Feuerbrand-Bericht Vorarlberg 2019
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Inhalt AUSGANGSSITUATION 2 ÜBERWACHUNG 2 BLÜHTERMINE 2 WETTERSITUATION 2 ÖFFENTLICHE FLÄCHEN, PRIVATFLÄCHEN UND EXTENSIVE OBSTBAUFLÄCHEN 5 AKTUELLE MESSUNG DER ERREGERDICHTE 6 SITUATION IN KERNOBST-ERTRAGSANLAGEN 7 WIRKUNG VON PFLANZENSCHUTZMITTELN 8 FEUERBRANDBEIHILFE DES LANDES VORARLBERG 11 PROBLEMATIK ALTERNATIVMITTELZULASSUNGEN 11 BEKÄMPFUNGSSTRATEGIEN IN VORARLBERG 12 JÄHRLICHE HOCHSTAMM-NACHPFLANZAKTION 12 Tabellen Tab. 1: Blütezeit und Infektionswerte für Birne während der Kernobstblüte in Intensivanlagen in Vorarlberg 2019 2 Tab. 2: Blütezeit und Infektionswerte für Apfel während der Kernobstblüte in Intensivanlagen in Vorarlberg 2019 3 Tab. 3: Befallsmeldungen außerhalb von Erwerbsanlagen 2007 bis 2019 5 Tab. 4: Ergebnisse der Blütenuntersuchung aus Kernobstbau-Ertragsanlagen in Vorarlberg 2019 6 Tab. 5: Termine der Streptomycinfreigaben 2019 8 Tab. 6: Übersicht über die Varianten und die resultierenden Befallsstärken. 8 Tab. 7: Häufigkeit der Befallsklassen in Zusammenhang mit den Varianten bei Apfel 10 Tab. 8: Häufigkeit der Befallsklassen in Zusammenhang mit den Varianten bei Birne 10 Tab. 9: Erwerbsobstbauflächen mit Feuerbrandbefall und Beihilfeantrag 2018 11 Abbildungen Abb. 1: Wetterwerte und Infektionsgefahr 2019 an der Station Höchst (Tallage, 397 müM, Apfel), Blütezeit Apfel: ca. 18.4.-15.5.2019 3 Abb. 2: Wetterwerte und Infektionsgefahr 2019 an der Station Höchst (Tallage, 397 müM, Apfel), Blütezeit Birne: ca. 16.4.-10.5.2019 4 Abb. 3: Wetterwerte und Infektionsgefahr 2019 an der Station Schwarzach Linzenberg (untere Höhenlage, ca. 600 müM, späte Birne), Blütezeit: 20.4.-15.5.2019 4 Abb. 4: Wetterwerte und Infektionsgefahr 2019 an der Station Schlins (untere Höhenlage, ca. 420 müM, Apfel), Blütezeit: 17.4.-11.5.2019 5 1
Ausgangssituation 1993 wurde erstmals der Feuerbrand in Vorarlberg nachgewiesen. Bis 2006 wurde durch rigorose Maß- nahmen versucht, den Feuerbrand wieder auszurotten. Nach dem extremen Feuerbrand-Auftreten 2007 und dem regelmäßigen Nachweis von latentem Befall an und in scheinbar gesunden Wirtspflan- zen ist davon inzwischen auszugehen, dass der Feuerbrand in allen nicht alpinen Lagen Vorarlbergs präsent ist. Das Jahr 2008 war von mittlerer Feuerbrand-Intensität. Seit 2009 kam es nur noch punktuell zu stär- keren Befällen. Überwachung Alle Gemeinden benennen einen Feuerbrand-Beauftragten, der das Gemeindegebiet kontrolliert und die Bekämpfungsmaßnahmen koordiniert. In großen Gemeinden sind zusätzliche eingeschulte Helfer tätig. Jede Gemeinde ist aufgefordert, bis Ende Oktober eine detaillierte Befallsstatistik vorzulegen. Ca. 25 Obstbaubetriebe kultivieren Äpfel und Birnen und kontrollieren ihre Anlagen selbst genau. Sons- tige Monitoring-Punkte gibt es keine. Blühtermine Die Birnenblüte begann früh um den 10. April herum und endete ca. am 8. Mai. In späten Lagen be- gann die Birnenblüte etwa 10 Tage später. Die Apfelblüte begann um den 15. April und endete um den 15. Mai herum. Wettersituation Nach einem extrem kalten und niederschlagsreichen Jänner folgten drei milde Monate. Zwischen 18. und 25. April lagen die Tageshöchsttemperaturen für ca. 8 Tage Tag für Tag zwischen 20 und 25 °C. Danach folgte eine längere Phase mit