Aufwind - Abendgymnasium Innsbruck

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Aufwind - Abendgymnasium Innsbruck
Aufwind

                                                               Jahresbericht 2017/18
                      Bildung ist Bewegung.

                                                               Abendgymnasium Innsbruck

Abendgymnasium Innsbruck
Adolf-Pichler-Platz 1 l 6020 Innsbruck l Tel.: 0512-58 44 88                                  Jahresbericht des Bundesgymnasiums
abendgym@tsn.at l www.abendgym.tsn.at                                                         für Berufstätige Innsbruck 2017/2018
Aufwind - Abendgymnasium Innsbruck











Aufwind - Abendgymnasium Innsbruck
Aus der Direktion   Aus der Administration    Lehrende berichten          Aus dem Unterricht

                                                                                                                                                                  Editorial

Inhalt                                                  Aus dem Englischunterricht
                                                        Aus dem PuP-Unterricht
                                                                                                                38
                                                                                                                40
                                                        Aus dem LPK-Unterricht                                  44
                                                        Experimentalpraktikum 2017/18                           50
Aus der Direktion

Editorial                                           3
Verein für Kultur und Kommunikation                 6   Studierende erzählen
Nachruf Mag. Norbert Koller                         7
Abschied und Neubeginn                              8
                                                        Aus dem Matura-Fernstudium                              54

Aus der Administration
                                                        Projekttage
Aus der Administration                             10
Zahlen und Daten                                   12
Das Team der Lehrenden                             14   Interessanter Lehrausgang                               61
                                                        Latein-Exkursion zu den archäologischen Ausgrabungen    62
                                                        Im Bauch des Landestheaters                             63                                                Liebe Studierende,
                                                        Biologische Exkursion                                   64                                                liebe Kolleginnen und Kollegen,
Lehrende berichten                                                                                                                                                liebe Freunde der Schule!

Aus dem Leben einer Studienkoordinatorin           16   Ü-Klasse
Abschied Reinhard Grübl
Zum Gedenkjahr 2018 – Erinnern an 1938
                                                   18
                                                   20
                                                        Aktivitäten                                             67
                                                                                                                                                                  W        ir haben wieder ein bewegtes Schuljahr hin-
                                                                                                                                                                           ter uns. Im September waren wir am Stich-
                                                                                                                                                                  tag mit 860 eingetragenen Studierenden das zweit-
_erinnern.at_ am Abendgymnasium Innsbruck          24
Aus der SQA-Gruppe		               		              28                                                                                                             größte Gymansium Tirols (nur das Gymnasium in
                                                                                                                                                                  der Au hatte mit 864 noch mehr SchülerInnen als
Impressionen aus Sarns             		              30
                                                                                                                                                                  wir) und das zweitgrößte Abendgymnasium Öster-
Erst Erste Hilfe lernen, dann erst ersthelfen!		   32
                                                                                                                                                                  reichs – und das, nachdem wir im Schuljahr 16/17
                                                        Matura                                                                                                    genau 94 Studierende durch den besten aller Grün-
                                                                                                                                                                  de: durch Matura verloren hatten. (Die Zahl 860 ist
                                                                                                                                                                  etwas zu hoch; mangels geeigneter Software konn-
Aus dem Unterricht                                      Deutsch-Unterricht von der Volksschule bis zur Matura   70                                                ten wir 2 „10-Stunden-Regelungen“ nur händisch
                                                        Schriftliche Reifeprüfung                               72                                                durchführen. Jetzt geht es auch wieder computer-
Modul D-7                                          34   Interview Daniel Wackerle                               74                                                gestützt. Und es sind natürlich nie alle in der Schule:
Mediennutzung am Abendgymnasium:                   36   Maturazeugnisverteilung                                 78                                                Fernstudierende z.B. kommen in der Regel nur an

                                                                                                                                                                                                                            3
Aufwind - Abendgymnasium Innsbruck
Aus der Direktion        Aus der Administration      Lehrende berichten         Aus dem Unterricht           Studierende erzählen             Projekttage                 Ü-Klasse                    Matura

                                                                                                                   Redaktion

    2 von 5 Abenden ins Haus. In der Individualphase        sehr gut; aber in jedem Semester sind natürlich ein
    haben sie die Schule „zuhause“.)                        paar Module überbelegt und ein paar unterbelegt.       Liebe Leserinnen und Leser!
       Auch dieses Schuljahr kündigt sich wieder eine       Wir müssen dann eingreifen und stehen da immer
    Gesamtzahl von etwa 100 MaturantInnen an. Nach          wieder vor unangenehmen Entscheidungen: Kön-
    Herbst- und Wintertemin stehen wir bei 52 und 59
    sind zum Haupttermin zugelassen.
                                                            nen wir ein überbelegtes Modul in zwei parallele
                                                            Module teilen oder müssen wir Studierende, die         S tellen Sie sich manchmal die Frage, was Sie in Ih-
                                                                                                                     rem Leben antreibt, Ihnen Motivation, Kraft und
                                                                                                                   Rückhalt gibt, Sie beflügelt und Sinn stiftet?
       Wir arbeiten weiterhin daran, nicht nur an           das auch noch später absolvieren können, abweisen
    Quantität zu wachsen, sondern auch an Qualität          bzw. „vertagen“? Das ist auch eine Form der Qua-
    zuzulegen. Wir möchten auch eine „gute Schule“          litätssicherung: Ein Modul mit 40 Personen ist eben       Eine mögliche Antwort auf diese Frage kann un-
    sein. Das ist nichts Neues; wir führen nur weiter,      kein gedeihliches Lernumfeld mehr. Ich danke da        sere Schule anbieten: Das Abendgymnasium ist ein
    was bereits unter meiner Vorgängerin Dir. Eliskases     den Studierenden, die letztlich immer viel Verständ-   Ort, wo sich Lehrende und Studierende auf Augen-
    und auch schon lang davor begonnen worden ist. Ich      nis für lästige, aber notwendige Maßnahmen gezeigt     höhe begegnen, wo vergangene Rückschläge und
    glaube, wir haben ein weit über dem Durchschnitt        haben, und ich danke auch den Lehrpersonen, die        Enttäuschungen vergessen werden und die Indivi-
                                                                                                                   dualität jedes Einzelnen im Vordergrund steht. Wir
    motiviertes Team von Lehrpersonen, die willens          schnell eingesprungen sind, wenn es möglich war,
                                                                                                                   haben Platz für alle, die sich (wieder) der Heraus-
    und in der Lage sind, auf die Bedürfnisse erwachse-     parallele Module aufzustellen.
                                                                                                                   forderung „Bildung“ stellen wollen, die (neuen) Auf-
    ner, berufstätiger Studierender einzugehen.Von der          In diesem Sinn: Willkommen in einer großen,
                                                                                                                   wind verspüren, Platz für Unangepasste, für Men-
    Ausbildung her sind das „normale“ LehrerInnen;          guten Schule!
                                                                                                                   schen, die im System einer geregelten Tagesschule
    durch ihre Fortbildung haben sie sich jahrelang auf
                                                                                                                   gebremst sind und auch für jene, die bisher keine
    den Unterricht in einem extrem flexiblen Schul-
                                                                                                                   Möglichkeit hatten, Beruf(ung) und Familie, Karriere        Unser Dank gilt an dieser Stelle auch besonders
    system für Erwachsene spezialisiert. Wir können                                             Michael Bürkle
                                                                                                                   und Weiterbildung unter einen Hut zu bringen.           unserer Kollegin Michaela-Kogler Lang, die zusam-
    eine große Gruppe sehr verschiedener Studieren-
                                                                                                                                                                           men mit ihrem Lebensgefährten Tommi Bergmann
    der, die das Ziel Bildung vereint, mit einer Vielfalt                                                              Aus unterschiedlichen Gründen besuchen un-          (Grafik) sieben Jahre lang den Weg der Schule do-
    von kompetenten Lehrpersonen versorgen.                                                                        sere Studierenden das Abendgymnasium, das Ziel          kumentiert und diese Erfolgsdokumente im Jahres-
       Nichts hindert uns, noch besser zu werden. Wir                                                              ist allen gemeinsam und heißt Matura. Der Weg zu        bericht festgehalten und sichtbar gemacht hat. Wir
    haben in schulinterner LehrerInnen-Fortbildung                                                                 diesem Reifeprüfungszeugnis ist oft beschwerlich        freuen uns auf ihre berufliche Rückkehr nach einem
    Qualitätsstandards des Fernstudiums auf das Prä-                                                               und lang, mit Rückschlägen, Seitenwind und Mühen        Jahr Auszeit im Herbst dieses Jahres.
    senzstudium adaptiert und wir haben uns Anfang                                                                 verbunden. Doch das modulare System und indi-               Liebe Leserinnen und Leser, genießen Sie den
    Mai mit Methoden förderlicher Leistungsbeurtei-                                                                viduelle Stundenpläne ermöglichen es, diesen Weg        Sommer, finden Sie Orte der Entspannung und Er-
    lung und mit der Optimierung unserer Lernplatt-                                                                dennoch professionell und erfolgreich zu meistern.      holung und kommen Sie gut durch die unterrichts-
    formen befasst. Auch VertreterInnen unserer Stu-                                                               Und so hat sich der Titel des diesjährigen Jahresbe-    freie Zeit!
    dierenden haben da tatkräftig mitgearbeitet.                                                                   richtes ergeben: Aufwind – unter unserem Motto:
       Ich versuche als Direktor, einen großen Betrieb                                                             Bildung ist Bewegung.
    mit einer sehr „schlanken“ Verwaltung so zu führen,                                                                Schule kann und darf auch Spaß machen.
    dass ein kommunikatives, gedeihliches Miteinander                                                                  Ich darf allen, die ein kleines oder großes Stück
    auf Augenhöhe von Lehrenden und Studierenden                                                                   dieses Weges in diesem Schuljahr erfolgreich gegan-
    möglich wird. Mir ist Transparenz und Nachvoll-                                                                gen sind oder begleitet haben, herzlich gratulieren.
    ziehbarkeit in den Entscheidungen wichtig – aber                                                                   Ein herzliches Dankeschön geht an unseren Ver-
    auch das ist ja nichts Neues. Unser total-modulari-                                                            ein für Kultur und Kommunikation mit Obfrau Anne
    siertes System funktioniert im Großen und Ganzen                                                               Scheuringer, der diesen Jahresbericht mitfinanziert.                                           Ingrid Staud

