Grundlagen migrationsspezifischer Beratung - Ein Pilotprojekt mit der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit - Netzwerk IQ
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Grundlagen migrationsspezifischer Beratung Ein Pilotprojekt mit der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ Schulungshandbuch www.vielfalt-gestalten.de www.netzwerk-iq.de
Vorwort Die Integration von Menschen mit Migrationsge- Bundesministerium für Bildung und Forschung und schichte steht seit einigen Jahren ganz oben auf der der Bundesagentur für Arbeit gefördert wird. In der politischen Agenda in Deutschland. Dabei spielt die aktuellen Förderphase ist Beratung eine Querschnitts- Arbeitsmarktintegration eine Schlüsselrolle, denn sie aufgabe, denn sie ist in allen Handlungsfeldern unent- ist entscheidend für ein selbstbestimmtes Leben und behrlich – bei der Anerkennungsberatung, bei der eine umfassende gesellschaftliche Teilhabe in einer Weiterbildungsberatung, bei der Beratung im Hin- zunehmend vielfältiger werdenden Gesellschaft. Das blick auf eine Existenzgründung oder zur Aufnahme gilt aktuell mehr denn je, denn Deutschland braucht einer abhängigen Beschäftigung. Und die wichtigsten qualifizierte Zuwanderung, um den Fachkräftebedarf Akteure in Deutschland in diesem Handlungsfeld sind der Wirtschaft zu decken. Eine migrationsspezifische die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter. Ein sehr beschäftigungsorientierte Beratung ist für eine schnel- gelungenes Beispiel für die Wirkung des Förderpro- le und erfolgreiche berufliche Integration sehr wich- gramms IQ ist das Modul „Grundlagen migrationsspe- tig. Denn zum einen benötigen Beratungsfachkräfte zifischer Beratung“ für Studierende der Hochschule zusätzliches Wissen, beispielsweise zu ausländischen der Bundesagentur für Arbeit, der HdBA, das in zwei Qualifikationen und deren Anerkennung in Deutsch- Durchläufen 2013 und 2014 unter Federführung der land. Oder zum Aufenthalts, Asyl- und Flüchtlings- IQ Fachstelle Diversity Management und in Koopera- recht, oder zur Beratung von Menschen, die Deutsch tion mit der HdBA erprobt wurde. Die Erprobung des als Zweitsprache erlernt haben, – um nur einmal drei Moduls mit 7–9 Sitzungen als Studieninhalt der Bera- Beispiele zu nennen. Und zum anderen ist interkul- terausbildung an der Hochschule der Bundesagentur turelle Kompetenz für Beraterinnen und Berater ein für Arbeit wird in dieser Publikation detailliert vorge- Muss. stellt und als eine Erfolgsgeschichte für das Förderpro- gramm IQ deutlich. Wie diese beraterischen Herausforderungen zu meis- tern sind, ist seit 2005 eine Aufgabe, der sich das Dr. Dagmar Beer-Kern Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung“ Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) – kurz IQ widmet. Ein Programm, das gemeinsam Referatsleiterin IIa6 „Grundsatzfragen der Migrations- vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dem und Ausländerpolitik“ Grundlagen migrationsspezifischer Beratung 3
Inhalt Vorwort Dagmar Beer-Kern, BMAS 3 Einführung 5 Interview Ein erster Schritt zu einem umfassenden Curriculum für migrationsspezifische Beratung 6 Die einzelnen Seminare in der Übersicht 10 Mitwirkende 12 Seminar 1 Seminar 5 Herausforderungen migrationsspezifischer (Ausländer-)rechtliche Grundlagen und beschäftigungsorientierter Beratung. Konsequenzen für die Beratungs- und Ver- Identifizieren von und weiterer Umgang mit mittlungsarbeit 35 informellen Kompetenzen 14 Seminar 6 Seminar 2 Das Anerkennungsgesetz (BQFG) und Interkultur/Diversity – Auswirkungen auf die Beratungs- und Sensibilisierung für Differenz 18 Vermittlungsarbeit 40 Seminar 3 Seminar 7 Diskriminierung als Hürde beim Zugang zum Interkultur/Diversity – Umgang mit Differenz: Arbeitsmarkt – Umgang mit Diskriminierungs- Kultur – Meine, Deine, Unsere… Interkulturelle erfahrungen der Kund_innen und Abbau von Sensibilisierung 45 Barrieren 23 Seminar 8 Seminar 4 Beratung migrationsspezifisch – Umgang mit Mehrsprachigkeit/eingeschränkten was ist anders? 50 Deutschkenntnissen der Kund_innen und Genderfragen 28 Seminar 9 Migrationsspezifische Beratung in der Praxis 54 Ergebnissicherung 60 Impressum 63 4 Grundlagen migrationsspezifischer Beratung
„Eine lernende Organisation ist ein Ort, an dem Menschen kontinuierlich entdecken, dass sie ihre Realität selbst erschaffen. Und dass sie sie verändern können.“ – Peter M. Senge Einführung Das bundesweite Förderprogramm „Integration durch Experten aus der Praxis zielten auf die Erweiterung Qualifizierung (IQ)“ hat es sich seit 2005 zum Ziel einer interkulturellen und antirassistischen Hand- gesetzt den Arbeitsmarktzugang für Menschen mit lungs-, Sprach- und Beratungskompetenz der Stu- Migrationsgeschichte strukturell und nachhaltig zu dierenden. verbessern. An dessen Umsetzung arbeiten 16 lokale Landesnetzwerke und 5 themenspezifische Fachstellen Die vorliegende Broschüre beschreibt das Gesamtkon- zusammen mit dem Bundesministerium für Arbeit und zept sowie die Inhalte des Moduls „Grundlagen mig- Soziales, dem Bundesministerium für Bildung und For- rationsspezifischer Beratung“ näher. Sie schildert die schung sowie der Bundesagentur für Arbeit. Erfahrungen der beteiligten Akteurinnen und Akteure sowie den detaillierten Ablauf mit Übungen und Kon- Aus dieser Netzwerkarbeit ist das hier beschriebene zepten der einzelnen Seminare und kann daher allen Hochschulmodul „Grundlagen migrationsspezifischer Interessierten als Informations- und Praxishandbuch Beratung“ entstanden. Die beteiligten Akteurinnen gleichermaßen dienen. und Akteure nehmen damit die Handlungsfelder „Be- ratung“ und „Förderung interkultureller Kompetenz“ Im ersten Kapitel werden zunächst Entstehungsge- des Förderprogramms auf und reagieren auf die wach- schichte, Projektinhalte, Ziele sowie das methodische senden Herausforderungen für Beratungsfachkräfte Gesamtkonzept und die beteiligten Akteurinnen und in Jobcentern und Arbeitsagenturen, welche mit der Akteure des Moduls vorgestellt. Anschließend werden gesellschaftlich wachsenden Vielfalt einhergehen. die neun durchgeführten Seminareinheiten in einzel- nen Kapiteln detailliert beschrieben. Diese enthal- Ziel des entwickelten Moduls ist es, Studierende der ten jeweils eine kurze Einleitung in das bearbeitete Hochschule der Bundesagentur für Arbeit verstärkt Thema, die Nennung der gesetzten Ziele sowie eine auf den interkulturellen Aspekt in ihrer zukünftigen Übersicht des durchgeführten Ablaufplanes. An die- Beratungstätigkeit vorzubereiten. Dazu wurde unter sen schließen sich Übungsbeschreibungen, Zusam- Leitung der IQ Fachstelle Diversity Management1 menfassungen einzelner Inputs sowie weiterführende in Kooperation mit fünf IQ Landesnetzwerken und Informationen mit Literaturangaben an. Abschließend der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit ein findet sich eine Zusammenfassung der angewendeten gemeinsames Konzept entwickelt und von den IQ Ergebnissicherung des Gesamtmoduls. Akteurinnen und Akteuren selbst durchgeführt. Die Studierenden erhielten in neun Seminareinheiten die Möglichkeit ihr Wissen zu Themen wie migrations- spezifische Beratung, Antidiskriminierung, Auslän- Zitat aus dem Modul derrecht, Anerkennungsgesetz sowie Interkulturelle „Ich werde bei der Beratung von Personen mit Migrations- Kommunikation zu erweitern und gleichzeitig eine hintergrund an die besprochenen Inhalte zurückdenken und Sensibilität für die Umsetzung dieser in der Praxis habe schon Ideen, wie ich möglicherweise handeln könnte.