Entwicklung einer blended learning remote Lab - Lernumgebung zur Vermittlung von Kompetenzen eingebetteter Systeme - Hochschule ...

 
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H OCHSCHULE R UHR W EST

                  M ASTER T HESIS

  Entwicklung einer blended
     learning remote Lab -
Lernumgebung zur Vermittlung
von Kompetenzen eingebetteter
            Systeme

Autor:                                          Erstprüfer:
Florian PAPROTH        Prof. Dr. phil. Michael S CHÄFER
                                               Zweitprüfer:
                      Prof. Dr. rer. pol. Jan PAWLOWSKI

      Masterarbeit zur Erlangung des Grades eines
                   Master of Science
                        an der

                    HRW FabLab
                  Institut Informatik

                     17. Mai 2021
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Eidesstattliche Erklärung
Ich versichere an Eides statt durch meine Unterschrift, dass ich die vorliegen-
de Arbeit selbständig und ohne fremde Hilfe angefertigt und an alle Stellen,
die ich wörtlich oder annähernd wörtlich aus Veröffentlichungen entnom-
men habe, als solche kenntlich gemacht habe, mich auch keiner anderen als
der angegebenen Literatur oder sonstiger Hilfsmittel bedient habe.

eigenhändige Unterschrift:

Datum:                       17.05.2021
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„Nichts tarnt sich so geschickt als Schwierigkeit wie eine Chance.“

                                                                Karl Heinz Karius
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                       HOCHSCHULE RUHR WEST

                          Kurzfassung
                             Institut Informatik

                              Master of Science

  Entwicklung einer blended learning remote Lab - Lernumgebung zur
         Vermittlung von Kompetenzen eingebetteter Systeme
                           von Florian PAPROTH

Die Möglichkeiten der Wissensvermittlung über eingebettete Systeme haben
sich durch das erforderliche distance learning stark verändert. Die bekannten
didaktischen Konzepte, welche bis dahin angewandt wurden, werden durch
den Wegfall von Präsenz-Praktika und den fehlenden Zugang zu einem IoT-
Labor ausgehebelt.

   Diese Master-Thesis beschäftigt sich daher mit der Idee, wie eine Überho-
lung des Eingebettete Systeme-Moduls an der Hochschule Ruhr West sowohl
die Modulziele weiter erfüllen kann als auch darüber hinaus einen Mehr-
wert erschaffen wird. Vor diesem Hintergrund wird untersucht wie durch
die Einführung eines Remote-Labs in Kombination mit einer kollaborativen
Entwicklungssoftware für Lerngruppen, Anreize für die Studierenden ge-
schaffen werden können, die ihnen praxisnäheres und fundiertes Wissen in
der Entwicklung eingebetteter Systeme vermitteln.

   Dieses neue Vorgehen verwendet einen Peer-Group-Code-Bearbeitung-
Ansatz in Echtzeit und Peer-to-Peer-Videokonferenzen und verteilt über den
MQTT-Server die Interaktion der Hardwareentwicklung als integralen Be-
standteil eines Kurskonzepts. Ziel ist es, die Motivation und die Lernleistung
der Schüler zu verbessern.

   Das Vorgehen wird anhand begleitender Umfragen während des Moduls
weiterentwickelt und die Semesterergebnisse werden unter Zuhilfenahme
von Bewertungskriterien mit denen vergangener Jahre verglichen. Darüber
hinaus wird das neue Kurskonzept durch eine Expertenbefragung in Form
von Studierenden evaluiert, welche den Kurs in seiner alten Form durchlau-
fen haben.
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HOCHSCHULE RUHR WEST

                               Abstract
                              Institut Informatik

                               Master of Science

Development of a Blended Learning Remote Lab Environment to Impart
                     Embedded System Skills
                             by Florian PAPROTH

The options to impart embedded system skills have changed tremendously
due to the current social distancing situation. The established didactic con-
cepts used until the global pandemic are undermined by the elimination of
the possibility to do practical courses in presence as well as the lack of access
to an IoT (Internet of Things) laboratory.

     This thesis therefore deals with the idea of how an overhaul of the embed-
ded systems course at the University of Applied Sciences “Hochschule Ruhr
West” can be helpful so the module goals can still be achieved and more-
over, how it can be offering a genuine added value. In view of the above,
it is examined how the introduction of a remote lab, in combination with a
collaborative development software for learning groups, can provide an in-
centive for the students. Through this, they are supplied with more practical
and profund knowledge in the development of embedded systems.

   This new approach uses real time peer group code editing and peer-to-
peer videoconferencing and distributes, via MQTT server, interacting hard-
ware development as integral part of a course concept to improve the moti-
vation and learning output of students.

   The approach will be further developed using accompanying surveys
throughout the module. Moreover, the course results will be compared with
those of previous years with the help of evaluation criteria. In addition, an
expert survey of students who completed the course in its old form will eval-
uate the new course concept.
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Hinweis zur Sprachform
Der Autor dieser Arbeit verzichtet aus Rücksicht auf die Lesbarkeit auf die
gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Sprachform. Es
wird in der Arbeit geschlechts-neutral oder in der männlichen Form (masku-
lin) gesprochen. Dabei handelt es sich um eine schreibtechnische Maßnahme,
die auf jeden Fall geschlechtsneutral aufzufassen ist.
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                        Danksagung
Ich danke meiner Frau Melanie Paproth, welche mir bei dieser Arbeit den
Rücken freigehalten hat.
Außerdem möchte ich mich bei Julia Stoffregen bedanken, die mir stets mit
guten Hinweisen weiterhelfen konnte und mich motiviert hat, das Beste aus
dieser Masterarbeit herauszuholen. . . .
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Inhaltsverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung                                                                                                   i

Kurzfassung                                                                                                               iii

Hinweis zur Sprachform                                                                                                     v

Danksagung                                                                                                                vi

1   Einleitung                                                                                                             1
    1.1 Vorwort . . . . . . . . . . . . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    1
    1.2 Wissenschaftliche Motivation . .              .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    1
    1.3 Persönliche Motivation . . . . . .            .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    2
    1.4 Problemstellung und Zielsetzung               .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    3
    1.5 Organisation der Arbeit . . . . .             .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    4

2   Stand der Forschung und Praxis                                                                                         8
    2.1 Stand der Forschung . . . .       .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    8
        2.1.1 Remote Labs . . . . .       .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    8
        2.1.2 Blended Learning . .        .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    9
    2.2 Entwicklungsumgebungen            .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   10
        2.2.1 Arduino . . . . . . .       .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   12
        2.2.2 Espressif . . . . . . .     .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   15
        2.2.3 Lilygo TTGO . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   17
    2.3 Kommunikationsprotokolle          .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   17
        2.3.1 MQTT . . . . . . . .        .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   17
        2.3.2 Mosquitto Software .        .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   19

3   Methodik                                                                                                              20
    3.1 Forschungsdesign und Kontext der Arbeit . . . . . . . . . . . .                                                   20
    3.2 Entwicklungsmethodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                21
    3.3 Beschreibung des Evaluationsverfahrens . . . . . . . . . . . .                                                    21

4   Beschreibung und Grenze des bisherigen Kurskonzepts                                                                   23
    4.1 Eingebettete Systeme (Modul) . . . . . . . . . . . . . .                                      .   .   .   .   .   23
    4.2 Modulziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                  .   .   .   .   .   25
        4.2.1 Projektdokumentation . . . . . . . . . . . . . .                                        .   .   .   .   .   25
        4.2.2 Abschlussveranstaltung/Messe . . . . . . . .                                            .   .   .   .   .   26
    4.3 Barrieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                 .   .   .   .   .   27
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5   Umgestaltung des Moduls Eingebettete Systeme                                                         29
    5.1 Neuerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    29
        5.1.1 Remote Lab . . . . . . . . . . . . . . .          .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    30
        5.1.2 Begleitende Kollaborationssoftware .              .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    30
        5.1.3 Einsatz eines MQTT-Servers . . . . . .            .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    30
        5.1.4 Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    32
        5.1.5 Abschlussveranstaltung . . . . . . . .            .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    33