4                                                                                                                                                                                                                                5
Aufwind - Abendgymnasium Innsbruck
Aus der Direktion        Aus der Administration     Lehrende berichten          Aus dem Unterricht           Studierende erzählen            Projekttage                Ü-Klasse                     Matura

    Verein für Kultur und Kommunikation                                                                           Nachruf Mag. Norbert Koller
    am Abendgymnasium Innsbruck
                                                          (Kontonummer IBAN AT17 1600 0001 0062 8910
                                                          bei der BTV. )
                                                             Viele von Ihnen sind bereits in den Genuss einer     Am 8.10.2017 ist der ehemailge Direktor des Abendgymnasiums, Norbert Koller, im Alter von 96
                                                          Förderung gekommen, bei Theater- und Kinobesu-          Jahren verstorben. Direktor Michael Bürkle hat bei der Beerdigung folgende Trauerrede gehalten:
                                                          chen, Exkursionen, Veranstaltungen, Projektfahrten
                                                          und Festen. Auch dieser Jahresbericht gehört dazu.
                                                                                                                  Sehr geehrte Trauergemeinde!                          Diese Schule, die ich heute hier vertreten darf,
                                                             Uns sind kommunikative und kulturelle Aktivi-
                                                                                                                                                                        verdankt Ihnen, der die Schule an der Schnitt-
                                                          täten über das Schulgeschehen hinaus sehr wichtig.
                                                                                                                  Lieber Direktor Norbert Koller.                       stelle zwischen Arbeitermittelschule einerseits und
                                                          Das gehört zu einer lebendigen Schule.                  Als Ihr Nach-Nach-Nach-Nach-Nachfolger habe           Gymnasium für Berufstätige andrerseits geleitet
                                                             Dabei fallen oft Kosten an, die die Schule nicht     ich die Ehre, einige Worte hier sprechen zu dür-      hat, sehr sehr viel. Wir wissen das, lieber Direktor
                                                          übernehmen darf und für Einzelpersonen doch             fen.                                                  Koller, und wir danken Ihnen dafür.
                                                          empfindlich hoch sein können.                           Leider hatte ich nicht mehr das Vergnügen, Sie als
                                                             Was an anderen Schulen in Tagesform häufig ein       Kollegen kennenzulernen. Sie waren vom 1.1.1981       Ruhe in Frieden, Norbert Koller!
                                                          Elternverein übernimmt, nehmen an unserer Schule        bis zu Ihrer Pensionierung im Herbst 1982 Direk-
                                                          Lehrende und Studierende in Form dieses Vereins         tor des Abendgymnasiums. Ich kam da erst 1994
                                                          selbst in die Hand.                                     als Lehrer dorthin, aber ich kann mich noch an Sie
                                                             Ich wünsche Euch und Ihnen viel Vergnügen            erinnern, denn Sie haben der Schule auch nach Ih-
                                                          beim Blättern und beim Lesen.                           rer Pensionierung noch lange die Treue gehalten
    Liebe Studierende,                                                                                            und waren oft bei Treffen und kleinen Feiern von
                                                             Und wenn Ihr Ideen für Kultur und Kommuni-
    liebe Kolleginnen und Kollegen,                                                                               LehrerInnen präsent.
                                                          kation am Abendgymnasium habt, wendet Euch an
                                                                                                                  Sie müssen ein phantastischer Mathe- und Physik-
    liebe Freunde der Schule!                             uns. Im Vorstand sind: Ich, Annegret Scheuringer,       lehrer gewesen sein, der vielen Studierenden den
                                                          Prof. Nina Ciaghi, Prof. Stefania Kerschbaumer, Prof.   Schrecken vor diesen Fächern genommen hat. 23
                                                          Melanie Degaspari und Prof. Gudrun Priester.            Jahre, ab 1959, haben Sie das gemacht und Sie sind
                                                                                                                  als äußerst beliebter, wohlwollender und korrekter
                                                                                                                  Lehrer in Erinnerung geblieben. „Papa Koller“
                                                                                                                  wurden Sie bisweilen genannt, und Ihre Studieren-

    A    ls Obfrau des Vereins für Kommunikation und
         Kultur am Abendgymnasium freue ich mich
    sehr, Euch und Ihnen dieses Jahr wieder den Jahres-
                                                                                            Anne Scheuringer      den wussten, dass Sie sich mit ganzer Kraft für die
                                                                                                                  Schule eingesetzt haben. Ihr grauer Arbeitsmantel
                                                                                                                  sei oft weiß gewesen vor lauter Kreide am Ende
    bericht überreichen zu können.                                                                                des Abends, habe ich mir sagen lassen.
        Diejenigen, die in diesem vergangenen Schul-                                                              Sie haben sich auch in der Betreuung der Vorarl-
    jahr zu uns gekommen sind, werden wahrschein-                                                                 berger Privatisten sehr engagiert. Sie waren auch
    lich noch nicht viel vom Verein gehört haben. Er                                                              als Personalvertreter und Gewerkschaftler aktiv.
    arbeitet im Hintergrund. Wir existieren seit vielen
    Jahren.Wir leben von den minimalen drei Euro Mit-
    gliedsbeitrag, die bei der Modulbelegung als Seme-
    sterbeitrag eingesammelt werden und von Spenden.

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Aufwind - Abendgymnasium Innsbruck
Aus der Direktion            Aus der Administration   Lehrende berichten            Aus dem Unterricht             Studierende erzählen              Projekttage                   Ü-Klasse                        Matura