“ (Seminarteilnehmer_in) zu entwickeln. Die gewählte Methodenvielfalt sowie die Schulung durch verschiedene Expertinnen und 1 Die IQ Fachstelle Diversity Management heißt seit dem Jahr 2015 IQ Fachstelle Interkulturelle Kompetenz- entwicklung und Antidiskriminierung. Grundlagen migrationsspezifischer Beratung 5
Interview: Ein erster Schritt zu einem umfassenden Curriculum für migrationsspezifische Beratung Setzt das Modul „Grundlagen migrationsspezifischer Karl-Heinz P. Kohn Beratung“ die Anforderungen an eine solche Beratung ist Politologe und Wissenschaftlicher beziehungsweise an die Vermittlung erforderlicher Be- Dozent an der Hochschule der Bundesa- ratungskompetenzen um? gentur für Arbeit mit Lehr-, Forschungs- und Publikationsschwerpunkten im Ja, das Angebot eines spezifischen Wahlmoduls ist na- Zusammenhang von Arbeitsmarkt, türlich noch keine spezielle Ausbildung, denn das ist Beratung und Migration. Er ist Mitglied es, was wir letztendlich brauchen. Aber das Modul hat im Bundesvorstand des Deutschen bereits erste Sensibilisierungen und erste Inhalte zu Verbands für Bildungs- und Berufsbe- ratung und Autor der IQ Delphi-Studie drei der sechs genannten Herausforderungen erbracht. zu migrationsspezifischen Themen und Das Modul thematisiert Diskriminierungserfahrungen Bedarfen in der beschäftigungsorien- der Ratsuchenden, den Umgang mit Mehrsprachig- tierten Beratung, die die Grundlage zur keit und eingeschränkten Deutschkenntnissen sowie Entwicklung des Moduls war. (ausländer-)rechtliche Grundlagen. Dazu beschäftigen sich die Studierenden mit Fragen der Interkulturellen Kompetenz und nähern sich auch theoretisch der Mi- Wie würden Sie migrationsspezifische Beratung definie- grationsspezifik in der beschäftigungsorientierten Be- ren, was macht diese aus? ratung. Das ist schon eine ganze Menge und ein Ansatz Migrationsspezifische Beratung ist – wie schon der zur Umsetzung dessen, was sich die Bundesagentur Begriff nahelegt – eine Beratung, bei der spezifische für Arbeit auch im Rahmen der integrationspolitischen Themen und Bedarfe professionell und kompetent be- Agenda der Bundesregierung vorgenommen hat. handelt werden, die sich „typischerweise“ in Gesprä- chen mit Ratsuchenden mit Migrationshintergrund Wie beurteilen Sie die Umsetzung des Piloten und was ergeben. bleibt jetzt noch zu tun? Das sind zwei Fragen in einer. Die Umsetzung des Pi- Welche neuen oder zusätzlichen Erkenntnisse zur migra- lot-Moduls finde ich geradezu faszinierend. Denn die tionsspezifischen beschäftigungsorientierten Beratung Netzwerkstruktur IQ hat hier Enormes auf die Beine wurden durch die Delphi-Erhebung gewonnen, die Sie gestellt. Mit großem Engagement und zahlreichen Ak- im Auftrag des IQ Facharbeitskreises durchführten? teurinnen und Akteuren aus der ganzen Bundesrepub- Die Delphi-Studie hat genau diese spezifischen The- lik haben unsere Studierenden Lernchancen erhalten, men und Bedarfe fokussiert und bei Praktikerinnen die deutlich über das hinausgehen, was wir an Bord und Praktikern in der Beratung erhoben, was typi- der HdBA alleine bewerkstelligen könnten. scherweise anders, was besonders ist. Das war ein durchaus aufwändiger Prozess, denn immer wieder Wenn Sie mich danach fragen, was noch zu tun bleibt, wurde nachgefragt: Was an den genannten Themen fällt es mir fast schwer zu entscheiden, wo ich anfan- und Bedarfen kommt so auch bei anderen Ratsu- gen sollte. Ich will Ihnen nur einmal in einigen weni- chenden-Gruppen vor, was dagegen ist wirklich spe- gen Skizzenstrichen entwerfen, welches Gesamt-Cur- zifisch für Gespräche im Migrationszusammenhang? riculum für migrationsspezifische Beratung sich aus Herausgekommen ist ein Set von sechs spezifischen meiner Sicht aus den in der Delphi-Studie gezeigten Herausforderungen, die in einer siebten Herausfor- Herausforderungen ergäbe: derung münden: in der Aneignung der spezifischen Beratungskompetenzen, die zur professionellen Bear- 1. Herausforderungen, die sich aus einem spezifi- beitung dieser Themen und Bedarfe erforderlich sind. schen Wissensnachteil über das deutsche Bildungs- und Beschäftigungssystem ergeben: Hier müssten Methoden erlernt werden, die spezifischen indivi- duellen Wissenslücken der Ratsuchenden mit Mi- grationshintergrund zu erkennen, um sehr schnell entscheiden zu können, was die Beraterin oder der Berater als bekannt voraussetzen kann und 6 Grundlagen migrationsspezifischer Beratung
was nicht. Diese Muster des Vorwissens sind zwar deutenden Teilbereichen. Zum einen muss ich mich gewiss individuell verschieden, unterscheiden sich als Beraterin oder Berater professionell selbst re- insgesamt bei Ratsuchenden mit Migrationshinter- flektieren können in meinen Wahrnehmungsmus- grund aber systematisch von einheimischen Ratsu- tern, in meinen Zuschreibungen und in meinem chenden aus Familien mit zahlreichen inländischen Verhalten. Zum anderen gilt es, Empathie zu ent- Bildungs- und Berufsbiografien, die als Vorbilder falten für Diskriminierungserfahrungen, die Ratsu- und Lernfolien bereitstanden. Und in der Folge chende mit Migrationshintergrund in die Beratung müssen dann Methoden beherrscht werden, ent- mitbringen. Besonders schwierig ist die Aufgabe sprechende Wissensgrundlagen transparent und der Empathie natürlich immer dann, wenn die eige- effektiv zu vermitteln, während unter Umständen ne Biografie von den Erfahrungen des Gegenübers gleichzeitig Sprachhindernisse zu überwinden stark abweicht und – was bei Diskriminierungser- sind. In diesem Lernfeld müssten Beraterinnen und fahrungen besonders häufig der Fall ist – entspre- Beratern auch die zumindest groben Grundstruktu- chende Informationen erst einmal nicht offen ins ren des Bildungs- und Beschäftigungssystems der Gespräch eingebracht werden. Haupt-Herkunftsregionen vermittelt werden, da- mit sie auch auf mögliche Wissensübertragungen 5. Herausforderungen, die sich – besonders unter Be- durch Ratsuchende und daraus folgende typische rücksichtigung der unter 1 bis 4 genannten Punkte Missverständnisse vorbereitet sind. – für die