Empowerment Reader - Juso-Hochschulgruppen
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1. Auflage 2020 Juso-Hochschulgruppen Willy-Brandt-Haus Wilhelmstr. 141 10963 Berlin Fon: +49 (0)30-25991 285 juso-hsg@spd.de www.jusohochschulgruppen.de
Inhalt Vorwort4 Die Autorinnen5 There is no Feminism without Socialism! Unser Verbandsverständnis8 Feminist Fight Club! Das Empowerment-Konzept unseres Verbands9 Nicht nur eine feministische Begleiterin, sondern gleich eine ganze Bande! Erfahrungsbericht zum Empowerment-Programm 201510 Frauen*netzwerke und Schwesternschaft. Erfahrungsbericht zum Empowerment-Programm 201812 A Woman’s Place is in Politics Erfahrungsbericht Empowerment-Programm 202013 Stark sind wir nur gemeinsam! Feministische Vernetzungsformate14 Knowledge is Power Feministische Bildungsarbeit16 Support your Sisters Frauen* empowern sich gegenseitig! 20 Feminism goes online! Empowerment im Internet22 „Looking out for each other“. Awarenessarbeit und Reflexion innerhalb der Hochschulgruppen 24 Wir tragen den Empowerment-Gedanken in den ganzen Verband! Die Empowerment-Frauen* als Multiplikatorinnen26 Anhang28 Feministisches Werwolf29 Leitfaden Genderplena30
Vorwort Liebe Juso-Hochschulgrüppler*innen, Im Jahr 2020 haben wir als Juso-Hochschulgruppen-Bundesverband wieder ein Frauen*-Emp- owerment-Programm aufgelegt – mittlerweile das dritte seiner Art. Diesmal unter dem Motto „A Woman‘s Place is in Politics“ trafen sich über 20 Frauen* aus dem gesamten Bundesgebiet, um sich untereinander zu vernetzen, sich gegenseitig zu empowern und sich selbst inhaltlich wie methodisch für die Verbandsarbeit zu qualifizieren. Im Rahmen des Programms wurde die Idee eines Empowerment-Readers geboren. Und nun – wenige Monate später – haltet ihr diesen Reader in der Hand. Die folgende von Empowerment- und BuVo-Frauen* gemeinsam erarbeitete Textsammlung verbindet die Kerngedanken unseres feministischen Verbandsverständnis und des Empower- ments mit praktischen Tipps, Strategien und Best-Practice-Beispielen. Der Reader soll Euch, den Aktiven vor Ort, als Leitfaden für die feministische Arbeit in den Hochschulgruppen vor Ort und in den Bundesländern dienen. Er hält gleichzeitig auch ein Stück Verbandsgeschichte und -identität fest: Mit Erfahrungsbe- richten aus drei Generationen von Empowerment-Frauen* und der Festschreibung des – den Juso-Hochschulgruppen wohl ganz eigenen – Empowerment-Gedankens selbst. Wir hoffen, dass der Reader euch – in euren Hochschulgruppen aber auch persönlich – berei- chert. Sei es als Anregung und Hilfestellung oder auch als Andenken an die feministische Arbeit und das Frauen*netzwerk der Juso-Hochschulgruppen. Wir wünschen euch in jedem Fall viel Spaß damit. Mit feministischen Grüßen, Laura und Charlotte für den Bundesvorstand. 4
Die Autorinnen Wir danken allen beteiligten Autorinnen, ob Empowerment-Frauen*, aktuellen oder alten Frauen* aus dem Bundesvorstand und unserem Geschäftsführer Max Meisenheimer für die Realisie- rung des Projekts! Johanna Dangloff (*1992) Johanna ist seit November 2019 Mitglied des Bundesvorstands der Juso-Hochschulgruppen. Sie studiert Germanistik und Kunstwissenschaften in Kassel. Aselya Dilbas (*1999) Aselya hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen. Sie studiert Rechtswissenschaft in Bochum. Lina Eilers (*1999) Lina hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen. Sie studiert Politikwissenschaft in Münster. Melina Hammer (*1998) Melina hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen. Sie studiert Politikwissenschaft in Mannheim. Helene Kast (*2000) Helene hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen. Sie studiert Physik in Bonn. Ronja Kölpin (*2001) Ronja hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen. Sie studiert Politikwissenschaft in Berlin. Leona Krause (*2000) Leona hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen. Sie studiert Wirtschaftswissenschaften in Leipzig. Lea Krusemeyer (*1999) Lea hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen. Sie studiert Transkulturelle Kommunikation in Düsseldorf. Svea Kühl (*2000) Svea hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen. Sie studiert Recht und Politik in Frankfurt an der Oder. 5
Laura Loew (*1999) Laura ist seit November 2019 Mitglied des Bundesvorstands der Juso-Hochschulgruppen und ist eine der Hauptverantwortlichen für die Organisation und Durchführung des Empowerment- Programms 2020. Sie studiert Geschichte und Politikwissenschaften in Leipzig. Jule Miklis (*1995) Jule ist seit November 2019 Mitglied des Bundesvorstands der Juso-Hochschulgruppen. Sie studiert Sozialwissenschaft in Oldenburg. Klara Morfeld (*1999) Klara hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen. Sie studiert Soziologie in Jena. Lisa Nolte (*1999) Lisa hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen. Sie studiert Politikwissenschaft und Deutsch auf Lehramt. Charlotte Sonneborn (*1997) Charlotte ist seit November 2019 Mitglied des Bundesvorstands der Juso-Hochschulgruppen und ist eine der Hauptverantwortlichen für die Organisation und Durchführung des Empower- ment-Programms 2020. Sie studiert Rechtswissenschaft in Münster. Mia Thiel (*1994) Mia hat im Jahr 2015 an der ersten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen und war zwischen 2015 und 2017 Mitglied des Bundesvorstandes der Juso-Hochschulgruppen. Seit 2018 ist sie IUSY-Vize-Vorsitzende und kooptiert in den Juso-Bundesvorstand. Sie studiert Rechtswissenschaft in Berlin. Vanessa Wagner (*1998) Vanessa hat im Jahr 2020 an der dritten Auflage des Empowerment-Programms teilgenom- men. Sie studiert Wirtschaftswissenschaften in Gießen. Lilli Wouhbé (*1998) Lilli hat im Jahr 2018 an der zweiten Auflage des Empowerment-Programms teilgenommen und ist war von 2017 bis 2020 Landeskoordinatorin der Juso-Hochschulgruppen in Nordrhein- Westfalen. Sie studiert Rechtswissenschaften in Bochum. 6
