATM), die Impfallianz Gavi,          Die Schaffung von Rahmenbedingungen, die
    die „Stop TB Partnership“, die Globale Initiative   ein gesundes Aufwachsen und Leben sowie ein
    zur Ausrottung von Polio (GPEI), die „Global        Altern in Würde und Selbstbestimmung fördern,
    Financing Facility for Women, Children and          und insbesondere Konzepte zur Stärkung der
    Adolescents“ (GFF), die „Global Antibiotic          Ernährungskompetenz sowie zur Bewegung und
    Research and Development Partnership“ (GARDP),      Bewegungsförderung werden von Deutschland
    den „Combatting Antibiotic Resistant Bacteria       international unterstützt. Um wirksame Präven-
    Accelerator“ (CARB-X) und den „Global Antimi-       tion und Gesundheitsförderung zu ermöglichen,
    crobial Resistance Research and Development         setzt sich die Bundesregierung für die notwen­
    Hub“ sowie VN-Programme und Organisationen          dige Zusammenarbeit der verschiedenen Politik­
    wie das Gemeinsame Programm der Vereinten           bereiche und Politikebenen ein. Deutschland
    Nationen für HIV/AIDS (UNAIDS), den Bevöl-          wird die Wissensbasis dafür stärken, wie Menschen
    kerungsfonds der VN (UNFPA) und das Kinder-         zu mehr körperlicher Aktivität motiviert werden
    hilfswerk der VN (UNICEF). Der GFATM, Gavi          können. Auch unterstützt Deutschland in den
    und GPEI beispielsweise sind in ihren Arbeits-      VN die Zusammenarbeit ihrer Organisationen
    bereichen zentrale Finanzierungspartner für         und Fonds zu ausgewogener Ernährung, was ins-
    Programme vor Ort. UNAIDS hat bei der HIV-          besondere mit Blick auf schwangere und stillende
    Eindämmung die zentrale Koordinierungsrolle         Frauen relevant ist. Gesundheitsfördernde globale
    inne und integriert in ihrer multisektoralen        Leitlinien und Prozesse für nachhaltige Ernäh-
    Zusammensetzung die weiteren verantwortlichen       rungssysteme werden unterstützt. Flankiert
    VN-Organisationen und die Zivilgesellschaft.        wird dieses Engagement durch Programme in