kühlen Temperaturen, teils mit leichtem Nachtfrost. Erst im letzten Maidrittel stiegen die Temperaturen wieder etwas an. Mit Blühbeginn von Apfel und Subire stiegen die CDH18-Werte über die Infektionsschwelle. Bei Birne lagen sie zwischen ca. 150 und 245, bei Apfel zwischen ca. 150 und 190. Aufgrund kühler Nächte und somit niedriger Tagesmittelwerte sowie fehlender Niederschläge gab es an den meisten Stationen keine oder maximal einen Infektionstag nach Maryblyt. Im letzten Maidrittel folgte nochmals eine Erwärmung, die in warmen Regionen für spätblühende Quit- ten nochmals eine Infektionsgefahr brachte. Bei Birnenblütenproben waren bereits am 20. April über 50 % der Proben positiv, ebenso am 24. April, wobei hier einzelne Proben bereits besorgniserregende Bakteriendichten enthielten (> 174.000 Zel- len/Blüte). Bei Apfelblütenproben war nur eine von 7 Proben mit einer Zellzahl von etwa 8.000 Zellen/Blüte posi- tiv. Tab. 1: Blütezeit und Infektionswerte für Birne während der Kernobstblüte in Intensivanlagen in Vorarlberg 2019 Maximaler Tage mit Tage mit erfüll- Maximal- Wetter-Station Birnenblüte CDH18- hoher Infek- ten Infektionsbe- Temperatur Wert** tionsgefahr* dingungen* Höchst 15.4.-10.5. 24,8 °C 233 3 1 Hard 14.4.-10.5. 26,4 °C 243 5 0 Hörbranz 16.4.-10.5. 23,8 °C 187 2 0 Schwarzach-Lin- 20.4.-15.5. 23,5 °C 151 1 0 zenberg (Birne) (ca. 600 müM) Schlins 15.4.-10.5. 24,9 °C 214 4 0 * nach Maryblyt **Grenzwert: 110 2
Die Daten für die Ermittlung der Infektionsbedingungen kamen von sieben Adcon-Wetterstationen und wurden mittels Maryblyt (nach Moltmann) verrechnet. Tab. 2: Blütezeit und Infektionswerte für Apfel während der Kernobstblüte in Intensivanlagen in Vorarlberg 2019 Maximaler Tage mit Tage mit erfüll- Maximal- Wetter-Station Apfelblüte CDH18- hoher Infek- ten Infektionsbe- Temperatur Wert** tionsgefahr* dingungen* Höchst Apfel 18.4.-10.5. 24,8 °C 157 2 1 Hard Apfel 17.4.-10.5. 26,4 °C 192 5 0 Hörbranz Apfel 19.4.-12.5. 23,8 °C 149 1 0 Lustenau Apfel 16.4.-10.5. 25,6 °C 190 3 0 Schlins Apfel 17.4.-11.5. 24,9 °C 149 3 0 * nach Maryblyt **Grenzwert: 110 Abb. 1: Wetterwerte und Infektionsgefahr 2019 an der Station Höchst (Tallage, 397 müM, Apfel) 3
Abb. 2: Wetterwerte und Infektionsgefahr 2019 an der Station Höchst (Tallage, 397 müM, Birne) Abb. 3: Wetterwerte und Infektionsgefahr 2019 an der Station Schwarzach Linzenberg (untere Hö- henlage, ca. 600 müM, späte Birne) 4
Abb. 4: Wetterwerte und Infektionsgefahr 2019 an der Station Schlins (untere Höhenlage, ca. 420 müM, Apfel) Öffentliche Flächen, Privatflächen und extensive Obstbauflächen Die Wetterbedingungen brachten unterschiedlich starken Feuerbrandbefall mit sich. Generell waren eher wenig Neubefälle zu finden. Im Laufe des August häuften sich aber Meldungen und Beobachtun- gen von plötzlich auftretenden Symptomen, meist an oder in unmittelbarer Nähe von Bäumen, die bereits 2018 befallen waren. Die Befallsmeldungen 2019 finden sich in Tab. 3. Außerhalb von Kernobstbau-Ertragsanlagen wurden bisher 239 befallene Pflanzen gemeldet (16 von 96 Gemeinden). Tab. 3: Befallsmeldungen außerhalb von Erwerbsanlagen 2007 bis 2019 Als befallen ge- meldete Wirts- Chaenomeles Amelanchier Cotoneaster Cotoneaster kleinblättrig großblättrig Pyracantha Crataegus pflanzen Photinia Gesamt Sorbus Mispel Aronia Quitte Apfel Birne 2019 6 14 24 180 4 0 0 0 0 1 8 1 1 239 2018 0 304 4 1154 1 0 1 1 0 0 1 90 0 1.556 2017 0 22 0 236 0 0 0 0 2 0 1 4 2 267 2008 6 1.387 1 2.470 16 765 7 19 2 0 2 261 12 4.948 2007 18 11.484 31 6.971 26 2.293 46 368 9 3 35 447 603 22.334 *16 von 96 Gemeinden Die Zahl der gemeldeten gerodeten Hochstämme liegt bisher bei 39. Als "ausgeschnitten" gemeldet wurden bisher 177 Hochstämme (16 von 96 Gemeinden). 5