6   Schaffung eines Heimlabors                                                                           35
    6.1 Remote Lab . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    35
        6.1.1 Diskussion zum Remote Lab-Einsatz                 .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    35
        6.1.2 Das Remote Lab für das ES-Modul . .               .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    36
        6.1.3 Remote Lab vs. Simulation . . . . . .             .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    38

7   Implementierung einer Kollaborationsumgebung                                                         41
    7.1 ES Collab-Tool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                           41

8   Evaluation                                                                                           48
    8.1 Beschreibung der Datenerhebung . . . . . .          .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    48
        8.1.1 Evaluation des ES Collab-Tools . . .          .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    49
        8.1.2 Evaluation des Remote Labs . . . .            .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    51
        8.1.3 Vergleich mit einer Expertengruppe            .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    54
    8.2 Vergleich der Kurs-Performance . . . . . .          .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    59
    8.3 Bewertung der entstanden Projekte . . . . .         .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    61

9   Reflexion                                                                                            66
    9.1 Remote Lab vs. VISIR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                             66

10 Zusammenfassung der Ergebnisse, Diskussion und Ausblick                                               69
   10.1 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                        69
   10.2 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                           70

A Evaluationsergebnisse Digitale Systeme SS 20                                                           72

Literatur                                                                                                73
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Abbildungsverzeichnis

 1.1   Gliederung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                           5

 2.1   VISIR Remote Lab . . . . . . . .     .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .    9
 2.2   BBC micro:bit . . . . . . . . . .    .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   11
 2.3   Arduino Entwicklungsboards .         .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   13
 2.4   Arduino IDE . . . . . . . . . . .    .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   14
 2.5   ESP32 Blockdiagramm . . . . .        .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   16
 2.6   TTGO Einsatzszenarium . . . .        .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   16
 2.7   MQTT Broker/Client Konzept           .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   18

 3.1   Eingesetzte Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                          22

 4.1   Cardmaster Konzeptskizze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                             24
 4.2   Wiki Eintrag: Speechfo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                         26
 4.3   ES-Abschlussveranstaltungs-Messe . . . . . . . . . . . . . . . .                                             27

 5.1   MQTT Topic Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                          31
 5.2   Work Adventure Messe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                             33

 6.1   Remote Lab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                         37
 6.2   TTGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                       38
 6.3   Tinkercad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                      39

 7.1   EER-Diagramm ES Collab-Tool          .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   42
 7.2   ES Colab-Tool 1/Welcome . . .        .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   43
 7.3   ES ES Colab-Tool 2/ Code . . .       .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   45
 7.4   Colab-Tool 3/ Tutorial . . . . .     .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   47

 8.1   Nutzung von ES Collab-Tool . . . . . . . .                       .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   49
 8.2   Häufigst genutzte Software . . . . . . . . .                     .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   51
 8.3   Anteil der IoT-Projekte . . . . . . . . . . . .                  .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   55
 8.4   Selbsteinschätzung IoT-Kompetenz . . . . .                       .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   56
 8.5   Einschätzung ES Collab-Tool . . . . . . . .                      .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   58
 8.6   Vergleich Remote zu Präsenz Lehre . . . . .                      .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   60
 8.7   Nanoroot Projekt Poster . . . . . . . . . . .                    .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   62
 8.8   RoomOwl Projekt Poster und Umsetzung .                           .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   63
 8.9   Foodbonaut Projekt Poster und Umsetzung                          .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   .   64
x

Abkürzungsverzeichnis

 API    Application Programming Interface
 AWS    Amazon Web Services
 CAD    Computer Aided Design
 CAM    Computer Aided Manufacturing
 CPS    Cyber Physische Systeme
 DIY    Do It Yourself
 DS     Digitale Systeme Unit
 FabLab Fabrication Laboratory
 HRW    Hochschule Ruhr West
 IDE    Integrated Development Environment
 IoT    Internet of Things
 M2M    Machine 2to Machine
 MCU    Micro Controller Unit
 Moodle Modular Object Oriented Dynamic Learning Environment
 MQTT Message Queue Telemetry Transport
 SS     Sommer Semester
 VISIR  Virtual Instrument Systems In Reality
 WS     Winter Semester
xi

Für meinen Vater, welcher mir mein Studium
            ermöglicht hat . . .
1

Kapitel 1

Einleitung

1.1    Vorwort
Neue Lehrkonzepte sind häufig interessante Weiterentwicklungen bestehen-
der, etablierter Vorgehen. Sehr häufig findet hierbei unter gleichen Bedin-
gungen, mit einem modifizierten Ansatz, eine Änderung des Lernerfolgs der
Schüler und Studenten statt. Diese Arbeit bietet leider nicht den Luxus, die
Auswirkung einer einzelnen Änderung untersuchen zu können, denn die
Umstände verlangen nach einer drastischen Erneuerung des Kurskonzepts,
da die bisherige Methodik der Präsenzlehre ein Gesundheitsrisiko für Ler-
nende und Lehrende darstellt. Diese Arbeit stellt sich der Herausforderung,
innovative Konzepte in der Covid-19-Pandemie zu entwickeln und nachtei-
ligen Auswirkungen auf die Lehre entgegen zu wirken. Genauer wird die
erzwungene Distanz sowie die sich daraus ergebenen Maßnahmen für das
Themengebiet „Eingebettete Systeme (ES)“ in dieser Arbeit untersucht. Da-
bei liegt der Fokus darauf, das bisherige Konzept nicht eins zu eins in den
Heimunterricht zu überführen. Änderungen dienen der Zielsetzung, mit Hil-
fe unterstützender Werkzeuge die Qualität der Lehre aufrecht zu erhalten
und Wissensvermittlung zu optimieren. In diesem Rahmen sollen potentiel-
le Nachteile, welche die soziale Distanz mit sich bringt, zu einem didakti-
schen Mittel gewandelt werden. Die Auswertung der neuen Herangehens-
weise soll Rückschlüsse darauf zulassen, ob der neue Ansatz eventuell wei-
terhin in der Lehre von ES eingesetzt werden sollte. Es wird des Weiteren
ein Mehrwert geprüft und untersucht, ob die Anpassung der Modulziele in
Kombination mit ergänzenden Werkzeugen für die Distanzlehre dazu führt,
dass das Verständnis, welches Studierende sich während eines Remote Se-
mesters über Internet of Things (IoT)-Geräte aneignen, identisch ist oder so-
gar gesteigert wird.

1.2    Wissenschaftliche Motivation
Die Umsetzung einer Lehrveranstaltung, die sich mit einer zukunftsorien-
tierten Thematik wie Kernelemente der Industrie-4.0-Bewegung befasst, bie-
tet viel Potential für didaktische Weiterentwicklung. Neue Ansätze vergan-
gener Semester, wie eine Ergänzung um einen Service Learning-Aspekt, in-
nerhalb der Lehrveranstaltung „Eingebettete Systeme“ an der Hochschule
Kapitel 1. Einleitung                                                      2

Ruhr West (Hochschule Ruhr West, 2021b), lieferten durch eine Modifikation
in der Umsetzung eine Vielzahl von positiven Mehrwerten bezogen auf die
Entwicklung der Teilnehmer (Konopek et al., 2020). Mit Hilfe einer neu ent-
wickelten Zielsetzung und Umgestaltung des Moduls, waren Studierende in
der Lage, bisher nicht geförderte Skills zu erwerben, wobei Modulhandbuch-
vorlagen weiterhin erfüllt wurden.

   In dieser Arbeit werden weitere Änderungen an der Ausrichtung des Mo-
duls eingeführt und evaluiert. Es wird erhoben, welche Maßnahmen einen
positiven Mehrwert für Studierende in der Distanz ermöglichen. Aufgrund
der Pandemie ist es naheliegend zu untersuchen, wie ein in remote durch-
zuführendes Lehrkonzept von einer Präsenzveranstaltung adaptiert und er-
weitert werden kann. Es gibt in der Forschung bereits potentiell passende
Werkzeuge wie zum Beispiel die virtuellen und die remote Labore, die im
Abschnitt 6.1.1 weiter diskutiert werden. Diese Lernangebote bilden meist
ein abgegrenztes, spezielles Themengebiet ab (Saenz et al., 2015).