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There is no Feminism without Socialism! Unser Verbandsverständnis Laura Loew & Charlotte Sonneborn Der Feminismus bildet einen der drei Grund- Letztendlich ist das Ziel jedoch eine utopische werte unseres Verbandes. Das bedeutet, dass Gesellschaft, in der sich die Kollektive Identi- die feministische Analyse bei jedem unserer tät Frau* selbst abgeschafft hat, da die Not- Beschlüsse eine essentielle Perspektive ist, wendigkeit zu einer gemeinsamen Auflehnung dass wir bei jeder Veranstaltung auf ein femi- gegen die kollektive Diskriminierung nicht nistisches und diskriminierungsfreies Klima mehr notwendig ist. Eine utopische Gesell- achten und dass wir uns als Juso-Hochschul- schaft, in der das Geschlecht kein determinie- gruppen intensiv mit den theoretischen Strö- render Faktor mehr ist. mungen des Feminismus auseinandersetzen, um unsere Verbandsposition durch stetige Dabei vernachlässigen wir selbstverständlich Reflektion miteinander auszuhandeln und nicht die Unterschiedlichkeit innerhalb der weiterzuentwickeln. Gruppierung der Frauen* und orientieren uns an dem aus der queerfeministischen Theorie Der Versuch einer Vereinigung der aktuell entlehnten Analysekonzept der Intersektio- dominierenden Theorieströmung des Queer- nalität. Dieser Begriff, der die Überschnei- feminismus und unserem sozialistischen dung von Diskriminierungsformen beschreibt, Grundverständnis bedeutet für uns, uns zu bedeutet für uns dabei nicht die Aufaddierung einem materialistischen Feminismus zu von „-ismen“ und Marginalisierungserfahrun- bekennen, der durch das Analysekonzept der gen. Vielmehr konzentrieren wir uns auf die Queer-Theory ergänzt wird. Dies bedeutet, Gemeinsamkeit der vielfältigen Diskriminie- dass wir uns besonders mit den materiellen rungserfahrungen, die alle begründet liegen und ökonomischen Grundlagen der Diskrimi- im warenproduzierenden Patriarchat. nierung von Frauen* durch das kapitalistische Patriarchat beschäftigen und uns in unserem Wir erkennen die Dialektik zwischen Identi- feministischen Kampf besonders auf das tätspolitik und theoretischer Gesellschafts- politische Subjekt Frau* beziehen, dass durch analyse an und weigern uns, diese einseitig die patriarchalen Geschlechterverhältnisse zu Gunsten einer Seite aufzulösen. Eine iden- immer wieder gewaltvoll hervorgebracht wird. titäre Betroffenheitspolitik darf nie der einzige Ausgangspunkt unseres Feminismus sein, Dabei ist für uns die Kategorie keine natür- aber wir müssen uns gleichzeitig in unserem lich gesetzte, sondern eine, die allen als weib- realpolitischen Engagement auf eine positive lich gelesenen Menschen durch das binäre Identitätspolitik des politischen Subjekts Frau Geschlechtersystem auferlegt wird. In dieser beziehen. Gruppe befinden sich auch Menschen, die sich nicht als weiblich identifizieren, sie wer- den aber von der patriarchalen Gesellschaft auf Grund ihrer äußeren Merkmale meist als solche wahrgenommen. Deshalb beziehen wir uns in einem strategischen Essentialismus auf diese konstruierte Gruppe, auf die sich im realpolitischen Kampf notwendigerweise bezogen werden muss und die als kollektive Identität Frau* die Trägerin der Veränderung der hierarchischen Geschlechterordnung sein muss. 8
Feminist Fight Club! Das Empowerment-Konzept unseres Verbands Jule Miklis Männlich dominantes Redeverhalten, Man- politische Arbeit zu qualifizieren, ihnen Platt- splaining, ständiges Unterbrechen von Frauen* formen für die Vernetzung/Unterstützung oder auch Ämter- und Listenplatzverteilungen, untereinander, sowie Schutzräume zum Aus- bei denen Männer nur Männer unterstützen. tausch über erlebten Sexismus zu geben und All das kommt in der Hochschulpolitik immer sie zu Multiplikatorinnen auszubilden, die das noch häufiger vor, als es sein muss. Wir sehen: Gelernte (also das selbst erfahrene Empower- das Patriarchat umgibt uns überall, tagtäglich. ment) in die Breite des Verbandes tragen. Es gilt, diese verkrusteten Verhältnisse zu zer- schlagen. Nur wie? Das Empowerment-Programm ist der Ansatz- punkt, von dem aus die Kultur der Unterstüt- Unsere Antwort auf Männerbünde, Sexismus zung/des Empowerns und die aus ihr erwach- und gesellschaftlichen Rollback lautet, Ban- senden Prozesse und Strukturen maßgeblich den zu bilden, uns zu vernetzen, gegenseitig geschaffen und weiterentwickelt werden. Es zu empowern und den Raum einzunehmen, fand 2020 zum dritten Mal statt (vorherige der uns als Frauen* zusteht. Programme 2015 und 2018). Das wiederkeh- rende und sich immer weiterentwickelnde Pro- Doch warum wird Empowerment bei uns gramm möchte den Austausch über persön- innerhalb des Verbandes überhaupt benö- liche Erfahrungen der Frauen* gewährleisten, tigt? Gerade auch politisch aktive Frauen* ebenso wie die davon ausgehende Entwick- sind nicht sicher vor Sexismus. Kommentare lung von Strategien, sich selbst und andere wie „heute bist du aber emotional, du hast Frauen* in der Politik zu behaupten und zu bestimmt deine Periode” oder „lasst uns lie- unterstützen. Inhaltlich werden die Grundla- ber einen Mann zum Sprecher machen, da ER gen des Feminismus erarbeitet und diskutiert. mehr weiß” sind auch bei uns in der Hoch- Im Bereich der Methodik erwarteten die Teil- schulpolitik immer wieder präsent. Frauen* nehmerinnen unter anderem Workshops zu entwickeln hinsichtlich dieses Verhaltens rhetorischen/argumentativen Fähigkeiten und schnell einen eigenen Schutzmechanismus, weitere praktische Tipps zum Kampf gegen im Rahmen dessen schnell gesagt wird, dass Sexismus im (politischen) Alltag. das Erlebte nicht so schlimm war oder die Person es einfach nicht besser wusste. Doch Welche unterschiedlichen Erfahrungen im als (queer-)feministischer Richtungsverband Programm gemacht wurden und was Emp- steht für uns fest: Die Juso-Hochschulgrup- owerment ganz praktisch und sehr persönlich pen stehen gemeinsam und in jedem Fall bedeutet, kann auf den nächsten Seiten unse- gegen Sexismus, gegen das Patriarchat und res Empowerment-Readers gelesen werden. für Frauen*empowerment! Bei den Juso-Hochschulgruppen begrei- fen wir die Benachteiligung von Frauen* als ein strukturelles Problem, welches auch in unserem Verband und erst recht in weiteren politischen Sphären nicht überwunden ist. Der Empowerment-Gedanke der Juso-Hoch- schulgruppen ist deshalb seit vielen Jahren Grundpfeiler unserer feministischen Arbeit, unserer Ansprache von Frauen* und unserer politischen Strukturen. Sein Kern liegt darin, Frauen*, die bei den Juso-Hochschulgruppen aktiv sind, inhaltlich wie methodisch für die 9