12 Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit
Partnerländern zu Ernährungssicherung, sicherem         Deutschland beteiligt sich gezielt an internatio-
Trinkwasser und verbesserter Sanitärversorgung          nalen Programmen zur Erforschung antimikro-
und durch interdisziplinäre Forschung vor Ort           bieller Resistenzen und zur Entwicklung wirk-
und in Deutschland zu der Frage, wie gesunde            samer neuer Antibiotika. Die Bunderegierung
Ernährung bereits bei Lebensmittelherstellung           fördert die Umsetzung neuer multisektoraler
und -vertrieb und durch das Zusammenwirken              Präventionsansätze, stärkt weltweit entsprechende
der Politikbereiche gefördert werden kann.              Expertise und Strukturen und unterstützt
Ein wichtiges Ziel ist die Unterstützung der            Multi-Akteurs-Partnerschaften zur Bekämpfung
Umsetzung der Tabakrahmenkonvention                     antimikrobieller Resistenzen. Partnerländern
(„Framework Convention on Tobacco Control“,             wird multilaterale und bilaterale Unterstützung
FCTC) als erstes weltweites Abkommen im                 bei der Entwicklung und Umsetzung nationaler
­Bereich Gesundheit. Ebenso werden die verschie-        Aktionspläne angeboten, insbesondere in den
 denen Umwelt­faktoren wie z. B. die Auswirkungen       Bereichen Hygiene, Diagnostik, Regulierung und
 der Luft­qualität auf die Gesundheit in den            Surveillance sowie dem sachgerechten Antibio­
 Blick genommen. Zudem wird Deutschland die             tikaeinsatz.
 Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung auf
 der individuellen und strukturellen Ebene z. B.
 durch nationale und interna­tionale Forschungs-          die Forschung zu Impfstoffen, das Vorhalten
 initiativen fördern.                                     von Impfstoffplattformen und die Aus­
                                                          dehnung von Impfprogrammen im eigenen
                                                          Land und weltweit fördern.
  die normativ-leitende Rolle der WHO bei
  übertragbaren und nichtübertragbaren                  Mit der Weiterentwicklung von Impfstoffplatt-
  Krankheiten stärken und für eine Bünde­               formen, beispielsweise über die internationale
  lung der Kompetenzen zur Eindämmung                   Initiative CEPI in interepidemischen Phasen
  von nichtübertragbaren Krankheiten bei                stärkt die Bundesregierung auch die Reaktions-
  der WHO eintreten.                                    fähigkeit in neuen Gesundheitskrisen. Durch
                                                        Impfprogramme wird die Ausbreitung von
Der WHO kommt bei der Eindämmung von                    Infektionen eingedämmt. Deutschland setzt sich
übertragbaren und nichtübertragbaren Krank-             außerdem dafür ein, dass der gerechte Zugang
heiten eine wichtige Rolle zu. Sie entwickelt und       zu Impfstoffen (wie auch zu essenziellen Arznei­
vereinheitlicht Leitlinien, Standards und Me-           mitteln) ermöglicht wird, um Infektionskrank-
thoden für alle Akteure im Gesundheitsbereich.          heiten einzudämmen, insbesondere in Ländern
Deutschland spricht sich für einen integrativen         mit einem schwachen Gesundheitssystem. ­
Ansatz und eine Reduzierung paralleler, krank-          Die Impf­allianzen Gavi und GPEI sind hierfür
heitsspezifischer Strukturen aus.                       zentrale Partner der Bundesregierung und nutzen
                                                        auch gesundheitssystemstärkende Ansätze unter
                                                        Maßgabe der WHO als koordinierender Instanz.
  sich für die Stärkung des Arbeitsschutzes
  im Rahmen der ILO einsetzen.
                                                          erfolgreiche und aufeinander abgestimmte
Deutschland unterstützt das Vorhaben, dass                globale Partnerschaften und Fonds zur
sichere und gesunde Arbeitsbedingungen in das             Reduzierung von Infektionskrankheiten
ILO-Rahmenwerk grundlegender Prinzipien und               unterstützen.
Rechte bei der Arbeit aufgenommen werden.
                                                        Diese sind entscheidend, um die von übertrag­
                                                        baren Krankheiten verursachte Krankheitslast
   sein internationales Engagement zur                  bis zum Jahr 2030 wesentlich zu reduzieren. Die
  ­Reduzierung antimikrobieller Resistenzen             Bundesregierung setzt sich hierbei für die Entwick-
   und zum Ausbau der Antibiotikaforschung              lung und Verwirklichung eines Ansatzes ein, der
   verstärken.                                          zugleich das Gesundheitssystem allgemein stärkt.

                                                    Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit 13
sich gezielt für eine Berücksichtigung der                    engagiert mit Partnern die endgültige
      vernachlässigten und a­ rmutsassoziierten                     ­Aus­rottung von Polio zügig umsetzen.
      Tropenkrankheiten in multilateralen
      ­Strategien und internationalen Foren                       Deutschland bleibt ein zentraler Unterstützer
       ­einsetzen sowie Forschung vorantreiben                    der Polio-Ausrottungsinitiative und nutzt die
        und Ver­sorgung verbessern.                               Mitarbeit in den relevanten Gremien, um die
                                                                  Nachhaltigkeit der geschaffenen Kapazitäten
    Deutschland fördert eine leitende Rolle der WHO               sicherzustellen.
    bei der Steuerung und Koordinierung der Ant-
    wort auf vernachlässigte und armutsassoziierte
    Tropenkrankheiten.

       Box 2: Antibiotikaresistenzen
       Antibiotikaresistenzen sind eine zunehmende Bedrohung für die globale Gesundheit. Sie bergen das Potenzial,
       weitreichende negative Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit sowie auf das Wachstum und die globale
       wirtschaftliche Stabilität zu haben.

