Entwicklungen in der Zeitarbeit - Statistik der Bundesagentur für Arbeit
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Impressum Produktlinie/Reihe: Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt Titel: Entwicklungen in der Zeitarbeit Veröffentlichung: Januar 2022 Herausgeberin: Bundesagentur für Arbeit Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung Rückfragen an: Kirsten Singer Nicole Fleischer Regensburger Straße 104 90478 Nürnberg E-Mail: arbeitsmarktberichterstattung@arbeitsagentur.de Telefon: 0911 179-1080 Fax: 0911 179-1383 Weiterführende Informationen: Internet: http://statistik.arbeitsagentur.de Zitierhinweis: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt – Entwicklungen in der Zeitarbeit, Nürnberg, Ja- nuar 2022 Nutzungsbedingungen: © Statistik der Bundesagentur für Arbeit Sie können Informationen speichern, (auch auszugsweise) mit Quellenangabe weiter- geben, vervielfältigen und verbreiten. Die Inhalte dürfen nicht verändert oder ver- fälscht werden. Eigene Berechnungen sind erlaubt, jedoch als solche kenntlich zu ma- chen. Im Falle einer Zugänglichmachung im Internet soll dies in Form einer Verlinkung auf die Homepage der Statistik der Bundesagentur für Arbeit erfolgen. Die Nutzung der Inhalte für gewerbliche Zwecke, ausgenommen Presse, Rundfunk und Fernsehen und wissenschaftliche Publikationen, bedarf der Genehmigung durch die Statistik der Bundesagentur für Arbeit. 2
Entwicklungen in der Zeitarbeit Inhaltsverzeichnis Das Wichtigste in Kürze .................................................................................................................................................................. 4 1 Allgemeine Entwicklung ......................................................................................................................................................... 5 1.1 Gesetzliche Regelungen zur Zeitarbeit .............................................................................................................................. 5 1.3 Abgrenzung Wirtschaftszweig und Tätigkeitsmerkmal....................................................................................................... 6 1.4 Entwicklung der Zeitarbeit ................................................................................................................................................. 7 2 Zeitarbeitsunternehmen ......................................................................................................................................................... 8 3 Beschäftigung in der Zeitarbeit .............................................................................................................................................. 9 3.1 Beschäftigte in der Arbeitnehmerüberlassung ................................................................................................................... 9 3.2 Kurzarbeit ........................................................................................................................................................................ 10 3.3 Strukturen ........................................................................................................................................................................ 12 4 Zeitarbeit als flexible Beschäftigungsform ............................................................................................................................ 16 4.1 Dynamik: Begonnene und beendete Beschäftigungsverhältnisse ................................................................................... 16 4.2 Beschäftigungsdauern ..................................................................................................................................................... 16 4.3 Zugänge in Arbeitslosigkeit aus Beschäftigung in der Zeitarbeit ..................................................................................... 17 4.4 Beschäftigungsaufnahmen in der Zeitarbeit aus Arbeitslosigkeit ..................................................................................... 19 5 Zeitarbeit und Gesamtbeschäftigung ................................................................................................................................... 21 5.1 Zeitarbeit als Frühindikator .............................................................................................................................................. 21 5.2 Einfluss der Zeitarbeit ...................................................................................................................................................... 22 6 Entgelte in der Arbeitnehmerüberlassung ............................................................................................................................ 23 7 Arbeitskräftenachfrage ......................................................................................................................................................... 24 Übersicht der Datenquellen .......................................................................................................................................................... 26 3
Entwicklungen in der Zeitarbeit Das Wichtigste in Kürze • Die Arbeitnehmerüberlassung reagiert frühzeitig auf Änderungen der konjunkturellen Rahmenbedingungen und kann daher ein Frühindikator für die Entwicklung am Arbeitsmarkt sein. • Nach einer langen Wachstumsphase setzte im Jahr 2018 in der Zeitarbeit ein Beschäftigungsrückgang ein, der anfangs auch mit den gesetzlichen Regulierungen zusammenhängen dürfte. Die im zweiten Halbjahr 2018 einsetzende Abschwächung der konjunkturellen Dynamik dürfte diesen zunächst verstärkt und dann abgelöst haben. Nach 2019 war die Ursache überwiegend in der konjunkturellen Entwicklung zu sehen. • Die Auswirkungen der Corona-Krise spiegeln sich auch in den Zahlen zur Leiharbeit wider. Für den gesam- ten Wirtschaftszweig der Zeitarbeit zeigten sich seit Frühjahr 2020 bereits deutliche Einbußen. Gegen Ende des Jahres zeichnete sich allerdings bereits eine positive Tendenz ab, die sich bis ins erste Halbjahr 2021 erstreckt. • Im gleitenden Jahresdurchschnitt bis Juni 2021 waren 784.000 Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitneh- mer in Deutschland sozialversicherungspflichtig oder ausschließlich geringfügig beschäftigt. Ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung liegt bei 2,1 Prozent. • Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer arbeiten häufiger in Tätigkeiten, die mit einem niedrigen An- forderungsniveau verbunden sind: Mehr als jeder Zweite übt eine Helfertätigkeit aus. • Die Mehrzahl der Zeitarbeitnehmer ist männlich und jünger. Personen ohne Berufsabschluss sind anteilig deutlich häufiger vertreten als bei den Beschäftigten insgesamt. Auch der Ausländeranteil ist höher. Zeitar- beit bietet damit jungen Menschen, Geringqualifizierten und Ausländern eine Einstiegsmöglichkeit in den Arbeitsmarkt. • Die hohe Dynamik der gesamten Zeitarbeitsbranche spiegelt sich auch in einem überdurchschnittlich ho- hen Risiko, aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung heraus arbeitslos zu werden wider. • Im Corona-Jahr erfolgten zwölf Prozent der Zugänge in Arbeitslosigkeit aus Beschäftigung am ersten Ar- beitsmarkt aber 17 Prozent der Beschäftigungsaufnahmen aus Arbeitslosigkeit aus der bzw. in die Zeitar- beitsbranche. • 75 Prozent der Arbeitslosen, die aus Arbeitslosigkeit eine Beschäftigung in der Zeitarbeit aufgenommen haben, sind sowohl nach sechs als auch nach zwölf Monaten sozialversicherungspflichtig beschäftigt, teil- weise auch in anderen Branchen. • Die Bruttoarbeitsentgelte in der Zeitarbeit liegen deutlich unter den im Durchschnitt über alle Branchen er- zielten Entgelten. Strukturelle Unterschiede zu allen Beschäftigten – wie etwa in Alter oder Anforderungsni- veau – spielen hierbei eine große Rolle. • Nachdem die Stellenzugänge coronabedingt deutlich eingebrochen waren, nahm der Kräftebedarf der Branche im Laufe des Jahres 2021 wieder deutlich zu. Das Vorkrisenniveau wird allerdings noch nicht wie- der erreicht. 4
Entwicklungen in der Zeitarbeit 1 Allgemeine Entwicklung Arbeitnehmerüberlassung ist in Deutschland seit 1972 ge- 1.1 Gesetzliche Regelungen zur setzlich geregelt. Allerdings wurde das Arbeitnehmerüberlas- Zeitarbeit sungsgesetz seither mehrfach modifiziert. Die Änderungen (Abb. 1) betrafen unter anderem: Zeitarbeit bzw. Arbeitnehmerüberlassung oder Leiharbeit1 ist • die Überlassungshöchstdauer, mittlerweile eine feste Größe am deutschen Arbeitsmarkt. • die Befristungsregelungen, Die flexible Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Ar- • die Frage der Synchronisation von Arbeitsvertrag (zwi- beitnehmern ermöglicht es den Unternehmen, ihren Perso- schen Verleiher und Arbeitnehmer) und Überlassungs- nalbedarf zügig an Auftragsschwankungen anzupassen. Sie vertrag (zwischen Verleiher und Entleiher), ist gekennzeichnet durch ein Dreiecksverhältnis zwischen ei- • das Wiedereinstellungsverbot, nem Verleiher, einem Arbeitnehmer und einem Entleiher. Die • das Verbot der Diskriminierung, A bbildung 1 Reformen und Änderungen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung Datum des Inkrafttretens 1. Januar 1982 Verbot der Arbeitnehmerüberlassung im Bauhauptgew erbe Verlängerung der Überlassungshöchstdauer Verlängerung der Regelung zum 1. März 1990 bis 1. Mai 1985 von 3 auf 6 Monate 31. Dezember 1995 Verlängerung der Überlassungshöchstdauer Aufhebung des Synchronisationsverbots für von der BA 1. Januar 1994 von 6 auf 9 Monate bis 31. Dezember 2000 zugew iesene schw er vermittelbare Arbeitslose Zulassung der Wiederholte Zulassung Verlängerung der Synchronisation von Erlaubnis einmaliger lückenlos aufeinander 1. April 1997 Überlassungshöchstdauer Ersteinsatz und Befristung ohne sachlichen folgender Befristungen mit von 9 auf 12 Monate Arbeitsvertrag beim Grund dem selben erstmaligen Verleih Leiharbeitnehmer Verlängerung der Überlassungshöchstdauer 1. Januar 2002 Gleichstellung nach 12 Monaten von 12 auf 24 Monate Wegfall des Synchronisations- und Einschränkung des Überlassungs- Gleichstellungsgrundsatz sofern keine 1. Januar 2003 Wiedereinstellungsverbots und der verbots im Baugew erbe abw eichenden Tarifvereinbarungen Überlassungshöchstdauer Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität schafft gesetzlich die Möglichkeit der Inanspruchnahme 1. Januar 2009 von Kurzarbeit in der Zeitarbeit (bis 31. Dezember 2011) 30. April 2011 Einführung der Drehtürklausel Schaffung der Möglichkeit für eine Lohnuntergrenze Umsetzung der EU-Leiharbeitsrichtlinie (u.a. Schaffung des Anw endungsbereichs 1. Dezember 2011 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes) Einführung einer Lohnuntergrenze bis 31. Oktober 2013, 1. Januar 2012 ab 1. April 2014: Zw eite Verordnung Lohnuntergrenze (bis zum 31. Dezember 2016) Nach 9 Monaten für Leiharbeitnehmer grundsätzlich Höchstüberlassungsdauer grundsätzlich 1. April 2017 gleicher Lohn w ie Stammpersonal maximal 18 Monate Vergütung der Kosten für Leiharbeit in der Pflege nur bis zum Tariflohn, keine Berücksichtigung der Zahlung von 1. Januar 2020 Vermittlungsentgelten im Pflegebudget Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld schafft - derzeit 1. März 2020 befristet bis 31. März 2022 - die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Kurzarbeit in der Zeitarbeit Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit 1 Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verwendet die Begriffe Arbeitnehmer- ist in den letzten Jahren zunehmend der Begriff Zeitarbeit verbreitet. Die Be- überlassung, Leiharbeitnehmer und Leiharbeitsverhältnis. In der Öffentlichkeit griffe werden daher in dieser Broschüre synonym verwendet. 5
Entwicklungen in der Zeitarbeit • den Wiedereinsatz von kurz zuvor ausgeschiedenen 1.2 Umstellung der Statistik zur Stamm-Mitarbeitern als Leiharbeitnehmer (Drehtürklau- sel) und die Einführung einer Lohnuntergrenze Arbeitnehmerüberlassung • Kurzarbeit für Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeit- nehmer, Zu Beginn des Jahres 2016 wurde die Statistik zur Arbeit- • Zeitarbeit in der Pflege. nehmerüberlassung der Bundesagentur für Arbeit auf ein neues Verfahren umgestellt und konnte dadurch in die Be- Zum 1. April 2017 traten zwei Änderungen in Kraft, die bei schäftigungsstatistik integriert werden. Die halbjährliche Sta- der Interpretation der Entwicklung berücksichtigt werden soll- tistik-Meldung der Verleihbetriebe als Grundlage für die Sta- ten (siehe Abb. 1): Zum einen gilt, dass Leiharbeitnehmer tistik konnte entfallen. Ausführliche Hintergrundinformationen grundsätzlich nach neun bzw. 15 Monaten Einsatzdauer in zur Einführung der neuen Erhebungsgrundlage wurden in ei- einem Entleihbetrieb hinsichtlich des Arbeitsentgeltes dem nem Methodenbericht4 zusammengefasst. Grundsätzlich ba- Stammpersonal gleichzustellen sind („Equal Pay“). Zum an- sieren die Angaben in dieser Broschüre auf dem neuen Ver- deren wurde eine Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten fahren. Einzelne längere Zeitreihen nutzen weiterhin auch festgelegt. Zahlreiche Tarifverträge, darunter auch in der Me- das alte Verfahren, da die neue Statistik der Arbeitnehmer- tallindustrie, regeln allerdings individuell die Geltung längerer überlassung erst ab Januar 2013 verfügbar ist. In diesen Fäl- Höchstüberlassungsdauern. Unterbrechungen beim selben len wird im Folgenden explizit darauf hingewiesen. Entleiher sind auf beide Fristen vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen nicht mehr als drei Monate lie- 1.3 Abgrenzung Wirtschaftszweig gen. Für die Berechnung beider Zeiträume sind Verleihzeiten vor dem 1. April 2017 nicht zu berücksichtigen. Infolge