Empowerment Reader - Juso-Hochschulgruppen

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Empowerment Reader - Juso-Hochschulgruppen
Empowerment
  Reader
Empowerment Reader - Juso-Hochschulgruppen
1. Auflage

           2020

  Juso-Hochschulgruppen

     Willy-Brandt-Haus

      Wilhelmstr. 141

        10963 Berlin

  Fon: +49 (0)30-25991 285

      juso-hsg@spd.de

www.jusohochschulgruppen.de
Empowerment Reader - Juso-Hochschulgruppen
Inhalt
Vorwort4

Die Autorinnen5

There is no Feminism without Socialism! Unser Verbandsverständnis8

Feminist Fight Club! Das Empowerment-Konzept unseres Verbands9

Nicht nur eine feministische Begleiterin, sondern gleich eine ganze Bande! Erfahrungsbericht
zum Empowerment-Programm 201510

Frauen*netzwerke und Schwesternschaft. Erfahrungsbericht zum Empowerment-Programm
201812

A Woman’s Place is in Politics Erfahrungsbericht Empowerment-Programm 202013

Stark sind wir nur gemeinsam! Feministische Vernetzungsformate14

Knowledge is Power Feministische Bildungsarbeit16

Support your Sisters Frauen* empowern sich gegenseitig! 20

Feminism goes online! Empowerment im Internet22

„Looking out for each other“. Awarenessarbeit und Reflexion innerhalb der Hochschulgruppen
24

Wir tragen den Empowerment-Gedanken in den ganzen Verband! Die Empowerment-Frauen*
als Multiplikatorinnen26

Anhang28

Feministisches Werwolf29

Leitfaden Genderplena30
Vorwort
Liebe Juso-Hochschulgrüppler*innen,

Im Jahr 2020 haben wir als Juso-Hochschulgruppen-Bundesverband wieder ein Frauen*-Emp-
owerment-Programm aufgelegt – mittlerweile das dritte seiner Art. Diesmal unter dem Motto
„A Woman‘s Place is in Politics“ trafen sich über 20 Frauen* aus dem gesamten Bundesgebiet,
um sich untereinander zu vernetzen, sich gegenseitig zu empowern und sich selbst inhaltlich
wie methodisch für die Verbandsarbeit zu qualifizieren.

Im Rahmen des Programms wurde die Idee eines Empowerment-Readers geboren. Und nun –
wenige Monate später – haltet ihr diesen Reader in der Hand.

Die folgende von Empowerment- und BuVo-Frauen* gemeinsam erarbeitete Textsammlung
verbindet die Kerngedanken unseres feministischen Verbandsverständnis und des Empower-
ments mit praktischen Tipps, Strategien und Best-Practice-Beispielen. Der Reader soll Euch,
den Aktiven vor Ort, als Leitfaden für die feministische Arbeit in den Hochschulgruppen vor Ort
und in den Bundesländern dienen.

Er hält gleichzeitig auch ein Stück Verbandsgeschichte und -identität fest: Mit Erfahrungsbe-
richten aus drei Generationen von Empowerment-Frauen* und der Festschreibung des – den
Juso-Hochschulgruppen wohl ganz eigenen – Empowerment-Gedankens selbst.

Wir hoffen, dass der Reader euch – in euren Hochschulgruppen aber auch persönlich – berei-
chert. Sei es als Anregung und Hilfestellung oder auch als Andenken an die feministische Arbeit
und das Frauen*netzwerk der Juso-Hochschulgruppen. Wir wünschen euch in jedem Fall viel
Spaß damit.

Mit feministischen Grüßen,

Laura und Charlotte für den Bundesvorstand.

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Die Autorinnen
Wir danken allen beteiligten Autorinnen, ob Empowerment-Frauen*, aktuellen oder alten Frauen*
aus dem Bundesvorstand und unserem Geschäftsführer Max Meisenheimer für die Realisie-
rung des Projekts!

Johanna Dangloff (*1992)

Johanna ist seit November 2019 Mitglied des Bundesvorstands der Juso-Hochschulgruppen.
Sie studiert Germanistik und Kunstwissenschaften in Kassel.

Aselya Dilbas (*1999)

Aselya hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen.
Sie studiert Rechtswissenschaft in Bochum.

Lina Eilers (*1999)

Lina hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen.
Sie studiert Politikwissenschaft in Münster.

Melina Hammer (*1998)

Melina hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen.
Sie studiert Politikwissenschaft in Mannheim.

Helene Kast (*2000)

Helene hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen.
Sie studiert Physik in Bonn.

Ronja Kölpin (*2001)

Ronja hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen.
Sie studiert Politikwissenschaft in Berlin.

Leona Krause (*2000)

Leona hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen.
Sie studiert Wirtschaftswissenschaften in Leipzig.

Lea Krusemeyer (*1999)

Lea hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen. Sie
studiert Transkulturelle Kommunikation in Düsseldorf.

Svea Kühl (*2000)

Svea hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen.
Sie studiert Recht und Politik in Frankfurt an der Oder.

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Laura Loew (*1999)

Laura ist seit November 2019 Mitglied des Bundesvorstands der Juso-Hochschulgruppen und
ist eine der Hauptverantwortlichen für die Organisation und Durchführung des Empowerment-
Programms 2020. Sie studiert Geschichte und Politikwissenschaften in Leipzig.

Jule Miklis (*1995)

Jule ist seit November 2019 Mitglied des Bundesvorstands der Juso-Hochschulgruppen. Sie
studiert Sozialwissenschaft in Oldenburg.

Klara Morfeld (*1999)

Klara hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen.
Sie studiert Soziologie in Jena.

Lisa Nolte (*1999)

Lisa hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen. Sie
studiert Politikwissenschaft und Deutsch auf Lehramt.

Charlotte Sonneborn (*1997)

Charlotte ist seit November 2019 Mitglied des Bundesvorstands der Juso-Hochschulgruppen
und ist eine der Hauptverantwortlichen für die Organisation und Durchführung des Empower-
ment-Programms 2020. Sie studiert Rechtswissenschaft in Münster.

Mia Thiel (*1994)

Mia hat im Jahr 2015 an der ersten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen und
war zwischen 2015 und 2017 Mitglied des Bundesvorstandes der Juso-Hochschulgruppen.
Seit 2018 ist sie IUSY-Vize-Vorsitzende und kooptiert in den Juso-Bundesvorstand. Sie studiert
Rechtswissenschaft in Berlin.

Vanessa Wagner (*1998)

Vanessa hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenom-
men. Sie studiert Wirtschaftswissenschaften in Gießen.

Lilli Wouhbé (*1998)

Lilli hat im Jahr 2018 an der zweiten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen
und ist war von 2017 bis 2020 Landeskoordinatorin der Juso-Hochschulgruppen in Nordrhein-
Westfalen. Sie studiert Rechtswissenschaften in Bochum.