    Abschied und Neubeginn

                                                             Wir haben unsere neue Sekretärin Chiara Lan-                sehr gut eingeschult. Ich kann selbständig arbeiten und
                                                             dolfo zu einem kleinen Interview gebeten:                   habe das Vertrauen des Direktors. Ich kann viel Neues
                                                                                                                         lernen.
                                                             Redaktion: Wie bist du an unsere Schule gekom-              Generell empfinde ich das Schulklima als sehr ange-
                                                             men?                                                        nehm. Die Studierenden und Lehrenden sind freund-
                                                             Chiara: Nach meiner Matura am Borg Innsbruck im             lich, meiner Meinung nach sogar freundlicher als an
                                                             Sommer 2017 war ich auf der Suche nach einem Job.           anderen Schulen, die ich kenne. Ich fühle mich sehr
                                                             In der Zeitung habe ich dann das Inserat gesehen, dass      wohl und komme mit allen gut aus. Die Studierenden
                                                             das Abendgymnasium ab September eine Verwaltungs-           sind keine „kleinen Kinder“ mehr, was ich fein finde.
                                                             praktikantin sucht. Da ich unbedingt arbeiten wollte        Redaktion: Gibt es Nachteile in deiner Arbeit oder
                                                             und ein Studium zu diesem Zeitpunkt nicht in Frage          etwas, was du dir von den Studierenden/Lehrenden
                                                             kam, habe ich mich beworben und es hat geklappt.            wünschst?
                                                             Nach Sanjas Abschied bekam ich die Chance, die frei         Chiara: Nein, die Arbeitszeiten sind optimal und ich
                                                             gewordene Stelle dauerhaft zu besetzen und so bin ich       sehe nichts Negatives, noch ist alles neu und spannend
                                                             jetzt seit 1. Mai als vollwertige Sekretärin und Rech-      für mich.Vielleicht wird es später einmal etwas nervig,   Heidemaria Abfalterer
                                                             nungsprüferin im Einsatz.                                   wenn man immer das Gleiche erklären muss, aber im
                                                             Redaktion: Du wolltest also nach der Matura nicht           Moment passt alles.
                                                             studieren?                                                                                                            staltungen bei Michael Bürkle besucht habe, einige Jah-
    Sanja Mijucic mit Direktor Michael Bürkle                                                                            Redaktion: Was machst du gerne in deiner Freizeit?        re an der Universität Innsbruck in diversen Forschungs-
                                                             Chiara: Nein, ich wollte arbeiten. In der Schule hatte
                                                                                                                         Chiara: Nichts Besonderes, Sport steht bei mir nicht      projekten (Variantenwörterbuch des Deutschen,
                                                             ich zwar nie das Fach Buchhaltung, das ich hier an der
       Am 30.4. musste sich Direktor Michael Bürkle                                                                      an erster Stelle (lacht), aber im Sommer gehe ich sehr    Datenbank zum Südtiroler Deutsch, Handbuch der
                                                             Schule gut brauchen hätte können, aber das Auswen-
    schweren Herzens von unserer bisherigen Sekre-                                                                       gerne schwimmen.                                          Literaturzeitschriften) und im Innsbrucker Zeitungsar-
                                                             diglernen am Borg fiel mir nie besonders leicht, sodass
    tärin und Rechnungsprüferin Sanja Mijucic, die sich      ich mir ein Studium einfach nicht vorstellen konnte.        Redaktion: Wir wünschen dir einen schönen Som-            chiv tätig. Als sich herausstellte, dass diese Dienstver-
    beruflich verändern wird, verabschieden.                 Mein Lieblingsfach in der Schule war übrigens Mathe-        mer mit vielen Schwimmtagen und heißen dich ganz          hältnisse relativ unsicher waren, beschloss ich, den lange
                                                             matik.                                                      offiziell noch einmal herzlich willkommen an unserer      hinausgeschobenen Schuldienst anzutreten. Zuerst ver-
                                                                                                                         Schule.                                                   schlug es mich nach Garmisch an ein Mädchengymna-
                                                             Redaktion: Wie sieht ein typischer Arbeitstag von                                                                     sium, in dem es mir fünf Jahre sehr gut gefallen hat. Die
                                                             dir aus?                                                                                                              doch sehr anstrengende Pendlerei (3-4 x pro Woche
                                                             Chiara: Mein Arbeitstag beginnt um 12 Uhr und ich                                                                     110 km) hat mich schließlich dazu bewogen, mich wie-
                                                             arbeite bis 20 Uhr, ich kann also lange schlafen, was mir                                                             der beim LSR Tirol zu bewerben. Ich bekam auf Anhieb
                                                             persönlich sehr entgegenkommt. Ab 15 Uhr ist das Se-                                                                  eine volle Lehrverpflichtung an der NMS Kematen
                                                             kretariat für die Studierenden geöffnet, ich führe viele
                                                                                                                         Ab diesem Schuljahr haben wir im Verwaltungs-
                                                                                                                                                                                   und in der Ferrarischule (HBLA Weinhartstraße). An
                                                             Telefonate und gebe verschiedenste Auskünfte. Das
                                                                                                                         bereich (Schwerpunkt Berufsreifeprüfung) weitere
                                                                                                                                                                                   Zweiterer war ich dann weitere fünf Jahre.
                                                             Buchen der Rechnungen geht im Moment noch etwas
                                                                                                                         Verstärkung bekommen:
                                                                                                                                                                                   Da mir der Beruf mit den immer aufwändiger wer-
                                                             langsam, weil die Buchhaltung wie erwähnt ein neuer                                                                   denden Korrekturen zu wenig Zeit für eigene Projekte
                                                                                                                         Im Oktober 1990 habe ich hier am Abendgymnasium
                                                             Bereich für mich ist. Es gibt auch intensive Phasen, in                                                               gelassen hat, wollte ich mich verändern und bin jetzt
                                                                                                                         für Berufstätige meine Externistenreifeprüfung absol-
                                                             denen ich Aufgabenstellungen für die Matura kopiere                                                                   seit Mitte September eure neue Zuständige für die
                                                                                                                         viert und nun schließt sich der Kreis und ich bin als
                                                             oder Noten in den Computer eingeben muss.                                                                             BRP-Angelegenheiten und unterstütze bzw. vertrete
                                                                                                                         Vertragsbedienstete in der Verwaltung (50%) wieder
                                                             Redaktion: Was motiviert dich persönlich in deiner          zurück.                                                   Chiara im Sekretariat.

    Unsere neue Sekretärin und                               Arbeit/macht dir Spaß?                                      In der Zwischenzeit war ich, nach meinem Lehramts-
    Rechnungsprüferin Chiara Landolfo                        Chiara: Ich wurde in meinem Verwaltungspraktikum            studium (D, PPP), bei dem ich auch ein/zwei Lehrveran-                                            Heidi Abfalterer

8                                                                                                                                                                                                                                               9
Aufwind - Abendgymnasium Innsbruck
Aus der Direktion        Aus der Administration     Lehrende berichten         Aus dem Unterricht           Studierende erzählen               Projekttage                 Ü-Klasse                    Matura

     Aus der Administration

                                                           dass ich den Studierendenclient (in dem Studieren-     Ein weiterer Dank geht an unseren Direktor Micha-        ist, das Schuljahr reibungslos zu bewältigen und eine
                                                           de ihren individuellen Studienverlauf sehen können)    el Bürkle, es ist sowohl inhaltlich als auch mensch-     gute Schule zu sein.
                                                           freigeschaltet habe – das System zeigt einfach noch    lich eine Freude mit ihm für diese Schule zusam-
                                                           zu viele Fehler an.                                    menarbeiten zu dürfen.                                   Ich wünsche Ihnen erholsame Sommerferien!
                                                               Webuntis hat sich als individuelles Stundenplan-       Last but not least möchte ich allen Kolleginnen
                                                           tool mittlerweile etabliert und funktioniert rei-      und Kollegen Danke sagen, da es nur durch deren
                                                           bungslos. Vor allem die App-Version wird von Stu-      Hilfsbereitschaft, Einsatz und Verlässlichkeit möglich                                          Lukas Bittner
                                                           dierenden und Lehrenden sehr gut angenommen.
                                                               Eine Neuerung in diesem Schuljahr betrifft die
                                                           Reifeprüfung. Im Sommersemester 2018 finden die
                                                           vorgezogenen Teilprüfungen aus GWK erstmals im
                                                           neuen Reifeprüfungsmodus statt.
                                                               Auch in diesem Schuljahr führen (und admini-
                                                           strieren) wir wieder eine Übergangsklasse für asyl-
                                                           werbende und asylberechtigte junge Menschen bis
                                                           19 Jahre, die am Nachmittag stattfindet. Diese Klas-
                                                           se wird als Übergangsklasse 2 angeboten und ist
                                                           eine Fortsetzung unserer letztjährigen Übergangs-

     W       ir starteten in das Schuljahr 2017/2018 mit
             einer sehr hohen Studierendenzahl von 860,
     was nicht nur wir in der Verwaltung spürten, son-
                                                           klasse 1.
                                                               In der ersten Sommerferienwoche findet jedes
                                                           Jahr an einem anderen Standort ein Sommersemi-
     dern was sich auch in vielen überbuchten Modulen      nar der Abendgymnasien statt, bei dem KollegInnen
     widerspiegelte. Durch Teilungen, das Anwenden der     von allen Abendgymnasien Österreichs zusammen-
     Vorrangregeln und Umbuchungen ist es aber gelun-      kommen. In diesem Jahr organisiert unsere Schule
     gen, Gruppengrößen zu erhalten, die einen erfolg-     dieses Seminar. Es wird in Stans bei Schwaz abge-
     reichen Unterricht ermöglichen. Ich schließe mich     halten und ich denke, wir konnten ein sehr interes-                        Gemeinsam ein starkes Zeichen gegen
     an dieser Stelle unserem Direktor an und bedanke      santes Programm zusammenstellen.                                           den 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche setzen:
     mich bei den Studierenden für ihr Verständnis.            Größere Änderungen gab es in diesem Schuljahr
        Zusätzlich zum regulären Unterricht finden an      im Sekretariat bzw. bei der Rechnungsführung. San-                         Jetzt die Gewerkschaft stärken und Mitglied werden!
     unserer Schule auch sehr viele Prüfungen statt: In    ja Mijucic wurde von Chiara Landolfo abgelöst und
     diesem Schuljahr sind es ca. 1000 Einzelprüfungen     Heidemaria Abfalterer ist zu uns gestoßen.
     bei Kolloquien, Modul- und Einstufungsprüfungen           Ich möchte mich an dieser Stelle von Admini-
     sowie ca. 800 bei Reifeprüfungen. Hinzu kommen        strationsseite bei Sanja Mijucic und Heidemaria                            Philip Wohlgemuth
     noch etliche Externisten- und Berufsreifeprüfungen.   Abfalterer für die gute und angenehme Teamarbeit                           Vorsitzender des ÖGB Tirol
        Die Schulverwaltungssoftware Sokrates funktio-     bedanken und Chiara Landolfo für Ihre neue Aufga-                          www.oegb.at/mitgliedwerden
     niert zwar immer besser, aber noch nicht so gut,      be alles Gute wünschen.