       Deutschland hat das Thema Antibiotikaresistenzen während seiner G7- und G20-Präsidentschaft hoch auf
       die internationale Agenda gesetzt und wird sein Engagement hierzu weiter fortsetzen. Die Eindämmung der
       Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen kann nur sektorübergreifend wie im Rahmen der
       ­Tripartite Initiative von WHO, Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) sowie der Weltorgani­
        sation für Tiergesundheit (OIE) erfolgen. Eine gute, weltweit geeignete Orientierung für das gemeinsame
        Handeln gibt der Globale Aktionsplan der WHO zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen. Darin enthalten
        sind Elemente wie der Aufbau von Surveillance-Systemen, die Stärkung der Infektionsprävention und des
        sachgerechten Antibiotikaeinsatzes, die Förderung der Kompetenzen des medizinischen Personals sowie die
        Unterstützung von Forschung und Entwicklung. Die Bundesregierung unterstützt mit Nachdruck die Umset-
        zung des Globalen Aktionsplans zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen der WHO basierend auf dem
        „One Health“-Ansatz. Die Bundesregierung unterstützt durch multi- und bilaterale Ansätze wie beispielsweise
        dem „Global Health Protection Programme“ (GHPP) andere Länder bei der Entwicklung und Umsetzung von
        nationalen Aktionsplänen und dem Auf- bzw. Ausbau von Surveillancesystemen, um die Überwachungs­
        kapazitäten für Antibiotikaresistenzen auf- bzw. auszubauen. Die Bundesregierung ist ein zentraler Unterstützer
        der WHO im Bereich AMR. Sie hat u. a. die von der WHO erstellte „Priority Pathogens List“ für besonders
        bedrohliche bakterielle Erreger gefördert, die heute Orientierung für die Arbeit vieler Forschender ist.

       Als wichtige Grundlage für die Forschungspolitik im Bereich Antibiotika hat die Bundesregierung die Erstel-
       lung der WHO-Berichte über Antibiotika in der Entwicklung (sogenannte „Pipeline Reports“) unterstützt. Zur
       Belebung von Forschung und Entwicklung fördert sie bestehende globale Produktentwicklungspartnerschaften
       wie die „Global Antibiotic Research and Development Partnership“ (GARDP), den „Global Antimicrobial Resis-
       tance Research and Development Hub“ (Global AMR R&D Hub), die Gemeinsame Programminitiative zu Anti-
       biotikaresistenzen (JPIAMR), die Partnerschaft zur Beschleunigung der Bekämpfung von antibiotika­resistenten
       Bakterien durch biopharmazeutische Produkte (CARB-X), die Initiative Innovative Arzneimittel (IMI) sowie die
       Tuberkuloseallianz für neue Arzneimittel (TB Alliance) gegen Tuberkulose. Die Bundesregierung wird Forschung
       und Entwicklung im Bereich Antibiotika über diese und andere Initiativen auch zukünftig fördern.

14 Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit
2. Umwelt, Klimawandel                                     Krankheiten auftreten – mit entsprechenden
    und Gesundheit ganzheitlich                             ­Konsequenzen für das Gesundheitswesen. Die
                                                             Folgen des Klimawandels wirken sich auch
    angehen
                                                             auf das Gesundheitssystem aus, z. B. wenn
Gesundheit und Wohlbefinden sind auch abhängig               ­Gesundheitseinrichtungen nicht ausreichend
von Umweltbedingungen. Klimaveränderungen                     vor Sonneneinstrahlung, Hitze, Starkregen,
haben vielfältige und teilweise unkalkulierbare               Überschwemmungen geschützt sind.
Auswirkungen auf die Gesundheit. Höhere
Temperaturen, aber auch die verstärkte Nutzung              Ziel der Bundesregierung ist es deswegen, Klima-
bislang ungestörter Lebensräume und die damit               und Umweltschutz im Sinne von Gesundheits-
verbundene Nähe zu wildlebenden Tieren, können              schutz voranzutreiben, d. h., für die Gesundheit
das Risiko erhöhen, dass vom Tier auf den                   nachteilige Umwelt- und Klimaeinflüsse
Menschen übertragbare Infektionskrankheiten                 zu erkennen, zu reduzieren und zugleich zur
(Zoonosen) zunehmen oder in neuen Regionen                  Anpas­sung des Gesundheitsversorgungssystems
auftreten. Auch Extremwetterereignisse wie                  an den Klimawandel und zur Minderung der
z. B. Überflutungen können zur Zunahme von                  Klimawandel­folgen beizutragen. Diese Heraus-
vektorenübertragbaren Krankheiten führen.                   forderungen müssen interdisziplinär und sektor-
Der Klimawandel wirkt sich ebenso auf nicht-                übergreifend bewältigt werden.
übertragbare Krankheiten aus: So können z. B.
Hitzewellen zu Gesundheitsbelastungen bis hin               Gleichzeitig trägt der Gesundheitssektor derzeit
zu (mehr) Todesfällen führen; die Anzahl an                 noch zur CO2-Emission bei. Der Gesundheits-
zu versorgenden Menschen steigt; bestehende                 sektor sollte eine Vorreiterrolle einnehmen und
Krankheiten können verstärkt werden; neue                   klimaneutral gestaltet werden.