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There is no Feminism without Socialism!
Unser Verbandsverständnis
Laura Loew & Charlotte Sonneborn
Der Feminismus bildet einen der drei Grund-            Letztendlich ist das Ziel jedoch eine utopische
werte unseres Verbandes. Das bedeutet, dass            Gesellschaft, in der sich die Kollektive Identi-
die feministische Analyse bei jedem unserer            tät Frau* selbst abgeschafft hat, da die Not-
Beschlüsse eine essentielle Perspektive ist,           wendigkeit zu einer gemeinsamen Auflehnung
dass wir bei jeder Veranstaltung auf ein femi-         gegen die kollektive Diskriminierung nicht
nistisches und diskriminierungsfreies Klima            mehr notwendig ist. Eine utopische Gesell-
achten und dass wir uns als Juso-Hochschul-            schaft, in der das Geschlecht kein determinie-
gruppen intensiv mit den theoretischen Strö-           render Faktor mehr ist.
mungen des Feminismus auseinandersetzen,
um unsere Verbandsposition durch stetige               Dabei vernachlässigen wir selbstverständlich
Reflektion miteinander auszuhandeln und                nicht die Unterschiedlichkeit innerhalb der
weiterzuentwickeln.                                    Gruppierung der Frauen* und orientieren uns
                                                       an dem aus der queerfeministischen Theorie
Der Versuch einer Vereinigung der aktuell              entlehnten Analysekonzept der Intersektio-
dominierenden Theorieströmung des Queer-               nalität. Dieser Begriff, der die Überschnei-
feminismus und unserem sozialistischen                 dung von Diskriminierungsformen beschreibt,
Grundverständnis bedeutet für uns, uns zu              bedeutet für uns dabei nicht die Aufaddierung
einem materialistischen Feminismus zu                  von „-ismen“ und Marginalisierungserfahrun-
bekennen, der durch das Analysekonzept der             gen. Vielmehr konzentrieren wir uns auf die
Queer-Theory ergänzt wird. Dies bedeutet,              Gemeinsamkeit der vielfältigen Diskriminie-
dass wir uns besonders mit den materiellen             rungserfahrungen, die alle begründet liegen
und ökonomischen Grundlagen der Diskrimi-              im warenproduzierenden Patriarchat.
nierung von Frauen* durch das kapitalistische
Patriarchat beschäftigen und uns in unserem            Wir erkennen die Dialektik zwischen Identi-
feministischen Kampf besonders auf das                 tätspolitik und theoretischer Gesellschafts-
politische Subjekt Frau* beziehen, dass durch          analyse an und weigern uns, diese einseitig
die patriarchalen Geschlechterverhältnisse             zu Gunsten einer Seite aufzulösen. Eine iden-
immer wieder gewaltvoll hervorgebracht wird.           titäre Betroffenheitspolitik darf nie der einzige
                                                       Ausgangspunkt unseres Feminismus sein,
Dabei ist für uns die Kategorie keine natür-           aber wir müssen uns gleichzeitig in unserem
lich gesetzte, sondern eine, die allen als weib-       realpolitischen Engagement auf eine positive
lich gelesenen Menschen durch das binäre               Identitätspolitik des politischen Subjekts Frau
Geschlechtersystem auferlegt wird. In dieser           beziehen.
Gruppe befinden sich auch Menschen, die
sich nicht als weiblich identifizieren, sie wer-
den aber von der patriarchalen Gesellschaft
auf Grund ihrer äußeren Merkmale meist als
solche wahrgenommen. Deshalb beziehen wir
uns in einem strategischen Essentialismus
auf diese konstruierte Gruppe, auf die sich
im realpolitischen Kampf notwendigerweise
bezogen werden muss und die als kollektive
Identität Frau* die Trägerin der Veränderung
der hierarchischen Geschlechterordnung sein
muss.
                                                   8
Feminist Fight Club! Das Empowerment-Konzept unseres Verbands
Jule Miklis
Männlich dominantes Redeverhalten, Man-                politische Arbeit zu qualifizieren, ihnen Platt-
splaining, ständiges Unterbrechen von Frauen*          formen für die Vernetzung/Unterstützung
oder auch Ämter- und Listenplatzverteilungen,          untereinander, sowie Schutzräume zum Aus-
bei denen Männer nur Männer unterstützen.              tausch über erlebten Sexismus zu geben und
All das kommt in der Hochschulpolitik immer            sie zu Multiplikatorinnen auszubilden, die das
noch häufiger vor, als es sein muss. Wir sehen:        Gelernte (also das selbst erfahrene Empower-
das Patriarchat umgibt uns überall, tagtäglich.        ment) in die Breite des Verbandes tragen.
Es gilt, diese verkrusteten Verhältnisse zu zer-
schlagen. Nur wie?                                     Das Empowerment-Programm ist der Ansatz-
                                                       punkt, von dem aus die Kultur der Unterstüt-
Unsere Antwort auf Männerbünde, Sexismus               zung/des Empowerns und die aus ihr erwach-
und gesellschaftlichen Rollback lautet, Ban-           senden Prozesse und Strukturen maßgeblich
den zu bilden, uns zu vernetzen, gegenseitig           geschaffen und weiterentwickelt werden. Es
zu empowern und den Raum einzunehmen,                  fand 2020 zum dritten Mal statt (vorherige
der uns als Frauen* zusteht.                           Programme 2015 und 2018). Das wiederkeh-
                                                       rende und sich immer weiterentwickelnde Pro-
Doch warum wird Empowerment bei uns                    gramm möchte den Austausch über persön-
innerhalb des Verbandes überhaupt benö-                liche Erfahrungen der Frauen* gewährleisten,
tigt? Gerade auch politisch aktive Frauen*             ebenso wie die davon ausgehende Entwick-
sind nicht sicher vor Sexismus. Kommentare             lung von Strategien, sich selbst und andere
wie „heute bist du aber emotional, du hast             Frauen* in der Politik zu behaupten und zu
bestimmt deine Periode” oder „lasst uns lie-           unterstützen. Inhaltlich werden die Grundla-
ber einen Mann zum Sprecher machen, da ER              gen des Feminismus erarbeitet und diskutiert.
mehr weiß” sind auch bei uns in der Hoch-              Im Bereich der Methodik erwarteten die Teil-
schulpolitik immer wieder präsent. Frauen*             nehmerinnen unter anderem Workshops zu
entwickeln hinsichtlich dieses Verhaltens              rhetorischen/argumentativen Fähigkeiten und
schnell einen eigenen Schutzmechanismus,               weitere praktische Tipps zum Kampf gegen
im Rahmen dessen schnell gesagt wird, dass             Sexismus im (politischen) Alltag.
das Erlebte nicht so schlimm war oder die
Person es einfach nicht besser wusste. Doch            Welche unterschiedlichen Erfahrungen im
als (queer-)feministischer Richtungsverband            Programm gemacht wurden und was Emp-
steht für uns fest: Die Juso-Hochschulgrup-            owerment ganz praktisch und sehr persönlich
pen stehen gemeinsam und in jedem Fall                 bedeutet, kann auf den nächsten Seiten unse-
gegen Sexismus, gegen das Patriarchat und              res Empowerment-Readers gelesen werden.
für Frauen*empowerment!