   Diese Arbeit geht über die bisherigen Herangehensweisen hinaus und
steht für die Motivation, auf dem vergangenen Fortschritt der Entwicklung
didaktische Konzepte für das Themengebiet ES aufzubauen und sie weiter-
zuentwickeln. Dies soll in Hinsicht auf Distanzlehre geschehen. Anforderun-
gen an die neue Methodik umfassen unter anderem das Einbinden eines Re-
mote Labs, welches die Kreativität der Lernenden Fördert und diese nicht
durch Einschränkungen neuer Werkzeuge beschränkt.

1.3    Persönliche Motivation
Neben meinem Studium der Angewandten Informatik lernte ich in den ver-
gangenen Jahren eine Vielzahl an verschiedenen Lernansätzen kennen, wel-
che meine eigene Bildung mal negativ und mal positiv beeinflusst haben.
Während der Zeit als Bachelorstudent stellt man die Lehre, zu der man Zu-
gang erlangt, nicht sehr infrage. Man hat aber schon wahrgenommen, dass
einige Lehransätze gut konzipiert waren, andere hingegen nicht dazu führ-
ten, dass der Lehrinhalt sich gut verfestigt hat. Während meiner Arbeit als
wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Ruhr West absolvierte ich
neben meiner Arbeit die FabAcademy. Diese ein ist Kurs des MIT Boston, wo
Themen der digitalen Fabrikation gelehrt werden (Fab Academy, 2021). Hier
nahm ich erstmals an einer reinen Online-Lehrveranstaltung teil. Ich lernte,
dass eine Lehre, welche nur über das Internet gelehrt und bewertet wurde,
mich ganz anders forderte als je ein Kurs zuvor. Ich konnte mich mehr entfal-
ten und meine eigenen Wege gehen. Allerdings mussten aber auch strenge-
re Abgabekriterien erfüllt werden. Später war ich als Dozent erst im MINT-
Bereich aktiv und verstand, welchen Einfluss ein reiner Praxisworkshop im
Labor auf Schüler haben kann und wie sehr eine enge Zusammenarbeit in
einem IoT-Labor das Interesse der Schüler positiv beeinflussen kann. Zuletzt
Kapitel 1. Einleitung                                                       3

sammelte ich Erfahrungen und unterrichtete drei Jahre am Institut Informa-
tik. Auch hier machte ich die Beobachtung, dass sich der Einsatz verschiede-
ner Lehransätze in meinen Evaluationen unterschiedlich widerspiegelte.

    Aus dieser Praxis ist die Idee für diese Arbeit entstanden. Ich erkann-
te, dass ein durchdachtes Lehrkonzept, das mit Engagement gehalten und
stets weiterentwickelt wird, der wichtigste Baustein einer erfolgreichen Leh-
rerfahrung ist. Es macht einen Unterschied, ob ein Student ein Modul nur
absolviert oder, ob der Student davon profitiert. Da Letzteres hier angestrebt
wird, muss durch eine drastische Änderung der Gegebenheiten ein neues
Konzept entwickelt werden. Da eine Entwicklung jedoch nicht zwangsläufig
positiv sein muss, wird dieser neue Ansatz auch evaluiert werden müssen.
Aus diesem Grund habe ich mich für dieses Thema der Arbeit entschieden.

1.4    Problemstellung und Zielsetzung
In der Industriellen Revolution 4.0 haben viele Unternehmen die große Be-
deutung von CPS (Cyber-Physische Systeme) erkannt. CPS sind die Kombi-
nation intelligenter, miteinander kommunizierender Systeme, die Informa-
tionen bereitstellen, welche dann intelligent verarbeitet werden, um Prozes-
se besser steuern zu können. Unternehmen wie Siemens nutzen CPS, um ih-
re weltweite Produktion zu organisieren. Ein wichtiger Bestandteil von CPS
sind ES (Broy, 2010). Aber nicht nur die Industrie, auch Konsumgüter nut-
zen immer häufiger ES, da diese stetig günstiger, leistungsstärker und kleiner
werden. Aufgrund immer größer werdender Erwartungen der Konsumen-
ten müssen Elektrogeräte intelligenter werden und nutzen Microcontroller
Units (MCU) für Spracherkennung, Gestenerkennung und Kommunikation.
Sie verarbeiten mit künstlicher Intelligenz unsere Daten und können so den
Alltag erleichtern. Diese Bedeutung ist auch den Bildungseinrichtungen be-
wusst und sie gestalten dementsprechend ihre Studiengänge, sodass Studie-
rende diesen Techniken gewachsen sind. So bietet auch die Hochschule Ruhr
West das Modul „Eingebettete Systeme“ für Ihre Studierenden an (Hoch-
schule Ruhr West, 2021a).

    Im April 2020 musste die Hochschule Ruhr West ihren Semesterstart auf-
grund der globalen Covid-19-Pandemie verschieben. Jedes didaktische Kon-
zept, das für den Präsenzunterricht ausgearbeitet worden war, musste an-
gepasst werden, um die Gesundheit der Teilnehmer nicht zu gefährden. So
änderte sich auch im Wintersemester 20/21 die Planung des Moduls Ein-
gebettete Systeme. In vergangenen Jahren lernten Studierende in gut ausge-
statteten Laboren der Hochschule, wie sie Projekte mit ES umsetzen können.
Durch den Umstand der Pandemie ist es notwendig dieses Vorgehen zu ver-
ändern, um Studierende keiner Gefahr auszusetzen. Das daraus entstandene
Konzept wird in dieser Arbeit beschrieben und evaluiert. Es sind dabei meh-
rere Fragen zu beantworten.
Kapitel 1. Einleitung                                                    4

   Forschungsfrage 1: Wie kann man das Modul „Eingebettete Systeme“
unter den Voraussetzungen sozialer Distanz durchführen und dabei die
Qualität der Lehre beibehalten?

   Es soll untersucht werden, welche alternativen didaktischen Konzepte
genutzt werden können, um Studierenden ein qualitativ hochwertiges Bil-
dungsangebot zu machen. Entsprechend liegt der Fokus nicht nur auf der
Vermittlung theoretischer Grundlagenbildung, sondern auch auf der Gewin-
nung von Hands-On-Erfahrung, die Studenten normalerweise in einem La-
bor machen. Wichtig ist dabei auch die Weiterentwicklung sozialer Kompe-
tenz, wenn Studierende in Gruppenarbeit ES-Projekte durchführen.

    Forschungsfrage 2: Wie kann der Umstand, dass in sozialer Distanz un-
terrichtet werden muss, durch Anpassung einer Zielsetzung, zu einem bes-
seren Verständnis von IoT (Internet Of Things) führen?

   Es wird untersucht, wie eine Änderung der Zielsetzung zum Erfüllen
der für das Modul geforderten Aufgaben dazu führen kann, dass bestimmte
Aspekte der Lehrinhalte besser verstanden werden können. Durch gezielte
Befragung und Betrachtung der Ergebnisse der Projektgruppen wird unter-
sucht, ob die Teilnehmer sich mehr Kompetenzen bei der Entwicklung von
IoT-Geräten angeeignet haben als Studierende, die den Kurs während eines
Präsenzsemesters absolviert haben, in dem das Entwickeln von typischen
IoT-Geräten optional ist.

   Forschungsfrage 3: Wie beeinflusst das Einführen einer Software zur
kollaborativen Zusammenarbeit, die auf die speziellen Anforderungen bei
der Entwicklung von Eingebettete Systeme-Projekten zugeschnitten ist,
die Zusammenarbeit der Studentengruppen?

    Das im Rahmen der Arbeit und für das Modul ES entwickelte Kollabo-
rationstool „ES Collab-Tool“ soll mittels Evaluation und Feedback der Lern-
gruppen bewertet werden. Mittels Befragungen von Nutzern und ehemali-
gen Absolventen des Kurses, wird die Akzeptanz der neu entwickelten Soft-
ware bewertet und deren Stärken sowie auch Schwächen herausgearbeitet.