Potenzialanalyse und für die Aufgabe des Empowerment ergeben: Um diese Herausforderun- 2. Herausforderungen, die sich aus dem Erwerb des gen zu bestehen, muss ich das Geflecht aus Wissens- Deutschen als Zweitsprache ergeben, in der das ei- nachteil, Sprachbarriere, prekärer Rechtsstellung gene Agieren in Bildung, Beruf und in der Beratung und erlebter Diskriminierung sehr kunstfertig ent- formuliert werden muss: Gelingende Beratung ist flechten können, um wirklich alle Ressourcen der eine hochkomplexe – zugleich informationsgela- Ratsuchenden erkennen zu können und sie darauf dene, aber auch sensibel vertrauensbildende – aufbauend in einem eigenen potenzialentfaltenden Kommunikation zwischen zwei zunächst einander Weg zu bestärken. fremden Menschen. Diese komplexe Kommunikati- onsaufgabe funktioniert am besten mit einer stark 6. Herausforderungen an den Zugang zur und an differenzierten Sprache und großen Ohren für Zwi- die Praxis der ausbildungs- und arbeitsmarktpo- schentöne und emotional aufgeladene Schlüssel- litischen Förderung und Unterstützung: Auch auf wörter. Wie funktioniert das, wenn beide nicht die- dieser Ebene ließe sich so vieles sagen. Vielleicht selbe Muttersprache haben? Eine solche Kunst zu nur ein Beispiel: Wie erkenne ich die Wahrschein- beherrschen, erfordert intensives Training – auch lichkeit der Anerkennung mitgebrachter Zertifikate mit besonderem Augenmerk auf Möglichkeiten der für einen deutschen Referenzberuf und die damit Visualisierung. Nicht weniger herausfordernd ist erhöhte Arbeitsmarktchance, die es erlaubt, Aner- diese Aufgabe, wenn Sprachmittler_innen die Be- kennungskosten zu fördern? Und wie gestalte ich ratung überhaupt erst ermöglichen. im Anschluss daran vielleicht erforderliche An- passungsqualifizierungen, die auch Nicht-Mutter- 3. Herausforderungen, die sich aus dem Aufenthalts- sprachler_innen effektiv und erfolgreich ans Ziel status in Deutschland und aus der formalen Aner- bringen? Was also muss ich von entsprechenden kennung im Ausland erworbener Zertifikate erge- Bildungsträgern und ihren Angeboten einfordern? ben: Jede und jeder, der in diesem Feld arbeitet, weiß, wie hochkomplex sich das Rechtsgefüge aus Ich glaube, wenn man dieses hier nur grob skizzierte Aufenthaltsrecht, Arbeitsmarktzugang und Aner- Lernprogramm sieht und sich verdeutlicht, mit wel- kennung beruflicher Zertifikate darstellt. Nicht alle chen Ressourcen entsprechende Qualifizierungen für Beraterinnen und Berater am Arbeitsmarkt müs- Beraterinnen und Berater ausgestattet sein müssten, sen all dies komplett überschauen können. Aber wird klar: Das Modul, so verdienstvoll und engagiert die grundsätzlichen Regelungen und Mechanismen umgesetzt es auch ist, kann eigentlich nur ein Anfang müssen sie kennen und in die abwägenden Ent- sein. Wir bräuchten eine Vielzahl entsprechender Mo- scheidungsphasen der beschäftigungsorientierten dule. Und für Beraterinnen und Berater, die sich auf die Beratung einbringen können. migrationsspezifische Beratung konzentrieren und vor- bereiten, müssten sie verpflichtend sein. Ich hoffe sehr, 4. Herausforderungen, die sich aus diskriminieren- dass wir eine entsprechende Entwicklung anstoßen dem Verhalten oder diskriminierenden Strukturen können und dass sie ein Vielfaches der bisherigen inte- ergeben: Das ist ein Kompetenzfeld mit zwei be- grationspolitischen Geschwindigkeit aufnehmen kann. Grundlagen migrationsspezifischer Beratung 7
Das Modul „Grundlagen migrationsspezifischer Beratung“ und dem IQ Arbeitskreis Beratung waren sich darü- Christiane Lembert, IQ Fachstelle Interkulturelle Kompetenzentwicklung und ber einig, dass diese Themen bereits in der Ausbil- Antidiskriminierung (vormals Diversity Management), dung der Beratungsfachkräfte eingebracht werden VIA Bayern – Verband für interkulturelle Arbeit e.V. müssen. Gemeinsam wurde daher unter Leitung der IQ Fachstelle Diversity Management, namentlich Prof. Dr. Türkan Ayan, Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (HdBA) Christiane Lembert, sowie der Hochschule der BA, namentlich Frau Prof. Türkan Ayan, das Lehrange- bot „Grundlagen migrationsspezifischer Beratung“ für Studierende der HdBA aus den Studiengängen „Arbeitsmarktmanagement (AMM)“ und „beschäf- Hintergrundinformationen zu den Studierenden der HdBA Der Großteil der HdBA Studierenden verfügt über die allgemeine Hoch- tigungsorientierte Beratung und Fallmanagement schulreife und bewirbt sich direkt mit dem Schulabschluss auf einen (BBF)“ konzipiert und von den Expertinnnen und Studienplatz. Das zweistufige Auswahlverfahren hierzu sieht zunächst Experten selbst im Sommertrimester 2013 erstma- vor, dass sich Studieninteressierte über die lokalen Arbeitsagenturen auf lig durchgeführt. Die Erfahrungen aus dieser ersten einen Studienplatz bewerben. In den Arbeitsagenturen durchlaufen die Bewerber_innen ein Assessmentverfahren, welches die Testung intellek- Pilotphase führten zu einer weiteren Überarbeitung tueller Fähigkeiten beinhaltet. Daran schließen sich ein Auswahlgespräch und Erweiterung des Moduls von 42 auf 54 Lehrstun- und Rollenspiele an, um auch die sozialen Fähigkeiten der Bewerber_in- den im darauffolgenden Jahr 2014. nen einzuschätzen. Die Arbeitsagenturen nehmen auf Basis der Ergeb- nisse eine Vorauswahl an potenziellen Studienkandidaten vor. Diese Vorauswahl wird im Hinblick auf die Erfüllung der Studierfähigkeit und Projektinhalte der Studienvoraussetzungen über die hochschuleigene Zulassungskom- In die inhaltliche Ausgestaltung der Schulung gingen mission der HdBA geprüft. Jährlich werden 300 Studierende an der HdBA Erkenntnisse aus der in Zusammenarbeit mit dem IQ aufgenommen. Rund 30 Prozent der Studierenden kommen aus den Facharbeitskreis Beratung (FAK) und der von Karl- ostdeutschen Bundesländern. Die Rückbindung an die lokale Arbeits- agentur bleibt während des gesamten Studiums bestehen, hier werden Heinz P. Kohn (HdBA) erstellten Delphi-Breitband- auch die Praktikumstrimester absolviert. Erhebung ein, insbesondere: die aus der Delphi-Breitband-Erhebung abgeleiteten Beratungsorte und -anlässe, Entstehungsgeschichte die im FAK Beratung erarbeiteten Qualitätsmerk- 2010 beauftragte das Bundesministerium für Arbeit male und Indikatoren für migrationsspezifische be- und Soziales den Politologen Karl-Heinz P. Kohn von schäftigungsorientierte Beratung sowie der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (HdBA) die vom FAK Beratung entwickelten und verabschie- die „Delphi-Breitband-Erhebung“1 in Kooperation mit deten Handlungsempfehlungen für eine gelingende dem IQ Facharbeitskreis “Beratung“ durchzuführen. migrationsspezifische beschäftigungsorientierte Darin wurden migrationsspezifische Themen und Beratung. Bedarfe einer beschäftigtungsorientierten Beratung erhoben und