Nicht nur eine feministische Begleiterin, sondern gleich eine ganze Bande! Erfahrungsbericht zum Empowerment-Programm 2015 Mia Thiel Das Frauen*-Empowerment-Programm der Bundeskoordinierungstreffen 2015/I (BKT) in Juso-Hochschulgruppen war nicht meine Weimar vergessen. BKTs sind immer wuselig. erste Erfahrung mit Frauen*solidarität. Ich Anträge und Änderungen werden verhandelt, hatte das Glück, schon in meinen ersten Juso- Kandidaturen vorbereitet. Was war anders? Schritten von einer der klügsten Frauen*, die Die einflussreichsten Verhandler*innen waren ich kenne, an die Hand genommen zu wer- diesmal die Frauen*! Natürlich hatte nicht erst den, anstatt meinem eigenen Schicksal über- das F*EP sie dazu befähigt, es gab bereits lassen zu sein. Viele von uns kennen diese zuvor genug durchsetzungsfähige und argu- „erste Begleiterin“. Aber wieso eigentlich nur mentativ fundierte Genossinnen. Aber nun eine? Wieso nicht gleich eine ganze Gang an hatten wir das Netzwerk über Länder und Frauen*, die schon zahlreiche Kämpfe mit- Strukturen hinweg. Wir bestimmten, wie der und füreinander geführt haben und die auch Ball gespielt wird und das hatte jede*r der mit und für Dich kämpfen. Für genau ein sol- Delegierten aktiv feststellen können (oder ches Netzwerk sollte das Frauen*-Empower- müssen). Spätesten zu diesem Zeitpunkt ment-Programm (F*EP) der Juso-Hochschul- wusste jede*r von diesem Programm! gruppen aus dem Jahr 2015 den Grundstein legen und bis heute habe ich keinen anderen Etwa 3 Jahre durfte ich in diesem wunder- Ort gesehen, der so sehr das Potential des- baren Verband verbringen und ich glaube, sen hervorgebracht hat, wenn Frauen* sich was das F*EP damals geschaffen hatte, war vertrauensvoll begegnen und sich ehrlich sehr besonders. Eine Kehrtwende sowohl in unterstützen mit dem gemeinsamen Ziel vor der feministischen Strategie der Frauen* als Augen, die bestehenden Verhältnisse ernst- auch in der Verbandsaufstellung als Ganze. haft anzugreifen. Der Strategiewechsel bestand vor allem in der Abkehr von dem, was klassischerweise auch Das F*EP war meine erste Hochschulgruppen- im Verband als „Frauen*förderung“ verstan- Aktivität. Ich hatte mich gefreut, auf theoreti- den wurde: Männer sind so großzügig, auch sche Wissensvermittlung und Best-Practice- mal Platz für Frauen* zu machen oder hier und Austausch. Was ich nicht erwartet hatte, war da mal eine quotierte Redner*innenliste zu die Mischung aus fachlicher Überzeugung etablieren. In diesem Sinne ging es eben wort- und persönlichem Verständnis füreinander, wörtlich um Empowerment: Instrumente wie die die Empowerment-Frauen* aller Genera- Quoten erfüllen ihren Zweck, aber es muss an tionen untereinander verbindet. Wir hatten der Wurzel der strukturellen Probleme ange- Workshops, da war der Aktionismus so groß, setzt werden. Nicht Frauen* müssen sich dass wir direkt auf die Straße hätten sprin- „männlicher Politik“ anpassen und können gen können. Wir hörten Vorträge, in denen die froh sein, wenn sie durch Hartnäckigkeit und Anspannung zum Zerschneiden war und es Ankämpfen gegen Old Boys Networks auch gab Momente, in denen wir uns gemeinsam ein Stück vom Kuchen erhaschen, sondern derart geärgert haben über alles was uns – ihre Kämpfe als gemeinsame erkennen und was Frauen* – in der Politik und auch darü- selber netzwerken. ber hinaus passiert, dass die eine oder andere Träne floss. Und es war klar: Das müssen wir Doch wo ein anderer Wind weht, lassen nicht jetzt strategisch angehen. diejenigen lange auf sich warten, die sich ihres warmen und weichen Kissens bedroht fühlen. Ich denke, keine von uns wird das Um eines deutlich zu sagen: Viele Männer 10
haben das F*EP unterstützt, waren begeistert von den Effekten und haben Raum für unsere Arbeit geschaffen, wo sie konnten. Und das ist auch richtig so – ist es nicht unser Kampf, den wir Frauen* allein führen können oder gar müssen. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass eine solche Fundamental-Ver- änderung nicht ohne Skepsis einhergeht und zahlreiche Diskussionen und Kämpfe den Weg bis hin zum ersten F*EP flankierten. Nicht ich als Teilnehmerin habe diese geführt, sondern Generationen an Frauen* vor mir und zuletzt die Frauen des ausrichtenden Bundes- vorstands der Juso-Hochschulgruppen von 2015. Zur Frauen*solidarität gehört es auch solche Kämpfe sichtbar zu machen. Annika Klose, Miriam Hack, Sophia Schiebe, Anna Wilhelmi und allen voran Josefine Geib, auf deren Idee das Konzept basierte. Ich für meinen Teil blicke sehr gerne auf das F*EP 2015 zurück und die gemachten Erfah- rungen prägen meine politische Arbeit bis heute: Frauen* als Netzwerk sind dem Patriar- chat systemfremd und gerade daher gefähr- lich für ebendieses. Wir Frauen* dürfen uns nicht auseinandertreiben lassen, aber sollten uns auf der Suche nach Schutzräumen auch nicht verlieren. Schutzräume gibt es im Patriar- chat genauso wenig, wie Verhalten frei von der gesellschaftlichen Realität um uns herum. Wir müssen unseren Einfluss kollektiv verstärken, dürfen dabei aber nicht die Diskussion unter- einander vernachlässigen. Das Frauen*netz- werk ist keine Zwangsfreundinnenschaft, son- dern ein strategischer Zusammenschluss zur koordinierten feministischen Praxis. Wir dür- fen uns nicht zur Exklusivität verleiten lassen (übrigens auch nicht zwangsläufig gegenüber dem Diskurs mit unseren männlichen Genos- sen), aber müssen offen und kompromisslos in unseren feministischen Kämpfen bleiben. Jede andere Frau könnte die Liste mit den Erfahrungen aus ihrer Girl Gang fortsetzen und genau dieser Grassroot-Effekt macht stark. In diesem Sinne: Hoch die Frauen*solidarität! 11
Frauen*netzwerke und Schwesternschaft. Erfahrungsbericht zum Empowerment-Programm 2018 Lilli Wouhbé Alles begann mit einer unscheinbaren E-Mail: wir uns auf einer Veranstaltung jeglicher Art der Aufforderung, sich für das Empower- begegnen, herrscht auch heute noch - wie bei ment-Programm der Juso-Hochschulgrup- einem Feminist Fight Club - das unausgespro- pen 2018 zu bewerben. Doch für mich und chene Gesetz, der anderen immer den Rücken für viele andere Frauen* war es so viel mehr frei zu halten. Nicht zwangsweise immer einer als nur eine Bewerbung, wir wollten unbe- Meinung, aber gemeinsam gegen alle patriar- dingt Teil des Empowerment-Programms der chalen Widerstände. Juso-Hochschulgruppen werden. Mehr Zeit in dem Verband verbringen, den wir alle so lie- Frauen*netzwerke wirken wie Schwestern- ben, mehr über feministische Kämpfe in der schaften und könnten in der aktuellen politi- patriarchalen Gesellschaft erfahren und mehr schen Lage nicht notwendiger sein. Immer starke Frauen* kennenlernen, die nur dar- mehr Männer erklären sich als Feminist, wol- auf warteten, der Gesellschaft mal so richtig len die Frau aber nicht zu Wort kommen las- zu zeigen, was die geballte Kraft eines Frau- sen. Eine weibliche Parteivorsitzende ist gern en*netzwerks so kann. gesehen, aber wird brutaler aus dem Amt gedrängt als jeder Mann vor und nach ihr. Die Wochenenden waren aufgeteilt in 50% Theorie und 50% Praxis. Wer nach außen hin Die Gründung eines Frauen*netzwerks hat sicher unsere feministischen und emanzi- all die bestehenden Männernetzwerke sicher patorischen Positionen vertreten will, sollte nicht auf magische Weise aufgelöst. Aber es diese auch verstehen. schafft neue Machtstrukturen. Es zeigt den bisherigen, meist rein männlichen Macht- So hat mich das erste Wochenende nicht nur strukturen, dass wir uns auch ohne sie orga- inhaltlich unglaublich gefördert und gestärkt, nisieren können. Dass wir Mehrheiten organi- sondern auch meinem neuen Wissen Selbst- sieren, Posten mit Frauen* besetzen oder die