   Box 3: Die gegenseitigen Wechselwirkungen zwischen
   Gesundheit, Klima und Umwelt erfordern interdisziplinäre
   und sektorübergreifende Ansätze
   Die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit wurden auch in der Präambel des Pariser
   Klimaschutzabkommens 2015 in Beziehung zu einem „Recht auf Gesundheit“ gesetzt. Die Verbesserung der
   globalen Gesundheit ist ein schlagkräftiges Argument für ambitionierte Maßnahmen zur Eindämmung des
   Klimawandels. Der transdisziplinäre Ansatz, der gleichzeitig die menschliche Gesundheit und die politischen,
   ökonomischen und sozialen Systeme sowie den Zustand der natürlichen Systeme der Erde in den Blick nimmt,
   von denen die Zivilisation abhängt, wird als „Planetary Health“-Ansatz bezeichnet. Der „One Health“-Ansatz
   hingegen konzentriert sich stärker auf die Interaktion von Mensch, Tier und Umwelt, um die Entstehung
   globaler Gesundheitsrisiken zu verstehen und ihnen adäquat zu begegnen. Auch dieser interdisziplinäre und
   sektorübergreifende Ansatz betont, dass die gegenwärtige und zukünftige Gesundheit und das Wohlbefinden
   von Mensch und Tier abhängig davon sind, dass die Weltgemeinschaft Verantwortung für den Schutz der
   Umwelt übernimmt.

                                                      Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit 15
als Vermittlerinnen und Vermittler zukommt
      Deutschland wird:                                und sie einen wichtigen Beitrag dazu leisten
                                                       können, die gesundheitlichen, wirtschaftlichen
                                                       und sozi­alen Herausforderungen von vulnerablen
      sich international und gemeinsam mit             Bevölkerungsgruppen durch veränderte Umwelt-
      Partnerländern dafür engagieren, Gesund­         bedingungen zu thematisieren und Bewusstsein
      heitsrisiken durch Umweltfaktoren, die           in einer breiteren Öffentlichkeit zu schaffen.
      Folgen des Klimawandels und des globalen
      Biodiversitätsverlustes zu erkennen und zu
      reduzieren und eine sektorübergreifende               die Forschung zum Nexus Umwelt,
      Zusammenarbeit für Gesundheit zu fördern.            ­K lima­wandel, Biodiversität, Gesundheit
                                                            und Gesundheitssystem gezielt fördern
    Die Bundesregierung steht zu den Zielen für             und ausweiten.
    nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030, den
    Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutz­       Deutschland verstärkt die interdisziplinäre
    abkommen und zum Schutz der Artenvielfalt          Forschung im Sinne eines „One Health“-Ansatzes
    und setzt sich international für deren sektor­     zu den Zusammenhängen von Umwelt- und
    übergreifende Umsetzung ein. Die Bundes-           Klimaänderungen auf die Gesundheit sowie die
    regierung unterstützt durch Partnerschaften        Forschung zu effizienten Präventions-, Anpas-
    andere Länder bei der Forschung zu Gesundheit,     sungs- und Schutzmaßnahmen. Dabei sollen
    Klima und Umwelt, bei der Realisierung ihrer       insbesondere Synergiepotenziale realisiert wer­den,
    Klima- und Nachhaltigkeitsziele und bei der        die neben der Förderung von Gesundheit auch
    Absicherung vulnerabler Bevölkerungsgruppen        positive Effekte auf Umwelt- und Klimaschutz
    gegen Folgen des Klimawandels. Deutschland         haben, wie z. B. Änderungen im Mobilitäts- und
    wird Partnerländer in den Bereichen sicheres       Ernährungsverhalten. Stärker in den Blick
    Trinkwasser, Sanitärversorgung, Abwasser­          genommen werden in dem Zusammenhang
    management, Verbesserung der Luftqualität,         auch die Auswirkungen des Klimawandels auf
    Ernährungssicherung, Verbraucherschutz und         die Ernährungs- und Trinkwassersicherheit. Da
    beim kommunalen Umwelt- und Klimaschutz            Umwelttechnologien wie erneuerbare Energien
    unterstützen. Deutschland wird sich dafür          die Gesundheit von Mensch und Umwelt maß-
    ­engagieren, dass mögliche gesundheitliche Aus-    geblich verbessern können, wird Deutschland
     wirkungen durch den Verlust der Artenvielfalt     verstärkt in deren Entwicklung investieren.
     und entsprechender Habitate frühzeitig erkannt    Die Umsetzung des Pariser Klimavertrages ver-
     und vermindert werden.                            ringert das Risiko des Auftretens invasiver Arten,
                                                       die zunehmend in Gebiete außerhalb ihres
                                                       natürlichen Verbreitungsgebietes einwandern.
      sich dafür einsetzen, dass insbesondere          Die Forschungsinitiative zum Erhalt der Arten-
      den gesundheitlichen Auswirkungen des            vielfalt setzt auf die Bewahrung, Wiederherstellung
      Klimawandels stärker international ent­          und nachhaltige Nutzung intakter Ökosysteme,
      gegengewirkt wird, und sein Engagement           so dass direkte Kontakte zwischen Mensch und
      in diesem Bereich gezielt ausbauen.              Wildtier minimiert werden.