Bei den Juso-Hochschulgruppen begrei-
fen wir die Benachteiligung von Frauen* als
ein strukturelles Problem, welches auch in
unserem Verband und erst recht in weiteren
politischen Sphären nicht überwunden ist.
Der Empowerment-Gedanke der Juso-Hoch-
schulgruppen ist deshalb seit vielen Jahren
Grundpfeiler unserer feministischen Arbeit,
unserer Ansprache von Frauen* und unserer
politischen Strukturen. Sein Kern liegt darin,
Frauen*, die bei den Juso-Hochschulgruppen
aktiv sind, inhaltlich wie methodisch für die
                                                   9
Nicht nur eine feministische Begleiterin, sondern gleich eine ganze
Bande!
Erfahrungsbericht zum Empowerment-Programm 2015
Mia Thiel
Das Frauen*-Empowerment-Programm der                    Bundeskoordinierungstreffen 2015/I (BKT) in
Juso-Hochschulgruppen war nicht meine                   Weimar vergessen. BKTs sind immer wuselig.
erste Erfahrung mit Frauen*solidarität. Ich             Anträge und Änderungen werden verhandelt,
hatte das Glück, schon in meinen ersten Juso-           Kandidaturen vorbereitet. Was war anders?
Schritten von einer der klügsten Frauen*, die           Die einflussreichsten Verhandler*innen waren
ich kenne, an die Hand genommen zu wer-                 diesmal die Frauen*! Natürlich hatte nicht erst
den, anstatt meinem eigenen Schicksal über-             das F*EP sie dazu befähigt, es gab bereits
lassen zu sein. Viele von uns kennen diese              zuvor genug durchsetzungsfähige und argu-
„erste Begleiterin“. Aber wieso eigentlich nur          mentativ fundierte Genossinnen. Aber nun
eine? Wieso nicht gleich eine ganze Gang an             hatten wir das Netzwerk über Länder und
Frauen*, die schon zahlreiche Kämpfe mit-               Strukturen hinweg. Wir bestimmten, wie der
und füreinander geführt haben und die auch              Ball gespielt wird und das hatte jede*r der
mit und für Dich kämpfen. Für genau ein sol-            Delegierten aktiv feststellen können (oder
ches Netzwerk sollte das Frauen*-Empower-               müssen). Spätesten zu diesem Zeitpunkt
ment-Programm (F*EP) der Juso-Hochschul-                wusste jede*r von diesem Programm!
gruppen aus dem Jahr 2015 den Grundstein
legen und bis heute habe ich keinen anderen             Etwa 3 Jahre durfte ich in diesem wunder-
Ort gesehen, der so sehr das Potential des-             baren Verband verbringen und ich glaube,
sen hervorgebracht hat, wenn Frauen* sich               was das F*EP damals geschaffen hatte, war
vertrauensvoll begegnen und sich ehrlich                sehr besonders. Eine Kehrtwende sowohl in
unterstützen mit dem gemeinsamen Ziel vor               der feministischen Strategie der Frauen* als
Augen, die bestehenden Verhältnisse ernst-              auch in der Verbandsaufstellung als Ganze.
haft anzugreifen.                                       Der Strategiewechsel bestand vor allem in der
                                                        Abkehr von dem, was klassischerweise auch
Das F*EP war meine erste Hochschulgruppen-              im Verband als „Frauen*förderung“ verstan-
Aktivität. Ich hatte mich gefreut, auf theoreti-        den wurde: Männer sind so großzügig, auch
sche Wissensvermittlung und Best-Practice-              mal Platz für Frauen* zu machen oder hier und
Austausch. Was ich nicht erwartet hatte, war            da mal eine quotierte Redner*innenliste zu
die Mischung aus fachlicher Überzeugung                 etablieren. In diesem Sinne ging es eben wort-
und persönlichem Verständnis füreinander,               wörtlich um Empowerment: Instrumente wie
die die Empowerment-Frauen* aller Genera-               Quoten erfüllen ihren Zweck, aber es muss an
tionen untereinander verbindet. Wir hatten              der Wurzel der strukturellen Probleme ange-
Workshops, da war der Aktionismus so groß,              setzt werden. Nicht Frauen* müssen sich
dass wir direkt auf die Straße hätten sprin-            „männlicher Politik“ anpassen und können
gen können. Wir hörten Vorträge, in denen die           froh sein, wenn sie durch Hartnäckigkeit und
Anspannung zum Zerschneiden war und es                  Ankämpfen gegen Old Boys Networks auch
gab Momente, in denen wir uns gemeinsam                 ein Stück vom Kuchen erhaschen, sondern
derart geärgert haben über alles was uns –              ihre Kämpfe als gemeinsame erkennen und
was Frauen* – in der Politik und auch darü-             selber netzwerken.
ber hinaus passiert, dass die eine oder andere
Träne floss. Und es war klar: Das müssen wir            Doch wo ein anderer Wind weht, lassen nicht
jetzt strategisch angehen.                              diejenigen lange auf sich warten, die sich ihres
                                                        warmen und weichen Kissens bedroht fühlen.
Ich   denke,   keine   von    uns   wird    das         Um eines deutlich zu sagen: Viele Männer

                                                   10
haben das F*EP unterstützt, waren begeistert
von den Effekten und haben Raum für unsere
Arbeit geschaffen, wo sie konnten. Und das
ist auch richtig so – ist es nicht unser Kampf,
den wir Frauen* allein führen können oder gar
müssen. Dennoch kann davon ausgegangen
werden, dass eine solche Fundamental-Ver-
änderung nicht ohne Skepsis einhergeht und
zahlreiche Diskussionen und Kämpfe den
Weg bis hin zum ersten F*EP flankierten.
Nicht ich als Teilnehmerin habe diese geführt,
sondern Generationen an Frauen* vor mir und
zuletzt die Frauen des ausrichtenden Bundes-
vorstands der Juso-Hochschulgruppen von
2015. Zur Frauen*solidarität gehört es auch
solche Kämpfe sichtbar zu machen. Annika
Klose, Miriam Hack, Sophia Schiebe, Anna
Wilhelmi und allen voran Josefine Geib, auf
deren Idee das Konzept basierte.

Ich für meinen Teil blicke sehr gerne auf das
F*EP 2015 zurück und die gemachten Erfah-
rungen prägen meine politische Arbeit bis
heute: Frauen* als Netzwerk sind dem Patriar-
chat systemfremd und gerade daher gefähr-
lich für ebendieses. Wir Frauen* dürfen uns
nicht auseinandertreiben lassen, aber sollten
uns auf der Suche nach Schutzräumen auch
nicht verlieren. Schutzräume gibt es im Patriar-
chat genauso wenig, wie Verhalten frei von der
gesellschaftlichen Realität um uns herum. Wir
müssen unseren Einfluss kollektiv verstärken,
dürfen dabei aber nicht die Diskussion unter-
einander vernachlässigen. Das Frauen*netz-
werk ist keine Zwangsfreundinnenschaft, son-
dern ein strategischer Zusammenschluss zur
koordinierten feministischen Praxis. Wir dür-
fen uns nicht zur Exklusivität verleiten lassen
(übrigens auch nicht zwangsläufig gegenüber
dem Diskurs mit unseren männlichen Genos-
sen), aber müssen offen und kompromisslos
in unseren feministischen Kämpfen bleiben.

Jede andere Frau könnte die Liste mit den
Erfahrungen aus ihrer Girl Gang fortsetzen und
genau dieser Grassroot-Effekt macht stark. In
diesem Sinne: Hoch die Frauen*solidarität!

                                                   11
Frauen*netzwerke und Schwesternschaft.
Erfahrungsbericht zum Empowerment-Programm 2018
Lilli Wouhbé
Alles begann mit einer unscheinbaren E-Mail:          wir uns auf einer Veranstaltung jeglicher Art
der Aufforderung, sich für das Empower-               begegnen, herrscht auch heute noch - wie bei
ment-Programm der Juso-Hochschulgrup-                 einem Feminist Fight Club - das unausgespro-
pen 2018 zu bewerben. Doch für mich und               chene Gesetz, der anderen immer den Rücken
für viele andere Frauen* war es so viel mehr          frei zu halten. Nicht zwangsweise immer einer
als nur eine Bewerbung, wir wollten unbe-             Meinung, aber gemeinsam gegen alle patriar-
dingt Teil des Empowerment-Programms der              chalen Widerstände.
Juso-Hochschulgruppen werden. Mehr Zeit in
dem Verband verbringen, den wir alle so lie-          Frauen*netzwerke wirken wie Schwestern-
ben, mehr über feministische Kämpfe in der            schaften und könnten in der aktuellen politi-
patriarchalen Gesellschaft erfahren und mehr          schen Lage nicht notwendiger sein. Immer
starke Frauen* kennenlernen, die nur dar-             mehr Männer erklären sich als Feminist, wol-
auf warteten, der Gesellschaft mal so richtig         len die Frau aber nicht zu Wort kommen las-
zu zeigen, was die geballte Kraft eines Frau-         sen. Eine weibliche Parteivorsitzende ist gern
en*netzwerks so kann.                                 gesehen, aber wird brutaler aus dem Amt
                                                      gedrängt als jeder Mann vor und nach ihr.
Die Wochenenden waren aufgeteilt in 50%
Theorie und 50% Praxis. Wer nach außen hin            Die Gründung eines Frauen*netzwerks hat
sicher unsere feministischen und emanzi-              all die bestehenden Männernetzwerke sicher
patorischen Positionen vertreten will, sollte         nicht auf magische Weise aufgelöst. Aber es
diese auch verstehen.                                 schafft neue Machtstrukturen. Es zeigt den
                                                      bisherigen, meist rein männlichen Macht-
So hat mich das erste Wochenende nicht nur            strukturen, dass wir uns auch ohne sie orga-
inhaltlich unglaublich gefördert und gestärkt,        nisieren können. Dass wir Mehrheiten organi-
sondern auch meinem neuen Wissen Selbst-              sieren, Posten mit Frauen* besetzen oder die
vertrauen gegeben. Werde ich von einem                Debatten mit unseren Forderungen und Argu-
Mann noch einmal in einer Diskussion gefragt,         menten dominieren können.
ob das denn so stimme, was ich sage oder ob
eine Maßnahme (der Klassiker sind hier Quo-           Ein Frauen*netzwerk, egal auf welcher Ebene
ten) wirklich notwendig ist, muss ich nicht           oder von welcher Größe, kann ein unglaubli-
erst nachdenken, ob er nicht doch Recht hat.          ches Potential für alle Frauen*, aber auch den
Meine Argumente warten nur so darauf, ihm             ganzen Verband entfalten.
um die Ohren zu fliegen.
                                                      Ich für meinen Teil würde meinen Feminist
Die freien Abende haben uns dann zu                   Fight Club auf keinen Fall mehr missen wollen.
Freund*innen gemacht. Ob ein Abschlussbier
auf der Dachterrasse im Willy-Brandt-Hauses,
ein spontaner late-night Museumsbesuch
oder ein feministischer Spieleabend, wir schu-
fen Erinnerungen und strapazierten dabei
unsere Lachmuskeln bis zum Anschlag.