vertrauen gegeben. Werde ich von einem Debatten mit unseren Forderungen und Argu- Mann noch einmal in einer Diskussion gefragt, menten dominieren können. ob das denn so stimme, was ich sage oder ob eine Maßnahme (der Klassiker sind hier Quo- Ein Frauen*netzwerk, egal auf welcher Ebene ten) wirklich notwendig ist, muss ich nicht oder von welcher Größe, kann ein unglaubli- erst nachdenken, ob er nicht doch Recht hat. ches Potential für alle Frauen*, aber auch den Meine Argumente warten nur so darauf, ihm ganzen Verband entfalten. um die Ohren zu fliegen. Ich für meinen Teil würde meinen Feminist Die freien Abende haben uns dann zu Fight Club auf keinen Fall mehr missen wollen. Freund*innen gemacht. Ob ein Abschlussbier auf der Dachterrasse im Willy-Brandt-Hauses, ein spontaner late-night Museumsbesuch oder ein feministischer Spieleabend, wir schu- fen Erinnerungen und strapazierten dabei unsere Lachmuskeln bis zum Anschlag. Der wahre Zauber des Empowement-Pro- gramms hat sich besonders im Nachhinein gezeigt. Wir wurden zu Unterstützerinnen, zu gegenseitigen Cheerleaderinnen. Immer, wenn 12
A Woman’s Place is in Politics Erfahrungsbericht Empowerment-Programm 2020 Svea Kühl Angefangen hat alles an einem leider verreg- Zuletzt eine kleine persönliche Anmerkung: neten Freitag Anfang März. Unter dem Motto Dieses Wochenende mit über zwanzig star- „A Woman’s Place is in Politics” kamen über ken, motivierenden Frauen* hat mir die Kraft 20 motivierte Frauen* im Willy-Brandt-Haus in gegeben, mich weiter für Feminismus stark Berlin zusammen, um sich über Feminismus zu machen. Was ich im Empowerment-Pro- auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und – gramm gelernt und direkt angewandt habe, vor allen Dingen – sich gegenseitig zu emp- ist zum Beispiel: Um Sexismus aufzuzeigen, owern! Auch, wenn wir zu diesem Zeitpunkt braucht es immer unbequeme Menschen, die noch nicht genau wussten, wie. sich nicht scheuen, genau das zu tun. Fight the patriarchy! Und wohl das wichtigste: Bil- Es begann mit einer kurzen Vorstellungsrunde det Banden! Wenn Männer das können, dann und einem anfänglichen Kennenlernen. Die Frauen* erst recht. ersten paar Stunden verbrachten wir dann damit, eigene Erfahrungen mit Sexismus aus- Auch wenn dieser Reader zum Glück trotz- zutauschen. Dabei stellten wir (leider) fest, dem zu Stande kommen konnte, musste wie viele Erfahrungen jede von uns schon mit unser zweiter Termin des EP-Programms auf Sexismus gemacht hatte und dass diese sich Grund der Maßnahmen zur Eindämmung von oft sehr ähneln. Covid-19 leider auf unbestimmte Zeit verscho- ben werden. In den in dieser Zeit stattdessen Die nächsten Einheiten waren dann theo- stattfindenden Telefonkonferenzen haben retisch. Hier lernten wir viel zur Geschichte wir uns dennoch über unsere (feministische) und zu den unterschiedlichen Strömungen Arbeit ausgetauscht und fanden darüber dann des Feminismus. Trotz der Masse an Texten auch Motivation und Inspiration für weitere war die Vielfalt an Ideen, die den Feminismus Ansätze. prägten und das Kennenlernen der Frauen*, die bisher für den Feminismus kämpften, An dieser Stelle auch nochmal vielen Dank an sehr inspirierend. Auf Grundlage der feminis- den Bundesvorstand für die Organisation und tischen Theorien reflektierten und diskutier- das Vorbereiten des gesamten Programms. ten wir anschließend unser feministisches Ich denke, ich kann im Namen von allen Teil- Verbandsverständnis. nehmerinnen sprechen, wenn ich sage, dass es uns viel Spaß gemacht und uns in unserer Schließlich erarbeiteten wir Empowerment- feministischen Arbeit weitergebracht hat. Strategien, die jede von uns mit anderen Ansätzen und Erfahrungen vielfältig ergänzte. Gemeinsam konnten wir so Wege erarbeiten, wie wir Sexismus begegnen, wie wir andere Frauen* empowern und so auch unsere Rolle als Multiplikatorin* einnehmen können. Im Rahmen des Programms bekamen wir die Gelegenheit, erste Ansätze auch direkt auszu- probieren. Wir gestalteten ein Instagram-Quiz zu feministischen Themen, welches am 8. März dann über den Social-Media-Kanal der Juso-Hochschulgruppen veröffentlicht wurde und planten diesen Empowerment-Reader. 13
Stark sind wir nur gemeinsam! Feministische Vernetzungsformate Helene Kast & Lea Krusemeyer Die Hochschulpolitik ist noch immer stark von Eines geschehen: gegenseitiges Kennen- und Männern dominiert und es ist zu oft zu beob- Schätzenlernen. achten, dass die wenigen aktiven Frauen* auch noch in starker Konkurrenz zueinander Chatgruppen stehen, denn die Männer räumen dann eben Mal gnädigst doch nur einen Posten im Spre- Eine Chatgruppe ist eine praktische und cher*innenteam für eine Frau frei, um den unkomplizierte Möglichkeit, um Frauen* in der sich die „Mädels” dann „zoffen” dürfen. Aber Hochschulgruppe zu vernetzen. Als digitaler warum müssen die Frauen* sich eigentlich die Safe-Space bietet sie Frauen* die Sicherheit, Positionen untereinander streitig machen? Wir immer auf ein feministisches Netz zurückzu- machen stattdessen den Männern ihre Pos- greifen und darüber Unterstützung einzuholen. ten streitig. Weil wir aber nun mal meistens Plattformen wie WhatsApp oder Telegram bie- eine kleinere Gruppe in der Hochschulpolitik ten sich an, um Termine für Veranstaltungen ausmachen und gerade in unseren eigenen und Treffen zu koordinieren und neue feminis- Hochschulgruppen oft nicht die Mehrheit bil- tische Aktivitäten zu planen. Besonders nütz- den, heißt es: Zusammenhalten! Wir können lich können Frauen*-Chatgruppen auch wäh- alle voneinander lernen und profitieren, wenn rend Sitzungen sein. Sollte ein sexistischer wir uns zusammentun. Es gibt die schöne Kommentar eines Genossen unkommentiert Formulierung „lasst uns Banden bilden” und bleiben, ein Verfahren scheinbar schon vorher dazu wollen wir Euch motivieren. Schließt unter den Männern ausgeklüngelt sein oder Euch in Euren Hochschulgruppen zusammen die Notwendigkeit für ein Time-Out bestehen, und helft einander. Wenn eine von uns etwas können die Frauen* sich in der Gruppe schnell erreicht, haben wir alle etwas erreicht. Und der auf die notwendigen Maßnahmen verständi- beste Weg, uns gegenseitig zu vernetzen, ist, gen und so merken, dass sie in einer unange- Räume zu schaffen! Einige Ideen dafür findet nehmen Situation nicht alleine sind! ihr hier: Spieleabend Feministisches Café Bei einem Spieleabend können sich die Ein bewährtes Format sind regelmäßig statt- Frauen* der Hochschulgruppe in lockerer findende Frauen*-Treffen in einem Café, Runde kennenlernen und die Chance, dass sich der Mensa oder Cafeteria. In diesem ent- die Gruppe durchmischt und neue Bekannt- spannten Rahmen können sich in der Hoch- schaften entstehen, ist relativ groß. Es kön- schulpolitik