des- und Tätigkeitsmerkmal sen wurden neun Monate erstmals frühestens Ende Dezem- ber 2017 erreicht, die Höchstüberlassungsdauer von 18 Mo- Soweit möglich wird in dieser Broschüre das personenbezo- naten frühestens Ende September 2018. gene Merkmal Leiharbeitnehmer aus dem Tätigkeitsschlüs- sel verwendet. Mit diesem werden alle Beschäftigten zur So- Die jüngsten Gesetzesänderungen betreffen die Vergütungs- zialversicherung gemeldet. Entscheidend ist hier die Art der richtlinien in der Pflege und – vor dem Hintergrund der Tätigkeit, unabhängig von der wirtschaftsfachlichen Zuord- Corona-Krise – die befristete Möglichkeit des Bezuges von nung des Beschäftigungsbetriebes. Der Beschäftigungsbe- Kurzarbeitergeld für Leiharbeitnehmer und Leiharbeitnehme- trieb von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern ist rinnen. immer der Verleiher und damit häufig ein Zeitarbeitsunter- Die Änderung des Krankenhausentgeltgesetzes, welche im nehmen. Aussagen zu Betrieben und Branchen, die Leihar- MDK-Reformgesetz2 geregelt wird, trat am 1. Januar 2020 in beitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer einsetzen, sind da- Kraft. Zu eventuellen Auswirkungen auf die Entgelte von her auf Basis der Auswertungen der Statistik der Bunde- Pflegekräften, die bei Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt sagentur für Arbeit nicht möglich. sind, können durch die coronabedingt verstärkte Inanspruch- Wird vom „Wirtschaftszweig Arbeitnehmerüberlassung“ ge- nahme von Kurzarbeitergeld, die sich ganz unterschiedlich sprochen, sind alle Betriebe mit dem Schwerpunkt Arbeit- auf die einzelnen Branchen niederschlägt, keine konkreten nehmerüberlassung, also in den Wirtschaftsgruppen 782 Aussagen getroffen werden. (befristete Überlassung von Arbeitskräften) und 783 (sons- Die Möglichkeit der Kurzarbeit für Leiharbeitnehmer trat zum tige Überlassung von Arbeitskräften) der Klassifikation der 1. März 2020 in Kraft und war zunächst bis Ende 2020 be- Wirtschaftszweige WZ 2008, gemeint. Als Beschäftigte sind fristet, wurde aber zuletzt mit der Kurzarbeitergeldverlänge- hier alle Beschäftigte in Betrieben mit diesem wirtschafts- rungsverordnung3 bis März 2022 ausgeweitet. fachlichen Schwerpunkt ausgewiesen. Die Daten umfassen damit neben den Leiharbeitnehmern auch die sogenannten Stammkräfte, bspw. Disponenten. Die Betrachtung nach dem Wirtschaftszweig erfolgt insbesondere bei Daten zur Ar- beitslosigkeit, zu gemeldeten Stellen und Kurzarbeit, da es das Merkmal Leiharbeitnehmer hier nicht gibt. 2 Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen des Medizinischen Diens- 4 Methodenbericht Statistik zur Arbeitnehmerüberlassung auf Basis des Mel- tes der Krankenversicherung (BGBl. Jg. 2019 Teil I Nr. 51, v. 14.12.2019) deverfahrens zur Sozialversicherung, Nürnberg, Dezember 2015 3 Kurzarbeitergeldverlängerungsverordnung 6
Entwicklungen in der Zeitarbeit Höchststand. Seitdem ist die Beschäftigung in der Zeitarbeit 1.4 Entwicklung der Zeitarbeit – zunächst auch in Folge der Regulierungen – tendenziell rückläufig. Da die Zahl der Übergänge von Leiharbeitneh- Die Entwicklung der Zeitarbeitsbranche ist zum einen durch mern in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung außer- die Konjunktur und zum anderen durch gesetzliche Änderun- halb der Leiharbeit im Jahr 2018 deutlich gestiegen ist, dürfte gen geprägt. So gab es in der Wirtschafts- und Finanzkrise der Rückgang nicht zu nennenswert weniger Beschäftigung 2008/2009 – trotz befristeter Möglichkeit der Gewährung von in der Gesamtwirtschaft geführt haben (siehe Abschnitt 4.4). konjunkturellem Kurzarbeitergeld für Zeitarbeitsunternehmen Zwar kann plausibel vermutet werden, dass ein großer Teil – einen Beschäftigungseinbruch. Deutliche Anstiege waren der Arbeitnehmer vom ehemaligen Entleiher übernommen bisher vor allem nach den Zeitpunkten der wichtigsten recht- wurde, quantifizieren lässt sich der Anteil aus den vorliegen- lichen Änderungen zu beobachten. Insbesondere die um- den Zahlen jedoch nicht. Seit 2019 kamen bei den Rückgän- fangreichen Deregulierungen der Zeitarbeit ab 1. Januar gen mehr und mehr konjunkturelle Gründe zum Tragen. 2003 mit dem Wegfall des Synchronisations- und Wiederein- stellungsverbotes sowie der Höchstüberlassungsdauer ha- Auch in den Zahlen zur Leiharbeit sind die Folgen der ben zu einer Ausweitung dieser Beschäftigungsform geführt. Corona-Krise sichtbar: Von Februar auf Juni 2020 sank die Demgegenüber stehen die zum 1. April 2017 in Kraft getrete- Zahl der beschäftigten Leiharbeitnehmer – saisonal unty- nen Regulierungen; ab dem Jahreswechsel 2017/2018 sind pisch – um knapp neun Prozent. Danach verzeichnete deren deutliche Beschäftigungsrückgänge in der Zeitarbeit zu be- Zahl Monat um Monat – mit Ausnahme während des zweiten obachten, die anfangs auch damit in Zusammenhang stehen Lockdowns – geringe Zuwächse. Seit April 2021 liegen die dürften (Abb.2)5. Werte wieder deutlich über dem Vorjahr. So gab es im Juni 2021 834.000 beschäftigte Leiharbeitnehmer (+12 Prozent). 1990 lag die jahresdurchschnittliche Zahl der Leiharbeitneh- Im gleitenden Jahresdurchschnitt bis Juni 2021 waren es mer erstmals über 100.000; bereits acht Jahre später hatte 784.000. Da hier noch die von der Corona-Krise gezeichne- sie sich verdoppelt. Im Zuge der rechtlichen Änderungen im ten Monate des Sommers 2020 hineinfallen, zeigt sich die Rahmen der Hartz-Gesetze kam es zu einer weiteren Expan- Erholung an dieser Stelle noch nicht so deutlich (-7 Prozent sion der Branche. Im November 2017 hatte die Zahl der ggü. Vorjahreszeitraum). Leiharbeitnehmer mit rund 1,08 Millionen ihren vorläufigen A bbildung 2 Entwicklung der Anzahl von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern Bestand; Reformen der Arbeitnehmerüberlassung, Januar 1980 - Juni 2021 Umstellung der Statistik 1. Januar 2013 6. Reform: 1. April 2017 1. Reform: 2. Reform: 3. Reform: 4. Reform: 5. Reform: 1. Mai 1985 1. Januar 2003 1. Januar 2002 1. April 1997 1. Januar 1994 995.000 814.000 834.000 282.000 288.000 181.000 103.000 42.000 1980 1984 1988 1992 1996 2000 2004 2008 2012 2016 2020 Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit 5 Hutter, Christian; Klinger, Sabine; Weber, Enzo (2019): Zeitarbeitsbranche: rückläufige Beschäftigung. Wirtschaftsdienst, Jg. 99, H. 6, S. 401–403: 7