dargestellt. Durchführende IQ-Dozentinnen und -Dozenten Für die Dozentinnen und Dozenten aus dem Kontext Die Ergebnisse der Studie machten außerdem einen des IQ Förderprogramms galten folgende Auswahlkri- Handlungsbedarf zur Vertiefung von interkultureller terien: und migrationsspezifischer Beratungskompetenz von mehrjährige Erfahrung als Interkulturelle Dozentin Fachkräften in Jobcentern und Arbeitsagenturen deut- oder Dozent, lich. Denn die wachsende gesellschaftliche Vielfalt und Bezug zu migrationsspezifischer Beratung, die damit einhergehende Komplexität von fachspezi- Bereitschaft, eigene Trainingsinhalte zur inhaltli- fischem Beratungswissen und -handlungskompetenz chen Ausgestaltung einzubringen, stellen gerade sie zunehmend vor die Herausforde- Kenntnisse und Erfahrungen über Beratung und rung Ratsuchende entsprechend ihrer Bedarfe zu un- Vermittlung im Agenturkontext, terstützen. Arbeit mit der Zielgruppe Migrantinnen und Migran- ten im eigenen Betätigungsfeld. Die an der Studie beteiligten Akteurinnen und Akteu- re von der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit 8 Grundlagen migrationsspezifischer Beratung
Ziele des Moduls Evaluation und Qualitätssicherung Ziel des Moduls war es, die Studierenden in die Lage zu Die Module wurden evaluatorisch begleitet. Hierzu versetzen, Handeln in migrationsspezifischen Zusam- hat die Hochschule eigens Fragebögen entwickelt und menhängen zu lernen und zu reflektieren. nach jedem Seminar an die Teilnehmenden verteilt. Sie sollten daher: Diese wurden durch die mündliche Befragung der befähigt werden Ratsuchende mit Migrationsge- jeweiligen Seminar-Dozentinnen und -Dozenten er- schichte als ressourcenstarke Zielgruppe wahrzu- gänzt. Ein Kontakt mit der IQ Evaluation von „Univa- nehmen. tion – Institut für Evaluation Dr. Beywl & Associates die Möglichkeit erhalten ihr Wissen über arbeits- GmbH“ wurde im Juni 2012 hergestellt und die erste marktrechtliche Grundlagen unter dem Aspekt zu Pilotphase (2013) nachevaluiert. Mehr dazu im Kapi- erweitern und dies fallbezogen anwenden zu lernen. tel „Ergebnissicherung“ am Broschürenende. die relevanten Merkmale und Indikatoren migrati- onsspezifischer Beratung kennenlernen und dazu Weiterführende Informationen befähigt werden, das eigene Beratungshandeln Karl-Heinz P. Kohn: Migrationsspezifische beschäf- entsprechend zu reflektieren und alternative Hand- tigungsorientierte Beratung – spezifische Themen, lungsoptionen zu benennen und zu erproben. spezifische Bedarfe, Ergebnisse einer Delphi-Breit- in Bezug auf interkulturelle und antidiskriminieren- band-Erhebung, im Rahmen des Netzwerk Integrati- de Handlungskompetenz geschult werden. on durch Qualifizierung/Kumulus Plus, Berlin 2011. URL: http://www.netzwerk-iq.de/fileadmin/redak- Methodisches Vorgehen tion/Publikationen/07_IQ_Publikationen/04_Bera- In den Seminaren wurde neben der theoretischen Wis- tung/2011_Studie_ Migrationsspezifische_Beratung. sensvermittlung auch am eigenen Erleben anhand von pdf (Stand: 06.05.2015) Rollenspielen und Praxisbeispielen angesetzt. In allen Modulen nahmen die Dozentinnen und Dozenten im- mer wieder Bezug auf die alltägliche Beratungspraxis. Hierbei wurde der konkrete BA-Kontext berücksich- tigt. Theoretische Inputs sollten die gemachten Erfah- rungen stützen und stärken. Die Fortbildungsmodule wurden unter Nutzung verschiedenster Methoden wie Impulsvorträge, Diskussionen, Kleingruppenarbeit, Simulationen, Rollenspiele und Arbeit an Fallstudien durchgeführt. 1 Ausführliche Informationen zur Delphi-Breitband-Erhebung in: Karl-Heinz P. Kohn, Migrationsspezifische beschäftigungsorientierte Beratung – spezifische Themen, spezifische Bedarfe, Ergebnisse einer Delphi- Breitband-Erhebung, im Rahmen des Netzwerk Integration durch Qualifizierung/Kumulus Plus, Berlin 2011. Grundlagen migrationsspezifischer Beratung 9
Die einzelnen Seminare in der Übersicht Das in dieser Broschüre beschriebene Hochschulmodul Seminar 1: Herausforderungen migrationsspezifischer besteht aus neun aufeinander aufbauenden Seminaren beschäftigungsorientierter Beratung. Identifizieren von mit einem jeweiligen Themenschwerpunkt aus dem und weiterer Umgang mit informellen Kompetenzen Beratungskontext. Die einzelnen Seminare wurden von Karl-Heinz P. Kohn, Hochschule der Bundesagentur für Referentinnen und Referenten aus dem IQ Förderpro- Arbeit, Mannheim gramm konzipiert und auch durchgeführt. Ihre Profile Christiane Lembert, IQ Fachstelle Diversity Manage- werden im Anschluss an dieses Übersichtskapitel dar- ment, VIA Bayern – Verband für interkulturelle Arbeit, gestellt. Die Studierenden konnten so von den fachspe- München zifischen Kompetenzen, den vielfältigen Perspektiven Claas Triebel, IQ Landesnetzwerk Bayern MigraNet, und den jahrelangen Praxiserfahrungen der Exper- GAB München – Gesellschaft für Ausbildungsfor- tinnen und Experten in den verschiedenen Handlungs- schung und Berufsentwicklung, München feldern profitieren. Seminar 2: Interkultur/Diversity -Sensibilisierung für Differenz Alexandra Araiza, IQ Fachstelle Diversity Manage- ment, VIA Bayern – Verband für interkulturelle Arbeit, München Christiane Lembert, IQ Fachstelle Diversity Manage- ment, VIA Bayern – Verband für interkulturelle Arbeit, München Seminar 3: Diskriminierung als Hürde beim Zugang zum Arbeitsmarkt − Umgang mit Diskriminierungserfahrun- gen der Kundinnen und Kunden und Abbau von Barrieren Inga Schwarz, IQ Landesnetzwerk Hamburg NOBI, ba- sis & woge e.V., „migration.works – Diskriminierung erkennen und handeln!“, Hamburg Birte Weiß, IQ Landesnetzwerk Hamburg NOBI, basis & woge e.V., „migration.works – Diskriminierung er- kennen und handeln!“, Hamburg 10 Grundlagen migrationsspezifischer Beratung
Seminar 4: Umgang mit Mehrsprachigkeit/einge- Seminar 7: Interkultur/Diversity – Umgang mit Diffe- schränkten Deutschkenntnissen der Kundinnen und renz: Kultur – Meine, Deine, Unsere ... Interkulturelle Kunden sowie Genderfragen Sensibilisierung Abousoufiane Akka, IQ Landesnetzwerk Hamburg Sylvia Büttner, IQ Landesnetzwerk Mecklenburg-Vor- NOBI, basis & woge e.V., „migration.works – Diskrimi- pommern, genres – Gesellschaft für nachhaltige Re- nierung erkennen und handeln!“, Hamburg gionalentwicklung und Strukturforschung e.V., Neu- Inga Schwarz, IQ Landesnetzwerk Hamburg NOBI, ba- brandenburg sis & woge e.V., „migration.works – Diskriminierung Björn Marten, IQ Landesnetzwerk Mecklenburg-Vor- erkennen und handeln!