Der wahre Zauber des Empowement-Pro-
gramms hat sich besonders im Nachhinein
gezeigt. Wir wurden zu Unterstützerinnen, zu
gegenseitigen Cheerleaderinnen. Immer, wenn

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A Woman’s Place is in Politics
Erfahrungsbericht Empowerment-Programm 2020
Svea Kühl
Angefangen hat alles an einem leider verreg-         Zuletzt eine kleine persönliche Anmerkung:
neten Freitag Anfang März. Unter dem Motto           Dieses Wochenende mit über zwanzig star-
„A Woman’s Place is in Politics” kamen über          ken, motivierenden Frauen* hat mir die Kraft
20 motivierte Frauen* im Willy-Brandt-Haus in        gegeben, mich weiter für Feminismus stark
Berlin zusammen, um sich über Feminismus             zu machen. Was ich im Empowerment-Pro-
auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und –           gramm gelernt und direkt angewandt habe,
vor allen Dingen – sich gegenseitig zu emp-          ist zum Beispiel: Um Sexismus aufzuzeigen,
owern! Auch, wenn wir zu diesem Zeitpunkt            braucht es immer unbequeme Menschen, die
noch nicht genau wussten, wie.                       sich nicht scheuen, genau das zu tun. Fight
                                                     the patriarchy! Und wohl das wichtigste: Bil-
Es begann mit einer kurzen Vorstellungsrunde         det Banden! Wenn Männer das können, dann
und einem anfänglichen Kennenlernen. Die             Frauen* erst recht.
ersten paar Stunden verbrachten wir dann
damit, eigene Erfahrungen mit Sexismus aus-          Auch wenn dieser Reader zum Glück trotz-
zutauschen. Dabei stellten wir (leider) fest,        dem zu Stande kommen konnte, musste
wie viele Erfahrungen jede von uns schon mit         unser zweiter Termin des EP-Programms auf
Sexismus gemacht hatte und dass diese sich           Grund der Maßnahmen zur Eindämmung von
oft sehr ähneln.                                     Covid-19 leider auf unbestimmte Zeit verscho-
                                                     ben werden. In den in dieser Zeit stattdessen
Die nächsten Einheiten waren dann theo-              stattfindenden Telefonkonferenzen haben
retisch. Hier lernten wir viel zur Geschichte        wir uns dennoch über unsere (feministische)
und zu den unterschiedlichen Strömungen              Arbeit ausgetauscht und fanden darüber dann
des Feminismus. Trotz der Masse an Texten            auch Motivation und Inspiration für weitere
war die Vielfalt an Ideen, die den Feminismus        Ansätze.
prägten und das Kennenlernen der Frauen*,
die bisher für den Feminismus kämpften,              An dieser Stelle auch nochmal vielen Dank an
sehr inspirierend. Auf Grundlage der feminis-        den Bundesvorstand für die Organisation und
tischen Theorien reflektierten und diskutier-        das Vorbereiten des gesamten Programms.
ten wir anschließend unser feministisches            Ich denke, ich kann im Namen von allen Teil-
Verbandsverständnis.                                 nehmerinnen sprechen, wenn ich sage, dass
                                                     es uns viel Spaß gemacht und uns in unserer
Schließlich erarbeiteten wir Empowerment-            feministischen Arbeit weitergebracht hat.
Strategien, die jede von uns mit anderen
Ansätzen und Erfahrungen vielfältig ergänzte.
Gemeinsam konnten wir so Wege erarbeiten,
wie wir Sexismus begegnen, wie wir andere
Frauen* empowern und so auch unsere Rolle
als Multiplikatorin* einnehmen können.

Im Rahmen des Programms bekamen wir die
Gelegenheit, erste Ansätze auch direkt auszu-
probieren. Wir gestalteten ein Instagram-Quiz
zu feministischen Themen, welches am 8.
März dann über den Social-Media-Kanal der
Juso-Hochschulgruppen veröffentlicht wurde
und planten diesen Empowerment-Reader.

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Stark sind wir nur gemeinsam!
Feministische Vernetzungsformate
Helene Kast & Lea Krusemeyer
Die Hochschulpolitik ist noch immer stark von           Eines geschehen: gegenseitiges Kennen- und
Männern dominiert und es ist zu oft zu beob-            Schätzenlernen.
achten, dass die wenigen aktiven Frauen*
auch noch in starker Konkurrenz zueinander              Chatgruppen
stehen, denn die Männer räumen dann eben
Mal gnädigst doch nur einen Posten im Spre-             Eine Chatgruppe ist eine praktische und
cher*innenteam für eine Frau frei, um den               unkomplizierte Möglichkeit, um Frauen* in der
sich die „Mädels” dann „zoffen” dürfen. Aber            Hochschulgruppe zu vernetzen. Als digitaler
warum müssen die Frauen* sich eigentlich die            Safe-Space bietet sie Frauen* die Sicherheit,
Positionen untereinander streitig machen? Wir           immer auf ein feministisches Netz zurückzu-
machen stattdessen den Männern ihre Pos-                greifen und darüber Unterstützung einzuholen.
ten streitig. Weil wir aber nun mal meistens            Plattformen wie WhatsApp oder Telegram bie-
eine kleinere Gruppe in der Hochschulpolitik            ten sich an, um Termine für Veranstaltungen
ausmachen und gerade in unseren eigenen                 und Treffen zu koordinieren und neue feminis-
Hochschulgruppen oft nicht die Mehrheit bil-            tische Aktivitäten zu planen. Besonders nütz-
den, heißt es: Zusammenhalten! Wir können               lich können Frauen*-Chatgruppen auch wäh-
alle voneinander lernen und profitieren, wenn           rend Sitzungen sein. Sollte ein sexistischer
wir uns zusammentun. Es gibt die schöne                 Kommentar eines Genossen unkommentiert
Formulierung „lasst uns Banden bilden” und              bleiben, ein Verfahren scheinbar schon vorher
dazu wollen wir Euch motivieren. Schließt               unter den Männern ausgeklüngelt sein oder
Euch in Euren Hochschulgruppen zusammen                 die Notwendigkeit für ein Time-Out bestehen,
und helft einander. Wenn eine von uns etwas             können die Frauen* sich in der Gruppe schnell
erreicht, haben wir alle etwas erreicht. Und der        auf die notwendigen Maßnahmen verständi-
beste Weg, uns gegenseitig zu vernetzen, ist,           gen und so merken, dass sie in einer unange-
Räume zu schaffen! Einige Ideen dafür findet            nehmen Situation nicht alleine sind!
ihr hier:
                                                        Spieleabend
Feministisches Café                                     Bei einem Spieleabend können sich die
Ein bewährtes Format sind regelmäßig statt-             Frauen* der Hochschulgruppe in lockerer
findende Frauen*-Treffen in einem Café,                 Runde kennenlernen und die Chance, dass sich
der Mensa oder Cafeteria. In diesem ent-                die Gruppe durchmischt und neue Bekannt-
spannten Rahmen können sich in der Hoch-                schaften entstehen, ist relativ groß. Es kön-
schulpolitik Aktive, Ehemalige und neu inte-            nen Spiele mit feministischem Touch oder
ressierte Frauen* vernetzen. Die Treffen                auch einfach nur „Mensch ärgere dich nicht“
ermöglichen Austausch und die gegensei-                 gespielt werden – es zählt der gemeinsame
tige Ermutigung für zum Beispiel das Stellen            Spaß. Für feministische Spiele haben wir aber
von Anträgen und das Kandidieren auf Pos-               trotzdem ein paar Vorschläge für Euch: Das
ten. Darüber hinaus sind sie, wenn sie vorher           feministische Werwolf1, auf demselben Prin-
entsprechend beworben wurden, auch eine                 zip wie der klassische Werwolf aufbauend,
gute Möglichkeit, weibliche Neumitglieder zu            ersetzt die klassischen Kategorien durch
gewinnen und zu integrieren. Wichtig hier-              böse „Feministinnen”, die nachts aufwachen,
bei ist, dass die Treffen nicht auf „offizielle         um die „Besorgte Bürger*innen” zu emanzipie-
Angelegenheiten” beschränkt sind! Neben                 ren. Gerade in etwas größeren Gruppen und
Strategieabsprachen sollte hier vor allem               mit mehr Zeit lässt sich dies sehr gut spielen
1      Die komplette Anleitung findet Ihr im Anhang
                                                   14
und hat zusätzlich den Vorteil, sich in heiterer
Atmosphäre in feministischen – und antifemi-
nistischen – Argumentationen zu üben. Auch
feministische Versionen von Scharade, „Wer
Bin Ich” oder „Tabu” sind mit ein bisschen Vor-
bereitung leicht umsetzbar und führen sowohl
zum besseren Kennenlernen als auch zur
feministischen Weiterbildung.