Abb. 5: Gemeinden mit gemeldetem Feuerbrandbefall 2018 (≥20 Pfl.: dunkelrote Einfärbung,
Proben 20.4.2019 Proben 24.4.2019 Anlage Art (je 100 Blüten) (je 100 Blüten) Höchst Apfel (B-Wi) --- --- --- Höchst Apfel (W) --- --- Höchst Apfel (D-L) --- --- Hard Apfel --- 8.007 --- Höchst Birne (B-Wi) --- --- --- Höchst Birne (B-Se) --- --- Höchst Birne (B-Ka) --- 1.258 --- Höchst Birne (G-S) < 100 4.621 9.333 25.912 Höchst Birne (D-L) 882 --- < 100 --- Höchst Birne (S-S) 2.506 --- < 100 --- Höchst Birne (S-W) --- --- Hard Birne < 100 --- 174.353 --- Situation in Kernobst-Ertragsanlagen 2019 beschränkte sich die Infektionsgefahr auf die Zeit der Osterfeiertage, wo die Birnenblüte bereits in vollem Gange war und frühblühende Apfelsorten bereits blühten. Die max. CDH18-Werte erreichten bei Apfel ca. 190 bei Birnen ca. 240. Aufgrund knapp verfehlter Tagesdurchschnittstemperatur oder fehlenden Niederschlägen kam es maximal zu einem Infektionstag nach Maryblyt, aber zu einigen wei- teren Tagen mit hoher Infektionsgefahr. Stichprobenweise Blütenuntersuchungen ergaben eine höhere Bakterienbelastung als 2018. Bereits zum ersten Probentermin waren 50 % der Proben mit Bakterien belastet, eine Probe lag schon knapp am Grenzwert. Beim zweiten Probentermin waren 7 von 14 Proben mit Bakterien belastet, vier davon bereits mit teils extremer Überschreitung des Grenzwertes. Der höchste Wert von 174.353 Zellen pro Blüte war der dritthöchste im gesamten Bodenseegebiet. Aufgrund der somit extremen Gefahr durch die Witterung erfolgten vom 22.4. und 24.4. zeitlich, ört- lich und sortenbedingt gestaffelte und eingeschränkte Freigaben für das Pflanzenschutzmittel „Strepto“. Der Streptomycineinsatz erfolgte nur auf stark gefährdeten Birnen-Flächen (Vollblüte, empfindliche Sorten, Jungbäume). Die restlichen blühenden Anlagenteile in den Betrieben mit Streptoeinsatz sowie in 7 weiteren Be- trieben wurden mit alternativen Mitteln (MycoSin/Vacciplant und LMA) behandelt. Am 22.4. und 24.4.2019 erfolgten zwei befristete Freigaben auf sehr individuell abgestimmten Teil- flächen, bestimmte Sorten und betriebs- bzw. ortschaftsweise (Siehe Tab. 5). Wie gesagt wurden Alternativmittel eingesetzt, teils ergänzend zu einer Strepto-Behandlung teils an- stelle einer solchen. Aufgrund der anhaltenden Infektionsgefahr wurden folgende Alternativmittel bis zu 3x eingesetzt. Laminarin (Vacciplant, Algenextrakt) und Mycosin (Gesteinsmehl mit Aluminiumsulfat) LMA 7