“, Hamburg pommern, genres – Gesellschaft für nachhaltige Re- gionalentwicklung und Strukturforschung e.V., Neu- Seminar 5: (Ausländer-)rechtliche Grundlagen und Kon- brandenburg sequenzen für die Beratungs- und Vermittlungsarbeit Astrid Willer, IQ Landesnetzwerk Schleswig-Holstein, Seminar 8: Beratung migrationsspezifisch – was ist an- Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., Projekt diffai- ders? renz – Schulungen zur Interkulturellen Öffnung & An- Anne Güller-Frey, IQ Landesnetzwerk Bayern Migra- tidiskriminierung, Kiel Net , Tür an Tür – Integrationsprojekte gGmbH, Augs- Farzaneh Vagdy-Voss, IQ Landesnetzwerk Schleswig- burg Holstein, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., Koor- Andrea Simon, IQ Landesnetzwerk Berlin, LIFE e.V. – dinierungsstelle des IQ Landesnetzwerks Schleswig- Bildung, Umwelt, Chancengleichheit, Berlin Holstein, Kiel Seminar 9: Migrationsspezifische Beratung in der Praxis Seminar 6: Das Anerkennungsgesetz (BQFG) und Aus- Inga Schwarz, IQ Landesnetzwerk Hamburg NOBI, ba- wirkungen auf die Beratungs- und Vermittlungsarbeit sis & woge e.V., „migration.works – Diskriminierung Farzaneh Vagdy-Voss, IQ Landesnetzwerk Schleswig- erkennen und handeln!“, Hamburg Holstein, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., Koor- Andrea Simon, IQ Landesnetzwerk Berlin, LIFE e.V. – dinierungsstelle des IQ Landesnetzwerks Schleswig- Bildung, Umwelt, Chancengleichheit, Berlin Holstein, Kiel Astrid Willer, IQ Landesnetzwerk Schleswig-Holstein, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V., Projekt diffai- renz – Schulungen zur Interkulturellen Öffnung & An- tidiskriminierung, Kiel Grundlagen migrationsspezifischer Beratung 11
Mitwirkende Abousoufiane Akka, Anne Güller-Frey, Dipl. Sozialpädagoge und Kriminologe, Fachreferent Dipl. Sozialpädagogin, Trainerin für für Antidiskriminierung und interkulturelle Öffnung interkulturelle und religiöse Ver- im IQ Landesnetzwerk Hamburg NOBI. Konzeption ständigung (LIDIA), Koordination und Durchführung von Seminare 4. IQ Landesnetzwerk Bayern Migra- Net und EU-Projekten (trans-) Alexandra Araiza, national, Mitglied der Steuerungs- Dipl. Soziologin mit Schwerpunkten gruppe „Internationale Metropolis Bildungssoziologie, Arbeitspsycho- Konferenz“ und Mitglied im Integrationsrat der Baye- logie und Interkulturelle Kommuni- rischen Staatsregierung. Konzeption und Durchfüh- kation, freie Trainerin für interkul- rung von Seminar 8. turelles Management mit den Schwerpunkten Deutschland, Mexi- Karl-Heinz P. Kohn, ko und Diversity Management, Re- Politologe und Wissenschaftlicher dakteurin des e-Journals Wirtschaftsdialoge von Dozent an der Hochschule der Bun- SIETAR Deutschland, e. V., bis Ende 2014 Bildungsre- desagentur für Arbeit mit Lehr-, ferentin der bundesweiten IQ Fachstelle Diversity Forschungs- und Publikations- Management. Konzeption und Durchführung von Se- schwerpunkten im Zusammenhang minar 2. von Arbeitsmarkt, Beratung und Migration. Er ist Mitglied im Bun- Prof. Türkan Ayan, desvorstand des Deutschen Verbands für Bildungs- promovierte Diplom-Psychologin. und Berufsberatung und Autor der IQ-Delphi-Studie Ihr Diplomstudium absolvierte sie zu migrationsspezifischen Themen und Bedarfen in an der Heinrich-Heine-Universität der beschäftigungsorientierten Beratung, die die Düsseldorf, promoviert an der TU Grundlage zur Entwicklung des Moduls war. Konzep- Dortmund am Lehrstuhl für Organi- tion und Durchführung von Seminar 1. sationspsychologie. Seit 2007 ist sie als Professorin an der Hochschule Christiane Lembert, der Bundesagentur für Arbeit (HdBA) tätig und ver- Ethnologin M.A., seit 2001 Lehrbe- tritt dort die Psychologie in Lehre und Forschung. Frau auftragte an der Universität Augs- Ayan hat eine BDP-zertifizierte Zusatzausbildung in burg/Lehrstuhl Europäische Ethno- Ressourcenorientierter Beratung abgeschlossen. logie/Volkskunde (Schwerpunkt Migrationsforschung). Interkultu- Sylvia Büttner, relle Trainerin (LIDIA) und Diversi- Dipl.-Ing. LKU, Regionalplanerin, Konzeptionen/ Ko- ty Managerin (Univ.) Von 2005- ordination von regional ansässigen Projekten unter 2015 Tätigkeit im bundesweiten Förderprogramm EU- und Bundesförder-, Landesförderung mit dem „Integration durch Qualifizierung (IQ)“, zuletzt Leitung Fokus auf Zuwanderung, Interkulturelle Öffnung und der IQ Fachstelle Interkulturelle Kompetenzentwick- Diversity, Lehrtätigkeit als Dozentin und Trainerin in lung und Antidiskriminierung (vormals Diversity Ma- den Bereichen Interkulturelle Bildung, Bildung für De- nagement). Seit Mai 2015 Leitung Friedensbüro der mokratie. Mitarbeit im IQ Landesnetzwerk Mecklen- Stadt Augsburg. Konzeption und Durchführung von burg-Vorpommern im Bereich Interkulturelle Öffnung. Seminar 1 und 2. Konzeption und Durchführung von Seminar 7. 12 Grundlagen migrationsspezifischer Beratung
Björn Marten, Farzaneh Vagdy-Voß, Dipl. Sozialpädagoge, Konzeptionen/ Koordination Diplom Wirtschaft – und Arbeitsju- von regional ansässigen Projekten unter EU- und ristin und spezialisiert im Auslän- Bundesförder,- Landesförderung mit dem Fokus auf derrecht/Zuwanderungsrecht. Sie Zuwanderung, Interkulturelle Öffnung und Diversi- ist seit 2004 angestellt beim Flücht- ty. Seit 2003 Vorstand und Geschäftsführer der Ge- lingsrat Schleswig-Holstein e.V. sellschaft für nachhaltige Regionalentwicklung und Dort berät sie Flüchtlinge und Mig- Strukturforschung e. V. (genres), Neubrandenburg; rant_innen zu den Themen wie Auf- Koordinator der IQ Servicestelle Anerkennungs- und enthalts, Arbeitserlaubnis sowie zur Anerkennung von Qualifizierungsberatung Mecklenburgische Seenplatte ausländischen Abschlüssen. Sie koordiniert derzeit / Vorpommern – Greifswald. Konzeption und Durch- das IQ Landesnetzwerk Schleswig-Holstein, das vom führung von Seminar 7. Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und dem Paritäti- schen Wohlfahrtsverband getragen wird. Konzeption Andrea Simon, und Durchführung der Seminare 5 und 6. Dipl. Soziologin mit Schwerpunkt Erwachsenenbildung. Lehrbeauf- Birte Weiß, tragte in Themenzentrierter Inter- Kulturwissenschaftlerin, Pädagogin aktion nach Ruth c. Cohn. Projektlei- und systemische Beraterin, inter- terin im IQ Landesnetzwerk Berlin. kulturelle Trainerin, Antidiskrimi- Konzeption und Durchführung von nierungsberaterin und Projektleite- Seminar 8 und 9. rin im IQ Landesnetzwerk Hamburg NOBI, Konzeption und Durchfüh- Inga Schwarz, rung des Seminars 3. Dipl. Pädagogin, systemische Beraterin, interkulturelle Trainerin, Fachreferentin für Antidiskriminierung und Astrid Willer, interkulturelle Öffnung im IQ Landesnetzwerk Ham- Diplompädagogin, Diversity-Traine- burg NOBI, Mitarbeit bei der Delphi-Studie. Konzepti- rin, staatlich geprüfte Sozialberate- on und Durchführung der Seminare 3, 4 und 9. rin mit Schwerpunkt Migration, längjährig in der Flüchtlings- und Prof. Dr. Claas Triebel, Migrationsarbeit tätig. Projektlei- Psychologiestudium an der LMU tung des Projektes diffairenz – München bei Prof. Lutz von Rosen- Schulungen zur interkulturellen stiel. Seit 2003 im Feld Kompetenz- Öffnung und Antidiskriminierung im IQ Landesnetz- feststellung und kompetenzorien- werk Schleswig-Holstein beim Flüchtlingsrat Schles- tierter Beratung tätig. Claas Triebel wig-Holstein e.V. Konzeption und Durchführung der hat hierzu zahlreiche Methoden Seminare 5 und 6. entwickelt. Seit 2008 leitet er zu- sammen mit Hans G. Bauer das IQ-Projekt „KomBI- Laufbahnberatung“. Claas Triebel ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule für Ange- wandtes Management Erding mit den Schwerpunkten Coaching und Kompetenzentwicklung. Grundlagen migrationsspezifischer Beratung 13