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Aufwind - Abendgymnasium Innsbruck
Aus der Direktion       Aus der Administration   Lehrende berichten     Aus dem Unterricht    Studierende erzählen      Projekttage         Ü-Klasse             Matura

     Zahlen und Daten
     Unsere Schulgemeinschaft 2017/2018
     Zahl der Studierenden: 860 (Wintersemester         Koordination der Berufsreifeprüfung:        Katharina Bene                           Annegret Scheuringer
     2017/2018), 749 (Sommersemester 2018)              Heidemaria Abfalterer                       Kurt Benkovic                            Severin Schmuck
                                                        Koordinatorin des Fernstudiums mit Sozi-    Irmgard Bibermann                        Horst Schreiber
     Direktor: Michael Bürkle                           alphasen:                                   Lukas Bittner                            Ursula Sichrowsky
     Administrator: Lukas Bittner                       Birgit Neuner-Mühlböck                      Martina Bradl                            Johannes Sonderegger
     Sekretariat und Rechnungsführerin: Heide-                                                      Elisabeth Breitenlechner                 Ingrid Staud
     maria Abfalterer, Chiara Landolfo (ab 1.5.2018),   Mittleres Management: Lukas Bittner         Michael Bürkle                           Christine Streicher
     Sanja Mijucic (bis 30.4.2018),                                                                 Nina Ciaghi                              Anja Vergeiner
     Verwaltungspraktikantin: Chiara Landolfo (bis      SQA-Koordinatorinnen:                       Melanie Degasperi                        Peter Waldner
     30.4.2018)                                         Irmgard Bibermann                           Christian Dobler                         Michaela Weiler
                                                        Birgit Neuner-Mühlböck                      Margit Eidelpes                          Elisabeth Wille
     Studierendenvertretung:                                                                        Erika El-Sayed                           Klemens Wolf
     Schulsprecher: Hubert Jordan                       Studienkoordinator/innen:                   Ulrike Feßler                            Edith Zobler
     Stellvertreterin: Yesim Dumanli                    Katharina Bene                              Nicole Filipiak
     Stellvertreterin: Marco Lekar                      Irmgard Bibermann                           Sigrid Foidl                             Bildungsberatung:
                                                        Lukas Bittner                               Helga Frischmann                         Sighard Kofler
     Schulgemeinschaftsausschuss:                       Elisabeth Breitenlechner                    Reinhard Grübl                           Anja Vergeiner
     Vorsitz:                                           Nina Ciaghi                                 David Gschließer
     Direktor Michael Bürkle                            Margit Eidelpes                             Tobias Hausmann
     Studierende:                                       Helga Frischmann                            Raphael Holper                           Moodle-Betreuung:
     Schulsprecher Hubert Jordan                        David Gschließer                            Brigitte Huber                           Annegret Scheuringer
     Schulsprecher Stv.Yesim Dumanli                    Tobias Hausmann                             Markus Juen
     Schulsprecher Stv. Marco Lekar                     Sighard Kofler                              Stefania Kerschbaumer                    IT-Betreuung:
     Stellvertreterinnen:                               Hansjörg Manzl                              Sighard Kofler                           Andreas Bucher
     Elisabeth Schröder                                 Georg Neuhauser                             Alexandra Ladner-Zangerl                 Reinhard Fink
     Tamara Vorisek                                     Birgit Neuner-Mühlböck                      Lukas Leprich                            Christian Obrist
     Lehrende:                                          Christian Praxmarer                         Stephan Leskowschek
     Katharina Bene                                     Gudrun Priester                             Hansjörg Manzl                           Schulbuchaktion:
     Elisabeth Breitenlechner                           Maria Christina Rauch                       Theresa Mitterbauer                      Anja Vergeiner
     David Gschließer                                   Michaela Schellhorn                         Georg Neuhauser
                                                        Annegret Scheuringer                        Birgit Neuner-Mühlböck
     Dienststellenausschuss:                            Horst Schreiber                                                                      Obfrau des Vereins für Kultur und Kommu-
                                                                                                    Michaela Niederkicher
     Tobias Hausmann (Obmann)                           Ingrid Staud                                                                         nikation am Abendgymnasium Innsbruck:
                                                                                                    Magdalena Ortner
     Irmgard Bibermann                                  Christine Streicher                                                                  Annegret Scheuringer
                                                                                                    Mirjam Anne Pohler
     David Gschließer                                   Anja Vergeiner                              Christian Praxmarer
     Annegret Scheuringer                               Michaela Weiler                             Gudrun Priester                          Brandschutzbeauftragter:
                                                                                                    Maria Christina Rauch                    Christian Praxmarer
     Leiterin der Extermisten-Prüfungskommis-           Im Schuljahr 2017/18 unterrichteten:        Samir Redzepovic
     sion (AHS):                                        Daniel Aschbacher                           Martin Scheicher                         Brandschutzwart:
     Anja Vergeiner                                     Franz Baur                                  Michaela Schellhorn                      Lukas Bittner

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Aufwind - Abendgymnasium Innsbruck
Aus der Direktion   Aus der Administration   Lehrende berichten   Aus dem Unterricht   Studierende erzählen   Projekttage   Ü-Klasse   Matura

     Das Team der Lehrenden

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Aufwind - Abendgymnasium Innsbruck
Aus der Direktion        Aus der Administration     Lehrende berichten           Aus dem Unterricht            Studierende erzählen            Projekttage                Ü-Klasse                    Matura

     Aus dem Leben einer Studienkoordinatorin

                                                           renden können damit sehr gut umgehen, sind mei-           ist oft falsch, Nebenfächer bleiben ab und zu „hin-      Redaktion: Aufwind an unserer Schule bedeu-
                                                           ner Erfahrung nach „reifer“ als an der Tagesschule.       ten“ und Einstufungsprüfungen werden versäumt.        tet für dich…?
                                                              Redaktion: Du unterrichtest Chemie, Dein               Die Enttäuschung ist dann groß und da braucht es         Nina: Nach über 50 absolvierten individuellen
                                                           zweites Fach ist Bewegung und Sport, das ja nicht         eine klare Sprache meinerseits, die Möglichkeiten     Bildungsberatungen kann ich sagen, dass das Kon-
                                                           am Abendgymnasium angeboten wird. Stimmt für              aufzuzeigen. Wer schon ein Semester Erfahrung         zept der Schule mit dem modularen System eine
                                                           Dich die Konzentration auf Chemie?                        hat, muss auch in der Lage sein, zuhause im Vorfeld   unglaubliche Flexibilität und Freiheit bringt. Für
                                                              Nina: Ich unterrichte mit Begeisterung Chemie          der Modulbelegung über seine Wünsche und Ziele        viele stellt unsere Schule auch die „letzte Chance“
                                                           und kann diese positive Energie auch zeigen und           genauer nachzudenken. Andererseits ist durch das      dar, zur Matura zu kommen. Diese Chance wird von
                                                           vermitteln. Die Studierenden lassen sich mitreißen        flexible System sehr viel Handlungsspielraum gege-    den meisten genützt, wobei ich sagen muss, dass
                                                           und „richtiges“ Arbeiten wird möglich. (Mehr) Be-         ben, man kann auch einmal ein Semester Gas geben      diese (neue) Selbständigkeit Fluch und Segen sein
                                                           wegung würde allen guttun, ich durfte Sport letztes       und ein anderes Semester lockerer angehen.            kann, nicht jeder kann damit umgehen.
                                                           Jahr in der Übergangsklasse unterrichten, sehe mich           Redaktion: Erfolg ist dann…?                         Redaktion: Danke für das Gespräch und alles
                                                           aber in erster Linie als Chemielehrerin und bin sehr          Nina: …Schön ist immer, wenn ein Studieren-       Gute für die neue Herausforderung als Mama!
                                                           zufrieden damit.                                          der seine Modulbelegung unterschreibt und dann           Nina: Danke auch und ich komme zurück! (An-
                                                              Redaktion: Du bist seit zwei Jahren „freiwillig“       mit breiter Brust nachhause geht und das Gefühl       merkung der Redaktion: Liebe Nina, wir freuen uns
                                                           Stuko?                                                    hat, gut beraten worden zu sein und einen Plan zu     darauf und fühlen uns von deinem Ausspruch kei-
                                                              Nina: Ja, ich meldete mich freiwillig, weil ich ein-   haben, der funktionieren wird.                        nesfalls bedroht! :-)
                                                           fach noch näher bei den Studierenden sein wollte
                                                           und mir das Stundenplanmachen sehr großen Spaß
     Über Beziehung lernen und lehren - Ich                macht. Ich glaube auch, dass man nur über Bezie-
     kann die Studierenden motivieren!                     hung lernen und lehren kann.
                                                              Redaktion: Wie läuft die Arbeit eines Stukos
                                                           ab?