Aktive, Ehemalige und neu inte- nen Spiele mit feministischem Touch oder ressierte Frauen* vernetzen. Die Treffen auch einfach nur „Mensch ärgere dich nicht“ ermöglichen Austausch und die gegensei- gespielt werden – es zählt der gemeinsame tige Ermutigung für zum Beispiel das Stellen Spaß. Für feministische Spiele haben wir aber von Anträgen und das Kandidieren auf Pos- trotzdem ein paar Vorschläge für Euch: Das ten. Darüber hinaus sind sie, wenn sie vorher feministische Werwolf1, auf demselben Prin- entsprechend beworben wurden, auch eine zip wie der klassische Werwolf aufbauend, gute Möglichkeit, weibliche Neumitglieder zu ersetzt die klassischen Kategorien durch gewinnen und zu integrieren. Wichtig hier- böse „Feministinnen”, die nachts aufwachen, bei ist, dass die Treffen nicht auf „offizielle um die „Besorgte Bürger*innen” zu emanzipie- Angelegenheiten” beschränkt sind! Neben ren. Gerade in etwas größeren Gruppen und Strategieabsprachen sollte hier vor allem mit mehr Zeit lässt sich dies sehr gut spielen 1 Die komplette Anleitung findet Ihr im Anhang 14
und hat zusätzlich den Vorteil, sich in heiterer Atmosphäre in feministischen – und antifemi- nistischen – Argumentationen zu üben. Auch feministische Versionen von Scharade, „Wer Bin Ich” oder „Tabu” sind mit ein bisschen Vor- bereitung leicht umsetzbar und führen sowohl zum besseren Kennenlernen als auch zur feministischen Weiterbildung. Meine Liebste... Dieses Konzept dient dazu, sich gegenseitig starke und inspirierende Frauen* näherzubrin- gen. Die Idee lautet wie folgt: Jede Frau über- legt sich im Vorfeld des nächsten Frauen*tref- fens ein weibliches Vorbild, das sie in ihrem Leben inspiriert hat, sei es eine Autorin, die ein gutes Buch schrieb, eine Schauspielerin oder Politikerin. Diese Frau wird dann in einem kleinen Vortrag von ca. 5 bis 10 Minuten vor- gestellt. So lernen alle Teilnehmenden neue Frauen* kennen und das Gefühl einer großen feministischen Gemeinschaft kann nochmal intensiviert werden. Praktischer Nebeneffekt ist, dass man in einem Safe Space üben kann, einen Vortrag zu halten und die eigene Scheu zu überwinden. 15
Knowledge is Power Feministische Bildungsarbeit Lina Eilers & Leona Krause Um ein feministisches Selbstverständnis zu Gruppenarbeitsphase folgen, in der die Teil- fördern und zu verfestigen ist es wichtig, femi- nehmer*innen an jeweils einer Strömung nistische Bildungsarbeit anzubieten und so detaillierter arbeiten. Hierbei können verschie- auch Raum zur Diskussion über verschiedene dene Arten von Quellen bereitgestellt werden: feministische Themen zu schaffen. In inhalt- Texte, Videos, Podcasts, Interviews, Comics, lichen Workshops, Seminaren, Podiumsdis- etc. Es sollte darauf geachtet werden, die kussionen oder auch Lesekreisen könnt ihr Informationen möglichst barrierearm bereit- euch beispielsweise mit folgenden Themen zustellen. Die wichtigsten Informationen beschäftigen: sollten dann für die anderen Teilnehmer*in- nen zusammengetragen werden. Dies kann • Geschichte des Feminismus in Form eines FlipCharts, einer PowerPoint- Präsentation oder auch einem Handout • Strömungen und Akteur*innen des geschehen. Feminismus • Wie kann man Sozialismus und Femi- Vorstellung und Diskussion nismus verknüpfen? Nun werden die Ergebnisse der einzelnen • Aktuelle Debatten über Care-Arbeit, Gruppen vorgetragen und Nachfragen können häusliche Gewalt, Abtreibung, Prostitution, gestellt werden. Wichtig ist, die Ergebnisse zu Gläserne Decke uvm. sichern, sodass die Teilnehmenden auch im Nachhinein auf die Informationen zugreifen • Feministische Theorie (hier eignet sich können. vor allem das Format des Lesekreises) Zum Schluss sollten die Teilnehmer*innen Um Euch die Planung für ein solches Treffen den Raum haben, über die verschiedenen Strö- zu erleichtern, findet ihr im Folgenden eine bei- mungen zu diskutieren. Die Diskussion kann spielhafte, detaillierte Tagesordnung für eine sich zur Orientierung auch an Diskussions- Veranstaltung mit dem inhaltlichen Schwer- fragen entlang richten. Diese Fragen können punkt der feministischen Strömungen. entweder von den Gruppen selbst in das Ple- num gebracht werden, z.B. am Ende der jewei- Einleitung und Begrüßung ligen Vorstellung, oder sie werden von den Veranstalter*innen als Vorschlag gestellt. Fol- Nachdem sich alle Teilnehmer*innen in einem gende Fragen könnten beispielsweise gestellt kurzen Warm-Up kennengelernt haben, sollte werden: zunächst in das Thema eingeführt werden und die verschiedenen Strömungen kurz vor- • In welcher Strömung verorten wir uns gestellt werden, sodass alle Anwesenden den als Juso-Hochschulgruppen? gleichen grundlegenden Wissensstand haben. Die Strömungen sollten zeitlich zugeordnet, • Wie lassen sich die verschiedenen Strö- ihre wichtigsten Vertreterinnen genannt und mungen vereinen? eventuell der analytische Kernpunkt der Strö- • Welche positiven und negativen mung thematisiert werden. Aspekte haben die jeweiligen Theorieströ- mungen an sich? Gruppenarbeitsphase und inhaltliche Auseinandersetzung In der Diskussion sollte auf das Redeverhal- Daraufhin könnte zum Beispiel eine ten geachtet werden, die Redelisten sollten 16
quotiert und balanciert sein, um allen Teil- Themenvorschläge für eure Kompetenz-Work- nehmenden die Chance zur Partizipation zu shops. Hier könnt Ihr euch wie aus einem Bau- geben. kasten Bestandteile heraussuchen, die auf eure Bedürfnisse abgestimmt sind. Fazit Hochschulpolitik – wie funktioniert studentische Am Ende des Seminars sollten alle Teilneh- Mitwirkung an der Uni? mer*innen die Option für (anonymes) Feed- back haben. Auch eine Abschlussrunde, zum Fakultätsrat, StuKo, AStA, StuPa, Senat, … Beispiel in Form eines Blitzlichts, ist möglich Auch nach mehreren Semestern an der Uni ist und bietet den Teilnehmenden sowie den Ver- es oft so, dass man nicht unbedingt weiß, was anstaltenden Raum zur Reflexion. Soweit wie diese ganzen Abkürzungen bedeuten und wel- möglich sollten Materialien und Ergebnisse che Gremien für was zuständig sind. zur Nachbereitung zur Verfügung gestellt werden. Ein Workshop für Hochschulpolitik nimmt die Unübersichtlichkeit aus dem System und Eure Veranstaltungen können letztendlich ermöglicht es, sich darin besser zurechtzu- ganz verschieden ablaufen. Passt die Tages- finden. So eine Veranstaltung eignet sich ordnung immer gerne an die Wünsche der Teil- übrigens auch sehr gut zur Neumitgliederwer- nehmer*innen an. Oft haben Mitstreiter*innen bung zu Beginn des Semesters. Fragen, die in Ideen, auf die Ihr sonst nie gekommen wärt. einem solchen Workshop bearbeitet werden So bringt Ihr euch alle gegenseitig voran. können, sind: Feministisches Kompetenztraining • Gremien: Welche Institutionen gibt es an der Uni? Wer ist für was zuständig? Zu feministischer Bildung gehört nicht nur die Wer wählt was? Welche studentischen Ver- inhaltliche Auseinandersetzung mit Theorie einigungen gibt es an der Uni? Wie sieht und aktuellen Geschehnissen, sondern auch die aktuelle politische Lage im Studieren- die Vermittlung praktischer Kompetenzen für denparlament aus? Welche überparteili- die Arbeit in der Hochschulgruppe und im poli- chen Studierendenbündnisse gibt es, an tischen Verband. die man sich wenden kann? Wo kann ich mitarbeiten? Oft werden Kompetenzen wie das Antrags- chreiben, Kampagnenplanung oder schlicht • Arbeiten im StuPa/StuRa: Wo, wie das Wissen über politische Strukturen in der und mit welchen Fristen stelle ich einen Uni verinnerlicht, indem sie ausprobiert und Antrag? Wie organisiere ich Mehrheiten? immer wieder angewandt werden. Was ist meine Aufgabe als studentische Vertreterin? Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Männer eher bereit sind, Verantwortung für Dinge zu • Kampagnenplanung: Wie sieht das übernehmen, während Frauen* sich oft davon Wahlsystem der Uni genau aus? Wann abschrecken lassen, etwas noch nicht zu wis- stelle ich Listen zusammen? Wo darf ich sen oder sich nicht 100%ig sicher zu sein. Flyer verteilen? Wie organisiere ich finan- ziell einen Wahlkampf? Um unsere eigene Hemmschwelle und die der Hochschulgrüppler*innen zu senken, sind • Die Arbeit der HSG vor Ort: Wie gewinne Kompetenz-Workshops ein tolles Mittel. Hier ich Mitglieder? Wie organisiere ich eine Ver- können Grundkenntnisse erworben und Tipps anstaltung? Was bedeuten die Grundwerte ausgetauscht werden, sodass wir gestärkt mit Feminismus, Sozialismus, Internationalis- unserer Arbeit starten können. mus für unsere Arbeit? Im Folgenden findet Ihr einige 17
Social Media und Öffentlichkeitsarbeit So ein Workshop lässt sich direkt mit einer Antragswerkstatt verbinden. Mit konkreten Digitale Plattformen werden für unsere Kom- Beispielen lernt es sich noch viel besser und munikation immer bedeutsamer. Umso wich- Ihr könnt direkt mit den neuen Anträgen in die tiger ist es, dass wir die Social-Media-Kanäle nächste StuPa- bzw. StuRa-Sitzung starten. wirksam mit unseren Inhalten bespielen. Viele Hochschulgruppen haben ihre eigenen Rhetorik I – Reden schreiben und halten Social-Media-Richtlinien aufgestellt, damit Wer einen Antrag verfasst hat, muss ihn in der die Beiträge inhaltlich und optisch einheitlich Senatssitzung, der StuPa- bzw. StuRa-Sitzung sind. Ein Social-Media-Workshop kann Fol- oder auch auf dem Bundeskoordinierungstref- gendes beinhalten: fen der HSGn mündlich vorstellen. • Grafikdesign: Einführung in ein Bildbear- Doch auch in anderen Fällen ist es hilfreich beitungsprogramm (wie z.B. InkScape oder zu wissen, wie man richtig eine Rede hält: bei GIMP), Vorstellung des Corporate Designs generellen politischen Aussprachen auf Kon- und des Styleguides der Juso-Hochschul- gressen, der Kommentierung anderer Anträge gruppen, Vorstellung von guten Quellen für oder auch als Grußwort bei Veranstaltungen. lizenzfreie Bilder oder Schriftarten Ein Rhetorik-Workshop, der sich ganz auf • Inhalte: Was eignet sich gut zum Pos- Reden fokussiert, kann folgendes beinhalten: ten? Welche Dinge muss ich rechtlich • Aufbau und Inhalt einer Rede beachten? • Präsentationstechniken: Spickzettel • Online-Kampagnen: Wie kann ich Posts schreiben, Aussprache, Haltung promoten? Wie generiere ich Reichweite? • Selbstbewusstseins-Schulung Pressemitteilungen schreiben Rhetorik II – Diskussionen, Verhandlungen, Auch wenn wir mittlerweile vermehrt online Kommunikation unsere Themen bespielen, ist eine Pressemit- teilung immer noch ein effektives Mittel, um Im alltäglichen politischen Leben kommt Aufmerksamkeit auf unsere Themen zu len- es leider oft vor, dass Frauen* in Debatten ken. Was es hierbei zu beachten gilt und an benachteiligt werden, sei es durch abwer- wen diese Mitteilung geschickt werden muss, tende Kommentare, Bevormundung durch kann in dieser Veranstaltung geklärt werden. Männer oder allein durch die Tatsache, dass Besonders wichtige Fragen sind hierbei, wer Frauen* oft zahlenmäßig weniger präsent sind alles auf einem Presseverteiler steht, wie in als Männer. Ein Rhetorikworkshop in Diskussi- PMs am besten zitiert wird oder wann eine onstechniken kann Euch dabei helfen, selbst- Nachricht am wahrscheinlichsten von einer bewusst Männern entgegenzutreten und Euch Redaktion aufgegriffen wird. in der Diskussion oder der Verhandlung den Raum einzunehmen, der Euch zusteht. Hierfür Anträge schreiben eignen sich folgende Fragestellungen: Ein wichtiges Mittel in der inhaltlichen politi- • Was sind Argumentations- und schen Arbeit sind Anträge. Diese haben oft Diskussionsstrategien? einen bestimmten Aufbau, der je nach Gre- mium variieren kann. Auch manche Formu- • Wie verhandle ich richtig? lierungen lernt man in der politischen Arbeit neu kennen. Ein Antragsworkshop bietet eine • Wie gehe ich mit Konfliktsituationen Einführung in die Form eines Antrags bzw. um? Änderungsantrags. 18
Zeit- und Projektmanagement Zu der Arbeit einer Hochschulgruppe gehört es unter Anderem, coole Veranstaltungen zu planen, den Hochschulwahlkampf zu meistern und sich mit anderen studentischen Gruppen zu vernetzen. Eine Veranstaltung zum Thema Zeit- und Projektmanagement kann Euch und andere Hochschulgrüpplerinnen dazu ermuti- gen, mehr Aufgaben oder Projekte in der HSG zu übernehmen. Hier können Organisations- methoden wie der Zeit-Inhalt-Methode-Plan (ZIM) vorgestellt und sinnvolle Aufgabendele- gations-Strategien besprochen werden. Welche Referent*innen kann ich zu meiner Veran- staltung/meinem Workshop einladen? Oft könnt Ihr schon von Eurer eigenen Hoch- schulgruppe profitieren. Vielleicht habt ihr ja schon jemanden vor Ort, die*der sich mit dem Thema auskennt, welches ihr gerne bespre- chen möchtet. Auch für Kompetenztrainings sind erfahrene Hochschulgrüppler*innen eine gute Wahl. Sie wissen meist ganz genau, wie die politische Lage an der Hochschule ist und können Euch auch nach einem Workshop mit Rat und Tat zur Seite stehen. Falls Ihr mal niemanden vor Ort habt, die*der zu eurem Thema passt, könnt Ihr Euch gerne an eure Landeskoordination, den Bundesvor- stand oder den Verein Demokratie und Hoch- schule (VDuH) wenden. Unser Ehemaligen- verein vermittelt Euch geeignete Gäste, die ihr einladen könnt. Was wir Euch zuletzt mitgeben möchten: Nehmt Euch den Raum, der Euch zusteht! Ihr müsst nicht alles wissen, bevor Ihr Verantwor- tung übernehmt. Und Ihr müsst nicht alleine kämpfen. Sucht euch Mitstreiter*innen, mit denen Ihr zusammenarbeitet. Fragt erfah- rene Hochschulgrüppler*innen um Rat. Und habt keine Angst vor dem Scheitern. Je öfter Ihr Euer neu gewonnenes Wissen anwendet, desto besser werdet Ihr in dem, was Ihr macht. 19