Meine Liebste...
Dieses Konzept dient dazu, sich gegenseitig
starke und inspirierende Frauen* näherzubrin-
gen. Die Idee lautet wie folgt: Jede Frau über-
legt sich im Vorfeld des nächsten Frauen*tref-
fens ein weibliches Vorbild, das sie in ihrem
Leben inspiriert hat, sei es eine Autorin, die
ein gutes Buch schrieb, eine Schauspielerin
oder Politikerin. Diese Frau wird dann in einem
kleinen Vortrag von ca. 5 bis 10 Minuten vor-
gestellt. So lernen alle Teilnehmenden neue
Frauen* kennen und das Gefühl einer großen
feministischen Gemeinschaft kann nochmal
intensiviert werden. Praktischer Nebeneffekt
ist, dass man in einem Safe Space üben kann,
einen Vortrag zu halten und die eigene Scheu
zu überwinden.

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Knowledge is Power
Feministische Bildungsarbeit
Lina Eilers & Leona Krause
Um ein feministisches Selbstverständnis zu               Gruppenarbeitsphase folgen, in der die Teil-
fördern und zu verfestigen ist es wichtig, femi-         nehmer*innen an jeweils einer Strömung
nistische Bildungsarbeit anzubieten und so               detaillierter arbeiten. Hierbei können verschie-
auch Raum zur Diskussion über verschiedene               dene Arten von Quellen bereitgestellt werden:
feministische Themen zu schaffen. In inhalt-             Texte, Videos, Podcasts, Interviews, Comics,
lichen Workshops, Seminaren, Podiumsdis-                 etc. Es sollte darauf geachtet werden, die
kussionen oder auch Lesekreisen könnt ihr                Informationen möglichst barrierearm bereit-
euch beispielsweise mit folgenden Themen                 zustellen. Die wichtigsten Informationen
beschäftigen:                                            sollten dann für die anderen Teilnehmer*in-
                                                         nen zusammengetragen werden. Dies kann
  •    Geschichte des Feminismus                         in Form eines FlipCharts, einer PowerPoint-
                                                         Präsentation oder auch einem Handout
  • Strömungen und Akteur*innen des
                                                         geschehen.
  Feminismus

  • Wie kann man Sozialismus und Femi-                   Vorstellung und Diskussion
  nismus verknüpfen?
                                                         Nun werden die Ergebnisse der einzelnen
  • Aktuelle Debatten über Care-Arbeit,                  Gruppen vorgetragen und Nachfragen können
  häusliche Gewalt, Abtreibung, Prostitution,            gestellt werden. Wichtig ist, die Ergebnisse zu
  Gläserne Decke uvm.                                    sichern, sodass die Teilnehmenden auch im
                                                         Nachhinein auf die Informationen zugreifen
  • Feministische Theorie (hier eignet sich              können.
  vor allem das Format des Lesekreises)
                                                         Zum Schluss sollten die Teilnehmer*innen
 Um Euch die Planung für ein solches Treffen             den Raum haben, über die verschiedenen Strö-
zu erleichtern, findet ihr im Folgenden eine bei-        mungen zu diskutieren. Die Diskussion kann
spielhafte, detaillierte Tagesordnung für eine           sich zur Orientierung auch an Diskussions-
Veranstaltung mit dem inhaltlichen Schwer-               fragen entlang richten. Diese Fragen können
punkt der feministischen Strömungen.                     entweder von den Gruppen selbst in das Ple-
                                                         num gebracht werden, z.B. am Ende der jewei-
Einleitung und Begrüßung                                 ligen Vorstellung, oder sie werden von den
                                                         Veranstalter*innen als Vorschlag gestellt. Fol-
Nachdem sich alle Teilnehmer*innen in einem              gende Fragen könnten beispielsweise gestellt
kurzen Warm-Up kennengelernt haben, sollte               werden:
zunächst in das Thema eingeführt werden
und die verschiedenen Strömungen kurz vor-                 • In welcher Strömung verorten wir uns
gestellt werden, sodass alle Anwesenden den                als Juso-Hochschulgruppen?
gleichen grundlegenden Wissensstand haben.
Die Strömungen sollten zeitlich zugeordnet,                • Wie lassen sich die verschiedenen Strö-
ihre wichtigsten Vertreterinnen genannt und                mungen vereinen?
eventuell der analytische Kernpunkt der Strö-
                                                           • Welche positiven und negativen
mung thematisiert werden.
                                                           Aspekte haben die jeweiligen Theorieströ-
                                                           mungen an sich?
Gruppenarbeitsphase und inhaltliche
Auseinandersetzung                                       In der Diskussion sollte auf das Redeverhal-
Daraufhin     könnte     zum    Beispiel    eine         ten geachtet werden, die Redelisten sollten
                                                    16
quotiert und balanciert sein, um allen Teil-           Themenvorschläge für eure Kompetenz-Work-
nehmenden die Chance zur Partizipation zu              shops. Hier könnt Ihr euch wie aus einem Bau-
geben.                                                 kasten Bestandteile heraussuchen, die auf
                                                       eure Bedürfnisse abgestimmt sind.
Fazit
                                                       Hochschulpolitik – wie funktioniert studentische
Am Ende des Seminars sollten alle Teilneh-
                                                       Mitwirkung an der Uni?
mer*innen die Option für (anonymes) Feed-
back haben. Auch eine Abschlussrunde, zum              Fakultätsrat, StuKo, AStA, StuPa, Senat, …
Beispiel in Form eines Blitzlichts, ist möglich        Auch nach mehreren Semestern an der Uni ist
und bietet den Teilnehmenden sowie den Ver-            es oft so, dass man nicht unbedingt weiß, was
anstaltenden Raum zur Reflexion. Soweit wie            diese ganzen Abkürzungen bedeuten und wel-
möglich sollten Materialien und Ergebnisse             che Gremien für was zuständig sind.
zur Nachbereitung zur Verfügung gestellt
werden.                                                Ein Workshop für Hochschulpolitik nimmt
                                                       die Unübersichtlichkeit aus dem System und
Eure Veranstaltungen können letztendlich               ermöglicht es, sich darin besser zurechtzu-
ganz verschieden ablaufen. Passt die Tages-            finden. So eine Veranstaltung eignet sich
ordnung immer gerne an die Wünsche der Teil-           übrigens auch sehr gut zur Neumitgliederwer-
nehmer*innen an. Oft haben Mitstreiter*innen           bung zu Beginn des Semesters. Fragen, die in
Ideen, auf die Ihr sonst nie gekommen wärt.            einem solchen Workshop bearbeitet werden
So bringt Ihr euch alle gegenseitig voran.             können, sind:

