Eine neunmonatige Reise durch die Orangenhaine der Casa del Mas
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Eine neunmonatige Reise durch die Orangenhaine der Casa del Mas Seit Jahr und Tag freuen sich gegen Anfang des Winters viele Küsnachter auf d ie reife n , frischen u n d vitaminreichen Casa-del-Mas-Orangen u n d -Grapefruits . M a n weiss v o n Eltern oder gar G rosseltern , dass man ab Ende N ovember schon i m mer zum "Orangen-Baumann„ ging, u m eine oder mehrere Kisten der zuvor bestellten Casa-del- Mas- Früchte abzuholen . Ü ber Ernst Bau man n , den erfolgreichen Küsnachter Wol l - und Lederhändler, der 1 92 9 aus Faszi nation für die Landwirtschaft ein St ück Land i n der spanischen Provinz Valencia erwarb und daraus eine O rangen- u n d G rapefru it -Plantage sch uf, wurde in der Küsnachter Presse in der Vergangenheit bereits einige Male berichtet. Aber wer weiss genau, wie l ange eine Orange oder eine G rapefruit für i h r Wach st u m von Blüte bis Reife braucht? Welche Aufga ben fallen auf einer solchen Plantage im Verlauf eines Jahres an , und wie viele Leute helfen da eigent l i c h mit? U m einige d ieser Fragen zu beantworten , schlagen wir I h nen vor, eine solche Zit rus frucht1 von i hrer Ent stehung , nämlich als kleine Blütenknospe, bis zum Tag, an dem sie in einem Holzkistchen verpackt i h re Reise i n die Schweiz antritt, zu beg leit e n . Wir laden ein zu einem Feldbesuch auf der Casa del Mas i n Canals (Valencia), m i tten i m traditionsreichsten Zitrus-Anbaugebiet S paniens! Unsere Reise beginnt in der zweiten Hälfte des M onats März ; d i e letzte Ernte ist soeben zu Ende gegangen , langsam werden die Tage wieder länger, und die Tem perat u ren steigen stet i g . Die Bäum e , die zum ersten Mal seit ü ber acht Monaten ohne Früchte dastehen, kön n e n s i c h vorerst wieder erhole n . Soeben geerntete Orangen warten a m Feldrand auf den Heute hangen diese reifen Orangen noch am Baum, Transport in das «Almacen". in drei Tagen werden sie von einem Liebhaber in der Schweiz verspiesen! Weitere Informationen auf www.ortsgeschichte-kuesnacht.ch 19
Oie wunderschönen Blüten eines Clementinenbaumes. Zwei junge Orangen ungefähr drei Wochen nach der Blüte. Baumschnitt und Blüte Francisco, Xavier und i h re sechsköpfige Mannschaft von professionellen Baumschnei dern sind seit einigen Tagen daran , die 1 5 000 Orangen - , Grapefru it- , Clementinen - , und Zitronenbäume zurü c kzuschneiden. Rund drei Monate werden sie damit beschäftigt sein , wie unerm üdliche Coiffeurs d i e Tou r der «Finca»2 zu machen. I h re langjäh rige Erfahrung lässt sie sofort jene Ä ste erkennen , welche herausgeschn itten werden m üssen , um dem Bau m eine regel mässige, kugelige Form zu verleihen . N icht zu breit d ü rfen die Bäume wer den , sonst kämen sie sich gegenseitig in d i e Quere . N icht al lzu dicht darf der Bewuchs i m Inneren d e s Baumes sein , d enn Luft s o l l h i e r zirkul ieren können , so dass die Früchte nach einem Regen rasch abtrocknen können , was Fäu l n i s und Schäd l ingsbefa l l verhindert. Auch die Höhe des Baumes steuert m an mit dem Schnitt, was das Ernten erleichtert. Gegen Ende März erscheinen in den B l attachseln der immergrünen Zitrus-Bäume bereits neue Bl üten knospen. Innert zwei bis drei Wochen entstehen pro Bau m bis zu 40 000 wun derschöne, weisse B l üten , welche die gesamte Gegend in einen dichten , süssen Duft ein hüllen. Hört man etwas genauer h in , so entdeckt m an ü berall die geschäftigen B ienen , welche sich hinter den Nektar der Bl üten m achen und dadurch massgeblich zu deren Befruchtung beitragen. Es findet n un eine natürliche Selektion statt, denn weniger als 1 % al ler B l üten werden sich zu Früchten entwickeln ; der g rösste Tei l fällt schon kurz nach der B l üte von den Bäu men. Bereits nach einigen Tagen erkennt man ganz klein e, d un kelgrüne Früchte, d i e dort wachsen , wo d i e Bl üten blätter abfallen. Natürliche Bewirtschaftung des Bodens Der tiefgründige, fruchtbare Boden unter den Bäu men verwandelt sich zu d ieser Jahres zeit in einen regel rechten kleinen «Urwald». G räser und Kräuter schiessen in der Frü h lings sonne in die Höhe, Insekten , Vögel und H asen finden darin Unterschlu pf, und Regenwürmer beg innen die Erde zu d u rchbohren. Im Gegensatz zu anderen Betrieben , wo d ieser Boden- 20 Weitere Informationen auf www.ortsgeschichte-kuesnacht.ch