1.5    Organisation der Arbeit
Die Arbeit strukturiert sich chronologisch nach dem Entwicklungsprozess
des neuen Kurskonzepts wie in Abbildung 1.1 dargestellt. Nach dem Be-
kanntwerden der Covid-19-Pandemie und deren Auswirkungen auf die Ar-
beit in der Hochschullehre wurde nach Heranziehen einschlägiger Literatur
das Modul umstrukturiert und die notwendigen Tools dazu entwickelt. An-
schließend wurden diese evaluiert und die Ergebnisse zusammengetragen.
Die Entwicklung der Kollaborationssoftware ES Collab-Tool und des Remo-
te Labs wurden parallel vorangetrieben und fallen deshalb zusammen unter
Kapitel 1. Einleitung                                                   5

             A BBILDUNG 1.1: Aufbau und Gliederung der Arbeit.

die Realisierung der remote Veranstaltung.

   In der „Einleitung“ 1 werden die Motivation der Arbeit und der Kontext
beschrieben. Außerdem werden die Forschungsfragen der Arbeit definiert
und weiter ausgeführt. Die Zielsetzung der restlichen Arbeit, das Vorgehen
und das Fazit richten sich nach diesen Fragen.

   „Methodik“ 3 beschreibt wie bei der Forschung vorgegangen wurde und
welche Konzepte berücksichtigt wurden. Es wird ebenso das Evaluations-
verfahren beschrieben.

    In dem Kapitel „Stand der Forschung und Praxis“ 2 werden die einge-
setzten Techniken erläutert und es wird auf Begrifflichkeiten eingegangen,
welche die Grundlage dieser Arbeit bilden. Um die Entstehung der Idee hin-
ter dem Kurskonzept zu erläutern, ist es notwendig, den Hintergrund und
die Funktion der eingesetzten Techniken zu verstehen, damit diese von Le-
sern dieser Arbeit adaptiert werden können. Am Schluss wird auf die einge-
setzten Entwicklungs-Dev-Kits eingegangen. Auch ihre Funktion wird hier
herausgearbeitet, um ihre Bedeutung im Weiteren nachvollziehen zu kön-
nen.

   Das Kapitel „Beschreibung und Grenze des bisherigen Kurskonzepts“ 4
Kapitel 1. Einleitung                                                    6

veranschaulicht anschließend das Modul, in dessen Kontext geforscht wur-
de. Hier soll herausgearbeitet werden, welche Ziele in diesem Vorhaben er-
reicht werden sollen und warum es notwendig war eine bestehende funktio-
nierende Methodik zu ändern. Es werden hier die Barrieren aufgezeigt, die
durch das Konzept umgangen werden.

    Nach der Beschreibung des Ist-Zustandes des Moduls ES werden anschlie-
ßend im Kapitel „Umgestaltung des Moduls Eingebettete Systeme“ 5 das
neue Design sowie das Vorgehen während des Moduls im WS 20/21 be-
schrieben. In den folgenden zwei Kapiteln werden die Werkzeuge vorge-
stellt, die zur Umsetzung des Konzepts entwickelt wurden.

    Zuerst wird in „Schaffung eines Heimlabors“ 6 das neue Konzept im All-
gemeinen beleuchtet und die Unterschiede zwischen Virtual Lab und Remo-
te Lab dargestellt. Anschließend wird das spezifische Remote Lab, welches
eingesetzt wurde, beschrieben und es wird auf dessen Aspekte eingegangen.
Es wird hier erläutert, warum diese Hardware gewählt wurde und inwiefern
sie für das Forschungsvorhaben ein geeignetes Werkzeug darstellt.

    Anschließend wird in dem Kapitel „Implementierung einer Kollaborati-
onsumgebung“ 7 die entwickelte Software näher beleuchtet, die in dem Pro-
jektkontext entwickelt wurde. Warum wurde eine Software für das Modul
ES entwickelt und welcher Nutzen wurde sich davon versprochen? Es wird
erklärt, welche Einflüsse zur Entscheidung für das genutzte Softwaredesign
beitrugen. Im anschließenden Modul wird der Nutzen dieser Software eva-
luiert.

   Die „Evaluation“ 8 beschreibt den Versuch, das Konzept und dessen Tools
zu bewerten. Es wird auf die Art der Evaluationsumgebung eingegangen
und erläutert, warum welche Aspekte untersucht worden sind. Des Weiteren
werden die Ergebnisse der Evaluation diskutiert. Anhand dieser Ergebnisse
werden daraufhin die Forschungsfragen beantwortet.

   In der „Reflexion“ 9 wird auf diese Arbeit zurückgeblickt. Dabei wird
speziell auf die Probleme dieser Forschung eingegangen und es wird ge-
schaut, wie diese besser hätten gestaltet werden können. Auch die positiven
Aspekte in der Forschung werden hier noch einmal hervorgehoben. Das ein-
gesetzte Konzept wird bewertet verglichen mit dem VISIR-Ansatz, auf den
in Kapitel 2.1 eingegangen wurde.

   Im letzten Kapitel dieser Arbeit „Zusammenfassung der Ergebnisse, Dis-
kussion und Ausblicke“ 10 wird ein Bild künftiger Entwicklungen in die-
sem Bereich gezeichnet. Es wird beschrieben, wie diese Arbeit kommende
Durchläufe des Moduls beeinflussen wird und welche Änderungen dabei an
dem evaluierten Konzept aufgrund der Bewertung vorgenommen werden.
Zuletzt wird ein Strich unter diese Arbeit gezogen, indem noch einmal das
Kapitel 1. Einleitung                                    7

ganze Projekt und dessen Erkenntnisse bewertet werden.
8

Kapitel 2

Stand der Forschung und Praxis

2.1     Stand der Forschung
Der Begriff „Internet of Things“ reicht wohl bis in das Jahr 1999 zurück. Ke-
vin Ashton nutzte ihn in einer Präsentation bei der Firma Procter & Gam-
ble(P&G), um ein RFID Tracking System zu beschreiben (Ashton et al., 2009).
Mehr als 20 Jahre danach ist ES ein zentraler Begriff in der Industrie-4.0-
Bewegung. MCUs werden immer kleiner, günstiger und leistungsstärker. Da-
mit steigt ihre Bedeutung in der industriellen Produktion, für Lieferketten
oder im Homeautomation-Bereich (Laube, 2021). Es können mit ihnen Lie-
ferketten verfolgt werden, MCUs können aber auch genutzt werden, um die
Produktion effizienter zu gestalten. Hierzu wird die Leistung von Maschi-
nen gemessen und überwacht, und so kann bereits ein Versand angestoßen
werden bevor ein Produkt die Fertigungsstätte verlässt. Dies ist eine große
Hilfe bei der Minimierung der Lagerhaltung. Kaum eine Sparte kommt noch
ohne mikrocontrollergestützte Technik aus. „Diese Aufhebung der Trennung
zwischen dinglicher und virtueller Welt ist das zentrale Paradigma der Ge-
dankenwelt um Industrie 4.0.“(Schlick et al., 2014, S.58), sagt Schlick über
IoT. Dies hat zur Folge, dass ES in nahezu allen technisch angelehnten Bil-
dungseinrichtungen thematisiert wird.