Tab. 5: Termine der Streptomycinfreigaben 2019 unter Angabe der Kulturen, Ortschaften und Flä- chen Beantragte Anlagen mit Genehmigung Behandlung mit Anzahl Behandelte Kultur in… „Strepto“ Betriebe Teilflächen mit Einsatz blühende Birnen Höchst/Gaißau/Hard 22.4.2019 5 8,51 ha blühende Birnen Höchst/Gaißau 24.4.2019 4 7,11 ha (teilweise 2. Be- handlung) Der Befall war unterschiedlich. Durch den kalten Mai zeigten sich viele Symptome erst im Sommer, wobei der Eindruck entstand, dass vielfach Altbefall im Spiel war. Besonders anfällig zeigte sich wieder die Apfelsorte Wellant, die in allen Anlagen markant befallen war. Honigmonitoring Im 3 km-Bereich der Streptomycineinsätze in Vorarlberg und im angrenzenden Deutschland wurden seitens der Lebensmittelkontrollbehörde 12 Honigproben gezogen. Lt. Dr. Zainer gab keine der Pro- ben Anlass zur Beanstandung. Wirksamkeit von Pflanzenschutzmitteln Im Gegensatz zu 2018 gab es im heurigen Jahr aufgrund der nur kurz währenden Infektionsphase auch in unbehandelten Anlagenteilen zunächst kaum einen markanten Befall. Die Befallsklassen wurden wie folgt eingeteilt: Befallsklasse 1 keine Befallsstellen Befallsklasse 2 einzelne Befallsstellen in der Anlage Befallsklasse 3 > 10 % der Bäume mit Befallsstellen Befallsklasse 4 jeder Baum mit einzelnen Befallsstellen Befallsklasse 5 jeder Baum mit mehreren Befallsstellen In die Bewertung flossen nur Bäume ein, die Blüten hatten. Alternierende Bäume ohne Blüte wurden nicht mitgezählt. Die Auswertung erfolgte Ende Juni 2019. Die Behandlungen und Befallsbewertungen der einzelnen Anlagenteile zeigt Tab. 6. Tab. 6: Übersicht über die Varianten und die resultierenden Befallsstärken. Pflanzenstärkung Vacc./MycoSin Befallsklasse 1 Befallsklasse 2 Befallsklasse 3 Befallsklasse 4 Befallsklasse 5 Anlage/ Sorte unbehandelt Apfel/Birne/ Betrieb Strepto Quitte LMA 1 Elstar A x x 1 Topaz A x x 1 Wellant A x 25% 1 Wellant A x 25% 2 R A x 5-10 % 3 L A x x 3 P A x x 4 G Elstar A x x 5 R A x A 8
6 div. Apfel A x x 6 Wellant A x x 7 ältere Bäume A x x 7 junge Topaz A x 10% 8 div. Apfel A x x 8 Wellant A x x x 9 F/Gala A x x 9 K A x x x 11 div. Apfel A x (2 %) x 11 div. Apfel A x (2 %) 5 R ABQ x AB Q 1 Erl./ Subire B x x 1 Esch./ Subire B x x x 2 F/ Subire B x 5-10 % R/ 2 B x 5-10 % Subire 3 L/ Subire B x x 3 P/ Subire B x x 6 B x x 10 3 Anlagen B x x x x 10 1 Anlage Q x x Die Befallsstärken variierten auch bei gleichen Behandlungen stark. Das kann unter anderem fol- gende Gründe haben: Unterschiedlicher Befallsdruck in der Anlage Unterschiedliche Anfälligkeit der Art/Sorte Unterschiedliche Anwendungstermine und Häufigkeiten Apfel Die Befallsstärke in Abhängigkeit von der Behandlung bei Apfel zeigt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.. Bei Apfelanlagen sind nur in den Varianten MycoSin/Vacciplant bzw. Pflanzenstärkung befallsfreie Parzellen aufgetreten. Mit insgesamt 12 Parzellen wurden die beiden MycoSin-Laminarin-Varianten recht häufig verwendet, so dass das Ergebnis doch eine gewisse Aussagekraft hat. Dennoch gab es auch eine Parzelle, die mit der Behandlung MycoSin/Vacciplant an jedem Baum Befall zeigte. Aller- dings handelte es sich hierbei um die Sorte „Wellant“. In den mit LMA behandelten drei Parzellen lag der Befall max. bei Befallsklasse 3 („>10 % bef. Bäume“), was allerdings ein recht starker Befall ist. Die Befallsklasse 5 („jeder Baum mehrere“) trat nur bei einer unbehandelten Parzelle auf. Umgekehrt gesagt, gab es, wie bereits 2018, keine Parzelle mit der höchsten Befallsklasse in Parzellen mit einer direkten Bekämpfung – egal mit welchem Mittel. Wie stark die Sortenanfälligkeit hineinspielt, zeigte eben diese Apfelsorte „Wellant“, die an allen drei Versuchsstandorten unabhängig von der Behandlung über 10 % befallene Bäume aufwies. Ähnlich verhielt es sich auch im Vorjahr. 9