Seminar 1: Herausforderungen migrationsspezifischer beschäftigungs- orientierter Beratung. Identifizieren von und weiterer Um- gang mit informellen Kompetenzen. Dozentinnen und Dozenten: Ziele von Seminar 1 Die Teilnehmenden kennen Rahmen, Inhalt, Ablauf Christiane Lembert, und Ziele des Moduls insgesamt und des Seminars 1 IQ Fachstelle Diversity Management, VIA Bayern – Verband für interkul- im Speziellen. turelle Arbeit e.V., München Die Teilnehmenden haben sich kennengelernt und Karl-Heinz P. Kohn, Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, Mannheim Migrationsbewegungen in der eigenen Familie nach- Prof. Dr. Claas Triebel, vollzogen. IQ Landesnetzwerk Bayern MigraNet, GAB München – Gesellschaft für Die Teilnehmenden kennen die Delphi-Studie und Ausbildungsforschung und Berufsentwicklung, München haben die Beratungsanlässe für migrationsspezi- fische beschäftigungsorientierte Beratung und die Herausforderungen für die Beratungsfachkräfte he- Einführung ins Thema rausgearbeitet. Die Teilnehmenden haben sich innerhalb ihres Studi- Die Teilnehmenden haben die theoretischen Hin- ums bereits in vielfältiger Form mit Beratungsansät- tergründe der KomBI-Laufbahnberatung kennen- zen und ihrer eigenen Rolle als Beraterin oder Berater gelernt und Näheres zum Konzept Employability auseinandergesetzt, jedoch fehlt in der Regel der Fo- und zur psychologischen Wirksamkeit von Beratung kus auf Migration, interkulturelle Kompetenz und die erfahren. Berücksichtigung von Diskriminierung. Die Teilnehmenden haben ihre eigenen Stärken und Kompetenzen erarbeitet. Durch fachlichen Input und Übungen lernen sie in diesem Seminar sechs Herausforderungen migra- tionsspezifischer Beratung kennen, welche in der Delphi-Breitband-Erhebung1 von 2011 identifiziert wurden. Wichtig ist dabei die Verknüpfung der the- matischen Auseinandersetzung mit ersten interkultu- rellen Übungen zur Reflektion. Gleichzeitig erfahren die Studierenden, welche Möglichkeiten die kompe- tenzorientierte Laufbahnberatung bieten kann und lernen einfache Methoden für die Anwendung in der Praxis kennen. 1 Die Delphi-Breitband-Erhebung wurde von dem Politologen Karl-Heinz P. Kohn von der Hochschule der Bun- desagentur für Arbeit (HdBA) in Kooperation mit dem IQ Facharbeitskreis „Beratung“ durchgeführt. Darin wurden migrationsspezifische Themen und Bedarfe einer beschäftigtungsorientierten Beratung erhoben. Die Erhebung bildet das wissenschaftliche Fundament des hier beschriebenen Gesamtmoduls „Grundlagen migrationsspezifischer Beratung“. Mehr zur Studie in Karl-Heinz P. Kohn, Migrationsspezifische beschäfti- gungsorientierte Beratung – spezifische Themen, spezifische Bedarfe, Ergebnisse einer Delphi-Breitband- Erhebung, im Rahmen des Netzwerk Integration durch Qualifizierung/Kumulus Plus, Berlin 2011. 14 Grundlagen migrationsspezifischer Beratung
Ablauf und Inhalte Zeit Inhalt, Übung Ziele und Erläuterungen Methode/Arbeitsform 30 Min. Begrüßung und Vorstellung Projektvorstellung Input, Plenum Kennenlernen der Entstehungszusam- menhänge des Moduls 30 Min. Übung: Soziometrische Aufstellung zum Kennenlernen Aufstellung Thema „Migration“ Reflektion von Wanderungsbewegungen in der eigenen Familie 30 Min. Erwartungsabfrage Abgleich der Erwartungen mit Inhalten und Zielen des Seminars 30 Min. Migrationsspezifische beschäftigungsorien- Kennenlernen der Ergebnisse der Delphi- Input tierte Beratung – Anlässe und spezifische Studie Herausforderungen für die Berater_innen (1) 45 Min. Migrationsspezifische beschäftigungsorien- Erarbeiten von migrationsspezifischen Kleingruppenarbeit, tierte Beratung – Anlässe und spezifische Beratungsanlässen Plenumsdiskussion Herausforderungen für die Berater_innen (2) Erarbeiten von Herausforderungen für die Beratungsfachkräfte 45 Min. Die KomBI-Laufbahnberatung – kompetenz- Vermittlung von Hintergrundwissen zur Input, Plenum orientiert, biografisch, interkulturell KomBI-Laufbahnberatung Kennenlernen des Konzepts Employabi- lity sowie psychologischer Wirksamkeit von Beratung 45 Min. Übung: „Stärken / Kompetenzen“ Erarbeitung eigener Stärken Reflektions- und Reflektion von Einsatzbereichen dieser Gesprächsübung, Kompetenzen Auswertung 45 Min. Zusammenfassung der Inhalte und Abschluss Input, Feedback Begrüßung und Vorstellung Ziele: Fakten, Einschätzungen oder Stimmungsbilder Das Modul „Grundlagen migrationsspezifischer Be- werden abgefragt. Die Teilnehmenden erhalten die ratung“ ist ein Novum in der Ausbildung der Studie- Möglichkeit Migrationsgeschichte in der eigenen Fa- renden der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit. milie zu reflektieren. Gründe für Migrationsbewegun- Die Dozentinnen informieren daher zunächst über den gen und Flucht werden erarbeitet, Arbeitsbegriffe im Entstehungsprozess des Gesamtmoduls und der Zu- Kontext Migration vorgestellt. sammenarbeit zwischen dem Förderprogramm „Inte- gration durch Qualifizierung (IQ)“ und den Lehrenden Erwartungsabfrage der HdBA sowie die Referentinnen und Referenten des Die Erwartungsabfrage gibt den Teilnehmenden die Moduls, welche über fundierte Beratungs- und Schu- Gelegenheit, Wünsche und Interessen zu äußern, Fra- lungspraxis verfügen. Es wird hervorgehoben, dass die gen zu formulieren und Bedenken auszusprechen. Die letzten beiden Sitzungen dem Praxis-Transfer dienen Moderation gleicht die Erwartungen mit den geplanten und die Studierenden Fallbearbeitungen in Rollenspie- Inhalten des Moduls ab und kann im Vorfeld bereits da- len mit Schauspielerinnen und Schauspielern simu- rauf hinweisen, welche Themen bearbeitet werden und lieren. welche nicht in den Kontext des Seminars gehören. Die Abfrage bietet der Moderation die Gelegenheit, die In- Übung: Soziometrische Aufstellung zum Thema „Mig- halte gegebenenfalls zu verändern oder zu präzisieren. ration“ Kurzbeschreibung: (1) Die Moderation stellt Fragen oder trifft Aussagen zum Kontext Migration, nach de- Aus dem Pilot-Modul nen sich die Teilnehmenden im Raum positionieren Die Erwartungsabfrage zeigte neben strukturellen Fragen nach Auf- (Sind Sie in Deutschland geboren? Wo ist Ihre Mutter enthaltsstatus, Anerkennungsmöglichkeiten oder Netzwerken auch geboren? Haben Sie schon länger als ein Jahr im Aus- Bedürfnisse nach Wissen und Handlungsstrategien, die vom „Umgang mit verschiedenen Kulturen in der Beratung“ bis „Migrationsspezifische land gelebt? u.a.) (2) Anschließend geht an die Teilneh- Herausforderungen kennenlernen und Lösungsansätze erarbeiten“ reich- menden die Frage, aus welchen Gründen Sie freiwillig ten. Die Moderation machte daher deutlich, dass es kein Rezeptwissen oder unfreiwillig auswandern würden, um Push- und für bestimmte Gruppen gibt, geben kann und geben darf, aber Hand- Pull-Faktoren von Migration herauszuarbeiten. (3) Die lungsmöglichkeiten erarbeitet und Standardsituationen aufgezeigt wer- den, an denen sich die Beratenden orientieren können. Dozentinnen und Dozenten runden die Übung mit Zah- len und einem Input zu Migration in Deutschland ab. Grundlagen migrationsspezifischer Beratung 15