Entwicklungen in der Zeitarbeit 2 Zeitarbeitsunternehmen Betriebe, die eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung Zwischen Betrieben mit und ohne Schwerpunkt Arbeitneh- haben, können aufgrund der Zuordnung zu ihrem wirtschaftli- merüberlassung bestehen deutliche Unterschiede hinsicht- chen Schwerpunkt unterschieden werden in „Betriebe mit lich der Zahl der beschäftigten Leiharbeitnehmer. So be- Schwerpunkt Arbeitnehmerüberlassung“6 und so genannte schäftigen mehr als neun von zehn Betrieben ohne Schwer- Mischbetriebe. In letzteren liegt der wirtschaftliche Schwer- punkt Arbeitnehmerüberlassung weniger als zehn Leiharbeit- punkt in einer anderen Branche. nehmer. Dagegen haben fast zwei Fünftel der Verleihbe- triebe mit Schwerpunkt Arbeitnehmerüberlassung 50 oder Im Juni 2021 gab es in Deutschland 48.000 Verleihbetriebe7. mehr Leiharbeitnehmer. Der Anteil der größeren Verleihbe- Im Vergleich zum Vorjahr ist ihre Anzahl um knapp 1.000 triebe war bislang deutlich rückläufig und im Zuge dessen (-1,8 Prozent) gesunken. Der starke Rückgang während der war – gerade bei den Betrieben mit dem Schwerpunkt Arbeit- Corona-Krise setzt sich damit nicht mehr fort. Von allen Ver- nehmerüberlassung – eine Verschiebung hin zu kleineren leihbetrieben hatten 11.000 bzw. 23 Prozent den Schwer- und mittleren Betrieben zu beobachten. Diese Verlagerung punkt Arbeitnehmerüberlassung, knapp 300 weniger als im könnte auch damit zusammenhängen, dass größere Unter- Vorjahr. Der Rückgang bei den Verleihbetrieben ist damit nehmen weniger Mitarbeiter beschäftigen und sich dadurch überwiegend auf die Entwicklung bei den Mischbetrieben zu- in einer niedrigerer Betriebsgrößenklasse wiederfinden. rückzuführen. Deren Zahl verringerte sich gegenüber Juni Während der Corona-Krise sank der Anteil der größeren Ver- 2020 um 600 (-1,6 Prozent) auf 37.000. leihbetriebe auf 31 Prozent, liegt mit 37 Prozent aktuell aber Gut drei Viertel aller Verleihbetriebe beschäftigten weniger wieder auf Vorkrisenniveau. als zehn Leiharbeitnehmer. In 13 Prozent der Betriebe arbei- Insgesamt waren am 30. Juni 2021 79 Prozent der Leihar- teten 10 bis 49 Zeitarbeitnehmer und neun Prozent beschäf- beitnehmer (660.000) in Verleihbetrieben mit Schwerpunkt tigten 50 oder mehr Leiharbeitnehmer. Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt. A bbildung 3 Zahl der Verleihbetriebe nach Anzahl der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer 30. Juni 2021 50 und mehr 50 und mehr 1 bis 9 Arbeitnehmer Arbeitnehmer Arbeitnehmer 1 bis 9 10 bis 49 Arbeitnehmer 37.000 Arbeitnehmer 6% 1% 25% 37% kein Schwerpunkt Schwerpunkt Arbeitnehmer- Arbeitnehmer- überlassung 11.000 überlassung 38% 93% Schwerpunkt nicht 10 bis 49 ANÜ Schwerpunkt Arbeitnehmer ANÜ Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit 6 7 Wirtschaftsgruppen 782 (befristete Überlassung von Arbeitskräften) + 783 Hierbei handelt es sich um die Zahl der Betriebe, die mindestens einen Leih- (sonstige Überlassung von Arbeitskräften) der Klassifikation der Wirtschafts- arbeitnehmer beschäftigen. Diese ist nicht identisch mit der Zahl der Arbeitge- zweige WZ 2008. ber, die eine Verleiherlaubnis besitzen, da ein Arbeitgeber mit Verleiherlaubnis mehrere Betriebe in verschiedenen Regionen besitzen kann. 8
Entwicklungen in der Zeitarbeit 3 Beschäftigung in der Zeitarbeit als neun von zehn Leiharbeitnehmern sozialversicherungs- 3.1 Beschäftigte in der Arbeitneh- pflichtig beschäftigt. Im Winterhalbjahr 2019/2020 hatte sie in merüberlassung Folge der konjunkturellen Schwäche kontinuierlich zwischen 80.000 und 90.000 unter ihrem Vorjahreswert gelegen. Die Im gleitenden Jahresdurchschnitt bis Juni 2021 waren Corona-Pandemie und die Maßnahmen zu ihrer Eindäm- 784.000 Leiharbeitnehmer in Deutschland entweder sozial- mung haben auch in der sozialversicherungspflichtigen Be- versicherungspflichtig oder ausschließlich geringfügig be- schäftigung von Leiharbeitnehmern Spuren hinterlassen: Im schäftigt (Abb. 4). Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sank Sommer 2020 bewegte sich dieser Vorjahresabstand bei ei- ihre Zahl um 56.000 (-7 Prozent). nem Minus von rund 132.000. Ab März 2021 waren wieder leichte Anstiege gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen, im Der Anteil der Zeitarbeitnehmer an der Gesamtbeschäftigung Juni 2021 lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig be- (37,94 Millionen) nahm geringfügig von 2,2 Prozent auf schäftigten Leiharbeitnehmer sogar um 86.000 über ihrem 2,1 Prozent ab. Betrachtet man die Beschäftigungsformen Vorjahreswert und nähert sich damit langsam dem Niveau separat, so waren 2,2 Prozent der sozialversicherungspflich- von 2019 an. tig Beschäftigten und 1,0 Prozent der ausschließlich gering- fügig Beschäftigten als Zeitarbeitnehmer beschäftigt. Unterstellt man, dass sich der Vor-Corona-Trend tendenziell fortgesetzt hätte, hat sich die Beschäftigung in den meisten SOZIALVERSICHERUNGSPFLICHTIGE Branchen schlechter entwickelt, als es ohne die Corona- BESCHÄFTIGUNG Krise der Fall gewesen wäre.8 Eine Ausnahme hierzu bildete die Zeitarbeit. Dabei dürften zwei Effekte eine Rolle spielen: Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist die domi- Zum einen war im Vergleichszeitraum vor der Krise die Be- nierende Beschäftigungsform in der Zeitarbeit. Mit 741.000 schäftigung in der Zeitarbeit bereits in Folge rechtlicher Än- waren im gleitenden Jahresdurchschnitt bis Juni 2021 mehr A bbildung 4 Beschäftigungsformen Gleitender Jahresdurchschnitt Juli 2020 bis Juni 2021 Leiharbeitnehmerinnen Beschäftigte insgesamt und Leiharbeitnehmer ausschließlich ausschließlich geringfügig 37,94 Mio geringfügig Beschäftigte Beschäftigte 11% Teilzeit 6% 16% Teilzeit 26% 89% 94% Sozialver- Sozialver- sicherungspflichtig sicherungspflichtig Beschäftigte Beschäftigte 0,78 Mio 78% 63% Beschäftigte Leiharbeit- Vollzeit Vollzeit insgesamt nehmer Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit 8 Arbeitsmarkt kompakt: Auswirkungen der Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt 9
Entwicklungen in der Zeitarbeit derungen und der konjunkturellen Schwäche rückläufig ge- Im Zuge der Corona-Krise nahm die Beschäftigung insge- wesen, der Vergleichszeitraum zeichnet sich also durch eine samt spürbar ab. Dabei waren Minijobs von der Pandemie verhaltene Entwicklung aus. Zum anderen wurde die Be- bzw. den Maßnahmen zu deren Eindämmung vor allem in schäftigung in der Zeitarbeit nach einem kräftigen Rückgang den ersten Monaten sowie im Zuge des zweiten Lockdowns im ersten Lockdown seit Herbst 2020 wieder deutlich aufge- ab November bzw. Dezember 2020 stärker betroffen als so- stockt. Einer der Gründe hierfür dürfte die wieder anziehende zialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse.10 Mi- Industriekonjunktur gewesen sein. Allein von Mai 2020, dem nijobs in der Zeitarbeit gingen schon längere Zeit kontinuier- Monat mit der krisenbedingt niedrigsten Zahl sozialversiche- lich leicht zurück. In den Monaten seit Beginn der Corona- rungspflichtig beschäftigter Leiharbeitnehmer, bis November Krise lagen sie mit bis zu 38 Prozent deutlich stärker unter 2020, dem letzten Höchststand, stieg die sozialversiche- ihrem Vorjahreswert. Im Zuge der starken Abnahme redu- rungspflichtige Beschäftigung in der Leiharbeit um zehn Pro- zierte sich bis Februar 2021 sowohl der Anteil der aus- zent. schließlich geringfügig beschäftigten