Tab. 7: Häufigkeit der Befallsklassen in Zusammenhang mit den Varianten bei Apfel Apfel Häufigkeit Befallsklassen Befalls- Befalls- Befalls- Befalls- Befalls- gesamt Befallene Blütenbüschel klasse 1 klasse 2 klasse 3 klasse 4 klasse 5 Vacciplant/MycoSin 4 4 1 1 10 Pflanzenstärkung 1 1 2 LMA 2 1 3 unbehandelt 4 1 1 1 7 Vacciplant/MycoSin 40 % 40 % 10 % 10 % Pflanzenstärkung 50 % 50 % LMA 67 % 33 % unbehandelt 57 % 14 % 14 % 14 % Birne Die Befallsstärke in Abhängigkeit von der Behandlung bei Birne zeigt Tab. 8. Die einheitlichste Wirkung zeigte die Behandlung mit Streptomycin. Alle fünf behandelten Parzellen wiesen nur einzelne Befallsstellen auf. Dass überhaupt Befallsstellen gefunden wurden, dürfte folgende Gründe haben: In zwei Parzellen hätte die erste Behandlung einen Tag früher hätte erfolgen müssen Bei diesen Parzellen wurde weiters auf eine angezeigte zweite Behandlung verzichtet Die meisten Parzellen sind mit der hochanfälligen Birnensorte „Subire“ bepflanzt Die Sorte „Subire“ macht sehr hohe Bäume, die nicht immer bis oben mit dem Pflanzen- schutzmittel erreicht werden LMA wurde nur in einer Anlage eingesetzt. Hier lag der Befall mit Befallsklasse 3 relativ hoch. Bei den drei Parzellen mit Vacciplant/MycoSin-Behandlung lag der Befall maximal bei Befallsklasse 2 („einzelne“). Tab. 8: Häufigkeit der Befallsklassen in Zusammenhang mit den Varianten bei Birne Birne/Quitte Häufigkeit Befallsklassen Befalls- Befalls- Befalls- Befalls- Befalls- gesamt Befallene Blütenbüschel klasse 1 klasse 2 klasse 3 klasse 4 klasse 5 Vacciplant/MycoSin 1 2 3 LMA 1 1 Strepto 5 5 Vacciplant/Strepto 1 1 2 Vacciplant/MycoSin 33 % 67 % LMA 100 % Strepto 100 % Vacciplant/Strepto 50 % 50 % Fazit Wie im Vorjahr gab es bei Parzellen, die mit einer der drei Varianten ohne Streptomycin behandelt wurden, keine Parzelle in Befallsklasse 5 („jeder Baum mit mehreren Befallsstellen“). Nur eine solche Parzelle lag in Befallsklasse 4. Der Rest zeigte noch weniger Befall. Allerdings war das Jahr 2019 ein deutlich schwächeres Feuerbrandjahr als das Jahr 2018. Es scheint, dass die in Deutschland und vor allem in der Steiermark getesteten Varianten mit MycoSin- Laminarin bzw. mit LMA auch unter normalen Praxisbedingungen vor katastrophalen Befällen schüt- zen können. Dabei könnte die MycoSin-Laminarin-Varianten tendenziell das größere Potenzial haben, 10
da hier auch befallsfreie Anlagen auftraten, bei LMA nicht. Obwohl diese Aussage auf einer geringen Stichprobenanzahl beruht. Die starke Schwankungsbreite zeigt aber auch, dass evtl. in extremen Feuerbrandjahren in manchen Anlagen die Wirkung zu schwach sein könnte. Die stabilste Wirkung zeigt nach wie vor Streptomycin, das aber voraussichtlich ab 2021 auch nicht mehr per Notfallzulassung verfügbar sein wird. Feuerbrandbeihilfe des Landes Vorarlberg Die Landesregierung gewährt betroffenen Erwerbsobstbauern Beihilfen für Ausschnitt, Rodung und Nachpflanzung von mittel bis sehr stark befallenen Anlagen. Bei Rodung und Nachpflanzung deckt die Beihilfe in etwa 50 % der gesamten Kosten ab (ab einer betroffenen Baumanzahl von 30 Stück). Die von Beihilfeanträgen betroffenen Flächen 2018 zeigt Tab. 9. Tab. 9: Erwerbsobstbauflächen mit Feuerbrandbefall und