2.1.1   Remote Labs
Der Einsatz von Remote Labs ist in der Didaktik ein bereits verbreiteter An-
satz. Zuletzt entwickelte Projekte, wie die in Abbildung 2.1 dargestellte Vir-
tual Instrument Systems In Reality (VISIR)-Plattform, nutzen einen vergleich-
baren Ansatz, indem sie Studierenden eine Vorbereitung auf die Arbeitswelt
4.0 unabhängig von einem physikalischen Labor bieten. Dies ist möglich, in-
dem die Elektronikentwicklung unter Laborbedingungen remote über das
Internet für jeden verfügbar gemacht wird. Nutzer können über ein Interface
eine Schaltung aufbauen. Diese wird nach Fertigstellung an ein Labor gesen-
det, welches mit dem VISIR-Projekt ausgestattet ist. Die jeweilige Schaltung
wird dann von VISIR in Sekundenschnelle in realer Hardware nachgebaut.
Kapitel 2. Stand der Forschung und Praxis                                  9

                A BBILDUNG 2.1: VISIR Remote Lab Simulation

Eine intelligente Verschaltung von vordefinierten elektronischen Komponen-
ten, die miteinander kombiniert werden, ermöglicht dieses. Die so entstande-
ne Hardware wird von VISIR untersucht und vermessen. Die Ergebnisse des-
sen werden zurück an den User gesendet, welcher so reale Messwerte einer
Elektronik erhält, die er selber auf Distanz gebaut hat. Die Arbeit von (May
et al., 2020) untersucht hierbei den Bezug zur Arbeitswelt unter Heranzie-
hung der Fachliteratur. Dabei wird herausgestellt, dass VISIR zwar ein viel-
versprechender Ansatz ist, aber dass in der Literatur lediglich drei von zehn
der technischen Kompetenzen, welche für Industrie 4.0 ausgemacht wurden,
mit VISIR in Verbindung gebracht werden konnten (Terkowsky et al., 2020,
S.222). Kompetenzen wie beispielsweise „Innovationsprozesse anzustoßen
und umzusetzen“ gehörten nicht dazu.

2.1.2   Blended Learning
Blended Learning oder „integriertes Lernen“ beschreibt die Ergänzung von
klassischen Lernmethoden um moderne remote Ansätze. Grob gesagt wird
darunter der Einbezug von E-Learning verstanden (Hubackova & Semra-
dova, 2016). Jedoch entwickelte sich das E-Learning weiter und beschreibt
nun eine viel umfangreichere Sammlung an Lernstrategien (Osguthorpe &
Graham, 2003). Blended Learning ist mehr: Es ist nicht nur der Einsatz von
E-Learning-Werkzeugen in einer Präsenzveranstaltung. Es geht heutzutage
darum, diese digitalen Lernwerkzeuge so intelligent einzusetzen, dass sie
einen Mehrwert für die Lehrvoraussetzungen und die damit verbundenen
Kapitel 2. Stand der Forschung und Praxis                                 10

Möglichkeiten der Lernenden schafft. „Die Frage nach der Bedeutung in-
tegrierten Lernens ist mit hin eine Frage nach den Funktionen, Zielen und
Zwecken des Lernens in Abhängigkeit von den Herausforderungen der Lernum-
welt“ (Kutscha, 2012, S.9).

   Die Herausforderungen, die die Lehre mit sozialer Distanz in einer Pan-
demie, mit gleichen Erwartungen an die Studierenden, darstellen, legen die
Weiterentwicklung der Blended Learning-Methoden nahe. Es wird versucht,
die in 4.3 aufgezeigten Barrieren in einen Vorteil zu verwandeln. Dies ge-
schieht, indem die Aufgabe derart abgeändert wird, dass ein Projekt entwi-
ckelt werden soll, das über das Internet kommuniziert und den Studieren-
den gleichzeitig eine Kollaborationsumgebung an die Hand gegeben wird,
mithilfe derer diese Aufgabe unterstützt wird. Somit wird der vermeintliche
Nachteil der sozialen Distanz zu einem didaktischen Mittel gemacht.

2.2    Entwicklungsumgebungen
Für die Umsetzung von ES-Projekten gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten
bezogen auf die Entwicklung. Die Entscheidung für eine Entwicklungsum-
gebung ist abhängig von der jeweiligen Anwendung sowie von dem Level
der Softwareabstraktion, die gewünscht und angebracht ist. Wie aber auch
in der Softwareentwicklung, ist der Einstieg in die MCU-Programmierung
einfacher, wenn man diese mit einem gewissen Abstraktionslevel beginnt.
So nutzen Lehrende meist Hochsprachen wie Java oder Skriptsprachen wie
Python, um ihren Studierenden einen einfacheren Einstieg in die Software-
entwicklung zu bereiten (Ezenwoye, 2018). Die Vermittlung von Program-
mierkenntnissen beginnt daher nicht bei der Assembler-Programmierung,
obwohl diese sinngemäß am Anfang der Entwicklung steht, da sie die größ-
ten Bezug zur Hardware hat. Maschinensprache bildet zwar die Grundlage,
auf der alle Computersysteme aufgebaut sind, sie ist aber durch die Nähe
zur Hardware so abstrakt, dass sie für Studierende nicht sehr zugänglich ist.
Darum wird häufig bei der Grundlagenlehre der Softwareentwicklung auf
Hochsprachen wie objektorientiertes Java zurückgegriffen, da diese durch
das Arbeiten mit Objekten und mit einer für den Menschen eher verständli-
chen Programmiersprache auskommen. Ähnlich verhält es sich auch bei der
Vermittlung von Programmierkenntnissen im ES-Bereich. Auch hier wird an-
fänglich eher auf hardwarenahes Programmieren von MCUs per Assembler
verzichtet.

   Aus diesem Grund existiert für jede Altersstufe und für jeden Entwick-
lungsstand ein angepasstes Einstiegswerkzeug, welches sich durch seine Kom-
plexität und sein Level der Abstraktion besonders für eine bestimmte Ziel-
gruppe eignet. Für Studierende einer Fachhochschule sind ebenfalls diverse
Ansätze möglich. So wäre es für Studierende im Bereich Elektrotechnik an-
gebracht, viel tiefer in die Elektronik einzusteigen und Schaltkreise um einen
Mikrocontroller herum zu entwickeln. Dieses setzt die Kenntnis vom Lesen
Kapitel 2. Stand der Forschung und Praxis                                  11

         A BBILDUNG 2.2: Demoprogramm eines Kompass im Simulator
            des micro:bit (Micro:bit Educational Foundation, 2021a).

und Verstehen von Datenblättern voraus sowie ein Verständnis der Gesetze
der verschiedenen elektronischen Komponenten. Chiphersteller bieten dazu
eine eigene Toolchain an, um nach der Entwicklung einer Leiterplatte die
Mikrocontroller zu programmieren. Beispielsweise eignen sich die bekann-
ten 8-bit AVR MCUs, (Balogh, 2010) die mittels der IDE „Microchip Studio“
(Microchip Technology Inc., 2021) programmiert werden können. Aus Sicht
eines Studierenden des Bereiches Informatik kann dies jedoch ein fachfrem-
des Vorgehen darstellen, da in ihrer Berufspraxis eher der Fokus auf der Pro-
grammierung liegt als auf der Entwicklung von Schaltkreisen. Darum soll-
ten diese eine andere Herangehensweise nutzen. Entwicklungsumgebungen
wie „Microchip Studio“ bieten durch die C Programmiersprache zwar eine
höhere Abstraktion als die Entwicklung per Maschinensprache, setzen aber
umfangreiches Wissen im Bereich der Elektrotechnik voraus. Dadurch stel-
len sie ebenfalls eine zu große Anfangshürde für Informatik-Studierende dar,
welche teilweise noch keine Berührungen damit hatten (Minaie & Sanati-
Mehrizy, 2008).