Leiharbeitnehmer an al- len ausschließlich geringfügig Beschäftigten von bisher mo- Nach Rückgängen im Zuge des zweiten Lockdowns stieg die natlich etwa 1,4 Prozent auf 0,9 Prozent als auch deren An- Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Leihar- teil an den beschäftigten Leiharbeitnehmern um mehr als beitnehmer wieder deutlich an. Erfahrungsgemäß sind Pha- zwei Prozentpunkte auf fünf Prozent. In den folgenden Mo- sen von wirtschaftlicher Unsicherheit und geringem Ver- naten bis Juni 2021 sind beide Anteile wieder leicht steigend. trauen der Unternehmen in die wirtschaftliche – und speziell in der Industrie auch in die technische – Entwicklung bzw. Darüber hinaus gab es im gleitenden Jahresdurchschnitt bis die rechtlichen Rahmenbedingungen auch dadurch geprägt, Juni 2021 insgesamt fast 40.000 Personen, die zusätzlich zu dass teilweise statt fester Einstellungen eher auf das flexib- ihrer Hauptbeschäftigung außerhalb der Zeitarbeit eine Ne- lere Instrument der Zeitarbeit zurückgegriffen wird. 9 benbeschäftigung als Leiharbeitnehmer hatten. Im Gegen- satz zur bisherigen rückläufigen Entwicklung bei den sozial- Die meisten der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in versicherungspflichtig beschäftigten Leiharbeitnehmern stieg der Leiharbeit arbeiten in Vollzeit: Im gleitenden Jahres- die Zahl derer, die eine Nebenbeschäftigung in der Leihar- durchschnitt bis Juni 2021 waren 83 Prozent der sozialversi- beit wahrnehmen. Allerdings wurde auch diese Personen- cherungspflichtigen Leiharbeitnehmer – und damit nahezu gruppe stark von den Auswirkungen der Corona-Krise getrof- vier Fünftel aller Leiharbeitnehmer – vollzeitbeschäftigt und fen: Ab März wurden gegenüber dem Vorjahr Rückgänge 17 Prozent teilzeitbeschäftigt. In der langfristigen Tendenz verzeichnet. Diese sind noch deutlich bis ins Frühjahr 2021 lässt sich, wie auch bei der sozialversicherungspflichtigen hinein zu sehen, während sich die Rückgänge bei sozialver- Beschäftigung insgesamt, eine Verschiebung hin zur Teilzeit- sicherungspflichtig Beschäftigten mit einer Hauptbeschäfti- beschäftigung erkennen. Im Vergleich zum Vorjahreszeit- gung in der Leiharbeit um den Jahreswechsel 2020 bereits raum stieg der Anteil um 0,3 Prozentpunkte. Der Anteil der spürbar abschwächten. Vollzeitbeschäftigten ist allerdings bei Leiharbeitnehmern weiterhin höher als bei allen Beschäftigten (63 Prozent). Im direkten Vergleich mit dem Vorjahr sank sowohl die Zahl 3.2 Kurzarbeit der vollzeit- als auch die der teilzeitbeschäftigten Zeitarbeit- KURZARBEIT nehmer (-5 bzw. -3 Prozent; alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigte -0,4 bzw. +1 Prozent) deutlich stärker als die al- Ein Weg, in konjunkturellen Schwächephasen Entlassungen ler sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. zu vermeiden, ist die Kurzarbeit. Diese ist grundsätzlich für Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer unzulässig11, da GERINGFÜGIGE BESCHÄFTIGUNG ein Arbeitsausfall in Zeitarbeitsunternehmen branchenüblich ist. Angesichts der durch das Coronavirus verursachten Minijobs sind in der Arbeitnehmerüberlassung vergleichs- Krise hat die Bundesregierung jedoch vom 1. März 2020 bis weise wenig verbreitet. Im gleitenden Jahresdurchschnitt bis zum 31. März 2022 den Bezug von Kurzarbeitergeld für Leih- Juni 2021 waren gut 43.000 Leiharbeitnehmer ausschließlich arbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer – wie auch schon in geringfügig beschäftigt, knapp 17.000 weniger als im Vorjah- der Wirtschaftskrise 2008/2009 – ermöglicht12. reszeitraum (-28 Prozent). Mit Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 stieg die Zahl der Kurzarbeiter sprunghaft an. Im April 2020, dem am 9 Arbeitsmarkt kompakt: Auswirkungen der Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt 12 Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für 10 Siehe z.B. „Auswirkungen der Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt“ und wei- das Kurzarbeitergeld i. V. m. der Kurzarbeitergeldverlängerungsverordnung tere Veröffentlichungen auf der Seite Arbeitsmarkt im Kontext der Coronakrise vom 25. März 2020 i. V. m. der Kurzarbeitergeldverlängerungsverordnung 11 § 11 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (https://www.gesetze-im-in- vom 30.11.2021 ternet.de/a_g/__11.html) 10
Entwicklungen in der Zeitarbeit A bbildung 5 Kurzarbeiterquoten* in Prozent März 2020 bis September 2021 (Juli bis September 2021 hochgerechnet) 21,8 22,7 17,9 17,1 Insgesamt Arbeitnehmerüberlassung 9,0 10,0 7,7 6,0 7,0 6,4 5,7 4,9 3,1 2,3 Mrz 20 Mai 20 Jul 20 Sep 20 Nov 20 Jan 21 Mrz 21 Mai 21 Jul 21 Sep 21 Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit * A nteil Kurzarbeiter an so zialversicherungspflichtig B eschäftigten stärksten betroffenen Monat, bezogen knapp sechs Millionen Zeitarbeit) in Beziehung zur Grundgesamtheit der möglichen Beschäftigte Kurzarbeitergeld aus konjunkturellen Gründen – Kurzarbeiter, also den sozialversicherungspflichtig Beschäf- so viele wie noch nie. Im Laufe des Sommers sanken die tigten insgesamt bzw. in der Zeitarbeit. In der Spitze lag die Kurzarbeiterzahlen bis Oktober 2020. Die erneuten Eindäm- Kurzarbeiterquote in der Arbeitnehmerüberlassung während mungsmaßnahmen ab November führten bis zum Februar der Corona-Krise bei 22,7 Prozent – deutlich über der Quote 2021 wieder zu steigenden Kurzarbeiterzahlen. Mit den ers- insgesamt. Im Laufe des Sommers sank die Kurzarbeiter- ten Öffnungen gingen die Werte ab März 2021 bis zum aktu- quote in der Zeitarbeit und näherte sich der Gesamtquote im- ell letzten vorliegenden Wert im Oktober 2021 stetig zurück. mer mehr an. Seit Oktober 2020 lag sie unter der Kurzarbei- terquote über alle Branchen hinweg (Abb.5). Vergleicht man Auch in der Arbeitnehmerüberlassung stieg die Zahl der die Entwicklung der Kurzarbeiterzahlen in der Arbeitnehmer- Kurzarbeiter mit Ausbruch der Corona-Pandemie massiv an, überlassung mit der Entwicklung der Beschäftigung, zeigt bereits im März 2020 bezogen 61.000 Beschäftigte der Bran- che Kurzarbeitergeld. Ihre Zahl stieg bis Mai 2020 auf A bbildung 6 141.000 an. Damit bezogen in der Spitze siebenmal mehr Beschäftigte in der Zeitarbeit Kurzarbeitergeld als in Folge Beschäftigung und Kurzarbeit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009/2010. Ab Juni 2020 März 2020 bis September 2021 gingen die Kurzarbeiterzahlen in der Arbeitnehmerüberlas- sung kontinuierlich zurück und erreichten im November 2020 141.000 mit 34.000 Kurzarbeiterinnen und Kurzarbeitern den vorläufig niedrigsten Wert seit Beginn der Corona-Krise. Bis Februar Kurzarbeiter in der 2021 stieg die Zahl der Beschäftigten in der Zeitarbeitsbran- Arbeitnehmerüberlassung che, die verkürzt arbeiten mussten, noch einmal an. Bis Sep- 23.000 tember 2021 (aktuell vorliegender Wert) sank ihre Zahl auf 23.000. Bedingt durch die Beeinträchtigungen im Verarbei- tenden Gewerbe in Folge anhaltender Lieferengpässe bei +11% Rohstoffen und Vorprodukten blieb ihre Zahl damit weiterhin vergleichsweise hoch. Vorjahresveränderung der -17% sv-pflichtig Beschäftigten Wie stark sich die Inanspruchnahme der Kurzarbeit in der in der Arbeitnehmerüberlassung Zeitarbeit von der Entwicklung insgesamt unterscheidet, kann mit Hilfe der Kurzarbeiterquote13 analysiert werden. Mrz 20 Jun 20 Sep 20 Dez 20 Mrz 21 Jun 21 Sep 21 Diese setzt die Zahl der Kurzarbeiter (insgesamt bzw. in der Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit 13 Die Details können dem zugehörigen Methodenbericht „Einführung einer Kurzarbeiterquote“ entnommen werden 11