     B    evor sich Prof. Nina Ciaghi vorübergehend in
          die Babypause verabschiedet, haben wir sie
     noch befragt…
                                                              Nina: Zunächst muss ich sagen, dass ich das
                                                           Mailschreiben beispielsweise gar nicht als Arbeit
                                                           empfinde, ich informiere die Studierenden über
        Redaktion: Nina, seit wann bist du an der          Termine und Organisatorisches. Im Vordergrund
     Schule?                                               steht die Modulbelegung und alles daran zu set-
        Nina: Ich bin seit drei Jahren an der Schule und   zen, einen optimalen Stundenplan zu machen, der
     wurde im ersten Jahr eigentlich geholt, um Lukas      selbstverständlich auch die Wünsche der Studie-
     Bittner zu entlasten, der damals alle Chemiestun-     renden berücksichtigt. Dabei betone ich, dass ich
     den unterrichtet hatte. Letztes Jahr war ich in der   jeden Einzelnen berate, so gut ich kann, bestimmen,
     Übergangsklasse als Sportlehrerin eingesetzt und      was letztendlich im Stundenplan steht, muss jeder
     seit zwei Jahren bin ich auch Studienkoordinatorin.   selbst.
        Redaktion: Nina, die Studierenden kennen              Redaktion: Wie sieht eine gute Beratung in
     dich unter deinem Vornamen und schätzen deine         deinen Augen aus?
     menschlich „coole“ und fachlich „strenge“ Art. Wie       Nina: Ich kann die Studierenden motivieren und
     erlebst du den Kontakt mit den Studierenden?          ihnen einen Gesamtüberblick geben. Die Erwar-
        Nina: Das Ansprechen mit meinem Vornamen           tungshaltung beispielsweise bei den Quereinsteige-
     funktioniert, ich werde nie ausgenutzt. Die Studie-   rInnen, in vier Semestern zur Matura zu kommen,

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Aus der Direktion        Aus der Administration      Lehrende berichten          Aus dem Unterricht           Studierende erzählen             Projekttage                Ü-Klasse                   Matura

     Abschied Reinhard Grübl

                                                             2013/14 habe ich als römisch-katholischer Religi-       Besonders eine Einheit ist mir in lebendiger Erinne-   was differenzierter zu betrachten und persönliche
                                                             onslehrer am Abendgymnasium zu unterrichten             rung geblieben: Die Erzählung der Emmaus-Jünger        Vorurteile abzubauen. Meine Erfahrungen haben
                                                             begonnen.                                               aus dem Lukasevangelium hat ganz intensive und         auch viele Studierende, die mit großem Interesse
                                                                Nach fünf Jahren - oder schulisch gesprochen         tiefgründige Wortmeldungen ausgelöst zu Themen         an den Workshops teilgenommen haben, geteilt.
                                                             - nach 10 Semestern werde ich nun mit Juli 2018         wie: Wer begleitet mich? Mit wem kann ich über
                                                             meine Tätigkeit auf eigenen Wunsch hin beenden.         meine Probleme sprechen? Wer gibt mir Kraft in             Abschließend bedanke ich mich bei allen Kol-
                                                             Was waren nun meine wichtigsten Erfahrungen?            meinem Alltag? Da bringen Erwachsene ihre ganze        leginnen und Kollegen für das freundschaftliche
                                                                                                                     Lebenserfahrung mit ein und das Fach Religion bie-     Miteinander und beende meine Tätigkeit mit einem
                                                               • Der größte Unterschied zwischen Schulen, in         tet den Rahmen, über diese doch sehr persönlichen      lachenden und einem weinenden Auge:
                                                             denen der Religionsunterricht als Pflichtgegenstand     Inhalte sprechen zu können.                                Lachend deshalb, weil ich wieder mehr Zeit für
                                                             geführt wird, und dem Abendgymnasium für Berufs-                                                               meine angestammte berufliche Herausforderung
                                                             tätige liegt klar auf der Hand: Zu Beginn eines jeden       • Und noch ein besonderes Highlight möchte         habe, und weinend, weil ich ganz sicher die vielen
                                                             Semesters musste ich in den Klassen Werbung ma-         ich erwähnen: Zusammen mit meinem Kollegen             tollen Begegnungen sowohl auf Lehrer- wie auch
                                                             chen für den Religionsunterricht – eine Art Mar-        Samir Redzepovic, der an unserer Schule für den        auf Studierendenseite vermissen werde.
                                                             keting in eigener Sache - und zugleich hoffen, dass     islamischen Religionsunterricht verantwortlich ist,    Herzlichen Dank!
                                                             genug Studierende sich melden, damit überhaupt          habe ich interreligiöse Workshops organisiert. Die
                                                             ein Religions-Modul geführt werden kann. Für mich       Zusammenarbeit mit meinem geschätzten Kollegen
                                                             hieß das, in wenigen Worten das Fach zu beschrei-       hat mir die Möglichkeit gegeben, den Islam doch et-                 Reinhard Grübl, Religionslehrer (r.k.)
     Gedanken zum Abschied                                   ben bzw. auch Elemente meines Unterrichts darzu-
                                                             stellen, damit sich die Zielgruppe etwas darunter
                                                             vorstellen konnte. Die Modulmeldungen erfolgten

     E   s war bereits im Frühjahr 2012, als mich der
         Fachinspektor für Religion angesprochen hat
     mit der Frage, ob ich als Religionslehrer für „Sonde-
                                                             über den/die Studienkoordinator/in. Dann kam
                                                             beim ersten Termin die Stunde der Wahrheit: Hat-
                                                             ten sich genügend Interessierte gefunden, die sich
     reinsätze“ zur Verfügung stehen würde, sehr wohl        ein Semester mit mir zusammen als Religionslehrer
     wissend, dass ich bei der Diözese Innsbruck als Re-     vorstellen konnten, oder nicht? An dieser Stelle be-
     feratsleiter in Vollzeit beschäftigt bin.               danke ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen,
        Als ich meiner Gattin von dieser Anfrage erzähl-     die mir bei den Eröffnungsabenden die Möglichkeit
     te, kommentierte sie diese Überlegung mit dem           gegeben haben, mein Fach vorzustellen und für die
     lapidaren Hinweis: „Das ist eine super Schule, da       Teilnahme an meinem Unterricht zu werben.
     habe ich maturiert!“ Das ist nun schon mehr als 25
     Jahre her, nicht nur ihre Matura, sondern auch, dass      • Besonders faszinierend waren für mich die vielen
     wir uns in dieser Zeit kennengelernt haben. Es wa-      Erfahrungen, welche die erwachsenen Studierenden
     ren also schon von Anfang an etliche Anknüpfungs-       in den Unterricht mit eingebracht haben. Egal, um
     punkte vorhanden, bevor ich überhaupt noch einen        welche Themen es sich gehandelt hat, es gibt doch
     Schritt über die Schwelle der Schule gesetzt habe.      einen großen Unterschied bei den Wortmeldungen
        Und dann war es so weit: Im Wintersemester           zwischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.

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Aus der Direktion     Aus der Administration   Lehrende berichten           Aus dem Unterricht             Studierende erzählen            Projekttage                   Ü-Klasse                              Matura

     Zum Gedenkjahr 2018 – Erinnern an 1938
     Horst Schreiber: Gegen gruppenbezogene Unmenschlichkeit – damals wie heute

                                                      und Gegenwart” und Herausgeber der                         „die     erbbiologisch                                 schen Arbeitsfront Robert Ley: „Tempo, Tempo ist
                                                      Reihe Nationalsozialismus in den öster-                    als unerwünscht“ gilt.                                 die Parole. Das Tempo von heute ist viel zu langsam,
                                                                                                                 Wer Pech hat, wird                                     es wird und muß noch anders werden. Wer dieses
                                                      reichischen Bundesländern von _erinnern.
                                                                                                                 zwangssterilisier t.                                   deutsche Vaterland als ein Jammertal bezeichnet,
                                                      at_ sowie wissenschaftlicher Beirat für die                Wer der Beschuldi-                                     der versündigt sich an ihm und seinem Volke, der ist
                                                      Neugestaltung der Österreichischen Ge-                     gung ausgesetzt ist,                                   ein Landesverräter. Schöner wie unser deutsches
                                                      denkstätte im Staatlichen Museum Ausch-                    eine Erbkrankheit zu                                   Vaterland kann selbst das Paradies niemals sein.“
                                                      witz-Birkenau. (Vgl. http://www.horstschrei-               haben oder eine „Bal-                                  Wer sich dem widersetzt und aufbegehrt, gehört
                                                      ber.at )                                                   lastexistenz“ zu sein,                                 nicht zum Volk und wird als Unruhestifter von der
                                                      Der folgende Beitrag ist dem Gedenkjahr                    die wegen ihres ange-                                  „Volksgemeinschaft“ ausgeschlossen. Hier, so Ley
                                                      2018 – Erinnern an 1938 gewidmet.                          schlagenen Gesund-                                     weiter, „gibt es keine Wahl, entweder man lebt mit
                                                                                                                 heitszustandes nicht                                   seinem Volk oder man geht mit ihm unter. Das ist
                                                                                                                 mehr für die „Volks-                      Cover Buch   der Begriff der Volksgemeinschaft.“