Feministisches Kompetenztraining                         • Gremien: Welche Institutionen gibt
                                                         es an der Uni? Wer ist für was zuständig?
Zu feministischer Bildung gehört nicht nur die           Wer wählt was? Welche studentischen Ver-
inhaltliche Auseinandersetzung mit Theorie               einigungen gibt es an der Uni? Wie sieht
und aktuellen Geschehnissen, sondern auch                die aktuelle politische Lage im Studieren-
die Vermittlung praktischer Kompetenzen für              denparlament aus? Welche überparteili-
die Arbeit in der Hochschulgruppe und im poli-           chen Studierendenbündnisse gibt es, an
tischen Verband.                                         die man sich wenden kann? Wo kann ich
                                                         mitarbeiten?
Oft werden Kompetenzen wie das Antrags-
chreiben, Kampagnenplanung oder schlicht                 • Arbeiten im StuPa/StuRa: Wo, wie
das Wissen über politische Strukturen in der             und mit welchen Fristen stelle ich einen
Uni verinnerlicht, indem sie ausprobiert und             Antrag? Wie organisiere ich Mehrheiten?
immer wieder angewandt werden.                           Was ist meine Aufgabe als studentische
                                                         Vertreterin?
Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Männer
eher bereit sind, Verantwortung für Dinge zu             • Kampagnenplanung: Wie sieht das
übernehmen, während Frauen* sich oft davon               Wahlsystem der Uni genau aus? Wann
abschrecken lassen, etwas noch nicht zu wis-             stelle ich Listen zusammen? Wo darf ich
sen oder sich nicht 100%ig sicher zu sein.               Flyer verteilen? Wie organisiere ich finan-
                                                         ziell einen Wahlkampf?
Um unsere eigene Hemmschwelle und die
der Hochschulgrüppler*innen zu senken, sind              • Die Arbeit der HSG vor Ort: Wie gewinne
Kompetenz-Workshops ein tolles Mittel. Hier              ich Mitglieder? Wie organisiere ich eine Ver-
können Grundkenntnisse erworben und Tipps                anstaltung? Was bedeuten die Grundwerte
ausgetauscht werden, sodass wir gestärkt mit             Feminismus, Sozialismus, Internationalis-
unserer Arbeit starten können.                           mus für unsere Arbeit?
Im      Folgenden      findet      Ihr   einige

                                                  17
Social Media und Öffentlichkeitsarbeit                  So ein Workshop lässt sich direkt mit einer
                                                        Antragswerkstatt verbinden. Mit konkreten
Digitale Plattformen werden für unsere Kom-
                                                        Beispielen lernt es sich noch viel besser und
munikation immer bedeutsamer. Umso wich-
                                                        Ihr könnt direkt mit den neuen Anträgen in die
tiger ist es, dass wir die Social-Media-Kanäle
                                                        nächste StuPa- bzw. StuRa-Sitzung starten.
wirksam mit unseren Inhalten bespielen.

Viele Hochschulgruppen haben ihre eigenen               Rhetorik I – Reden schreiben und halten
Social-Media-Richtlinien aufgestellt, damit             Wer einen Antrag verfasst hat, muss ihn in der
die Beiträge inhaltlich und optisch einheitlich         Senatssitzung, der StuPa- bzw. StuRa-Sitzung
sind. Ein Social-Media-Workshop kann Fol-               oder auch auf dem Bundeskoordinierungstref-
gendes beinhalten:                                      fen der HSGn mündlich vorstellen.
  • Grafikdesign: Einführung in ein Bildbear-           Doch auch in anderen Fällen ist es hilfreich
  beitungsprogramm (wie z.B. InkScape oder              zu wissen, wie man richtig eine Rede hält: bei
  GIMP), Vorstellung des Corporate Designs              generellen politischen Aussprachen auf Kon-
  und des Styleguides der Juso-Hochschul-               gressen, der Kommentierung anderer Anträge
  gruppen, Vorstellung von guten Quellen für            oder auch als Grußwort bei Veranstaltungen.
  lizenzfreie Bilder oder Schriftarten                  Ein Rhetorik-Workshop, der sich ganz auf
  • Inhalte: Was eignet sich gut zum Pos-               Reden fokussiert, kann folgendes beinhalten:
  ten? Welche Dinge muss ich rechtlich                    •   Aufbau und Inhalt einer Rede
  beachten?
                                                          • Präsentationstechniken:      Spickzettel
  • Online-Kampagnen: Wie kann ich Posts                  schreiben, Aussprache, Haltung
  promoten? Wie generiere ich Reichweite?
                                                          •   Selbstbewusstseins-Schulung

Pressemitteilungen schreiben
                                                        Rhetorik II – Diskussionen, Verhandlungen,
Auch wenn wir mittlerweile vermehrt online
                                                        Kommunikation
unsere Themen bespielen, ist eine Pressemit-
teilung immer noch ein effektives Mittel, um            Im alltäglichen politischen Leben kommt
Aufmerksamkeit auf unsere Themen zu len-                es leider oft vor, dass Frauen* in Debatten
ken. Was es hierbei zu beachten gilt und an             benachteiligt werden, sei es durch abwer-
wen diese Mitteilung geschickt werden muss,             tende Kommentare, Bevormundung durch
kann in dieser Veranstaltung geklärt werden.            Männer oder allein durch die Tatsache, dass
Besonders wichtige Fragen sind hierbei, wer             Frauen* oft zahlenmäßig weniger präsent sind
alles auf einem Presseverteiler steht, wie in           als Männer. Ein Rhetorikworkshop in Diskussi-
PMs am besten zitiert wird oder wann eine               onstechniken kann Euch dabei helfen, selbst-
Nachricht am wahrscheinlichsten von einer               bewusst Männern entgegenzutreten und Euch
Redaktion aufgegriffen wird.                            in der Diskussion oder der Verhandlung den
                                                        Raum einzunehmen, der Euch zusteht. Hierfür
Anträge schreiben                                       eignen sich folgende Fragestellungen:
Ein wichtiges Mittel in der inhaltlichen politi-          • Was     sind    Argumentations-          und
schen Arbeit sind Anträge. Diese haben oft                Diskussionsstrategien?
einen bestimmten Aufbau, der je nach Gre-
mium variieren kann. Auch manche Formu-                   •   Wie verhandle ich richtig?
lierungen lernt man in der politischen Arbeit
neu kennen. Ein Antragsworkshop bietet eine               • Wie gehe ich mit Konfliktsituationen
Einführung in die Form eines Antrags bzw.                 um?
Änderungsantrags.
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Zeit- und Projektmanagement
Zu der Arbeit einer Hochschulgruppe gehört
es unter Anderem, coole Veranstaltungen zu
planen, den Hochschulwahlkampf zu meistern
und sich mit anderen studentischen Gruppen
zu vernetzen. Eine Veranstaltung zum Thema
Zeit- und Projektmanagement kann Euch und
andere Hochschulgrüpplerinnen dazu ermuti-
gen, mehr Aufgaben oder Projekte in der HSG
zu übernehmen. Hier können Organisations-
methoden wie der Zeit-Inhalt-Methode-Plan
(ZIM) vorgestellt und sinnvolle Aufgabendele-
gations-Strategien besprochen werden.

Welche Referent*innen kann ich zu meiner Veran-
staltung/meinem Workshop einladen?
Oft könnt Ihr schon von Eurer eigenen Hoch-
schulgruppe profitieren. Vielleicht habt ihr ja
schon jemanden vor Ort, die*der sich mit dem
Thema auskennt, welches ihr gerne bespre-
chen möchtet. Auch für Kompetenztrainings
sind erfahrene Hochschulgrüppler*innen eine
gute Wahl. Sie wissen meist ganz genau, wie
die politische Lage an der Hochschule ist und
können Euch auch nach einem Workshop mit
Rat und Tat zur Seite stehen.

Falls Ihr mal niemanden vor Ort habt, die*der
zu eurem Thema passt, könnt Ihr Euch gerne
an eure Landeskoordination, den Bundesvor-
stand oder den Verein Demokratie und Hoch-
schule (VDuH) wenden. Unser Ehemaligen-
verein vermittelt Euch geeignete Gäste, die ihr
einladen könnt.

Was wir Euch zuletzt mitgeben möchten:
Nehmt Euch den Raum, der Euch zusteht! Ihr
müsst nicht alles wissen, bevor Ihr Verantwor-
tung übernehmt. Und Ihr müsst nicht alleine
kämpfen. Sucht euch Mitstreiter*innen, mit
denen Ihr zusammenarbeitet. Fragt erfah-
rene Hochschulgrüppler*innen um Rat. Und
habt keine Angst vor dem Scheitern. Je öfter
Ihr Euer neu gewonnenes Wissen anwendet,
desto besser werdet Ihr in dem, was Ihr macht.