Entwicklungen in der Zeitarbeit sich, dass die steigenden Kurzarbeiterzahlen zu Jahresbe- tätig sind, wie zum Beispiel als Lager- und Transportarbeiter. ginn 2021 nicht mit nennenswerten Beschäftigungsverlusten Diese Entwicklung wurde im Zuge der Corona-Krise deutlich einhergingen. In den folgenden Monaten baute die Branche vorangetrieben. Dabei haben sich gerade Verkehrs- und Lo- die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wieder auf gistikberufe unmittelbar nach Beginn der Krise schnell erholt und stabilisierte bestehende Beschäftigungsverhältnisse und in den Folgemonaten die Zahl der beschäftigten Leihar- durch den Einsatz von Kurzarbeit. beitnehmer deutlich stärker aufgebaut als in anderen Berufs- zweigen. Aufgrund der Branchenstruktur – die Maßnahmen zur Ein- dämmung der Corona-Pandemie haben insbesondere Teile In Folge dessen stellten die Sonstigen wirtschaftlichen des Dienstleistungssektors beeinträchtigt – waren in der Dienstleistungen im November und Dezember 2020 vorüber- Corona-Krise deutlich mehr Frauen von Kurzarbeit betroffen gehend den überwiegenden Teil der Leiharbeitnehmer und als in vorangegangenen Krisen. So spiegelt die aktuelle Ge- lösten damit erstmals die Produktionsberufe als Hauptsektor schlechterverteilung bei der Kurzarbeit – in der Zeitarbeit, ab14. Im ersten Halbjahr 2021 stieg die Zahl der Leiharbeit- wie auch über alle Branchen hinweg – die der Beschäftigung nehmer in Produktionsberufen überwiegend stärker als die nahezu 1:1 wider. Zahl derer in Sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungsberu- fen, so dass sich die Anteile wieder zugunsten der Produkti- onsberufe verschoben. Im gleitenden Jahresdurchschnitt bis 3.3 Strukturen Juni 2021 sind mehr als 37 Prozent Leiharbeitnehmer in ei- nem Produktionsberuf tätig. Mit 36 Prozent bleibt der Anteil AUSGEÜBTE TÄTIGKEITEN Leiharbeitnehmer in den Sonstigen wirtschaftlichen Dienst- leistungen weiterhin hoch. 13 Prozent der Leiharbeitnehmer Längerfristig zeigt sich eine Änderung in der Struktur der Ein- übten einen Personenbezogenen Dienstleistungsberuf (bei- satzbereiche der Leiharbeitnehmer, die auch aus dem Wan- spielsweise Berufe im Gastgewerbe oder Gesundheitsbe- del zum tertiären Sektor resultiert: Rückläufig war seit Beginn rufe) aus und weitere elf Prozent einen Kaufmännischen Be- des neuen Jahrtausends vor allem der Anteil der Leiharbeit- ruf (Handel oder Unternehmensorganisation). nehmer, die in Produktionsberufen arbeiten. Hingegen ist im langfristigen Trend die Zahl der Zeitarbeitnehmer gestiegen, die in den Sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungsberufen A bbildung 7 Zeitarbeitskräfte nach Tätigkeitsfeldern Bestand (Anteil an Insgesamt); Gleitender Jahresdurchschnitt Juli 2020 bis Juni 2021; Veränderung zum Vorjahreszeitraum Produktionsberufe 292.000 (37%) -8% Sonstige wirtschaftliche +0% 284.000 (36%) Dienstleistungsberufe Personenbezogene -17% 104.000 (13%) Dienstleistungsberufe Kaufmännische und unternehmensbezogene 85.000 (11%) -10% Dienstleistungsberufe IT- und naturwissensch. -8% 19.000 (2%) Dienstleistungsberufe Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit 14 Die Zuordnung von Berufen zu Berufssektoren kann dem Methodenbericht Nürnberg, April 2015 entnommen werden „Berufssektoren und Berufssegmente auf der Grundlage der KldB 2010“, 12
Entwicklungen in der Zeitarbeit Insgesamt gab es im gleitenden Jahresdurchschnitt bis Juni A bbildung 9 2021 einen Rückgang der Leiharbeitnehmer gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um 56.000. Dieser geht – Tätigkeitsfelder von Leiharbeitnehmerinnen trotz der Zuwächse in den letzten Monaten – zu gut zwei Bestand (Anteil an Insgesamt); Veränderung zum Vorjahr Fünftel auf Produktionsberufe (-24.000 bzw. -8 Prozent) zu- Gleitender Jahresdurchschnitt Juli 2020 bis Juni 2021 rück. Während sich die Beschäftigung von Leiharbeitneh- mern in den anderen Berufssektoren langsam erholt, ist die Sonstige wirtschaftl. Zahl der Leiharbeitnehmer in Personenbezogenen Dienst- 68.000 (30%) +2% Dienstleistungsberufe leistungsberufen coronabedingt weiterhin rückläufig und macht am gesamten Rückgang -21.000 bzw. -38 Prozent aus. Die Sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungsberufe Personenbezog. 64.000 (28%) -14% verzeichneten innerhalb des Berufssektors einen geringen Dienstleistungsberufe Anstieg von knapp 1.000. Auch die Zahl der Leiharbeitneh- mer in Kaufmännischen Berufen verzeichnete einen deutli- Kaufm. und chen Rückgang von mehr als zehn Prozent. Bei den IT- und unternehmensbez. 51.000 (22%) -12% naturwissenschaftlichen Dienstleistungsberufen betrug der Dienstleistungsberufe Rückgang mehr als acht Prozent. Die Zahl der Pflegekräfte, die sich für eine Beschäftigung Produktionsberufe 43.000 (19%) -1% über ein Leiharbeitsunternehmen entscheiden, ist bis Anfang Januar 2020 in der Tendenz gestiegen. Im Zuge der Corona- Krise sank die Zahl der beschäftigten Leiharbeitnehmer in IT- und Pflegeberufen bis August 2020. Zuletzt lag sie bei 48.000 naturwissenschaftl. 4.000 (2%) -13% und damit – anders als bei der Beschäftigung insgesamt – Dienstleistungsberufe deutlich über dem Vorkrisenniveau. Das gilt gleichermaßen Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit A bbildung 8 für die Pflegekräfte insgesamt wie für Pflegekräfte, die sich für ein Leiharbeitsverhältnis entschieden haben. Tätigkeitsfelder von Leiharbeitnehmern Bestand (Anteil an Insgesamt); Veränderung zum Vorjahr Die Einsatzbranchen von Leiharbeitnehmern sind weit gefä- Gleitender Jahresdurchschnitt Juli 2020 bis Juni 2021 chert. Diese können jedoch nur im Rahmen von Sondererhe- bungen oder Befragungen ermittelt werden, da das Zeitar- beitsunternehmen als Arbeitgeber maßgeblich für die wirt- Produktionsberufe 249.000 (45%) -9% schaftsfachliche Zuordnung in der Statistik der BA ist (siehe Abschnitt 1.3). So wurden laut IAB-Betriebspanel15 im Jahr 2018 fast zwei Fünftel der Leiharbeitnehmer in die Branche Sonstige wirtschaftl. Investitions- und Gebrauchsgüter verliehen. Hier lag der An- 216.000 (39%) +0% Dienstleistungsberufe teil der Leiharbeit an der betrieblichen Gesamtbeschäftigung mit fünf Prozent zudem überdurchschnittlich hoch. Es folgten die Branchen Produktionsgüter mit zwölf Prozent und Ver- Personenbezog. -21% kehr und Lagerei mit zehn Prozent. Auch in die Unterneh- 39.000 (7%) Dienstleistungsberufe mensnahen Dienstleistungen (8 Prozent) und das Bauge- werbe (7 Prozent) wurden Leiharbeitnehmer relativ oft verlie- Kaufm. und hen. unternehmensbez. 35.000 (6%) -8% Dienstleistungsberufe IT- und naturwissenschaftl. 15.000 (3%) -7% Dienstleistungsberufe Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit 15 Bundestagsdrucksache 19/12700 vom 26.8.2019, Antwort der Bundesre- gierung auf die kleine Anfrage zu aktuellen Entwicklungen in der Leiharbeit 13