    Dem entgegengesetzt existieren sehr vereinfachte Umgebungen, die ver-
suchen die Hürde der Elektronikentwicklung herunterzubrechen, mit dem
Ziel, diese leichter vermitteln zu können. Beispielsweise ist der BBC micro:bit
(Micro:bit Educational Foundation, 2021b) eine Umsetzung eines einfach zu
bedienenden Mikrocontroller-Entwicklungsboards. Es verfügt über eine LED-
Matrix auf 5x5 LEDs, Buttons, Funk sowie weitere Sensorik. Der BBC mi-
cro:bit wurde zum Beispiel in einer Aktion in Zusammenarbeit mit Koopera-
tionspartnern an alle 11-/12-jährigen Schüler des Vereinigten Königreiches
Kapitel 2. Stand der Forschung und Praxis                                 12

Großbritannien versendet (Sentance et al., 2017). Damit wurde den Schü-
lern eine Entwicklungsplattform in Form eines Einplatinencomputers bereit-
gestellt, der unter anderem mit Hilfe einer altersgerechten visuellen Pro-
grammiersprache arbeitet, um so den Einstieg in ES zu schaffen. Abbildung
2.2 zeigt diese Art der visuellen Programmierung anhand eines Kompass-
Beispielprogrammes mit der Simulationsumgebung des BBC micro:bit. Die-
se Methode eignet sich besonders gut für eine jüngere Zielgruppe, für die es
schwerer ist, sich die Syntax einer Programmiersprache anzueignen. Durch
die Möglichkeit des Zusammenpuzzelns von Programmen wird diese Hür-
de genommen. Auf diesem Gebiet gibt es mehrere Ansätze, welche das Ler-
nen, der sehr in die Tiefe gehenden Problematik der Mikrocontrollerpro-
grammierung vereinfacht. Visuelle Abstraktionen wie die Programmierung
mittels Scratch reduzieren das benötigte Vorwissen auf ein Minimum. Je-
des Programmierelement ist wie ein Teil eines Puzzles aufgebaut. Ein User
kann sich aus einem Katalog von Puzzleteilen eine Logik zusammenschie-
ben. Die visuellen Bauteile verhindern dabei, dass nicht kompatible Elemen-
te zusammen genutzt werden. Entwicklungs-Kits wie der BBC micro:bit oder
das Projekt Codebug (Preston, 2021) nutzen diesen Ansatz, um ihre Hardwa-
re für eine jüngere Zielgruppe verständlich zu machen. Solche visuellen Pro-
grammiersprachen wurden entwickelt, um Entwicklern ohne Programmier-
Vorerfahrung die Softwareentwicklung zu ermöglichen (Maloney et al., 2010).
Allerdings ist diese verspielte Abstraktion für die Studierenden des ES-Moduls
zu sehr vereinfacht und damit auch zu weit von der Berufspraxis entfernt.
Ein Kompromiss aus einer Abstraktion und einer zugänglichen Startmög-
lichkeit liegt daher zwischen der visuellen Programmierung und der hard-
warenahen IDE von „Microchip Studio“. Die Entwicklungsumgebung Ar-
duino ist eine beliebte Möglichkeit, die diese Lücke schließt. Sie wird durch
einen Mix aus verständlicher, gut nachzuvollziehender Programmierung ge-
prägt. Das enorme Angebot an Dokumentation gepaart dem passenden Le-
vel der Abstraktion, machen die Arduino Endwicklungsumgebung geeignet,
um in die Lehre einbezogen zu werden (Jamieson & Herdtner, 2015).

2.2.1   Arduino
Zahlreiche Menschen kennen den Begriff Arduino, aber verknüpfen ihn er-
fahrungsgemäß oft falsch. Viele verbinden den Begriff mit dem „Arduino
Uno“ (Arduino, 2021a) zu sehen auf Abbildung 2.3, welcher das bekannteste
Entwicklungsboard der Serie darstellt. Der Uno basiert auf einem 8-Bit At-
mel Mikrocontroller, dem AtMega 323P (Microchip, 2021). Arduino ist aber
weit mehr als das, denn es bezeichnet den Oberbegriff für ein ganzes Ökosys-
tem, das sich mit der Entwicklung und Dokumentation von Projekten aus der
Mikrocontrollerwelt beschäftigt und findet gerade im Do-It-Yourself (DIY)-
Bereich sehr große Aufmerksamkeit. Er besteht im Kern aus drei Komponen-
ten: zum einen der Arduino integrated development environment(IDE), zu
sehen auf Abbildung 2.4, dann den unterschiedlichen Entwicklungsboards
Kapitel 2. Stand der Forschung und Praxis                                  13

         A BBILDUNG 2.3: Arduino Uno Rev.3 Entwicklungsboards (Ar-
                               duino, 2021b).

wie dem „Uno oder Mega“ und vor allem aus einer großen und äußerst ak-
tiven Entwicklercommunity. Die Beschaffung der Entwicklungsumgebung
ist preiswert und es kann über alle gängigen Betriebssysteme programmiert
werden (Louis, 2016). Dadurch ist der Arduino sehr gut für den Einsatz in
der Lehre geeignet, denn ganze Klassensätze der Entwicklungsumgebung
oder Nachbauten davon bleiben finanziell abbildbar. Aufgrund des Open
Source-Ansatzes wurde das Board von verschiedensten Herstellern legal ko-
piert. Dadurch ist eine Kopie des Boards in der Regel für etwa 5 Euro je Stück
erhältlich. Das Arduino-Projekt setzt auf eine umfangreiche Dokumentation,
die den Zugang erleichtert. Zusätzlich stellt die Community auf verschie-
densten Plattformen und Formaten ihre umgesetzten Projekte dar. Dies ist
eine Erleichterung für die Studierenden, denn sie finden zu nahezu jedem
benötigten Bauteil meist mehr als eine Anleitung, die die Implementierung
erklärt.

    Der Arduino kann mittels verschiedener Entwicklungswerkzeuge bespielt
werden. Am häufigsten wird jedoch die von Arduino zur Verfügung gestell-
te IDE genutzt. Diese sehr spartanische IDE bietet einem Einsteiger alles, was
dieser für die Arbeit mit der Hardware benötigt. Sie bietet das schnelle Ein-
binden von Bibliotheken an und hilft mittels eines einfachen Boardverwal-
ters dabei, dass auch andere Mikrocontroller mit der IDE benutzt werden
können. Dazu ist meist nur das Einbinden eines Plug-ins nötig, welches von
den Herstellern anderer Systeme meist bereitgestellt wird.

   Arduino wurde zu dem Zweck entwickelt, schnelles Prototyping zu er-
möglichen. Dabei soll das Bauen und das Implementieren im Vordergrund
stehen und nicht das Planen, was üblicherweise bei der Entwicklung von
Elektronikschaltkreisen notwendig ist. Der User soll durch Ausprobieren und
Kapitel 2. Stand der Forschung und Praxis                          14

           A BBILDUNG 2.4: Arduino IDE (zeigt Beispielprogramm).
Kapitel 2. Stand der Forschung und Praxis                                 15

die dabei entstehenden Fehlschläge fortgebildet werden (Odendahl et al.,
2010, S.7). Der Spaß, den das sofortige Lostüfteln bereitet, soll die Nutzer
dazu inspirieren, Dinge einfach auszuprobieren, anstatt zuerst eine explizite
Schaltung entwerfen zu müssen.

2.2.2   Espressif
Espressif ist ein Mikrocontroller-Hersteller, der neben anderen Chips auch
den ESP32 entwickelt hat (Espressif Systems, 2021b). Verglichen mit dem
AtMega 323P MCU des Arduino, hat der ESP32 mit seinen zwei Xtensa-
Prozessorkernen mehr Rechenleistung. Darüber hinaus kommt der ESP32
standardmäßig mit Wi-Fi 802.11 b/g/n und Bluetooth Version 4.2. Damit be-
nötigt das Devboard von Espressif keine weiteren Shields oder etwa externe
Logik, um als IoT-Gerät genutzt werden zu können. Abbildung 2.5 zeigt das
Blockdiagramm des ESP32. Aus diesem geht die umfangreiche Ausstattung
des Entwicklungsboards hervor.

    Der ESP32 kann für User, welche es gewohnt sind mit der Arduino IDE zu
arbeiten, ebenso über das ESP32-Arduino Core Plug-in mit der IDE program-
miert werden. Alternativ ist es aber auch möglich, den ESP32 nativ mittels
des Espressif IoT-Development Framework in C zu programmieren oder mit
Python über die Micropython engine (Babiuch et al., 2019). Für Studierende,
die sich das zweite Semester mit ES beschäftigen, ist der ESP32 ein logischer
nächster Schritt, da sie ihr erworbenes Wissen über die Arduino IDE nutzen
können, jedoch eine Hardware damit bedienen, die modernen Ansprüchen
der IoT-Landschaft entspricht. Jeder Studierende kann selbst entscheiden, ob
und wann er mit dem Arduino Framework an Grenzen stößt und danach auf
eine der möglichen nativen Programmierumgebungen für den MCU wech-
selt.