                                                      J  eder wird sich einen Volkswagen leisten können
                                                         und einen Urlaub im sonnigen Madeira. Die ar-
                                                      beitsunwilligen „Durchschummler“ erhalten freie
                                                                                                                 gemeinschaft“       arbeiten
                                                                                                                 kann, auf den wartet die
                                                                                                                                                                        Wer deutsch, arisch, gesund, leistungsfähig, anpas-
                                                                                                                                                                        sungswillig, gewaltbereit, aufstiegsbegierig und re-
                                                                                                                 Gaskammer von Schloss                                  gimetreu war, den Mund hielt, sich der volkstüm-
                                                      Fahrt ins Konzentrationslager. Jedem das Seine.Ver-        Hartheim bei Linz. Der Wert des Lebens bemisst         lichen Bierzeltfeste, Aufmärsche und ständigen
                                                      änderung. Zukunft.                                         sich nach seiner Produktivität. Der massenhafte        Feierlichkeiten erfreute, nicht viel nachdachte und
     Prof. Horst Schreiber unterrichtet an un-        Die Tüchtigen und Leistungsbereiten bekommen               Tod der „Überflüssigen“ senkt die Staatsausgaben,      keine dummen Fragen stellte, wer sich die Leder-
     serer Schule nicht nur GSP und Französisch,      Kinderbeihilfe und günstige Darlehen bei der Hei-          die Kostenersparnis kommt den Angehörigen der          hose und das Dirndl als Beweis kernigen Deutsch-
     sondern er ist auch erfolgreich als Universi-    rat; zeugen sie vier Kinder, ist der Kredit geschenkt.     „Volksgemeinschaft“ in Form von Sozialleistungen       und Tirolertums anzog, mit dem Strom schwamm
                                                      Da der Zweck dieser sozialstaatlichen Maßnah-              zugute. Neue Gerechtigkeit.                            und in der Hoffnung auf den persönlichen Vorteil
     tätsdozent an der Innsbrucker Universität
                                                      men der „Stärkung des deutschen Volkes“ dient,             Demokratie lebt vom zivilisierten Streit, ohne         vorsorglich der NSDAP beitrat, auch wenn er vor
     tätig. Außerdem ist er wissenschaftlicher        kommen viele Familien nicht in den Genuss dieser           Streit keine Politik, die im öffentlichen Raum ver-
     Leiter zur Erforschung der Namen der er-         Wohltaten, etwa weil „das Kind R. F. körperlich und        handelt wird als Auseinandersetzung verschiedener
     mordeten WiderstandskämpferInnen für             geistig nicht vollwertig“ ist, „das Kind B. E.“ angeb-     Interessen in der Gesellschaft. „Volksgemeinschaft
     ihre Anbringung am Befreiungsdenkmal             lich „an hochgradigem Schwachsinn“ leidet oder es          statt Klassenkampf“ ist die neue Parole. Sehnsucht
     Innsbruck; er erhielt zahlreiche Auszeich-       sich um eine als asozial denunzierte Familie handelt,      nach Harmonie in der Bevölkerung, nach nationaler
     nungen wie das Österreichische Ehren-                                                                       Geschlossenheit und Einheit des Volkes. Doch was
     kreuz für Wissenschaft und Kunst oder                                                                       bedeutet diese Einheit, diese Harmonie, die Verkün-
     das Ehrenzeichen für Kunst und Kultur der                                                                   digung der Aufhebung der Klassengegensätze? Kei-
     Stadt Innsbruck.                                                                                            ne Gewerkschaft, keine Arbeiterkammer, keine Be-
                                                                                                                 triebsräte und folglich keine öffentlichen Proteste,
     Des Weiteren ist er Leiter des Netzwerkes
                                                                                                                 Demonstrationen und Streiks mehr. Es herrscht
     Tirol von _erinnern.at_, eines Projekts des                                                                 Ruhe im Land. Die Unternehmer haben freie Hand.        Wer durch Innsbruck schlenderte, seine Besorgungen machte, sei-
     Bundesministeriums für Bildung: „Natio-                                                                     Für das eigene Volk, für Deutschland muss schneller    nem Beruf nachging oder sich auf der Straße unterhielt, stieß ständig
                                                                                                                                                                        auf Aufforderungen zum Judenhass, viele machten bereitwillig mit.
     nalsozialismus und Holocaust: Gedächtnis                         Überschriften aus Tiroler Zeitungen 1938   gearbeitet werden, so der Reichsleiter der Deut-       (Fotos Stadtarchiv Innsbruck)

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Aus der Direktion         Aus der Administration      Lehrende berichten                  Aus dem Unterricht                    Studierende erzählen                     Projekttage                       Ü-Klasse                     Matura

     Zum Gedenkjahr 2018 – Erinnern an 1938
     Horst Schreiber: Gegen gruppenbezogene Unmenschlichkeit – damals wie heute

     1938 eine andere Weltanschauung vertrat, war Teil      für ‚normal‘ und ‚anormal‘, für ‚gut‘ und ‚böse‘, für                     legenheitsgefühl jedes noch so sozial deklassierten                  Schwarz stellt fest: Wer noch nicht aus seiner Hei-
     der „Volksgemeinschaft“: ein einig Volk von Brü-       angemessen und empörend“ hielt. Nationalsozia-                            Volksgenossen erhöhte. Während es den einen im-                      mat als Bettler schuldlos verstossen wurde, kann
     dern, das nach Beute gierte.                           listische Werte und                                                       mer schlechter ging, fühlten sich die anderen immer                  das doch nie und nimmer erfassen. (...) denn ich
         Die Judenverfolgung war das zentrale politische    Normen der Un-                                                            besser. An ihrem rassistischen und antisemitischen                   bin leider noch nicht in der Lage den Lebensun-
     Instrument zur Herstellung der NS-Volksgemein-         gleichheit, des Ras-                                                      Kurs mussten die Nationalsozialisten nichts ändern,                  terhalt meiner vierköpfigen Familie zu bestreiten
     schaft. Sie behinderte die Bereitschaft zur Zustim-    sismus und einer                                                          er war mehrheits- und zustimmungsfähig: Die Ge-                      und es ist auch gar nicht abzusehen, wann dies der
     mung zum NS-Regime nicht, sondern förderte sie.        eingeschränkten                                                           walt stiftete Gemeinschaft.                                          Fall sein wird, denn, übersehen Sie bitte nicht, auf
     In atemberaubendem Tempo folgte eine judenfeind-       Solidarität              aus-                                                   Verantwortung trugen nicht nur die aktiven Täter,              mich 52-jährigen Menschen und Kriegsinvaliden hat
     liche Verordnung der anderen.                          schließlich zu den                                                        sondern die neugierig Zuschauenden und Schwei-                       hier Niemand gewartet.“ Im französischen Evian
         Wofür es in Deutschland Jahre benötigte, wurde     Zugehörigen               er-                                             genden, die sahen, was geschah, jedoch wegschau-                     am Genfer See beraten im Juli 1938 Abgesandte
     in Österreich binnen Tagen, Wochen und Monaten         setzten Werte von                                                         ten, um nicht Stellung beziehen zu müssen. Sie alle                  von 32 Nationen über die jüdischen Flüchtlinge aus
     in Kraft gesetzt: Ausschluss aus dem Automobilklub     vor 1938. Was in                                                          waren nicht nur Befehlsempfänger. Als „Duldende                      Deutschland und Österreich.
     Tirol. Ausschluss aus den Sport- und Spielvereinen.    den Erinnerungen                                                          oder Billigende“ nahmen sie eine aktive Rolle ein.                       Die Konferenz scheitert, weil die Bereitschaft
     Ausschluss aus den Schulen. Ausschluss aus den         gerne getrennt wird,                                                      Ein großer Teil der Gewalt war öffentlich, sodass die                fehlt, mittellose Jüdinnen und Juden aufzunehmen.
     Universitäten. Ausschluss aus den Bibliotheken.        die Beseitigung der                                                       Täter ihre Macht zur Schau stellten und die Opfer                    Entweder mangelt es ihnen in den Augen der Regie-
     Ausschluss aus den Theatern, Kinos, Konzertsä-         A r b e i t s l o s i g ke i t ,                                          ihre Ohnmacht erlebten. Diejenigen, die nur dabei-                   rungen an Wert, weil sie arm sind, über die falschen
     len und Sportveranstaltungen. Ausschluss aus dem       Ehestandsdarlehen,                                                        standen und zusahen, willigten durch ihre passive                    Qualifikationen verfügen oder sie werden aus ras-
     öffentlichen Dienst. Ausschluss aus den freien Be-     Kinderbeihilfen,                                                          Verhaltensweise in die Gewalt ein, vor allem aber                    sistischen Gründen abgelehnt. „Niemand will die
     rufen. Ausschluss von den Bürgerrechten. Verbot,       emotionalisierende                                                        erfuhren auch sie ihre Ermächtigung und konnten                      Juden“, schreiben nationalsozialistische Zeitungen
     Trachten zu tragen. Verbot, Auto zu fahren. Verbot,    Gemeinschaftser-                                                          an der Machtausübung komplizenhaft teilhaben. In                     höhnisch. Die Schweiz sperrt die Grenzen, Groß-
     zu bestimmten Zeiten die Wohnung zu verlassen.         lebnisse einerseits,                                                      dem Moment, in dem Recht gegenüber einer Grup-                       britannien die Mittelmeerroute. Doch es gibt auch
     Verbot, mit arischen Partnerinnen und Partnern         die         Judenverfol- Helena           Horowitz (rechts) und Adel-
                                                                                             heid, die Frau von Lambert Grutsch,      pe ohne Folgen gebrochen werden konnte, war die                      Menschen, die Zivilcourage beweisen und helfen. So
     außereheliche Beziehungen zu unterhalten oder          gung, Terror gegen während des Kriegs in Sicherheit in                    Grenze der „Volksgemeinschaft“ bereits gezogen.                      etwa Lambert Grutsch aus Jerzens im Pitztal, der
                                                                                                     Jerzens (Foto Familie Grutsch)
     sie zu heiraten. Gebot, die Reisepässe abzugeben.      Andersdenkende,                                                                 Wem die Flucht gelingt, der ist zwar mit dem                   nahe dem aus dem Film Schindlers Liste bekannten
     Umso wichtiger war jede menschliche Geste, die         Unterdrückung ge-                                                                                        Leben davongekommen, doch er          KZ Plaszow in Polen als Kranfahrer beschäftigt ist.
     dazu beitrug, die Einsamkeit, Verlassenheit und Iso-   sellschaftlicher Randgruppen andererseits, ist auf                                                       hat seine Heimat verloren und         Helena Horowitz, eine junge polnische Jüdin, die für
     lation zu durchbrechen. Dazu Grete Graubart: „Es       das Engste miteinander verbunden. Wer sich von                                                           muss wieder von vorne beginnen.       eine Wiener Baufirma im KZ Zwangsarbeit verrich-
     gab einige Leute, die den Mut hatten, sich unser zu    der Propaganda und den Vorteilen der „Volksge-                                                           Resigniert schreibt Ernst Schwarz     tet, bittet ihn um Unterstützung. Grutsch zögert
     erinnern. Wir waren immer sehr glücklich, wenn         meinschaft“ angesprochen fühlte, übernahm die                                                            1938: „Am liebsten möchte ich in      nicht, die als Katholikin getarnte Frau für die Arbeit
     wir irgendwo einen Freund fanden. Es war uns dann      antisemitische Politik des Ausschlusses billigend,                                                       die nordischen Länder, Skandina-      auf seinem Tiroler Bergbauernhof anzufordern. „Ich
     leichter alles Schlimme zu ertragen.“                  ohne deshalb antisemitisch sein zu müssen. Jeden-                                                        vien, Canada, nur daß wo Berge        war fast der Ohnmacht nahe, als ich die schönen
         Nirgends war das Wesen der „Volksgemein-           falls, und dies ist keineswegs selbstverständlich: Ge-                                                   sind. Die ‚zweite‘ Heimat kann        Schnee bedeckten Alpen sah!“, erinnert sich Hele-
     schaft“ mit seiner Einteilung in Zugehörige und        gen die Ausgrenzungsprozesse vieler Gruppen von                                                          doch nur der alten Heimat ähn-        na, die überlebt, weil ein einfacher Mann nicht der
     Nicht-Zugehörige so augenscheinlich und sichtbar       Menschen erhob kaum jemand Einwände. Auch                                 So sehen Menschen aus, die
                                                                                                                                                                     lich sein.“ Für die älteren Flücht-   Leitkultur gruppenbezogener Unmenschlichkeit
     wie in der antisemitischen Praxis der NS-Diktatur.     nicht beim Ausschluss der jüdischen Bevölkerung,                          als „Asoziale“ verfolgt wer-
                                                                                                                                      den, nur weil sie arm sind und linge bedeutet die Flucht in ein      folgt, sondern seinem Gewissen.
                                                                                                                                      der Volksgruppe der Jenischen
     Genau darüber vollzog sich „eine deutliche Verän-      der nicht nur Vorurteile bediente und Bereiche-                           (Schimpfwort Karner) ange-     fremdes   Land mit fremder Spra-
                                                                                                                                      hören. (Foto Bundesarchiv
     derung in dem, was man im Umgang mit Menschen          rungsmöglichkeiten bot, sondern auch das Über-                            Berlin)                        che den sozialen Abstieg. Richard