Entwicklungen in der Zeitarbeit GESCHLECHT berufen (Abb. 9). Die deutlichsten Rückgänge wiesen – unter anderem sicherlich bedingt durch die coronabedingten Ein- Männer stellen nach wie vor das Gros der Zeitarbeitnehmer, schränkungen für diese Berufsfelder – bei männlichen wie im gleitenden Jahresdurchschnitt bis Juni 2021 waren weiblichen Leiharbeitnehmern die Personenbezogenen 71 Prozent der beschäftigten Leiharbeitnehmer Männer. Da- Dienstleistungsberufe auf (Männer -11.000 bzw. -21 Prozent; gegen ist das Geschlechterverhältnis bei den Beschäftigten Frauen -11.000 bzw. -14 Prozent). insgesamt nahezu ausgeglichen. Der hohe Männeranteil bei Leiharbeitern hängt vor allem damit zusammen, dass Arbeit- QUALIFIKATION nehmer mit Produktionsberufen – trotz tendenziell abneh- mender Bedeutung – weiterhin einen großen Teil der Leihar- Zeitarbeit bietet unter anderem Beschäftigungschancen für beitnehmer stellen. Diese Berufe sind im Allgemeinen eher Menschen, die aufgrund einer vergleichsweise großen Ar- Männerdomänen. beitsmarktferne – beispielsweise aufgrund niedriger formaler Qualifikationen oder Phasen von Nichterwerbstätigkeit – bei Im gleitenden Jahresdurchschnitt bis Juni 2021 gab es ins- der Beschäftigungssuche Probleme haben. Im gleitenden gesamt 554.000 Leiharbeitnehmer und 231.000 Leiharbeit- Jahresdurchschnitt bis Juni 2021 ist der Anteil von Leihar- nehmerinnen. Der Rückgang gegenüber dem Vorjahr betrug beitnehmern ohne abgeschlossene Berufsausbildung mit jeweils sieben Prozent, war aber bei den Frauen zu Beginn 32 Prozent fast doppelt so hoch wie der entsprechende An- der Corona-Krise aufgrund der starken Betroffenheit der teil von 16 Prozent bei allen Beschäftigten (Abb. 10). Dage- Dienstleistungsberufe etwas deutlicher als bei den Männern. gen ist der Akademikeranteil in der Zeitarbeit mit elf Prozent Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich – etwas schwächer – unterdurchschnittlich (insgesamt: 19 Prozent). Und auch die auch im zweiten Lockdown im Winter 2020. Anteile der Beschäftigten mit einem anerkannten Berufsab- 45 Prozent der Männer sind in Produktionsberufen tätig. Fast schluss unterscheiden sich deutlich: Leiharbeitnehmer: zwei Fünftel arbeiten in Sonstigen wirtschaftlichen Dienstleis- 58 Prozent; insgesamt: 66 Prozent. In den letzten Jahren ist tungsberufen (Abb. 8). Frauen arbeiten hingegen vor allem in deren Zahl allerdings jeweils deutlich stärker von Rückgän- Dienstleistungsberufen. Mit 28 bzw. 30 Prozent stehen die gen betroffen als die der Leiharbeitnehmer ohne bzw. mit Personenbezogenen Dienstleistungsberufe und die Sonsti- akademischer Berufsausbildung, so dass der Anteil seit 2017 gen wirtschaftlichen Dienstleistungsberufe an der Spitze. Ein um sechs Prozentpunkte sank (ohne Berufsausbildung gutes Fünftel der Leiharbeitnehmerinnen arbeitet in Kauf- +4 Prozentpunkte, akademischer Berufsabschluss +2 Pro- männischen und unternehmensbezogenen Dienstleistungs- zentpunkte). A bbildung 10 Beschäftigungsstruktur von Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern sowie insgesamt Gleitender Jahresdurchschnitt Juli 2020 bis Juni 2021; Anteile in Prozent akademischer ohne Berufs- Experte Helfer Abschluss 19 16 abschluss 13 19 11 32 5 5 56 Spezialist 12 Quali- Anfor- fikation derungs- anerkannter Fachkraft niveau Berufsabschluss 58 35 56 66 Frauen Männer 55 Jahre und unter 35 Jahre Ausländer Deutsche 48 52 älter 25 32 13 87 29 71 14 48 40 60 Staats- Ge- Alter 35 bis unter ange- schlecht 55 Jahre 38 hörigkeit 43 Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit Ohne B erücksichtigung vo n Daten, für die keine A ngaben vo rliegen. 14
Entwicklungen in der Zeitarbeit ANFORDERUNGSNIVEAU als dreimal so hoch wie bei den Beschäftigten insgesamt (13 Prozent). Im gleitenden Jahresdurchschnitt bis Juni 2021 Den Qualifikationen entsprechend arbeiten Leiharbeitnehmer waren etwas mehr als ein Prozent aller beschäftigten Deut- häufiger in Tätigkeiten, die mit einem niedrigeren Anforde- schen als Leiharbeitnehmer tätig, der Anteil der ausländi- rungsniveau verbunden sind. Mehr als jeder Zweite übte im schen Leiharbeitnehmer lag bei über sechs Prozent. Zeitar- gleitenden Jahresdurchschnitt bis Juni 2021 eine Helfertätig- beit bietet somit offenbar für Ausländer eine gute Einstiegs- keit aus, im Durchschnitt über alle Beschäftigten war es etwa möglichkeit in den deutschen Arbeitsmarkt. Dies zeigt sich jeder Fünfte. Demgegenüber sind hochqualifizierte Tätigkei- auch daran, dass die Zahl der deutschen Leiharbeitnehmer ten in der Zeitarbeitsbranche seltener vertreten: Während seit 2018 stetige Rückgänge im zweistelligen Bereich ver- unter allen Beschäftigten 12 bzw. 13 Prozent eine Spezialis- zeichnete, im gleitenden Jahresdurchschnitt bis Juni 2021 ten- oder eine Expertentätigkeit ausübten, beliefen sich diese liegt sie um 10 Prozent unter dem Vorjahreswert. Die Zahl Anteile bei Leiharbeitnehmern auf jeweils fünf Prozent. der ausländischen Leiharbeitnehmer war in dieser Zeit nur 35 Prozent der Leiharbeitnehmer sind als Fachkraft tätig, bei leicht rückläufig, hatte jedoch gerade in der Mitte des Jahres den Beschäftigten insgesamt sind es 56 Prozent. Die Zeitar- 2020 deutliche Beschäftigungsverluste zu verzeichnen. beit kann so für Personen mit vergleichsweise niedrigen for- Diese Rückgänge wurden allerdings im Verlauf des Jahres malen Qualifikationen und für Menschen, die nach Phasen schwächer, was in Verbindung mit den stetigen Rückgängen von Nichterwerbstätigkeit gegebenenfalls an Arbeitsmarkt- der Leiharbeitnehmer mit deutschem Pass eine Verschie- nähe verloren haben, eine Chance für den (Wieder-) Einstieg bung des Anteils hin zu den Ausländern auf 40 Prozent bis in Beschäftigung darstellen. Die Corona-Krise traf die als zur Jahresmitte 2021 zur Folge hat. Helfer tätigen Leiharbeitnehmer etwas früher als die höher- Dies gilt auch für geflüchtete Menschen. Im gleitenden Jah- qualifizierten Leiharbeitnehmer. Seit Anfang 2021 steigen die resdurchschnitt bis Juni 2021 waren 51.000 Personen aus Zahlen der als Helfer tätigen Leiharbeitnehmer allerdings den Hauptherkunftsländern der Schutzsuchenden16 als Zeit- wieder und liegen Mitte 2021 um ein Fünftel über ihrem Vor- arbeitnehmer