    Der ESP32 ist dabei nur die Bezeichnung des Mikrocontrollers, dem zen-
tralen Kernelement der Entwicklungsumgebung. Auch für ihn gibt es, eben-
so wie für den Arduino, unterschiedliche Entwicklungsboards, welche mit
einem gewissen Setup ausgestattet sind. Vor dem Hintergrund, dass Studie-
rende die Hardware bei sich daheim, ohne den Zugriff auf eine Lötstation,
zusammenbauen sollen, wurde sich dafür entschieden, ihnen ein erweitertes
Entwicklungsboard zur Verfügung zu stellen. Dadurch, dass lediglich davon
ausgegangen werden kann, dass Projekte über Steckverbindungen der Ver-
kabelung, beispielsweise mittels eines Breadboards, gebaut werden können,
erleichtert eine Hardware, die die gängigsten Komponenten eines möglichen
IoT-Projekts mit sich bringt, die Arbeit.
Kapitel 2. Stand der Forschung und Praxis                              16

         A BBILDUNG 2.5: Blockdiagramm des ESP32 Mikrocontroller
                         (Espressif Systems, 2021a).

         A BBILDUNG 2.6: Links TTGO Batteriebetrieb / Rechts im Pro-
                 jekt verkabelt mit externer Stromversorgung.
Kapitel 2. Stand der Forschung und Praxis                                  17

2.2.3   Lilygo TTGO
Der TTGO der Firma Lilygo bietet ein Entwicklungsboard, welches vorkon-
figuriert mit einem 1.14 Inch LCD Display ausgestattet ist, sowie mit einem
Laderegler für 3.7V Lithiumbatterien (Shenzhen Xin Yuan Electronic Tech-
nology Co, 2021). Damit eignet sich das Board besonders für mobile Appli-
kationen, die über einen Akku betrieben und bei denen Informationen auf
einem Display dargestellt werden sollen. Das Board wird durch den ESP32-
Chip gesteuert und bietet die gleichen Vorteile wie das standalone betriebe-
ne ESP32-Entwicklungsboard. Die Abbildung 2.6 stellt dar, wie das TTGO-
Entwicklungsboard über den Akku betrieben wird, um beispielsweise als
Wearable eingesetzt zu werden. Es kann alternativ aber auch in einem Projekt
verkabelt und via USB mit Strom versorgt werden. Durch die Bereitstellung
der erweiterten Hardware wird sich versprochen, den Studierenden mehr
Möglichkeiten bei der Themenfindung für ihre Projekte zu bieten, da diese
durch den TTGO transportabler werden und ohne eine Verkabelung die Op-
tion gegeben ist, ein visuelles Feedback auszugeben.

2.3     Kommunikationsprotokolle
Auch bei der Wahl eines passenden Kommunikationsprotokolls stehen meh-
rere Möglichkeiten zur Verfügung, die als Schnittstelle bei der Entwicklung
von IoT-Projekten genutzt werden können. Zur Auswahl standen Protokolle
wie Devices Profile for Web Services (DPWS), das Constrained Application
Protocol (CoAP) sowie das Message Queuing Telemetry Transport (MQTT).
All diese Optionen vermögen es den nötigen Kommunikationslayer für die
Umsetzung des Modulkonzepts zu stellen. Jedes von ihnen hat spezifische
Vor- und Nachteile, die das jeweilige Protokoll auszeichnen (Fysarakis et al.,
2016; Hedi et al., 2017). Durch die angenommene überschaubare Anzahl von
Teilnehmern, welche während eines ES-Semesters Daten per MQTT über den
Broker austauschen werden, ist die Wahl hierbei auf das MQTT-Protokoll
gefallen. Dieses eignet sich gut für die Kommunikation verschiedenster Sys-
teme (Fysarakis et al., 2016) und es ist für diesen Anwendungsbereich die
beliebteste Option (Soni & Makwana, 2017, S.4).

2.3.1   MQTT
Das MQTT-Protokoll, kreiert von Andy Stanford-Clark und Arlen Nipper, ist
ein System zur Verteilung einfacher Datenstrukturen (Prada et al., 2016). Es
ist ein Protokoll, das von großen Firmen wie IBM, Facebook, Eurotech, Cisco,
Red Hat, M2Mi, Amazon Web Services (AWS), InduSoft und Fiorano einge-
setzt wird, und neben AMQP ist es das erfolgreichste Protokoll im Bereich
IoT. MQTT ist ein M2M (Machine to Machine)-System und besteht aus zwei
verschiedenen Teilnehmerarten, dem Broker und dem Client (Naik, 2017).
Kapitel 2. Stand der Forschung und Praxis                               18

               A BBILDUNG 2.7: MQTT Broker/Client Konzept.

    MQTT ist dazu gedacht, Informationen jeglicher Art von Smart Devices
zu verteilen. Es erleichtert die Verteilung von Sensordaten von einem Sen-
der an eine Vielzahl von Empfängern, die diese Daten nutzen wollen. Mit
einer festen Headergröße von nur zwei Bytes benötigt die Verwendung von
MQTT nur sehr wenige Ressourcen, wodurch es gerade für Mikrocontrol-
ler mit limitiertem Speicher und schwachen Prozessoren sehr adäquat ist.
Auch Client Implementierungen können durch den Aufbau des Protokolls
sehr schlank umgesetzt werden. Kleine Nachrichtenpakete sind sehr gut da-
zu geeignet über Netzwerke mit niedriger Bandbreite übertragen zu werden,
weshalb auch mobile Geräte mit einer schlechten Verbindung oder wenig
Datenvolumen in der Lage sind, Daten über MQTT zu teilen oder zu emp-
fangen (Keen et al., 2012).

    Der MQTT-Broker kann als Server für die Kommunikation verstanden
werden, beziehungsweise ist er die Instanz, die den Verkehr der Nachrich-
ten organisiert. Der Broker ist über ein Netzwerk erreichbar und kann kon-
taktiert werden. Er bietet unterschiedliche Arten der Sicherheitsverwaltung
sowie Protokolle an. Es ist je nach Broker möglich, diesen über das MQTT-
Protokoll oder Websocket zu kontaktieren. Optional kann der Server über
TLS/SSL mit und ohne Zertifikat abgesichert werden. Clients können Daten
in Topics an den Server senden. Diese Daten werden ähnlich einer Ordner-
struktur verwaltet, mit dem Unterschied, dass man einzelne Ordner nicht
Kapitel 2. Stand der Forschung und Praxis                                 19

extra anlegen braucht. So könnte ein Client beispielsweise direkt eine Messa-
ge zu der Topic „Wohnzimmer/Beleuchtung/Licht1“ senden. Broker bieten
Access Control List (ACL) an, mit der dem Benutzer Rechte für bestimm-
te Topics erteilt werden können. Abbildung 2.7 zeigt die Arbeitsweise des
MQTT-Brokers sowie möglicher Clients.

    Der MQTT-Client kann ein beliebiges Netzwerkgerät sein, das in der La-
ge ist, mit dem Broker zu kommunizieren. Der Client kann mit einem Publish
an eine Topic dem Broker Daten mitteilen. Er kann auch hinterlegte Informa-
tionen mittels „Subscribe“ einer Topic abonnieren. Erhält dann der Broker
ein Update zu einer Topic, wird der Client umgehend darüber informiert.
Clientseitig kann dies dann zu Events führen, welche die übermittelten Da-
ten nutzen können, um diese zu archivieren oder eine Aktion darauf folgen
zu lassen.

2.3.2   Mosquitto Software
Eine bekannte Software, die das MQTT-Protokoll implementiert, ist Mosquit-
to (Eclipse Foundation, 2021a). Mosquitto ist Open Source, ein Mitglied der
Eclipse Foundation, und es ist für alle gängigen Betriebssysteme verfügbar.
Die Software setzt sich aus drei Teilen zusammen: dem eigentlichen Bro-
ker, den mosquitto_pub und mosquitto_sub Dienstprogrammen und einer
in C implementierten und in C++ eingebetteten MQTT client library (Light,
2017).