bewuchs d u rch massiven Einsatz von Unkrautvertilgern gänzlich vernichtet wird , machen sich auf der Casa del Mas d rei M änner h inter die mechanische Unkrautkontro l l e . Montan fährt m it Traktor und Häcksler3 zwischen den Baumreihen d u rc h , während Jaime und Jose mit Handmähern die Kräuter unter den Bäumen zurückschneiden . Die Begrünung der Böden hilft bei heftigen Regenfällen Erosion verhindern , das Wurzelwerk der Kräuter und G räser lockert die Bodenstruktu r, und der Abbau der frisch gemähten Gräser f ügt dem Boden orga nische M aterie bei . Den Bodenbewuchs zu kontrollieren ist aber unerlässl i c h , nicht zuletzt weil d iese Kräuter und G räser täglich mit den Zitrusbäumen um zwei lebenswichtige Ressou rcen konku rrieren: Wasser und Nährstoffe. Da zur Erntezeit pro Baum im D u rchschnitt 40 Kilog ramm Früchte gewonnen werden können , müssen dem Boden wieder Nährstoffe in Form von Dünger zugeführt werden . Dies beginnt schon kurz nach der Ernte mit der Zugabe g rosser Mengen organischen Düngers . Es handelt sich um Schaf - , Ziegen - und Kuhmist, welcher mit Stroh gemischt unter jeden Baum gestreut wird . Dieser w i rd lang sam d u rch Bodenmikroorganismen abgebaut und in Elemente umgesetzt , welche die Bäume aufnehmen können . Das H äckseln der von den Baumschneidern abgeschnittenen Ä ste und B l ätter f ü h rt dem Boden weitere organische Materie zu und wird diesen während der heissen Sommermonate auch massgeblich gegen Austrocknung schützen . Das lebenswichtigste Element überhaupt: Wasser! Somit sind wir bei einer der entscheiden den Etappen der Zitrusprodu ktion angelangt: der Bewässerun g . Ein ausgewachsener Zitrus baum braucht ca. 20 000 Liter Wasser pro Jahr! Davon fällt in der Gegend von Valencia nur rund ein Drittel in Form von Regen vom H immel . Die fehlenden zwei Drittel müssen von Mai bis zu den ersten Regenfäl len im Oktober mittels Bewässerung herbeigeführt werden . In trockenen J ahren , wie d ies zum Beispiel heuer der Fal l war, ist d ieser Bewäs serungsbedarf noch grösser. Das auf der Casa del Mas verwendete Bewässerungs wasser stammt aus einer 1 00 Meter tiefen Quelle, von wo es mit einer kräftigen Pumpe an die Oberf läche gebracht wird . Von dort aus wird es d u rch offene und geschlossene Leitungen in ein g rosses Bewässerungsbek ken gefüh rt , welches eine M i l l ion Liter fasst . Von d iesem f ü h ren weitere Kanäle in die ver schiedenen zu bewässernden Felder. Dan k einer u rsprünglich von den Mau ren nach Spa- Quellwasser auf dem Weg in die Felder. Weitere Informationen auf www.ortsgeschichte-kuesnacht.ch 21
Anfang Oktober: Die Orangen begin nen von Grün auf Gelb umzuschlagen. nien gebrachten Techni k von Kanälen und verstellbaren Schiebern wird das Wasser von Vicente und Paco in die einzelnen Felder geleitet. Das Wasser fliesst zwischen den Baum reihen durc h , und sobald e s beim letzten Baum einer Reihe angelangt ist, wird d e r Schieber geschlossen, und der nächste Schieber geht auf, u m den Fluss in die anschliessende Reihe zu lenken . U m den Wasserverbrauch zu red uzieren , wird weltweit seit einigen Jahren ein neuartiges System der Tröpfchenbewässerung im Zitrusanbau eingesetzt. Anstatt ganze Felder m i t Wasser zu überfl uten , wird d a s kostbare Gut d u rch perforierte Schläuche d i rekt dorthin g e bracht, wo e s von den