Input & Diskussion: Anlässe und migrationsspezifische Kleingruppenarbeit: Umgang mit Herausforderungen in Herausforderungen für die Berater_innen der Beratungspraxis Die Moderation stellt die Delphi-Breitband-Erhebung Im Anschluss an den Input gehen die Teilnehmenden vor und fokussiert auf die Ergebnisse im Hinblick auf in Kleingruppen und bearbeiten jeweils die Herausfor- Anlässe und spezifische Herausforderungen migrati- derungen „Wissensnachteil“, „Sprache“, „Aufenthalts- onsspezifischer Beratung. recht/Anerkennung“ und „Diskriminierung“. Die Er- gebnisse werden im Plenum vorgestellt und diskutiert. Beratungsanlässe im Aufgabenfeld beruflicher und be- Fragestellungen sind: schäftigungsorientierter Beratung betreffen Übergangsitu- Welche konkreten Aufgabenstellungen und Heraus- ationen wie z.B.: forderungen ergeben sich in der Beratungspraxis Schule => duale Ausbildung, schulische Berufsausbildung, Hochschulbildung (Praxiserfahrung, eigene Überlegungen) Erstausbildung => erste Arbeitsstelle, Existenzgründung Wie kann damit umgegangen werden (Praxiserfah- Abhängige Beschäftigung => Selbständigkeit rungen, eigene Überlegungen) Erste Arbeitsstelle => neue Arbeitsstelle Erwerbsarbeit => Aufstiegsfortbildung, berufliche Umori- entierung, berufliche Fortbildung Input: Die KomBI-Laufbahnberatung – kompetenzorien- Arbeitslosigkeit => neue Arbeitsstelle, Existenzgründung, tiert, biografisch, interkulturell berufliche Weiterbildung Die Teilnehmenden lernen das Konzept „Employa- Berufliche Weiterbildung => adäquate neue Arbeitsstelle bility“2 („Beschäftigungsfähigkeit“) sowie die psy- Zuzug – berufliche Erstausbildung, Arbeitsstelle, berufli- che Anpassung/Weiterbildung chologische Wirksamkeit von Beratung kennen. An- Begleitende (Stabilisierungs-) Beratung, berufliche Wei- schließend stellen die Dozentinnen und Dozenten die terbildung KomBI-Laufbahnberatung3 vor, ein Beratungskonzept zur kompetenzorientierten Laufbahnberatung mit konkreten Tools zur Identifizierung von Stärken und Die Studie identifiziert sechs Herausforderungen in der Kompetenzen. Diese wurde als Fortbildungskonzept Beratung von Ratsuchenden in Bezug auf Migration oder für Beraterinnen und Berater entwickelt. Sie geht von Migrationsgeschichte einem Beratungsverständnis aus, das neben dem in- 1. Wissensnachteil: Herausforderungen, die sich aus einem spezifischen Wissensnachteil über das deutsche Bildungs- nerhalb formaler Institutionen Gelernten („formales“ und Beschäftigungssystem ergeben. und „non-formales“ Wissen) das außerhalb dieser In- 2. Zweitsprache: Herausforderungen, die sich aus dem stitutionen, also „im Leben“ und „informell“, Erwor- Erwerb des Deutschen als Zweitsprache ergeben. bene sichtbar macht (vgl. Bjornavold 2000). Das hier 3. Anerkennung: Herausforderungen, die sich aus dem Aufenthaltsstatus und der formalen Anerkennung im Aus- vertretene Verständnis einer ressourcenorientierten land erworbener Abschlüsse ergeben. Kompetenzfeststellung fordert von vornherein eine 4. Diskriminierung: Herausforderungen, die sich aus Konzentration auf das Individuum, d. h. es stellt per diskriminierendem Verhalten oder diskriminierenden se hohe Anforderungen an die Wahrnehmung der be- Strukturen ergeben. 5. Förderung: Herausforderungen an den Zugang und an die ratenen Person durch die Beraterinnen und Berater Praxis der ausbildungs- und arbeitspolitischen Förderung. sowie an deren Selbstwahrnehmung (insbes. Werte, 6. Potenzialanalyse: Herausforderungen, die sich – be- Vorurteile u. Ä.). Migrationsspezifische und interkul- sonders unter Berücksichtigung der vorangegangenen turelle Fragestellungen werden so in möglichst direk- Punkte – für die Potenzialanalyse und das Empowerment ergeben. tem Bezug zu den Prozessen und Instrumenten des Fortbildungs- bzw. Beratungsprozesses bearbeitet und verankert. Übung „Stärken/Kompetenzen“ Zitat: „Bilden Sie eigene kollegiale Rückmeldegruppen in Ihren Einrichtungen: Kurzbeschreibung: Die Studierenden erarbeiten an- über Fälle reden und von den Erfahrungen anderer profitieren.“ hand von vorgegebenen Stärkenkärtchen aus der (Karl-Heinz P. Kohn) KomBI-Laufbahnberatung ihre eigenen Stärken. Dabei diskutieren Sie, auf welche Weise ihre eigenen Kompe- tenzen vor allem im beruflichen oder auch im privaten Bereich zum Einsatz kommen. Ziel: Es soll deutlich werden, dass die ressourcenorien- tierte Vorgehensweise Vorteile gegenüber defizit- und testorientierten Ansätzen hat. 16 Grundlagen migrationsspezifischer Beratung
Fazit: Weiterführende Informationen: Insbesondere die praktische Übung und die Möglich- Bauer, Hans G./ Triebel, Claas (2011): KomBI-Lauf- keit zur Diskussion ist gut angekommen. Aus Sicht der bahnberatung – Kompetenzorientiert, Biografisch, Studierenden hätte der theoretische Input evtl. kürzer Interkulturell. Tür an Tür gGmbH, Augsburg. ausfallen können. Fugate, Mel/ Kinicki, Angelo J./ Ashfort, Blake E. (2004): Employability: A psycho-social construct, its dimensions, and applications. Journal of Vocatio- nal Behaviour. Kohn, Karl -Heinz P. (2011): Migrationsspezifische beschäftigungsorientierte Beratung – spezifische Themen, spezifische Bedarfe, Ergebnisse einer Del- phi-Breitband-Erhebung, im Rahmen des Netzwerk Integration durch Qualifizierung, Kumulus Plus, Berlin. 2 Fugate, Mel/ Kinicki, Angelo J./ Ashfort, Blake E. (2004): Employability: A psycho-social construct, its dimensions, and applications. Journal of Vocational Beahaviour, S.14-38, 65. 3 Mehr in: Bauer, Hans G./ Triebel, Claas (2011): KomBI-Laufbahnberatung – Kompetenzorientiert, Biografisch, Interkulturell. Tür an Tür gGmbH, Augsburg. und unter www.kombi-laufbahnberatung.de Grundlagen migrationsspezifischer Beratung 17