    Im Rahmen des Moduls, der Veranstaltung ES, stellten wir den Studie-
renden eine Instanz des Mosquitto-Servers auf dem Webserver des HRW-
FabLabs bereit. Diese Instanz wurde auf einem Linux-Server mit Debian Dis-
tribution installiert.
20

Kapitel 3

Methodik

3.1    Forschungsdesign und Kontext der Arbeit
Der Kontext dieser Arbeit besteht darin, die Erhaltung und Verbesserung des
Moduls „Eingebettete Systeme“ an der Hochschule Ruhr West zu leisten.
Durch Beobachtung der über die Jahre in der Veranstaltung durchgeführ-
ten Iterationsstufen wurde ein Konzept für die Änderungen konzipiert, die
durch die Pandemie notwendig wurden. Diese Abwandlung der bisherigen
Durchführung wird in einer Fallstudie getestet (Yin, 2017). Die Studieren-
den, welche das Modul in der abgeänderten Form durchlaufen, werden wäh-
rend und am Ende des Semesters um eine Evaluation gebeten. Diese Evalua-
tion wurde in Form von Fragebögen durchgeführt, die zur freiwilligen Be-
antwortung standen. In den Befragungen wird die persönliche Einschätzung
über die Neuerungen sowie die Erfahrung mit den neu eingeführten Lehr-
zielen und Werkzeugen abgefragt.

    Bei der Bewertung der Fallstudie ist eine einfache Einordnung, ob gut
oder schlecht, nicht zu treffen. Zu unterschiedlich sind die teilnehmenden
Charaktere und Gruppen, die sich aus unterschiedlichen Studiengängen zu-
sammensetzen. Weiterhin hat die Beobachtung gezeigt, dass die Teilnehmer
von Jahr zu Jahr sehr verschiedene Stärken und Schwächen aufweisen. Da-
mit ist gemeint, dass unter gleichen Voraussetzungen nicht jeder Studien-
gang qualitativ zu vergleichende Ergebnisse hervorbringt. Einige Semester
zeigten unterdurchschnittliches Engagement und andere wiederum überdurch-
schnittliches. Somit sind die Ergebnisse der Semester nicht eins zu eins ver-
gleichbar miteinander. Aber nicht nur der Outcome letzter Jahre, sondern
auch die Umstände, unter welchen das Semester der Fallstudie durchgeführt
wurde, erschweren den Vergleich zu einem Präsenzsemester. Um dennoch
die Forschungsfragen beantworten zu können, nutzt diese Arbeit die „Mixed
Methods“-Methode bei der Durchführung der Evaluation. Dieses Vorgehen
verspricht unter den gegebenen Umständen eine möglichst umfangreiche
Aussage über den Erfolg der Arbeit geben zu können, indem sowohl qualita-
tive als auch quantitative Datenerhebung stattfindet (Tashakkori & Creswell,
2007).
Kapitel 3. Methodik                                                      21

3.2    Entwicklungsmethodik
Bei der Programmierung der Kollaborationssoftware, die für die Fallstudie
eingesetzt wurde, ist darauf geachtet worden, dass diese modernen User
Interface-Ansprüchen genügt. Um dies zu gewährleisten, basiert das Lay-
out der Web-App auf dem Bootstrap Framework (Spurlock, 2013). Durch die
Verwendung von Bootstrap ist ebenso gewährleistet, dass die Anwendung
responsive ist und sich daher sowohl für die Nutzung an einem Monitor eig-
net als auch auf Smartphones und Tablet-Computern nutzbar ist. Die Soft-
ware nutzt das Mashup Pattern und kombiniert so mehrere Webservices in
einem (Benslimane et al., 2008). Die Software wird durch eine real-time syn-
chronisierte Präsentation charakterisiert, um die Web-App auf kollaborative
Innovation zu fokussieren (Joiko et al., 2019). Um diese weiter zu steigern,
wird in der Web-App eine Videokonferenz in Echtzeit implementiert, welche
das WebRTC-Protokoll nutzt, um die dargestellten Streams der User über ei-
ne peer-to-peer-Verbindung darzustellen (Zeidan et al., 2014).

    Die Software ist als Open Source unter der MIT License veröffentlicht
worden. Sie ist verfügbar auf github (Paproth, 2020). Im Repository findet
sich die Dokumentation ebenso wie eine Installationsanleitung.

3.3    Beschreibung des Evaluationsverfahrens
Um einen Vergleich zwischen den Instanzen dieses Kurses über mehrere Se-
mester hinweg ziehen zu können, werden gleich mehrere Betrachtungswei-
sen vereinigt. Dadurch wird erreicht, dass eine wissenschaftlich fundierte
Aussage über den Kurs gemacht werden kann. Es wird die Fallstudie mit
einem Präsenzsemester vergleichen. Dazu nutzt diese Arbeit qualitative und
quantitative Methoden der Evaluation (Schreier & Odağ, 2020).

    Bei der Entwicklung der Fragebögen liegt der Fokus auf der Ermittlung
des Meinungsbildes der Teilnehmer des Moduls ES in dem zu untersuchen-
den Semester. Um einen Vergleich der angewandten Lehrmethoden zwischen
den Gruppen treffen zu können, werden auch Studierende aus vergangenen
Semestern befragt. Dadurch soll eine Aussage über die Qualitätsmerkma-
le sowie die Unterschiede getroffen werden. Diese quantitative Datenerhe-
bung dient dem Zweck mittels mehrfacher gezielter schriftlicher Befragun-
gen eine Bewertung der konkreten Kurs-Sachverhalte zu ermitteln (Steiner
& Benesch, 2015). Dabei fanden die Regeln zur Formulierung von Frage-
bögen Anwendung, welche von Wellhofer beschrieben wurden (Wellhöfer,
1997, S.131). Formal wurde sich an den Ausführungen des Buches „Frage-
bogen/Ein Arbeitsbuch“ (Porst, 2014) und der Arbeit „Evaluation von E-
Learning-Systemen am Beispiel des Kurses Ecodesign“ (Varol, 2007) orien-
tiert.
Kapitel 3. Methodik                                                     22

         A BBILDUNG 3.1: Ausschnitt aus Fragebogen der Expertenum-
                          frage mittels Likert-Skala.

    Die Fragebögen bedienen sich dabei der Fragetechniken der empirischen
Sozialforschung, um ein Meinungsbild der Studierenden zu erhalten. Da-
für nutzen die erstellen Bögen eine Mixtur aus Fragen, bei der die Einstel-
lung der Teilnehmenden zu bestimmten Themen mittels Freitext zu beant-
worten ist. Dies soll dafür genutzt werden, besondere Aspekte des didakti-
schen Konzepts herauszuarbeiten. Aufgrund der nicht-homogenen befrag-
ten Personengruppen sollen Besonderheiten ihrer jeweiligen Wahrnehmung
erkannt werden. Weiter nutzen die Fragebögen eine Likert-Skala wie bei-
spielsweise in Abbildung 3.1 zu sehen. Der Aufbau aus fünf- oder sieben-
stufigen Antwortmöglichkeiten ermöglicht es, die Einstellung der Teilneh-
mer zu gezielten Aussagen festzuhalten und vergleichbar zu machen (Porst,
2014, S.605). Dabei konnten auch Fragen, welche beiden Gruppenarten ge-
stellt wurden, miteinander verglichen werden. So konnten Unterschiede und
auch Gemeinsamkeiten zwischen der Präsenz- und der Remote-Lehrform er-
kannt werden.

    Des Weiteren werden ebenso qualitative Daten erhoben, indem sowohl
Teilnehmer der Fallstudie als auch Experten offene Fragen gestellt bekamen.
Die Antworten auf diese Fragen sollen die quantitativen Ergebnisse bestär-
ken. Die Reaktionen wurden nach eingehender Betrachtung interpretiert, um
daraus Vor- und Nachteile der verwendeten Werkzeuge extrahieren zu kön-
nen. Die qualitative Befragung soll die zusammengetragenen Ergebnisse der
kombinierten Befragungen aller Beteiligten dabei weiter untermauern.
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