Wurzeln aufgenommen werden kann. Regel mässig u n d tröpfchen weise wird das Wasser in den frü hen Aben d stunden abgegeben , z u einer Tageszeit, w o der Wasserverlust d u rch Verdunstung m in i m ist. Auch wir haben in d iesem Jahr begonnen , die ersten Felder m i t einem solchen System auszu rüsten. Wenn sich eine solche Bewässerung auf der Casa del Mas ebenfalls bewährt, dann werden wir im Verlauf der nächsten d re i b i s v i e r Jahre alle F e l d e r so ausrüsten und somit die für d i e gesamte Reg ion so kostbare Ressou rce des Wassers sparsamer einsetzen können. Die Monoku ltur der Zitrusbäume in der valenzianischen Provinz hat dazu geführt, dass sich jährlich viele für die Bäume und Früchte schädliche Insekten entwickeln. Diese Schäd lin ge können auch auf den Feldern der Casa del Mas einigen Schaden an richten. Dan k der natür lichen Bearbeitung unserer Böden und deren G rünbedeckung befinden sich aber auch einige natürliche Fein de dieser Schädlinge auf unseren Feldern , und diese kontrollieren d en Befall zu einem gewissen G rade. Diesem natürl ichen Prozess wird nach Bedarf i m Frühsommer nach geholfen , indem die Bäume m it einer Mischung von Wasser und einem m ineralischen Ö l be handelt werden. Die zu dieser Jahreszeit wachsende Insektenpopulation wird damit unter Kontrolle gehalten , wobei diese Behandlung auf der Schale keinerlei Spuren hinterlässt. 22 Weitere Informationen auf www.ortsgeschichte-kuesnacht.ch
Ein konzentrierter Ernter bei der Arbeit. Ein Augenmerk gilt dem dichten Klee bewuchs des Bodens. Dieser wird im Frühling gemäht und untergepflügt, was dem Boden Stickstoff zuführt. Die Frühsommerzeit wird auch g enutzt, u m den Baum bestand zu erneuern . Orangen bäume t ragen d rei b i s fünf Jahre nach der Pflanzung zum ersten Mal Früchte. Nach rund zehn Jah ren erreichen sie die vol l e Prod u kt i on , und nach 25 J ahren n i m mt die P roduktivität der Bäume ab . Alte Bäume beg innen sukzessive abzusterben , m üssen entfernt und d urch j unge ersetzt werden . Dies erfordert ein ige Vorbereitungsarbeiten , d enn d i e Erde muss vor der Wiederbepflanzung g ründ l i c h gepflügt und gelockert werden . Auch achtet man darauf, dass der Boden zu d iesem Zeitpunkt wieder mit Kompost und M i st angereichert wird , um den neuen Bäu m en beste Wachstumschancen zu geben . E s geht der Reife entgegen Wenn alles gutgeht , fal l en gegen End e September oder spätestens im Verlaufe des Monats Oktober die ersten Regenfälle. Diese sind für die von der Sommerdü rre geprägten Bäume eine Erleichterun g , denn sie befrei en d i e Blätter vorerst ein mal g ründlich von einer in der Zwischenzeit angesam melten feinen Stau bschicht , was i hnen wieder ein besseres At m en ermög l icht . Wie viele andere Pflanzen ist der Orangen baum auch fäh i g , Wasser d u rch die Blätter aufzunehmen . Diese erhöhte Atmung und Wasseraufnah m e sind fü r den letzten Wachstu msschu b der Orangen äusserst wichtig. Diese fü llen sich n un m it Saft und begin nen i h ren Reifungsprozess. Die noch warmen Herbsttage , begleitet von d en bereits kühlen Nächten d ieser Jahres zeit, spielen eine d oppelte Rolle. Einerseits w i rd der Reifungsprozess d u rch d i e sonnenrei chen Tagesstunden unterstützt, anderseits provozieren die kühlen N achttemperatu ren den Farbwechsel der Früchte. Anders als bei vielen andern Früchten sagt d i e Farbe der Zitrus früchte nichts ü ber deren Reifegrad aus . In kühlen Jahren kann es d u rchaus vorkommen , Weitere Informationen auf www.ortsgeschichte-kuesnacht.ch 23