Support your Sisters Frauen* empowern sich gegenseitig! Ronja Kölpin & Klara Morfeld Warum ist es so wichtig, sich unter Frauen* zu ein Besuch im Museum nur für Frauen*. Sol- empowern? che Vernetzungstreffen geben die Möglich- keit, sich untereinander auszutauschen, sei Wer kennt es nicht? Man nimmt an einer es über erlebte Diskriminierungen oder ein- Sitzung teil, ist vielleicht eine der wenigen fach nur über den Alltag. Ihr werdet sehen, Frauen* und fühlt sich unwohl. Sei es, weil die wie angenehm die Atmosphäre untereinander Redebeiträge nur von Männern kommen, man sein kann! sich irgendwie blöd angeschaut oder nicht ernst genommen fühlt. Viele Frauen* wollen Häufig werden starke Frauen* zueinander in sich politisch einbringen, aber wissen nicht, Konkurrenz gestellt. Wenn beispielsweise im wie sie sich in einer von Männern dominier- Vorstand nur ein „Frauenplatz” eingeplant ist, ten Politikwelt behaupten können. Nicht sel- nur eine Frau* zum Bundeskoordinierungs- ten kommt es zu verbalen und nonverbalen treffen mitkommen soll oder nur ein erfolg- Übergriffen auf Frauen* und die Lust, sich im reicher Listenplatz weiblich besetzt wird. allgegenwärtigen Patriarchat politisch einzu- Frauen* werden durch solch Situationen in bringen, schwindet. So weit muss es aber erst einen künstlichen Wettbewerb gegeneinander gar nicht kommen. Was Männer können, kön- gestellt, um das Klischee der „Stutenbissig- nen wir Frauen* schon lange! Es liegt an uns, keit” oder des „Zickenkrieges” zu verstärken. uns als Frauen* zu verschwestern, uns gegen- Aber wir dürfen uns nicht in diese Kiste pres- seitig zu stärken, um in einer Welt voller Man- sen lassen – nur gemeinsam sind wir stark. splaining und männlichen Machtspielchen Anstatt sich in einen gestellten Machtkampf feministische Politik nach vorne zu bringen. gegeneinander zu begeben, kämpfen wir Die Zeit ist reif für eine Politik, in der es egal ist, zusammen gegen unsere Diskriminierung! Wir welches Geschlecht eine Person hat. Wir neh- können uns gegenseitig stärken, indem wir men nicht mehr hin, nach unseren Äußerlich- zum Beispiel „Lobekartelle” bilden: anderen keiten beurteilt, kleingeredet, stumm gemacht Frauen* regelmäßig sagen, wie großartig sie zu werden. Diskussionen über die Kleider von etwas tun und sie in ihrem Handeln bestärken, Politikerinnen waren gestern - heute geht es auf Sitzungen auf ihre Redebeiträge eingehen um Inhalte! und nach ihren Reden – sei es im StuPa oder auf dem BKT – besonders laut klatschen. Oft Zusammen sind wir stark und wir wollen nicht sind es nur kleine Gesten oder Worte, die uns nur den halben Kuchen – wir wollen die ganze pushen. Schenkt euch gegenseitig ein Lächeln Bäckerei! und sagt euch bei Gelegenheit, was für tolle Frauen* ihr seid! Empowerment-Strategien Um sich gegenseitig empowern zu können, ist es wichtig, den richtigen Rahmen zu schaf- fen, so dass sich alle Frauen* wohl fühlen können. Leider sind innerhalb unserer Gesell- schaft, aber besonders in der Politik, viele Gegebenheit so konstruiert, dass es schwerer ist, sich als Frau einbringen zu können. Eine Möglichkeit, diesen Rahmen zu öffnen, sind Frauen*-Vernetzungstreffen: diese können ein gemeinsamer Bar- oder Cafégang sein oder 20
Es ist wichtig, in allen Strukturen und auf allen Ebenen einen Raum für Frauen* zu schaffen, in dem diese sich wohl fühlen und offen über feministische Themen sprechen können. Safe Spaces sind Notwendigkeiten im männlich dominierten Politik-Alltag. Sie erlauben es, dass auch die leiseren Stimmen Gehör fin- den und den Mut erhalten, irgendwann auch in der großen Runde laut die eigene Meinung zu sagen. Nach dem Motto „Bildet Banden!” wollen wir uns vernetzen und Freund*innenschaften bil- den, die uns nachhaltig miteinander verbinden und es uns erlauben, strukturell immanente Probleme gemeinsam noch effektiver anzu- gehen. Das hier ist unser aller Kampf für eine gleichberechtigte Politik. Schließt Euch uns an in diesem feministischen Kampf! 21
Feminism goes online! Empowerment im Internet Aselya Dilbas & Vanessa Wagner Die Digitalisierung und die damit verbundene aufmerksam und setzten das Thema auf die Vernetzung über digitale und soziale Medien Tagesordnung. ergreift in diesen Zeiten alle Lebensbereiche. Daher ist es wichtig, sich zu fragen, welche Auf der anderen Seite lässt sich beobach- Stellung Frauen* und der Feminismus in die- ten, dass das Internet trotz aller Unabhän- ser Entwicklung einnehmen. gigkeit und Selbstbestimmung für Frauen* kein gewaltfreier Raum ist. Im Gegenteil: in Digitale Formate, wie Blogs, Instagram, Twit- der Anonymität der sozialen Medien sehen ter, und YouTube, bereichern und ersetzen Frauen*, gerade solche, die sich offen für zuweilen altbekannte Medienformate, wie Feminismus einsetzen, sich mit Hate-Speech, den klassischen Journalismus und Printme- Stalking, Drohungen und verbalen Übergriffen dien. Diese neuen Dynamiken ermöglichen konfrontiert. eine zunehmend individualisierte und ausdif- ferenzierte Auseinandersetzung mit jeglichen Dies betrifft auch uns, wenn wir als Einzel- gesellschaftlichen und politischen Fragen. personen oder auch als Juso-Hochschulgrup- Einzelpersonen wie Influencer*innen und Blog- pen auf unseren Social-Media-Kanälen für die ger*innen sind immer mehr unabhängig und feministische Sache eintreten. Daher ist es selbstbestimmt, wenn es darum geht, Sicht- wichtig, Strategien zu entwickeln, Diskriminie- barkeit und Gehör für ihre Anliegen zu erlan- rungen und Gewalt auch im digitalen Raum gen. Unumstritten können diese Möglichkei- entgegenzustehen. ten auch dem Feminismus zugutekommen, er Wenn wir also z.B. einen „Shit-Storm“ auf dem ist durch seine vielseitige Rezeption beinahe Profil eine*r anderen Person oder auf der „massentauglich“ geworden – ein Umstand, Seite unserer Hochschulgruppe bemerken, der Vor- und Nachteil zugleich sein kann. können wir uns – genauso wie die Internet- Diese neue Schlagkraft des „Netzfeminis- Trolle – stattdessen zu einem „Candy-Storm“ mus“ zeigte sich zuletzt in den von hoher formieren und fleißig positiv kommentieren, gesellschaftlicher Aufmerksamkeit geprägten liken und teilen. Bei der Organisation dieses Debatten rund um sexualisierte Gewalt und digitalen Dagegenhaltens könnt ihr auf euer Sexismus wie etwa #Aufschrei und #MeToo: Frauen*netzwerk und auf die Hilfe von ande- Immer mehr bekannte Persönlichkeiten nut- ren HSGn zählen! zen ihre Reichweite, um eine kritisch-femi- Zuletzt ist es für uns Juso-Hochschulgruppen nistische Perspektive auf diese Themen zu beim Thema soziale Medien unerlässlich, auch richten. Anfang 2013 etablierte die Netzfe- unser eigenes Auftreten auf Instagram, Twit- ministin Anne Wizorek das Hashtag #Auf- ter, Facebook und Co. immer wieder auf eine schrei und ermutigte damit viele Frauen*, feministische Perspektive hin zu überprüfen. über sexistische Bemerkungen und Übergriffe aus dem alltäglichen Leben zu berichten. Die Zunächst solltet ihr überlegen, welche Ziel- Sexismus-Debatte wurde daraufhin Thema in gruppe ihr erreichen möchtet. Ihr plant z.B. Talkshows, Printmedien und in der internatio- ein Neumitgliedertreffen und wollt dieses auf nalen Presse. Mit der öffentlichen Diskussion Social Media bewerben? Dann ist es wichtig, über den Produzenten Harvey Weinstein for- in den Posts auf inklusive Sprache und Bild- derte die Schauspielerin Alyssa Milano zur wahl zu achten. Nutzung des Hashtags #MeToo auf. Betrof- fene Frauen* machten auf das Ausmaß sexu- eller Belästigung und sexueller Übergriffe 22