Beihilfeantrag 2018 Ausschnitt, mittelstarker Befall* 8.762 m² Ausschnitt, starker Befall* 3.046 m² Ausschnitt, sehr starker Befall* 8.640 m² Rodung ohne Nachpflanzung 5.700 m² Rodung mit Nachpflanzung 4.843 m² * Befallsgrade: mittel (15- 30 % der Bäume befallen), stark (mind. 30-60 % der Bäume befallen, einzelne Blü- tenbüschel pro Baum befallen), sehr stark (mind. 30-60 % der Bäume befallen, zahlreiche Blütenbüschel pro Baum befallen) Problematik Alternativmittelzulassungen Einerseits ist der Einsatz von Streptomycin sehr umstritten und vermutlich nach Ende der feuerbrand- Strategie Ende 2020 nicht mehr möglich, andererseits gibt es bei der regulären Zulassung von bewähr- ten Versuchsmitteln keine Fortschritte. Hoffnungsträger für eine Zeit ohne Streptomycin als Notfall- mittel sind das Pflanzenschutzmittel LMA (Wirkstoff: Kaliumalaun) und die Strategie aus MycoSin (Alu- miniumsulfat) und Vacciplant (Algenextrakt mit Laminarin). Für den wirksamsten Alternativwirkstoff Polyhexamethylen-Biguanidin-Hydrochlorid (Produktname: „Antinfek“) besteht praktisch keine Hoff- nung auf eine Zulassung, da die Herstellerfirma kein Interesse hat. Für LMA ist bereits vor Jahren von der Firma Chevita in Deutschland ein Zulassungsantrag gestellt wor- den. Laufend werden jedoch von der Zulassungsstelle neue Informationen nachgefordert, so dass eine abschließende Bewertung noch immer nicht erfolgt ist und es Überlegungen seitens Chevita gibt, den Zulassungsantrag aus Kostengründen zurückzuziehen. Im Jahr 2018 wurde seitens des Herstellers für LMA erstmals seit einigen Jahren in Österreich keine Notfallzulassung nach Artikel 53 mehr beantragt. Gründe sind anscheinend die hohen Kosten durch die Rücknahme unverbrauchter Ware nach den 120 Tagen der Zulassung und der jährlich wechselnden Zulassungsnummer, die in jedem Jahr einen Etikettenwechsel der Lagerware nötig macht. Auch müs- sen bei Notfallzulassungen nun auch alle Bundesländer abgefragt werden. MycoSin ist ein Gesteinsmehl mit dem überwiegenden Inhaltsstoff Aluminiumsulfat. Aluminiumsulfat ist auf der EU-Wirkstoffliste als Pflanzenschutzmittelwirkstoff eingestuft und erlaubt. MycoSin war bis September 2019 aber ein Pflanzenhilfsmittel lt. Düngemittelrecht. Diese Einstufung wurde nun zurück- genommen, sodass MycoSin derzeit nicht verkauft und angewendet werden darf. Eine Zulassung als Pflanzenschutzmittel (wie in der Schweiz), dürfte aber an den hohen EU-Zulassungskosten scheitern. Vacciplant ist ein Algenextrakt mit dem Wirkstoff Laminarin, welcher die Pflanzen dazu bringt, Abwehr- stoffe gg. Krankheitsbefall zu bilden. Der Wirkstoff wurde kürzlich in der EU verlängert. Es gibt Zulas- sungen in anderen Ländern der EU, auch an Apfel. Eine Zulassung in Österreich wird von der Firma Arysta angedacht. Eine Entscheidung ist aber noch nicht gefallen. Wegen des Wegfalls von Mycosin ist diese Variante derzeit ohne rechtliche Grundlage. 11