Jede Orange wird noch ein letztes Mal in die Hand genommen, und dann kommen die Früchte in die Kisten. dass Früchte bereits früh orange werden , in nerlich aber noch n i cht reif sin d . U m gekehrt können in wärmeren Jahren äusserlich noch grünliche, aber bereits komplett ausgereifte Früchte geerntet werden . Die meisten Zitrusproduzenten n ützen dies aus, um so früh wie möglich i h re Früchte auf den Markt zu bringen. Sie ernten u n reife Früchte und l agern d iese bis zu zwei Wochen in Kühlkammern , in denen die Früchte Farbe annehmen. Da die Zitru s frucht a b e r nach der Ernte ü berhaupt n i c h t nachreift, blei ben d iese Früchte u n reif u n d schmecken dementsprechend " g rü n » . A u f der Casa del Mas schickt Antonet , der routinierte Chef des Betriebes , seine Erntemannschaft erst dann in die Felder, wenn die ersten Bäume reife Früchte t ragen , was gewöhnlich Ende N ovember der Fal l ist . E i n g rosser Vorteil der Zitruspflanze l iegt dar i n , dass reife Früchte mehrere Monate am Baum verbleiben können und somit immer süsser werd e n , ohne jedoch zu überreifen oder zu faulen. Dies ermöglicht es, bis spät i n den Februar hinein zu ernten u n d wöchentlich bau m reife und frische Früchte i n d ie Schweiz zu schicken . Die Ernte kann beginnen Zum Zeitpunkt der Ernte verwandelt sich die sonst eher ru hige Casa del Mas in ein be wegtes U nternehmen. Rund zwanzig routinierte Pfl ücker und nochmals so viele Packerin nen, g rösstenteils Leute aus der Gege n d , die J ah r für Jahr bei der Ernte mithelfen , fahren frü h morgens p ü n ktlich an, u m kurz vor Son nenaufgang an der täg l ichen Planu ngssitzu n g teilzunehmen. Antonet, dem man ansieht , d a s s er d iese zeitweise hektische Jahreszeit eigentlich fast am l i ebsten hat , teilt sei ne Leute innert Kürze e i n , und M i nuten später wissen alle, wo Hand angelegt werden m uss. Systemat i sch werden die Felder nun abgeerntet, an gefangen mit der früh reifen Bau m sorte Navelina, nach Weihnachten kommen dann die 24 Weitere Informationen auf www.ortsgeschichte-kuesnacht.ch
Die gesamte Belegschaft auf der Casa de! Mas hofft, dass die mit Liebe und Sorgfalt produzierten Früchte den Kunden in Küsnacht und in der übrigen Schweiz gefallen, und lässt ganz herzlich grüssen! Navel - Bä u m e dran. Der Experten b l ick des Ernters erkennt sofort d i e reife Frucht , die eine Hand g reift danach , u n d mit der anderen wird eine kleine Schere bedient, mit der d i e Frucht sauber vom Stiel geschn itten wird . Dieselbe wird dann i n eine 20-kg-Kiste gelegt, die zum Traktor am Feldrand getragen wird , sobald sie gefü l lt i st . Von dort kommen die geernteten Früchte i n das «Almacen", den Abpack-Betrieb der Casa del Mas. Da werden die Früchte in einer Serie von d rehenden B ü rsten ohne Z usatz von Wasser oder Reinigungsm ittel n ge reinigt, bevor sie zur Qual itätskontrolle gelangen . Dort prüfen d rei Paar gesch ulte Augen jede einzelne vorbei rol lende Frucht. Sobald eine nur den geringsten Defekt aufweist , wird sie ausgesondert und landet i n einem g rossen Behälter, welcher i n die lokale Saftfabrik geht. Nur d ie qual itativ besten Früchte werden kal ibriert, von den Packerinnen i n Seiden papierehen eingewickelt und i n Casa-del-Mas - H o lzkisten verpackt . Nach eineinhalb Tagen intensivster Arbeit stehen genügend Paletten frisch abgepackter Zitrusfrüchte auf der Rampe, u m einen Laster zu fül le n . Kau m ist das letzte Palett verladen, wird die hintere Tür des Sattelschleppers gesch losse n , und das m i t beinahe 20 Tonnen Frischware beladene Fahrzeug macht sich vorsichtig über das holprige N ebensträsschen davon auf sei ne lange Reise i n die Schweiz, wo die Früchte knappe 36 Stu nden danach bereits im Lager der Casa del Mas AG der langjährigen Stam mkundschaft angeboten werden. Boris Jost 1 Orangen, Grapefruits, Clementinen, Zitronen gehören alle zu den Zitrusfrüchten. 2 Finca ist spanisch für Grundbesitz, Plantage. 3 Ein Häcksler ist ein Gerät, welches von einem Traktor gezogen wird und mittels schnell rotierender Klingen den Bodenbewuchs zerkleinert. Weitere Informationen auf www.ortsgeschichte-kuesnacht.ch 25
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