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Aus der Direktion         Aus der Administration     Lehrende berichten           Aus dem Unterricht             Studierende erzählen              Projekttage                 Ü-Klasse                      Matura

     _erinnern.at_ am Abendgymnasium Innsbruck
     Irmgard Bibermann

     Stadtrundgang in Innsbruck zu Denkmä-                  wie Fotos und Biografien führte Selina Mittermeier         Fuchs verloren hat, hält er jene Geschichten fest,
     lern des Krieges, des Widerstandes und                 in die Geschichten von Plätzen, Geschäften, Ge-            die seine Eltern und andere Roma, die mehrere
                                                            denktafeln ein und erzählte auf diese Weise vor            Konzentrationslager überlebt hatten, ihm anver-
     der Befreiung
                                                            allem von einzelnen Menschen und ihrem Schicksal           trauten haben. Um nach dem schmerzlichen Ver-
                                                            während der NS-Zeit. Durch die Verknüpfung von             lust seines Sohnes weiterleben zu können, begann
     Die Studierenden aus den Geschichtemodulen 1D          vertrauten Orten in der Stadt mit den konkreten            er zu schreiben und sich im ZeitzeugInnen-Pro-
     und 2D trafen sich in der letzten Schulwoche mit       Erfahrungen von Menschen wurde Geschichte für              gramm des Bildungsministeriums zu engagieren, um
     Selina Mittermeier, einer Absolventin unserer Schule                                                                                                                       Zeitzeuge Stephan Horvath im Gespräch mit Studierenden
                                                            die Studierenden lebendig und leichter nachvoll-           gegen das eigene Schweigen und das Totschweigen          			                           Foto: Irmgard Bibermann
     und jetzt Geschichtestudentin, auf dem Christoph-      ziehbar.                                                   der Geschichte der Roma in der österreichischen
     Probst-Platz vor der alten Universität am Innrain.                                                                Nachkriegsgesellschaft anzukämpfen. In seinem
     Sie ist eine der ExpertInnen, die für _erinnern.at_
                                                                                                                       2003 erschienenen Erzählband „Ich war nicht in           Die erste Roma-Siedlung in Oberwart, die seit
     in Kooperation mit dem Tiroler Kulturservice die
                                                                                                                       Auschwitz“ schildert er die von der nationalso-          Mitte des 19. Jahrhunderts bestand, hatten die Na-
     Stadtrundgänge durchführen. Sie zeigte den Studie-
                                                                                                                       zialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik       tionalsozialisten 1939 aufgelöst. Die 360 Bewoh-
     renden, wo und auf welche Weise in Innsbruck an
                                                                                                                       verursachte Leidensgeschichte der Roma. Horvath          nerInnen wurden vom NS-Regime deportiert und
     Nationalsozialismus und Holocaust erinnert wird.
                                                                                                                       begann zu schreiben, weil er nach dem Attentat           ermordet. Nur eine Handvoll Menschen überlebte
     Erst seit dem Ende der 1980er Jahre gibt es Erinne-
                                                                                                                       keinen Schlaf mehr fand, weil er sein ganzes Leben       und kehrte nach 1945 zurück. Unter den Überle-
     rungsorte im öffentlichen Raum, die nicht nur den
                                                                                                                       still geblieben war, so wie auch seine Eltern, die für   benden befand sich Stefan Horvaths Vater. Aus Ja-
     Kriegsteilnehmern, sondern auch den Opfern und
                                                                                                                       ihre Erfahrungen in den Konzentrationslagern der         bing, einer kleinen Gemeinde südöstlich von Ober-
     GegnerInnen des NS-Regimes gewidmet sind.
                                                                                                                       Nationalsozialisten keine Worte fanden.                  wart, stammte seine Mutter. Sie und eine weitere
     Wir begannen daher unsere Route beim Ehrenmal
                                                                                                                       Im Gespräch mit den Studierenden der 2D, 3A              Frau waren die einzigen der etwa 100 Roma aus
     vor der Juridischen Fakultät, das zunächst nur an      Selina Mittermeier mit den Studierenden der 1D und 2D
     die gefallenen Universitätsangehörigen im Ersten       beim Pogromdenkmal am Landhausplatz
                                                                                                                       und 3B berichtete Stephan Horvath über sein Auf-         Jabing, die den Völkermord überlebt hatten.
     und Zweiten Weltkrieg erinnerte. Erst 1990 wurde       		                               Foto: Irmgard Bibermann   wachsen in Oberwart, weitab vom Ortskern. Das            In der Nacht vom 4. auf den 5. Februar 1995 hatte
     eine Tafel hinzugefügt, mit der auch der Opfer von                                                                Ausmaß der Ausgrenzung wird auch aus der Tatsa-          Franz Fuchs, ein rechtsextremer Terrorist, an einer
     Nationalsozialismus und Faschismus gedacht wird.                                                                  che ersichtlich, dass der Zeitzeuge in den 1960er        Zufahrtsstraße zur Oberwarter Roma-Siedlung ein
     Benannt ist der Platz nach Christoph Probst, einem     „Ich war nicht in Auschwitz“ – Zeitzeugen-                 Jahren der erste Roma war, der eine Hauptschule          Schild mit der Aufschrift „Roma zurück nach In-
     Mitglied der studentischen Widerstandsgruppe           Gespräch mit Stefan Horvath                                besuchen konnte. Weil ihm der Besuch der Han-            dien“ aufgestellt und mit einer Rohrbombe vermint.
     „Die weiße Rose“. Er studierte in Innsbruck Medi-                                                                 delsschule trotz sehr guter Noten verwehrt blieb,        Als vier junge Männer – unter ihnen der Sohn von
     zin und wurde wie die Geschwister Scholl von den                                                                  arbeitete er bei Baufirmen in Wien und schaffte es       Stephan Horvath – das Schild demontieren wollten,
     Nationalsozialisten für das Verfassen und Verteilen    Am Mittwoch 18.10.2017 kam Stefan Horvath, ge-             bis zum Betriebsrat und Polier. Nach 1945 hatte          wurden sie durch die Explosion der Bombe getö-
     von regimekritischen Flugblättern hingerichtet.        boren 1949 in der alten Roma-Siedlung in Ober-             sich an der Einstellung der Mehrheitsgesellschaft        tet. Die Opfer waren Kinder bzw. Enkelkinder von
     Auf unserem Rundgang besuchten wir das Eutha-          wart, ans Abendgymnasium Innsbruck. Er hatte               gegenüber den Roma wenig geändert. Horvath               Roma, die als Jugendliche die Lager des NS-Regimes
     nasie-Denkmal auf dem Klinikgelände, die Erinne-       davor bereits in einer von Horst Schreiber orga-           zeigt auf, dass die Mitglieder der Elterngeneration      überlebt hatten.
     rungstafel an die jüdischen Besitzer des heutigen      nisierten Fortbildungsveranstaltung an der Pädago-         als Überlebende des Nazi-Terrors weiterhin dis-          Die meisten Studierenden wussten wenig über die
     Kaufhaus Tyrol, die Familien Bauer & Schwarz, das      gischen Hochschule von seiner Kindheit am Rande            kriminiert und ausgegrenzt wurden und sie um die         Verfolgungsgeschichte der Roma und Sinti während
     Freiheits- und das Pogromdenkmal am Landhaus-          der städtischen Mülldeponie erzählt. Seit er 1995          Entschädigungszahlungen für das ihnen zugefügte          der NS-Zeit. Stefan Horvath musste viele Fragen
     platz. Mit Hilfe von historischem Quellenmaterial      seinen Sohn beim Rohrbombenattentat des Franz              Unrecht lange kämpfen mussten.                           beantworten und die Zeit von drei Unterrichts-