beschäftigt. Das sind fünf Prozent mehr als im jahreswert. entsprechenden Vorjahreszeitraum. Allerdings ist über die Monate hinweg eine Veränderung zu beobachten: Bis März ALTER 2020 hat die Zahl der Leiharbeitnehmer aus diesen Ländern noch zugenommen, wenn auch mit nachlassender Dynamik. Leiharbeitnehmer sind überwiegend jung. Während knapp Ab April 2020 waren Rückgänge gegenüber dem Vorjahr zu ein Drittel aller Beschäftigten jünger als 35 Jahre ist, findet verzeichnen, die sich im Laufe der Corona-Pandemie noch sich fast die Hälfte der Zeitarbeitnehmer (48 Prozent) in die- verstärkt hatten. Ende 2020 hatte die Zahl der Leiharbeitneh- ser Altersgruppe wieder. Dagegen ist nur jeder siebte Leihar- mer aus den Hauptherkunftsländern der Schutzsuchenden beitnehmer 55 Jahre oder älter. Bei allen Beschäftigten ist je- ihren Vorjahreswert allerdings wieder übertroffen. Ihr Anteil der Vierte so alt. Dies zeigt, dass Zeitarbeit auch eine Rolle an allen Ausländern ist geringfügig gestiegen auf aktuell beim Einstieg junger Arbeitnehmer in das Berufsleben spielt. 17 Prozent. Während der Beschäftigungsrückgänge durch die Corona- Krise hatten jüngere Leiharbeitnehmer deutlich stärkere Ab- Geflüchtete Menschen haben vielfach keine bzw. keine aner- nahmen zu verzeichnen als ältere. Allerdings fiel mit den ers- kannte Berufsausbildung. Auch deshalb gelingt der Einstieg ten Lockerungen der coronabedingten Einschränkungen ab in den Arbeitsmarkt in hohem Maße nur auf Helfer-Niveau. April 2021 auch der (Wieder-)Einstieg Jüngerer kräftiger aus, 85 Prozent der Leiharbeitnehmer aus den Hauptasylzu- der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr lag teils doppelt so gangsländern waren im gleitenden Jahresdurchschnitt bis hoch wie der der älteren Leiharbeitnehmer. Juni 2021 als Helfer beschäftigt (zum Vergleich: alle auslän- dischen Leiharbeitnehmer 73 Prozent, alle deutschen Leihar- STAATSANGEHÖRIGKEIT beitnehmer 44 Prozent). Dabei liegen die Anteile bei Leihar- beitnehmern deutlich über denen der Beschäftigung Insge- Zwei Fünftel der Leiharbeitnehmer hatten im gleitenden Jah- samt: Hier waren 44 Prozent der Geflüchteten als Helfer be- resdurchschnitt bis Juni 2021 einen ausländischen Pass. schäftigt (Ausländer: 36 Prozent, Deutsche: 12 Prozent.) Dieser Anteil ist in den letzten Jahren gestiegen und mehr 16 Für die längerfristige Betrachtung wird in der Beschäftigungsstatik nähe- Dieses umfasst die nichteuropäischen Länder, aus denen in den letzten Jah- rungsweise das Aggregat „Personen mit einer Staatsangehörigkeit aus einem ren die meisten Asylgesuche kamen: Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, der zugangsstärksten Herkunftsländer von Asylbewerbern“ gebildet. Pakistan, Somalia und Syrien. 15
Entwicklungen in der Zeitarbeit 4 Zeitarbeit als flexible Beschäftigungsform – allgemein wie auch in der Zeitarbeit. Eher arbeitsmarktfer- 4.1 Dynamik: Begonnene und been- nere Personen wie diejenigen, die schon länger ohne eine Beschäftigung waren, stehen bei der Beschäftigungsauf- dete Beschäftigungsverhält- nahme in solchen Situationen zudem vor dem Problem der nisse größeren Konkurrenz durch erst kürzlich arbeitslos gewor- dene und damit arbeitsmarktnähere Mitbewerber. Die Leiharbeit ist im Vergleich zu anderen Branchen durch Auch die zweite Stromgröße, die Zahl der beendeten Leih- eine überdurchschnittlich hohe Dynamik und Fluktuation ge- arbeitsverhältnisse, ist im Vergleich zu den durchschnittli- kennzeichnet: Beschäftigungsverhältnisse werden häufiger chen Bestandszahlen sehr hoch und spiegelt die grundsätz- geschlossen bzw. beendet, die durchschnittliche Beschäfti- lich hohe Dynamik in der Arbeitnehmerüberlassung wider: gungsdauer ist deutlich kürzer. Im Jahr 2020 begründeten Den 653.000 im ersten Halbjahr 2021 neu abgeschlossenen 1,13 Millionen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ein Ar- Zeitarbeitsverhältnissen stehen dabei 591.000 beendete beitsverhältnis mit einem Verleiher. Nach Anstiegen bis zum Leiharbeitsverhältnisse gegenüber – etwas weniger als im Jahr 2018 auf den Höchststand von 1,52 Millionen begonne- Vorjahr. nen Beschäftigungsverhältnissen ging ihre Zahl aufgrund der konjunkturellen Abkühlung im Verlauf des Folgejahres um elf Prozent zurück. Durch die Auswirkungen der Corona-Krise, 4.2 Beschäftigungsdauern die im Frühjahr 2020 begann, gab es einen erneuten, noch deutlicheren, Rückgang um 16 Prozent, der sich vor allem Statistisch kann die Länge der zwischen Verleihern und Leih- auf das erste Halbjahr 2020 konzentrierte. Im ersten Halbjahr arbeitnehmern bestehenden Arbeitsverhältnisse ausgewertet 2021 wurden 653.000 neue Beschäftigungsverhältnisse von werden17. Dies erfolgt zum einen für die bisherige Dauer der Leiharbeitnehmern begonnen, gegenüber dem stark von bestehenden Beschäftigungsverhältnisse. Zum anderen wird coronabedingten Einschränkungen gezeichneten ersten ermittelt, wie lange beendete Zeitarbeitsverhältnisse bestan- Halbjahr 2020 war das ein Anstieg um fast ein Drittel. den. A bbildung 11 Zeitarbeit stellt eine Beschäftigungsperspektive für Arbeits- lose, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer, Berufs- Begonnene Leiharbeitsverhältnisse nach einsteiger oder Berufsrückkehrer dar. 65 Prozent (423.000) der im ersten Halbjahr 2021 neu abgeschlossenen vorangegangenem Beschäftigungsstatus Zeitarbeitsverhältnisse wurden mit Personen geschlossen, 1. Halbjahr 2021 die direkt zuvor keine Beschäftigung ausübten bzw. noch nie beschäftigt waren. Überwiegend lag die letzte Beschäftigung Begonnene 0 bis unter 1 des Zeitarbeitnehmers maximal ein Jahr zurück (45 Prozent Beschäftigungs- Monat bzw. 293.000 neu begründete Beschäftigungsverhältnisse). verhältnisse 17% Bei 131.000 vorher nicht Beschäftigten endete die letzte 653.000 Beschäftigung bereits vor mindestens einem Jahr oder sie waren zuvor noch nie beschäftigt. Bei 35 Prozent – 35% insgesamt 230.000 – der neu eingegangenen Leiharbeits- unmittelbar verhältnisse schloss die Beschäftigung in der Zeitarbeit vorher direkt an ein vorheriges Arbeitsverhältnis an. Überwiegend beschäftigt 65% handelte es sich dabei um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung (171.000). unmittelbar vorher 28% nicht beschäftigt Der Rückgang der neu begonnenen Beschäftigungsverhält- nisse während der Corona-Krise traf Personen, deren letzte Beschäftigung schon mehr als ein Jahr zurückliegt, überpro- portional stark. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten werden 20% mehr als 1 Jahr 1 Monat bis Stellen generell seltener gewechselt, dadurch sinkt die Zahl bzw. gar nicht unter 1 Jahr der begonnenen und beendeten Beschäftigungsverhältnisse Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit 17 Aussagen zur Überlassungsdauer von Leiharbeitnehmern sind auf der Grundlage der Daten der BA nicht möglich. 16
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