Will man auch nach Ende der Streptomycin-Strategie eine wirkungsvolle Feuerbrand-Bekämpfung er- reichen, müssen bis dahin wirksame Alternativen regulär einsetzbar sein. Hier sind alle beteiligten In- stitutionen gefordert, nach einer Lösung zu suchen. Bekämpfungsstrategien in Vorarlberg Zur Bekämpfung des Feuerbrandes werden mehrere Wege beschritten. Für die Wirtspflanzen Cotoneaster und Crataegus gibt es seit Jahren ein gesetzliches Verbringungs- und Auspflanzverbot. Weiters besteht eine gesetzliche Meldepflicht für Verdachtsfälle. Allerdings wurde durch ein neues Landesgesetz ab 2008 die allgemeine Meldepflicht für Pflanzenkrankheiten, also auch den Feuerbrand, neu geregelt. War früher jeder Bürger, der verdächtige Symptome beo- bachtete, zur Meldung verpflichtet, so sind nun nur mehr der Eigentümer und sonstige Verfügungsbe- rechtigte von Grundstücken, Baulichkeiten und Transportmitteln, auf oder in denen sich Pflanzen, Pflanzenerzeugnisse oder andere Gegenstände, die als Überträger von Schadorganismen in Betracht kommen, befinden, verpflichtet, Krankheiten oder Verdachtsfälle zu melden. Betroffene Gemeinden benennen einen Feuerbrand-Beauftragten, für den es jährliche Schulungen durch die Landwirtschaftskammer gibt. Diese Beauftragten sind aufgefordert, jährlich - je nach Befalls- stärke - 1-2 komplette Kontrollgänge durch das Gemeindegebiet zu machen. Nach dem extremen Jahr 2007 wurde seitens des Landes die Bekämpfungsstrategie umgestellt. Man rückte von der Maxime ab, den Feuerbrand durch vollständiges Entfernen der Infektionsherde ausrot- ten zu wollen, da dieses Ziel in der gegenwärtigen Situation mit vertretbaren Mitteln nicht mehr er- reichbar erscheint. Stattdessen war mehr Augenmerk auf die Erhaltung befallener Bäume durch Aus- schnittmaßnahmen zu legen, wozu auch die Besitzer selbst herangezogen werden konnten. Zu roden waren nur mehr befallene Zierpflanzen oder wirklich stark befallene Obstbäume. Ausnahme: Im Um- kreis von Kernobstbau-Ertragsanlagen war auch weiterhin – gemäß der Praxis der Vorjahre – streng auszuschneiden und notfalls zu roden. Aufgrund des fast flächigen Auftretens des Feuerbrandes im Jahr 2007 konnten keine befallsfreien Ge- meinden unterhalb von 1.400 m benannt werden. Somit entfiel 2008 auch die Bienenwanderverord- nung, die Wanderungen von Befallsgemeinden in befallsfreie Gemeinden unter 1.400 m in den Vor- jahren reglementierte. Nachdem nun aber sichtbar wurde, dass es inzwischen wieder befallsfreie Ge- biete gibt und angesichts der immer schwierigeren Zulassungssituation für wirksame Mittel (inkl. Al- ternativmittel) sollte über eine Wiedereinführung der Bienenwanderverordnungen nachgedacht wer- den. Im Rahmen des Interreg IV-Projektes „Gemeinsam gegen Feuerbrand“ wurden in Vorarlberg zwischen 2007 und 2011 zahlreiche Versuche zur Entwicklung und Bekämpfung des Feuerbrandes gemacht. In Praxisversuchen kamen 2019 Mycosin plus Vacciplant und LMA zur Anwendung. Eine deutliche Wir- kung konnte bei den großen Unterschieden auch in unbehandelten Anlagen nicht bewiesen werden. Es zeigt sich jedoch eine positive Tendenz. Jährliche Hochstamm-Nachpflanzaktion Im März 2019 wurden von den 271 gerodeten Hochstämmen 135 wieder nachgepflanzt. Das entspricht einer Nachpflanzquote von knapp 50 %. Diese niedrige Quote erklärt sich wohl durch die im Vorjahr durchgeführte Aktion „1.000 Bäume fürs Ländle“, ober die knapp 4.000 Obstgehölze gefördert ausge- liefert und gepflanzt wurden. Die Finanzierung der Aktion erfolgte durch das Land Vorarlberg, die or- ganisatorische Abwicklung durch die Landwirtschaftskammer. 12
30.10.2019 DI (FH) Ulrich Höfert LK Vorarlberg 13
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