24                                                                                                                                                                                                                                       25
Aus der Direktion          Aus der Administration        Lehrende berichten             Aus dem Unterricht              Studierende erzählen              Projekttage                    Ü-Klasse                              Matura

     _erinnern.at_ am Abendgymnasium Innsbruck
     Irmgard Bibermann
     stunden, die für das Gespräch vorgesehen waren,             bracht oder sie haben über die Familien ihrer El-             Über die Erinnerungsberichte und auch die Fotos           Sich eingehend mit den Auswirkungen des NS-
     reichte nicht aus, um alle Fragezeichen zu beseitigen.      tern ein nahes Verhältnis zur Stadt Innsbruck.                von ZeitzeugInnen aus der eigenen Stadt bzw. Regi-        Terrorregimes auseinanderzusetzen, die durch die
     Daher wurde auf der Lernwebsite www.romasin-                Wie in Zukunft an den Holocaust erinnert wird, auf            on wird deutlich, dass diese Ereignisse nicht nur im      ZeitzeugInnen-Berichte fassbar werden, hilft den
     tigenocide.eu weiter recherchiert. _erinnern.at_            welche Weise er Teil eines lebendigen kulturellen             fernen Berlin, sondern in Straßen und auf Plätzen         Lernenden zu verstehen, warum es auch im 21.
     bietet auf dieser Homepage eine umfangreiche Ma-            Gedächtnisses bleibt, hat auch damit zu tun, wel-             vor der eigenen Haustür stattgefunden haben. Das          Jahrhundert noch so bedeutend ist, sich mit diesem
     terialiensammlung zum Schicksal der europäischen            che Möglichkeiten zur Nutzung von videografierten             schafft eine größere Nähe zur Vergangenheit: Histo-       Kapitel der Geschichte zu befassen.
     Roma und Sinti in der Zeit des Nationalsozialismus          Zeitzeugnissen im schulischen Kontext geschaffen              rische Ereignisse und Abläufe werden anschaulicher
     an. Irmgard Bibermann hat an der Erstellung der             werden, das heißt, es ist auch davon abhängig, ob             und konkreter, weil man durch lokale und regio-
     Unterrichtsmodule mitgearbeitet.                            und inwieweit didaktisch aufbereitete Lernmateri-             nale Bezugspunkte das Gefühl entwickeln kann, es
                                                                 alien die Schülerinnen und Schüler erreichen.                 handelt sich hier um Geschichte, die einen selbst         Anmerkung der Redaktion: Wir gratulieren Irmi
                                                                 Irmgard Bibermann hat daher aus den Video-                    betrifft.                                                 Bibermann recht herzlich zum Doktortitel!
                                                                 Interviews mit den ZeitzeugInnen im Rahmen ihres              Videografierte ZeitzeugInnen-Interviews ermög-            Am 14.11.2017 legte Irmi ihr Rigorosum am Insti-
                                                                 Dissertationsprojektes die Lernwebsite www.                   lichen durch die Beschreibung von spezifischen            tut für Geschichte ab und die öffentliche Präsen-
                                                                 alte-neue-heimat.at mit umfangreichen Unter-                  Situationen und die Schilderung von persönlichen          tation ihrer Lernwebsite im Plenarsaal der Stadt
                                                                 richtsmaterialien erstellt: Elf Kurzfilme erschließen         Erfahrungen Einblicke in Aspekte des Holocaust,           Innsbruck fand am 28.11.2017 statt. Der Titel ihrer
                                                                 die Erfahrungen der ZeitzeugInnen nach Themen                 die aus anderem historischen Quellmaterial schwer         Dissertation: Videografierte Zeitzeugen-Interviews
                                                                 geordnet. Einen weiteren Zugang bieten die bio-               gewonnen werden könnten, wie es im Bericht Ab-            im Geschichtsunterricht: Das Projekt Alte Heimat
                                                                 grafischen Portraits. Die Kurzfilme und Portraits             raham Gafnis, der als Erich Weinreb seine Volks-          /Schnitt/ Neue Heimat.
                                                                 spannen den Bogen von der Kindheit in Tirol über              schulzeit in Pradl verbrachte, zu seinen Ausgren-
                                                                 die erzwungene Auswanderung bis zum gegenwär-                 zungserfahrungen nach der Machtübernahme der
     Startseite der Lernwebsite zum Schicksal der europäischen   tigen Leben in der neuen Heimat. Die Transkripte              Nationalsozialisten deutlich wird:
     Roma und Sinti                                              der thematischen Videosequenzen, Fotogalerien,
     		                               Foto: Irmgard Bibermann
                                                                 ein Begleitheft für Nutzerinnen und Nutzer, ein Ge-
                                                                 samtglossar und 12 Lernmodule mit detaillierten
     Lernwebsite: Alte Heimat /Schnitt/ Neue                     Unterrichtsvorschlägen ergänzen das Materialien-              „Und dann haben wir den neuen Lehrer bekommen
     Heimat                                                      angebot.                                                      und da ist es mit mir gleich losgegangen. (…) Am ersten
                                                                                                                               Tag hat er die Liste der Schüler vorgelesen, und dann
     Die Zahl der Menschen, die über ihre Erfahrungen                                                                          kommt der Erich Weinreb: „Da hamma ja so eine kleine
     mit der nationalsozialistischen Verfolgungspolitik                                                                        Judensau, komm her!“ (lacht) Und dann gleich Schläg’.
     berichten können, wird immer kleiner. Daher hat                                                                           Und dann sowieso, nach paar Tagen war aus, war man
     sich ein Projektteam unter der Leitung von Horst                                                                          nicht mehr in der Schule. (…) Freunde hamma, hatten
     Schreiber 2010, 2012 und 2013 nach England und                                                                            wir nicht mehr, bei uns im Haus haben zwei gewohnt,
     Israel aufgemacht, um Menschen zu interviewen, die                                                                        die mit mir in der Klasse waren, und mit denen habe
     als Kinder und Jugendliche wegen ihrer jüdischen                                                                          ich noch eine Zeit lang irgendwie Kontakt gehabt, (…)
     Herkunft von den Nationalsozialisten vertrieben                                                                           die haben mit mir noch gesprochen, aber nur im Haus.
     wurden. Unsere zehn GesprächspartnerInnen                                                                                 Und alle anderen Kinder --, ich hatte über Nacht keine
                                                                 Startseite der Lernwebsite „Alte Heimat /Schnitt/ Neue Hei-                                                              1
                                                                                                                                                                                           Vgl. Abraham Gafni im Interview mit Horst Schreiber, Kirjat Tiw’on/
     haben ihre Kindheit und Jugend in Innsbruck ver-            mat“			                           Foto: Irmgard Bibermann     Freunde mehr.“1                                                                                              Israel, 24.5.2010.

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