Seminar 2: Interkultur/Diversity – Sensibilisierung für Differenz Dozentinnen: Ziele von Seminar 2 Die Teilnehmenden haben sich in unterschiedlichen Alexandra Araiza, Begrüßungssituationen erlebt und wissen, dass Be- IQ Fachstelle Diversity Management / VIA Bayern – Verband für inter- grüßungsrituale immer Ausdruck von Respekt und kulturelle Arbeit e.V., München Wertschätzung sind. Christiane Lembert, IQ Fachstelle Diversity Management / VIA Bayern – Verband für inter- Die Teilnehmenden kennen die Bedeutung von Na- kulturelle Arbeit e.V., München men im interkulturellen Kontext. Die Relevanz des Umgangs mit Namen ist mittels ausgewählter Servicekategorien bewusst gemacht und umgesetzt. Ein Transfer in den eigenen Ar- Einführung ins Thema beitsalltag ist hergestellt. Das Seminar 2 fokussiert auf die interpersonale Ebe- Die Teilnehmenden haben sich mit ihrer alltäglichen ne, die bei allen Beratungen eine tragende Rolle spielt. Beratungssituation auseinandergesetzt und für sie Professionelles Beraten und Handeln in den Agentu- interkulturell relevante Themen identifiziert. ren und Jobcentern zeichnen sich dadurch aus, dass Die Teilnehmenden haben den Kulturbegriff von der Rechte und Pflichten für alle Kundinnen und Kunden abstrakten bis zur konkreten Ebene reflektiert. unabhängig aber nicht unberücksichtigt von Alter, Ge- Die Teilnehmenden haben die Begriffe Stereotype, schlecht, sozialer oder gesellschaftlicher Herkunft und Vorurteile, Kulturbrille bearbeitet. Sie wissen, dass Prägung, Religion und Weltanschauung, Aussehen, Handlungen immer vor dem Hintergrund der eige- körperlicher Verfasstheit etc. − also den individuellen nen kulturellen Sozialisation interpretiert werden, Voraussetzungen, Erfahrungen, Möglichkeiten und es aber auch andere Möglichkeiten der Interpre- Bedarfen − gewährleistet beziehungsweise gefordert tation gibt. Damit haben die Teilnehmenden ihre werden. Dies verlangt von den Beraterinnen und Be- Fähigkeit, interkulturelle Prozesse zu analysieren, ratern ein hohes Maß an Empathie und interkulturel- erweitert. ler Handlungskompetenz, um auf die Vielfalt der Rat- Die Teilnehmenden kennen das Wertequadrat und suchenden eingehen zu können. Zum Erwerb dieser können damit Verschiedenheit konstruktiv und sy- Kompetenzen gehören die Auseinandersetzung mit nergieorientiert in Beziehung setzen. der eigenen Sozialisation und Herkunft, das Infrage stellen von vermeintlichen Selbstverständnissen und die Anerkennung von Unterschiedlichkeit. Kommuni- kation, Werte, Familienstrukturen oder die Organisati- on des Alltags- und Berufslebens sind gesellschaftlich geprägt und können voneinander abweichen. Ver- haltensmuster und Einstellungen, die dem eigenen Selbstverständnis widersprechen, können – bewusst oder unbewusst − zu Irritationen, ablehnendem Ver- halten und zu Ungleichbehandlung bis hin zu Diskri- minierung und Rassismus führen. Besonders betroffen sind davon auch Menschen mit Migrationsgeschichte. 1 Handschuck, Sabine/Schröer, Hubertus (2010): Eigennamen in der interkulturellen Verständigung. Hand- buch für die Praxis, ZIEL-Verlag, Augsburg, S. 73-79. 18 Grundlagen migrationsspezifischer Beratung
Ablauf und Inhalte Zeit Inhalte, Thema Ziel und Erläuterungen Methode/Arbeitsform 30 Min. Begrüßung Begrüßung der Teilnehmenden und Plenum, Übung: Begrüßungsrituale Seminarleiter_innen Aktivitätsübung Erleben von unterschiedlichen Begrü- ßungssituationen Rückblick auf das Seminar 1 60 Min. Übung: Geschichte meines Namens Wissen um Bedeutung von Namen im Plenumsgespräch interkulturellen Kontext 30 Min. Kompetenter Umgang mit Namen in migra- Kennenlernen von Servicekategorien im Input, tionsspezifischen Beratungssituationen Umgang mit Namen Gruppenarbeit Praxistransfer 30 Min. Identifizieren vom migrationsspezifischen Erfahrungsabfrage und -austausch Einzelarbeit, Herausforderungen auf interpersoneller Kleingruppen Ebene 30 Min. Kulturdefinition Reflektion des Begriffs „Kultur“ auf Kleingruppenarbeit, (Eisberg-Modell, Modell Person-Situation- abstrakter und alltagsbezogener Ebene Input Kultur) 45 Min. Stereotype, Vorurteile, Kulturbrille, Enkul- Erarbeiten und Reflektion von Arbeits- Simulation, turation/Sozialisation, begriffen Input, Übung: Albatros Erkennen der eigenen kulturellen Prä- Plenumsdiskussion gung und dem Einfluss auf Handeln und Interpretation von Situationen 30 Min. Zum Umgang mit Unterschiedlichkeit – der Kennenlernen eines Konzepts zur Input, konstruktive Perspektivenwechsel Schaffung eines Perspektivenwechsels Kleingruppenarbeit Übung: Das Wertequadrat im Alltag Kennenlernen eines Konzeptes um unterschiedliche Werte konstruktiv in Beziehung zu setzen Übung: Begrüßungsrituale Zitat aus dem Seminar: Kurzbeschreibung: Die Seminarleitung hat bereits vor „Ich habe mir nie so viel Gedanken über die Begrüßung gemacht. Ich Seminarbeginn Kärtchen mit unterschiedlichen Be- gebe die Hand oder auch nicht. Aber es stimmt, es ist wichtig, darüber grüßungsritualen auf den Stühlen der Teilnehmenden nachzudenken. Mit der Begrüßung wird der Grundstein für die Atmo- sphäre in der Beratung gelegt.“ verteilt. Sie bittet diese, sich die Anweisungen durchzu- (Seminarteilnehmer_in) lesen, durch den Raum zu gehen und sich in der auf der Karte vermerkten Weise, zum Beispiel Händeklatschen, minutenlanges Umarmen etc., zu begrüßen. Gelegent- offiziellen Kontext meist üblich ist, sich sachbezogen lich kann die Seminarleitung durch Klatschen einen vorzustellen, das heißt, den Familiennamen und die Wechsel und dadurch neue Begegnungen herbeiführen. berufliche Funktion zu nennen. Hier bietet sich nun die Gelegenheit, sich personenbezogen vorzustellen Ziele: Im Rahmen eines unterhaltsamen Seminarein- und beispielsweise zu erzählen, was der Name be- stiegs wird eine Diskussion über den Umgang mit Dif- deutet, ob er sich verändert hat, welche Erfahrungen ferenz angestoßen, wobei die eigenen Grenzen sowie mit dem eigenen Namen verbunden sind oder wie die die der Anderen wahrgenommen werden. Dies wird Ansprache in verschiedenen Kontexten – privat oder in den Kontext des eigenen Arbeitsalltags gestellt und beruflich – ist. (2) Input: Im Anschluss erfahren die reflektiert. Teilnehmenden Wissenswertes zu Namen im inter- kulturellen Kontext und bekommen Empfehlungen Quelle: Miteinander – Netzwerk für Demokratie und im Umgang mit Eigennamen genannt. Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt e. V. (Hrsg.). „Integ- ration. Übungen gegen Ausgrenzung und Diskriminie- Ziele: Die Teilnehmenden lernen sich kennen. Sie wis- rung“, S. 14-16 sen, dass die Anrede und der Umgang mit Namen ein Schlüsselprozess in der interkulturellen Verständi- Übung: Geschichte meines Namens gung ist. Die Geschichten führen in den vertieften Aus- Kurzbeschreibung: (1) Bei dieser Übung erzählt jede tausch und zur Reflektion. Daraus sollen Handlungs- Person eine kleine Geschichte über den eigenen Na- optionen für den Umgang mit Namen im beruflichen men. Die Dozentinnen und Dozenten erklären, dass im Kontext geschaffen werden. Grundlagen migrationsspezifischer Beratung 19
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