    Deutschland unterstützt hierbei einen inter-
    nationalen Austausch von Forschungs- und               ein sicheres Chemikalienmanagement
    „Best Practice“-Ansätzen, z. B. zu Regulierungen       ­weltweit fördern.
    für sauberere Luft, zur Energieversorgung von
    Gesund­heitseinrichtungen mithilfe erneuerbarer    Die Bundesregierung wird ihr bestehendes
    Energien und zur Erstellung von Hitzeaktions-      Engagement für Chemikaliensicherheit weiter
    plänen. Außerdem gilt es, Gesundheitsfachkräfte,   ausbauen und sich für eine effektive und schnelle
    Katastrophenschutzpersonal, Lehrkräfte und         Umsetzung des internationalen Chemikalien­
    Angehörige anderer Berufe entsprechend zu          managements nach dem Jahr 2020 und des
    ­sensibilisieren, da diesen eine wichtige Rolle    WHO-Chemikalienfahrplans einsetzen. Auch

16 Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit
wird sich Deutschland für die Umsetzung                     Chemikalien im Körper, um Wissen und nach
­weiterer internationaler Abkommen im Bereich               Geschlechtern disaggregierte Daten für zielgrup-
 gefährlicher Substanzen (u. a. Pestizide) ein-             penspezifische Risikominderungsstrategien zu
 setzen. Zudem wird Deutschland sich für ein                generieren. Deutschland unterstützt auch das
 besseres Management von Abfällen aus Gesund-               Monitoring und Forschungsprojekte zum globalen
 heitseinrichtungen einsetzen.                              Vorkommen von Arzneimitteln in der Umwelt.
                                                            Deutschland fördert zudem das Europäische
                                                            Zentrum für Umwelt und Gesundheit (ECEH) der
  die Generierung von Wissen und Daten für                  WHO für die Identifizierung und Bewältigung
  Risikominderungsstrategien unterstützen.                  umweltbedingter Gesundheitsrisiken und setzt
                                                            sich für eine breitere Ausstrahlungswirkung der
Gemeinsam mit Europa und in Zusammenarbeit                  Arbeit des Zentrums ein. Grundsätzlich sollten
mit der chemischen Industrie erprobt Deutsch-               Vorsorge- und Verursacherprinzip weltweit
land neue Methoden. Das sogenannte „Human                   handlungsleitend werden, um Umwelt und
Biomonitoring“ misst die Konzentration von                  Gesundheit besser zu schützen.

   Box 4: Europäisches Zentrum für Umwelt und Gesundheit (ECEH)
   Das im Jahr 1991 eingerichtete ECEH der WHO in Bonn fungiert als wissenschaftliches Kompetenzzentrum
   des WHO-Regionalbüros für Europa. Es versorgt die Mitgliedstaaten mit Evidenz zu bestehenden und neuen
   umweltbedingten Gesundheitsrisiken, entwickelt entsprechende Leitlinien (z. B. zu Luftgüte und Lärm­belastung)
   und unterstützt die Mitgliedstaaten bei der Erstellung und Umsetzung von Konzepten zur Risikobewältigung.
   Die Bundesregierung unterstützt das Mandat der WHO im Bereich Umwelt und Gesundheit und unterstreicht
   mit ihrem Engagement für das ECEH die Bedeutung des Umweltschutzes für Gesundheit.