Ihr wollt von euren Aktionen berichten um Neben kurzen Videos eignen sich Sharepics andere – insbesondere Frauen* – für eure mit einem kurzen Statement zum Teilen. Arbeit zu begeistern? Dann ist es wichtig, die Ansonsten gibt es noch die Möglichkeit, State- aktive Mitarbeit von Frauen* zu betonen und ments im ‚Creative Mode‘ in Instagram Stories Bilder zu vermeiden, auf denen keine Frauen* zu teilen und mit GIFs zu verzieren. Challen- sichtbar sind. ges können ebenfalls euren Content ergänzen und nicht zu vergessen sind klassische Posts. Ihr wollt euch inhaltlich zu einem Thema Eurer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. äußern? Macht euch Gedanken, in welchem Setzt euch nicht unter Druck und habt Spaß an Format diese Auseinandersetzung sinnvoll der Social Media Arbeit! ist und betont die feministische Perspektive bei allen Themen – auch solchen, die auf den ersten Blick nicht ausschließlich feministisch erscheinen. Achtet auf eine niedrigschwellige Sprache, die eure Themen auch für Außenste- hende verständlich macht. Social-Media-Arbeit – insbesondere eine feministische – ist nicht von heute auf mor- gen perfekt umsetzbar. Umso wichtiger ist es, sie kontinuierlich zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Sprecht gezielt Frauen* aus euren Hochschulgruppen an und bindet diese in die Gestaltung der Inhalte mit ein. Anschließend könnt ihr in einem geschützten Raum besprechen, wie der Post angekom- men ist. Ein Best-Practice-Beispiel, das wir während des Frauen*-Empowerment-Programms ent- wickelt haben, war ein Quiz zum internationa- len Frauen*kampftag. Hierbei haben wir uns in Kleingruppen ein paar Fragen überlegt, die dann in den Instagram Stories zur Abstim- mung standen und anschließend mit kurzen Erklärvideos unterstützt wurden. Eine andere Möglichkeit ist, Interviews zu führen und im ‚ping-pong-Stil‘ eure Fragen und die Antwor- ten der Interviewpartner*innen in den Stories zu teilen. Mit diesen Formaten verbindet ihr spielend feministische Bildungsarbeit und die Interaktion mit eurer Community. 23
„Looking out for each other“. Awarenessarbeit und Reflexion innerhalb der Hochschulgruppen Melina Hammer & Svea Kühl Um Sitzungen, Kneipentreffen und Spiele- im Ernstfall an eine andere Stelle wenden. abende für jede*n so angenehm wie möglich Das Awarenessteam sollte am besten, wie zu gestalten, ist es sinnvoll, sich als Hoch- auch alle anderen Ämter, gewählt werden. Bei schulgruppe intensiv mit Awarenessarbeit dieser Wahl sollte neben der Quotierung auch zu beschäftigen und immer auch Zeit für die der Umstand berücksichtigt werden, dass Mit- Reflexion der Veranstaltungsatmosphäre glieder des Awareness-Teams nach Möglich- einzuräumen. So kann ein Klima geschaffen keit keine anderen Ämter bei den HSGn haben, werden, in dem sich neue Mitglieder und ins- also keine Autoritätspersonen sind. Bei jeder besondere Frauen* wertgeschätzt und wohl Sitzung sollte mindestens ein Mitglied des fühlen und gerne wieder zur nächsten Ver- Teams anwesend sein und die Kontaktdaten anstaltung kommen. Einige Methoden dafür sollten allen zur Verfügung gestellt werden, wollen wir Euch im Folgenden vorstellen. Es damit das A-Team unmittelbar erreichbar ist. ist dabei empfehlenswert, verschiedene der Besonders bei Veranstaltungen, bei denen unten erläuterten Möglichkeiten miteinander Alkohol konsumiert wird oder die eine Über- zu verbinden, so dass diese sich gegenseitig nachtung beinhalten, ist die ständige Erreich- ergänzen. barkeit der Mitglieder essentiell. Am Ende von Sitzungen oder Veranstaltungen bietet es sich Feministische Viertelstunde an, dass das Awarenessteam einen kurzen Bericht abgibt. Dabei können Auffälligkeiten Ein Konzept, das in einigen Hochschulgruppen angesprochen werden, die dem Awareness- angewendet wird, ist die feministische Viertel- team selbst aufgefallen sind oder die von stunde. Dabei wird in der ersten Viertelstunde anderen Personen an sie herangetragen wor- der HSG-Sitzung von einer*einem der Teilneh- den sind. Das A-Team trägt zur regelmäßigen menden ein Input-Vortrag zu einem feminis- Reflexion bei und schafft immer wieder Auf- tischen Thema gehalten. Dies kann in Form merksamkeit für diskriminierendes und über- einer Buchvorstellung geschehen, ihr könnt ein griffiges Verhalten. Zudem hat es auch die kurzes Video zeigen oder einen Song hören, Funktion von Vertrauenspersonen, das bedeu- einen Text lesen oder einfach eine Frage in tet, dass absolute Verschwiegenheit über die den Raum stellen, die diskutiert werden soll. anvertrauten Informationen gewahrt werden Dieser Input dient dazu, in jeder Sitzung einen muss und kein Schritt ohne die Einwilligung feministischen Anstoß zu setzen und Debat- der*des Betroffenen geschehen darf. Beson- ten und Gedankenprozesse anzustoßen. ders wichtig ist hier: das A-Team ist eine HSG- interne Institution. Sobald eine Sache über Awarenessteams (A-Team) die Hochschulgruppe hinausgeht oder sogar Ein Awarenessteam ist eine Gruppe von 2-3 strafrechtlich relevant wird, kann das A-Team Mitgliedern der Hochschulgruppe, die als unab- zwar als Hilfsinstanz unterstützen, aber ihr hängige Ansprechstelle für jede Art von Diskri- solltet dann dringend andere Behörden wie minierung fungieren, an das ihr Euch wenden die universitäre Gleichstellungsbeauftragte könnt, wenn ihr Euch unwohl fühlt oder einfach oder im Notfall auch die Polizei kontaktie- jemanden zum Reden braucht. Gemeinsam mit ren. Wenn dem A-Team eine Angelegenheit den Mitgliedern des A-Teams soll dann eine als zu brisant erscheint, kann es sich immer Lösung für das Problem gefunden werden. Ihr auch an die Anti-Sexismus-Kommission könnt die Schwierigkeiten offen oder anonym (ASK) der Juso-Hochschulgruppen wenden. während einer Sitzung ansprechen lassen, ein moderierendes Gespräch suchen oder Euch 24
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