                                                  19
Support your Sisters
Frauen* empowern sich gegenseitig!
Ronja Kölpin & Klara Morfeld
Warum ist es so wichtig, sich unter Frauen* zu                 ein Besuch im Museum nur für Frauen*. Sol-
empowern?                                                      che Vernetzungstreffen geben die Möglich-
                                                               keit, sich untereinander auszutauschen, sei
Wer kennt es nicht? Man nimmt an einer
                                                               es über erlebte Diskriminierungen oder ein-
Sitzung teil, ist vielleicht eine der wenigen
                                                               fach nur über den Alltag. Ihr werdet sehen,
Frauen* und fühlt sich unwohl. Sei es, weil die
                                                               wie angenehm die Atmosphäre untereinander
Redebeiträge nur von Männern kommen, man
                                                               sein kann!
sich irgendwie blöd angeschaut oder nicht
ernst genommen fühlt. Viele Frauen* wollen                     Häufig werden starke Frauen* zueinander in
sich politisch einbringen, aber wissen nicht,                  Konkurrenz gestellt. Wenn beispielsweise im
wie sie sich in einer von Männern dominier-                    Vorstand nur ein „Frauenplatz” eingeplant ist,
ten Politikwelt behaupten können. Nicht sel-                   nur eine Frau* zum Bundeskoordinierungs-
ten kommt es zu verbalen und nonverbalen                       treffen mitkommen soll oder nur ein erfolg-
Übergriffen auf Frauen* und die Lust, sich im                  reicher Listenplatz weiblich besetzt wird.
allgegenwärtigen Patriarchat politisch einzu-                  Frauen* werden durch solch Situationen in
bringen, schwindet. So weit muss es aber erst                  einen künstlichen Wettbewerb gegeneinander
gar nicht kommen. Was Männer können, kön-                      gestellt, um das Klischee der „Stutenbissig-
nen wir Frauen* schon lange! Es liegt an uns,                  keit” oder des „Zickenkrieges” zu verstärken.
uns als Frauen* zu verschwestern, uns gegen-                   Aber wir dürfen uns nicht in diese Kiste pres-
seitig zu stärken, um in einer Welt voller Man-                sen lassen – nur gemeinsam sind wir stark.
splaining und männlichen Machtspielchen                        Anstatt sich in einen gestellten Machtkampf
feministische Politik nach vorne zu bringen.                   gegeneinander zu begeben, kämpfen wir
Die Zeit ist reif für eine Politik, in der es egal ist,        zusammen gegen unsere Diskriminierung! Wir
welches Geschlecht eine Person hat. Wir neh-                   können uns gegenseitig stärken, indem wir
men nicht mehr hin, nach unseren Äußerlich-                    zum Beispiel „Lobekartelle” bilden: anderen
keiten beurteilt, kleingeredet, stumm gemacht                  Frauen* regelmäßig sagen, wie großartig sie
zu werden. Diskussionen über die Kleider von                   etwas tun und sie in ihrem Handeln bestärken,
Politikerinnen waren gestern - heute geht es                   auf Sitzungen auf ihre Redebeiträge eingehen
um Inhalte!                                                    und nach ihren Reden – sei es im StuPa oder
                                                               auf dem BKT – besonders laut klatschen. Oft
Zusammen sind wir stark und wir wollen nicht
                                                               sind es nur kleine Gesten oder Worte, die uns
nur den halben Kuchen – wir wollen die ganze
                                                               pushen. Schenkt euch gegenseitig ein Lächeln
Bäckerei!
                                                               und sagt euch bei Gelegenheit, was für tolle
                                                               Frauen* ihr seid!
Empowerment-Strategien
 Um sich gegenseitig empowern zu können,
ist es wichtig, den richtigen Rahmen zu schaf-
fen, so dass sich alle Frauen* wohl fühlen
können. Leider sind innerhalb unserer Gesell-
schaft, aber besonders in der Politik, viele
Gegebenheit so konstruiert, dass es schwerer
ist, sich als Frau einbringen zu können. Eine
Möglichkeit, diesen Rahmen zu öffnen, sind
Frauen*-Vernetzungstreffen: diese können ein
gemeinsamer Bar- oder Cafégang sein oder

                                                          20
Es ist wichtig, in allen Strukturen und auf allen
Ebenen einen Raum für Frauen* zu schaffen,
in dem diese sich wohl fühlen und offen über
feministische Themen sprechen können. Safe
Spaces sind Notwendigkeiten im männlich
dominierten Politik-Alltag. Sie erlauben es,
dass auch die leiseren Stimmen Gehör fin-
den und den Mut erhalten, irgendwann auch
in der großen Runde laut die eigene Meinung
zu sagen.

Nach dem Motto „Bildet Banden!” wollen wir
uns vernetzen und Freund*innenschaften bil-
den, die uns nachhaltig miteinander verbinden
und es uns erlauben, strukturell immanente
Probleme gemeinsam noch effektiver anzu-
gehen. Das hier ist unser aller Kampf für eine
gleichberechtigte Politik. Schließt Euch uns
an in diesem feministischen Kampf!

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Feminism goes online!
Empowerment im Internet
Aselya Dilbas & Vanessa Wagner
Die Digitalisierung und die damit verbundene          aufmerksam und setzten das Thema auf die
Vernetzung über digitale und soziale Medien           Tagesordnung.
ergreift in diesen Zeiten alle Lebensbereiche.
Daher ist es wichtig, sich zu fragen, welche          Auf der anderen Seite lässt sich beobach-
Stellung Frauen* und der Feminismus in die-           ten, dass das Internet trotz aller Unabhän-
ser Entwicklung einnehmen.                            gigkeit und Selbstbestimmung für Frauen*
                                                      kein gewaltfreier Raum ist. Im Gegenteil: in
Digitale Formate, wie Blogs, Instagram, Twit-         der Anonymität der sozialen Medien sehen
ter, und YouTube, bereichern und ersetzen             Frauen*, gerade solche, die sich offen für
zuweilen altbekannte Medienformate, wie               Feminismus einsetzen, sich mit Hate-Speech,
den klassischen Journalismus und Printme-             Stalking, Drohungen und verbalen Übergriffen
dien. Diese neuen Dynamiken ermöglichen               konfrontiert.
eine zunehmend individualisierte und ausdif-
ferenzierte Auseinandersetzung mit jeglichen          Dies betrifft auch uns, wenn wir als Einzel-
gesellschaftlichen und politischen Fragen.            personen oder auch als Juso-Hochschulgrup-
Einzelpersonen wie Influencer*innen und Blog-         pen auf unseren Social-Media-Kanälen für die
ger*innen sind immer mehr unabhängig und              feministische Sache eintreten. Daher ist es
selbstbestimmt, wenn es darum geht, Sicht-            wichtig, Strategien zu entwickeln, Diskriminie-
barkeit und Gehör für ihre Anliegen zu erlan-         rungen und Gewalt auch im digitalen Raum
gen. Unumstritten können diese Möglichkei-            entgegenzustehen.
ten auch dem Feminismus zugutekommen, er
                                                      Wenn wir also z.B. einen „Shit-Storm“ auf dem
ist durch seine vielseitige Rezeption beinahe
                                                      Profil eine*r anderen Person oder auf der
„massentauglich“ geworden – ein Umstand,
                                                      Seite unserer Hochschulgruppe bemerken,
der Vor- und Nachteil zugleich sein kann.
                                                      können wir uns – genauso wie die Internet-
Diese neue Schlagkraft des „Netzfeminis-              Trolle – stattdessen zu einem „Candy-Storm“
mus“ zeigte sich zuletzt in den von hoher             formieren und fleißig positiv kommentieren,
gesellschaftlicher Aufmerksamkeit geprägten           liken und teilen. Bei der Organisation dieses
Debatten rund um sexualisierte Gewalt und             digitalen Dagegenhaltens könnt ihr auf euer
Sexismus wie etwa #Aufschrei und #MeToo:              Frauen*netzwerk und auf die Hilfe von ande-
Immer mehr bekannte Persönlichkeiten nut-             ren HSGn zählen!
zen ihre Reichweite, um eine kritisch-femi-
                                                      Zuletzt ist es für uns Juso-Hochschulgruppen
nistische Perspektive auf diese Themen zu
                                                      beim Thema soziale Medien unerlässlich, auch
richten. Anfang 2013 etablierte die Netzfe-
                                                      unser eigenes Auftreten auf Instagram, Twit-
ministin Anne Wizorek das Hashtag #Auf-
                                                      ter, Facebook und Co. immer wieder auf eine
schrei und ermutigte damit viele Frauen*,
                                                      feministische Perspektive hin zu überprüfen.
über sexistische Bemerkungen und Übergriffe
aus dem alltäglichen Leben zu berichten. Die          Zunächst solltet ihr überlegen, welche Ziel-
Sexismus-Debatte wurde daraufhin Thema in             gruppe ihr erreichen möchtet. Ihr plant z.B.
Talkshows, Printmedien und in der internatio-         ein Neumitgliedertreffen und wollt dieses auf
nalen Presse. Mit der öffentlichen Diskussion         Social Media bewerben? Dann ist es wichtig,
über den Produzenten Harvey Weinstein for-            in den Posts auf inklusive Sprache und Bild-
derte die Schauspielerin Alyssa Milano zur            wahl zu achten.
Nutzung des Hashtags #MeToo auf. Betrof-
fene Frauen* machten auf das Ausmaß sexu-
eller Belästigung und sexueller Übergriffe
                                                 22
Ihr wollt von euren Aktionen berichten um             Neben kurzen Videos eignen sich Sharepics
andere – insbesondere Frauen* – für eure              mit einem kurzen Statement zum Teilen.
Arbeit zu begeistern? Dann ist es wichtig, die        Ansonsten gibt es noch die Möglichkeit, State-
aktive Mitarbeit von Frauen* zu betonen und           ments im ‚Creative Mode‘ in Instagram Stories
Bilder zu vermeiden, auf denen keine Frauen*          zu teilen und mit GIFs zu verzieren. Challen-
sichtbar sind.                                        ges können ebenfalls euren Content ergänzen
                                                      und nicht zu vergessen sind klassische Posts.
Ihr wollt euch inhaltlich zu einem Thema              Eurer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
äußern? Macht euch Gedanken, in welchem               Setzt euch nicht unter Druck und habt Spaß an
Format diese Auseinandersetzung sinnvoll              der Social Media Arbeit!
ist und betont die feministische Perspektive
bei allen Themen – auch solchen, die auf den
ersten Blick nicht ausschließlich feministisch
erscheinen. Achtet auf eine niedrigschwellige
Sprache, die eure Themen auch für Außenste-
hende verständlich macht.