3. Gesundheitssysteme stärken                              ist dabei der Schlüssel für die Erreichung einer
                                                            allgemeinen Gesundheitsversorgung. Deutsch-
Allgemeine Gesundheitsversorgung („Universal                land setzt sich hier für einen systemorientierten
Health Coverage“, UHC) bedeutet: Alle Bevölke-              Ansatz ein. Eine ­verbesserte Leistung und höhere
rungsgruppen haben Zugang zu allen notwendigen,             Widerstandsfähigkeit von Gesundheitssystemen
angemessenen und qualitativ hochwertigen                    erfordern nationale, regionale und globale
Gesundheitsdiensten, und zwar ohne Barrieren                Maßnahmen in den drei miteinander verbundenen
und Diskriminierung sowie unabhängig von                    Politikbereichen: Leistungserbringung, Gesund-
ihren finanziellen Mitteln. Gesundheitsdienste              heitsfinanzierung und Steuerung. Dabei unter-
decken dabei nicht nur die Behandlung von                   stützt Deutschland die Ausrichtung auf inklusive
Krankheit, sondern auch Gesundheitsförderung                Gesundheitsstrukturen, bei denen der Mensch
(„Health Promotion“), Prävention, Rehabilitation            im Mittelpunkt steht. Spezialisierte Gesundheits-
und Palliativversorgung ab.                                 dienste werden so in das System integriert, dass
                                                            sie das gesamte Gesundheitssystem stärken.
Das Ziel der Staatengemeinschaft ist es, eine               Gesundheitsdienste zum Schutz und zur
allgemeine Gesundheitsversorgung inklusive                  Förderung der reproduktiven und sexuellen
Schutz vor finanziellen Härten für alle Menschen            Gesundheit werden als zentrale Bausteine
bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Mit der politi­schen        solcher essenziellen Dienste betrachtet. Gerade
Erklärung der VN über ­allgemeine Gesundheits-              diese Dienste haben weitreichende Wirkungen
versorgung aus dem Jahr 2019 verpflichteten sich            über den Gesundheitsbereich hinaus: So haben
Regierungen weltweit, ihre Anstrengungen zur                beispielsweise durch den Zugang zu modernen
Verwirklichung von Gesundheit für alle zu inten-            Methoden der Familienplanung Mädchen
sivieren. Die Stärkung von Gesundheitssystemen              und Frauen mehr Kontrolle über ihr eigenes

                                                       Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit 17
Leben, bessere Chancen auf eine längere und        Grundversorgung für die Bevölkerung bereitstellen
    ununterbrochene Schulausbildung und somit          zu können und sie vor finanziellen Risiken durch
    mehr Möglichkeiten der beruflichen Ausbildung,     hohe Gesundheitsausgaben zu schützen, wird
    bessere wirtschaftliche Perspektiven und           es immer wichtiger, vorhandene Ressourcen
    eine verbesserte Chance auf gesellschaftliche      bestwirksam einzusetzen und eine nachhaltige,
    Teilhabe.                                          zielgruppenspezifische und solidarische Gesund-
                                                       heitsfinanzierung auszubauen. Dabei ist eine
    Unter anderem durch Bevölkerungswachstum,          klare Priorisierung von Diensten zur Prävention
    Alterung und neue Gesundheitsrisiken verän-        und Früherkennung von Krankheiten wie auch
    dern sich die Anforderungen an Gesundheits-        zur Vorbeugung und Kontrolle von Epidemien
    systeme. Um eine ausreichende gesundheitliche      unabdingbar.

18 Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit
und Unterstützung der Einrichtung nationaler
  Deutschland wird:                                  und regionaler Zulassungs- und Überwachungs-
                                                     behörden, die Stärkung von Verwaltung und
                                                     Infrastruktur oder die Unterstützung der Aus-
  sein internationales Engagement zur                und Fortbildung von Gesundheitsfachkräften
  ­Stär­kung von Gesundheitssystemen inten­          und bei der Schaffung von Arbeitsplätzen im
   sivieren.                                         Gesundheitssektor beinhalten. Die Förderung
                                                     nachhal­tiger digitaler Transformationsprozesse
Auch von den multilateralen und internationalen      zur Verbesserung der allgemeinen Gesundheits-
Akteuren aller Politikfelder wird Deutschland        versorgung wird dabei als integraler Bestandteil
weiterhin eine systemstärkende Arbeitsweise für      unterstützt (im Sinne von „digital by default“).
die globale Gesundheit einfordern.                   Weiter wird Deutschland Wissens­transfer und
                                                     Netzwerke zu Patientensicherheit in Wissen-
                                                     schaft, Politik und Praxis fördern. Die von
  sich international und mit Partnerländern          Deutschland ins Leben gerufenen globalen
  für diskriminierungsfreie Gesundheits­             Gesundheitsministergipfel zu Patientensicher-
  dienste und die Verwirklichung der sexu­           heit sind dafür ein wichtiger Ankerpunkt. Die
  ellen und reproduktiven Gesundheit und             Anerkennung von Patientensicherheit als einem
  Rechte einsetzen.                                  prioritären Gesundheitsziel durch die WHO und
                                                     ihre Aufnahme in den Themenkanon der G20
Ziel ist es, gesundheitliche Ungleichheit abzu­      verstärken die deutschen Initiativen zur Verbes-
bauen und die Gesundheit von Frauen, Jugend-         serung der Patientensicherheit. Außerdem wird
lichen und Kindern, Menschen mit Behinde­            Deutschland die Zivilgesellschaft stärken, etwa
rungen und anderen marginalisierten und              indem sie in Entscheidungsgremien aufgenommen
­v ulnerablen Bevölkerungsgruppen zu schützen        wird, sowie Regulierungsmechanismen auf­
 und zu fördern. Gemeinsam mit anderen Ländern       bauen und unterstützen, damit Patientinnen und
 wird sich Deutschland auch weiterhin in inter-      Patienten ihre Rechte einfordern können.
 nationalen Prozessen und vor Ort für den
 universellen Zugang zu Diensten der sexuellen
 und reproduktiven Gesundheit, den hiermit             sich für kontinuierlichen, gerechten Zugang
 verbundenen Rechten und den Schutz vor körper­        zu sicheren Impfstoffen, Arzneimitteln,
 licher, psychischer und sexualisierter Gewalt         Medizinprodukten und Medizintechnik
 ­einsetzen. Die Unterstützung von Partnerländern      engagieren.
  in anderen relevanten Bereichen, wie beispiels-
  weise im Bildungsbereich bei der Realisierung      Dabei wird ein systemorientierter Ansatz ver-
  umfassender Sexualaufklärung an Schulen,           folgt, der Forschung und Entwicklung, Sicher-
  ergänzt das Engagement Deutschlands.               stellung von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit
                                                     der Impfstoffe, Arzneimittel, Medizinprodukte,
                                                     Hilfsmittel und Medizintechnik, die Qualität
  Partnerländern Unterstützung beim Ausbau           der Produktion und Aufbewahrung und die
  flächendeckender, sicherer, nichtkrank­            lokale Verfügbarkeit, den gerechten Zugang und
  heitsspezifischer, qualitativ hochwertiger         die ­Bezahlbarkeit sowie die Sicherung geistiger
  und akzeptabler Gesundheitsdienste für alle        Eigentumsrechte unter Beachtung der entspre-
  Menschen vor Ort anbieten.                         chenden internationalen Abkommen umfasst.
                                                     Die geistigen Eigentumsrechte betreffend, nimmt
Deutschland wird hierbei die Verbesserung von        die Weltorganisation für geistiges Eigentum
Versorgungsqualität und Patientensicherheit in       (WIPO) als Sonderorganisation der VN eine zen-
den Blick nehmen. Diese Unterstützung kann           trale Rolle ein. In diesem Zusammenhang setzt
je nach Bedarf des Partnerlandes b ­ eispielsweise   sich Deutschland für eine enge Zusammenarbeit
Prozessunterstützung bei der Entwicklung             von WHO, WIPO und der Welthandelsorganisa-
­nationaler Strategien, die Stärkung von Systemen    tion (WTO) ein. Deutschland wird sich verstärkt
 zur gesundheitlichen Aufklärung, die Beratung       gegen Arzneimittelfälschungen und Arzneimittel