Social-Media-Arbeit – insbesondere eine
feministische – ist nicht von heute auf mor-
gen perfekt umsetzbar. Umso wichtiger ist
es, sie kontinuierlich zu reflektieren und
weiterzuentwickeln. Sprecht gezielt Frauen*
aus euren Hochschulgruppen an und bindet
diese in die Gestaltung der Inhalte mit ein.
Anschließend könnt ihr in einem geschützten
Raum besprechen, wie der Post angekom-
men ist.

Ein Best-Practice-Beispiel, das wir während
des Frauen*-Empowerment-Programms ent-
wickelt haben, war ein Quiz zum internationa-
len Frauen*kampftag. Hierbei haben wir uns
in Kleingruppen ein paar Fragen überlegt, die
dann in den Instagram Stories zur Abstim-
mung standen und anschließend mit kurzen
Erklärvideos unterstützt wurden. Eine andere
Möglichkeit ist, Interviews zu führen und im
‚ping-pong-Stil‘ eure Fragen und die Antwor-
ten der Interviewpartner*innen in den Stories
zu teilen. Mit diesen Formaten verbindet ihr
spielend feministische Bildungsarbeit und die
Interaktion mit eurer Community.

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„Looking out for each other“.
Awarenessarbeit und Reflexion innerhalb der Hochschulgruppen
Melina Hammer & Svea Kühl
Um Sitzungen, Kneipentreffen und Spiele-               im Ernstfall an eine andere Stelle wenden.
abende für jede*n so angenehm wie möglich              Das Awarenessteam sollte am besten, wie
zu gestalten, ist es sinnvoll, sich als Hoch-          auch alle anderen Ämter, gewählt werden. Bei
schulgruppe intensiv mit Awarenessarbeit               dieser Wahl sollte neben der Quotierung auch
zu beschäftigen und immer auch Zeit für die            der Umstand berücksichtigt werden, dass Mit-
Reflexion der Veranstaltungsatmosphäre                 glieder des Awareness-Teams nach Möglich-
einzuräumen. So kann ein Klima geschaffen              keit keine anderen Ämter bei den HSGn haben,
werden, in dem sich neue Mitglieder und ins-           also keine Autoritätspersonen sind. Bei jeder
besondere Frauen* wertgeschätzt und wohl               Sitzung sollte mindestens ein Mitglied des
fühlen und gerne wieder zur nächsten Ver-              Teams anwesend sein und die Kontaktdaten
anstaltung kommen. Einige Methoden dafür               sollten allen zur Verfügung gestellt werden,
wollen wir Euch im Folgenden vorstellen. Es            damit das A-Team unmittelbar erreichbar ist.
ist dabei empfehlenswert, verschiedene der             Besonders bei Veranstaltungen, bei denen
unten erläuterten Möglichkeiten miteinander            Alkohol konsumiert wird oder die eine Über-
zu verbinden, so dass diese sich gegenseitig           nachtung beinhalten, ist die ständige Erreich-
ergänzen.                                              barkeit der Mitglieder essentiell. Am Ende von
                                                       Sitzungen oder Veranstaltungen bietet es sich
Feministische Viertelstunde                            an, dass das Awarenessteam einen kurzen
                                                       Bericht abgibt. Dabei können Auffälligkeiten
Ein Konzept, das in einigen Hochschulgruppen           angesprochen werden, die dem Awareness-
angewendet wird, ist die feministische Viertel-        team selbst aufgefallen sind oder die von
stunde. Dabei wird in der ersten Viertelstunde         anderen Personen an sie herangetragen wor-
der HSG-Sitzung von einer*einem der Teilneh-           den sind. Das A-Team trägt zur regelmäßigen
menden ein Input-Vortrag zu einem feminis-             Reflexion bei und schafft immer wieder Auf-
tischen Thema gehalten. Dies kann in Form              merksamkeit für diskriminierendes und über-
einer Buchvorstellung geschehen, ihr könnt ein         griffiges Verhalten. Zudem hat es auch die
kurzes Video zeigen oder einen Song hören,             Funktion von Vertrauenspersonen, das bedeu-
einen Text lesen oder einfach eine Frage in            tet, dass absolute Verschwiegenheit über die
den Raum stellen, die diskutiert werden soll.          anvertrauten Informationen gewahrt werden
Dieser Input dient dazu, in jeder Sitzung einen        muss und kein Schritt ohne die Einwilligung
feministischen Anstoß zu setzen und Debat-             der*des Betroffenen geschehen darf. Beson-
ten und Gedankenprozesse anzustoßen.                   ders wichtig ist hier: das A-Team ist eine HSG-
                                                       interne Institution. Sobald eine Sache über
Awarenessteams (A-Team)                                die Hochschulgruppe hinausgeht oder sogar
Ein Awarenessteam ist eine Gruppe von 2-3              strafrechtlich relevant wird, kann das A-Team
Mitgliedern der Hochschulgruppe, die als unab-         zwar als Hilfsinstanz unterstützen, aber ihr
hängige Ansprechstelle für jede Art von Diskri-        solltet dann dringend andere Behörden wie
minierung fungieren, an das ihr Euch wenden            die universitäre Gleichstellungsbeauftragte
könnt, wenn ihr Euch unwohl fühlt oder einfach         oder im Notfall auch die Polizei kontaktie-
jemanden zum Reden braucht. Gemeinsam mit              ren. Wenn dem A-Team eine Angelegenheit
den Mitgliedern des A-Teams soll dann eine             als zu brisant erscheint, kann es sich immer
Lösung für das Problem gefunden werden. Ihr            auch an die Anti-Sexismus-Kommission
könnt die Schwierigkeiten offen oder anonym            (ASK) der Juso-Hochschulgruppen wenden.
während einer Sitzung ansprechen lassen, ein
moderierendes Gespräch suchen oder Euch
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