                                                 Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit 19
von minderer Qualität und für mehr Aufklärung         4. Gesundheit schützen – ­­grenz­
    von Patientinnen und Patienten einsetzen.                 überschreitenden Gesundheits­
    Deutschland wird auch intensiver mit den zu-
                                                              gefahren begegnen
    ständigen Behörden in der Europäischen Union
    (EU) und weltweit zusammenarbeiten und sich           Deutschland wird sein starkes Engagement für
    dafür einsetzen, dass weltweit ein gerechter          den globalen Gesundheitsschutz weiter in-
    Zugang zu Impfstoffen, Arzneimitteln und              tensivieren und die humanitären Folgen von
    ­Medizinprodukten ermöglicht wird.                    Gesundheitskrisen noch besser und effektiver
                                                          bekämpfen. Die Cholera-Epidemie im Jemen seit
                                                          dem Jahr 2017, der Ebola-Ausbruch in ­Westafrika
      sich national und international für die             (in den Jahren 2014 bis 2016) und im Osten
      ­wissensbasierte Information für Patientin­         der Demokratischen Republik Kongo (in den
       nen und Patienten engagieren.                      ­Jahren 2018 bis 2020), die Zikavirus-Epidemie in
                                                           ­Lateinamerika (in den Jahren 2015 bis 2016), das
    Dabei wird im gemeinsamen Einsatz mit Partnern          erstmalige Auftreten von MERS (seit dem Jahr
    aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft         2012), zahlreiche andere Ausbrüche in anderen
    darauf hingearbeitet, Patientinnen und Patienten        Ländern und die COVID-19-Pandemie bedeuten
    auf der Grundlage von wissenschaftlichen                eine einschneidende Zäsur für die internationale
    Erkenntnissen über Gesundheitsfragen aufzu­             Gemeinschaft. Die COVID-19-Pandemie hat die
    klären und Gesundheitsschäden, die durch                vielen Auswirkungen verdeutlicht, die mit einer
    gefährliche Falschmeldungen entstehen können,           globalen Gesundheitskrise verbunden sind. Die
    zu verhindern.                                          gesundheitlichen und sozioökonomischen Folgen
                                                            betreffen alle Lebensbereiche. In humanitären
                                                            Krisenkontexten sind die Auswirkungen von
      Partnerländer entsprechend ihrem Bedarf               Krankheitsausbrüchen auf die betroffene Be-
      beim Aufbau nachhaltiger, solidarischer               völkerung besonders dramatisch. Entsprechend
      Gesundheitsfinanzierung und beim wirk­                müssen sich alle Politikbereiche mit der Bewäl-
      samen Ressourceneinsatz unterstützen.                 tigung der Krise und der Linderung ihrer Folgen
                                                            beschäftigen und gemeinsam an übergreifenden
    Deutschland bietet Partnerländern U  ­ nterstützung     Lösungen arbeiten. Insbesondere aus der Ebola-
    beim Aufbau sozialer Absicherungssysteme gegen          Epidemie in Westafrika wurden Lehren für künf-
    Krankheitskosten an, die einen Zugang a­ ller           tige Krankheitsausbrüche gezogen, die bereits
    ­Menschen zum Gesundheitssystem unabhängig              positiven Einfluss auf das Handeln hinsichtlich
     von ihren finanziellen Mitteln gewährleisten.          der COVID-19-Pandemie hatten. Deutschland
     Weitere Schwerpunkte Deutschlands liegen auf           hat sein Engagement zur Verbesserung der inter-
     der Unterstützung der Mobilisierung von Eigen-         nationalen Reaktionsbereitschaft und -fähigkeit
     einnahmen für Gesundheit, auf einer Stärkung           wesentlich gesteigert und ist einer der zentralen
     der interministeriellen Zusammen­arbeit in der         Geber unter den finanziellen Unterstützern des
     Gesundheitsfinanzierung für einen strategischen        „Global Humanitarian Response Plan“ der VN.
     Mitteleinsatz, auf dem Aufbau rechtmäßiger,            Die Bundesregierung wird die in den Ressorts
     transparenter, gendersensibler sowie entwick-          bestehende Expertise und vorhandenen Instru-
     lungsorientierter öffentlicher Finanzwesen und         mente nutzen, um ein noch besser aufeinander
     auf dem Kampf gegen Kor­ruption im Gesund-             abgestimmtes Vorgehen mit ganzheitlichem
     heitssektor.                                           ­A nsatz sicherzustellen und den Schutz von
                                                             ­Gesundheit weltweit weiter zu stärken.

                                                          Deutschland setzt sich international für die
                                                          Stärkung der WHO, insbesondere für deren
                                                          Führungsrolle und Unabhängigkeit, sowie für die
                                                          Weiterentwicklung der „Internationalen

20 Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheit
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